68
12/2018 Die Fachzeitschrift für Anwältinnen und Anwälte AnwaltsPraxis Tillmann Krach: In großen Zusammen- hängen denken AnwaltsWissen Schwerpunkt: 550 Jahre Kammergericht AnwaltVerein DAV-Vorschlag zur BRAO-Reform: Ein großer Wurf RA-MICROv – die virtuelle Kanzlei-EDV. Die Zukunft der Kanzlei ist digital. Informieren Sie sich jetzt: www.ra-micro.de INFOLINE: 030 43598 801 Anzeige 12/2018 AnwaltsPraxis Anwaltsgeschichte AnwaltsWissen 550 Jahre Kammergericht AnwaltVerein BRAO-Reform

AnwBl 2018 12 Umschlag 1. - anwaltsblatt.anwaltverein.de · #anwaltstag2019 > 2Tage> 3Abende> 50Vorträge> 65FAO-Stunden> 70Aussteller> 200ReferentInnen> 2.000Teilnehmer EinTagsobuntwiedieAnwaltschaft

  • Upload
    others

  • View
    2

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

12/2018Die Fachzeitschriftfür Anwältinnenund Anwälte

•AnwaltsPraxis

Tillmann Krach:In großen Zusammen-hängen denken

•AnwaltsWissen

Schwerpunkt:550 JahreKammergericht

•AnwaltVerein

DAV-Vorschlag zurBRAO-Reform:Ein großer Wurf

RA-MICROv – dievirtuelle Kanzlei-EDV.

Die Zukunft derKanzlei ist digital.Informieren Sie sich jetzt:www.ra-micro.deINFOLINE: 030 43598 801

Anz

eige

12/2018Anw

altsPraxis

Anw

altsgeschichteAnw

altsWissen

550Jahre

Kam

mergericht

Anw

altVerein

BRAO-Reform

#anwaltstag2019www.anwaltstag.de

> 2 Tage > 3 Abende > 50 Vorträge > 65 FAO-Stunden > 70 Aussteller > 200 ReferentInnen > 2.000 Teilnehmer

Ein Tag so bunt wie die Anwaltschaft

D E U T S C H E R

ANWALTSTAG 2019

»Rechtsstaat leben«

15. – 17. Mai in Leipzig

Sichern Sie sich jetztden Frühbucherrabatt.

Das Kammergericht – urkundlich erstmals 1468 erwähnt –hat in diesem Jahr auf eine Geschichte von 550 Jahren zu-rückgeblickt. Aus einem höfischen Laiengericht hat sichüber die Jahrhunderte ein modernes Gericht entwickelt,das viele Aufgaben erfüllt. Letztlich ist das Kammergerichtaber in der Gegenwart nur ein Oberlandesgericht unterheute 24 Oberlandesgerichten in Deutschland. Warumsollte also die Geschichte des Kammergerichts ein Themafür uns Anwältinnen und Anwälte sein? Weil die Ge-schichte des Kammergerichts als ältestes heute noch arbei-tendes Gericht Deutschlands eine beispiellose Kulturleis-tung widerspiegelt: Sie zeigt nämlich prototypisch, wie sich– im Zusammenspiel mit der Entwicklung des materiellenRechts und der Prozessrechte – die richterliche Tätigkeit,die Juristenausbildung (mit dem am Kammergericht er-fundenen Vorbereitungsdienst) und die anwaltliche Tätig-keit professionalisiert haben. Teil dieser Entwicklung istauch der Kampf um die Freiheit der Advokatur, der im 18.und 19. Jahrhundert besonders in Preußen geführt werdenmusste, aber auch die Demokratisierung des Richterberufs.

Errungenschaft ist eine verlässliche Justiz mit einer funk-tionierenden Rechtsanwaltschaft und Staatsanwaltschaft –ohne die ein Rechtsstaat heutiger Prägung nicht denkbar wä-re. Das zeigen die vier Aufsätze in diesem Heft, die das An-waltsblatt aus der Jubiläumsschrift des Kammergerichts

nachdruckt (zwei da-von übrigens vonRechtsanwälten).Dass der Rechtsstaatkeine Selbstverständ-lichkeit ist, zeigt vorallem die Phase der„Deprofessionalisie-rung“ in der Nazi-Zeit. Die Aufarbei-tung dieser Zeit undder Kontinuitätennach 1945 gehört da-

bei ebenfalls zur Professionalität. Die Geschichte des Kam-mergerichts ist auch für die jüngste Justizgeschichte exem-plarisch: Die Teilung Deutschlands, die bundesrepublika-nischen Terroristenprozesse, die Wiedervereinigung (mit derAufarbeitung des DDR-Unrechts) und das Zusammenwach-sen von West und Ost können in Berlin im Brennglas be-obachtet werden.

Der Blick auf den Aspekt der Professionalisierung weistzudem in die Zukunft. Denn der Blick zeigt, dass das Kam-mergericht in fünf Jahrhunderten immer wieder auf denWandel im Recht und in der Gesellschaft reagiert hat – unddiese Herausforderung nicht geringer werden wird. Wir alsAnwältinnen und Anwälte können und wollen diese Zukunftdes Rechtsstaats aktiv mitgestalten. Die Geschichte des Kam-mergerichts zeigt uns, wo wir herkommen.

Editorial

Geschichte alsVergewisserung

Ulrich Schellenberg, BerlinRechtsanwalt und Notar,Präsident des Deutschen Anwaltvereins

Anwaltsblatt Jahrgang 68, 12 / 2018Im Auftrag des Deutschen Anwaltvereinsherausgegeben von der Rechtsanwältin undden Rechtsanwälten:Edith KindermannHerbert P. SchonsProf. Dr. Heinz Josef Willemsen

Redaktion:Dr. Nicolas Lührig(Leitung)Udo HenkeManfred AranowskiJessika KallenbachLisa Tramm

Porträt

Tillmann Krach: In großen ZusammenhängendenkenJochen Brenner, Hamburg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 646

Bücher

20 Jura-Klassiker fürs LebenProf. Dr. Benno Heussen, Berlin/München . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 650

Anwälte fragen nach Ethik

Die Ungleichheit wächstRechtsanwalt Prof. Niko Härting, Berlin. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 653

Gastkommentar

Familienanwälte, bitte melden!Dr. Ursula Knapp, Frankfurter Rundschau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 654

Kommentar

Abmahnungen sind unverzichtbarRechtsanwalt Prof. Niko Härting, Berlin. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 655

Wann ist ein Anwalt ein Anwalt?Rechtsanwalt Markus Hartung, Berlin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 658

Digital

Für die Ehre – für die Gesellschaft? Für BeidesJanine Ditscheid, Köln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 660

Nachrichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 654

Bericht aus Berlin/Brüssel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 656

•AnwaltsPraxis •AnwaltsWissen

642 AnwBl 12 / 2018

Rechtsgeschichte

Anwalt und Gericht im Zusammenspiel seit 1850Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Hanns Prütting, Köln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 662

Professionalisierung jenseits der ParagraphenProf. Dr. Reinhard Greger, Erlangen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 665

Vorbereitungsdienst: Ein Erfolgsmodellerobert DeutschlandRechtsanwalt Dr. Nicolas Lührig, Berlin. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 665

Die Kammerrichter und der Kampfgegen den KindsmordRechtsanwalt Dr. Fabian Schroth, Berlin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 666

Adolf Heilberg (1858–1936): Verehrt als Anwalt,vertrieben als Mensch – und vergessen?Dr. Roland B. Müller, Dresden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 667

„Palandt umbenennen“ – welche Alternativendie Initiative favorisiertJanwillem van de Loo, Hamburg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 667

Die Badische Revolution – und woran sie170 Jahre später mahntRechtsanwalt Prof. Dr. Ralph Landsittel, Mannheim . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 668

Pfälzische Rechtsanwälte im Vormärz undwährend der Revolution von 1848/49Prof. Dr. Wilhelm Kreutz, Mannheim . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 668

Soldan Institut: Wunschzettel der Anwaltschaft . . . . 670

Bücherschau: Anwaltsgeschichte/-soziologieProf. Dr. Matthias Kilian, Köln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 672

Haftpflichtfragen

beA – wer traut sich?Rechtsanwältin Antje Jungk, Allianz Versicherungs-AG, München . . . . . . . . . 674

Rechtsprechung

AnwaltsrechtEGMR: Kontrollbesuch, BGH: Berufsverbot, BGH: Datenschutzbeauftragterals Syndikus, BGH: Syndikus im öffentlichen Dienst; BGH: Kein Syndikus alsBerater Dritter, LSG Stuttgart: Versicherungspflicht, LG Würzburg: Anwalts-website, AnwG Berlin: Datenschutz, AnwG Berlin: Visitenkarten . . . . . . . . . . 677

AnwaltshaftungBGH: Mitternachtsfaxen, BGH: Vertretung bei Krankheit, BGH: Fristverlän-gerung, BGH: Berufungsmandat, BGH: Keine Entscheidung vor Fristablauf,LG Köln: Kein Vorausahnen der Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 681

AnwaltsvergütungBGH: Gewinnabschöpfungsklage und Prozessfinanzierer . . . . . . . . . . . . . . . 683

ProzessrechtBVerfG: Klageerzwingungsantrag, BGH: Ladungsfähige Anschrift . . . . . . . . 684

•AnwaltVerein

Alle Anwaltsblatt-Online-Fundstellen (AnwBl Online[Jahrgang], [Seite]) sind in der Anwaltsblatt-Datenbankunter anwaltsblatt.de oder als Direktlink als PDF unteranwaltsblatt.de/ao/[Jahrgang]-[Seite] abrufbar.Das Heft mit allen Online-Aufsätzen gibt es in derAnwaltsblatt-App (im AppStore, bei Google Play undunter www.anwaltsblatt.de/de/apps).

Jetzt bei uns erleben:

SpeechOne, das erste Headsetfür professionelles Diktieren undSpracherkennung von Philips.

ThomasWicklein berät Sie gerne:Telefon 09123/178-111

[email protected]

Die Herausforderungen für Rechts-anwältinnen und Rechtsanwälte im21. Jahrhundert sind: Reine Kopfsache!Eine Antwort auf diese Herausforde-rungen ist juristische Spracherkennungzur Dokumentenerstellung, die Siejetzt mit ungeahnten Freiheiten nutzenkönnen. Unser neues Headset PhilipsSpeechOne, entwickelt für die bestenKöpfe in Deutschlands Kanzleien.

Deutscher Anwaltverein

DAV-Diskussionsvorschlag: „Großer Wurf“ . . . . . . . . 690

Deutscher Anwaltverein

DAV-Expertenlunch: VW–Entscheidung . . . . . . . . . . . . . 691

DAV-Stellungnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 691

Hamburgischer Anwaltverein

Die Umbenennung eines Klassikers . . . . . . . . . . . . . . . . . 692

Landesverband Hessen

Wiederaufbau der Justiz nach 1945 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 693

Anwaltsverbandes Baden-Württemberg

„Den Rechtsstaat verteidigen“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 693

Anwälte und Globalisierung

AIJA-Kongress. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 694

Deutscher Anwaltverein

Der Fall Sami A. und die Lehren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 695

72. Deutscher Juristentag

Die Sechs Abteilungen des Juristentags . . . . . . . . . . . . . 696

AG Mietrecht und Immobilien

Traditionen werden fortgeführt. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 697

Editorial . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 641

Impressum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 697

Mitgliederversammlung/Personalien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 698

Stellenmarkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 699

Seminarkalender der Deutschen Anwaltakademie . . . . . . . . . 702

Mandantenfragebogen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 704

10 %Rabattaufalles*

(außer Fachanwaltslehrgänge und Fachlehrgänge Mediation)

*Wenn Sie bis zum 31.12.2018 ein Seminar für das Jahr 2019 buchen, erhalten Sie einen Frühbucher-Rabatt von 10 % auf diese Seminare – außer auf Fachanwaltslehrgänge undFachlehrgänge Mediation. Die Kombination dieses Rabattes mit anderen Rabattaktionen bzw. Gutscheinen ist nicht möglich. Der Rabatt kann weder bar ausgezahlt noch nach Ablauf desAktionszeitraumes nachträglich eingelöst werden. Ein einmal eingelöster Rabatt wird durch eine anschließende Stornierung des Seminars Ihrerseits nicht wieder hergestellt, sondernverfällt. Bitte verwenden Sie folgenden Rabatt-Code: SVZ2019

bis 31.12.2018

Rabatt-Code: S

VZ2019

DeutscheAnwaltAkademie GmbH • Littenstraße 11 • 10179 Berlin • Fon 030 726153-0 • Fax 030 726153-111 • [email protected] • www.anwaltakademie.de

AnwaltsPraxis

646 In großen Zusammenhängen denkenJochen Brenner, Hamburg

Anwaltsgeschichte muss nicht langweilig sein, da istsich Tillmann Krach sicher. Der Rechtsanwalt weiß:Die Anwaltschaft hat keine Zukunft, wenn sie sichihrer Wurzeln nicht bewusst ist.

650 20 Jura-Klassiker fürs LebenRechtsanwalt Prof. Dr. Benno Heussen, Berlin/München

Für das Lesen werben, das war der Anwaltsblatt-Redaktion 2018 wichtig. Benno Heussen stellt kurzund knapp 20 Jura-Klassiker vor, die Anwältinnenund Anwälte kennen sollten.

653 Die Ungleichheit wächst: GehaltsschereRechtsanwalt Prof. Niko Härting, Berlin

Die Gehaltsspirale in den Großkanzleien dreht sich,andere Berufsanfänger starten oft mit sehr bescheide-nen Gehältern in Kanzleien. Ist das ein ökonomischesPhänomen – oder auch ein Ethik-Problem?

An

waltsP

raxis

Der Rechtsanwalt Tillmann Krach aus Mainz ist aus Überzeugunggenauso Strafverteidiger wie Opferanwalt.

