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Geldtheorie und –politik4. Moderne Geldpolitik
Dr. Michael Paetz
Universität HamburgFachbereich Volkswirtschaftslehre
Mai 2019
Grundzüge Ziele und Instrumente Umsetzung Bankenregulierung Geld- und Fiskalpolitik Modelle Finanzsystem
Moderne Geldpolitik
ZieleHeutiges Zusammenspiel von Zentralbank, Geschäftsbanken,Privatsektor und Regierung erklären.Ziele und Instrumente moderner Geldpolitik erklären.„Unkonventionelle“ Maßnahmen von Zentralbanken diskutieren.
⇒ Wie sieht die aktuelle Entwicklung der Geldpolitik aus?
Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 05/22 2 / 198
4.1GRUNDZÜGE EINES
MODERNEN GELDSYSTEM
Einführung und Überblick
Grundzüge Ziele und Instrumente Umsetzung Bankenregulierung Geld- und Fiskalpolitik Modelle Finanzsystem
Grundzüge eines modernen Geldsystems
Geldmengenaggregate
M0: Geldbasis (Bargeld und Reserven)
M1: Bargeld + Sichteinlagen in Banken
M2: M1 + Spareinlagen mit einer Kündigungsfrist von bis zudrei Monaten und Termineinlagen mit einer Laufzeit vonbis zu zwei Jahren.
M3: M2 + weitere kurzfristige Geldanlagen (kurzfristige Bank-schuldverschreibungen (mit einer Ursprungslaufzeit vonbis zu zwei Jahren), von Geldmarktfonds ausgegebeneGeldmarktfondsanteile sowie die sogenannten Repoge-schäfte).
Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 05/22 4 / 198
Grundzüge Ziele und Instrumente Umsetzung Bankenregulierung Geld- und Fiskalpolitik Modelle Finanzsystem
Grundzüge eines modernen GeldsystemsGeldkreisläufe
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Grundzüge Ziele und Instrumente Umsetzung Bankenregulierung Geld- und Fiskalpolitik Modelle Finanzsystem
Grundzüge eines modernen Geldsystems
Zweistufiges GeldsystemReserven und Bargeld können nur von der Zentralbank (undnicht vom Privatsektor) geschaffen werden.
⇒ Outside Money.Giralgeld (Buchgeld) wird von privaten Banken geschöpft undfungiert als Zahlungsmittel.
⇒ Inside Money.Banken bilden Schnittstelle: Reserven auf der Aktivseite,Einlagen auf der Passivseite.Finanzministerium hat Konto bei der Zentralbank.
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Grundzüge Ziele und Instrumente Umsetzung Bankenregulierung Geld- und Fiskalpolitik Modelle Finanzsystem
Grundzüge eines modernen GeldsystemsGeldpyramide
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Grundzüge Ziele und Instrumente Umsetzung Bankenregulierung Geld- und Fiskalpolitik Modelle Finanzsystem
Grundzüge eines modernen Geldsystems
GeldpyramideJe höher die Geldform angesiedelt ist, desto höher der Grad dermoneyness.Untere Geldformen vervielfachen obere und sind Versprechenspäter höherwertiges Geld zu zahlen.In Boomphasen weitet sich die Pyramide,in Rezessionen verengt sie sich.
⇒ In Boomphasen steigt Substituierbarkeit,in der Rezession sinkt sie.Zentralbank beeinflusst diesen Prozess mit Zinssteuerung(Elastizität vs. Disziplin).
Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 05/22 8 / 198
Grundzüge Ziele und Instrumente Umsetzung Bankenregulierung Geld- und Fiskalpolitik Modelle Finanzsystem
Grundzüge eines modernen Geldsystems
Der Geldschöpfungsmultiplikator ist irreführendGeldschöpfungsmultiplikator ist Teil der Reserve Position Doktrinund geht auf Phillips (1921) zurück.Beliebt bei Akademikern, nicht aber bei Zentralbankern (vgl.Bindseil (2004)).
⇒ Operationales Ziel einer Zentralbank ist der Tagesgeldzinssatz,nicht die Reservemenge.Immer noch Bestandteil der meisten Makro- undGeldtheorielehrbüchern.
Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 05/22 9 / 198
Grundzüge Ziele und Instrumente Umsetzung Bankenregulierung Geld- und Fiskalpolitik Modelle Finanzsystem
Grundzüge eines modernen GeldsystemsDer Geldschöpfungsmultiplikator ist irreführend
1. Nehmen wir an, die Zentralbank kauft von Bank A Wertpapiere in Höhe von 100e ab. Bezeichnen wir das Zentralbankgeld mit H für „High Powered Money“,dann gilt ∆H = 100 e.
2. Nun vergibt Bank A einen Kredit in Höhe eben jener 100 e: ∆Cr1 = 100 e. DerKreditnehmer bezahlt damit sein Haus.
3. Gehen wir vereinfachend davon aus, dass der Hausverkäufer kein Bargeld haltenwill. Dann zahlt er die 100 e Verkaufserlös auf sein Girokonto bei Bank B ein.Bezeichnen wir die Einlagen mit D für ’deposits’, so gilt:∆D1 = ∆Cr1 = ∆H = 100e
4. Sei der Mindestreservesatz für Geschäftsbanken m = 10%, dann muss Bank B10 e der zusätzlichen Einlagen als Reserve halten und kann die verbliebenen 90e wiederum als Kredit vergeben: Cr2 = 0, 9∆D1 = 0, 9∆H = 0, 9 · 100e = 90e).Der Kreditnehmer bezahlt damit einen Lieferanten.
5. Der Lieferant hält die Zahlung als Sichteinlage bei Bank C:∆D2 = ∆Cr2 = 0, 9∆H = 0, 9 · 100e = 90 e.
6. Bank C muss wiederum m = 10% der zusätzlichen Einlagen als Reserve halten0, 1∆D2 = 0, 1 · 0, 9∆H = 9 e und kann die verbliebenen 81 e wiederum alsKredit vergeben: ∆Cr3 = 0, 9∆D2 = 0, 92∆H = 81 e, usw..
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Grundzüge Ziele und Instrumente Umsetzung Bankenregulierung Geld- und Fiskalpolitik Modelle Finanzsystem
Grundzüge eines modernen Geldsystems
∆H ⇒ ∆Ms?Am Ende des Anpassungsprozesses hat sich das gesamteGeldangebot um folgenden Betrag erhöht:
∆Ms = (1 + 0, 9 + 0, 92 + ...)∆H
=
( ∞∑t=0
0, 9t
)∆H
=1
1− 0, 9∆H
= 10∆H
⇒ Den Bruch 1m bezeichnet man als den Bankenmultiplikator
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Grundzüge eines modernen GeldsystemsDer Geldschöpfungsmultiplikator ist irreführend
Einlagen: ∆D Kredite: ∆Cr Reserven: 0, 1 ·∆D Geldangebot:∑
∆D
100 90 10 10090 81 9 19081 72,9 8,1 271
72,9 65,61 7,29 343,965,61 59,049 6,561 409,51
59,049 53,1441 5,9049 468,55953,1441 47,82969 5,31441 521,7031
47,82969 43,046721 4,782969 569,5327943,046721 38,7420489 4,3046721 612,579511
38,7420489 34,867844 3,87420489 651,3215634,867844 31,3810596 3,4867844 686,189404
31,3810596 28,2429536 3,13810596 717,57046428,2429536 25,4186583 2,82429536 745,81341725,4186583 22,8767925 2,54186583 771,232075
......
......
0 0 0 1000
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Grundzüge eines modernen GeldsystemsDer Geldschöpfungsmultiplikator ist irreführend
Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 05/22 13 / 198
Grundzüge Ziele und Instrumente Umsetzung Bankenregulierung Geld- und Fiskalpolitik Modelle Finanzsystem
Grundzüge eines modernen Geldsystems
Kritik1. Geschäftsbanken benötigen im Voraus weder Einlagen noch
Reserven um Kredite zu schöpfen. Die ZB muss Reserven zurVerfügung stellen, damit das Zahlungssystem funktioniert undder Zins stabil bleibt.
2. Hieraus folgt, dass es keines mehrperiodigen Prozesses bedarf,die Geldmenge von 1000 e zu schöpfen.
3. Die Darstellung erweckt den Eindruck, der Wertpapierkauf derZentralbank wäre der Auslöser eines mechanischen Prozesses.⇒ Zentralbank steuert die Geldmenge?!(Reserve Position Doktrin)
Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 05/22 14 / 198
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Grundzüge eines modernen Geldsystems
Kritik„(...)rather than banks lending out deposits that are placed
with them, the act of lending creates deposits - the reverse ofthe sequence typically described in textbooks.“
McLeay et al. (2014, S. 2)⇒ Kein Ex-Ante Multiplikator, sondern ein Ex-Post Divisor.
Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 05/22 15 / 198
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Grundzüge eines modernen Geldsystems
Wozu brauchen Banken Reserven?1. Kunden könnten ihr Geld abheben wollen, um Bargeld zu halten.2. Banken sind verpflichtet eine Mindestreserve in Abhängigkeit
ihrer Einlagen in Form von Zentralbankgeld zu halten.3. Banken benötigen Reserven für den Zahlungsausgleich mit
anderen Geschäftsbanken.
Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 05/22 16 / 198
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Grundzüge eines modernen Geldsystems
Kredit, Einlagen, Reserven und Bargeld
A Bank PKredite (Unt.) 100 Einlagen 100
A Unternehmen PEinlagen 100 Kredite (Bank) 100
Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 05/22 17 / 198
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Bargeld und ÜberweisungenIm Interbankenmarkt müssen bei Überweisungen auch Reservenüberwiesen werden
⇒ Geschäftsbank muss sich ggf. Reserven leihen.Bargeld: Unternehmen möchte die Hälfte der Sichteinlagen inBar abheben.
⇒ Geschäftsbank muss nun Reserven bei der Zentralbank inBargeld umtauschen.
Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 05/22 18 / 198
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Reserven und Bargeld
A Zentralbank PKredite (Bank) 100 Reserven 100
A Bank PKredite (Unt.) 100 Einlagen 100Reserven 100 Kredite (ZB) 100
Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 05/22 19 / 198
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Grundzüge eines modernen Geldsystems
Was sind Reserven?Zentralbank schafft durch doppelte Buchung Reserven aus demNichtsBanken halten virtuelles Konto bei der ZentralbankReserven sind quasi die „Einlagen“ der Banken bei derZentralbank
⇒ Aus Sicht der Zentralbank ist der Kredit eine Forderung gegendie Bank, und das Reserveguthaben eine Verbindlichkeit
⇒ Für die Bank ist es genau umgekehrt: Reserven können inBargeld getauscht oder für Überweisungen genutzt werden
Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 05/22 20 / 198
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Reserven und Bargeld
A Zentralbank PKredite (Bank) 100 Reserven 50
Bargeld 50
A Bank PKredite (Unt.) 100 Einlagen 100Reserven 50 Kredite (ZB) 100Bargeld 50
Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 05/22 21 / 198
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Grundzüge eines modernen Geldsystems
Reserven und Bargeld
A Bank PKredite (Unt.) 100 Einlagen 50Reserven 50 Kredite (ZB) 100Bargeld 50
A Unternehmen PEinlagen 50 Kredite 100Bargeld 50
Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 05/22 22 / 198
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Grundzüge eines modernen Geldsystems
Kredittilgung
A Bank PKredite (Unt.) 50 Einlagen 50Reserven 50 Kredite (ZB) 100Bargeld 50
A Unternehmen PEinlagen 50 Kredite 50Bargeld 50
Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 05/22 23 / 198
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Grundzüge eines modernen Geldsystems
Reserven verschwinden wieder...
A Zentralbank PKredite (Bank) 100 Reserven 100
A Bank PKredite (Unt.) 50 Einlagen 50Reserven 100 Kredite (ZB) 100
Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 05/22 24 / 198
Grundzüge Ziele und Instrumente Umsetzung Bankenregulierung Geld- und Fiskalpolitik Modelle Finanzsystem
Grundzüge eines modernen Geldsystems
FazitKredite schaffen Einlagen und Kreditrückzahlung vernichtetEinlagenEinlagen werden bei der Kreditvergabe durch die doppelteBuchführung automatisch erzeugtBank leiht sich im Nachhinein Reserven von der ZentralbankAber: Banken, die keine ausreichenden Sicherheiten vorweisen,können in Liquiditätsengpässe kommen und auch Pleite gehen(vgl. isländische Kaupthing Bank).
Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 05/22 25 / 198
Grundzüge Ziele und Instrumente Umsetzung Bankenregulierung Geld- und Fiskalpolitik Modelle Finanzsystem
Grundzüge eines modernen Geldsystems
Der InterbankenmarktBei Überweisung verliert die eine Bank Einlagen, welche dieandere bekommt
⇒ Zum Ausgleich müssen entweder Reserven überwiesen werdenoder die Banken gewähren sich gegenseitig KreditDie überweisende Bank verzeichnet einen „Abfluss vonReserven“,die Empfängerbank verzeichnet einen „Zufluss vonReserven“
Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 05/22 26 / 198
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Grundzüge eines modernen Geldsystems
Überweisung im InterbankenmarktAusgangssituation:
A Zentralbank PKredite an Bankensektor 150 e Reserven:
- Reservenkonto Bank 1 100- Reservenkonto Bank 2 50
A Bank 1 PReserven 100 Einlagen K1 100Kredite (Unt.) 100 Kredite (ZB) 100
A Kunde 1 PEinlagen B1 100 Nettovermögen 100
A Bank 2 PReserven 50 Einlagen K2 50Kredite (Unt.) 50 Kredite (ZB) 50
A Kunde 2 PEinlagen B2 50 Nettovermögen 50
Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 05/22 27 / 198
Grundzüge Ziele und Instrumente Umsetzung Bankenregulierung Geld- und Fiskalpolitik Modelle Finanzsystem
Grundzüge eines modernen Geldsystems
Überweisung im InterbankenmarktDie Reserven werden überwiesen:
A Zentralbank PKredite an Bankensektor 150 e Reserven:
- Reservenkonto Bank 1 50- Reservenkonto Bank 2 100
A Bank 1 PReserven 50 Einlagen K1 50Kredite (Unt.) 100 Kredite (ZB) 100
A Kunde 1 PEinlagen B1 50 Nettovermögen 50
A Bank 2 PReserven 100 Einlagen K2 100Kredite (Unt.) 50 Kredite (ZB) 50
A Kunde 2 PEinlagen B2 100 Nettovermögen 100
Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 05/22 28 / 198
Grundzüge Ziele und Instrumente Umsetzung Bankenregulierung Geld- und Fiskalpolitik Modelle Finanzsystem
Grundzüge eines modernen Geldsystems
Heutige ClearingsystemeZentralbanken bieten Clearingsysteme gegen Gebühren an:TARGET2 (Trans-European Automated Real-time GrossSettlement Express Transfer System) ist das EZB System,FEDWIRE das US-FED-System.I.d.R. Brutto-Clearingsysteme mit zinslosen Innertageskrediten.
⇒ Jede Anweisung wird sofort ausgeführt.Private Clearinghäuser: CHIPS (Clearing House InterbankPayments System) in den USA oder CHAPS (Clearing HouseAutomated Payment System) in Großbritannien.
⇒ I.d.R. Netto-Clearingsysteme.⇒ Weniger Überweisungen und geringere Gebühren.
Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 05/22 29 / 198
Grundzüge Ziele und Instrumente Umsetzung Bankenregulierung Geld- und Fiskalpolitik Modelle Finanzsystem
Grundzüge eines modernen Geldsystems
Clearing im Interbankenmarkt
Bank 1 Bank 2 Bank 3 Bank 4 Summe Saldo
Bank 1 15 20 20 55 5Bank 2 30 40 35 105 -15Bank 3 20 50 30 100 -15Bank 4 10 25 25 60 25
Summe 60 90 85 85 320 0
Erklärung: Der Eintrag in der i−ten Zeile und j− ten Spalte der Tabelle zeigt die Höhe derÜberweisung von der Bank aus Zeile i an die Bank aus Spalte j . Bank 2 tätigt zum BeispielÜberweisungen in Höhe von 30 an Bank 1 und erhält Überweisungen in Höhe von 15 vonBank 1.Quelle: Lavoie (2014).
Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 05/22 30 / 198
Grundzüge Ziele und Instrumente Umsetzung Bankenregulierung Geld- und Fiskalpolitik Modelle Finanzsystem
Grundzüge eines modernen Geldsystems
Clearing im InterbankenmarktDie Summe der Salden ist immer NullAber wenn Bank 2 nicht genügend Reserven hat, muss sie sichwelche besorgen:
1. Die Bank leiht sich zusätzliche Reserven von der Zentralbank(gegen Zins).
2. Bank 2 könnte von einer Bank mit positiven Saldo (z.B. Bank 3)einen Kredit in Höhe von 15 e aufnehmen. Bank 2 leiht sich diefehlenden Reserven dann von Bank 3 statt von der Zentralbank(oder am Geldmarkt).
⇒ Der Zins für Übernachtkredite zwischen Banken ist derInterbankenzins.
⇒ Zentralbank kann diesen Zins beeinflussen.⇒ Sind Reserven knapp (überschüssig), steigt (sinkt) der
Interbankenzins.
Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 05/22 31 / 198
Grundzüge Ziele und Instrumente Umsetzung Bankenregulierung Geld- und Fiskalpolitik Modelle Finanzsystem
Grundzüge eines modernen Geldsystems
Der Reservebedarf des BankensektorsIndividuell: Gleichschrittigkeit der Überweisungen.Gesamt:• Transaktionen mit Wirtschaftssubjekten außerhalb des
Clearingsystems• Veränderung der Reservehortung.• Ggf. Mindestreserve.
Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 05/22 32 / 198
Einflüsse auf Reservemenge und/oder InterbankenzinsTransaktion Reserven Zins
Erhöhung der Bargeldhortung ↓ ↑
Sinken der Bargeldhortung ↑ ↓
Nettokrediterhöhung (bei Mindestreserve) - ↑
Nettokreditverminderung (bei Mindestreserve) - ↓
Zentralbank verkauft Anleihen oder ausländischeWährungsreserven (im Inland)
↓ ↑
Zentralbank kauft Anleihen oder ausländischeWährungsreserven (im Inland)
↑ ↓
Banken erhöhen Reservehortung (Unsicherheit) - ↑
Banken verringern Reservehortung (Sicherheit) - ↓
Steuerzahlung ↓ ↑
Staatliche Ausgaben ↑ ↓
Verkauf einer Staatsanleihe ↓ ↑
Regierung zahlt fällige Staatsanleihe aus ↑ ↓
Periodischer Anstieg des Reservebedarfs - ↑
Grundzüge Ziele und Instrumente Umsetzung Bankenregulierung Geld- und Fiskalpolitik Modelle Finanzsystem
Grundzüge eines modernen Geldsystems
Repurchase-Agreements (Repos)Interbankenkredite sind häufig unbesichert.Zentralbankkredite sind Wertpapierpensionsgeschäfte(Repurchase Agreements, kurz Repos).Auch hier besteht Risiko: Preis der Anleihe zumRückkaufzeitpunkt ist unbekannt.Staatsanleihen sind beliebte Sicherheiten, weil Staaten i.d.R.zahlungsfähig sind.Verkäufers eines Vermögenswertes: Repo-GeschäftKäufer eines Vermögenswertes: Inverser (Reverse) Repo.
Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 05/22 34 / 198
Grundzüge Ziele und Instrumente Umsetzung Bankenregulierung Geld- und Fiskalpolitik Modelle Finanzsystem
Grundzüge eines modernen Geldsystems
Besichertes Kreditgeschäft zwischen Banken
A Bank 2 P+ Reserven + Repo
[- Anleihe ]
A Bank4 P- Reserven+ Inv. Repo[ + Anleihe ]
Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 05/22 35 / 198
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Grundzüge eines modernen Geldsystems
Besichertes Kreditgeschäft zwischen Händler und Unternehmen
A Unternehmen P+ Einlagen + Repo
A Händler P- Einlagen+ Inv. Repo
Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 05/22 36 / 198
Grundzüge Ziele und Instrumente Umsetzung Bankenregulierung Geld- und Fiskalpolitik Modelle Finanzsystem
Grundzüge eines modernen Geldsystems
Besichertes Kreditgeschäft zwischen Bank und Händler
A Bank P+ Reserven + Repo
A Händler P+ Inv. Repo- Einlagen
A Händlerbank P- Reserven - Einlagen
Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 05/22 37 / 198
Grundzüge Ziele und Instrumente Umsetzung Bankenregulierung Geld- und Fiskalpolitik Modelle Finanzsystem
Grundzüge eines modernen Geldsystems
Geld-, Kapital- und InterbankenmarktInterbankenmarkt: Übernachtkredite zwischen Banken.Geldmarkt: Banken, Unternehmen, Versicherungen,Pensionsfonds, Regierung u.a. handeln mit kurzfristigenEinlagen (Laufzeit von wenigen Tagen bis zu 12 Monaten).• Finanzinstrumente hoher Liquidität wie Geldmarktfonds (z.B.
Termingelder oder Schuldscheindarlehen).• Unternehmen können vorübergehende Liquiditätsüberschüsse
zinsbringend anlegen oder sich kurzfristig Liquidität leihen.• Zugang über spezielle Anlageinstrumente des
Geschäftsbankensektors.
Kapitalmarkt: Unternehmen, Banken, Versicherungen,Pensionsfonds, Regierung u.a. handeln mit längerfristigenKrediten/Schulverschreibungen. Typische Finanzprodukte sindUnternehmens- oder Staatsanleihen (Anleihemärkte).
Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 05/22 38 / 198
Grundzüge Ziele und Instrumente Umsetzung Bankenregulierung Geld- und Fiskalpolitik Modelle Finanzsystem
Grundzüge eines modernen Geldsystems
Die Survival ConstraintBanken (und viele Unternehmen) haben häufig lange Position:längerfristige Forderungen werden mit kurzfristigeVerbindlichkeiten finanziert (buy long, sell short).Survival Constraint :Einzahlungen größer als die Zahlungsverpflichtungen (CashInflow > Cash Commitments).Bei Verletzung:⇒ Zahlungsmittelreserven aufbrauchen (Enthortung).⇒ Vorhandene Vermögenswerte verkaufen (Liquidierung).⇒ Neue Kredite aufnehmen (Akkumulation von Verbindlichkeiten).
Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 05/22 39 / 198
Grundzüge Ziele und Instrumente Umsetzung Bankenregulierung Geld- und Fiskalpolitik Modelle Finanzsystem
Grundzüge eines modernen Geldsystems
GeldmarktzinsBanken versuchen möglichst wenig Überschussreserven zuhalten.Unternehmen versuchen möglichst wenig Einlagen zu halten.
⇒ Überschüssige Liquidität wird bei einem Repo-Händler gegenverzinste Anleihe getauscht.
⇒ Banken verkaufen längerfristige Geldmarktpapiere (z.B.Termineinlagen mit einer Laufzeit von 30 Tagen etc.), die amGeldmarkt gehandelt werden.
⇒ Geldmarktzins wird umso höher sein, je größer die Diskrepanzzwischen Einzahlungen und Zahlungsverpflichtungen dergesamten Volkswirtschaft ist.
Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 05/22 40 / 198
Grundzüge Ziele und Instrumente Umsetzung Bankenregulierung Geld- und Fiskalpolitik Modelle Finanzsystem
Grundzüge eines modernen Geldsystems
Illiquidität und Insolvenz
Firma A: Liquide Struktur
Quartal: 1 2 3 4Erw. Einz.: 10 10 10 10Zahlungsverpfl.: 5 5 10 10
Firma B: Illiquide Struktur (zukünftige Diskrepanz)
Erw. Einz.: 10 10 10 10Zahlungsverpfl.: 0 30 0 0
Firma C: Illiquide Struktur (heutige Diskrepanz)
Erw. Einz.: 10 10 10 10Zahlungsverpfl.: 30 0 0 0
Anmerkung: Alle Angaben in 1.000 e.
Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 05/22 41 / 198
Grundzüge Ziele und Instrumente Umsetzung Bankenregulierung Geld- und Fiskalpolitik Modelle Finanzsystem
Grundzüge eines modernen Geldsystems
Geldmarkt, Illiquidität und InsolvenzGroßer Anteil von Typ B und C
⇒ Große Nachfrage nach kurzfristigen Krediten.⇒ Zins steigt.
Liquidität und Insolvenz sind verbunden:• Steigen Zinsen aufgrund eines Liquiditätsmangels, fallen
Anleihepreise.⇒ Bilanzreszession und Insolvenzen (Illiquidität⇒ Insolvenz).• Geringe Solvenz macht Kreditaufnahme ggf. teurer.
⇒ Auch Geld-, Kapital- und Interbankenmarkt sind miteinanderverbunden.
Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 05/22 42 / 198
4.2ZIELE UND INSTRUMENTE
DER GELDPOLITIK
Offenmarktpolitik, Fazilitätenund Zinspolitik
Grundzüge Ziele und Instrumente Umsetzung Bankenregulierung Geld- und Fiskalpolitik Modelle Finanzsystem
Ziele und Instrumente der Geldpolitik
ÜberblickOperationales Ziel: Größe, die von der Zentralbank auchtatsächlich kontrolliert werden kann, wie der Tagesgeldzinssatzim Interbankenmarkt.Instrumente einer Zentralbank: Sollten ermöglichen dasoperationale Ziel zu erreichen. Heutzutage vor allem Fazilitätenund Offenmarktgeschäfte.Zwischenziele: Kenngrößen, die eine Zentralbank nur ungenauund mit gewisser Verzögerung beeinflussen kann.Heute analysieren Zentralbanken eine Vielzahl von Indikatoren.
Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 05/22 44 / 198
Grundzüge Ziele und Instrumente Umsetzung Bankenregulierung Geld- und Fiskalpolitik Modelle Finanzsystem
Ziele und Instrumente der Geldpolitik
Aufbau einer ZentralbankMakroökonomische Abteilung analysiert Rahmenbedingungenund schlägt Wert für operationales Ziel vor.Zentralbankkomitee entscheidet über tatsächlichen Wert desoperationalen Zieles.Abteilung für Märkte setzt Vorgabe um.
Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 05/22 45 / 198
Grundzüge Ziele und Instrumente Umsetzung Bankenregulierung Geld- und Fiskalpolitik Modelle Finanzsystem
Ziele und Instrumente der Geldpolitik
Inflationssteuerung (Inflation Targeting)Strategie seit 1990ern.Hohe Transparenz, Kommunikation und expliziteInflationsprognosen.
⇒ Glaubwürdigkeit soll Effizienz der Zentralbankpolitik verbessern.
Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 05/22 46 / 198
Grundzüge Ziele und Instrumente Umsetzung Bankenregulierung Geld- und Fiskalpolitik Modelle Finanzsystem
Ziele und Instrumente der Geldpolitik
Endgültige ZielePreisstabilität.Hoher Auslastungsgrad bzw. eine hohe Beschäftigung.Stabiles Wachstum.Finanzmarktstabilität.Wechselkursstabilität (primär bei fixem Wechselkurssystem).
Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 05/22 47 / 198
Grundzüge Ziele und Instrumente Umsetzung Bankenregulierung Geld- und Fiskalpolitik Modelle Finanzsystem
Ziele und Instrumente der Geldpolitik
Gründe für stabile PreiseInflationsvolatilität.Steuerverzerrungen.Vertrauen in die Währung.Schuhsohleneffekte (shoe leather costs).
Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 05/22 48 / 198
Grundzüge Ziele und Instrumente Umsetzung Bankenregulierung Geld- und Fiskalpolitik Modelle Finanzsystem
Ziele und Instrumente der Geldpolitik
Gründe für positive InflationsrateDeflationsgefahr:• Deflationsspirale (Konsumgüterpreise).• Schuldendeflation.
Durchschnittsinflation in Währungsverbünden ggf. mit Deflationin einigen Ländern verbunden.Messfehler.Wachstum wird i.d.R. von steigenden Preisen begleitet.Lohnstruktur.Höherer Nominalzins.
Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 05/22 49 / 198
Grundzüge Ziele und Instrumente Umsetzung Bankenregulierung Geld- und Fiskalpolitik Modelle Finanzsystem
Ziele und Instrumente der Geldpolitik
Operationales ZielKurzfristige und vorübergehende Angebots- undNachfrageschocks im Interbankenmarkt führen zu enormenFluktuationen im Interbankenmarkt.
⇒ Gefährdung von Preis- und Einkommensstabilität.⇒ Operationales Ziel muss der Zinssatz im Interbankenmarkt sein.⇒ Tägliches Geschäft der Zentralbank eher defensiv (solange
Zentralbankkomitee angestrebten Zins nicht ändert).Vor 1914 war dies unter Akademikern und Zentralbankernakzeptiert (Bindseil (2004)).
Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 05/22 50 / 198
Grundzüge Ziele und Instrumente Umsetzung Bankenregulierung Geld- und Fiskalpolitik Modelle Finanzsystem
Ziele und Instrumente der Geldpolitik
Operationales Ziel„But though the value of money is not settled in an ex-
ceptional way, there is nevertheless a peculiarity about it, asthere is about many articles. It is a commodity subject to greatfluctuations of value and those fluctuations are easily produ-ced by a slight excess or a slight deficiency of quantity. Upto a certain point money is a necessity. If a merchant hasacceptances to meet tomorrow, money he must and will findtoday at some price or other. And it is this urgent need of thewhole body of merchants which runs up the value of moneyso wildly and to such a height in a great panic. On the otherhand, money easily becomes a ‘drug’, as the phrase is, andthere is soon too much of it.“
Bagehot (1898, S. 58)
Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 05/22 51 / 198
Grundzüge Ziele und Instrumente Umsetzung Bankenregulierung Geld- und Fiskalpolitik Modelle Finanzsystem
Ziele und Instrumente der Geldpolitik
Operationales ZielNach 1914 unheilvolle Allianz zwischen Zentralbankern undAkademikern:
„Academics developed theories detached from reality, wi-thout resenting or even admitting this detachment. (...) Cen-tral bankers failed to resist the reality-detached theories ofacademics, or even promoted them as they got convinced oras the theories served their aim to mask their responsibilityfor short term interest rate and thus for economic develop-ments. “
Bindseil (2004, S. 37)
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Ziele und Instrumente der Geldpolitik
Operationales ZielErster Weltkrieg sollte zu geringen Zinsen finanziert werden.
⇒ Trotz hoher Inflation (bis zu 150 %) erhöhten Zentralbanken denZins nicht.Nach 1919 dann brutale Zinserhöhung.
⇒ Deflation und Arbeitslosigkeit.Reservemengensteuerung (gestützt auf Geldmengen-multiplikator) verschleierte Zentralbankverantwortung.Reserve Position Doktrin wurde von Keynes und Friedmanbefürwortet.Wiederholung in der Paul Volcker-Ära (1979 - 82).
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Ziele und Instrumente der GeldpolitikReservemengenkonzepte
Nicht-geliehene Reserven (Non-Borrowed Reserves, NBR):Alle nicht über Nacht von der Zentralbank geliehenen Reserven.Mindestreserven (Required Reserves, RR): Gesetzlichvorgeschriebene Reserven (%-Satz der reservepflichtigenVerbindlichkeiten).Überschussreserven (Excess Reserves, ER): Reservemenge,welche die Mindestreserve übersteigt.Geliehene Reserven (Borrowed Reserves, BR): Reserven, dieüber Nacht von der Zentralbank geliehen werden(Diskontfenster/Kreditfazilität).Einlagefazilität: Reserven, die bei der Zentralbank über Nachtgegen einen Zins hinterlegt werden können.Freie Reserven: Differenz aus Überschussreserven und (überNacht) geliehenen Reserven. Zur Überschussliquidität würdeman noch die Reserven der Einlagefazilität hinzurechnen.
⇒ Gesamte Reserven = RR + ER = NBR + BR.Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 05/22 54 / 198
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Ziele und Instrumente der Geldpolitik
Entwicklung des operationalen Ziels der FED1920 - 1930: Borrowed Reserves Targeting, aber auchÜbernachtzins. Aber: Der Diskontsatz würde demInterbankenzins folgen.1931 - 1952: Zins nahe Null und Deflationsgefahr.⇒ HoheÜberschussreserven und keine transparente Strategie.1952 - 1970: Free Reserves Targeting. Aber auchOffenmarktoperationen, Veränderungen der Mindestreserve unddes Diskontsatzes für Übernachtkredite (sollte angeblichweiterhin den Marktzinsen folgen). Und andere regelmäßiggeänderte direkte Kontrollinstrumente.⇒ Effekte und Interaktionen schwer kontrollierbar undintransparent.
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Entwicklung des operationalen Ziels der FED1970 - 1974: Reserven im Verhältnis zu privaten Einlagen (Teilder Mindestreserve). Aber schrittweise Rückkehr zurZinssteuerung.1974 - 1979: Implizite Zinssteuerung.1979 - 1982: Non-Borrowed Reserves Targeting (Volcker-Ära).Verknappung der Reservemenge, aber auch diskretionöreEingriffe, um Zinsvolatilität zu verringern.⇒ Hohe Zinsen, Disinflation und Anstieg der Arbeitslosigkeit.1983 - heute: Offiziell zunächst Borrowed Reserves Targeting,aber schrittweise Rückkehr zur Zinssteuerung. 1994 begann dasZentralbankkomitee Ziel für den Interbankenzins vorzugeben.
⇒ Bis 2002 war Diskontfenster aber verpönt.Fazit: Reserve Position Doktrin (und Geldmengenmultiplikator)haben für viel Verwirrung gesorgt.
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Geldpolitische InstrumenteOffenmarktoperationen (OMO): Zentralbank kauft (oderverkauft) temporär oder dauerhaft Anleihen an (von) demprivaten Bankensektor.Temporäre Transaktion wird als Repo (oder inverser Repo)durchgeführt.
⇒ Reservemenge im Interbankenmarkt verändert sich, waswiederum Einfluss auf den Zins nehmen sollte.Ständige Fazilitäten: Kredit- und Einlagefazilitäten fürkurzfristige (Übernacht-) Kredite oder zur Hinterlegung vonÜberschüssen.Normale Zeiten: Steuerung des Interbankenzinses reicht aus,um mittel- und endgültige Ziele zu erreichen.Bei Störung des Transmissionmechanismus ggf. zusätzlicheMaßnahmen.
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EZB-Bilanz für den 24. Februar 2012 (in Mrd. e)
Autonome Faktoren(Liquidität bereitstellend)
Autonome Faktoren(Liquidität entziehend)
Nettoauslandsforderungen 633 Bargeld 867Eigenmittelportfolio 374 Sichtguthaben Regierung 142
Andere autonome Faktoren 308
Geldpolitische Operationen(Liquidität bereitstellend)
Geldpolitische Operationen(Liquidität entziehend)
Bestände aus endgültigenAnleihekäufen (OMO)
283
Kurzfristige Kredite (InverseRepos, OMO)
166
Längerfristige Kredite(Inverse Repos, OMO)
652 Längerfristige Repogeschäfte(OMO)
220
Kreditfazilität 0 Einlagefazilität 477
Einlagen derGeschäftsbanken(Reservekonten)
94
Summe 2108 Summe 2108
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Grundzüge eines modernen GeldsystemsMöglicher Tagesablauf im Interbankenmarkt
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Instrumente der Geldpolitik
Offenmarktpolitik der EZBHauptrefinanzierungsgeschäfte: WöchentlichesOffenmarktgeschäft mit einwöchiger Laufzeit gegen Hinterlegungvon Sicherheiten.Längerfristige Refinanzierungsgeschäfte: Einmal monatlichmit dreimonatiger Laufzeit durchgeführt (auch Basistendergenannt). Lange Laufzeit soll den Fristenunterschied (langfristigeKredite vs. kurzfristige Verbindlichkeiten, z.B. Sichteinlagen)verringern.Feinsteuerungsoperationen: Unregelmäßige, nichtstandardisierte Operationen.Strukturelle Operationen: Regelmäßige wie auchunregelmäßige, standardisierte und nicht standardisierteOperationen, um langfristigen Bedarf nach Zentralbankgeld zusichern.
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Instrumente der Geldpolitik
Offenmarktpolitik⇒ Besicherte Kredite (Repos) mit relativ liquide und marktfähige
Wertpapiere wie Staats- und Unternehmensanleihen, Aktien,aber auch Kommunalkredite, Unternehmens- oderVerbraucherkredite und sogar Vermögenswerte wie Immobilienund sonstige Wirtschaftsgüter.Bei strukturellen und Feinsteuerungsoperationen auchendgültige An- und Verkäufe möglich.EZB: Nur mindestreservepflichtige Institute dürfen teilnehmen.
⇒ Bankenbasiertes System mit ca. 1.800 GeschäftspartnernFED: Nur etwas mehr als 20 Primärhändler und überwiegendkeine Banken.
Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 05/22 61 / 198
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OffenmarktpolitikMengentender: Der Zinssatz und das gesamteZuteilungsvolumen wird vorab festgelegt und dieGeschäftsbanken machen Gebote in der Höhe der gewünschtenBeträge. Hinterher wird das Zuteilungsvolumen anteilsmäßig aufdie Geschäftsbanken aufgeteilt.Zinstender: Die Zentralbank bestimmt das gesamteZuteilungsvolumen sowie einen Mindestbietungssatz. DieGeschäftsbanken geben dann an, in welcher Höhe sie zuwelchem Zinssatz Geld leihen wollen.• Amerikanisches Verfahren: Die Reserven werden zu dem Zinssatz
zugeteilt, zu dem geboten wurde. Die Banken mit dem höchstenZinssatz werden zuerst berücksichtigt.
