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Institut für Sozialpädagogische Forschung Mainz e.V.
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„Das kooperative Qualitätsmanagement-Modell der Jugendhilfe in
der Region Heilbronn-Franken aus Sicht der wissenschaftlichen
Begleitung“ – Zentrale Ergebnisse im Überblick
Heinz Müller, Dr. Kerstin Rock, Nicolle Kügler (Institut für Sozialpädagogische Forschung
Mainz e.V.)
1. Einleitung
Die Auseinandersetzung mit der Frage, wie sich Qualität definieren, überprüfen und prak-
tisch ausgestalten lässt, beschreibt mittlerweile auch in der Jugendhilfe eine zentrale Aufga-
be. Nach dem das Qualitätsthema bereits in die verschiedenen Bereiche der Sozialen Arbeit
(z.B. Altenhilfe, Gesundheitswesen) Einzug gehalten hat, wurden über die Änderung des §
78 a-g SGB VIII nun auch in der Jugendhilfe Verfahren der Qualitätsentwicklung im Bereich
der Hilfen zur Erziehung rechtlich normiert. Durch die Einbindung des Qualitätsbegriffs in
sozialrechtliche Regelungen wurde das Thema in der Sozialen Arbeit fest verankert und er-
hält strukturverändernde Wirkung, deren praktische Folgen nicht abzuschätzen sind.
In den 90er Jahren hat das Qualitätsthema nicht nur sozialrechtlich an Bedeutung gewon-
nen. Auch unter ökonomischen Gesichtspunkten geriet die Jugendhilfe zunehmend unter
Legitimationsdruck. Vor dem Hintergrund einer wachsenden Nachfrage nach Jugendhilfeleis-
tungen und knapper werdenden öffentlichen Finanzmitteln werden im Rahmen der Einfüh-
rung Neuer Steuerungsmodelle in den Kommunen, Fragen nach Transparenz, Effizienz und
Effektivität von Jugendhilfeangeboten gestellt. Vielerorts setzte eine Verwaltungsmodernisie-
rung ein, die betriebswirtschaftliche Steuerungselemente auf die Jugendhilfe übertrug und
damit grundsätzlich das Verhältnis zwischen öffentlichen und freien Trägern sowie die Fi-
nanzierungsstruktur veränderte (vgl. Flösser, Otto 1996; Merchel, Schrapper 1996).
Noch bevor tragfähige fachliche Modelle zur Beschreibung und Überprüfung von Qualität
entwickelt werden konnten, wurden Konzepte aus der Wirtschaft und der Industrie auf die
Jugendhilfe angewendet, die dem Gegenstand wenig angemessen sind. Zurecht wird an
dieser Praxis kritisiert, dass Adressat/innen von Jugendhilfe keine "Kunden", Jugendhilfean-
gebote keine "Produkte" und die Träger der Jugendhilfe nicht mit "Unternehmen" gleichzu-
setzen sind, die nach Marktmechanismen agieren. Auch zeigen sich besondere Schwierig-
keiten bei der Überprüfung der Erfolge von Jugendhilfeleistungen, die sich einer standardi-
sierbaren technischen Kontrolle entziehen.
Auch wenn es mittlerweile eine Vielzahl von Beiträgen in der Fachdebatte zur Qualitäts-
frage in der Jugendhilfe gibt (vgl. Merchel 1998; Kröger 1999; EREV 4/98, 2/99), befindet
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sich die praktische Bearbeitung des Themas noch in den Anfängen. Lediglich punktuell und
für ausgewählte Arbeitsfelder liegen Erfahrungen vor, wie unter fachlichen Gesichtspunkten
Qualitätsentwicklung ausgestaltet werden kann (vgl. z.B. Bundesministerium für Familien,
Senioren, Frauen und Jugend 1997). Evaluationen, die Erfahrungen, Möglichkeiten und
Grenzen von Qualitätsentwicklungsmodellen vor dem Hintergrund der komplexen Anforde-
rungen, die sich aus dem spez ifischen Gegenstand der Jugendhilfe als personenbezogener
Dienstleistung ergeben, untersuchen, fehlen weitgehend.
Hier zeigt sich Handlungsbedarf. Mit Blick auf die zum Teil sehr kontrovers geführte
Fachdebatte, ob und wie sich Qualität in der Jugendhilfe beschreiben lässt, schließen sich
eine Reihe von Fragestellungen an, die arbeitsfeldspezifisch aufgearbeitet und an die Fach-
debatte rückgebunden werden müssen. Auf Grund der sozialrechtlichen Veränderungen und
der Einführung Neuer Steuerungsmodelle steht außer Frage, dass angemessene Verfahren
und Kriterien zur Qualitätsentwicklung in der Kinder- und Jugendhilfe ausgearbeitet werden
müssen, um sowohl fachpolitisch als auch zur Verbesserung von Professionalität das Thema
offensiv ausgestalten zu können.
Hierzu liefert das Qualitätsmanagement-Modell der Region Heilbronn-Franken (Kurzform:
QMF) für den Bereich der Hilfen zur Erziehung einen besonderen Ansatzpunkt. Die weitrei-
chenden Vorarbeiten, die umfassenden Arbeitskonzepte und Instrumente, der konsequent
fachliche Zugang und die Einbeziehung freier und öffentlicher Träger in das Qualitätsmana-
gement-Modell heben diesen Ansatz bundesweit hervor.
2. Zur theoretischen Verortung der zentralen Kernelemente des QMF und aus-
gewählte Evaluationsfragen
Bei dem Qualitätsmanagement-Modell der Region Heilbronn-Franken handelt es sich um
ein kooperativ angelegtes Praxisentwicklungsprojekt, dass aus einem überregionalen Ar-
beitszusammenhang öffentlicher und freier Träger entstanden ist. Die Einführung des Quali-
tätsmanagement-Modells ist mit dem zentralen Ziel verbunden, in jedem Einzelfall qualifizier-
te Hilfen zur Erziehung einzuleiten, bedarfs- und bedürfnisorientiert auszugestalten und be-
teiligungsorientiert durchzuführen. Das Modell ist im wesentlichen an dieser Zielvorgabe
ausgerichtet und bezieht sich primär auf die einzelfallorientierte Steuerung der Hilfen zur
Erziehung. Im Zentrum des Modells steht die qualifizierte Bedarfsfeststellung und Hilfepla-
nung im Zusammenwirken öffentlicher und freier Träger mit den Adressat/innen der Hilfe.
Über vielfältige Instrumente und Verfahren sollen Interventionsentscheidungen und Wirkun-
gen transparent und überprüfbar gemacht werden, so dass Qualitätsentwicklungsprozesse in
Form von Qualifizierung, Organisationsentwicklung sowie Infrastrukturplanung bei den betei-
ligten Institutionen als Ergebnis reflexiver Lernprozesse anschließen können. Letztlich zielt
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das Modell auch auf die inhaltliche Füllung und praxisnahe Ausgestaltung fachlich fundierter
Qualitätsentwicklungs-, Leistungs- und Entgeltvereinbarungen, die der Gesetzgeber mit der
Einführung des § 78a-g SGB VIII verbindlich vorsieht (vgl. EREV 7/99). Das nachfolgende
Schaubild gibt einen Überblick über die zentralen Ziele des QMF.
Abbildung 1: Zentrale Merkmale und Ziele des Qualitätsmanagement-Modells der Region Heilbronn-Franken
Lebenswelt- und Dienstleistungsorientierung als theoretischer Bezugsrahmen
Als theoretischer Bezugsrahmen für die Ausgestaltung und Überprüfung der Hilfen zur Er-
ziehung wird auf die Handlungs- und Strukturmaxime lebensweltorientierter Jugendhilfe (vgl.
z.B. 8. Jugendbericht) und eine entsprechende fachliche Auslegung des SGB VIII verwiesen.
Darüber hinaus werden auch Elemente aus der Dienstleistungsdiskussion für die Soziale
Arbeit aufgegriffen, wie sie beispielsweise im 9. Jugendbericht der Bundesregierung theore-
tisch aufgezeigt wurden und das Paradigma der Lebensweltorientierung durch eine weitere
Perspektive ergänzen (vgl. Flösser, Otto 1996). Diese theoretische Rahmung des QM-
Modells ist von zentraler Bedeutung, weil hier die fachlichen und fachpolitischen Leitlinien für
professionelles Handeln und die Weiterentwicklung der Jugendhilfe angelegt sind, die gleich-
zeitig auch die inhaltlichen Grundlagen zur Füllung des Qualitätsbegriffes liefern und einen
Bewertungsrahmen vorgeben.
Zentrale Merkmale und Ziele desQualitätsmanagement-Modells der Region Heilbronn-Franken
Zentrale Merkmale und Ziele desQualitätsmanagement-Modells der Region Heilbronn-Franken
Jugendhilfe wirkt nur als „Ganze“ gut
Qualifizierung der Kooperation
Jugendhilfe wirkt nur als „Ganze“ gut
Qualifizierung der Kooperation
Lebenswelt-/bedarfs- orientierte Hilfesysteme
(Infrastrukturentwicklung)
Lebenswelt-/bedarfs- orientierte Hilfesysteme
(Infrastrukturentwicklung)
Jug
end
amt f
re
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T
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ge
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AdressatInnen
Beteiligung undWirkungsorientierung
Die Perspektive der AdressatInnen
Beteiligung undWirkungsorientierung
Die Perspektive der AdressatInnen
Bedarfserhebung, Planung, Steuerung der Hilfe
(Qualität von Schlüsselprozessen)
Bedarfserhebung, Planung, Steuerung der Hilfe
(Qualität von Schlüsselprozessen)
InstrumenteVerfahrenStandards
Qualitätsmanagement
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Die Bezugnahme auf das Paradigma der Lebensweltorientierung impliziert weiterhin ein
bestimmtes Konzept für die Ausgestaltung und Planung der Hilfen zur Erziehung. Darüber
hinaus erfährt das QM-Modell hierdurch eine Einbettung in Fragen der Infrastrukturplanung
und in fachpolitische Positionierungen, die für die beteiligten Institutionen in ihrem überregio-
nalen Arbeitszusammenhang eine gemeinsame Plattform bilden können.
In diesem theoretischen Kontext werden die Hilfen zur Erziehung (§§ 27 ff SGB VIII) als
Unterstützungs- und Hilfeangebote definiert, die nicht angebotsbezogen und versäult neben-
einander stehen und in einem expertokratischen Behandlungsverfahren ausgeführt werden,
sondern integriert in die Lebenswelt der Kinder, Jugendlichen und Familien auf das Bewälti-
gungshandeln entlang von Problemlagen und Ressourcen zielen. In diesem Verständnis von
Jugendhilfe sind die Adressat/innen von Hilfen zur Erziehung nicht defizitäre Objekte, son-
dern vielmehr Co-Produzent/innen, Lernende, Mitentscheidende und -gestaltende im Hilfe-
prozess. Aus dieser theoretischen Verortung der Hilfen zur Erziehung lassen sich weitrei-
chende Leitlinien und Standards für die Ausgestaltung von Hilfen ableiten. Eine wirkungsvol-
le Erziehungshilfe muss an der konkreten Lebenssituation der Adressat/innen ansetzen, den
Eigensinn der jeweiligen Lebensvorstellungen berücksichtigen, auf Integration und Normali-
sierung zielen und Bildungs- und Entwicklungsprozesse erschließen (vgl. Thiersch 1997).