In großen Zusam-menhängen denkenTillmann Krach: „Wir müssen uns mit Geschichte beschäftigen, um das Selbstverständnis des Anwaltsberufszu untermauern und zu fördern.“Jochen Brenner, Hamburg

In der Karriere des Mainzer Schadensrechtsexperten Tillmann Krach hat die Lei-denschaft für die Geschichte des Anwaltsberufs im Lauf der Jahre immer mehrRaum eingenommen. Heute setzt sich der Rechtsanwalt für mehr historisches Be-wusstsein in der Juristenausbildung ein – zugunsten einer „starken Identität desBerufsstands“.Die Sprache verrät den Menschen, da ist Tillmann Krach keine Ausnahme. Er sitztin seiner Kanzlei im Mainzer Vorort Gonsenheim, blickt beim Reden immer wiederhinaus auf das Herbstlaub in seinem Garten, nippt vorsichtig am Wasserglas underzählt, wie sehr ihn die Entwicklung des Rechtsanwaltsberufs seit dem 19. Jahr-hundert fasziniert. „Wenn man das mal im großen Zusammenhang sieht“, sagtKrach dann immer öfter und nimmt den Zuhörer mit auf einen Exkurs durch dieGeschichte des Anwaltsberufs. Preußen, Kaiserreich, Nationalsozialismus, die Zeitnach dem Zweiten Weltkrieg: alles hängt zusammen, so lässt sich das Credo desRechtsanwalts zusammenfassen, oder anders gesagt: Wenn wir Anwälte nicht wis-sen, woher wir kommen, wie sollen wir dann verstehen, was uns bevorsteht?

Er mag diese Vereinfachung eigentlich nicht so sehr. Der Blick zurück als Lehrefür morgen – ein bisschen viel Kalenderspruchweisheit steckt ihm darin, aber imKern stimmt der Satz. „Die Erinnerung an die Geschichte der anwaltlichen Berufs-ausübung, des Berufsstands und an einzelne Anwaltspersönlichkeiten ist darüberhinaus Bildungsförderung, indem sie ein historisches Bewusstsein schafft, zurIdentifikation anregt, zum besseren Verständnis der Gegenwart beiträgt und imWege der Erkenntnis von Erfolg einerseits, Scheitern und Versagen andererseitshilft, das zukünftige Berufsbild zu gestalten.“ So steht es in Paragraph zwei derVereinssatzung des Forums Anwaltsgeschichte und so wird aus dem Kalender-spruch doch noch ein differenziertes Bekenntnis zur Geschichtswissenschaft. Seitvielen Jahren ist Tillmann Krach Vorsitzender dieses Forums Anwaltsgeschichte,und je länger er sich mit der Entwicklung seines Berufs über die Jahrhunderte be-schäftigt, desto stärker drängt sich die Frage auf, wer er inzwischen eigentlich ist:Jurist mit einem Faible für die Vergangenheit oder Geschichtsbessessener, der mitder Juristerei sein Geld verdient?

Krachs Metamorphose beginnt mit demWunsch nach dem Neuen. Er bringt dasStudium in seiner Heimatstadt Mainz zu Ende und zieht Mitte der Achtziger nachBerlin zum Referendariat. Er tut, was dabei von ihm verlangt wird, aber seine Lei-denschaft wird der Blick zurück, das Verstehenwollen, wieso die Welt so wurde, wiesie ist. Es ist nicht so, dass ihn Geschichte nicht schon als Schüler interessiert hätte,aber Berlin wirkt wie ein Katalysator. „Die Stadt ist lebendige Geschichte, man kannihr gar nicht entgehen“, sagt Krach heute über diese Jahre. Er kann an einem Tagvor Ort besichtigen, was er am Tag zuvor in den Archiven der Stadt gelesen hat. Undso beendet Krach dann ohne Absicht einen Satz in seinen Erzählungen nicht, dererklärt, wieso Berlin für den jungen Juristen die Weichen für sein weiteres Berufs-leben stellt. „Wenn man da einmal mit anfängt“, sagt Krach nur und hält fragend

Porträt

AnwBl 12 / 2018 647

Wenn wir Anwälte nicht wissen, woher wir kommen, wiesollen wir dann verstehen, was uns bevorsteht? TillmannKrach ist seit vielen Jahren Vorsitzender des Forums An-waltsgeschichte.

inne. Und der Zuhörer ergänzt im Stillen: „Dann kann man damit nicht mehr auf-hören.“

Zunächst faszinieren Krach die jüdischen Strafverteidiger in der Weimarer Re-publik. „Warum war ihr Anteil in der Anwaltschaft so groß, wie haben sie den An-tisemitismus erlebt, den es schon in der Weimarer Zeit gab, und was bedeutete dasfür sie, plötzlich als Nichtarier diskriminiert zu werden?“ Krach taucht ab in Aktenund Archivmaterial des Staatsarchivs Preußischer Kulturbesitz und vor seinem in-neren Auge werden die Personen wieder lebendig, die den Berufsstand des Anwaltsvor rund hundert Jahren prägten. „Da gab es Juristen wie Max Alsberg“, erzähltKrach, „eine schillernde Person des Berliner Lebens“. Alsberg vertrat in aufsehen-erregenden Prozessen unter anderem den letzten deutschen Kaiser, Wirtschafts-kapitäne und sogar rechtsgerichtete Politiker. Er veröffentlichte vielbeachtete wis-senschaftliche Aufsätze, lehrte als Professor an der Universität und schrieb Thea-terstücke, die verfilmt wurden. „Und dann zerstörten die Nazis alles, was er hatte“,erzählt Krach, der Alsberg später porträtierte. „Er erlitt im Schweizer Exil einen Zu-sammenbruch und beging im September 1933 Suizid.“

Krach beginnt schon während des Referendariats eine Promotion mit – wenigüberraschend – historischer Ausrichtung. Sein Thema: „Jüdische Rechtsanwälte inPreußen. Über die Bedeutung der freien Advokatur und ihre Zerstörung durch denNationalsozialismus.“ Nach dem Ende des Referendariats bleibt Krach noch zweiweitere Jahre in Berlin, in denen er sich ausschließlich um seine Doktorarbeitkümmert. „Die Archivarbeit hat mir sehr gefallen, das Studieren alter Akten faszi-niert mich bis heute“, sagt Krach, der damals – durchaus geschichtsträchtig – in derNeuköllner Sonnenallee eine Wohnung bezogen hat.

Auch wenn er sie heute mit einer wegwerfenden Handbewegung abtut: Natür-lich spielt er mit der Idee, das historische Interesse zum Beruf zu machen. Warumnicht an der Universität weiter über den Rechtsanwalt und seine Geschichte for-schen? Doch Krach lehnt ab. Und wird selbst einer von denen, über deren Berufs-wege er so viel recherchiert. Nach einer kurzen Episode in einer kleinen Kanzleiwird er der dritte Mann in der Sozietät seines Vaters in Mainz. „Mit meinem Eintrittfing mein Vater an, sich aus der Kanzlei zurückzuziehen.“ Krach junior hat da imVerkehrsrecht zwar schon erste Erfahrungen gesammelt, nun wird es zu seinemSchwerpunkt. 2011 geht auch der einstige Partner seines Vaters in den Ruhestand,seither führt Krach die Geschäfte alleine. Seine Mandate stammen aus dem Haf-tungs- und Schadensersatzrecht, dem Versicherungsrecht, dem Ordnungswidrig-keiten- und Strafrecht bei Verkehrsdelikten. „Die Spezialisierung ist heute mehrdenn je überlebenswichtig“, sagt Krach. „Ich bin immer noch der Meinung, dass derEinzelanwalt ein gutes Berufsziel ist, solange man ein gutes inhaltliches Konzeptdafür hat.“

Tillmann Krach hat das – und er reichert es an mit dem Selbstbewusstsein, seineFähigkeiten und Überzeugungen mit ungewöhnlicher Offenheit zu bewerben.Mandanten suchen eine größere Sozietät? „Meine Kanzlei in Mainz bietet eine Al-ternative sowohl zu Allgemeinanwälten als auch zu den Großkanzleien mit zahlrei-chen spezialisierten – aber dafür oft wechselnden – Kollegen und Kolleginnen.“Braucht er nicht Partner? „Ich lasse mich zwar gerne empfehlen, bin aber weder ei-ner Werkstatt oder einer Mietwagenfirma noch einem Gutachter, sondern aus-schließlich den Interessen meiner Mandantschaft verpflichtet“. Wessen Perspektivevertritt er lieber? „Zu meiner Auffassung echten Spezialistentums gehört es, dassich meine Mandate nicht danach auswähle, ob es sich um Täter oder Opfer handelt,sondern allein unter dem Gesichtspunkt, ob ich juristisch helfen kann oder nicht.Ich bin aus Überzeugung genauso Strafverteidiger wie Opferanwalt.“

Keiner von Krachs Mandanten kann sagen, er wüsste nicht, woran er bei ihm ist.Sein Berufsverständnis als Rechtsanwalt strahlt einen selbstverständlichen Stolzaus, der im Hintergrund auch immer die Bedeutung der Anwaltschaft für denRechtsstaat mitschwingen lässt – ohne permanent darauf zu verweisen. Und genauin diesem Punkt vereinigen sich die beiden Personen, zu denen Krach längst ge-worden ist, der Anwalts-Historiker und der Anwalt selbst. Als Wissenschaftler ana-lysiert sich Krach historisch quasi selbst, seine Rolle im Rechtsstaat, seine Befug-nisse, Aufgaben, Pflichten. Und nur deswegen kann er den Beruf so glaubwürdigals eine Art Leuchtfeuer des Rechtsstaats beschreiben, an dessen Helligkeit sicheine Demokratie messen lassen muss: weil er weiß, welchen langen Weg der Be-rufsstand in den vergangenen zwei Jahrhunderten zurückgelegt hat. „Die Anwalt-schaft hat guten Grund, sich mit ihrer Geschichte zu beschäftigen“, sagt Krach,

Porträt

648 AnwBl 12 / 2018

Lebenslauf

• Geboren 1960 in Mainz, dort auch Be-such des altsprachlichen Gymnasiums,anschließend Jurastudium in Mainz undDijon, Interessenschwerpunkte Straf-(pro-zeß-)recht, Verfassungsgeschichte,Staatslehre.

• Nach dem 1. Staatsexamen und kurzemAufenthalt an der London School of Eco-nomics Referendarzeit in Berlin und Ware-ham (Südengland), in dieser Zeit auch ers-te Beschäftigung mit Anwalts- und Advo-katurgeschichte.• 1990 folgte die Anwaltszulassung unddie Promotion bei Prof. Justus Krümpel-mann, Mainz, mit einer von der Lang-Hin-richsen-Stiftung geförderten Arbeit zumThema „Jüdische Rechtsanwälte in Preu-ßen – Über die Bedeutung der freien Ad-vokatur und ihre Zerstörung durch denNationalsozialismus“ (Verlag C.H. Beck1991), ausgezeichnet mit dem FraenkelPrize in Contemporary History.• Seit 1992 bei der Kanzlei Krach & Krü-ger, einer auf Haftungs- und Versiche-rungsrecht spezialisierten Sozietät inMainz tätig. Seitdem zahlreiche Aufsätzeund Rezensionen mit meist ähnlicher The-matik, Bearbeiter und Mitherausgeber der2003 erschienenen Lebenserinnerungendes Mainzer Rechtsanwalts Paul Simon,zusammen mit Reinhard Weber Bearbeiterder im November vorgestellten Lebens-erinnerungen Max Friedlaenders.• Seit 2002 Vorsitzender des Vereins„Forum Anwaltsgeschichte“.

Einzelanwalt ist nach wie vor ein gutes Berufsziel, solan-ge man ein gutes inhaltliches Konzept dafür hat. Davonist Tillmann Krach überzeugt.

AnwBl 12 / 2018 649

„man braucht so etwas wie ein kollektives Gedächtnis, ein Gespür dafür, was füreine Identität der Berufsstand hat, wie er sich entwickelt hat, woher er kommt.“

Vor diesem Hintergrund muss man Krachs Sorge sehen, die Anwaltschaft kön-ne den Blick für ihre Gemeinsamkeiten verlieren – und zwar schon in der Ausbil-dung. „Ich befürworte ja eine berufsbezogene und effiziente Ausbildung, aber ohnedie Grundlagenfächer wie Geschichte geht es eben nicht“, sagt Krach. „Der Blickzurück ist nicht ‚nice to have‘, sondern Bedingung“. Es sei nun mal eine zivilisato-rische Leistung, den Anwalt mit den Privilegien auszustatten, die der Rechtsstaatihm einräumt, die Freiheit der Advokatur im 19. Jahrhundert mühsam – und nichtohne Gegenwind aus den eigenen Reihen – von der Anwaltschaft errungen worden.„Wir müssen uns dauerhaft mit Geschichte beschäftigen, um das Selbstverständnisdes Anwaltsberufs zu untermauern und zu fördern.“

Genau diese Aufgabe verfolgt Krach mit dem Forum Anwaltsgeschichte. DerVerein hat eine überschaubare Zahl von Mitgliedern, es gelingt ihm aber immerwieder, im Gespräch zu bleiben und Impulse zu setzen, etwa auf dem DeutschenAnwaltstag, auf dem in Ausstellungen immer die Geschichte der lokalen Anwalt-schaft beleuchtet wird. In einem zweimonatlich erscheinenden Rundschreiben fasstKrach zudem den aktuellen Forschungsstand anhand von Literaturlisten zusammen– und informiert über die Vereinsarbeit. So wurde 2018 dem Journalisten und ehe-maligen Sprecher der Stasi-Unterlagen-Behörde, Christian Booß, der „Forums-preis“ für sein jüngstes Buch über DDR-Anwälte verliehen („Im goldenen Käfig.Zwischen SED, Staatssicherheit, Justizministerium und Mandant – die DDR-An-wälte im politischen Prozess“.)

Wenn dann – wieder einmal – Geschichtsinteressierte in einem Raum desrheinland-pfälzischen Justizministeriums zusammenkommen, um den Preisträgerin einer offiziellen Feierstunde zu würdigen, dann fügt Tillmann Krach seiner in-zwischen Lebenswerk gewordenen Idee einen weiteren Mosaikstein hinzu, demAnwaltsberuf im Lauf der Zeit die Beachtung zukommen zu lassen, die er verdient.

Es gibt ein Zitat des jüdischen Juristen Adolf Weißler, mit dem Krach die Arbeitdes Forums Anwaltsgeschichte charakterisiert – und das, gewollt oder nicht, längstauch ein Selbstporträt geworden ist: „Sich in die Vergangenheit zu versenken magpersönliche Liebhaberei sein. Aber mit der Geschichte das Wesen unseres Berufs zuerforschen, aus ihr die richtige Grundauffassung zu gewinnen, die unser Handelntäglich und stündlich bestimmt, das ist ein Aufgabe, deren Größe auch der nichtverkennen kann, der nicht gern die Staubluft des Altertums atmet.“ Dem hat Krachnichts hinzuzufügen.

