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Anaphylaxie – Handeln im Notfall WIRKUNG DER MEDIKAMENTE NACH AUFNAHME ANAPHYLAXIE WAS ANAPHYLAXIE ist eine akute, potenziell lebensbedrohliche, systemische Überempfindlichkeits- reaktion. Sie ist ein klinischer Notfall, dessen lebensbe- drohliche Symptome sich schnell in den Atemwegen oder dem kardiovaskulären System und oft, aber nicht immer, auch an der Haut oder den Schleimhäuten manifestieren. EPIDEMIOLOGIE Die Inzidenz der ANAPHYLAXIE in Europa ist bei 1.5 bis 7.9/100’000 Personenjahre. Während der letzten zwei Jahrzehnte wurde eine Zunahme der Anaphylaxie beobachtet. Die Prävalenz wird auf 0.3% geschätzt. Die Sterblich- keitsrate ist mit <0.001% tief. TRIGGER Eine ANAPHYLAXIE wird am häufigsten durch Nahrungsmittel, Medikamente oder Insektengifte (Biene, Wespe...) ausgelöst. Bei bis zu 20% sind die Auslöser jedoch nicht bekannt. 0 min 60 min BEMERKUNG: Diese Informationen, Empfeh- lungen und Diagramme sind Leitfäden für Praktiker. Sie beruhen auf der Leitlinie “Muraro A, et al (2014) Anaphylaxis: Guidelines from the European Academy of Allergy and Clinical Immunulogy. Allergy; 69:1026–1045” und auf Empfehlungen von Dr. C. Roduit, Prof. Dr. P. Schmid-Grendelmeier und Prof. Dr. R. Lauener. Dieses Merkblatt ist für Ärzte bestimmt. Es entbindet nicht von der ärztlichen Sorgfaltspflicht. MASTERING ALLERGIES – CHANGING PATIENTS’ LIVES © 2017 CK-CARE, Christine Kühne – Center for Allergy Research and Education ı [email protected] ı www.ck-care.ch DEFINITION DER ANAPHYLAXIE – DREI KLINISCHE MANIFESTATIONEN Folgende Symptome werden als charakteristische Kriterien für eine Anaphylaxie angesehen: Symptoms I Plötzliches Auftreten von Symptomen (innerhalb von Minuten bis Stunden) A. an der Haut, an den Schleimhäuten zusammen mit mindestens einem der folgenden: B. respiratorische Symptome C. Blutdruckabfall oder andere kardiovaskuläre Symptome A + B oder A + C oder A + B + C II An zwei oder mehr Organsystemen, plötzliches Auftreten nach Kontakt mit einem wahrscheinlichen Allergen (innerhalb von Minuten bis Stunden) A. Haut oder Schleimhäute B. Atemwege C. Kreislaufsystem (Blutdruckabfall, Kollaps) D. Gastrointestinaltrakt (persistierende Symptome) mind. A + B oder mind. A + C oder mind. A + D oder mind. B + C oder mind. B + D oder mind. C + D III Blutdruckabfall nach Kontakt mit einem für den betroffenen Patienten bekannten Allergen (innerhalb von Minuten bis Stunden) Kinder und Jugendliche: tiefer systolischer BD (altersabhängig) oder >30% Abfall des systolischen BD* Erwachsene: systolischer BD <90 mmHg oder >30% Abfall des persönlichen Basiswertes *Definition bei Kindern: <1 Jahr <70 mmHg; von 1 bis 10 Jahre <(70 mmHg + 2x Alter); >11 Jahre <90 mmHg 25 min 5 min 55 min SYMPTOME Die Symptome einer ANAPHYLAXIE treten innerhalb von Minuten bis zu 2 Stunden nach Allergenexposition auf. Biphasische Verläufe treten bei bis zu 20% normalerweise innerhalb 4 bis 12 Stunden auf. - Generalisierte Urtikaria - Pruritus/Juckreiz - Flush - Anschwellen von Gesicht, Lippen, Zunge (Angioödem) - Dyspnoe - Wheezing-Bronchospasmus - Stridor - Schluck-, Sprechbe- schwerden, Stimmverlust - Rhinorrhö - Tachykardie - Hypotension (Blutdruckabfall) - Schwäche - Schwindel - Synkope - Magenkrämpfe - Bauchkrämpfe - Erbrechen - Durchfall - Defäkation Kreislaufsystem (C) Atemwege (B) Haut/Gesicht (A) Gastrointestinal- trakt (D) kann nach 5 Minuten wiederholt werden, wenn keine Besserung Adrenalin Kortison H1-Antihistaminikum Asthmaspray/ Betamimetikum BEMERKUNG Akute allergische Reaktionen oder Warnsignal-Symptome, die im Moment noch nicht lebensbedrohlich sind, müssen sofort nach Kontakt mit einem für den betroffenen Patienten bekannten Allergen mit einem oralen Antihistaminikum (H1-Rezeptorenantagonisten) behandelt werden und/oder es muss unverzüglich ein schnellwirkendes Betamimetikum inhaliert werden (speziell bei Asthmapatienten). ANAPHYLAXIE-NOTFALLMANAGEMENT (ausserhalb des Spitals) Akuttherapie: Bei den ersten Anzeichen einer Anaphylaxie sofortige intramuskuläre Applikation von Adrenalin (mittels Adrenalin-Autoinjektor*, wenn vorhanden). *7.5 kg bis <25 kg: 0.15 mg / > _ 25 kg: 0.3 mg Lagerung des Patienten: flach hinlegen oder hinsetzen bei Atembeschwerden. Den Patienten nicht stehen oder gehen lassen. Ambulanz anfordern oder Patient in nächstgelegenes Spital bringen (die Reaktion kann sich verschlechtern oder wiederholen). Adrenalingabe wenn nötig wiederholen (nach 5 Minuten, falls die erste Gabe keine Besserung zeigt). Andere Therapien auf die Symptome bezogen (z.B. Sauerstoff, Volumengabe, H1-Antihistaminika, Betamimetika, Glukokortikoide). 1 2 3 4 + i.v. Anschluss Symptome