Ferner setzt eine wirkungsvolle Erziehungshilfe die Akzeptanz und Mitwirkungsbereitschaft
der Adressat/innen voraus bzw. versucht diese zu ermöglichen. Aus diesen Grundsätzen
lassen sich weitere Rückschlüsse auf die Standards methodischen Handelns sowie auf an-
gemessene Formen sozialpädagogischer Diagnostik ziehen (vgl. Peters 1999).
Über die Einführung des § SGB VIII (Hilfeplanung) hat der Gesetzgeber diesen fachlichen
Grundsätzen Rechnung getragen, die Mitwirkungsrechte der Adressat/innen normiert sowie
ein bestimmtes Verfahren der Bedarfsfeststellung im Zusammenwirken mehrerer Fachkräfte
vorgesehen. Über die Hilfeplanung werden Vorstellungen der objektiv „richtigen“ Hilfe mittels
einer "symptomorientierten" Diagnostik von qualifizierten und rechtsstaatlichen Verfahrens-
regeln, wie die „richtige“ Hilfe im Einzelfall zustande kommt, abgelöst (vgl. Schrapper 1994).
Eine expertokratische Diagnostik und Intervention wird durch intersubjektiv geteilte Problem-
wahrnehmungs- und Deutungsmuster ersetzt, die in einem fachlich angeleiteten Aushand-
lungsprozess zwischen Fachkräften und Adressat/innen zu einer bestimmten Hilfe führen.
Die eingeleitete Hilfe wird in einem Hilfeprozess kontinuierlich überprüft und entlang der
Problemlagen und Ressourcen der Adressat/innen weiterentwickelt. Eine gelungene Hil-
feplanung wird zu einem zentralen Qualitätsmerkmal für wirkungsvolle Erziehungshilfen. Ei-
ne Untersuchung der Universität Tübingen zum Erfolg stationärer und teilstationärer Hilfen
bestätigt diesen Zusammenhang (vgl. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen u.
Jugend 1998). Aus diesem Ansatz heraus wird deutlich, dass die Hilfeplanung die entschei-
dende Schnittstelle zur qualifizierten Weiterentwicklung der Hilfen zur Erziehung ist. D.h. die
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Angebote der Erziehungshilfe, die professionellen Organisationsformen und Handlungsrouti-
nen müssen sich konsequent am Einzelfall orientieren, können also nicht technokratisch ge-
plant, statisch installiert und mit unveränderbaren Standards versehen werden.
Die kontinuierliche Weiterentwicklung der Hilfen zur Erziehung setzt das systematisch
aufbereitete Wissen aus der Einzelfallarbeit voraus. Insofern ist der vorliegende Ansatz des
QM-Modells zur Qualitätsentwicklung in Einrichtungen der Erziehungshilfe konsequent, in-
dem die Frage nach der qualifizierten Steuerung im Einzelfall ins Zentrum des Modells ge-
stellt wird. Aus der Erkenntnis, dass Hilfeplanung immer im Zusammenwirkung von Fachkräf-
ten aus Jugendämtern und Heimen erfolgt, müssen Qualitätsentwicklungsprozesse an der
gemeinsamen Schnittstelle "Hilfeplanung" anzusetzen. Diese konsequente fachliche Orien-
tierung und Ausrichtung des Modells an den aufgabenspezifischen Besonderheiten der Hil-
fen zur Erziehung könnte wegweisend für die Ausarbeitung von Qualitätsentwicklungsmodel-
len sein, die zwar durch den Gesetzgeber mit der Änderung des § 78 a-g SGB VIII verbind-
lich vorgesehen, allerdings bislang noch nicht systematisch entwickelt sind (vgl. EREV
1999).
Qualitätsentwicklung für die Hilfen zur Erziehung
Für den Gegenstandsbereich der Hilfen zur Erziehung wurde im Rahmen des QM-Modells
ein spezifisches Konzept zur Gestaltung von Qualitätsentwicklungsprozessen ausgearbeitet
und erprobt, dass auf die rechtlichen und fachlichen Anforderungen dieses professionellen
Handlungsfeldes der Jugendhilfe abgestellt ist. Dabei werden auch die unterschiedlichen
Aufgaben und Funktionen der im Modellverbund beteiligten Akteure (Fach- und Leitungskräf-
te) und Institutionen (Jugendamt, freie Träger) berücksichtigt.
Mit Blick auf den Entstehungszusammenhang und die Anlage des Projektes unterscheidet
sich das ausgearbeitete Modell einerseits von standardisierten Ansätzen der Qualitätsent-
wicklung für den Dienstleistungssektor (wie z.B. DIN ISO 9000 ff, EFQM), die kontext- und
aufgabenunabhängig entwickelt und vielfach auf die Jugendhilfe übertragen werden (vgl.
Meinhold 1996, Merchel 1998, Gerull 1998). Andererseits ist das Modell weitreichender als
selbstevaluative Ansätze (vgl. z.B. Heiner 1994, Spiegel 1993), die projekthaft speziellen
Fragestellungen nachgehen, um professionelles Handeln zu bewerten und zu verbessern.
Selbstevaluative Konzepte stehen zwar auch im Zentrum dieses Modells, werden allerdings
eingebunden in weitergefasste Qualitätsentwicklungsprozesse in und zwischen den beteilig-
ten Institutionen.
Die Verschränkung von Selbstevaluation und Qualitätsentwicklung bezieht sich in beson-
derer Weise auf das professionelle Arbeitsfeld der Hilfen zur Erziehung. Selbstevaluation als
Bestandteil von Qualitätsentwicklungsprozessen bezeichnet ein Verfahren, dass vor allem
auf die Qualifizierung professioneller Arbeit in Organisationen zielt und im Schnittpunkt zwi-
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schen einer systematischen Reflexion fachlichen Handelns einerseits und einer praxisnahen,
arbeitsplatzbezogenen Sozialforschung andererseits angesiedelt ist (vgl. Heiner 1994). The-
oretisch betrachtet gehört Selbstevaluation zum Bestandteil professionellen Handelns, um
durch Selbst- bzw. gegenseitige fachliche Kontrolle die professionellen Standards zu über-
prüfen und reflexiv weiter zu entwickeln. Die in dem Qualitätsmanagement-Modell Heilbronn
- Franken erarbeiteten Instrumente und die Verfahren zur Auswertung der so gewonnenen
Erkenntnisse verfolgen einen selbstevaluativen Ansatz. Die Einbindung von Selbstevaluation
in Qualitätsentwicklungsprozesse ist deshalb notwendig, da die Evaluationsergebnisse nicht
nur zur Qualifizierung beruflicher Handlungsvollzüge dienen, sondern in ihren Konsequenzen
für die jeweiligen Organisationen ausgewertet, zur Umgestaltung von Arbeitsprozessen und
letztlich zur Veränderung struktureller Rahmenbedingungen führen können und sollen.
Für die Verschränkung von Selbstevaluation und Qualitätsentwicklung sind allerdings we-
sentliche Voraussetzungen notwendig, die sich in Anlehnung an von Spiegel (1998, S. 354
ff.) auf folgende Elemente beziehen:
• Entwicklung eines fachlich fundierten Konzeptes,
• Erarbeitung von Qualitätskriterien und deren „politischen“ Absicherung,
• die fachlich fundierte Qualifizierung der Arbeitsprozesse, durch die Operationalisierung der konzeptionellen Leitlinien und Kriterien für das methodische Arbeiten,
• die ressourcenmäßige Absicherung der Arbeit durch angemessene Rahmenbedingun-gen.
Zentrale Voraussetzungen hierfür sind in der Region Heilbronn-Franken gegeben. Die
Bearbeitung der Fragen, ob diese Vorarbeiten allerdings ausreichend sind, wie die Imple-
mentierung in die Institutionen gelingt, welche Schwachstellen sich zeigen und wo Verände-
rungsbedarfe auf den aufgezeigten Ebenen liegen, war Gegenstand der Evaluation.
Qualität als ein relatives und dynamisches Konstrukt
Der hier zugrundeliegende OM-Ansatz setzt einen differenzierten und relativen Qualitäts-
begriff voraus sowie ein dynamisches Qualitätsentwicklungsmodell. Das QM-Modell basiert
auf einem Qualitätsbegriff, der keine absolut und unveränderbare Größe darstellt, sondern
ein prozesshaft-dynamisches Konstrukt umschreibt, dass sich mit gesellschaftlichen und
persönlichen Normen, Werten, Zielen, Erwartungen sowie fachlicher Erkenntnisse verändern
muss. Qualität ist das Ergebnis eines fachlich angeleiteten und fundierten Aushandlungsge-
schehens unterschiedlicher Akteure (Politik, Verwaltung, Leitung, Fachkräfte, AdressatIn-
nen), in das verschiedene Merkmale des Handlungsfeldes in unterschiedlicher Gewichtung
einfließen. Dieses Qualitätsverständnis wird über die komplexe Anlage des Modells deutlich,
indem auf die Bedeutung der Kooperation zwischen Einrichtungen und Jugendämtern hin-
gewiesen wird, die politische Verantwortung und die rechtlichen Rahmenbedingungen be-
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rücksichtigt werden und die Bewertung von Hilfeprozessen durch Fachkräfte, Teams und
AdressatInnen von Hilfe zur Erziehung im Mittelpunkt stehen.
Weiterhin liegt dem Modell ein differenzierter Qualitätsbegriff zugrunde, wie er sich mit der
Unterscheidung von Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität für die Soziale Arbeit zur Zeit
durchgesetzt hat (vgl. Merchel 1998). Allerdings werden in dem Qualitätsentwicklungsmodell
die unterschiedlichen Qualitätsebenen verschieden gewichtet und bearbeitet.