Als Rechtsgeschichtler analysiert sich der RechtsanwaltTillmann Krach historisch quasi selbst, seine Rolle imRechtsstaat, seine Befugnisse, Aufgaben, Pflichten. Undnur deswegen kann er den Beruf so glaubwürdig als eineArt Leuchtfeuer des Rechtsstaats beschreiben, an des-sen Helligkeit sich eine Demokratie messen lassen muss.

Jochen Brennerist freier Journalist inHamburg und schreibtregelmäßig für Anwalts-blatt und AnwaltsblattKarriere.

Leserreaktionen [email protected].

Bücher

AnwBl 12 / 2018650

Es gibt Bücher, die Anwälte ihrLeben lang, auch außerhalb derFachgebiete, mit denen sie sichbeschäftigen, begleiten – wasnicht unbedingt bedeutet, dassman sie auch im Detail gelesenhat. Aber wir wissen: Es sindentscheidende Bücher. Ich stel-le Ihnen hier eine persönlicheAuswahl vor. Manche der Bü-cher sind nur noch antiquarischzu haben – aber ich würde sienicht erwähnen, wenn ihr Inhaltnicht nach wie vor sehr aktuellwäre. Und als Zugabe nochSpannendes und Unterhaltsa-mes zu Weihnachten.

Ausführliche Besprechungen derWerke finden sie auf anwaltsblatt.de

1 Egon Schneider/FriedrichSchnapp: Logik für JuristenOhne die Logik gibt es kein Recht:Es ist eines der vielen sozialenSysteme, die dem Chaos derWirklichkeit Struktur verleihenund dazu muss es logischereStrukturen haben als die Realität.

2 Fabian Steinhauer:Gerechtigkeit als ZufallAber die Logik ist im Rechtnicht alles. Normen und die Ent-scheidungen über ihre Anwendungsind kommunikative Prozesse, indenen die Rhetorik eine zentraleBedeutung hat.

3 Hans Kelsen:Was ist Gerechtigkeit?„Was ist Gerechtigkeit? Nun,an ihrem Ende, bin ich mir wohlbewusst, diese Frage nicht beant-wortet zu haben“. Auf nur fünfzigSeiten können wir den Weg desabendländischen Denkens bis zudieser Antwort verfolgen.

4 Bernd Rüthers: Das Unge-rechte an der GerechtigkeitDer Weg zur Gerechtigkeit ist mitUngerechtigkeiten gepflastert.Gerechtigkeit ist eine sozialeKonstruktion, die uns in einemRechtsstaat nicht selten gelingt,auch wenn der abstrakte Begriffuns selbst dunkel bleibt.

9 Uwe Wesel: Frühformen desRechts in vorstaatlichenGesellschaftenRegeln und Rituale der Konflikt-bereinigung bevor sie sich zuNormen verdichten oder gar mitder Staatsgewalt verbinden. DasBuch lehrt Bescheidenheit.

10 Ulrich Manthe (Herausgeber):Die Rechtskulturen der AntikeDie Römer haben später denindividuellen Menschen als Trägereines „Anspruchs“ entdeckt, aberdas sind schon moderne undsehr komplexe Differenzierungen.Die Statik des Rechts hingegenist schon in den frühestenSystemen erkannbar.

11 Deutscher Anwaltverein(Herausgeber): Anwälte undihre Geschichte„Dieses Buch gehört auf denTisch eines jeden Anwalts“. Indiesem Fall kann man aber nunwirklich nichts anderes sagen.

12 Ute Gerhard: Frauen in derGeschichte des RechtsWir können nicht leugnen, dassFrauen erst seit relativ kurzerZeit Zugang zu den klassischenjuristischen Berufen haben.Aber Rechtsprobleme habensie nicht weniger aufgeworfenals Männer und Kinder.

G R U N D L A G E N D E S R E C H T S

G E S C H I C H T E C A R T O O N S

CH

ER

RA

NW

ÄLT

EU

ND

AN

LTIN

NE

N

20 Honoré Daumier: Die Juristen 2019The New Yorker Book of Lawyer Cartoonskunstundjustiz.deAuch Karikatur ist Kunst, wenn sie Idee, Form undBedeutung in kreativer Weise miteinander verknüpft.

20 Jura-Klassiker fürs LebenProf. Dr. Benno Heussen, Berlin/München

AnwBl 12 / 2018 651

13 Dietrich Dörner:Die Logik desMisslingensÜber das Miss-lingen der Logikerfahren wir An-wälte jeden Tagetwas Neues. Hiernun können wirnachlesen, warumdas so ist. Indie soziologisch/psychologischeBegrifflichkeitmüssen wir unserst einlesen, aberder Erkenntnisge-winn ist gewaltig.

14 Gerd Gigerenzer:BauchentscheidungenIst es nicht von unschätzba-rem Wert zu wissen, dassRichter vor der Mittagspausehärter urteilen als danach,wenn sie satt sind?

15 Robert Sapolsky:Gewalt und MitgefühlAuf dem Kampffeld derFremdenfeindlichkeit streitenMoral, Mitgefühl, ökonomi-sche Überlegungen,Nationalstolz und unsereunglückliche Vergangenheitheftig miteinander. Uns solltenunsere intellektuellenFähigkeiten vor instinktivenReaktionen bewahren.

16 Fredmund Malik:Führen, leisten, lebenFasziniert hat mich das kleineWort „leben“, denn in unzähli-gen Büchern der Management-literatur findet sich der Gedankenur äußerst selten, dass manleben muss, um etwas leistenzu können.

17 Petra Morsbach:JustizpalastViele Juristen werden sich indiesem Buch wiedererkennen,die Anwälte kommen allerdingsetwas zu kurz. In jahrelangerArbeit hat die Autorin die Weltder Justiz erkundet und zueinem Roman verdichtet.

18 Lincoln Caplan: Skadden– Power, Money and theRise of a Legal EmpireDieses Buch ist ein Unikat.Weltweit ist das die einzige„Biografie“ eines Anwalts-unternehmens. Es ist wirk-lich spannend geschrieben(Pulitzer Preis!)

19 Wolfgang Pleister/Wolfgang Schild:Recht und Gerechtigkeitim Spiegel der euro-päischen KunstWie selten haben Juristendie Möglichkeit, sich selbstnicht nur im Spiegel theoreti-scher Texte sondern auchder Kunst zu betrachten.

5 Wolfgang Fikentscher:Modes of Thought (englisch)Wer sich fragt, wo die Grenze zwi-schen Moral und Recht verläuft,wer über die Einbettung desRechts in die anderen sozialenSysteme nachdenkt, wird ent-decken, dass wir die meistenKonflikte außerhalb des Rechtslösen und das Spezialwissen derJuristen sich nur auf die Welt derRechtsnormen erstreckt.

6 Paul Tiedemann: Menschen-würde als RechtsbegriffIn der politischen Diskussiongeht man ganz selbstverständlichdavon aus, dass Menschenrechteund Menschenwürde Begriffe sind,die unabhängig von kulturellenSystemen einheitlich zu interpretie-ren sind. Warum es nicht so seinkönnte, erklärt Paul Tiedemann.

7 Rainer Maria Kiesow:Das Alphabet des RechtsDie Perspektive der Philo-sophie, der Geschichte undder Politik, aber auch diePsychologie (die Welt derGefühle!), die Weisheitendes Alltags, die Literaturund zahllose andere Aspektebelegen die unendlichenÜberschneidungen, die dasRecht mit dem sozialen undkulturellen Leben hat.

8 Niccolò Machiavelli:Der FürstNach meiner Erfahrung tretenunsere Mandanten auf wiefrüher die Fürsten und zwarauch dann, wenn sie Arbeits-losengeld verlangen.

G R U N D L A G E N D E S R E C H T S

P S Y C H O L O G I E S P A N N E N D & L E H R R E I C H

beA-DIREKT

nur

/MONAT

19,–

beADirekt

Kanzlei

Server

eEB

eEB

So einfach kann beA sein

beA Nachrichten lesen –wie jede andere E-Mail auch

Mit unserem Service beA-Direkt erhalten Sie eine Schnittstelle zum automatischenAbruf Ihrer beA-Nachrichten. Für nur 19,– € /Monat zzgl. MwSt.:

• Leiten Sie beA-Nachrichten in IhrenE-Mail-Posteingang, in einen Ordnerauf Ihrem Kanzlei-Server oder aneinen Drucker in Ihrer Kanzlei

• Sind Sie unabhängig vonjeder Kanzleisoftware

• Versenden Sie jetzt auchschnell und einfach elektronischeEmpfangsbekenntnisse (eEBs)

soldan.de/bea

Ein Mitglied aus dem DAV-AusschussAnwaltsethik und Anwaltskultur gibtseine ganz persönliche Antwort.

Wenn Sie es anders sehen:Schreiben Sie dem Ausschuss([email protected]).

Antworten werden im Anwaltsblattveröffentlicht.

DDAAVV--AAuusssscchhuussss AAnnwwaallttsseetthhiikk uunnddAAnnwwaallttsskkuullttuurr

Der DAV hat einen Ausschuss Anwaltsethikund Anwaltskultur. Dieser Ausschuss willeine Diskussion darüber führen und aus-lösen, ob die anwaltliche Tätigkeit auchethischen Maßstäben unterliegt, und wennja, welchen. Der Vorstand des DAV hatbeschlossen, keinen Ethikkodex zu formu-lieren. Einmal fehlt hierfür die Legitimation.Zum anderen läuft ein solcher KodexGefahr, beschlossen und vergessen zuwerden. Eine beständige Diskussion umethische Fragen vermag das Problem-bewusstsein mehr zu prägen und zuschärfen. Die Rubrik gibt es seit 2012 imAnwaltsblatt, seit 2017 antwortenAusschussmitglieder.Es sind jeweils ihre persönlichen Antworten,keine Stellungnahmen des gesamtenAusschusses oder des DAV.

DDeemm DDAAVV--AAuusssscchhuussss AAnnwwaallttsseetthhiikk uunndd AAnnwwaallttsskkuullttuurrggeehhöörreenn ddiiee RReecchhttssaannwwäällttiinnnneenn uunndd RReecchhttssaannwwäälltteeaann:: DDrr.. JJöörrgg MMeeiisstteerr ((VVoorrssiittzzeennddeerr)),, DDrr.. JJooaacchhiimm FFrrhhrr..vvoonn FFaallkkeennhhaauusseenn,, PPrrooff.. NNiikkoo HHäärrttiinngg,, MMaarrkkuussHHaarrttuunngg,, PPeettrraa HHeeiinniicckkee,, HHaarrttmmuutt KKiillggeerr,, IInnggeebboorrggRRaakkeettee--DDoommbbeekk ((aauucchh NNoottaarriinn)),, EEgghhaarrdd TTeeiicchhmmaannnn((aauucchh NNoottaarr)) uunndd SSiillkkee WWaatteerrsscchheekk..

Die Ungleichheit wächstDie Gehaltsschere bei angestellten Berufsanfängern inder Anwaltschaft

Die Gehaltsspirale in den Großkanzleien dreht sich immer schneller. SechsstelligeEinstiegsgehälter sind zum Normalfall geworden. Berufsanfänger, denen das Glückguter Noten nicht beschieden war, müssen sich dagegen oft mit sehr bescheidenenGehältern begnügen. Die Schere öffnet sich immer weiter.

Anwälte fragen nach Ethik

Ist die Gehaltsschereein Ethikthema?

Für Berufsanfänger sind die Aussichten derzeit vergleichsweise rosig. Inweiten Teilen der Republik herrscht Vollbeschäftigung. Arbeitslose Anwäl-tinnen und Anwälte sind eine Rarität.

In weiten Teilen ist der Anwaltsmarkt zu einem „Bewerbermarkt“ ge-worden. Große Wirtschaftskanzleien klagen über Nachwuchsmangel unddrehen immer schneller an der Gehaltsspirale. Erst wenige Jahre ist es her,dass Kanzleien begannen, Berufsanfängern sechsstellige Jahresgehälter zuzahlen. Mittlerweile werben Kanzleien mit einem Jahressalär von bis zu140.000 Euro. Für blutige Anfänger wohlgemerkt.

Am anderen Ende der Gehaltsskala schaut es ganz anders aus. Anwalts-blatt Karriere meldete 2007, dass kleine und mittelständische Kanzleien Be-rufsanfängern teilweise lediglich 24.000 Euro bezahlen. Elf Jahre später hörtman immer noch von Berufsanfängern, die weniger als 3.000 Euro monat-lich angeboten bekommen. Die Steigerungen am unteren Ende fallen deut-lich geringer aus als in der Spitzengruppe.

Die Anwaltschaft ist damit das Abbild einer Gesellschaft, in der die Un-gleichheit wächst. Auf der Sonnenseite wächst der Wohlstand rasant. Undhaben nicht viele von uns ein deutliches Störgefühl, wenn wir hören, dassfrischgebackene Junganwälte mit einem Gehalt nach Hause gehen, von demgestandene Kolleginnen und Kollegen ihr Leben lang nur träumen können?Umgekehrt werden sich viele von uns fragen, wie eine junge Anwältin nachknapp zehn Jahren Studium und Referendariat mit einem höchst beschei-denen Gehalt angemessen entlohnt wird.

Ist dies denn überhaupt ein Ethikthema? Ich meine ja. Die wachsendeUngleichheit, die immer größer werdende Zahl der „working poor“ undobszöne Managergehälter sind gesellschaftliche Themen unserer Zeit. Esgeht um die Frage, ob „sich das gehört“. Und damit geht es um Ethik.

Die Ungleichheit wächst auch in unserem Beruf. Wenn wir daran fest-halten, dass unseren Berufsstand mehr verbindet als trennt, dann müssenwir auch über die Gehaltsschere sprechen, die sich nicht weiter öffnendarf. Uns würde es gut zu Gesicht stehen, diese Schere zu schließen undbei dieser gesellschaftlichen Frage Vorreiter zu sein.Rechtsanwalt Prof. Niko Härting, Berlin

AnwBl 12 / 2018 653

An

waltsP

raxis

GGaassttkkoommmmeennttaarr

Familienanwälte,bitte melden!Die Lehren aus dem Missbrauchsfall von Staufen

Dr. Ursula Knapp, Frankfurter Rundschau

Das Versagen der Justiz und staatlicher Stellen im Miss-brauchsfall von Staufen ist schlimm. Aber ebenso schlimmist die Unsicherheit, ob sich solch ein Versagen in anderenFällen und an anderen Orten wiederholen könnte. Diese Sor-ge treibt auch Stuttgarts Landesregierung um. Erst gab esden internen Bericht der beteiligten Gerichte und des Land-ratsamtes. Jetzt hat eine Kommission aus externen Expertenund Regierungsvertretern ihre Arbeit aufgenommen. Aber soviel bisher zum Fall Staufen geschrieben und gesagt wurde:Vor lauter Bäumen ist der Wald kaum zu erkennen.