• Holländisches Verfahren: Alle Bieter werden zum marginalenZinssatz bedient. Dies ist der niedrigste Zins, bei dem noch eineZuteilung erfolgt.
Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 05/22 62 / 198
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Mengentender mit fixem Zinssatz (in Mrd. e)
Gebot Zuteilung
Bank 1 30 18Bank 2 40 24Bank 3 50 30Bank 4 60 36Bank 5 70 42
Gesamt 250 150
Zuteilung: 150/250 = 60%Problem: Banken haben Anreiz zu überbieten
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Instrumente der Geldpolitik
Zinstender mit variablem Zinssatz (in Mrd. e)
Zins Bank 1 Bank 2 Bank 3 Gesamt-gebote
KumulativeGebote
3.07 0 03.06 5 5 10 103.05 5 5 10 203.04 5 5 10 303.03 5 5 10 20 503.02 5 10 15 30 803.01 10 10 15 35 1153.00 5 5 5 15 1302.99 5 10 15 145
Gesamt 30 45 70 145
Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 05/22 64 / 198
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Instrumente der Geldpolitik
Zuteilung für Zinstender mit variablem Zinssatz (in Mrd. e)Die kumulativen Gebote stimmen zu einem bestimmten Zinssatzexakt mit dem gewünschten Zuteilungsvolumen überein: Möchtedie EZB 80 Mrd. Euro zuteilen, so werden alle Gebote derGeschäftsbanken bis zum Zinssatz von 3, 02% bedient (von3, 02%− 3, 07%).Das gewünschte Zuteilungsvolumen wird erst bei einem Zinssatzunterhalb des Minimumzinses erreicht: Will die EZB 150 Mrd.Euro zuteilen, würde in unserem Beispiel der Minimumzinssatzgreifen und man würde alle Gebote bis zu 3% realisieren, aberlediglich 130 Mrd. Euro zuteilen.
Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 05/22 65 / 198
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Instrumente der Geldpolitik
Zuteilung für Zinstender mit variablem Zinssatz (in Mrd. e)Das gewünschte Zuteilungsvolumen wird zu einem Zinssatzoberhalb des Minimumzinses nicht exakt erreicht: Falls diegewünschte Zuteilung einer Summe von 120 Mrd. Euroentspricht, werden alle Gebote bis zu einem Zinssatz von 3, 01%zugeteilt. Dies entspricht einer Summe von 115 Mrd. Euro. Dieverbliebenen 5 Mrd. werden dann anteilig auf die Gebote desnächstniedrigeren Zins aufgeteilt. In unserem Beispiel bekommtjede Bank dann noch (5/15) ·5 Mrd. Euro zusätzlich zumZinssatz von 3, 00% zugeteilt.
Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 05/22 66 / 198
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Instrumente der Geldpolitik
AuktionsverfahrenEZB seit 2000: Wegen Überbietungsproblematik amerikanischesZinstenderverfahren.Seit der Finanzkrise: Mengentender mit vollständiger Zuteilung.
⇒ Derzeit wird in der Eurozone demnach jede Höhe an Reservenbereit gestellt (solange genügend Sicherheiten vonausreichender Bonität vorhanden sind).
Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 05/22 67 / 198
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Instrumente der Geldpolitik
EZB: Repo mit Bank
A Bank P+ Reserven + Repo
A EZB P+ Inv. Repo + Reserven
⇒ Bilanzverlängerung und Reservenschöpfung.
Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 05/22 68 / 198
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Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 05/22 69 / 198
Offenmarktgeschäfte der EZB
Geschäft Transaktionsart Laufzeit Rhythmus Verfahren
Hauptrefinanzierungs-geschäft
BefristeteLiquiditätsbereitstellung
Eine Woche Wöchentlich Standardtender
LängerfristigeRefinanzierungs-
geschäfte
BefristeteLiquiditätsbereitstellung
Drei Monate Monatlich Standardtender
Feinsteuerungs-operationen
Befristete Bereitstellungoder Abschöpfung von
Liquidität
Nichtstandardisiert
Unregelmäßig Schnelltender oderbilateral
Endgültige An- undVerkäufe
- Unregelmäßig Bilateral
StrukturelleOperationen
Befristete Bereitstellungoder Abschöpfung von
Liquidität (z.B. überEmission eigener
Schuldverschreibungen)
Standardisiertund nicht
standardisiert
Regelmäßig (abernicht nach
Kalendar) undunregelmäßig
Standardtender
Endgültige An- undVerkäufe
- Unregelmäßig Bilateral
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Instrumente der GeldpolitikOffenmarktgeschäfte der FED
Überwiegend An- und Verkauf von U.S.Staatsanleihen/Schatzbriefen (Treasury Bills), die vonBroker-Dealern (Makler-Händler) gehandelt werden. DiesePrimärhändler sind auch an den Auktionen desFinanzministeriums beteiligt.Permanente und temporäre Geschäfte.Kurzfristige Repos werden täglich durchgeführt.Trading Desk spricht mit diversen Marktteilnehmern undExperten, wie Primärhändlern, großen Banken, Prognostikernetc., um den Reservebedarf des Bankensektors aufgrund vonZu- und Abflüssen im Laufe des Tages möglichst gut abschätzenzu können.Daten des Finanzministeriums über mögliche Veränderungenihrer Einlagen bei der FED sowie Konditionen in Finanz- undDevisenmärkten werden berücksichtigt.Danach amerikanischen Zinstenderverfahren mitRepo-Händlern.
Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 05/22 70 / 198
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Instrumente der Geldpolitik
FED: Temporäres Repogeschäft
A Bank P+ Reserven + Einlagen
A Händler P+ Einlagen + Repo
A FED P+ Inv. Repo + Reserven
⇒ Bilanzverlängerung und Reserven- sowie Einlagenschöpfung.
Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 05/22 71 / 198
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Instrumente der Geldpolitik
FED: Temporäres inverses Repogeschäft
A Bank P- Reserven - Einlagen
A Händler P+ Inv. Repo- Einlagen
A FED P+ Repo- Reserven
⇒ Bilanzverkürzung der Bank und Reserven- sowieEinlagenvernichtung.
Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 05/22 72 / 198
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Instrumente der Geldpolitik
Ständige Fazilitäten (Kreditmöglichkeiten)EZB räumt den Geschäftsbanken über Nacht die Möglichkeit ein,⇒ sich Reserven zu leihen (Spitzenrefinanzierungsfazilität,
englisch marginal lending facility)⇒ oder zu hinterlegen (Einlagefazilität, englisch deposit facility).
⇒ Die Zinsen für diese Fazilitäten bilden einen Korridor für denInterbankenzins.
Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 05/22 73 / 198
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Instrumente der Geldpolitik
Ständige Fazilitäten (Kreditmöglichkeiten)Ausgangssituation:
A Bank 1 PKredite 100 Einlagen 100
A Bank 2 PKredite 100 Einlagen 100
Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 05/22 74 / 198
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Instrumente der Geldpolitik
Ständige Fazilitäten (Kreditmöglichkeiten)Überweisung: Bank 1 muss Reserven von der ZB leihen
A Bank 1 PKredite 100 Einlagen 100Reserven 50 Kredit (ZB, 1%) 50
A Bank 2 PKredite 100 Einlagen 100
Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 05/22 75 / 198
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Instrumente der Geldpolitik
Ständige Fazilitäten (Kreditmöglichkeiten)⇒ Reserven von Bank 1 werden um 50 e vermindert und die von
Bank 2 um 50 e erhöht
A Bank 1 PKredite 100 Einlagen 50Reserven 50 Kredit (ZB, 1%) 50
A Bank 2 PKredite 100 Einlagen 150Reserven (0,2%) 50
(Überschussreserven werden mit 0,2 % verzinst.)
Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 05/22 76 / 198
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Instrumente der Geldpolitik
Ständige Fazilitäten (Kreditmöglichkeiten)⇒ Banken einigen sich auf Kredit zum Zins von 0,5 %:
A Bank 1 PKredite 100 Einlagen 50
Kredit (IB, 0,5%) 50
A Bank 2 PKredite 100 Einlagen 150Kredit (IB, 0,5%) 50
⇒ Innerhalb eines gewissen Kreditrahmens passiert dasautomatisch.
Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 05/22 77 / 198
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Instrumente der Geldpolitik
Ständige Fazilitäten (Kreditmöglichkeiten)Im Normalfall wollen Banken Überschüsse an andere Bankenverleihen.Sind genügend Reserven vorhanden, regeln Banken denZahlungsausgleich unter sich (ohne Zentralbank).Bei einer Änderung der autonomen Faktoren oder derReservehortung etc. fehlen aber ggf. Reserven.
⇒ Bestimmte Banken müssen Kreditfazilität in Anspruch nehmen.⇒ Kreditzinsen steigen.
Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 05/22 78 / 198
4.3PRAKTISCHE UMSETZUNG
DER GELDPOLITK
Korridore und einseitigeFazilitätssysteme
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Praktische Umsetzung der Geldpolitik
GrundsätzlichesKreditfazilität = Obergrenze im Interbankenmarkt.Einlagefazilität = Untergrenze im Interbankenmarkt.Fehlt es an Reserven müssen einige Banken Kreditfazilität inAnspruch nehmen.Sind zu viele Reserven im Markt müssen einige Einlagefazilitätin Anspruch nehmen.
⇒ Tägliches Geschäft der Zentralbanken ist passiv: Ausgleichautonomer Faktoren.
Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 05/22 80 / 198
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Praktische Umsetzung der Geldpolitik
Reverse Causation FallacyLiquiditätsdefizit: kurze Position. Einige Banken müssen Kreditnehmen (zum Zins iKF ).Liquiditätsüberschuss: lange Position. Einige Banken müssenEinlagefazilität nutzen (zum Zins iEF ).
⇒ Interbankenzins (iIB) entspricht gewichtetem Mittel:
iIB = P (kurz) iKF + P (lang) iEF
= iEF + P (kurz) (iKF − iEF ) .
Sind Fehleinschätzungen symmetrisch verteilt:
ieIB =iKF + iEF
2
Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 05/22 81 / 198
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Praktische Umsetzung der Geldpolitik
Reverse Causation FallacyInanspruchnahme der Kreditfazilität hängt nicht von derDifferenz zwischen dem Kreditzins der Zentralbank und demInterbankenzins ab (iKF − iIB).
⇒ Die Wahrscheinlichkeit, eine der beiden Fazilitäten nutzen zumüssen, bestimmt den Interbankenzins und somit die Differenz!(Bindseil (2004))
Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 05/22 82 / 198
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Praktische Umsetzung der Geldpolitik
EntkopplungsprinzipOhne Mindestreserve ist der zusätzliche Reservebedarf desBankensektor am Ende des Tages genau Null, solange alleVeränderungen autonomer Faktoren ausgeglichen wurden.
⇒ Bei symmetrischen Korridor können unterschiedliche Zinsen beigleicher Reservemenge umgesetzt werden (Borio and Disyatat(2010)).
Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 05/22 83 / 198
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Praktische Umsetzung der Geldpolitik
Der symmetrische KorridorBeliebt zwischen 1990er und 2008.Australien, Neuseeland, Kanada, EZB, u.v.a.Operationales Ziel liegt in der Mitte zwischen Kredit- undEinlagefazilität.X-Achse: Liquiditätsposition (Differenz zwischenReserveangebot und -bedarf)Y-Achse: Interbankenzins.Krümmung hängt von institutionellen Faktoren ab.Durchschnittliche Mindestreserve kann Zinsen glätten.
Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 05/22 84 / 198
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Praktische Umsetzung der GeldpolitikDer symmetrische Korridor
Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 05/22 85 / 198
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Praktische Umsetzung der GeldpolitikTageszinssätze am australischen Interbankenmarkt (Bindseil (2014, S. 136))
Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 05/22 86 / 198
Grundzüge Ziele und Instrumente Umsetzung Bankenregulierung Geld- und Fiskalpolitik Modelle Finanzsystem
Praktische Umsetzung der GeldpolitikTageszinssätze am europäischen Interbankenmarkt (Bindseil (2014, S. 137))
Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 05/22 87 / 198
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Praktische Umsetzung der GeldpolitikTageszinssätze am britischen Interbankenmarkt (Bindseil (2014, S. 138))
Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 05/22 88 / 198
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Praktische Umsetzung der Geldpolitik
Zins der Kreditfazilität als operationales Ziel (Ceiling-System)1. Man bringe den Interbankenmarkt in ein systematisches
Liquiditätsdefizit, indem Abflüsse aufgrund autonomer Faktorennicht über Offenmarktoperationen ausgeglichen werden. Notfallskann eine Zentralbank auch über endgültige Anleiheverkäufe ausihrem Bestand oder durch den Verkauf vonZentralbankschuldverschreibungen ein solches Defizit erzeugen.