1. Der Begriff der Strukturqualität umfasst alle Merkmale und Rahmenbedingungen des
Jugendhilfesystems, mit denen Institutionen, Organisationsformen, Angebote, Konzepte und
Ressourcen beschrieben werden können. Zahlreiche fachliche Standards der Jugendhilfe
beziehen sich auf strukturelle Merkmale wie Personalschlüssel, Ausstattung, Erreichbarkeit
oder auf die Konzeptqualität und das methodische Setting einer Hilfe. Sie lassen sich aus
theoretischen Ansätzen (z.B. Lebensweltorientierung), rechtlichen Vorgaben, Untersuchun-
gen und auch aus Ergebnissen von Jugendhilfeplanungen ableiten bzw. überprüfen. Im
Rahmen des QM-Modells der Region Heilbronn-Franken erfolgt die Überprüfung der Struk-
turqualität von Einrichtungen und Jugendämtern im Rahmen von kollegialen Visitationen und
einer spezifischen Form des Benchmarkings, um Entwicklungsprozesse zu befördern und
Transparenz zu schaffen. Hier sollte über die Evaluation der Frage nachgegangen werden,
wie Ergebnisse aus Selbstevaluationen in der Einzelfallarbeit auf die strukturelle Verfasstheit
der Erziehungshilfen rückbezogen bzw. zu Weiterentwicklung der Infrastruktur genutzt wer-
den können und in wie fern dieses Instrument der kollegialen Visitationen geeignet ist, um
auf der strukturellen Ebene Qualitätsentwicklungsprozesse zu gestalten. Diese Fokussierung
auf die Ebene der Strukturqualität ist unter zwei Gesichtpunkten notwendig. Zum einen wer-
den über die Qualitätsentwicklungsvereinbarungen (§ 78 a-g SGB VIII) Qualitätsstandards
für die Infrastruktur im Bereich der Hilfen zur Erziehung vereinbart werden müssen, die sich
letztlich im Rahmen der Leistungs- und Entgeltvereinbarungen auf bestimmte Standards be-
ziehen. Zum anderen sind Schnittstellen zur Jugendhilfeplanung erforderlich, um über den
Einzelfall bzw. eine Einrichtung hinaus eine angemessene Infrastrukturplanung und Vernet-
zung von Jugendhilfeangeboten in einer Region betreiben zu können. D.h. bleibt die Frage
der Strukturqualität von Jugendämtern, Heimen, aber auch der Ausgestaltung der Infrastruk-
tur einer Region in dem QM-Modell außen vor, so können Handlungsbedarfe, die sich aus
der Evaluation der Ergebnisqualität einer Hilfe ergeben, nur unzureichend umgesetzt wer-
den.
2. Mit dem Begriff der Prozessqualität werden alle Aktivitäten erfasst, die im Hilfeverlauf zur
Leistungserbringung führen. Gegenstand dieser Qualitätsdimension ist das professionelle
Handeln der Fachkräfte, insbesondere die Kommunikations-, Kooperations- und Beteili-
gungsformen zu den Adressat/innen als Co-Produzent/innen der Hilfe sowie innerhalb und
zwischen den Fachkräften der Jugendhilfeinstitutionen. Die im QM-Modell entwickelten In-
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strumente zielen auf verschiedene Aspekte der Prozessqualität, so z.B. die Zufriedenheit der
Betroffenen mit dem Verlauf und der Umsetzung der Hilfe sowie die Art ihrer Beteiligung im
Hilfeprozess in Einrichtungen und Jugendämtern. Darüber hinaus werden Instrumente zur
Evaluation der Kommunikation und Kooperation auf der Ebene der Fachkräfte zwischen Ju-
gendämtern und Heimen eingesetzt, die allerdings auch Merkmale der Strukturqualität ent-
halten (z.B. Dokumentation, Flexibilität).
Gegenstand der Evaluation des QM-Modells war hier zum einen die Analyse der entwi-
ckelten Instrumente, um der Frage nachzugehen, welche Elemente der Prozessqualität er-
fasst werden, wie weit ihre Aussagekraft aus der Sicht der Adressat/innen und Fachkräfte
reicht und welche Konsequenzen sich daraus für den Qualitätsentwicklungsprozess ergeben.
Zum anderen wurde der selbstevaluative Ansatz unter der Fragestellung nach Rahmenbe-
dingungen, Verfahren und Wirkungen in den Institutionen genauer analysiert, beschrieben
und ausgewertet.
3. Mit dem Begriff der Ergebnisqualität wird die Wirkung einer Hilfe aus der jeweiligen Sicht
der am Hilfeprozess beteiligten Fachkräfte und Adressat/innen abgebildet. Hierbei handelt es
sich sicherlich um die am schwierigsten zu erfassende Qualitätsdimension, die dadurch ge-
kennzeichnet ist, dass alles sozialpädagogische Handeln keinen eindeutigen Ursache-
Wirkungs-Zusammenhang geltend machen kann, dass durch den Prozesscharakter einer
Hilfe sich Ziele auch kontinuierlich verändern, dass die Leistungserbringung immer im Zu-
sammenwirken von Fachkräften und Adressat/innen erfolgt, dass die Ergebnisziele im Ein-
zelfall sehr unterschiedlich aussehen und die Außenfaktoren, die auf den Hilfeprozess wir-
ken, letztlich nicht genau erfasst werden können (vgl. Müller 1998). Dadurch scheidet eine
einfache Übertragung von betriebswirtschaftlich ausgelegten und produktorientierten
Qualitätsmanagementmodellen, die aus dem industriellen Sektor stammen, aus.
Grundsätzlich eröffnet sich die Frage, ob sich Wirkungen und Ergebnisse Sozialer Arbeit
überhaupt messen lassen. Dennoch kann sich diese kritische Betrachtung der
Ergebnisqualität nicht gänzlich gegen ihre Erfassung richten, da jedes fachliche Handeln
methodisch strukturiert und zielorientiert erfolgen muss. Sehr wohl lassen sich
„erfolgreichere“ Methoden zur Erreichung bestimmter Ziele anvisieren. Allerdings zeichnet
sich das professionelle Handeln dadurch aus, dass sie realitätsnah und situationsspezifisch
zusammen mit den Adressat/innen der Hilfe ausgearbeitet und konkret operationalisiert und
dem Hilfeverlauf angepasst werden. Ebenso können Ergebnisse, Wirkungen und Erfolge
auch nur unter Berücksichtigung der Erfolgskriterien der Betroffenen bestimmt werden.
Damit lässt sich eben auch nur begrenzt die Effizienz und Effektivität einer
sozialpädagogischen Dienstleistung, d.h. das Verhältnis zwischen Aufwand und Wirkung
bzw. zwischen Ziel und Wirkung messen. Auch hier gilt, dass standardisierbare und lineare
Bezüge nicht herzustellen sind, dass wohl aber über die fachlich ausgestaltete Überprüfung
der Ergebnisqualität von Hilfen, Transparenz für den Einsatz öffentlicher Mittel und für eine
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satz öffentlicher Mittel und für eine qualifizierte fachspezifische Steuerung „begrenzter Res-
sourcen“ geschaffen werden.
Das QM-Modell der Region Heilbronn - Franken legt auf diese Qualitätsdimension einen
Schwerpunkt, in dem zum einen über eine verbesserte Diagnostik und Ermittlung des erzie-
herischen Bedarfs Interventionsentscheidungen und damit auch die Wirkung einer Hilfe ver-
bessert werden sollen und zum anderen, indem Kriterien der Wirksamkeitsüberprüfung im
Hilfeprozess verankert werden. Die hierzu entwickelten Instrumente beziehen sich konse-
quent auf bestimmte Phasen des Hilfeprozesses (Beginn, Verlauf, Ende) und erheben die
Perspektive der Betroffenen. Der Einsatz der Instrumente und ihre Auswertung erfolgt über
Verfahren der Selbstevaluation.
Die Evaluation des QM-Modells hat hier mehrere Dimensionen umfasst: Zum einen wurde
auch hier eine Analyse der Instrumente vorgenommen, um zu überprüfen, ob die operationa-
lisierten Erhebungsmerkmale praxis- und gegenstandsangemessen ausgearbeitet sind, und
ob sie zur Qualifizierung und damit zur Wirkungsverbesserung beitragen und wie die Reich-
weite der hier produzierten Erkenntnisse einzuschätzen ist. Ferner wurde zum anderen die
Praxis der Selbstevaluation unter spezifischen Fragestellungen ausgewertet und die Schnitt-
stelle zu Qualitätsentwicklungsprozessen untersucht.
Abbildung 2: Qualitätsmanagement-Modell der Region Heilbronn-Franken – Qualität als dialogorien-tierter Praxisentwicklungsprozess
Qualitätsmanagement-Modells der Region Heilbronn-FrankenQualität als dialogorientierter Praxisentwicklungsprozess
Qualitätsmanagement-Modells der Region Heilbronn-FrankenQualität als dialogorientierter Praxisentwicklungsprozess
öffentlicheTräger
freie Träger
AdressatInnen
Normative DimensionLebensweltorientierung und Recht
Normative DimensionLebensweltorientierung und Recht
Prozess-DimensionMethodenpluralität u.
Management
Prozess-DimensionMethodenpluralität u.
Management
StandardisierungInstrumente, Verfahren
StandardisierungInstrumente, Verfahren
relative Dimensionrelative Dimension
QualifizierungFortbildung
QualifizierungFortbildung
EvaluationSelbstevaluation, Benchmarking
EvaluationSelbstevaluation, Benchmarking
(Weiter-)EntwicklungKonzept/Organisation
(Weiter-)EntwicklungKonzept/Organisation
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Qualitätsmanagement als kollektives Innovationslernen
Die hier analytisch getrennt dargestellten Qualitätsdimensionen müssen in einem Zu-
sammenhang gesehen werden, der allerdings nicht linear ist, sondern über diskursive Pro-
zesse in einem Qualitätsmanagement-Modell zusammengeführt werden muss. Dieses Mo-
dell ist komplex und voraussetzungsvoll, da hier unterschiedliche Akteure wie:
• Geldgeber und Träger (politisches Umfeld),
• die Fachkräfte in den Einrichtungen und Ämtern,
• die Adressat/innen,
• und weitere Kooperationspartner
eingebunden sein müssen, damit konsensfähige und eindeutige Qualitätskriterien entwi-
ckelt und angewandt werden können, die im Alltag verlässliche Beachtung finden.
Darüber hinaus bedarf es geeigneter Verfahren, die Mängel bei der Kriterienformulierung
bzw. bei der Realisierung der Hilfe zu erkennen und zu beheben. D.h. Qualitätsentwicklung
ist Aufgabe des Gesamtsystems, auf das sich die Qualitätsziele beziehen, ist eingepasst in
die Strukturen der jeweiligen Institutionen, findet Berücksichtigung in den organisatorischen
Abläufen und Kommunikationszusammenhängen. Qualitätsmanagement ist Leitungsaufga-
be, kann aber ohne die aktive Beteiligung und Mitwirkung der Fachkräfte nicht adäquat um-
gesetzt werden. Hierzu bedarf es nicht nur entsprechender Rahmenbedingungen (z.B. Zeit-
ressourcen, Fortbildungen), sondern auch unterschiedlicher Orte, an denen diskursive Pro-
zesse der Qualitätsentwicklung ausgestaltet werden können. D.h. Qualitätsentwicklung er-
fordert kollektives Innovationslernen, nicht nur der einzelnen Mitglieder der Organisation,
sondern auch der organisationalen Wissensbasis der Gesamtorganisation.