Der Informationsfluss zwischen Jugendamt, Polizei undFamiliengerichten war lückenhaft. Das Kind hatte keinen Ver-fahrensbeistand und wurde nicht persönlich angehört. Überdiese Fehler wurde breit berichtet. Aber waren diese Mängelentscheidend? Das Oberlandesgericht (OLG) kannte die Vor-strafen des Haupttäters und verfügte sehr wohl über die neu-en Ermittlungsakten wegen Besitzes von Kinderpornografie.Die – freilich abstrakte – Gefahr für den Jungen wurde auchgesehen, deshalb sprachen Amtsgericht und OLG ja das Woh-nungsverbot für den Freund der Mutter aus.

Der Kern des Problems findet sich im internen Bericht,wenn auch erst ab Seite 26: Sowohl Amtsgericht als auchOLG verzichteten auf Kontrolle. Ein unverständliches Ver-säumnis. Es gab nämlich einen ähnlichen Fall, den beide In-stanzen kennen mussten. Im Landkreis Karlsruhe war eineFrau mit siebenjähriger Tochter ebenfalls mit ihrem einschlä-gig vorbestraften Freund zusammengezogen. Auch da hattedas Jugendamt das Kind zunächst in Obhut genommen.Auch hier erließ das Familiengericht (nur) ein Kontaktverbotzwischen Tochter und Partner. Aber andere Richter des OLGKarlsruhe erteilten der Mutter (wenigstens) die Weisung, je-derzeit unangemeldete Kontrollbesuche zu dulden. Weil siedie nicht wollte, landete der Fall beim BGH. Der bestätigtedas Vorgehen. Besuche ohne Anmeldung seien zum Schutzdes Kindes notwendig und verhältnismäßig. Das war am 25.November 2016, der Beschluss XII ZB 149/16 wurde in derZeitschrift für Familienrecht veröffentlicht. Trotz deutlicherParallelen sahen die Kollegen im Fall Staufen von jeder Kon-trolle ab. Sogar die Familienhilfe wurde noch gestrichen. Daswar am 27. Juli 2017. Zwei Monate später folgten die Verhaf-tungen, man schaute in den Abgrund.

Staufen ist ein Extremfall. Keine Seltenheit ist jedoch, dassgewalttätige oder süchtige Partner Kontaktverbot wegen Kin-deswohlgefährdung erhalten. Auch hier verzichten Gerichtenoch darauf, Kontrollen zur Auflage zu machen. Erscheintdas Jugendamt dennoch überraschend: Im Internet findensich einschlägige Tipps, wie man es aus der Wohnung fern-hält. Die Mittel der Behörde sind ohne Richterbeschluss sehrbegrenzt. Noch ist Zeit, Lehren zu ziehen. Die Familienanwäl-te des DAV sind bundesweit vernetzt und verfügen über mehrErfahrungen als einzelne Gerichte oder Experten. Die solltensie der Kommission unbedingt zur Kenntnis bringen. //

Dr. Ursula Knapp istJustizjournalistin inKarlsruhe und arbeitetfür die FrankfurterRundschau, die Rhein-pfalz sowie die Nach-richtenagentur Reuters.

Leserreaktionen [email protected].

„Der Kern desProblems fin-det sich im in-ternen Bericht:Sowohl Amts-gericht als auchOLG verzichte-ten auf Kon-trolle.“

654 AnwBl 12 / 2018

LLeesseerrrreeaakkttiioonn

»Es geht weniger umdas „ob“ als das „wie“!Zur Ethikfrage „Darf man mit Zeugensprechen?“ aus dem November-Heft desAnwaltsblattes (AnwBl 2018, 589):

Als ausschließlich im Strafrecht tätigerKollege habe ich im Beitrag den ausmeiner Sicht wesentlichen Punkt in die-sem Kontext vermisst: Weniger das„ob“, vielmehr das „wie“ scheint mir be-deutsam: Nämlich wie sichert sich derAnwalt gegen allfällige Misstrauens-bekundungen oder unausgesprocheneBedenken ab?Zwingend erforderlich sind dafür dreiPunkte:

• Eine schriftliche Belehrung des Zeu-gen, die dieser unterschreiben muss;• Vernehmung ausschließlich in Anwe-senheit eines Vernehmungszeugen;

• eine detailgenaue, bestenfalls wörtli-che Protokollierung der Aussage desZeugen, die dieser zum Abschluss lesenund ebenfalls gegenzeichnen muss.Die Belehrung muss unter anderemüber die §§ 52, 55 StPO aufklären unddarüber, dass der Zeuge nicht ver-pflichtet ist, gegenüber dem Rechts-anwalt überhaupt Angaben zu machenoder wahrheitsgemäß auszusagen, so-wie dass diese Vernehmung völlig legalist und sie offenbart werden darf undmuss, wenn der Zeuge später durch dasGericht oder die Staatsanwaltschaftdanach gefragt wird, da ihn (nur) dorteine Wahrheitspflicht trifft. Der Verneh-mungszeuge kann im Zweifelsfall späterAufklärung bieten, wenn ein Dissenszwischen Zeuge und Anwalt über dasGesprochene entstehen sollte. Und dasProtokoll der Vernehmung kann demGericht im Rahmen eines Beweis-antrags vorgelegt werden – es schafftmaximale Transparenz.

Rechtsanwalt Nico Werning, LL.M.,Fachanwalt für Strafrecht, München

Antwort des Autoren:Danke! Ihre Lösung ist perfekt, aller-dings werden – so fürchte ich – die we-nigsten Kollegen so verfahren. Mir wärees schon lieb, wenn sie wenigstensnachdenken, bevor sie mit dem Zeugenreden, und klarstellen, dass es nicht umeine Beeinflussung geht …

Rechtsanwalt Dr. Joachim Freiherr vonFalkenhausen, LL.M., Hamburg

KKoommmmeennttaarr

Abmahnungen sindunverzichtbarIn Deutschland gibt es keine Behörde, die das Ver-braucherschutz- und Wettbewerbsrecht durchsetzt.Rechtsanwalt Prof. Niko Härting, Berlin

Im Februar 1978 berichtete der „Spiegel“ über zwei Hambur-ger Anwälte, die mehr als 100 Abmahnungen versandt hatten.Die Abmahnungen richteten sich gegen Gebrauchtwagen-händler, die in Annoncen den Begriff des „Neupreises“ ver-wendeten. Der „Spiegel“ berichtete von etlichen Ungereimt-heiten. Der „Abmahnmissbrauch“ ist kein neues Phänomen.Die Streitwerte sind im Wettbewerbsrecht stattlich. Allzu ge-schäftstüchtige Kollegen machen sich dies gelegentlich zunut-ze und versenden in größerem Umfang fragwürdige Abmah-nungen. Die Kosten einer berechtigten Abmahnung hat derVerletze zu tragen. Vor nahezu 50 Jahren bejahte der BGHerstmals einen Ersatzanspruch aus Geschäftsführung ohneAuftrag (BGH vom 15. Oktober 1969, Az. I ZR 3/68).

Trotz aller Missbrauchsgefahr: Abmahnungen sind hier-zulande unverzichtbar. Anders als in Frankreich, Großbritan-nien oder den USA gibt es in Deutschland keine Behörde, diedas Verbraucherschutz- und Wettbewerbsrecht durchsetzt.Gäbe es keine Abmahnungen, würden Schutzvorschriftennur auf dem Papier stehen. Als beispielsweise Informations-pflichten und Widerrufsrechte für den Fernabsatz eingeführtwurden, bedurfte es etlicher Abmahnungen und Gerichtsver-fahren, bis deutsche Online-Händler die neuen Bestimmun-gen flächendeckend einhielten.

Wer – wie die Bundesjustizministerin – Abmahnbefugnis-se einschränken möchte, um „Missbrauch“ zu bekämpfen,schwächt die Durchsetzung des Rechts. Man kann lange darü-ber streiten, ob die Informationspflichten im Fernabsatz, dieTransparenzpflichten des neuen europäischen Datenschutz-rechts oder die Impressumspflichten viel zu kleinteilig-büro-kratisch sind und zum „Information Overkill“ führen. Es han-delt sich jedenfalls um geltendes (überwiegend europäisches)Recht, das hierzulande nur per Abmahnung durchsetzbar ist.

Geltendes Recht nur teilweise durchzusetzen und zwi-schen „erheblichen“ und „geringfügigen“ Rechtsverletzungenzu unterscheiden, untergräbt das Vertrauen in das Recht undwirft Gerechtigkeitsfragen auf. So erleben wir es nicht selten,dass Mittelständler viel Geld für die Umsetzung der DSGVOausgegeben haben und es als ungerecht empfinden, wennKonkurrenten ungeschoren davonkommen, die sich diesesGeld gespart haben. Geht es nach dem Willen der Bundesjus-tizministerin, bleibt der Mittelständler, der den Mitbewerberdemnächst wegen lückenhafter Datenschutzinformationenabmahnen lässt, auf seinen Anwaltskosten sitzen, wenn essich um „unerhebliche“ Lücken handelt. Er wird sich dahergut überlegen, ob er das Kostenrisiko eingeht.

In einem Rechtsstaat sollte es selbstverständlich sein, dassgeltendes Recht auch durchgesetzt wird. Abmahnungen sinddaher unverzichtbar. Der Gesetzesentwurf der Bundesjustiz-ministerin würde die Rechtsdurchsetzung erschweren. Mit ei-ner „Zwei-Klassen-Gesellschaft“, die zwischen „erheblichen“und „unerheblichen“ Rechtsverstößen unterscheidet, ist nie-mandem gedient. //

Niko Härting ist Rechts-anwalt und Honorarpro-fessor an der Hoch-schule für Wirtschaftund Recht Berlin undLehrbeauftragter an derFreien Universität Berlin.Er ist Mitglied des Infor-mationsrechtsausschus-ses, des Berufsrechts-ausschusses und desAusschusses Anwalts-ethik und Anwaltskulturdes Deutschen Anwalt-vereins.

Leserreaktionen [email protected].

„Wer – wie dieBundesjustiz-ministerin –Abmahnbefug-nisse ein-schränkenmöchte, um‚Missbrauch‘ zubekämpfen,schwächt dieDurchsetzungdes Rechts.“

AnwBl 12 / 2018 655

Anwalt wird Richter des BVerfG

Auf der Richterbank des BVerfG könntenach langer Zeit wieder ein Anwalt Platznehmen. Der stellvertretende Vorsitzendeder CDU/CSU-Fraktion Dr. Stephan Har-barth wurde für das Amt des Vorsitzendendes Ersten Senats vorgeschlagen. Kann erBundestag und Bundesrat überzeugen,wird er 2020 die Nachfolge von Prof. Dr.Andreas Voßkuhle als Präsident desBVerfG antreten.DAV und BRAK sprechen sich seit länge-rem dafür aus, dass sowohl im Ersten alsauch im Zweiten Senat obligatorisch je-weils eine Anwältin oder ein Anwalt alsRichterin oder Richter an der Rechtspre-chung des BVerfG mitwirkt. Bislang gab esüberhaupt nur drei Anwälte als Richter desBundesverfassungsgerichts und noch An-wältin. Die drei Anwälte waren der Wider-standskämpfer Fabian von Schlabrendorff(Richter von 1967 bis 1975, voher undnachher auch Notar), Prof. Dr. JohannFriedrich Henschel (1983 bis 1995) und Dr.Hans-Joachim Jentsch (1996 bis 2005).Seit 2005 wurde der Erfahrungsschatz derAnwaltschaft unberücksigt gelassen.

Neue Gesichter am EuGH

Auch der EuGH zeigt sich in neuer Beset-zung: Bereits im Oktober 2018 haben Lu-cia Serena Rossi (Italien), Irmantas Jaru-kaitis (Litauen), Peter George Xuereb(Malta) und Nuno José Cardoso da SilvaPiçarra (Portugal) das Richteramt angetre-ten. Der deutsche Richter Prof. Dr. Tho-mas von Danwitz wurde zusammen mitsieben Kolleginnen und Kollegen für sechsweitere Jahre wiederernannt. Der BelgierProf. Dr. Koen Lenaerts bleibt bis 2021Präsident des EuGH. Neue Vizepräsidentinwurde Rosario Silva de Lapuerta.

Steuerberatung gratis

Es gibt bereits viele Law Clinics an juristi-schen Fakultäten. Eine Tax Law Clinic –also eine unentgeltliche studentischeRechtsberatung im Steuerrecht unter An-leitung von Anwälten – existiert inDeutschland bislang aber nicht. Das sollauch so bleiben, wenn es nach der Fi-nanzverwaltung ginge. Der Verein zur För-derung der Steuerrechtswissenschaft ander Leibniz Universität Hannover, der dorteine erste Tax Law Clinic einrichten will,hat gegen das Verbot des Finanzamts nunKlage beim Niedersächsischen Finanz-gericht erhoben.

An

waltsP

raxis

Keine Richter zwangspensionieren

Polen muss die Senkung des Rentenein-trittsalters für Richter am Obersten Ge-richtshof umgehend aussetzen. Dies ord-nete der EuGH in einem Beschluss vom19. Oktober 2018 an. Die EU-Kommissionhatte im September 2018 einstweilige An-ordnungen beim EuGH beantragt, um si-cherzustellen, dass die von der Reformbetroffenen Richter ihre Funktion zunächstweiter ausüben können. Nach Rechtspre-chung des EuGH muss für die Gewährleis-tung vorläufigen Rechtsschutzes sowohldie Notwendigkeit der Anordnung inrechtlicher und tatsächlicher Hinsichtglaubhaft gemacht werden als auch dieDringlichkeit gegeben sein, das heißt an-dernfalls entstände ein schwerer, nichtwiedergutzumachender Schaden für dieInteressen der Union. Der EuGH sah dieseBedingungen als erfüllt an und gab allenAnträgen der Kommission statt. Sie führtezur Frage der Dringlichkeit an, dass dieAnwendung der Reform bereits zur Ernen-nung von 27 neuen Richtern geführt habe.Wenn der laufenden Klage der Kommis-sion letztendlich stattgegeben würde, hät-te dies zur Folge, dass alle in der Zwi-schenzeit durch den Obersten Gerichtshofergangenen Urteile ohne die Garantien desGrundrechts auf Zugang zu einem un-abhängigen Gericht ergangen wären. DerBeschluss gilt rückwirkend für alle von denPensionsregeln betroffenen Richter.