2. Man führe keine weiteren Kreditoperationen durch.3. Man setze den Zins der Kreditfazilität auf den gewünschten Zins
im Interbankenmarkt.
Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 05/22 89 / 198
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Praktische Umsetzung der Geldpolitik
Zins der Kreditfazilität als operationales Ziel (Ceiling-System)⇒ Wenig Präzision von Nöten.⇒ Entkopplungsprinzip gilt.
Bankensektor ist permanent bei Zentralbank verschuldet.Z.B. Deutsche Reichsbank um 1900:• Diskontfazilität: Real Bills Doktrin.• Lombardfazilität (100 Basispunkte höher).
Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 05/22 90 / 198
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Praktische Umsetzung der GeldpolitikZins der Kreditfazilität als operationales Ziel (Ceiling-System)
Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 05/22 91 / 198
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Praktische Umsetzung der Geldpolitik
Das US-System der NachkriegszeitBis 2008 keine Verzinsung von Überschussreserven.
⇒ Einseitiges System.Aber Kreditfazilität bis 2002 „verpönt“(Moore (1988, S. 117 ff.)).
⇒ Kreditfazilität war nicht das operationale Ziel.⇒ Interbankenzins überstieg z.T. den Zins der Kreditfazilität.⇒ Sehr volatile Zinsen.
Einfluss der Reserve Position Doktrin.
Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 05/22 92 / 198
Grundzüge Ziele und Instrumente Umsetzung Bankenregulierung Geld- und Fiskalpolitik Modelle Finanzsystem
Praktische Umsetzung der GeldpolitikDas US-System der Nachkriegszeit
Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 05/22 93 / 198
Grundzüge Ziele und Instrumente Umsetzung Bankenregulierung Geld- und Fiskalpolitik Modelle Finanzsystem
Praktische Umsetzung der Geldpolitik
Zins der Einlagefazilität als operationales Ziel (Floor-System)Nach Finanzkrise Zusammenbruch des Interbankenmarktes invielen Ländern.
⇒ Zentralbanken erzeugen starken Liquiditätsüberschuss, umZahlungsausgleich zu gewährleisten.Dann unkonventionelle Maßnahmen: Endgültige Anleihekäufe,um langfristige Zinsen zu senken und Preise zu stabilisieren.
⇒ Einlagenzins wurde operationales Ziel.
Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 05/22 94 / 198
Grundzüge Ziele und Instrumente Umsetzung Bankenregulierung Geld- und Fiskalpolitik Modelle Finanzsystem
Praktische Umsetzung der GeldpolitikZinssätze am europäischen Interbankenmarkt
Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 05/22 95 / 198
Grundzüge Ziele und Instrumente Umsetzung Bankenregulierung Geld- und Fiskalpolitik Modelle Finanzsystem
Praktische Umsetzung der GeldpolitikZins der Einlagefazilität als operationales Ziel (Floor-System)
Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 05/22 96 / 198
Grundzüge Ziele und Instrumente Umsetzung Bankenregulierung Geld- und Fiskalpolitik Modelle Finanzsystem
Praktische Umsetzung der Geldpolitik
Zins der Einlagefazilität als operationales Ziel (Floor-System)⇒ Wenig Präzision von Nöten.⇒ Entkopplungsprinzip gilt.
Aber wenig Interbankenhandel (Zentralbank ersetzt Großteil desMarktes).Negativer Einlagenzins erhöht voraussichtlich Kreditzinsen.
Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 05/22 97 / 198
4.4GELDSCHÖPFUNG UNDBANKENREGULIERUNG
Mindestreserven undEigenkapitalquoten
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Geldschöpfung und Bankenregulierung
Regulierung I: MindestreservenIm Geldschöpfungmultiplikator bestimmt Mindestreserve dieKreditvergabe.In der Realität eher unbedeutend (bzgl. Regulierung). Bank kannauch Kredit hinterlegen.Keine Regulierungsmaßnahme, aber höhere Mindestreserveerhöht Reservebedarf.
⇒ Interbankenzins steigt.⇒ Zentralbank muss Liquidität erhöhen.
Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 05/22 99 / 198
Grundzüge Ziele und Instrumente Umsetzung Bankenregulierung Geld- und Fiskalpolitik Modelle Finanzsystem
Geldschöpfung und Bankenregulierung
Warum Mindestreserven?Grundsätzliche Nachfrage nach Reserven sichern.Durchschnittliche Mindestreserve glättet Interbankenzins.Bei unausgereiften Finanzsystem:• Besser einzuschätzen als Überschussreserven.• Unverzinste Mindestreserve wirkt wie Steuer.
Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 05/22 100 / 198
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Geldschöpfung und Bankenregulierung
Regulierung II: EigenkapitalvorschriftenBasel III: Zwischen 7 und 13 Prozent der risikobehafteteAktivposten.Aber Banken berechnen das Risiko selber...Eigenkapital kann durch Gewinne oder Aktien erhöht werden.Aktien werden aber mit Giralgeld gekauft!
Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 05/22 101 / 198
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Geldschöpfung und Bankenregulierung
Regulierung II: Eigenkapitalvorschriften
A Credit Suisse P+ Kredit 10 + Einlagen 10
A Konsortium P+ Einlagen 10 + Kredit 10
Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 05/22 102 / 198
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Geldschöpfung und Bankenregulierung
Regulierung II: Eigenkapitalvorschriften
A Credit Suisse P- Einlagen 10+ Eigenkapital(Aktien)
10
A Konsortium P- Einlagen 10+ Aktien 10
Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 05/22 103 / 198
Grundzüge Ziele und Instrumente Umsetzung Bankenregulierung Geld- und Fiskalpolitik Modelle Finanzsystem
Geldschöpfung und Bankenregulierung
Was beschränkt die Geldschöpfung?Kreditvergabe gegen Sicherheiten.Faule Kredite erzeugen Verluste und verringern Eigenkapitel.
⇒ Im Normalfall sind Banken an einer vernünftigen Bonitätsprüfunginteressiert.Bei steigenden Vermögenswertpreisen fällt diese evtl. zuoptimistisch aus.Weiteres Problem: Verbriefungen.
⇒ Banken halten Kredite nicht mehr in ihrer Bilanz.Zinssteuerung der Zentralbank.
Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 05/22 104 / 198
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Geldschöpfung und Bankenregulierung
Wozu KundeneinlagenPrivater Einlagenzins < Interbankenzins.
⇒ Kontoeröffnung bringt relativen Vorteil ggb. Konkurrenten, weilmit den Einlagen auch Reserven überwiesen werden.Höhere Kreditvergabe = höheres Risiko = höherer Zins.
⇒ Nachteil ggb. Konkurrenten.⇒ Wettbewerb hat disziplinierenden Effekt.
Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 05/22 105 / 198
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Geldschöpfung und Bankenregulierung
Geldschöpfung durch Vermögenserwerb
A Bank P+ Immobilie + Einlagen
A Kunde P- Immobilie+ Einlagen
⇒ Einlagenschöpfung ohne Kredit.⇒ Problem: Einfluss auf Vermögenswertpreise.
Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 05/22 106 / 198
4.5ZUSAMMENSPIEL VON GELD-
UND FISKALPOLITIK
Anleihen, Steuern, Ausgaben
Grundzüge Ziele und Instrumente Umsetzung Bankenregulierung Geld- und Fiskalpolitik Modelle Finanzsystem
Geld- und Fiskalpolitik
Zum Verbot der StaatsfinanzierungDirekte Anleihekäufe i.d.R. verboten, nicht aber auf demSekundärmarkt.Staatliche Anleihen sind beliebte Sicherheit beiOffenmartkgeschäften.Hyperinflation? Immer von zusätzlichen Ereignissen begleitet.Auch in Deutschland kaufte BuBa Staatspapiere (25 Mrd. DM in1968).Kanada: 20 % aller Staatsanleihen verbleiben bei Zentralbank.Verschiedene Modelle einer tw. monetären Staatsfinanzierungwerden diskutiert.
Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 05/22 108 / 198
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Geld- und Fiskalpolitik
Staatsanleihen und -ausgaben
Bank leiht sich Reserven:
A Zentralbank PKredit 100 Reserven 100
A Geschäftsbanken PReserven 100 Kredit 100
Regierung emittiert Anleihen im Wert von 100 e:
A Regierung PReserven 100 Staatsanleihen 100
A Geschäftsbanken PStaatsanleihen 100 Kredit 100Reserven 100
Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 05/22 109 / 198
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Geld- und Fiskalpolitik
Staatsanleihen und -ausgaben
⇒ Emission von Staatsanleihen absorbiert Liquidität.
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Geld- und Fiskalpolitik
Staatsanleihen und -ausgaben
Regierung kauft Dienstleistung:
A Zentralbank PKredit 100 Reserven 100
A Regierung PReserven 100 Staatsanleihen 100
Nettovermögen - 100A Geschäftsbanken P
Staatsanleihen 100 Kredit 100Reserven 100 Einlagen 100
A Haushalte PEinlagen 100 Nettovermögen 100
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Geld- und Fiskalpolitik
Staatsanleihen und -ausgabenNettoverschuldung des Staates = Nettovermögen desPrivatsektors (weil Geldvermögen).Staatliche Ausgabe schafft Einlagen.
⇒ Buchgeld entsteht auch durch staatliche Ausgabe.
Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 05/22 112 / 198
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Geld- und Fiskalpolitik
Staatsanleihen und -ausgaben
Bank zahlt ZB-Kredit zurück:
A Zentralbank PKredit 100 Reserven 100
A Regierung PStaatsanleihen 100Nettovermögen -100
A Geschäftsbank PStaatsanleihen 100 Kredit 100Reserven 100 Einlagen 100
A Haushalt PEinlagen 100 Nettovermögen 100
Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 05/22 113 / 198
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Geld- und Fiskalpolitik
Staatsanleihen und -ausgabenGesamtvorgang: Keine Veränderung der Reservemenge.
⇒ Keine Zinserhöhung und kein Crowding Out.⇒ Keine Eingriff der Zentralbank notwendig.
Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 05/22 114 / 198
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Geld- und Fiskalpolitik
„Indirekte“ monetäre Staatsfinanzierung
Zentralbank kauft Anleihe von Privatsektor:
A Zentralbank PStaatsanleihen 100 Reserven 100
A Regierung PStaatsanleihen 100Nettovermögen -100
A Geschäftsbanken PReserven 100 Einlagen 100
A Haushalte PEinlagen 100 Nettovermögen 100
Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 05/22 115 / 198
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Geld- und Fiskalpolitik
„Indirekte“ monetäre StaatsfinanzierungÜblicher Vorgang vieler Zentralbanken, um Privatsektor Liquiditätzuzuführen (USA, Kanada, u.v.a.).Problem Euro-Zone: Eine Zentralbank aber viele Anleihen.
⇒ Verstoß gegen Nicht-Beistandsklausel.⇒ Indirekte Staatsfinanzierung.
Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 05/22 116 / 198
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Geld- und Fiskalpolitik
Direkte monetäre Staatsfinanzierung
Zentralbank kauft Anleihe
A Zentralbank PStaatsanleihen 100 Reserven 100
A Regierung PReserven 100 Staatsanleihen 100
Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 05/22 117 / 198
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Geld- und Fiskalpolitik
Direkte monetäre Staatsfinanzierung
Regierung kauft Dienstleistung:
A Zentralbank PStaatsanleihen 100 Reserven 100
A Regierung PReserven 100 Staatsanleihen 100
Nettovermögen -100A Geschäftsbanken P
Reserven 100 Einlagen 100
A Haushalte PEinlagen 100 Nettovermögen 100
Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 05/22 118 / 198
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Geld- und Fiskalpolitik
Direkte monetäre StaatsfinanzierungAusgabe hat wieder Einlagen im Privatsektor erzeugt.Bilanzen sind identisch zur „indirekten“ Staatsfinanzierung.Zudem sind nun zusätzliche Reserven im Interbankenmarkt.
⇒ Interbankenzins muss fallen.⇒ Expansive Geld- und Fiskalpolitik haben gleiche Auswirkung auf
Interbankenmarkt.⇒ Zentralbank muss Liquidität abziehen.⇒ Z.B. durch Verkauf der Staatsanleihe (oder durch Repo).
Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 05/22 119 / 198
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Geld- und Fiskalpolitik
Direkte monetäre Staatsfinanzierung
Zentralbank kauft Anleihe:
A Zentralbank PStaatsanleihen 100 Reserven 100
A Regierung PStaatsanleihen 100Nettovermögen -100
A Geschäftsbanken PReserven 100 Einlagen 100Staatsanleihen 100
A Haushalte PEinlagen 100 Nettovermögen 100
Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 05/22 120 / 198
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Geld- und Fiskalpolitik
Direkte monetäre Staatsfinanzierung⇒ Bilanzen sind identisch zum Verkauf über den Bankensektor.
Anleihe ist über Zentralbank in den Bankensektor gelangt undReserven über die Regierung wieder zur Zentralbank.Bei Verkauf über Bankensektor geht dieser in Vorleistung undleiht sich die Reserven bei der Zentralbank, um sie derRegierung weiterzuverleihen.Banken verdienen so oder so an der Anleihe.
Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 05/22 121 / 198
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Geld- und Fiskalpolitik
Steuern entziehen Liquidität
Steuern von 20 %:
A Zentralbank PReserven (GB) -20Reserven (Reg.) 20
A Regierung PReserven 20 Staatsanleihen 100
Nettovermögen -80A Geschäftsbanken P
Reserven -20 Einlagen 80Staatsanleihen 100
A Haushalte PEinlagen 80 Nettovermögen 80
Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 05/22 122 / 198
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Geld- und Fiskalpolitik
Steuern entziehen Liquidität⇒ Reserven im Bankensektor sinken.⇒ Zentralbank muss Liquidität erhöhen.⇒ Z.B. durch Aufkauf der Anleihen (oder durch inversen Repo).
Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 05/22 123 / 198
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Geld- und Fiskalpolitik
Steuern entziehen Liquidität
Zentralbank kauft Anleihe:
A Zentralbank PStaatsanleihen 20 Reserven (GB) 0
Reserven (Reg.) 20
A Regierung PReserven 20 Staatsanleihen 100
Nettovermögen -80A Geschäftsbanken P
Reserven 0 Einlagen 80Staatsanleihen 80
A Haushalte PEinlagen 80 Nettovermögen 80
Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 05/22 124 / 198
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Geld- und Fiskalpolitik
Staatsbankrott und ZentralbankpolitikBei Verbot monetärer Staatsfinanzierung ist Regierung Pleite,wenn sie kein Geld vom Kapitalmarkt bekommt.Ist Zentralbank der Kreditgeber der letzten Instanz (LOLR), kanneine Regierung nicht Pleite gehen.
⇒ Weil Staatspleite für Finanzsystem und Gesellschaft wesentlichschlimmer ist als ein Anleiheaufkauf, ist Zentralbank natürlicherLOLR.
⇒ Im Prinzip Normalfall: In Kanada kauft behält 20% aller Anleihen.Kein Investor würde jemals davon ausgehen, dass die USAPleite gehen können.
⇒ Zudem wäre „Unabhängigkeit“ in Gefahr, wenn ZB Anleihekaufim Notfall verweigert.
Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 05/22 125 / 198
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Geld- und Fiskalpolitik
Staatsbankrott und ZentralbankpolitikEuro-Raum ist kompliziert: Eine Zentralbank, aber 19Staatsanleihen. Zudem Verbot von direktem Anleiheaufkauf undNicht-Beistandsklausel.Bis zur Finanzkrise war diese Klausel aber unglaubwürdig.
⇒ Zinskonvergenz im Euro-Raum bis 2008, dann Divergenz.⇒ Mario Draghi (2012): „Whatever it takes“
Erst 2015 wirkliche Anleihekäufe (Asset Purchase Programme(APP)).
Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 05/22 126 / 198
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Geld- und FiskalpolitikZinsen auf langfristige Staatsanleihen im Euro-Raum
Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 05/22 127 / 198
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Geld- und Fiskalpolitik
Kann eine Zentralbank Pleite gehen?Zentralbank kann nie illiquide werden, weil sie die höchste Formdes Geldes selber herstellt (Reserven).Staatliche Schuldverschreibungen können überrollt werden.Faule Kredite an Privatsektor können aber Eigenkapitalreduzieren.Problem negatives Eigenkapital?Theoretisch kein Problem, weil Funktionsweise nichteingeschränkt.Glaubwürdigkeit? Frage der Inflationsperformance.
Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 05/22 128 / 198
Grundzüge Ziele und Instrumente Umsetzung Bankenregulierung Geld- und Fiskalpolitik Modelle Finanzsystem
Geld- und Fiskalpolitik
Staatsbankrott und AuslandsverschuldungFür einige Länder unumgänglich, weil sie Importe benötigen odersich an ausländische Währung gekoppelt haben.
⇒ Zentralbank kann Verschuldung nicht ausgleichen.Ursache für Verschuldung in ausländischer Währung häufigMangel an exportfähigen Gütern.Falls Rückzahlung unmöglich, wird häufig Nennwert der Anleihenreduziert (Argentinien 2005: 75%).
Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 05/22 129 / 198
4.6MODELLHAFTEDARSTELLUNG
Interbanken-, Geld- undKapitalmarkt
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Interbanken- und Geldmarktmodelle
GrundlagenmodellInterbankenmarkt mit Zinssteuerung.Geldmarkt mit endogener Geldschöpfung.
⇒ Alternative zum Geldschöpfungsmultiplikator.Partialanalyse (kein Makro-Totalmodell).
Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 05/22 131 / 198
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Interbanken- und Geldmarktmodelle
Grundlagenmodell
iL = (1 + µB) iIB ,(1)
Ld = L (iL, · · · ) , L′iL < 0,(2)
M = Ls + R,(3)Rd = kM, 0 < k < 1,(4)
mit M: Einlagen (Geldmenge, Money ), µB : Gewinnaufschlag,R: Reserven, k : Mindestreservesatz.(1) Kreditangebot (Kreditzins entspricht Aufschlag auf
Interbankenzins).(2) Kreditnachfrage hängt negativ vom Kreditzins ab.(3) Konsolidierte Geschäftsbankenbilanz.(4) Banken halten Mindestreserve.
Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 05/22 132 / 198
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Interbanken- und Geldmarktmodelle
Konsolidierte Geschäftsbankenbilanz
A Bankensektor PReserven R Einlagen MKredite an Privatsektor L
⇒ Alle Reserven stammen aus endgültigen Anleiheaufkäufen derZentralbank.
Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 05/22 133 / 198
Grundzüge Ziele und Instrumente Umsetzung Bankenregulierung Geld- und Fiskalpolitik Modelle Finanzsystem
Interbanken- und Geldmarktmodelle
Grundlagenmodell: ZusammenfassungZentralbank setzt Interbankenzins iIB .
⇒ Kreditmenge entsteht endogen:
L = L ((1 + µB) iIB , · · · ) , L′iL < 0
⇒ Einlagenmenge entsteht endogen (aus (4) in (3)):
M =L
1− k
⇒ Ex-Post Divisor statt Ex-Ante Multiplikator.⇒ Nachfrage nach Reserven:
Rd = kM
Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 05/22 134 / 198
Grundzüge Ziele und Instrumente Umsetzung Bankenregulierung Geld- und Fiskalpolitik Modelle Finanzsystem
Interbanken- und GeldmarktmodelleGrundlagenmodell
Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 05/22 135 / 198
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Interbanken- und Geldmarktmodelle
Kreditangebot unter RisikoberücksichtigungBei steigender Kreditmenge steigt das Kreditausfallrisiko.Zins sollte vom Kreditangebot abhängig sein:
iL = (1 + µB (Ls)) iIB , (µB)′Ls > 0
⇒ Steigt die Kreditnachfrage, steigen Kreditangebot, Kreditzins undReserven.
Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 05/22 136 / 198
Grundzüge Ziele und Instrumente Umsetzung Bankenregulierung Geld- und Fiskalpolitik Modelle Finanzsystem
Interbanken- und GeldmarktmodelleKreditangebot unter Risikoberücksichtigung
Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 05/22 137 / 198
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Interbanken- und GeldmarktmodelleKreditangebot unter Risikoberücksichtigung: Expansive Geldpolitik (Senkung des Leitzinses)
Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 05/22 138 / 198
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Interbanken- und Geldmarktmodelle
Erweiterung um Kapitalmarkt und Zentralbankkredite1. Unterscheidung zwischen über Nacht geliehenen Reserven
(borrowed reserves, B) und nicht-geliehenen Reserven aus denOffenmarktoperationen (non-borrowed reserves, N).
2. Einführung langfristiger Anleihen als zusätzliche Form derVermögenshaltung.Wenn Einlagenangebot steigt, müssen die Einlagen auchnachgefragt werden.
⇒ Zins am Anleihemarkt muss sinken, damit Einlagen attraktiverwerden.
⇒ Wenn Einlagen verwendet werden, um Anleihen zu kaufen, steigtder Anleihepreis und die effektive Verzinsung sinkt.
Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 05/22 139 / 198
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Interbanken- und Geldmarktmodelle
Erweiterung um Kapitalmarkt und Zentralbankkredite
Md = M (iM , iB , y , E , X ) ,M ′iM > 0, M ′iB < 0, M ′y > 0, M ′X > 0, M ′E > 0,
Geldnachfrage hängt positiv vom Einlagenzins und negativ vomAnleihezins ab.y : Einkommen (Transaktionsmotiv).X : Liquiditätspräferenz.E : Weitere Einflussfaktoren (zukünftige erwartete Zinssätze,etc.).
Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 05/22 140 / 198
Grundzüge Ziele und Instrumente Umsetzung Bankenregulierung Geld- und Fiskalpolitik Modelle Finanzsystem
Interbanken- und Geldmarktmodelle
Konsolidierte Geschäftsbankenbilanz
A Bankensektor PReserven R = kM Einlagen MKredite an Privatsektor L Kredite der Zentralbank B
⇒ M + B = L + kM.⇒ Einlagenangebot:
Ms =L (iL)−B
1− k
Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 05/22 141 / 198
Grundzüge Ziele und Instrumente Umsetzung Bankenregulierung Geld- und Fiskalpolitik Modelle Finanzsystem
Interbanken- und Geldmarktmodelle
Kosten für Kredit- und EinlagengeschäftKreditzins berücksichtigt zusätzliche Kosten pro angebotenerEinheit Kredite: c
iL = (1 + µB (L)) iIB + c, (µB)′L > 0, c > 0
Einlagenzins entspricht Abschlag auf Interbankenzins: z⇒ Wenn Mindestreserve verzinst wird, gibt es aber zusätzliche
Einnahmen auf den Anteil der Einlagen, für den dieMindestreserve gehalten werden muss:
iM = (1− k) iIB − z
Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 05/22 142 / 198
Grundzüge Ziele und Instrumente Umsetzung Bankenregulierung Geld- und Fiskalpolitik Modelle Finanzsystem
Interbanken- und Geldmarktmodelle
ReservenachfrageGesamte Reserven bestehen aus geliehenen und nichtgeliehenen Reserven:
R = N + B
Am Ende wird wieder lediglich die Mindestreserve gehalten(Ex-Post):
Rd = k(
L (iL)−B1− k
)⇒ Über die Kreditmenge hängt Reservenachfrage negativ vom
Kreditzins ab.
Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 05/22 143 / 198
Grundzüge Ziele und Instrumente Umsetzung Bankenregulierung Geld- und Fiskalpolitik Modelle Finanzsystem
Interbanken- und GeldmarktmodelleErweiterung um Kapitalmarkt und Zentralbankkredite
Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 05/22 144 / 198
Grundzüge Ziele und Instrumente Umsetzung Bankenregulierung Geld- und Fiskalpolitik Modelle Finanzsystem
Interbanken- und GeldmarktmodelleErweiterung um Kapitalmarkt und Zentralbankkredite: Expansive Geldpolitik
Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 05/22 145 / 198
4.6GELDPOLITIK UND DAS
FINANZSYSTEM
Geldmärkte, Investitionen undFinanzkrisen
Grundzüge Ziele und Instrumente Umsetzung Bankenregulierung Geld- und Fiskalpolitik Modelle Finanzsystem
Geldpolitik und das Finanzsystem
Funktion und Bedeutung von HändlernEin Makler (Broker) ist lediglich ein Vermittler. Er führt einePreisliste mit Verkaufsangeboten und Kaufgesuchen einesVermögenswertes und vermittelt zwischen Käufern undVerkäufern, ohne selber den Vermögenswert zu halten.Ein Händler (Dealer) betreibt hingegen An- und Verkauf einesVermögenswertes und nimmt Positionen in seine eigene Bilanz.
⇒ Händler machen Märkte, weil sie die Preise festlegen, zu denensie jederzeit an- bzw. verkaufen.
Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 05/22 147 / 198
Grundzüge Ziele und Instrumente Umsetzung Bankenregulierung Geld- und Fiskalpolitik Modelle Finanzsystem
Geldpolitik und das Finanzsystem
Funktion und Bedeutung von HändlernHändler funktionieren wie Supermärkte, aber in beideRichtungen.