Insbesondere im Bereich der Hilfen zur Erziehung ist dieses kollektive Innovationslernen
von besonderer Bedeutung. Bei den Hilfen zur Erziehung handelt es sich um einen sehr
komplexen Gegenstand, der je nach Einzelfall (Problemlagen / Ressourcen) sehr unter-
schiedliche Handlungsansätze und infrastrukturelle Rahmenbedingungen erfordert. Insbe-
sondere vor dem Hintergrund des Paradigmas der Lebensweltorientierung wird deutlich,
dass einfache Rationalisierungsstrategien von Hilfen, die in eine Ausdifferenzierung und
Spezialisierung von Lösungsstrategien und Organisationsformen zur Reduktion von Komple-
xität münden, Grenzen gesetzt sind. Gleichzeitig bedarf es aber auch für diesen Bereich der
Konkretisierung von Handlungskonzepten und Operationalisierungsformen, die wiederum
ihren Niederschlag in institutionellen Routinen finden. Dieses Dilemma ist nur in einem refle-
xiven Prozess von kollektivem Innovationslernen aufzulösen, in dem vor dem Hintergrund
generierten Wissens über Fallverläufe die vorhandene Routinen überprüft und in neue über-
setzt werden müssen. Insofern sind prozesshafte Qualitätsentwicklungsprozesse Bestandteil
einer qualifizierten Ausgestaltung erzieherischer Hilfen im Einzelfall.
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In dem QM-Modell der Region Franken - Heilbronn finden sich in der Verknüpfung von
Selbstevaluation und Qualitätsentwicklung Ansätze zur Ausgestaltung kollektiven Innovati-
onslernens. Wie auf und zwischen den unterschiedlichen Ebenen kollektives Innovationsler-
nen gelingt, was förderliche und hemmende Bedingungen sind, war ebenfalls Gegenstand
der Evaluation.
3. Anlage und Ergebnisse der Evaluation des Qualitätsmanagement-Modells
Nachdem das Qualitätsmanagement-Modell in seinen Zielen, wesentlichen Elementen
und Besonderheiten aus Sicht der wissenschaftlichen Begleitung beschrieben wurde, möch-
te wir jetzt zu den Ergebnissen der Evaluation überleiten. Dazu werden wir Ihnen zunächst
das Design der Evaluation und die zentralen Fragestellungen – wir sprechen von Dimensio-
nen der Evaluation – vorstellen. Entlang der Evaluationsdimensionen werden wir Ihnen dann
die Kernbefunde präsentieren.
Die Evaluation war Bestandteil eines Modellprojektes, das knapp drei Jahre - von Dezem-
ber 2001 bis September 2004 - lief und von mehreren Finanzgebern, allen voran die Stiftung
Deutsche Jugendmarke, getragen wurde. Auftrag des Projektes war zum einen die Imple-
mentierung des QM-Modells in den vier Jugendämtern und 17 Jugendhilfeeinrichtungen der
Region Heilbronn-Franken und zum anderen die Evaluation.
Die Gleichzeitigkeit von Implementierung und Evaluation hatte auf die Ausgestaltung der
Evaluation einen wesentlichen Einfluss. Vom der Konzeption her war die Evaluation vorran-
gig als summative Evaluation angelegt, d.h. unser Auftrag war es im Wesentlichen, die Um-
setzung und Bewertung des QM-Modell zu untersuchen und zu überprüfen, inwieweit im Ar-
beitsfeld der Hilfen zur Erziehung sich Auswirkungen im Sinne der Zielsetzungen des QM-
Modells abzeichnen. Durch die Gleichzeitigkeit von Implementierung und Evaluation bezie-
hen sich unsere Ergebnisse auf einen relativ frühen Umsetzungsstand, was insbesondere für
die Analyse von Auswirkungen folgenreich war, da Veränderungen insgesamt erst in Ansät-
zen sichtbar werden bzw. bestimmte Auswirkungen, etwa auf die Ergebnisqualität der Hilfen
(z.B. Verkürzung von Laufzeiten), sich wohl noch gar nicht nachweisen lassen.
Die Evaluation war von Anfang an auch formativ ausgerichtet, d.h. die Ergebnisse der E-
valuation sollten durch eine zeitnahe Rückkopplung für die Weiterentwicklung des QM-
Modells genutzt werden können. Dadurch, dass die Evaluation auf ein noch unfertiges, sich
in der Implementierung befindendes Modell getroffen ist, hat die formative Ausrichtung we-
sentlich an Bedeutung gewonnen. Wir haben nicht nur Evaluationsergebnisse immer wieder
rückgemeldet, sondern auch an der Weiterentwicklung von Instrumenten und Verfahren un-
mittelbar mitgearbeitet.
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Abbildung 3: Modellprojekt „Kooperatives Qualitätsmanagement-Modell der Jugendhilfe in der Regi-on Heilbronn-Franken“
Der gewählte methodische Ansatz zeichnet sich durch den gestuften Einsatz von
quantitativen und qualitativen Untersuchungsmethoden aus. Um Aussagen auf einer
möglichst breiten Basis zu gewinnen, haben wir standardisierte schriftliche Befragungen zu
drei Zeitpunkten durchgeführt. Befragt wurden alle Teilnehmer/innen der QMF-Schulungen,
die kooperativ durchgeführt wurden. Damit konnten alle Anwender auf Jugendamtsseite (89
Mitarbeiter/innen der Allgemeinen Sozialen Dienste der vier Jugendämter) und ca. die Hälfte
der Fachkräfte (206), die das QMF in den Jugendhilfeeinrichtungen einsetzen, erreicht
werden. Zur Vertiefung der Daten aus den schriftlichen Befragungen wurden 16 leitfadengestützte
Interviews mit Leitungs- und Fachkräften der vier Jugendämter sowie von vier ausgewählten
Jugendhilfeeinrichtungen durchgeführt. Außerdem wurde eine aktengestützte Einzellfallre-
konstruktion mit allen fallbeteiligten Fachkräften und Einbeziehung der Adressat/innen vor-
genommen.
Um der Frage nach dem zeitlichen Aufwand, den die Anwendung des QM-Modells mit
sich bringt, nachzugehen, die insbesondere von Seiten der Jugendämter an die Evaluation
heran getragen wurde, fand in zwei der Jugendämter eine Zeitbudgetanalyse statt. 22 Mitar-
beiter/innen der Allgemeinen Sozialen Dienste haben über 4 Wochen ihre tägliche Arbeits-
zeit anhand eines Zeitraster erfasst.
Modellprojekt„Kooperatives Qualitätsmanagement-Modell der Jugendhilfe in der
Region Heilbronn-Franken“
Modellprojekt„Kooperatives Qualitätsmanagement-Modell der Jugendhilfe in der
Region Heilbronn-Franken“
Schulungen durch Jucon
Interne Einführung
Weiterent-wicklung
Schriftliche Befragungen
ExpertInnen-interviews
Zeitbudget-analyse
Einzelfall-rekonstruktion
AuswertungElternbefragung
Ev
alu
atio
n
InstrumenteVerfahrenStandards
Imp
lem
en
tieru
ng
Qualitätsmanagement-Modell
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Da das QM-Modell in erster Linie der Qualifizierung der professionellen Handlungsvollzü-
ge dient und die Adressat/innen mit dem Modell nur über die Elternfragebögen direkt in Be-
rührung kommen, wurden 247 Elternfragebogen des QM-Modells, die im Projektverlauf von
den Fachkräften ausgegeben und zurückerhalten wurden, ausgewertet.
Soweit zum methodischen Ansatz der Evaluation. Inhaltlich zielt die Evaluation auf fünf
zentrale Fragestellungen ab.
Abbildung 4: Zentrale Dimensionen der Evaluation
Im Zentrum des QM-Modells steht die Qualifizierung der Bedarfsfeststellung, Planung und
Steuerung der erzieherischen Hilfe im Einzelfall. Qualitätsentwicklung im Bereich der Hilfen
zur Erziehung soll also vorrangig über eine Verbesserung des fallbezogenen Leistungspro-
gramms erfolgen. Folglich ist eine zentrale Fragegestellung der Evaluation, wie die Arbeits-
hilfen, Verfahren und Standards bei der Bedarfsfeststellung, Planung und Steuerung der Hil-
fe angewendet und bewertet werden und inwieweit sich eine Qualifizierung im Sinne des
QM-Modells nachweisen lässt.
Das QM-Modell setzt als zentrale Methode der Qualitätsentwicklung auf die Selbstevalua-
tion. Zur regelmäßigen Überprüfung der Wirkung der Hilfe und des Hilfeprozesses sieht das
QM-Modell den Einsatz von Fragebögen an alle Beteiligten sowie Selbstevaluationsbögen
vor, die von den fallzuständigen Fachkräften anzuwenden und auszuwerten sind. Eine weite-
re zentrale Fragestellung der Evaluation ist, wie die Selbstevaluation in den Einrichtungen
Qualifizierung
Org
anis
atio
nse
ntw
ickl
un
g Infrastrukturentwickl
ung
Wirkungsverbesserung
BedarfsfeststellungPlanung / Steuerung
der Hilfe
Selbstevaluation
Lernende Organisation
Adressat/innen-Beteiligung Kooperation
Zentrale Dimensionen der Evaluation Zentrale Dimensionen der Evaluation
Institut für Sozialpädagogische Forschung Mainz e.V.
14
und Jugendämtern umgesetzt wird und welche Probleme bzw. welcher Nutzen wahrgenom-
men werden.
Wie gesagt, basiert das QM-Modell auf reflexiven Lernprozessen durch Selbstevaluation
und versteht damit die einzelne Fachkraft als wesentlichen Motor der Qualitätsentwicklung.
Mit dem Verfahren der Strukturqualitätsüberprüfung ist im QM-Modell ein Element integriert,
das auf die Sicherung und Weiterentwicklung von institutionellen Qualitätsmerkmalen abzielt.
Im Rahmen der Evaluation soll deshalb auch analysiert werden, inwieweit das QM-Modell
durch die Strukturqualitätsüberprüfung zur Qualitätsentwicklung in den Institutionen und mit
Blick auf das gesamte Jugendhilfesystem der Region beiträgt.
Zwei weitere wichtige Evaluationsfragestellungen, die quasi quer zu den anderen Dimen-
sionen liegen, betreffen die Kooperation zwischen öffentlichem und freiem Träger sowie die
Beteiligung der Adressat/innen. In der Evaluation wird gezielt danach gefragt, welche Verän-
derungen die Umsetzung der Instrumente, Verfahren und Standards für die einzelfallbezo-
gene und einzelfallübergreifende Zusammenarbeit von Jugendamt und Einrichtung sowie für
die Partizipation der Eltern und jungen Menschen mit sich bringen.
Entlang dieser zentralen Evaluationsdimensionen möchte wir Ihnen jetzt Kernbefunde
vorstellen. Bei der Präsentation der Kernbefunde wollen wir folgende Struktur zugrunde le-
gen. Bevor wir auf die Kernbefunde im einzelnen eingehen, die wir punktuell anhand von
Schaubildern belegen wollen, werden wir zunächst die Zielsetzungen des QM-Modells in den
jeweiligen Evaluationsdimensionen erläutern. Die Modellziele sollen als Reflexionsfolie die-
nen, um die anschließend dargestellten Evaluationsergebnisse mit Blick auf die Frage, ob
die Modellziele denn auch erreicht wurden, bewerten zu können.