Neues beim BGH

• Der Anwaltssenat des BGH hat eineneue Besetzung erhalten. Das Bundesjus-tizministerium hat Rechtsanwalt Prof. Dr.Jens Schmittmann für den ausgeschiede-nen Rechtsanwalt und Notar Dr. MaxBraeuer neu in den Senat für Anwalts-sachen berufen. Erneut berufen wurdenRechtsanwältin Gunhild Schäfer sowieRechtsanwalt Dr. Wolfgang Kau. DieAmtszeit der drei hat bereits am 1. No-vember 2018 begonnen und endet nachfünf Jahren. Weitere ehrenamtliche Beisit-zer des Anwaltssenats sind die Rechts-anwälte Dr. Lauer und Dr. Wolf sowie dieRechtsanwältin Anja Merk deren Amtszeitnoch läuft. Die anwaltlichen Beisitzer wer-den einer Vorschlagsliste entnommen, diedas Präsidium der Bundesrechtsanwalts-kammer (BRAK) auf Grund von Vorschlä-gen der Anwaltskammern dem Bundes-justizministerium einreicht (§ 107 Abs. 2BRAO).• Der BGH erhält zwei neue Senate. Dashat der Haushaltsausschuss des Bundes-tags beschlossen. Der in Leipzig angesie-delte 5. Strafsenat erhält Verstärkungdurch einen neuen Strafsenat. Der BGH inKarlsruhe darf sich über einen weiterenZivilsenat freuen.

BBeerriicchhtt aauuss BBeerrlliinn

Ein Jahr,zwei MinisterEine Jahresendbilanz zur Rechts- undInnenpolitikPeter Carstens, Berlin

Minister kommen, Minister gehen. Manche hinterlassen Spu-ren, andere nur Sprüche. Das ablaufende Jahr war eine lauteZeit für die Rechts- und Innenpolitik. Gemessen am Lärm istallerding wenig passiert. Katarina Barley plant bereits dennächsten Karriereschritt, Horst Seehofer, der sich als Repräsen-tant von Ordnung und Humanität sieht, wollte die AfD zäh-men, indem er selbst den grauen Wolf gab. Sein aufgeblähtesMinisterium wirkte wie gelähmt, trotz vieler neuer Staatsekre-täre, Abteilungen und Referate. Hunderte Stellen wurden See-hofer zugestanden, aber viele blieben auf dem Papier oder wer-den ihrem Zweck entfremdet. So verlangte er etwa für denominösen Bereich „Heimat“ zwar rund 100 Dienstposten,aber lediglich 45 wurden besetzt. Hingegen konnte die neueZuständigkeit „Bauen“ bisher nicht ins Ministerium integriertwerden. Im übrigen Kabinett wird seit längerem beklagt, dassaus seinem Haus kaum noch eigenen Vorlagen das Kollegiumerreichen. Und da, wo das Innenministerium mitmachen odermitzeichnen soll, mangelt es an Entscheidungen.

Bei der Europäischen Union in Brüssel, wo in der Innen-und Migrationspolitik Grundentscheidungen getroffen wer-den, ward der sprunghafte Minister in den vergangenen Mo-naten keinmal gesehen. Was in Erinnerung bleibt: Geräusch-voller Stillstand und irritierend simple Äußerungen zum Is-lam oder zur Bedeutung der Migrationspolitik als „Mutter al-ler Probleme“. Den Sommer über hielt Seehofer die Unionmit einem Masterplan in Atem, von dem man seither nichtsmehr gehört hat. Bei seinen wesentlichen Personalentschei-dungen war eine überflüssig, die andere überfällig. Die erstebetraf die Präsidentin des Bundesamtes für Migration undFlüchtlinge, die durch einen CSU-Mann ersetzt wurde. Eineandere, die Personalie Maaßen war überfällig. Im Gebäudeder Inneren Sicherheit ist dabei Schaden entstanden. Auchanderswo, etwa bei der Bundespolizei, wurde Seehofers Bot-schaft so verstanden: Illoyalität gegenüber der Bundeskanz-lerin kostet nichts.

Bei alledem hätte Katarina Barley als das institutionelleGegenüber des Innenministers an politischem Profil gewin-nen können. Doch die Justizministerin wird in der Rechts-politik wohl keine tieferen Spuren mehr hinterlassen. Die So-zialdemokratin konzentrierte sich in ihrer Arbeit auf den Ver-braucherschutz. Ihre Musterfeststellungsklage ist aber im-merhin ein interessantes Instrument. Der starke Personalauf-wuchs der vergangenen Monate im Justizministerium dientenicht zuletzt der Zukunftssicherung für verdiente SPD-Mit-arbeiter. Außerdem wurden in den vergangenen Wochen dortwohl die Grundlagen für den bevorstehenden Europa-Wahl-kampf gelegt. Barley nutzt das Ministerium voraussichtlich biskommenden Mai als Reiserücktrittsversicherung oder als einelogistische Basis für ihre Kampagne. Um Rechtspolitik wirdsich die Spitzenkandidatin kaum noch kümmern. Zwei Minis-ter sind gekommen, zwei Minister werden gehen. //

Peter Carstens istKorrespondent derFrankfurter AllgemeineSonntagszeitung inBerlin.Er schreibt im Wechselmit Christian Bommarius.

Leserreaktionen [email protected].

„Das ablaufendeJahr war einelaute Zeit fürdie Rechts- undInnenpolitik.Gemessen amLärm ist aller-ding wenigpassiert.“

656 AnwBl 12 / 2018

BBeerriicchhtt aauuss BBrrüüsssseell

Die Justiz wird digitaler –aber auch effizienter?Bericht des Europarats zur Qualität und Effizienzder Justizsysteme in Europa veröffentlichtAnnegret Kempf, DAV, Brüssel

Alle zwei Jahre veröffentlicht die Kommission für die Effi-zienz der Justiz (CEPEJ) des Europarats ihren Bericht zur Effi-zienz und Qualität der Justizsysteme, in dem die Justizsyste-me der 45 Mitgliedsstaaten des Europarats quantitativ undqualitativ analysiert werden. Aus der im Oktober 2018 ver-öffentlichten siebten Ausgabe (Daten von 2016) lassen sichwieder einige interessante Schlussfolgerungen zur Lage derAnwaltschaft in Deutschland und Europa ziehen.

So lässt sich dem Bericht entnehmen, dass die Zahl derAnwälte und Anwältinnen in den Mitgliedsstaaten insgesamtsteigt und nun bei 161 Anwälten pro 100.000 Einwohner liegt(2014 waren es noch 149). Deutschland liegt mit 200 Anwäl-ten pro 100.000 Einwohner zwar über dem Durchschnitt, dieZahlen sind aber leicht rückläufig. Der Bericht vergleichtauch die Regelungen zum Anwaltsmonopol vor Gericht inden Mitgliedsstaaten, die abhängig von Rechtsbereich und In-stanz stark divergieren. Für die angeklagte Partei in Strafver-fahren in letzter Instanz sehen 31 Staaten den Anwaltszwangvor, in erster Instanz im Zivilverfahren hingegen nur 13. Ana-lysiert wird auch das Geschlechterverhältnis in den Justiz-berufen. Während in Richter- und Staatsanwaltschaft derFrauenanteil inzwischen im Durchschnitt bei 53 Prozent liegt(Zahlen für Deutschland liegen nicht vor), sind Frauen in derAnwaltschaft mit 41 Prozent (40 Prozent in Deutschland)noch in der Minderheit.

Die Effizienz der Justiz wird von CEPEJ an den sogenann-ten „Clearance Rates“ (Verhältnis eingehende/abgeschlosseneFälle) sowie am durchschnittlichen Verhandlungszeitraumgemessen. Hier schneidet Deutschland mit einer ClearanceRate von 103 Prozent und einem Verhandlungszeitraum von196 Tagen (Durchschnitt: 233 Tage) in erstinstanzlichen Zivil-verfahren gut ab. Anders sieht dies bei Verwaltungsverfahrenin erster Instanz aus, wo die Clearance Rate nur bei 92 Pro-zent und die Verhandlungsdauer mit 375 Tagen deutlichüber dem Durchschnitt (180 Tage) liegt. CEPEJ hebt hier dieRolle einer stark erhöhten Zahl eingehender Asylgesuche inDeutschland hervor.

Mit Blick auf die Zukunft ist schließlich das Thema Digita-lisierung der Justiz von besonderem Interesse. CEPEJ bewer-tet den Fortschritt technische Ausrüstung, rechtlicher Rah-men und Governance auf einer Skala von 1–3. Deutschlandist bei der Ausrüstung schon weit fortgeschritten (Stufe 3)und liegt beim rechtlichen Rahmen und Governance im Mit-telfeld (Stufe 2). Digitalisierung korreliert aber nicht auto-matisch mit einer Verbesserung der Effizienz der Justiz. Beider Einführung elektronischer Fallmanagementsysteme kames zum Teil zu erheblichen Anwendungsschwierigkeiten,die, so CEPEJ, ausführlich analysiert werden sollten, bevorweitere Schritte zur Digitalisierung ergriffen werden. //

Annegret Kempf, M.A.,ist Referentin im DAV-Büro Brüssel.

Leserreaktionen [email protected].

„Effizienz derJustiz: Im erst-instanzlichenZivilverfahrenschneidetDeutschlandgut ab, anderssieht es beiVerwaltungs-verfahren aus.“

AnwBl 12 / 2018 657

LLeesseerrrreeaakkttiioonn

»Merkwürdige Erforder-lichkeitsprüfungZum BGH-Beschluss vom 27.6.2018 – XII ZB46/18 „Sorgerechtsstreit: Verfahrensbei-stand dient Kindeswohl mehr als Anwalt“ ausdem Oktober-Heft des Anwaltsblattes(AnwBl 2018, 552):

Die Entscheidung des BGH halte ich fürsachlich falsch.Eine „Erforderlichkeitsprüfung“ ist imRahmen der §§ 1628, 1697 a BGB nichtvorgesehen. Das Elterngrundrecht ausArt 6 Abs. 2 „gestattet“ den Eltern biszur Grenze der Kindeswohlgefährdung,den Kindern all das pädagogisch/psy-chologisch/wirtschaftliche angedeihenzu lassen, was sie für sinnvoll halten.Das können mehr oder weniger sinnvol-le Vornamen sein, Therapien, Hobbies,Sonderbegabtenförderungen etc pp.Und eben auch spezielle Anwälte fürwichtige Entscheidungen. Ob das „er-forderlich“ ist, hat das Gericht nicht zubeurteilen. Sondern nur, welcher El-ternteil eher geeignet ist, die Entschei-dung darüber zu treffen, ob und wie dasGanze umgesetzt wird.Bei der Entscheidung nach § 1628 BGBist die „Erforderlichkeit für das Kindes-wohl“ nicht Entscheidungsmaßstab.Daher verstößt der BGH mit seinermerkwürdigen „Erforderlichkeitsprü-fung“ im Rahmen des § 1628 BGB ge-gen Art 6 Abs. 2 GG (vgl. BVerfG FamRZ2003, 511).Was erforderlich ist oder nicht, dürfendie Eltern entscheiden. Das Gericht darfbei Meinungsverschiedenheiten nur da-rüber entscheiden, welcher Elternteileher geeignet ist, diese eine Entschei-dung zu treffen und mit den Kon-sequenzen der Entscheidung so zu le-ben, dass es dem Kind gut tut.Die davon zu trennende Frage, ob ne-ben dem Verfahrensbevollmächtigennoch der Verfahrensbeistand die Inte-ressen des Kindes vertreten soll, be-stimmt sich dagegen ausschließlichnach § 158 Abs. 5 FamFG. Der Wortlautist eindeutig.

Rechtsanwalt Johannes Hildebrandt,Fachanwalt für Familienrecht und Diplom-Pädagoge, Schwabach

An

waltsP

raxis

KKoommmmeennttaarr

Wann ist ein Anwaltein Anwalt?Die Frage gilt auch für Anwältinnen – oder:Wer darf im Kammervorstand mitarbeiten?*

Rechtsanwalt Markus Hartung, Berlin

Unlängst hatte sich der Anwaltssenat mit der Frage zu befas-sen, was eigentlich den Beruf des Rechtsanwalts ausmacht.Die Frage lässt sich gar nicht so leicht beantworten, dennüber das, was Anwälte sein oder tun sollen, um als Anwaltzu gelten, gibt es keine rechtlichen Vorgaben. Auch das „an-waltliche Berufsbild“, von dem keiner genau sagen kann, woes herkommt, wo es verankert ist und was es genau aussagt,hilft bei der Lösung dieser Frage nicht. Anlass für den BGHwar der Streit über die Vorstandswahlen zur Berliner Kam-merversammlung im März 2015. Seinerzeit war nach einemWahlaufruf unter anderem des DAV eine große Zahl von Syn-dikusanwälten in den Vorstand gewählt worden, dafür hattenes einige und besonders altgediente Amtsinhaber, die sichdort bereits wohnlich eingerichtet hatten, nicht geschafft.Zwei Anwälte klagten gegen die Wahl und stellten die Wähl-barkeit von Syndikusanwälten in Abrede: Denn § 65 Nr. 2BRAO erfordere, dass Kandidaten „den Beruf eines Rechts-anwalts seit mindestens fünf Jahren ohne Unterbrechung“ausüben würden. Für Syndikusanwälte könne das ja nicht gel-ten, denn es sei ständige Rechtsprechung des BGH gewesen,dass Syndikusanwälte keine Anwälte seien.

In der ersten Instanz hatte der AGH Berlin noch auf dieZulassung abgestellt und darauf verwiesen, dass es um diemitgliedschaftlichen Rechte und Pflichten derjenigen gehe,die in Kammern zusammengeschlossen seien. Das sieht derBGH anders, denn er leitet aus dem Wortlaut her, dass esnicht nur auf die Zulassung ankommen könne, andererseitsaber weder BRAO noch BORA vorgeben würden, was den Be-ruf eigentlich ausmache. Da es hier um Syndikusanwälte(nach altem Recht) ging, wollte der BGH für die anwaltlicheTätigkeit den Freistellungsbescheid der DRV gelten lassen,verbunden mit Falllisten der einzelnen Kandidaten.

Letztlich musste der BGH nicht durchentscheiden, da erdie klagenden Anwälte durch diese Sichtweise vergleichs-bereit gemacht hatte. Die Sache wurde für erledigt erklärt,Kosten wurden geteilt. Die beigeladenen Syndici, die nachdieser Sichtweise ihre Wählbarkeit hätten beweisen können,bleiben auf ihren Kosten sitzen, quasi ein Kollateralschaden.

