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30. NOVEMBER | 1. ADVENTSSONNTAG Wie schön, dass auch in diesem Jahr wieder Advent ist, wenn auch kein Schnee liegt und die Kinder vielleicht doch nicht mehr an den Nikolaus glauben. Wie schön, dass die Zeit von Zimtsternen, Marzipan und Christ- stollen gekommen ist, dass die Waage jetzt Winterschlaf hält und der Bikini weit hinten im Schrank liegt. Wie schön, dass es neben dem Nachdenken über Konsum-wahn- sinn und Perfektionsdruck auch die wilde, echte Vorfreude der Kin- der gibt – und meine Freude darüber. Wie schön, dass der Advent auch für mich gemacht ist und ich ihn genießen darf! Wie schon 1. DEZEMBER Der erste Dezember – es ist nicht mehr zu leugnen: Jetzt ist Advent! An Lebkuchen im August, an Niko- läusen im September bin ich stolz vorbeigegangen, aber jetzt … jetzt will ich! Ich will eintauchen in Kerzenschein und Reisigduft, ich will mich wärmen an den strahlenden Augen der Kinder und mich verzaubern lassen von all den Geheimnissen der nächsten Wochen. Ich möchte wieder ans Christ- kind glauben und manches Erwachsenenwissen vergessen. Komm, du warme, duftende Zeit! Ich will dich tief einatmen und an der Hand meiner Kinder selbst wieder ein bisschen Kind werden. Ja, ich will!

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30. NOVEMBER | 1. ADVENTSSONNTAG

Wie schön, dass auch in diesem Jahr wieder Advent ist, wenn auch kein Schnee liegt und die Kinder vielleicht doch nicht mehr an den Nikolaus glauben.Wie schön, dass die Zeit von Zimtsternen, Marzipan und Christ-stollen gekommen ist, dass die Waage jetzt Winterschlaf hält und der Bikini weit hinten im Schrank liegt.Wie schön, dass es neben dem Nachdenken über Konsum-wahn-sinn und Perfektionsdruck auch die wilde, echte Vorfreude der Kin-der gibt – und meine Freude darüber.Wie schön, dass der Advent auch für mich gemacht ist und ich ihn genießen darf!

Wie schon

1. DEZEMBER

Der erste Dezember – es ist nicht mehr zu leugnen: Jetzt ist Advent! An Lebkuchen im August, an Niko-läusen im September bin ich stolz vorbeigegangen, aber jetzt … jetzt will ich! Ich will eintauchen in Kerzenschein und Reisigduft, ich will mich wärmen an den strahlenden Augen der Kinder und mich verzaubern lassen von all den Geheimnissen der nächsten Wochen. Ich möchte wieder ans Christ-kind glauben und manches Erwachsenenwissen vergessen. Komm, du warme, duftende Zeit! Ich will dich tief einatmen und an der Hand meiner Kinder selbst wieder ein bisschen Kind werden.

Ja, ich will!

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6. DEZEMBER

NikolaustagÄpfel, Nüsse, Mandarinen … früh am Morgen hocken wir im Schlafanzug im Flur und bestaunen die gestern geputzten, über Nacht gefüllten Schuhe. Eure Freude ist riesengroß, obwohl wirklich nur Kleinigkeiten in den Stiefeln stecken. Gestern noch habt ihr gefragt, was es mit dem Heiligen Nikolaus auf sich hat. Ich habe euch von dem Bischof aus Myra und den verschiedenen Nikolaus bräuchen erzählt. Eins aber habe ich euch unterschlagen: dass an einigen Klosterschulen im Mittelalter die Kinder einen »Kinderbischof« wählen durften, der den Er wachsenen predigen und sie auch tadeln durfte – bis zum 28. Dezember! Mir ist nicht ganz wohl bei der Vorstellung, ihr würdet drei Wochen lang mich und mein Verhalten bewerten … und finde viele vernünftige Einwände gegen so eine Art »verkehrter Welt«. Doch wenn ich ganz ehrlich bin, weiß ich genau, dass an mir oft mindestens so viel zu tadeln wäre wie an euch – habt ihr doch ohnehin das meiste von uns Großen abgeschaut. Ich sage nichts, doch ich nehme mir fest vor, ab jetzt etwas sorgfältiger hinzuhören, wenn ihr mir auf eure Art »predigt«.