3.1. Zur Evaluationsdimension 1: Qualitätsentwicklung durch qualifizierte Be-
darfsfeststellung, Planung und Steuerung der Hilfe im Einzelfall
Das QM-Modell zielt insgesamt auf eine Qualifizierung der Bedarfsfeststellung, Planung
und Steuerung der Hilfe im Einzelfall ab. Mit den Instrumenten und Verfahrensregelungen
zur Bedarfsfeststellung werden zwei Ziele verfolgt.
(1) Die Subjektivität der Einschätzung des Hilfebedarfs soll vermindert und eine Diagnostik unter Beachtung der fachlichen Standards der Transparenz, Objektivität und Nachvollzieh-barkeit sichergestellt werden.
(2) Eine zielgenauere Auswahl der Hilfe soll erfolgen und damit eine bedarfsgerechtere Aus-gestaltung und letztlich eine effektiver und effizienter Hilfe möglich werden.
Kernbefunde
Die Evaluationsergebnisse lassen sich zu folgenden Kernbefunden verdichten.
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15
Mit Blick auf die Anwendung spiegeln die Evaluationergebnisse eine fast vollständige
Umstellung der Bedarfsfeststellungspraxis in den Jugendämtern wider. Die Anwendungs-
schwierigkeiten lassen sich im Kern auf zwei Kritikpunkte reduzieren. Zum einen wird den
Instrumenten aufgrund ihrer formalen Gestaltung eine mangelnde Aussagekraft vorgeworfen,
die ein Nachvollziehen der Problemlage für Dritte erschwert. Zum anderen wird die unzurei-
chende Erfassung von Ressourcen des jungen Menschen in den Bedarfserhebungsinstru-
menten kritisiert. In der Überarbeitung der Instrumente wurden diese Kritikpunkte aufgegrif-
fen .
Die vor allem anfangs benannten Anwendungsschwierigkeiten zeigten, dass die Instru-
mente nicht für sich stehen, sondern in Arbeitsprozesse und -strukturen eingebunden wer-
den müssen. Ihre Praktikabilität zeigt sich immer auch abhängig von der Passung mit den
vorhandenen Routinen und Rahmenbedingungen. Die Projektjugendämter haben in unter-
schiedlichem Ausmaß ihre Arbeits- und Entscheidungsabläufe an das QM-Modell angepasst
– von einer veränderten Informationsgrundlage für die Hilfeentscheidung bis zu einer Umor-
ganisation des Entscheidungsprozesses.
Trotz kurzer Anwendungsdauer zeichnen sich als Auswirkungen bereits deutlich eine
stärkere Ausrichtung der Bedarfserhebung auf die Bestimmung der Hilfeziele sowie eine ein-
heitlichere Arbeits- und Dokumentationsweise bei der Bedarfsfeststellung ab, die dann auch
die interne Kommunikation etwa in der Teamberatung erleichtert.
Abbildung 5: Auswirkungen des QM-Modells auf die Bedarfsfeststellung aus Sicht der Jugendamts-mitarbeiter/innen (Befragung zur Umsetzung des QMF)
Auswirkungen auf die Bedarfsfeststellung aus der Sicht der Jugendamtsmitarbeiter/innen (Befragung zur Umsetzung des QMF)
5,3%
5,4%
16,9%
26,7%
42,9%
71,9%
23,3%
74,6%
63,3%
50,0%
22,3%
71,4%
8,5%
10,0%
7,1%
0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100%
Hilfe beginnt nach Erstkontakt meist... (n =57
Zeitaufwand für die Bedarfserhebung ist...(n = 56)
Aufgrund der erhobenen Daten fällt dieEntscheidung über die geeignete Hilfe... (n
= 59)
Teamberatung / Fallreflexion verläuft... (n =60)
Bedarfserhebung und Ziele der Hilfe sind...(n = 56)
Veränderung im Sinne einer Verbesserung keine Veränderung Veränderung im Sinne einer Verschlechterung
wie zuvor
wie zuvor
wie zuvor
wie zuvor
wie zuvorfrüher später
leichter schwerer
geringer gestiegen
strukturierter weniger strukturiert
stärker abgestimmt weniger abgestimmt
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16
In der schriftlichen Befragung zur Umsetzung des QM-Modells neun Monate nach Schu-
lungsende haben wir die Fachkräfte nach den wahrnehmbaren Veränderungen bei der Be-
darfsfeststellung gefragt. Wie bereits herausgestellt wurde, sind als positive Auswirkungen
für die befragten Jugendamtsmitarbeiter/innen vor allem spürbar, dass die Bedarfserhebung
und die Ziele der Hilfe stärker abgestimmt sind und die Teamberatung strukturierter verläuft.
Die auffälligste Konsequenz des QM-Modells, der gestiegene Zeitaufwand für die Be-
darfserhebung, ist zumindest teilweise auf die noch kurze Anwendungsdauer zurückzufüh-
ren. Die Zeitbudgetanalyse, mit der wir der Frage nach den erforderlichen Zeitressourcen
gezielt nachgegangen sind, hat ergeben, dass durchschnittlich 60 Minuten pro Einzeltätigkeit
für die Dokumentation der Bedarfserhebung anhand der QMF-Instrumente aufgewendet wer-
den.
Inwieweit die Bedarfserhebungsinstrumentarien die Auswahl der im Einzelfall geeigneten
Hilfe erleichtern, wird von den Fachkräften unterschiedlich bewertet. Die Einschätzung, ob
die Informationserhebung entlang der Instrumente zu einer Ausweitung oder Einengung des
diagnostischen Blicks führt, geht auseinander. Letztlich – und dies wird in den leitfadenge-
stützten Interviews an mehreren Stellen herausgestellt – lässt sich aus den Instrumenten
nicht quasi automatisch die geeignet Hilfe schlussfolgern, sondern die Bewertung, welche
Hilfe angemessen ist, obliegt weiterhin der Fachlichkeit der Mitarbeiter/innen, was eine aus
fachlicher Sicht sinnvolle Begrenzung darstellt.
Auf der Ebene der Planung und Steuerung der Hilfe verfolgt das QM-Modell folgende Ziele. (1) Zunächst einmal geht es - quasi übergeordnet -, um eine bedarfsgerechtere und damit
effektiver Hilfe durch eine bessere Übereinstimmung zwischen Hilfeplanzielen und Leis-tungsplanzielen sowie durch ein schnelleres und zuverlässigeres Erkennen von Notwen-digkeiten der Veränderung des Hilfeangebotes.
(2) Mit Blick auf die Adressat/innen der Hilfe wird eine intensivere Beteiligung bei der Maß-nahmeplanung und -erstellung angestrebt.
(3) Außerdem soll das professionelle Handeln der Einrichtungsmitarbeiter/innen durch eine verbesserte Transparenz der Arbeitsziele qualifiziert werden.
Kernbefunde
Bevor wir die Kernbefunde vorstellen, vorweg noch einmal zur Erinnerung: Das QM-
Modell sieht zur Qualifizierung der Planung und Steuerung Arbeitshilfen auf der Ebene der
Hilfeplanung und der Leistungsplanung vor. Außerdem sind Standardisierung hinsichtlich
des Ablaufs der Hilfe und der Schnittstellen von Jugendamt und Einrichtung erfolgt.
Die Individuelle Leistungsplanung, das Instrument zur Planung der Leistungserbringung in
den Einrichtungen, ist in der Arbeitspraxis der Fachkräfte weitestgehend verankert, was un-
ter anderem auf die Praktikabilität und Nützlichkeit dieser Arbeitshilfe zurückzuführen ist.
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17
Die entlang des SGB VIII ausgestaltete Definition der Rollen von Jugendamt und Einrich-
tung im QM-Modell, die sich unter anderem im frühen Zeitpunkt des ersten Hilfeplans nieder-
schlägt, hat sich aus Sicht der Fachkräfte bewährt. Als Nutzen wird die höhere Verbindlich-
keit und größere Aufgabenklarheit gesehen.
Auch das eingeführte Regelkreis-Element im Bereich der Hilfe- und Leistungsplanung (der
Leistungsplan wird auf der Grundlage des Hilfeplans erstellt und 6 Wochen nach Erhalt des
Hilfeplans an die zuständige Fachkraft im Jugendamt geschickt) wird von den Fachkräften
als praktikabel erachtet, wobei der Nutzen von Jugendamtsseite nicht durchgängig gesehen
wird. Die Aussagen hierzu reichen von „keinem unmittelbaren Nutzen“ bis zu einer „besseren
Nachvollziehbarkeit und Kontrolle der Leistungserbringung“.
Positive Auswirkungen im Bereich der Planung und Steuerung der Hilfe sind auf unter-
schiedlichen Ebenen auszumachen. Auf der Ebene des Hilfeprozesses trägt das QM-Modell
dazu bei, dass zielgerichteter und abgestimmter gearbeitet wird.
Abbildung 6: Auswirkungen des QM-Modells auf die Hilfeplanung / Leistungsplanung (Befragung zur Umsetzung des QMF)
Dies soll anhand der Befragungsergebnisse belegt werden. Die von den Fachkräften am
deutlichsten wahrnehmbaren Veränderungen liegen in einer stärkeren Zielformulierung und
Operationalisierung der Hilfeplanziele. Wie bei der Bedarfserhebung wird auch hier gegen-
über vorher ein größerer Zeitaufwand wahrgenommen, wobei in den Interviews die Fachkräf-
te dafür die fehlende Routine verantwortlich machen bzw. erkennbar wird, das einheitliche
Auswirkungen des QMF auf die Hilfeplanung / Leistungsplanung *
5,0%
37,4%
38,8%
53,7%
65,1%
69,4%
32,7%
52,0%
60,5%
43,8%
34,9%
29,9%
62,4%
10,6%
0,8%
2,5%
0,7%
0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100%
Zeitaufwand für die Leistungsplanung ist... (n= 101)
Informationen über den Fall für diehilfeerbringende Einrichtung sind... (n = 123)
Hilfeplangespräche sind... (n = 129)
Dokumentation der Fallarbeit erfolgt... (n =121)
Hilfeplanziele werden... (n = 126)
Zielformulierung bei der Hilfe- undLeistungsplanung hat an Bedeutung... (n =
134)
fachlich strukturierter
wie zuvor
weniger strukturiert
geringer
wie zuvor
gestiegen
stärker operationalisiert
wie zuvor
gewonnen
wie zuvor
abgenommen
strukturierter
wie zuvor
weniger strukturiert
hilfreicher
wie zuvor
weniger hilfreich
* hier werden nur die Fälle berücksichtigt, die bereits Erziehungshilfefälle nach dem QMF bearbeitet haben (N = 144)
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18
und verbindliche Dokumentations- und Arbeitshilfen zur Leistungsplanung in den Einrichtun-
gen vielfach noch nicht vorhanden waren.