⇒ Auf liquiden Märkten kann man jederzeit an- und verkaufen.⇒ Preise verlaufen stetig.⇒ Der Händler übernimmt immer die Gegenposition des Kunden.
A Vereinfachte Bilanz eines Händlers PSicherheiten NettovermögenEinlagen (Eigenkapital)
Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 05/22 148 / 198
Grundzüge Ziele und Instrumente Umsetzung Bankenregulierung Geld- und Fiskalpolitik Modelle Finanzsystem
Geldpolitik und das Finanzsystem
Funktion und Bedeutung von HändlernDie „Großhändler“ sind wertorientierte Händler (Value-BasedTraders):
PB =iB
(1 + it )+
iB(1 + it )
(1 + iet+1
) +iB
(1 + it )(
1 + iet+1
)(1 + iet+2
)+ · · ·+ iB
(1 + it ) · · ·(
1 + iet+n−1
) +N
(1 + it ) · · ·(
1 + iet+n−1
)(N: Nennwert der Anleihe.)Preisspanne der wertorientierten Händler ist groß (ggf. ±20%).
Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 05/22 149 / 198
Grundzüge Ziele und Instrumente Umsetzung Bankenregulierung Geld- und Fiskalpolitik Modelle Finanzsystem
Geldpolitik und das Finanzsystem
PreisrisikoAngenommen der Händler muss Sicherheiten nachkaufen undder wertorientierte Preis ist in der Zwischenzeit gestiegen, weildie (erwarteten) Marktzinsen gesunken sind.
⇒ Hat er Anleihen aus seinem Bestand zu günstig verkauft, musser neue Anleihen nun teurer nachkaufen und macht einenVerlust.Muss der Händler hingegen Anleihen verkaufen, um seinenEinlagenbestand zu erhöhen, könnte er bei einem gefallenenwertorientierten Preis Verluste machen, wenn er im täglichenGeschäft zu teuer angekauft hat.
⇒ Preis der Händler wird fallen, je größer der Anteil seinesGeldvermögens ist, der in Form von Anleihen gehalten wird.
Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 05/22 150 / 198
Grundzüge Ziele und Instrumente Umsetzung Bankenregulierung Geld- und Fiskalpolitik Modelle Finanzsystem
Geldpolitik und das FinanzsystemTreynor (2015)-Modell: Preisrisiko eines hypothetischen Anleihehändlers
Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 05/22 151 / 198
Grundzüge Ziele und Instrumente Umsetzung Bankenregulierung Geld- und Fiskalpolitik Modelle Finanzsystem
Geldpolitik und das Finanzsystem
Realistischer Repo-HändlerHändler wollen (so gut wie) keine Einlagen halten, weil diese nurwenig Zinsen bringen.Händler wollen aber auch nicht nur Anleihen halten, weil langePosition risikoreich ist.
⇒ Repos in beide Richtungen:
A Bilanz eines Repo-Händlers PInverse Repos Repos
⇒ Finanzintermediär mit guten Kontakten zu Geld- undAnleihemärkten.
Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 05/22 152 / 198
Grundzüge Ziele und Instrumente Umsetzung Bankenregulierung Geld- und Fiskalpolitik Modelle Finanzsystem
Geldpolitik und das Finanzsystem
Liquiditätsrisiko
A Händler PInverse Repos Übernacht 800 Repos Übernacht 1800Inverse Repos 3 Monate 1600 Repos 3 Monate 800Sicherheiten/Anleihen 200
⇓A Händler P
Inverse Repos Übernacht 800 Repos Übernacht 800Inverse Repos 3 Monate 800 Repos 3 Monate 800Inverse Repos 3 Monate 800 Repos Übernacht 1000Sicherheiten/Anleihen 200
Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 05/22 153 / 198
Grundzüge Ziele und Instrumente Umsetzung Bankenregulierung Geld- und Fiskalpolitik Modelle Finanzsystem
Geldpolitik und das Finanzsystem
Preis- und Liquiditätsrisiko
A Händler PInverse Repos Übernacht 800 Repos Übernacht 800Inverse Repos 3 Monate 600 Repos 3 Monate 600Inverse Repos 3 Monate 1000 Repos Übernacht 1000Sicherheiten/Anleihen 200 Repos 3 Monate 200
Preisrisiko: 200 e.Liquiditätsrisiko: 1000 e
Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 05/22 154 / 198
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Geldpolitik und das FinanzsystemLiquiditätsrisiko eines Repohändlers
Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 05/22 155 / 198
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Geldpolitik und das Finanzsystem
Preis- und LiquiditätsrisikoDas Liquiditätsrisiko bestimmt den Zins für dreimonatige Krediteund das Preisrisiko den Preis der Sicherheiten.Ein steigender Zins für dreimonatiges Geld wirkt sich auch aufdas Risiko im Anleihemarkt aus, da dortige Position mitdreimonatigem Geld finanziert wird.
⇒ Die beiden Risiken können unterschiedlich groß sein, aberPreise und Zinsen beeinflussen sich, weil der Zinssatz fürdreimonatiges Geld die Refinanzierungskosten auf demAnleihemarkt beeinflussen.
Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 05/22 156 / 198
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Geldpolitik und das Finanzsystem
Geld-, Kapital und Interbankenmarkt
Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 05/22 157 / 198
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Geldpolitik und das Finanzsystem
Geld-, Kapital und InterbankenmarktLaufzeit der betrachteten Kreditformen wird von links nach rechtsimmer länger.Hierarchie des Geldes: Von links nach rechts immerniedriger-wertige Forderung.Folgen einer Leitzinsanhebung:⇒ Gewinnspanne für Dreimonatsgeld sinkt.⇒ Händler wird Kreditzinsen erhöhen, aber 3-Monatskredite sind
Refinanzierung der Anleiheposition.⇒ Anleihepreise werden fallen.⇒ Ggf. fallen sogar Preise der wertorientierten Händler.
⇒ Zinskurven verschieben sich nach oben und Preiskurve nachunten.
⇒ Mit Kreditfazilität setzt Zentralbank auch eine Art Untergrenze fürAnleihepreise (im Normalfall).
Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 05/22 158 / 198
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Geldpolitik und das FinanzsystemLiquiditätsengpass
Verhältnis von Zahlungsverpflichtungen und Einnahmenverschlechtert sich derart, dass Wirtschaftssubjekte Geld wollen(Liquiditätspräferenz).
⇒ Im Normalfall: Banken erhöhen Kredite an Händler und diesediskontieren Anleihen der Wirtschaftssubjekte:
A Wirtschaftssubjekte P- Sicherheiten+ Einlagen
A Händler P+ Sicherheiten + Repo
A Bank P+ Inv. Repo + Einlagen
Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 05/22 159 / 198
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Geldpolitik und das Finanzsystem
LiquiditätsengpassHändler nehmen Sicherheiten an, weil der Preis niedriger ist.Banken vergeben Kredite, weil der Zins höher ist.
⇒ Liquiditätsrestriktion (Survival Constraint) wirkt: Anreiz,Verbindlichkeitsstruktur zu verbessern.
⇒ Zentralbank hilft mit Steuerung des Interbankenzinses undKreditfazilität, damit Zinsen nicht zu sehr steigen und Preisenicht zu sehr fallen.
⇒ In schweren Krisen kauft die Zentralbank die Anleihen direkt vomPrivatsektor, um Preise zu stabilisieren.
Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 05/22 160 / 198
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Geldpolitik und das Finanzsystem
Finanzierungsprozesse und Instabilität einer GeldwirtschaftHyman Minsky (1919-1996):• Geld ist kein Schleier sondern konstitutives Merkmal.⇒ Finanzielle Beziehungen machen System selbst-referentiell.
Erwartungen unter fundamentaler Unsicherheit machen dasSystem endogen instabil.
• Seit den 80ern: Money Manager Capitalism.
⇒ Stabilität schafft Instabilität
Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 05/22 161 / 198
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Geldpolitik und das Finanzsystem
Finanziell bedingte InvestitionszyklenVermögenswerte dienen als Sicherheiten für Kredite.
⇒ Statt nur Zinsen zu betrachten sollte man Vermögenswertpreiseanalysieren.„Two-Price“-Modell: Unterscheidung zwischen Angebots- undNachfragepreis für Investitionsgüter.
Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 05/22 162 / 198
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Geldpolitik und das Finanzsystem
„Two-Price“-ModellNachfragepreis PK für Kapitalgüter entspricht dem, was einInvestor (Kreditgeber) bereit ist für ein Investitionsgut zubezahlen und hängt ab von:• Langfristigen Erwartungen zukünftiger Gewinne,• Refinanzierungsbedingungen• und dem Angebot von Geld.
Angebotspreis PI repräsentiert Angebotskurve vonInvestitionsgütern und entspricht dem Geldbetrag, der einenProduzent von Investitionsgütern dazu veranlasst, ein weiteresInvestitionsgut herzustellen.
⇒ Hängt von Nominallöhnen und Kosten für Zinsen und eingesetzteVorprodukte ab (kurzfristige Profiterwartungen der Produzenten).
⇒ Solange PK > PI wird investiert.
Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 05/22 163 / 198
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Geldpolitik und das Finanzsystem
Interne Finanzierung
Q: derzeitige Profite abzüglich Zinszahlungen undGewinnausschüttungen (Dividenden).
Q = PI I ⇔ PI =QI
⇒ Investitionen, die aus internen Mitteln finanziert werden können:
I =QPK
⇒ Ist I > I braucht es Fremdfinanzierung.⇒ Solange PK > PI gibt es Nachfrage nach Fremdfinanzierung.
Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 05/22 164 / 198
Grundzüge Ziele und Instrumente Umsetzung Bankenregulierung Geld- und Fiskalpolitik Modelle Finanzsystem
Geldpolitik und das Finanzsystem
„Two-Price“-Modell
Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 05/22 165 / 198
Grundzüge Ziele und Instrumente Umsetzung Bankenregulierung Geld- und Fiskalpolitik Modelle Finanzsystem
Geldpolitik und das Finanzsystem
RisikenSchuldnerrisiko = Konkursrisiko: Investitionen führen evtl. nichtzu den erhofften Gewinnen.
⇒ Bereitschaft zu mehr Fremdfinanzierung sinkt mit Höhe derInvestitionen.Marginales Gläubigerrisiko: Evtl. werdenZahlungsversprechungen nicht eingehalten.
⇒ Zusätzliche Finanzierungskosten: Höhere Zinsen, kürzereVertragslaufzeiten, höhere Sicherheiten etc.Marginales Risiko, weil alle ausgegebenen Schuldtitel beiErneuerung an den letzten Vertrag angepasst werden müssen.
Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 05/22 166 / 198
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Investitionshöhe⇒ Zur Höhe I1 werden Investitionen der Höhe PI
(I1 − I
)fremdfinanziert.
⇒ Verhältnis Fremd- zu Eigenfinanzierung:
PI
(I1 − I
)PI I
=
(I1 − I
)I
Hängt von Differenz zwischen Angebots- und Nachfragepreis,den vorhandenen Finanzierungsmöglichkeiten und derRisikobereitschaft von Kreditgebern und -nehmern ab.Aber Gläubiger- und Schuldnerrisiko basieren aber aufsubjektiven Einschätzungen.
⇒ Beide Kurven sind in permanenter Bewegung.
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InvestitionszyklenAlle Zahlungsversprechungen werden über längeren Zeitraumeingehalten.
⇒ Gläubiger- und Schuldnerrisiko verschieben sich nach außenund Investitionen steigen.
⇒ Höhere Sachvermögensbildung.⇒ Aber auch mehr Fremdfinanzierung. Zahlungsverpflichtungen
müssen aus den zukünftigen Gewinnen gezahlt oder refinanziertwerden.
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InvestitionszyklenSollten sich irgendwann Erwartungen nicht erfüllen, beginnenGläubiger wie Schuldner sich Sorgen zu machen.
⇒ Gläubiger- und Schuldnerrisiko verschieben sich nach innen undInvestitionen sinken.
⇒ Investitionen und Profite sinken.⇒ Rezession bis Verbindlichkeitsstruktur wieder konservativ genug
für nächsten Aufschwung.
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FazitFinanzierungsprozesse einer Geldwirtschaft (eines monetärenKapitalismus) sind in sich instabil.Der Grund ist fundamentale Unsicherheit über zukünftigeEntwicklungen.Unsicherheit ist aber die Basis freier Entscheidungen. Sie zueliminieren würde bedeuten die Freiheit zu eliminieren.
Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 05/22 170 / 198
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Die finanzielle InstabilitätshypotheseEin stabiles Wirtschaftswachstum macht eine spekulativeFinanzierung attraktiv.