Das alles wird Folgen haben: Denn auch für niedergelasseneund selbständige Anwälte gilt, dass sie nur wählbar sind, wennsie über die bloße Zulassung hinaus den Beruf des Rechts-anwalts ausüben. Das müssen sie zum Beispiel durch Falllistennachweisen. Aber wird das dann reichen? Syndikusrechtsanwäl-te hingegen, die ja bereits im Hinblick auf eine bestimmte Tätig-keit zugelassen sind, müssen nur eine Bescheinigung ihres Ar-beitgebers vorlegen. Das gilt auch für angestellte Anwälte.

Fazit: Über den § 65 Nr. 2 BRAO muss man noch einmalnachdenken. Wer ohne inhaltliche Tätigkeitsvorgaben Pflicht-mitglied in der Kammer ist, sollte auch seine Rechte dortwahrnehmen können. Alles andere hat es verfassungsrecht-lich schwer. //

Markus Hartung istRechtsanwalt. Er istVorsitzender des Be-rufsrechtsausschussessowie Mitglied des Aus-schusses Anwaltsethikund Anwaltskultur desDeutschen Anwaltver-eins.

Leserreaktionen [email protected].

„Wer ohne in-haltliche Tätig-keitsvorgabenPflichtmitgliedin der Kammerist, sollte auchseine Rechtedort wahrneh-men können.“

658 AnwBl 12 / 2018

BGH: Wahlanfechtung

Für die Wahl von Anwältinnen und Anwäl-ten in den Vorstand ihrer Anwaltskammerist eine fünfjährige Berufsausübung erfor-derlich. Dem Gesetz lassen sich keine nä-heren Vorgaben hierzu entnehmen. In dermündlichen Verhandlung zur Anfechtungder Wahl zum Berliner Kammervorstandvon 2015 machte der Anwaltssenat desBGH allerdings klar, dass eine Tätigkeit alsSyndikus, die inhaltlich einer Anwaltstätig-keit entspreche, als berufliche Erfahrungim Sinne von § 65 Nr. 2 BRAO zähle. EineEntscheidung gab es am Ende nicht – dieSache wurde per Prozessvergleich für er-ledigt erklärt. Die Wahlen von 2015 zumBerliner Kammervorstand sind damit wirk-sam (zu den möglichen Auswirkungen desVerfahrens siehe den Kommentar auf die-ser Seite von Hartung, AnwBl 2018, 658).

EuGH digital

Die papierlose Kommunikation hält auchbeim EuGH Einzug. Ab dem 1. Dezember2018 findet der Austausch gerichtlicherDokumente zwischen den Vertretern derParteien und dem Gericht ausschließlichüber „E-Curia“ statt. Das hat der EuGH ineiner Pressemitteilung bekannt gegeben(Nr. 157/18). Anwälte und Bevollmächtig-te, die noch nicht über ein E-Curia-Zu-gangskonto verfügen, fordert das Gerichtausdrücklich auf, mittels des entspre-chenden Formulars die Eröffnung einesZugangskontos zu beantragen.

Briefpost adé

Schriftsätze der hessischen Sozialgerichteund des Hessischen Landessozialgerichtswerden nur noch über das besondereelektronische Anwaltspostfach (beA) ver-sandt. Briefpost und Telefaxe von derhessischen Sozialgerichtsbarkeit gehörendamit der Vergangenheit an. Die Anwältin-nen und Anwälte werden dringend gebe-ten, ihren elektronischen Briefkasten imBlick zu haben.

Berichtigung zu AnwBl 2018, 523

Im Beitrag „Anwalt&notariat – das geht“wurde fälschlicherweise die deutscheStaatsbürgerschaft als Zugangs-voraussetzung zum Notariat genannt.Einen Staatsangehörigkeitsvorbehaltgibt es im deutschen Notariat seit derAnpassung von § 5 BNotO durch Arti-kel 15 des Gesetzes zur Verbesserungder Feststellung und Anerkennung imAusland erworbener Berufsqualifikatio-nen vom 6.12.2011 nicht mehr. DieRedaktion bittet um Entschuldigung.

* Der Autor war als Ver-fahrensbevollmächtig-ter von beigeladenenSyndici an dem Wahl-anfechtungsverfahrenbeteiligt.

Gesunde Ernährung alleini

macht nicht erfolgreich.i

Fortbildung schon!i

Fortbildung –

seit 40 Jahren

mehr als nur Pflicht!

www.anwaltakademie.de

Für die Ehre – für dieGesellschaft? Für BeidesPro Bono Publico: Zeit und Know-how werden dem Gemein-wohl, sozialen Einrichtungen oder gemeinnützigen Organisa-tionen (NGO) ohne Berechnung zur Verfügung gestellt. Daskönnen Rechtsberatung, ein Rechtsgutachten, aber auchSchulungen oder Seminare sein. Das Ehrenamt – auch dasder nicht-anwaltlichen Mitarbeiter – zählt mit. Eine neueIdee im Firmenbereich ist das 1-1-1 Modells (Pledge-1 Pro-zent). Hier spenden Unternehmen jeweils ein Prozent ihresGewinnes, ihrer Produkte (oder nicht mehr genutzter tech-nischer Geräte) und der Arbeitszeit ihrer Mitarbeiter. Auchonline, zum Beispiel in den sozialen Medien, ist sozialesoder gesellschaftliches Engagement möglich. Einige Beispie-le.

1 probono-rechtsberatung.de

Pro-Bono-Rechtsberatung des Netzwerkes UPJDiese Seite gehört zum Netzwerk UPJ. (www.upj.de). Das „Netz-werk engagierte Unternehmen und gemeinnütziger Mittlerorgani-sationen“ will ihre Mitglieder in den Feldern Corporate Citizenshipund Corporate Social Responsibility unterstützen. Es sind diezahlreichen Mitgliedskanzleien, die die Rechtsberatung im We-sentlichen tragen.

2 pro-bono-deutschland.org

Pro Bono DeutschlandDer Verein hat sich der Förderung des Engagements in Form un-entgeltlicher Rechtsberatung für soziale, gemeinnützige Zweckeverschrieben und unterstützt auch das oben genannte Netzwerk.Pro Bono Deutschland wurde 2011 als Zusammenschluss von 16Wirtschaftskanzleien gegründet und hat seinen Sitz in Frankfurt inden Räumen der Kanzlei Latham & Watkins. Ziel ist, die Offenheitfür Pro-Bono-Beratung zu stärken, Standards zu formulieren undHandlungsempfehlungen zu entwickeln.

Soziales Engagement im Netz

3 smart-hero-award.de

Smart Hero AwardDer Preis wird seit fünf Jahren von der Stiftung Digitale Chancen undFacebook an Menschen und Organisationen verliehen, die ihr ehren-amtliches und soziales Engagement erfolgreich in und mit den sozia-len Medien umsetzen. Nach dem Schwerpunktthema „Gesellschaft-licher Zusammenhalt“ ging es 2018 um „Gemeinschaft stärken“. No-minierte und Preisträger werden auf der Seite vorgestellt.

Neu in Deutschland

4 welcome-app-concept.de

Welcome App GermanyDer digitale Flüchtlingshelfer, anfangs für Dresden geplant, istheute eine mehrsprachige Orientierungs- und Integrationshilfe-plattform für Zuwanderer sowie für Helfer und Behörden, Städteund Gemeinden. Inhaltliche Themenfelder sind unter anderemDeutschland, Übersetzungshilfen, das Asylsystem, Rechte undPflichten, Arbeit und Beruf, Schule und Bildung. Die App ist kos-tenfrei für Android und iOS erhältlich.

Zivilcourage

5 ichbinhier.eu

#ichbinhierDer Verein entstand aus einer von Hannes Ley gegründeten Face-book-Gruppe. Die Mitglieder engagieren sich mit ihren Aktionenfür eine konstruktive, positive und Fakten nutzende Diskussions-kultur und gegen „Hatespeech“. Zum Mitmachen muss man sichlediglich „zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung derBundesrepublik sowie zur UN-Deklaration der Menschenrechte“bekennen, heißt es auf der Facebook-Seite. 2017 erhielt die Initia-tive den Grimme Online Award.

Geschlechterrollen

6 pinkstinks.de

Vielfalt ist SchönheitPinkstinks engagiert sich gegen Produkte, Werbe- und Medien-inhalte, die Kindern eine limitierende Geschlechterrolle zuweisen.Die „Pinkifizierung“ genannte Beschränkung trifft Mädchen undJungen gleichermaßen. Die Projekte und Aktionen sind vielfältig.Der Gründerin Dr. Stevie Schmiedel und ihrem Team geht es um ge-samtgesellschaftliche Prozesse. Der umfassende Ansatz bietet on-line unter anderem einen Werbemelder für sexistische Werbung,mit Kriterienkatalog. Der Werbepreis „Pinker Pudel“ ist vermutlichder einzige deutsche Positivpreis für progressive Werbung.

Digital

660 AnwBl 12 / 2018

Janine Ditscheid ist Dipl.-Bibliothekarin in Köln und fürdas Anwaltsblatt im Internet unterwegs.

Leserreaktionen an [email protected].

AnwaltsWissen

662 Anwalt und Gericht im ZusammenspielProf. Dr. Dr. h.c. mult. Hanns Prütting, Köln

Das Kammergericht blickt auf 550 Jahre zurück.Mit der Professionalisierung der Richterschaft wurdeauch die Anwaltschaft professionalisiert. DasWechselspiel befruchtet bis heute beide Seiten.

670 Wunschzettel der AnwaltschaftSoldan Institut, Anwaltsblatt-Redaktion und Prof. Dr. Matthias Kilian, Köln

Die große BRAO-Reform wird diskutiert – und waswill die Basis? Ein Potpourri von Wünschen aus denUmfragen des Soldan Instituts. Klar wird: Es brauchtden DAV, um die Interessen zu bündeln.

674 beA – wer traut sich?Rechtsanwältin Antje Jungk, Allianz Versicherungs-AG, München

Besser als die Wiedereinsetzung ist es, Fristen garnicht zu versäumen. Das Anwaltsblatt gibt zehnkonkrete Tipps und eine Warnung, um das beAin die Kanzleiorganisation einzubinden.Das Gebäude des Kammergerichts,

das das Gericht 1913 bezogen hatund in dem es heute wieder sitzt.

An

waltsW

issen

RReecchhttssggeesscchhiicchhttee

Anwalt und Gerichtim Zusammenspielseit 1850Die Geschichte von 550 Jahren Kammergerichtist auch eine Geschichte der Anwaltschaft*

Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Hanns Prütting, Köln

Die Rechtsgeschichte kennt schon lange „Fürsprecher“. Dochder freie, allein an die Interessen des Mandanten gebundeneund im Rechtsstaatsprinzip verankerte Anwalt ist eine eherjunge Entwicklung. Der Blick in die Geschichte schärft dasBewusstsein dafür, dass die Freiheit der Advokatur immerwieder aufs Neue verteidigt werden muss. Der Beitragstammt aus der Jubiläumsschrift „550 Jahre Kammergericht“,die im November im Kammergericht vorgestellt worden ist.

I. Einleitung

Der runde Geburtstag des ältesten heute noch arbeitendenGerichts in Deutschland und seine langjährige Entwicklungs-geschichte lassen zu Recht Entwicklungstendenzen der Ge-richtsbarkeit in Deutschland und der Richterschaft ins Blick-feld geraten. Davon ist in der Jubiläumschrift „550 Jahre Kam-mergericht“ vielfach die Rede. Dabei darf aber nicht vergessenwerden, dass eine solche Entwicklungsgeschichte als Gegen-pol zur Richterschaft notwendigerweise auch eine Anwalt-schaft voraussetzt, die sich in gleicher Weise professionali-siert und fortentwickelt hat.

Ausgangspunkt ist die Tatsache, dass das Recht Teil unse-rer Kultur ist. Ohne Recht gibt es keine Sicherheit, keinenFrieden und keinen Fortschritt in der gesellschaftlichen, wirt-schaftlichen und sozialen Entwicklung. Recht ist also ein sehrhohes Gut. Daher überrascht es nicht, dass das Recht sich seitvielen tausend Jahren entwickelt hat und dass dabei dem Be-ruf des Rechtsberaters schon immer eine herausgehobeneStellung zukam. Die Entwicklung des Rechts unterliegt alsoeinem Wechselspiel von Richter und Rechtsanwalt als demunabhängigen Berater und Vertreter in allen Rechtsangele-genheiten (§ 3 Abs. 1 BRAO).

II. Historische Entwicklung

Die Position eines „Fürsprechers“ oder „Vorsprechers“ lässtsich bereits im Mittelalter nachweisen. So kennt etwa der um1230 verfasste Sachsenspiegel solche Personen. In Wahrheitdürfte der Gedanke eines geschickten Redners, der für diePartei das Wort ergreift, deutlich älter sein. Die Entwicklungder Rhetorik im klassischen griechischen und römischen Al-tertum lässt dies erahnen. Im 14. und 15. Jahrhundert gibt esbereits in verschiedenen Landesrechten Quellenhinweise,dass von der Existenz professionell tätiger Fürsprecher aus-zugehen ist (so 1391 das Schöffenrecht des Berliner Stadt-buchs). Mit der Entwicklung von einer rein mündlichen zu ei-

ner schriftlichen Rechtskultur (vgl. die Entwicklung des ge-meinen oder gelehrten Prozesses, etwas 1495 die Gründungdes Reichskammergerichts) musste sich freilich auch die Po-sition des Fürsprechers ändern. Das Plädieren vor Gerichtsank in der gesellschaftlichen Wertschätzung und der juristi-schen Bedeutung. Erforderlich wurde der durch ein Studiumausgebildete Jurist, der sich mit den schriftlichen Quellenauseinanderzusetzen vermochte.