Auf der Ebene des professionellen Handels führt die stärkere Zielorientierung für die Ein-
richtungsmitarbeiter/innen zu einer verbesserten Transparenz der Arbeitsziele und eigenen
Leistungen, was auf das professionelle Selbstverständnis und die Arbeitszufriedenheit positi-
ven Einfluss hat (Erfolge werden wahrgenommen; der „Endlosanspruch“ wird in kleine Ziele
und Schritte heruntergebrochen; unrealistische Ziele können zurückgewiesen werden).
Auf der Ebene der Beteiligung der Adressat/innen hat sich die Individuelle Leistungspla-
nung als ausgesprochenes Partizipationsinstrument erwiesen. Die prozesshafte Beteiligung
an der Planung und Überprüfung der Hilfe, die mit der Hilfeplanung eingeführt wurde, wird
durch die Individuelle Leistungsplanung weitergeführt. Die Auswirkungen des QM-Modells
auf die Beteiligung der Adressat/innen soll an späterer Stelle ausführlich betrachtet werden.
3.2 Zur Evaluationsdimension 2: Qualitätsentwicklung durch Selbstevaluation
Die zweite Evaluationsdimension fokussiert das Element der Selbstevaluation. Die syste-
matische Überprüfung der Wirkung der Hilfe und des Hilfeprozesses ist im QM-Modell als
Selbstevaluation der Fachkräfte angelegt, wobei die Evaluationsinstrumente (Fragebögen
und Selbstevaluationsbögen) und ihre Handhabung vorgeben sind. Ziel der Selbstevaluation
ist die „ständige Verbesserung der Betreuungsprozesse und der Betreuungsergebnisse“.
(1) Mit Blick auf den Einzelfall soll die Evaluation der Hilfe reflexive Lernprozesse bei den fallzuständigen Fachkräften befördern und so zu einer Optimierung des Fallverlauf bei-tragen.
(2) Einzelfallübergreifend sollen die Ergebnisse aus der Evaluation Aufschluss über organi-sationsbezogene Veränderungsbedarfe geben und so zu einer Weiterentwicklung von Strukturen und Routinen führen.
Kernbefunde
Die Selbstevaluation ist das Element des QM-Modells, dessen Umsetzung in den Einrich-
tungen und Jugendämtern noch am wenigsten weit fortgeschritten ist. Dies hat praktische
Gründe, hängt aber auch mit der Akzeptanz zusammen.
Die Fragebögen an die Eltern werden am besten angenommen; die Form der schriftlichen
Befragung wird jedoch von einigen Fachkräften als Überforderung der Eltern bewertet. Die
von uns vorgenommene Auswertung von 247 Elternfragebögen konnte die Kritikpunkte der
Fachkräfte nicht bestätigen.
Die wechselseitige Befragung von Jugendamt und Einrichtung ist in ihrer Sinnhaftigkeit
umstritten. Zum einen wird die Notwendigkeit nicht gesehen, da dem persönlichen Gespräch
der Vorzug gegeben wird bzw. andere Instrumente als ausreichend gesehen werden. Zum
Institut für Sozialpädagogische Forschung Mainz e.V.
19
anderen wird die Ehrlichkeit und damit die Validität der Rückmeldung bezweifelt. In diesem
Zusammenhang wird auf das bestehende Abhängigkeitsverhältnis verwiesen und es ist er-
kennbar, das prinzipiell Vorbehalte bestehen, Kooperationspartner zu kritisieren.
Die Vorbehalte der Fachkräfte machen deutlich, dass die Fragebögen, um im Sinne ihrer
Zielsetzung wirksam zu werden, Offenheit und Vertrauen, also eine bestimmte Qualität der
Beziehung und Kooperation voraussetzen. Dies gilt auch für die Elternfragebögen; Rückant-
worten lagen zumeist von Eltern vor, mit denen die Zusammenarbeit als gut bewertet wurde.
Die praktische Relevanz der Selbstevaluationsbögen ist gering; Selbstreflexion ist zumeist
über Teamberatung, Supervision und Fortbildung in den Institutionen verankert.
Die eingeschränkte Umsetzung und Akzeptanz der Evaluationsinstrumente resultiert auch
daher, dass eine organisationsbezogene Verwertung der Evaluationsergebnisse in den meis-
ten Institutionen noch nicht erfolgt. Abgesehen von einer Auswertung durch die fallzuständi-
gen Mitarbeiter/innen werden die Rückantworten bisher in der Regel nur auf Teamebene –
und dies gilt in erster Linie für die Einrichtungen – reflektiert. Dies führt bei einigen Fachkräf-
ten denn auch dazu, dass der Aufwand für den bisher spürbar werdenden Nutzen als zu
groß bewertet wird. Dass hier noch ein Unterstützungsbedarf liegt, wurde im Projektverlauf
erkannt und ein Auswertungsverfahren konzipiert, das jedoch noch nicht offiziell eingeführt
ist.
3.3 Zur Evaluationsdimension 3: Qualitätsentwicklung durch lernende Organi-
sation und gemeinsames Lernen in der Region
Wie Ihnen die Vorstellung der ersten Evaluationsdimension verdeutlichten sollte, stellt die
„Optimierung der Planung, Steuerung und Durchführung erzieherischer Hilfen“ ein zentrales
Element und eine wesentliche Zielrichtung des QM-Modells dar. Die Logik und Intention des
QM-Modells basiert jedoch nicht auf einem technokratischen Verständnis von Qualitätsma-
nagement, worüber das QMF auf ein reines Steuerungs- oder Controllingsystem reduziert
werden würde. Vielmehr wird von einem Qualitätsmanagement-Verständnis ausgegangen,
das neben der „Sicherung von Qualität“ vor allem auch die „Qualitätsentwicklung“ über die
Implementierung, Umsetzung und Weiterentwicklung von gemeinsamen fachlichen Stan-
dards in den Blickpunkt stellt.
Die Konzeption des Modells hat hierzu verschiedene Rahmenbedingungen vorgesehen
wie z.B. die kooperativen Schulungen aller Fachkräfte, die Teilnahme der Leitungen an Ge-
sprächsrunden der Region Heilbronn-Franken sowie die verschiedenen Arbeitskreise, an
denen sich gleichermaßen Fach- und Leitungskräfte aus den Projekteinrichtungen und Ju-
Institut für Sozialpädagogische Forschung Mainz e.V.
20
gendämtern zur Instrumentenüberarbeitung bzw. Weiterentwicklung des QM-Modells beteili-
gen konnten.
Wir möchten nun jedoch speziell auf ein Element eingehen, wodurch ein Lernen der Or-
ganisationen ganz gezielt im Hinblick auf die Vorgabe bestimmter Strukturqualitätsmerkmale
unterstützt und befördert werden sollte, und zwar die Strukturqualitätsbegehungen.
Um jedoch in unserer Systematik zu bleiben, möchten wir zunächst die entsprechenden
Zielsetzungen des QM-Modells kurz benennen, bevor dann die Kernbefunde vorstellt wer-
den.
(1) Eine Zielsetzung besagt, dass das Element der Strukturqualitätsüberprüfung auf kollekti-ves Innovationslernen in der Region zielt und auf kommunizierten Lernprozessen in den Regionen basiert.
(2) Weiterhin sollen insbesondere über die Identifikation und Benennung von Entwicklungs-aufgaben Weiterentwicklungen von institutionellen Qualitätsmerkmalen angestoßen wer-den.
Als eine Besonderheit sei angemerkt, dass das QM-Modell zur Durchführung der Struk-
turqualitätsüberprüfungen im Vorfeld spezifische, auf dem SGB VIII basierende Qualitätskri-
terien und Standards von Strukturqualität formuliert hat, deren Überprüfung sich auch die
vier beteiligten Jugendämter in freiwilliger Selbstverpflichtung unterzogen haben. Vor diesem
Hintergrund der Zielsetzung des QM-Modells stellte sich daher für uns die untersuchungslei-
tende Frage, inwieweit es in der Modellphase durch die Strukturqualitätsüberprüfungen ge-
lungen ist, tatsächlich Lernprozesse in den Organisationen anzustoßen.
Zur Verständlichkeit sei an dieser Stelle noch eine Anmerkung zur Rolle und Aufgabe der
wissenschaftlichen Begleitung vorweg geschickt. Ingesamt wurden im Projektverlauf zwei
Strukturqualitätsüberprüfungen durchgeführt, die beide von uns evaluiert wurden. Unsere
Aufgabe bestand weiterhin darin, das Verfahren zu begleiten, in dem wir beispielsweise die
Moderation bei den Interviews oder in der Auswertungsrunde unterstützten, für die Ergebnis-
sicherung sorgten sowie bei der Weiterentwicklung des Verfahrens mitwirkten.
Die Ergebnisse der Begehungen wurden jeweils auf zwei Wegen ausgewertet und aufbe-
reitet: Zum einen wurden die Ergebnisse der Überprüfung zusammen mit den Handlungs-
empfehlungen und Entwicklungsaufgaben, die das jeweilige Visitationsteam formulierte, in
einem standardisierten Protokoll festgehalten und den Institutionen übergeben. Des weiteren
wurden die Ergebnisse der Strukturqualitätsüberprüfungen zu einem Benchmarking der be-
teiligten Einrichtungen und Jugendämter genutzt. Der Beitrag des Benchmarkings liegt vor
allem darin, zum einen einen systematisierten Überblick über die Strukturqualität im regiona-
len Zusammenschluss der Region Heilbronn-Franken zu liefern. Dieser erfolgte in anonymi-
sierter Form, so dass keine Rückschlüsse auf die einzelnen Institutionen möglich sind. Zum
anderen erhalten die Institutionen jeweils einen eigenen Auswertungsbericht, aus dem sie
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21
ihren Erfüllungsgrad der jeweiligen Strukturqualitätsmerkmale im Vergleich zu den anderen
Institutionen selbst vornehmen können. Beide Produkte wurden den Leitungen der Einrich-
tungen und Jugendämter als Ausgangspunkt für interne Qualitätsentwicklungsmaßnahmen
überlassen.
Kernbefunde
Im folgenden nun zu den Kernbefunden dieser Evaluationsdimension, die einen Einblick
in angestoßene Auswirkungen auf der strukturellen Ebene geben. Ein erster Kernbefund
hierzu lautet. Durch die Strukturqualitätsüberprüfungen wurden in einzelnen Organisationen
verschiedene Impulse zur Qualitätsentwicklung geliefert und konkrete Organisationsentwick-
lungsprozesse angestoßen.