⇒ Spekulationsblasen und (kleine wie große) Finanzkrisen.⇒ Stabilität schafft Instabilität.
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Neue Finanzunternehmen und VerbriefungenBanken bündeln zum Teil über hundert gestückelteKreditforderungen und verkaufen diese an eigens gegründeteZweckgesellschaften.Diese beschaffen sich das Geld durch „Verbriefung“ dieserKredite in Form eines Wertpapiers (Forderungs-besicherteSicherheiten).
⇒ Verkauf an Anleger (Investmentfonds, Versicherer, andereBanken etc.).
⇒ Schattenbanksystem: Finanziellen Unternehmen, die nicht unterstaatlicher Bankenaufsicht stehen und keinen Zugriff auf dieZentralbank haben.
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Neue Finanzunternehmen und Verbriefungen
Bank- Kredite - Einlagen
Zweckgesellschaft+ Kredite + verbrieftes
Wertpapier
Investmentgesellschaft+ verbrieftesWertpapier
+ RepoUnternehmen
- Einlagen+ Inv. Repo
Bank hat höheres Eigenkapital und kann neue Kredite vergeben.⇒ Lukrativ wegen Gebühren bei Kreditvergabe.⇒ Höhere Kreditvergabe kann Investitionen fördern.⇒ Unternehmen erhält liquides Finanzprodukt (Inv. Repo).
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Probleme?⇒ Geringerer Anreiz die Bonität der Kreditnehmer sorgfältig zu
prüfen.⇒ Bank muss auf ihre risikogewichtete Aktiva einen Anteil
Eigenkapital halten, Zweckgesellschaft nicht.⇒ Investmentgesellschaft ist ebenfalls eine Schattenbank.⇒ Gesamtmenge von Forderungen und Verbindlichkeiten steigt im
Verhältnis zu den Einlagen, die zur finalen Auflösung dieserSchuldverhältnisse notwendig sind.
⇒ Geldähnliche Produkte (Near-Monies) führen zu immer größererVerflechtung und Instabilität.
Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 05/22 174 / 198
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Die finanzielle InstabilitätshypotheseNach erster Finanzkrise war das System 2 Jahrzehnte rechtstabil (Bilanzkonservatismus). Dann kam die Instabilität zurück:• 1966 - Der „Credit Crunch“/ ’Run’ auf NCDs (Negotiable certifictes
of deposit, also handelbare Einlagenzertifikate).• 1969/70 - Der ’Run’ auf den Wertpapiermarkt (Commercial Paper)
nach Insolvenz der Penn Railroad.• 1974-75 - Der Kollaps der Franklin National Bank of New York
(Wert 1973: $ 5 Bn.).
⇒ Zentralbank musste jedes Mal eingreifen.
Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 05/22 175 / 198
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Die finanzielle InstabilitätshypotheseÜberlebensfähigkeit hängt davon ab, ob genügend Einnahmengeneriert werden oder Umschuldung (Refinanzierung) möglichist. Beides hängt von erwarteten zukünftigen Profiten ab:• Heutige Gewinne hängen vom heutigen Investitionsniveau ab. Die
Bewertung heutiger Vermögenswerte spiegelt aber die Erwartungzukünftiger Gewinne wieder.
• Fähigkeit heutige Zahlungsverpflichtungen über Refinanzierung indie Zukunft zu verschieben, hängt von der Erwartung ab, ob inZukunft die Gewinne erwirtschaftet werden, um denZahlungsverpflichtungen nachzukommen.
⇒ Erwartete Profite hängen aber von erwarteten Investitionen ab.⇒ Die Fähigkeit, heute genügend Investitionen über Verschuldung
zu finanzieren, hängt davon ab, ob man erwartet, dass diezukünftigen Investitionen groß genug sein werden.
Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 05/22 176 / 198
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Zusammenhang zwischen Profiten und Investitionen
Y =W +P = Cw + Cp + I + G,
mitW: Löhne, P: Profite, Cw : Konsum aus Löhnen, Cp: Konsum ausProfiten, I: Investitionen, G: Konsum.
Angenommen, Cw =W.⇒ P = Cp + I + G.
Profite hängen von Ausgaben und Investitionen der Unternehmerab sowie von staatlichen Ausgaben.Solange Zunahme der Investitionen erwartet wird, werden auchhöhere Profite erwartet und heutige Investitionen durchgeführt.
Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 05/22 177 / 198
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Stabilität schafft InstabilitätAkzeptable Verbindlichkeitsstruktur veranlasst„Wallstreet-Vorstandsetagen“ die Fremdfinanzierung zu erhöhen.Vermögenswertpreise und Investitionen steigen.Nachfrage-getriebener Aufschwung.
⇒ Interne Finanzierungsmöglichkeiten steigen undFremfinanzierungsanteil ist geringer als erwartet.Near-Monies erhöhen die Finanzierungsmöglichkeiten vonSchuldenpositionen zusätzlich.
⇒ Aber Investitionen werden spekulativer.
Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 05/22 178 / 198
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Stabilität schafft Instabilität1. Hedge Finance: Man kann aus den Erträgen der Investitionen
sowohl die Zinsen tilgen als auch den Kredit zurückzahlen. Manhat also eine stabile Verbindlichkeitsstruktur und verwendetFinanzprodukte lediglich zur Absicherung von Risiken.
2. Speculative Finance: Man kann aus den Erträgen nur noch dieZinsen tilgen. Zur Finanzierung des Schuldenbestands müssenaber immer neue Schulden aufgenommen werden. Übersteigendie Schulden die neu bewerteten Finanzanlagen kommt es zurInsolvenz.
3. Ponzi Finance: Man kann aus den Erträgen weder den Kreditnoch die Zinsen tilgen. Der Schuldenbestand muss immer weiteransteigen, um kurzfristig genügend liquide Mittel zu bekommen,um den Zahlungsverpflichtungen nachzukommen.
Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 05/22 179 / 198
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Stabilität schafft InstabilitätGeldpolitik in der Zwickmühle: Höhere Zinsen machenRefinanzierung teurer und könnten Ponzi-Finanzierungherbeiführen.Irgendwann wird immer weiter steigende Verschuldung beispekulativer Finanzierung zu geringeren Nettoeinnahmen führenund Finanzierung bricht zusammen.
⇒ Vermögenspreisdeflation („make position by selling position“).⇒ Rezession, Arbeitslosigkeit, höhere Staatsverschuldung.
Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 05/22 180 / 198
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Fazit?⇒ Good financial society: Verbindlichkeitsstruktur der Unternehmen
müsse eingeschränkt werden.⇒ Big bank und big government.⇒ Zentralbank stabilisiert Vermögenswertpreise.⇒ Regierungsausgaben stabilisieren Profite, damit Unternehmen
entschulden können, und verhindert Depression.Aber Signal an den Finanzsektor ist fatal.
Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 05/22 181 / 198
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Stagflation zwischen 1966 und 1979
„Both the Great Depression and the great inflation andintermittent stagnation of 1966-1979 are symptoms of theunderlying instability of capitalism. A great depression is theoutcome when government is small and the central bank istimid. A great stagflation is the outcome when government isbig and the central bank intervenes forcefully. “
Minsky (1982, S. 87)
Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 05/22 182 / 198
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Geldpolitik und das Finanzsystem
Bilanzrezessionen (Koo (2009, 2013, 2014))Nach Platzen einer Vermögenspreisblase wird ausGewinnmaximierung Schuldenminimierung.
⇒ Profite (Cash Flows) werden nur noch dazu verwendet, Schuldenzu reduzieren.
⇒ Netto-Kreditaufnahme ist negativ und Geldmenge undInvestitionen schrumpfen.
⇒ Um Deflationsspirale und Depression zu verhindern, mussRegierung fehlende Nachfrage ersetzen.Bilanzrezessionen können sehr lange anhalten. Bei überhasteterHaushaltskonsolidierung kehrt Krise in vollem Ausmaße zurück.Schulden steigen so oder so, aber staatliche Investitionenverhindern, dass Ressourcen brach liegen undPotentialwachstum sinkt.
Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 05/22 183 / 198
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Bilanzrezessionen im Bankensektor
NormaleKreditnachfrage
Bilanzrezession(geringe bis keineKreditnachfrage)
regionaleBankenkrise
I: Faule Krediteschnell abschreiben
(Verantwortungzeigen)
III: Faule Kreditenormal abschreiben
(Verantwortungzeigen)
systemischeBankenkrise
II: Faule Kreditelangsam abschreiben
und großerZinsspread
IV: Faule Kreditelangsam abschreiben
undEigenkapitalspritze
Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 05/22 184 / 198
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Bilanzrezessionen im Bankensektor(I) In der einfachsten Form einer Bankenkrise (regional und mit
normaler Kreditnachfrage) reicht es aus, die Kredite schnellabzuschreiben, um Vertrauen zurückzugewinnen (z.B. dieSavings & Loans Crisis 1989 in den USA).
(II) Bei systemischer Bankenkrise sollten faule Kredite nur langsamabgeschrieben werden, um negative Effekte auf dieVermögenspreise und die gesamte Kreditnachfrage zuminimieren. Ein niedriger Leitzins verschafft den Banken hoheRenditen, um ihre Bilanzen zu bereinigen (z.B.Lateinamerikakrise (1982), Kreditklemme in den USA (1991 und1993), skandinavische Bankenkrise (Anfang der 1990er)).
Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 05/22 185 / 198
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Bilanzrezessionen im Bankensektor(III) Bei mangelnder Kreditnachfrage gibt es keine Aussicht auf
schnelle Besserung. Daher gibt es auch keinen Grund,besonders schnell abzuschreiben, da dies die Gefahr birgt, dasseinige Banken Pleite gehen und gerettet werden müssen (z.B.Japan vor 1995).
(IV) Bei systemischen Krise in Bilanzrezession können Banken überhohe Zinsdifferentiale keine Gewinne erwirtschaften. In diesemFall kommt man um eine finanzielle Unterstützung(Bankenrettung, (Teil-)Privatisierung) nicht herum (z.B. Japannach 1996, Taiwan nach 2000, USA in den 1930ern und nach2007 eine Vielzahl von Industrienationen, u.a. die USA undGroßbritannien).
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Geldpolitik und das FinanzsystemFallbeispiel 1: Finanzierungssalden in Japan
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Geldpolitik und das FinanzsystemFallbeispiel 1: Schuldenminimierung bei Nullzinsen in Japan
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Geldpolitik und das FinanzsystemFallbeispiel 1: Geldmengenentwicklung Japan
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Geldpolitik und das FinanzsystemFallbeispiel 2: Konsolidierte Geschäftsbankenbilanzen in der großen Depression
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Geldpolitik und das FinanzsystemFallbeispiel 2: Fiskalpolitik während des New Deal
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Geldpolitik und das FinanzsystemFallbeispiel 2: Fiskalpolitik in Deutschland von 1930 bis 1938
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Geldpolitik und das FinanzsystemFallbeispiel 3: Vermögenswerte und Verbindlichkeiten deutscher Haushalte
Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 05/22 193 / 198
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Geldpolitik und das FinanzsystemFallbeispiel 4: Hausmarktpreisindizes ausgewählter Länder
Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 05/22 194 / 198
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Geldpolitik und das FinanzsystemFallbeispiel 4: Entwicklung von Forderungen und Verbindlichkeiten im US-Haushaltssektor
Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 05/22 195 / 198
VIELEN DANK FÜR IHREAUFMERKSAMKEIT!
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Literaturhinweise I
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BORIO, C. AND P. DISYATAT (2010). “Unconventional Monetary Policies: anAppraisal,” Manchester School, 78, 53–89.
KOO, R. C. (2009). The Holy Grail of Macroeconomics: Lessons from JapansGreat Recession, John Wiley & Sons.
——— (2013). Balance Sheet Recession: Japan’s Struggle with UnchartedEconomies and Its Global Implications, John Wiley & Sons.
——— (2014). The Escape from Balance Sheet Recession and the QE Trap:A Hazardous Road for the World Economy, John Wiley & Sons.
LAVOIE, M. (2014). Post-Keynesian Economics - New Foundations, EdwardElgar Publishing.
Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 05/22 197 / 198
Grundzüge Ziele und Instrumente Umsetzung Bankenregulierung Geld- und Fiskalpolitik Modelle Finanzsystem
Literaturhinweise II
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MOORE, B. (1988). Horizontalists and Verticalists: The Macroeconomics ofCredit Money, Cambridge University Press.
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TREYNOR, J. (2015). The Economics of the Dealer Function, John Wiley &Sons, Ltd, chap. 39, 264–274.
Dr. Michael Paetz Geldtheorie und –politik 05/22 198 / 198