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Anaphylaxie – Handeln im Notfall

WIRKUNG DER MEDIKAMENTE NACH AUFNAHME

ANAPHYLAXIE

WAS ANAPHYLAXIE ist eine akute, potenziell lebensbedrohliche, systemische Überempfindlichkeits-reaktion. Sie ist ein klinischer Notfall, dessen lebensbe-drohliche Symptome sich schnell in den Atemwegen oder dem kardiovaskulären System und oft, aber nicht immer, auch an der Haut oder den Schleimhäuten manifestieren.

EPIDEMIOLOGIE Die Inzidenz der ANAPHYLAXIE in Europa ist bei 1.5 bis 7.9/100’000 Personenjahre. Während der letzten zwei Jahrzehnte wurde eine Zunahme der Anaphylaxie beobachtet. Die Prävalenz wird auf 0.3% geschätzt. Die Sterblich-keitsrate ist mit <0.001% tief.

TRIGGER Eine ANAPHYLAXIE wird am häufigsten durch Nahrungsmittel, Medikamente oder Insektengifte (Biene, Wespe...) ausgelöst. Bei bis zu 20% sind die Auslöser jedoch nicht bekannt.

0 min 60 min

BEMERKUNG: Diese Informationen, Empfeh-lungen und Diagramme sind Leitfäden für Praktiker. Sie beruhen auf der Leitlinie “Muraro A, et al (2014) Anaphylaxis: Guidelines from the European Academy of Allergy and Clinical Immunulogy. Allergy; 69:1026–1045” und auf Empfehlungen von Dr. C. Roduit, Prof. Dr. P. Schmid-Grendelmeier und Prof. Dr. R. Lauener.

Dieses Merkblatt ist für Ärzte bestimmt. Es entbindet nicht von der ärztlichen Sorgfaltspflicht.