Abbildung 7: Antwortverteilung auf die Frage „Haben Sie neue Impulse für Ihre Einrichtung / Ihr Jugendamt durch die Strukturqualitätsüberprüfung bekommen“ (Befragung zur Evaluation der Strukturqualitätsbegehungen)
Bestätigt wurde dieser Befund u.a. durch die Ergebnisse einer schriftlichen Befragung der
Teilnehmenden nach Abschluss der Begehungen. Sie geben Aufschluss darüber, dass bei
beiden Überprüfungsrunden ein gleich hoher Anteil von Teilnehmenden Anstöße und Impul-
se zur Qualitätsentwicklung für ihre Organisation erhalten haben. Dagegen hat nur ein gerin-
ger Anteil diese Frage vereint.
Wie nachhaltig die erhaltenen Impulse insbesondere der ersten Begehungsrunde gewe-
sen sind, zeigte sich dann bei der Einrichtungsvorstellung der zweiten Runde, die als Ein-
stieg genutzt wurde, um in Erfahrung zu bringen, wie die Anregungen und Empfehlungen
von den Leitungen aufgegriffen und in Organisationsentwicklungsprozesse zur Verbesserung
Haben Sie neue Impulse für Ihre Einrichtung / Ihr Jugendamt durch die Strukturqualitätsüberprüfung bekommen? (Angaben in Prozent)
62,0
13,9
24,1
64,9
35,1
0,0
10,0
20,0
30,0
40,0
50,0
60,0
70,0
ja nein keine Angabe
1. Runde 2. Runde
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22
der Strukturqualität in der jeweiligen Institution umgesetzt wurden. Verschiedene Weiterent-
wicklungen wurden benannt und entsprechende „Produkte“ vorgestellt, die in speziellen Ar-
beitsgruppen und Qualitätszirkeln in den Einrichtungen und Jugendämtern erarbeitet wurden.
Darüber hinaus lassen sich folgende zentrale Entwicklungsthemen für die Region festhal-
ten, die wir aus den Überprüfungsprotokollen zusammengefasst haben. Diese zielen auf ver-
schiedene Ebenen der internen Qualitätsentwicklung ab wie z.B.
• die Entwicklung und Überarbeitung von Konzeptionen für einzelne Leistungsangebote;
• die Aktualisierung von Aufgaben- und Stellenprofilen;
• das Schaffen von Klarheit und die Verschriftlichung verschiedener formaler Regelungen und Abläufe sowie ihre Multiplikation in die Teams;
• bezogen auf den Bereich der Personalentwicklung die Entwicklung von Einarbeitungs-konzepten für neue Mitarbeiter/innen oder auch die Durchführung regelmäßiger Mitarbei-tergespräche.
Schließlich geben auch die über offene Fragen erhaltenen Rückmeldungen der Bege-
hungsteilnehmer/innen Aufschluss über den Nutzen der Strukturqualitätsüberprüfungen, die
zusammen genommen dem Anspruch der Begehungen als „kollegiale Überprüfungen“
Rechnung tragen wie z.B.
• dass ganz grundsätzlich institutionsspezifische Entwicklungsthemen sehr schnell bei den Überprüfungen erkennbar werden;
• des weiteren wurde ebenfalls als wichtig erachtet, zu sehen, dass andere Institutionen an denselben Themen arbeiten;
• oder eben einmal von außen die Rückmeldung zu erhalten, dass „man auf einem guten Weg ist“;
• das heißt also ein qualifiziertes Feedback von außen zu erhalten;
• daneben wurde noch angemerkt, dass die Anregungen der Visitationsgruppe eine höhere Verbindlichkeit vermitteln, an bestimmten Standards arbeiten zu müssen bzw. als Leitung einer Organisation die Bearbeitung zu planen.
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass vor allem die gegenseitige Wertschätzung,
Respekt und Offenheit als eine grundlegende Voraussetzung und zugleich Wirkung der
Strukturqualitätsbegehungen herausgestellt werden kann. Dieses Element des QM-Modells
steht jedoch in einem Spannungsfeld zwischen Benchmarking und kollegialer Visitations-
form. Während das Benchmarking insofern ein adäquates Instrument darstellt, um den eige-
nen Qualitätsstand abzubilden und in Beziehung zu anderen zu setzen, stärken dagegen die
Begehungen den kollegialen Charakter des Modells und setzen auf Kommunikation und Ver-
stehen. Umso wichtiger ist es, dass die Region dieses Verfahren auch zukünftig gemeinsam
diskutiert und zusammen weiterentwickelt.
Institut für Sozialpädagogische Forschung Mainz e.V.
23
3.4 Zur Evaluationsdimension 4: Qualitätsentwicklung durch Kooperation freier
und öffentlicher Träger
Im folgenden möchten wir Ihnen nun eine weitere Evaluationsdimension vorstellen und
zwar die der Kooperation zwischen freien und öffentlichen Trägern der Jugendhilfe. Sie stel-
len zum einen die zentralen Akteure und zum anderen gleichzeitig die Handlungsebene zur
Ausgestaltung des QM-Modells dar, auf der sich die Qualitätsentwicklung im Bereich der
erzieherischen Hilfen in der Region vollzieht bzw. vollziehen soll.
Dabei geht das QM-Modell zunächst von vier Grundannahmen aus. In den ersten beiden
Zielsetzungen wird das Selbstverständnis der Kooperationsbeziehung zwischen den freien
und öffentlichen Jugendhilfeträgern in der Region Heilbronn-Franken konkretisiert. So besa-
gen beispielsweise die Zielsetzungen, dass die
(1) Jugendhilfe eine zwischen dem öffentlichen und freien Träger gemeinsam verantwortete Leistung ist, die auch gemeinsam den Leistungsberechtigten angeboten wird.
(2) Weiterhin stellen beide Institutionen die gemeinsame Verantwortung für einen gelingen-den Hilfeprozess in den Vordergrund.
Hinter diesen beiden Grundannahmen steht ein Dienstleistungsverständnis, das freie und
öffentliche Träger zu einem kooperativen Verhältnis verpflichtet. Dieses kooperative Verhält-
nis basiert zum einen auf der gemeinsamen Verantwortung für einen Hilfeverlauf von Pla-
nungsbeginn bis hin zum Ergebnis und verwirklicht sich zum anderen in der Abstimmung
ihrer unterschiedlichen, aber sich dennoch gegenseitig ergänzenden Aufgaben. Dahinter
steht folglich aber auch die Annahme, dass es einen kausalen Zusammenhang zwischen der
Qualität der Kooperation und dem Erfolg einer Hilfe geben muss.
In einer dritten Grundannahme hat sich die Region des weiteren dazu verpflichtet
(3) für eine konsequente Umsetzung des § 36 SGB VIII im Sinne einer qualitativen Verbes-serung der Planung von erzieherischen Hilfen einzutreten. Hierfür wird insbesondere auf eine intensive Kooperation von öffentlichen und freien Trägern der Jugendhilfe sowohl auf Einzelfallebene als auch auf Leitungsebene gesetzt.
Zur Einlösung dieser Grundannahme sieht das QM-Modell vor, dass die Leitungsebene
bereits bei der Entwicklung der Grundüberlegungen für das Qualitätsmanagement-Modell
beteiligt gewesen ist und weiterhin für eine gelingende Umsetzung in ihren Institutionen über
ihre Funktion Rechnung trägt. Für eine intensivere Zusammenarbeit auf der Ebene der
Fachkräfte bzw. des Einzelfalls wurden – wie bereits mit der ersten Evaluationsdimension
ausführlich dargestellt wurde – neben dem Instrument des Hilfeplangesprächs weitere In-
strumentarien zur gemeinsamen Überprüfung, Steuerung und Reflexion des Einzelfalls ent-
wickelt und in die Arbeitspraxis implementiert.
Schließlich wurde noch als generelle Zielsetzung bzw. Bedingung formuliert, dass
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24
(4) hierfür partnerschaftliche Zusammenarbeit und gegenseitiges Vertrauen in die Kompe-tenz der Partner unabdingbare Voraussetzung ist.
Für uns als wissenschaftliche Begleitung ergaben sich daraus vor allem zwei Fragestel-
lungen, die untersuchungsleitend gewesen sind: Inwieweit konnte diesen Zielsetzungen bis-
lang bei der Umsetzung des QM-Modells entsprochen werden und welche Auswirkungen
haben sich insgesamt auf die Zusammenarbeit sowohl im Einzelfall als auch bezogen auf
das Kooperationsverhältnis als solches ergeben?
Kernbefunde
Zur Beantwortung dieser Fragestellungen möchte wir nun folgende drei Kernbefunde an-
führen, die sich aus Ergebnissen verschiedener Erhebungen ableiten lassen und die ersten
Auswirkungen auf die Kooperation von freien und öffentlichen Trägern aufzeigen.
Als ein Kernbefund lässt sich hervorheben – und das wurde vor allem aus Sicht der Ein-
richtungen als ein positiver Effekt bewertet -, dass die Implementierung des QM-Modells zu
einer Klärung der Aufgaben und Zuständigkeiten zwischen öffentlichen und freien Trägern
der Jugendhilfe in der Region beigetragen hat.
Ein nächster Kernbefund trifft dann eine Aussage darüber, dass das Modell außerdem
strukturierte und systematisch angelegte Abstimmungsverfahren zwischen den beteiligten
Institutionen (Verbindlichkeit, Aufgabenklarheit, bedarfsorientierte Anpassung von Hilfen)
fördert.
Übersetzt heißt das also, dass sowohl die Systematik als auch die Instrumentarien des
QM-Modells auf der Seite der Kooperationspartner ermöglichen, dass beispielsweise über
die konsequente Dokumentation bestimmter Planungsvorgänge, Maßnahmenziele und Ar-
beitsaufträge eine Verbindlichkeit in der Zusammenarbeit hergestellt wird, die auf der Ebene
der Fachkräfte Handlungssicherheit verleiht. Dies hat auch zur Folge, dass zudem die Ziel-
setzung der gemeinsamen Verantwortungsverpflichtung für den Einzelfall – so wie sie in den
Grundannahmen des QM-Modells formuliert wurde - eine zusätzliche Absicherung erfährt.
Auf der Seite der Einzelfallarbeit wiederum eröffnet dies mehr Klarheit und Verbindlichkeit in
der Zusammenarbeit zwischen den Kooperationspartnern, außerdem dann auch die Mög-
lichkeit, eine bedarfsorientierte Anpassung von Hilfen vorzunehmen.
Die nachfolgende Abbildung veranschaulicht noch einmal die Aussagen der Kernbefunde
anhand von Evaluationsergebnissen, die ca. neun Monate nach Schulungsende in einer
schriftlichen Befragung in Jugendämtern und Einrichtungen erhoben wurden.
Institut für Sozialpädagogische Forschung Mainz e.V.