Vor dem Reichskammergericht gab es die Advokatur unddie Prokuratur. Ab 1508 galt diese Entwicklung auch für dieMark Brandenburg. Der Advokat bereitete den Rechtsstreit ju-ristisch vor und lieferte die schriftliche Ausarbeitung, der Pro-kurator trat vor dem Gericht auf und gab die prozessual be-deutsamen Erklärungen ab. Bereits damals ließ sich beobach-ten, dass Prokuratoren nach längerer erfolgreicher Arbeit zuRichtern berufen werden konnten, sich also in der juristi-schen Entwicklung der Qualität des Richterberufs anglichen.Interessant ist in diesem Zusammenhang die Tatsache, dassder Richter den Rechtsstreit entweder nach dem gemeinenRecht oder nach dem Partikularrecht des jeweiligen Territori-ums entscheiden konnte. Das jeweilige Partikularrecht muss-te der Richter freilich nicht kennen. Es war also Aufgabe desAdvokaten, dieses Recht zu ermitteln und in Abschrift demGericht vorzulegen. Eine solche Übergabe der jeweiligenRechtsquelle war als formaler Akt ausgestaltet und unterstell-te ab dann das Gericht unter den Grundsatz „jura novit curia“.Diese Entwicklung einer Zusammenarbeit von Richter undAnwalt änderte sich im 18. Jahrhundert. Die immer stärkereFormalisierung und berufliche Differenzierung verhinderteeinen Wechsel aus der Anwaltschaft in die Richterschaft. Mitder Auflösung des Reichskammergerichts im Jahre 1806 erga-ben sich erbitterte Streitigkeiten um die Versorgung der nun-mehr existenzgefährdeten Richter und Rechtsanwälte, die diegewachsenen Unterschiede zwischen beiden Berufsgruppennoch einmal verdeutlichten.

III. Der Kampf um die freie Advokatur

Zu Beginn des 19. Jahrhunderts befand sich die deutsche An-waltschaft in einem beklagenswerten Zustand. Ihr Ansehenwar auf einen Tiefstand gesunken. Das hohe Ansehen unddas teilweise hohe Einkommen einiger weniger Prokuratorenam Reichskammergericht endete 1806 mit der Schließungdes Gerichts abrupt. Die Anwälte bei den Untergerichten wur-den dagegen mit Kammerdienern und Büchsenspannern ver-glichen. Sie verdingten sich als Hochzeitslader und Leichen-bitter. Demgegenüber waren die Justizkommissare in Preu-ßen dank ihrer beamtenähnlichen Stellung zwar finanziell ab-gesichert, aber weisungsgebunden und staatsabhängig. Dietiefgreifenden Bemühungen um staatliche Erneuerung undModernisierung (Stein-Hardenberg’sche Reformen) ergriffendaher auch die deutsche Anwaltschaft und führten in der ers-ten Hälfte des 19. Jahrhunderts zu einer intensiven Reform-diskussion, deren Kern zweifellos der Kampf um freie Advo-katur war (Gneist, Freie Advokatur, Die erste Forderung allerJustizreform in Preußen, 1867).

Aufsätze

662 AnwBl 12 / 2018 Anwalt und Gericht im Zusammenspiel seit 1850, Prütt ing

* Der Beitrag ist zuerst in der Jubiläumsschrift „550 Jahre Kammgericht“ erschienen. DasAnwaltsblatt dankt dem Kammergericht und dem Bundesamt für Justiz als Vertreter desBundes für die Genehmigung des Nachdrucks.

Kernelemente waren die Forderungen nach Freiheit vonrichterlicher Disziplinargewalt und staatlicher Bindung durchbeamtenähnliche Stellung, ferner die Freiheit von Ernennungund Anstellung durch Regierungen oder staatliche Behörden,schließlich die Freiheit von der Kontrolle der Honorarrech-nungen. Aus der Vielzahl der Bemühungen um freie Advoka-tur sind die etwa ab 1840 entstandenen Advokatenvereine her-vorzuheben, ferner die intensive Beteiligung der Advokatenan den Diskussionen 1844–1848 zur Erneuerung des deut-schen Staatswesens und zur Schaffung der Paulskirchenver-fassung. Gerade diese Bemühungen führten in der Bevölke-rung zu einer deutlichen Steigerung des Ansehens. Anwältewaren seitdem in den einzelnen Landtagen vertreten. ImMärz 1848 wurden in sechs deutschen Einzelstaaten Anwältean die Spitze der neuen Ministerien berufen (in Württem-berg, Nassau, Sachsen, Sachsen-Weimar, Hannover, Schles-wig-Holstein). In die Nationalversammlung 1848 wurdenüber 100 Rechtsanwälte gewählt (circa 15 Prozent der Abge-ordneten). Die reaktionäre Entwicklung nach 1848 konnteletztlich die Fortentwicklung der Anwaltschaft nicht verhin-dern.

Nach der Reichsgründung 1870/71 wurde bereits im Jah-re 1871 der Deutsche Anwaltverein gegründet. In den deut-schen Einzelstaaten hatten sich schon zuvor fast überall ei-genständige Anwaltsorganisationen gegründet. Es gab auchbereits einzelne Anwaltsordnungen, jedenfalls in vielen Fäl-len Entwürfe hierzu. Der Deutsche Juristentag 1864 und derDeutsche Anwaltstag 1874 forderten massiv die Schaffung ei-ner freien Advokatur. Parallel zur Schaffung der Reichsjustiz-gesetze (1877) wurde im Reichstag eine Rechtsanwaltsord-nung (RAO) erstritten und durchgesetzt (1878). Damit wartrotz einiger Einschränkungen die freie Advokatur erreicht.Zugleich wurde durch die RAO 1878 ein einheitlicher deut-scher Anwaltsstand geschaffen. Eine Trennung von Advokatund Prokurator, von avoué und avocat oder von barrister undsoliciter war beseitigt. Der Zugang zur Anwaltschaft warnicht mehr vom Ermessen irgendeiner Behörde oder einesGerichts abhängig.

IV. Die Professionalisierungder Rechtsanwaltschaft

Mit der Schaffung einer einheitlichen deutschen Anwalt-schaft und der einheitlichen Berufsbezeichnung als Rechts-anwalt durch die RAO 1878 wurde zugleich ein strenges Qua-litätsmerkmal eingeführt. § 1 RAO formulierte: „Zur Rechts-anwaltschaft kann nur zugelassen werden, wer die Fähigkeitzum Richteramt erlangt hat“. Mit diesem Erfordernis warder Anwaltsberuf zwingend als „Expertenberuf“ ausgestaltet,der eine wissenschaftliche Ausbildung voraussetzt. Die da-durch verstärkte Professionalisierung des Berufs ist gekenn-zeichnet durch eine Systematisierung und Verwissenschaftli-chung der Ausbildung, eine Monopolisierung der angebote-nen Dienstleistung, eine Vertretung durch eigene berufsstän-dische Organisationen (mit disziplinarischer Selbstkontrolle)sowie ein Streben nach beruflicher Autonomie und Selbst-regulierung.

Diese Entwicklung verschafft dem Rechtsanwalt seitherein starkes Eigengewicht. Er kann dem Richter auf Augen-höhe gegenübertreten und dabei auf eine gleichartige dreistu-fige Ausbildung verweisen (Gymnasium mit Abitur, Studium

mit erstem Staatsexamen, Referendariat mit zweitem Staats-examen). Die Naturalpartei hat damit vor dem Gericht die Si-cherheit, dass sie ihren Prozess nicht allein wegen vollkom-mener intellektueller Unterlegenheit verliert.

Insgesamt lässt sich die Entwicklung des Anwaltsberufsim 19. Jahrhundert als ein Zeitalter der Professionalisierungkennzeichnen (Siegrist, Advokat, Bürger, Staat. Sozialge-schichte der Rechtsanwälte in Deutschland, Italien und derSchweiz, 2 Bände, Frankfurt a.M. 1996). Der Berufsstand hatsich nicht nur national und sachlich-inhaltlich vereinheitlicht,er hat sich auch in den Voraussetzungen und den Ausprägun-gen zu dem geformt, was noch heute für den Anwaltsberufkennzeichnend ist. Das Ergebnis ist geprägt durch die Stich-worte einer Akademisierung, Monopolisierung und Maximie-rung beruflicher Autonomie.

V. Die Entwicklung in Preußen

Dem Standardwerk zur deutschen Anwaltsgeschichte vonAdolf Weißler (Geschichte der Rechtsanwaltschaft, Leipzig1905) verdanken wir den Satz: „Brandenburg-Preußen ist fürdie Geschichte der Rechtsanwaltschaft dasselbe, was es fürdie Geschichte Deutschlands ist.“ (S. 287). Auch in Preußenund insbesondere beim Kammergericht gab es von Anfangan aus dem Vorsprecheramt hervorgegangene Prokuratorenund diese unterstützende Advokaten (so schon der Entwurfeiner Kammergerichtsordnung von 1517 und die Kammer-gerichtsordnung 1540). Aber auch hier wurde die Stellungder Advokaten im Laufe der Zeit bedeutsamer. Ihre Ausbil-dung war schon im 17. Jahrhundert gleichartig. Für beide Be-rufe forderte die Kammergerichtsordnung von 1709 eine Prü-fung. Im Jahre 1725 wurde die Prokuratur in Preußen fak-tisch aufgelöst (1738 formelle Abschaffung). Es wurden imLaufe des 18. Jahrhunderts intensive Reformbemühungenunternommen (Cocceji). Unter Friedrich dem Großen wurdedie Advokatur umgestaltet. Der Advokat wurde als ein „Hof-und Assistenzrat“ zum Staatsbeamten. Ab 1780 wurdenschließlich Justizkommissare eingeführt. Schwerpunkt ihrerTätigkeit war der Bereich der freiwilligen Gerichtsbarkeit, fer-ner Zwangsvollstreckung und Konkurs sowie das Notariats-wesen. Diese Umgestaltung der Anwaltschaft hat sich nichtbewährt Schon mit der am 6.7.1793 verkündeten preußischen„Allgemeinen Gerichtsordnung“ (AGO) wurden die Assis-tenzräte wieder abgeschafft. Die AGO ließ nunmehr Justiz-kommissare im Prozess unbeschränkt zu, die damit wiederklassische Advokaten wurden. Nur die Verbindung der Advo-katur mit dem Notariat hat sich (bekanntlich bis heute) erhal-ten.

Der neue Justizkommissar war bei einem Gericht lokali-siert. Seine Ausbildung entsprach der des Richters. Am Kam-mergericht waren im Jahre 1815 insgesamt 31 Justizkommis-sare zugelassen, im Bezirk des Kammergerichts 59. Im Laufedes 19. Jahrhunderts wuchsen diese Zahlen deutlich an. Sowurden für das gesamte damalige Preußen im Jahr 18371146 Justizkommissare gezählt. Die neue Gerichtsordnungvon 1849 hat diese Justizkommissare sodann sprachlich zuRechtsanwälten gemacht, die allerdings noch immer in einerbeamtenähnlichen Stellung verblieben. Die Einheit vonRechtsstellung, Befugnissen, Ausbildung und Namen imdeutschen Reich hat erst die RAO 1878 gebracht.

Aufsätze

Anwalt und Gericht im Zusammenspiel seit 1850, Prütt ing AnwBl 12 / 2018 663

An

waltsW

issen

Die strenge Lokalisierung des Rechtsanwalts bei einemGericht, wie sie § 8 RAO vorsah, war zwar von Anfang an ge-mäß § 10 RAO durch die Möglichkeit, eine Simultanzulas-sung zu erlauben, durchbrochen. Beim Kammergericht inBerlin wie insgesamt in Preußen wurde aber bei den Oberlan-desgerichten eine strenge Singularzulassung gewahrt, so dasssich hier eine eigene OLG-Anwaltschaft bildete, die zwar nichtrechtlich, aber faktisch eine hervorgehobene Stellung ein-nahm.

VI. Die Fortentwicklungim 20. Jahrhundert

Die Rechtsanwaltschaft im deutschen Kaiserreich hatte sichvon einem staatlich geregelten Berufsstand zu einem freienBeruf entwickelt. Aber der Rechtsanwalt des Jahres 1900 warein Generalist. Eine Spezialisierung im modernen Sinn gabes praktisch nicht, auch nicht bei den singular zugelassenenRechtsanwälten des Kammergerichts. Die zunehmende Di-versifizierung des Rechts und die Professionalisierung derGerichte erzwang im 20. Jahrhundert nahezu unvermeidbardie Spezialisierung der Anwaltschaft. Der Strafverteidiger,der Wirtschaftsanwalt, der Steuerrechtsexperte, der Familien-rechtler, der Arbeitsrechtler, sie alle wurden Stück für Stückbenötigt, um das Interesse des Mandanten an seinem Fallund das daraus entstandene Begehren des Mandanten ausrei-chend wahrnehmen zu können. So ist der Professionalisie-rung des 19. Jahrhunderts die Spezialisierung des 20. Jahr-hunderts gefolgt. Diese Entwicklung setzte sich unbeein-flusst von den Krisen- und Kriegszeiträumen des 20. Jahr-hunderts fort. Nicht einmal die Abschaffung der freien Advo-katur im Jahre 1935 und die Auflösung der Anwaltsvereine(1933), die Vertreibung der jüdischen Rechtsanwälte (ab1933) und die Diskriminierung der Rechtsanwältinnen (ab1936) durch die Nazis haben letztlich diese Gesamtentwick-lung gestoppt.

Heute steht dem professionellen, aber nicht selten nochimmer sehr generalistisch arbeitenden Richter der speziali-sierte Rechtsanwalt gegenüber, der hinter sich eine Gruppevon spezialisierten Kollegen und Mitarbeitern aufweist. DasVerhältnis von Richter und Anwalt hat sich daher gewandelt.Es ist nicht mehr ganz selten, dass der einzelne Richter klagt,er könne mit dem Anwalt in manchen Spezialbereichen nichtmehr auf gleicher Augenhöhe verhandeln.

VII. Fazit

Das Verhältnis von Richter und Rechtsanwalt hat einen ambi-valenten Charakter. Historisch betrachtet haben beide von-einander gelernt und ihre Professionalisierung wechselseitiggefördert. Das gilt in jüngster Zeit in gleicher Weise für dieberufliche Spezialisierung. Die großen Fortschritte in der An-waltschaft, die sich unter anderem in einer immer stärker di-versifizierten Fachanwaltschaft zeigen, bleiben nicht ohneWirkung auf die staatliche Gerichtsbarkeit. So haben die Jus-tizminister der Bundesländer in ihrer Herbstkonferenz 2017beschlossen, die Oberlandesgerichte, die Landgerichte unddie Amtsgerichte stärker und weitergehend einer Spezialisie-rung zuzuführen. Bereits mit Gesetz vom 28. April 2017(BGBl. I 969) hatte der Gesetzgeber durch Schaffung neuer

Spezialkammern und Spezialsenate bei den Landgerichtenund den Oberlandesgerichten erste wichtige Schritte in dieseRichtung unternommen. Insgesamt bleibt festzustellen, dasseine moderne und funktionsfähige Justiz beide Seiten benö-tigt, eine gut ausgebildete, professionelle und spezialisierteRichterschaft und eine in gleicher Weise qualifizierte Anwalt-schaft.