MASTERING ALLERGIES – CHANGING PATIENTS’ LIVES© 2017 CK-CARE, Christine Kühne – Center for Allergy Research and Education ı [email protected] ı www.ck-care.ch

DEFINITION DER ANAPHYLAXIE – DREI KLINISCHE MANIFESTATIONEN Folgende Symptome werden als charakteristische Kriterien für eine Anaphylaxie angesehen:

SymptomsI Plötzliches Auftreten von Symptomen (innerhalb von Minuten bis Stunden)

A. an der Haut, an den Schleimhäuten zusammen mit mindestens einem der folgenden:B. respiratorische SymptomeC. Blutdruckabfall oder andere kardiovaskuläre Symptome

A + B oder

A + Coder

A + B + C

II An zwei oder mehr Organsystemen, plötzliches Auftreten nach Kontakt mit einem wahrscheinlichen Allergen

(innerhalb von Minuten bis Stunden)

A. Haut oder SchleimhäuteB. Atemwege C. Kreislaufsystem (Blutdruckabfall, Kollaps) D. Gastrointestinaltrakt (persistierende Symptome)

mind. A + B oder mind. A + C oder mind. A + D oder mind. B + C oder mind. B + D oder mind. C + D

III Blutdruckabfall nach Kontakt mit einem für den betroffenen Patienten bekannten Allergen

(innerhalb von Minuten bis Stunden)

– Kinder und Jugendliche: tiefer systolischer BD (altersabhängig) oder >30% Abfall des systolischen BD*– Erwachsene: systolischer BD <90 mmHg oder >30% Abfall des persönlichen Basiswertes

*Definition bei Kindern: <1 Jahr <70 mmHg; von 1 bis 10 Jahre <(70 mmHg + 2x Alter); >11 Jahre <90 mmHg

25 min5 min 55 min

SYMPTOME Die Symptome einer ANAPHYLAXIE treten innerhalb von Minuten bis zu 2 Stunden nach Allergenexposition auf. Biphasische Verläufe treten bei bis zu 20% normalerweise innerhalb 4 bis 12 Stunden auf.

- Generalisierte Urtikaria- Pruritus/Juckreiz- Flush- Anschwellen von

Gesicht, Lippen, Zunge (Angioödem)

- Dyspnoe- Wheezing-Bronchospasmus- Stridor- Schluck-, Sprechbe-

schwerden, Stimmverlust- Rhinorrhö

- Tachykardie- Hypotension

(Blutdruckabfall)- Schwäche- Schwindel- Synkope

- Magenkrämpfe- Bauchkrämpfe- Erbrechen- Durchfall- Defäkation

Kreislaufsystem (C)Atemwege (B)Haut/Gesicht (A) Gastrointestinal- trakt (D)

kann nach 5 Minuten wiederholt werden, wenn keine BesserungAdrenalin

Kortison

H1-Antihistaminikum

Asthmaspray/ Betamimetikum

BEMERKUNG Akute allergische Reaktionen oder Warnsignal-Symptome, die im Moment noch nicht lebensbedrohlich sind, müssen sofort nach Kontakt mit einem für den betroffenen Patienten bekannten Allergen mit einem oralen Antihistaminikum (H1-Rezeptorenantagonisten) behandelt werden und/oder es muss unverzüglich ein schnellwirkendes Betamimetikum inhaliert werden (speziell bei Asthmapatienten).

ANAPHYLAXIE-NOTFALLMANAGEMENT (ausserhalb des Spitals)

Akuttherapie: Bei den ersten Anzeichen einer Anaphylaxie sofortige intramuskuläre Applikation von Adrenalin (mittels Adrenalin-Autoinjektor*, wenn vorhanden).*7.5 kg bis <25 kg: 0.15 mg / >_ 25 kg: 0.3 mg

Lagerung des Patienten: flach hinlegen oder hinsetzen bei Atembeschwerden. Den Patienten nicht stehen oder gehen lassen.

Ambulanz anfordern oder Patient in nächstgelegenes Spital bringen (die Reaktion kann sich verschlechtern oder wiederholen).

Adrenalingabe wenn nötig wiederholen (nach 5 Minuten, falls die erste Gabe keine Besserung zeigt). Andere Therapien auf die Symptome bezogen (z.B. Sauerstoff, Volumengabe, H1-Antihistaminika, Betamimetika, Glukokortikoide).

1 2 3 4 + i.v. Anschluss

Symptome