25
Abbildung 8: Auswirkungen des QM-Modells auf die Kooperation von Jugendamt und freien Trägern der Jugendhilfe (Befragung zur Umsetzung des QMF)
So hat sich zwar für 2/3 der Befragten in Bezug auf die Zuständigkeiten und Rollen von
freien und öffentlichen Trägern keine Veränderungen ergeben, jedoch hat immerhin 1/3
durchaus doch durch die Einführung des QM-Modells mehr Klarheit darüber erfahren. In die-
sem Zusammenhang merkten allerdings in den Interviews auch einige Einrichtungsmitarbei-
ter/innen an, dass dies zugleich auch eine Zunahme an Legitimationsverantwortung gegen-
über dem Jugendamt zur Folge gehabt hat, die nun für sie durch die über das QM-Modell
hergestellte Rollen- und Aufgabenklarheit bewusster geworden ist. Dies wird nicht allein als
Nachteil gewertet, sondern auch als ein Zuwachs an Professionalität, da darüber Selbstver-
gewisserung und Transparenz nach außen über das eigene fachliche Handeln und Tun her-
gestellt werden kann.
Ein ähnliches Ergebnis zeigt sich auch bei der Frage nach Auswirkungen bezogen auf die
Verständigung im Einzelfall, die für ein Drittel der Befragten einfacher geworden ist. Dies
lässt sich z.T. auf die standardisierten Verfahrensabläufe und Instrumente des QM-Modells
zurück führen und weist damit darauf hin, dass das QM-Modell durchaus Einfluss auf die
Kommunikation in der Zusammenarbeit nimmt.
Schließlich ist dem obersten Balken zu entnehmen, dass das gewachsene Verständnis
füreinander, und hier insbesondere in Bezug auf die Arbeitsbedingungen der jeweils anderen
Institution, mit rund 46% als prägnanteste Auswirkung auf die Kooperation durch das QM-
Auswirkungen des QMF auf die Kooperation von JA und freien Trägern der Jugendhilfe*
16,3%
22,8%
31,0%
34,1%
82,9%
75,6%
65,1%
63,6%
52,3%
0,8%
1,6%
3,9%
2,3%
1,5%46,2%
0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100%
Rückmeldung und Austausch überSchwierigkeiten in der
Zusammenarbeit erfolgen... (n = 129)
Der fallbezogeneInformationsaustausch erfolgt... (n =
127)
Bzgl. Zuständigkeiten und Rolle vonJA und freien Trägern im Hilfeprozess
besteht... (n = 129)
Verständigung (z.B. inHilfeplangesprächen) ist... (n = 129)
Gegenseitiges Verständnis für diejeweiligen Arbeitsbedingungen ist... (n
= 132)
häufiger
wie zuvor
wie zuvor
wie zuvor
wie zuvor
wie zuvor weniger häufig
schlechterbesser
einfacher schwerer
zufriedenstellender
weniger zufriedenstellend
mehr Klarheit
weniger Klarheit
* hier werden nur die Fälle berücksichtigt, die bereits Erziehungshilfefälle nach dem QMF bearbeitet haben (N = 144)
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Modell bei dieser Erhebung zu bezeichnen ist. Dieses Ergebnis ist - wie die Interviews ge-
zeigt haben – in erster Linie dem Beitrag der kooperativen Schulungen gezollt.
Die kooperativen Schulungen stellten somit gleichermaßen für Fachkräfte aus Einrichtun-
gen und Jugendämter ein zentraler Ort und Anlass von Auswirkungen für die Kooperation
dar, was sich anhand des nachfolgenden Kernbefundes zusammenfassen lässt:
Insbesondere die kooperativen Schulungen haben zu mehr Verständnis füreinander, ge-
genseitiger Wertschätzung sowie zum persönlichen Kennen lernen beigetragen und beför-
dern die Entwicklung einer gemeinsamen fachlichen Orientierung.
In diesem Zusammenhang sei an dieser Stelle aber auch angemerkt, dass weitere Berüh-
rungspunkte zum fachlichen Austausch auf Fachkräfteebene in Form von Schulungen, the-
menbezogenen Veranstaltungen etc. von einer großen Anzahl von Fachkräften bislang ver-
misst, aber gewünscht werden, sozusagen als „Orte der fachlichen Reflexion“, um die weite-
re Implementierung des QM-Modells in einem „dialogischen Prozess“ miteinander zu führen.
3.5 Zur Evaluationsdimension 5: Qualitätsentwicklung und die Beteiligung der
Adressat/innen der Hilfe
Abschließend möchten wir Ihnen noch unsere Kernbefunde zur Beteiligung der Adres-
sat/innen aufzeigen. Mit Blick auf die Adressat/innen der Hilfe, Eltern und junger Mensch,
zielt das QM-Modell auf eine höhere Beteiligung und auf eine verbesserte Transparenz im
Hilfeprozess. Darüber hinaus geht es auch um die Erbringung einer wirksameren und damit
für die Adressat/innen nützlicheren Hilfe.
Kernbefunde
Für die Adressat/innen wird das QM-Modell unmittelbar durch die Fragebögen an die El-
tern und jungen Menschen spürbar. Bei Anwendung dieser Fragebögen in den Einrichtungen
und Jugendämtern haben die Adressat/innen ein Rückmeldeinstrument, über das systema-
tisch ihre Zufriedenheit abgefragt wird und das auch zu einem offenen Feed back genutzt
werden kann
Wie bereits herausgestellt, hat sich die Individuelle Leistungsplanung in den Einrichtungen
als Partizipationsinstrument etabliert. Die Beteiligung der Eltern und jungen Menschen an der
Planung der konkreten Hilfegestaltung erfolgt entweder direkt über die gemeinsame Zielfor-
mulierung oder indirekt über die nachträgliche Offenlegung etwa im Rahmen eines Elternge-
spräches.
Die Auswirkungen, die die Fachkräfte mit Blick auf die Beteiligung der Adressat/innen
wahrnehmen, sind zum überwiegenden Teil mit der Anwendung der Individuellen Leistungs-
planung verbunden. Dies erklärt auch, warum von Einrichtungsseite positive Veränderungen
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wesentlich deutlicher wahrgenommen werden als von Jugendamtsseite. Gut die Hälfte der
Fachkräften des freien Trägers nehmen eine Weiterentwicklung bei verschiedenen Aspekten
von Beteiligung wahr.
Abbildung 9: Auswirkungen des QM-Modells auf die Beteiligung der Adressat/innen aus Sicht der Einrichtungsmitarbeiter/innen (Befragung zur Umsetzung des QMF)
Auch an dieser Stelle noch einmal ein Blick auf die Befragungsergebnisse. Wie man sieht,
reichen die positiven Veränderungen, die ca. die Hälfte der Einrichtungsmitarbeiter/innen
feststellen, von einer besseren Berücksichtigung der Sichtweisen, Wünsche und Bedürfnisse
der Betroffenen, über deren bessere Information und Beteiligung sowie Mitarbeit bis zu einer
bedarfsgerechteren Ausgestaltung der Hilfe.
Besonders deutlich zeichnet sich als Veränderung eine verbesserte Transparenz der Ziele
der Hilfe und ihrer Umsetzung für die Betroffenen ab. Nicht nur den Fachkräften, sondern
auch den Betroffenen sind die Ziele der Hilfe bewusster, was denn auch ähnliche Effekte wie
auf Seiten der Einrichtungsmitarbeiter/innen erwarten lässt (z.B. Steigerung der Motivation
und Zufriedenheit).
Die Ergebnisse der Auswertung der 247 Elternfragebögen gegen einen Einblick, inwieweit
die Eltern das Gefühl hatten, dass sie und ihre Kinder in den verschiedenen Phasen der Hilfe
beteiligt waren. Wir möchten Ihnen zwei Schaubilder zeigen, die die Antwortverteilung auf
die beiden Fragen aus der QMF-Elternbefragung abbilden „Wie zufrieden waren Sie mit ihrer
Beteiligung bei der Auswahl der Einrichtung“ und „Wie wurden ihre Interesse und Erwartun-
gen im Verlauf der Hilfe berücksichtigt“.
Auswirkungen des QM-Modells auf die Beteiligung der Adressat/innen aus Sicht der Einrichtungsmitarbeiter/innen (Befragung zur Umsetzung des QMF)
42,9%
47,8%
49,3%
50,7%
66,7%
57,1%
50,7%
50,7%
49,3%
33,3%
1,4%
0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100%
Sichtweisen, Wünsche und Bedürfnisse derBetroffenen werden... (n = 70)
Ausgestaltung des Hilfesettings erfolgt... (n= 69)
Mitarbeit an der Umsetzung derHilfeplanziele ist... (n = 67)
Information und Beteiligung der Betroffenenim Hilfeprozess erfolgt... (n = 71)
Ziele der Hilfe und Umsetzung sind für dieBetroffenen... (n = 72)
wie zuvor
wie zuvor
wie zuvor
wie zuvor
wie zuvorbesser berücksichtigt
gestiegen
bedarfsorientierter weniger bedarfsorientiert
intensiver
transparenter
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Abbildung 10: Antwortverteilung auf die Frage „Wie zufrieden waren Sie mit Ihrer Beteiligung bei der Auswahl der Einrichtung (Elternfragebogen zum Beginn der Hilfe)
Abbildung 11: Antwortverteilung auf die Frage „Wie wurden Ihre Interessen und Erwartungen be-rücksichtigt?“ (Elternfragebogen zum Verlauf der Hilfe)
Fragebogen zu Beginn der Hilfe Wie zufrieden waren Sie mit Ihrer Beteiligung bei der Auswahl der Einrichtung? (n = 112)
61,6%
28,6%
7,1%
0,9%
1,8%
0,0% 10,0% 20,0% 30,0% 40,0% 50,0% 60,0% 70,0%
sehr zufrieden
zufrieden
teils teils
eher nicht zufrieden
gar nicht zufrieden
Fragebogen zum Verlauf der Hilfe Wie wurden Ihre Interessen und Erwartungen berücksichtigt? (n = 109)
56,9%
34,9%
6,4%
0,9%
0,9%
0,0% 10,0% 20,0% 30,0% 40,0% 50,0% 60,0%
ausreichend
noch ausreichend
teilweise
wenig ausreichend
nicht ausreichend
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Ein Großteil der Eltern hatte das Gefühl, dass sie sich sehr gut bei der Hilfeentscheidung
und der Ausgestaltung der Hilfe einbringen konnten. Grundsätzlich lässt sich hieraus folgern,
dass die Partizipation der Eltern im Hilfeprozess gelingt und wohl auch das QM-Modell in
diese Richtung unterstützend wirkt. Jedoch lassen die Interviewaussagen der Jugendamts-
mitarbeiter/innen, die eine positive Veränderung der Beteiligung nur im geringen Maße fest-
stellen, erkennen, dass die Realisierung von Partizipation entscheidend auch von Faktoren
wie der professionellen Haltung, persönlichen Sympathien und Rahmenbedingungen ab-
hängt und demnach die Instrumente Beteiligung nur unterstützen nicht aber quasi technisch
herstellen können.
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Ausführlich dargelegt sind die Ergebnisse der Evaluation des „Kooperativen Qualitätsmana-
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Kügler, Nicolle; Rock, Kerstin: Gemeinsam Qualität in der Kinder- und Jugendhilfe entwi-
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