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11. DEZEMBER

Kleine Amsel, was machst du denn da? Natürlich, du pickst an den Äpfeln, die wir dir ins Gras geworfen haben. Aber du singst dabei! Es ist doch nicht März, es ist erst Dezember, Advent, und bis zum Frühling dauert’s noch lange. Warum also singst du? Dein Gesang ist doch kein Weihnachtslied, du solltest noch warten. Und plötz-lich begreife ich: auch du bist ein Adventslicht für mich! Vielleicht willst du mir sagen, dass wir zwar jetzt auf das Weihnachtsfest zugehen mit seinen Lichtern und Geschenken, doch dass das nicht alles ist. Eines Tages, so sagst du mir, wird wieder Frühling sein! Die Kinder werden lachend und rufend draußen spielen, ich werde die Sonne auf meiner Haut spüren und du wirst an den länger werdenden Abenden im Kirschbaum sitzen und singen wie jetzt. Jetzt? Ist Advent, und wir beide wissen, dass der Frühling weit ist. Doch er wird kommen, genauso wie diese Zeit der Kerzen, der Tannenzweige und der dicken Handschuhe. Danke, dass du meinen Blick und mein Herz weit machst!

Advents-Amsel

Alles aufschreiben, was

ich im nächsten Frühling

unbedingt machen möchte

– und schon jetzt darauf

freuen!

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16. DEZEMBER

Jeden Morgen fragt ihr mich: »Mama, hat’s geschneit?«, und immer muss ich sagen: »Nein, noch nicht«. Aber heute ist es endlich so weit, und ich wecke euch mit den Wor-ten: »Guten Morgen, es hat geschneit!« Blitzschnell seid ihr auf den Beinen. Am liebsten wollt ihr gleich im Schlafanzug raus. Auf jeden Fall muss es noch vor dem Frühstück sein, und darum seid ihr so schnell angezogen wie noch nie. Euer Jubel schallt ums Haus, und drinnen sitze ich allein am Tisch. Ich mag den Schnee ja auch, das Leuchten und die Stille, die er mit sich bringt. Aber diese Begeisterung … Wann war ich eigentlich zuletzt so aus dem Häuschen – wegen ein bisschen gefrorenem Wasser oder überhaupt wegen irgend-etwas? Wann und wie bin ich denn so sachlich und so pflichtbewusst geworden? Und: Geht’s überhaupt noch anders? Ich will es versuchen! Wir gehen jetzt gleich los, lassen das Frühstück stehen, kaufen stattdessen beim Bäcker ein Brötchen und nehmen uns ganz viel Schneeflocken-Zeit für den Schulweg!

Schneeflocken-Zeit

Schneeflocken oder Eiskristalle

(gibt’s auch im Tiefkühler!) mit

einer Lupe anschauen und die

schönsten Diamanten entdecken!

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23. DEZEMBER

Heute ist es noch unser Wohnzimmer, aber morgen, morgen wird es das Weihnachts-zimmer sein … der Raum, in dem alle Herrlichkeiten, die Erfüllung aller Hoffnungen der letzten Wochen auf uns warten. Ich denke an meine Kindheit zurück … dass ich das Zimmer ab dem Nachmittag des Heiligen Abends nicht mehr betreten durfte, wie herrlich die Spannung im ganzen Körper bitzelte, wenn ich auf die geschlossene Tür sah und wie unvergleichlich der Moment war, wenn ich endlich den strahlenden Baum und die vielen geheimnisvollen Päckchen sehen durfte. Ich wusste lange nicht, dass es meine Eltern waren, die die Geschenke besorgten – und ich wollte es auch gar nicht wissen. Dieser Zauber, das Geheimnisvolle war ein wichtiger Teil meiner kindlichen Weihnachtsfreude. Die will ich weitergeben! Darum beantworte ich in diesen Tagen manche Fragen mit einem Lächeln, einem Schulterzucken, weil darin so viel mehr Verheißung steckt als in Zahlen, Daten, Fakten.

Zimmerzauber

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DIE AUTORIN Sandra Salm

studierte Literaturwissenschaft

und Geschichte und arbeitete

viele Jahre im Marketing ver-

schiedener Verlage. Sie ist Mut-

ter von zwei Kindern und lebt

mit ihrer Familie in Böblingen.

Für die Schwabenverlag AG ist Nachhaltigkeit ein wichtiger Maßstab ihres Handelns. Wir achten daher auf den Einsatz umweltschonender Ressourcen und Materialien.

Alle Rechte vorbehalten© 2014 Patmos Verlag der Schwabenverlag AG, Ostfildernwww.patmos.de

Gestaltung: Finken & Bumiller, Stuttgart (Saskia Bannasch)Umschlagabbildung: plainpicture/Hollandse HoogteDruck: Süddeutsche Verlagsgessellschaft, Ulm Hergestellt in DeutschlandISBN 978-3-8436-0535-9

Die Verlagsg r uppe mit Sinn für das Leben

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