Aufsätze

664 AnwBl 12 / 2018 Anwalt und Gericht im Zusammenspiel seit 1850, Prütt ing

Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Hanns Prütting, KölnDer Autor ist Geschäftsführender Direktor des Institutsfür Anwaltsrecht an der Universität zu Köln und war Di-rektor des Instituts für Verfahrensrecht an der Univer-sität zu Köln.

Leserreaktionen an [email protected].

RReecchhttssggeesscchhiicchhttee

Professionalisierungjenseits der Paragraphen

Der Beruf des Zivilrichters im Wandel der Zeit

Prof. Dr. Reinhard Greger, Erlangen

Thema und Inhalt hat die Anwaltsblatt-Redaktion zusammengefasst.Der vollständige Aufsatz (AnwBl Online 2018, 983) erscheint in der An-waltsblatt-App und ist abrufbar unter www.anwaltsblatt.de/ao/2018-983(als PDF mit 3 Anwaltsblatt-Seiten) oder in der Anwaltsblatt-Datenbank(www.anwaltsblatt.de).

Thema: Veränderte Richterrolle

Von Richtern und Richterinnen werden vor allem Rechts-kenntnisse erwartet. Doch der zweite Blick auf die Professionzeigt, dass die Erwartungen sich ständig erhöht haben. Reich-te für die Ziviljustiz neben dem Rechtswissen lange ein – wieder Autor schreibt – „gerütteltes Maß an Lebenserfahrung“,hat sich mit dem Wandel von der Streitentscheidung zur güt-lichen Streitbeilegung in den vergangenen Jahrzehnten auchdas Anforderungsprofil geändert.

Inhalt: Erweiterter Kompetenz-Kanon

Der Autor schildert, wie sich seit Schaffung der ZPO 1877 dieAufgaben der Zivilrichter erweitert haben – und welche Kom-petenzen heute Richter und Richterinnen haben müssen, umdie ZPO-Vorschriften zur Prozessleitung, zur gütlichen Eini-gung oder zur Spezialisierung zu leben. Dazu gehört die spe-zifische Sachkunde in Fachgebieten (wie dem Baurecht), öko-nomische, psychologische und internationale Kompetenzsind genauso wichtig wie Verhandlungs- und IT-Fähigkeiten.

Kontext: 550 Jahre Kammergericht

Die Geschichte von 550 Jahren Kammergericht ist auch eineGeschichte der Professionalisierung der Rechtsprechung.Aus rechtskundigen Laien wurden Profi-Richter (die Richte-rinnen kamen erst spät im 20. Jahrhundert dazu). Das Befra-gen der Geschichte hilft, den Wert dieser Errungenschaft zuwürdigen.

Warum lesen?

Weil der Beitrag die zwingende Ergänzung des in diesemHeftes im Volltext abgedruckten Beitrags von Prütting zumZusammenspiel von Richtern und Anwälten ab 1850 ist (Prüt-ting, AnwBl 2018, 662).nil

RReecchhttssggeesscchhiicchhttee

Vorbereitungsdienst:Ein Erfolgsmodellerobert DeutschlandDie Professionalisierung der Juristenausbildungam Kammergericht im 18. und 19. JahrhundertRechtsanwalt Dr. Nicolas Lührig, Berlin

Thema und Inhalt hat die Anwaltsblatt-Redaktion zusammengefasst.Der vollständige Aufsatz (AnwBl Online 2018, 986) erscheint in der An-waltsblatt-App und ist abrufbar unter www.anwaltsblatt.de/ao/2018-986(als PDF mit 5 Anwaltsblatt-Seiten) oder in der Anwaltsblatt-Datenbank(www.anwaltsblatt.de).

Thema: Erfindung des Vorbereitungsdienstes

Der Vorbereitungsdienst ist – was viele nicht wissen – amKammergericht erfunden worden, allerdings nicht als Ergeb-nis einer planvollen Reform, sondern als Antwort auf dieMängel der Praxis.

Ab 1693 entwickelte sich am Kammergericht der obliga-torische Vorbereitungsdienst mit Abschlussprüfung für Rich-ter. Dieses Modell war so erfolgreich, dass es bald auf immermehr Gerichte in Preußen und die Anwaltschaft ausgedehntwurde. Zugleich wurden der Ausbildungsgang und das Prü-fungswesen (mit zentraler Prüfungskommission) immer aus-gefeilter, so dass die preußische Justiz „zur Pflanzschule“ fürRichter und Beamte wurde. Das preußische Modell, am Endezweistufig mit Studium und Referendariat, war ein so erfolg-reiches Ausleseverfahren, dass es im 19. Jahrhundert Grund-lage für den deutschen Einheitsjuristen wurde. Nachdem in-zwischen mehr Frauen als Männer ausgebildet werden, sollteallerdings eher von der Ausbildung zur Einheitsjuristin ge-sprochen werden.

Inhalt: Professionalisierung und Ausbildung

Als das Kammergericht 1468 als höfisches Gericht das ersteMal urkundlich erwähnt wurde, lag die Rechtsprechungnoch in den Händen von adeligen Laien, zwar rechtskundig,aber noch keine studierten Juristen. Erst im 18. Jahrhundertmussten sich (nicht nur in Preußen) die Laien endgültig ausder Justiz zurückziehen mussten. Von nun an waren für dasSprechen von Recht tatsächlich Rechtskenntnisse zwingend.

Die Professionalisierung der Rechtsprechung setzte im16. und 17. Jahrhundert ein, als die Praxis die Vorzüge einertheoretischen, wissenschaftlichen Ausbildung entdeckte – alsGarant für Rationalität und Effektivität von Gerichtsentschei-dungen. Im 18. Jahrhundert hielt die Theorie aber mit derPraxis nicht mehr Schritt: An den Universitäten wurde das ge-meine Recht gelehrt, für die in den Territorien geltenden Par-tikularrechte (mit ihren Land- und Stadtrechten) interessier-ten sich die Professoren nicht. Die Folge waren Juristen, diedas an den Gerichten angewendete Recht genauso wenig wiedie Verfahrensordnungen kannten (in Preußen mit demkomplizierten instruierten Verfahren, das noch nicht demMündlichkeitsprinzip folgte).

Dabei darf man unser heutiges Ausbildungssystem nichteins zu eins auf das 18. Jahrhundert übertragen. Die Ausbil-dung war zunächst ungeordnet und die Prüfungen lax. Der

Aufsätze

AnwBl 12 / 2018 665

Prof. Dr. Reinhard Greger, ErlangenDer Autor ist Professor i.R. an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (Institut für Deutschesund Internationales Privatrecht und Zivilverfahrensrechtsowie Institut für Anwaltsrecht und Anwaltspraxis).

Leserreaktionen an [email protected].

An

waltsW

issen

Vorbereitungsdienst (damals noch mit vorbereitender Auskul-tatur und Referendariat) wurde aber immer stärker ausdiffe-renziert. Die Prüfungen nahm ab der Mitte des 18. Jahrhun-derts eine zentrale Prüfungskommission ab. Preußen hatteschnell die Vorzüge einer professionalisierten Juristenausbil-dung erkannt.

So entwickelte sich ein Ausleseverfahren, das Adeligenund begüterten Bürgersöhnen Chancengleichheit bot. Damalswar es ein revolutionäres Novum, dass die fachlichen Fähig-keiten für eine Karriere (mit)ausschlaggebend waren. Bis zurMitte des 19. Jahrhunderts wurde das System perfektioniertund für alle juristischen Berufe obligatorisch. Eine verläss-liche und befähigte Staatsdienerschaft sollte zur Einheit despreußischen Staates führen.

Das preußische Modell war anderen Ausbildungsgängenin Deutschland so überlegen, dass es sich bei der Reichsgrün-dung 1871 in Deutschland durchsetzen konnte. Und bis heutestilbildend für die Juristenausbildung ist.

Kontext: 550 Jahre Kammergericht

Die ununterbrochene Rechtsprechungstradition des Kammer-gerichts über 550 Jahre lässt – bei allen Brüchen bei Zuschnittund Zuständigkeiten des Kammergerichts – deutlich hervor-treten, welche Kulturleistung die Professionalisierung vonRechtsprechung und in dessen Zuge der anwaltlichen Tätig-keit ist (siehe in diesem Heft Prütting, AnwBl 2018, 662).Ohne eine professionalisierte Juristenausbildung wäre dasnicht möglich gewesen.

Vieles, was für uns 2018 eine Selbstverständlichkeit ist,war lange nicht alltäglich und gängig. Zugleich macht derBlick auf mehr als 500 Jahre Juristenausbildung deutlich,dass die Professionalisierung des Rechts natürlich weiter vo-ranschreitet. Schon beim 600. Geburtstag des Kammer-gerichts werden unsere Kinder und Enkel anders über unsereZeit denken als wir.

Warum lesen?

Weil jeder Anwalt und jede Anwältin sich auf ihre ganz per-sönliche Weise an der Juristenausbildung abgearbeitet hat.Das Wissen über die Ausbildungsgeschichte kann ein Be-wusstsein dafür schaffen, warum wir Anwälte und Anwältin-nen so und nicht vielleicht besser auf das Berufsleben vor-bereitet worden sind.

Natürlich ist auch heute die Frage wieder aktuell, ob diezweistufige Juristenausbildung – die im 18. und 19. Jahrhun-dert einen Innovationsschub darstellte – auch heute noch zeit-gemäß ist. Denn die Erfindung des Vorbereitungsdienstesbeim Kammergericht war eine Antwort darauf, dass das gel-tende Recht an den Universitäten nicht gelehrt wurde undim Zivilverfahren das Mündlichkeitsprinzip noch galt.eb

RReecchhttssggeesscchhiicchhttee

Die Kammerrichter undder Kampf gegen denKindsmordDas ALR in der richterlichen PraxisRechtsanwalt Dr. Fabian Schroth, Berlin

Thema und Inhalt hat die Anwaltsblatt-Redaktion zusammengefasst.Der vollständige Aufsatz (AnwBl Online 2018, 991) erscheint in der An-waltsblatt-App und ist abrufbar unter www.anwaltsblatt.de/ao/2018-991(als PDF mit 6 Anwaltsblatt-Seiten) oder in der Anwaltsblatt-Datenbank(www.anwaltsblatt.de).

Thema: Unabhängigkeit des Richters

Das Kammergericht hatte schon im 18. Jahrhundert europa-weit einen geradezu legendären Ruf als Inbegriff der Un-abhängigkeit. Die Berichte und Legenden über den Müller-Ar-nold-Fall – als die Richter des Kammergerichts ihrem KönigFriedrich II. die Stirn boten, um den Vorrang des Rechtsdurchzusetzen – gehören zu jeder Jubiläumsveranstaltungdes Kammergerichts. Dass die Kammerrichter ihre Unabhän-gigkeit aber wirklich ernst nahmen, zeigt Ihr Kampf gegenden Kindsmord. Das „Nichtehenlichrecht“ des PreußischenAllgemeinen Landrechts (ALR) von 1794 setzten sie im Inte-resse der Mütter nichtehelicher Kinder gegen harte Wider-stände durch, allein bei der Höhe der Unterhaltsansprüchewaren sie zurückhaltend.

Inhalt: Das Preußische ALR – besser als sein Ruf

Das Preußische ALR ist von den Juristen des 19. Jahrhundertsignoriert worden, weil es rund 20.000 Paragraphen hatte –und auch heute wird es gerne verlacht. Der Autor stellt denReformgeist des Gesetzes mit seinem aufgeklärten Sendungs-bewusstsein vor und erläutert ganz konkret, wie die Kammer-richter die Stellung der nicht-ehelichen Mütter verbessernwollten.

Kontext: 550 Jahre Kammergericht

Die Jubiläumschrift „550 Jahre Kammergericht“ enthält nochviel mehr Aufsätze, die sich mit Meilensteinen der Rechtspre-chung des Gerichts auseinandersetzen.

Warum lesen?

Weil der Beitrag Anwältinnen und Anwälte deutlich vor Au-gen führt, wie gesellschaftlicher Wandel mit Hilfe des Rechtsvollzogen wird – und dieser Wandel nur möglich ist, wennAnwältinnen und Anwälte die Verfahren vorantreiben.nil

Aufsätze

666 AnwBl 12 / 2018

Dr. Nicolas Lührig, BerlinDer Autor ist Rechtsanwalt sowie Geschäftsführer desDeutschen Anwaltvereins und Mitglied der Haupt-geschäftsführung. Er leitet die Redaktion des Anwalts-blatts.

Leserreaktionen an [email protected].

Dr. Fabian Schroth, BerlinDer Autor ist Rechtsanwalt und Syndikusanwalt bei derFirma Wayfair GmbH in Berlin.

Leserreaktionen an [email protected].

RReecchhttssggeesscchhiicchhttee

Adolf Heilberg (1858–1936):Verehrt als Anwalt, vertriebenals Mensch – und vergessen?Die Geschichte eines Ehrenmitglieds des DAVim Kaiserreich und der Weimarer RepublikDr. Roland B. Müller, Dresden

Thema und Inhalt hat die Anwaltsblatt-Redaktion zusammengefasst.Der vollständige Aufsatz (AnwBl Online 2018, 997) erscheint in der An-waltsblatt-App und ist abrufbar unter www.anwaltsblatt.de/ao/2018-997(als PDF mit 12 Anwaltsblatt-Seiten) oder in der Anwaltsblatt-Datenbank(www.anwaltsblatt.de).

Thema: Wer war Adolf Heilberg?

Die Lebensgeschichte von Adolf Heilberg – Rechtsanwalt inBreslau ab 1879 – ist nahezu unbekannt, obwohl er zu seinem70. Geburtstag am 14. Januar 1928 mit Ehrungen und An-erkennungen überhäuft wurde. Dazu gehörte auch die Ehren-mitgliedschaft im Deutschen Anwaltverein. Kurz nach sei-nem 75. Geburtstag musste der OLG-Anwalt 1933 seine Kanz-lei aufgeben, flüchtete nach Berlin und starb 1936 bei einemUnfall.

Inhalt: Ein Leben für das Recht

Adolf Heilberg war nicht nur ein gefragter Anwalt (Bergrechtund Zivilrecht), sondern engagierte sich auch als Kommunal-politiker und für den Völkerfrieden. Mit dem Inkrafttreten derZPO Rechtsanwalt geworden, war er für alle Neuerungen imRecht zu gewinnen. In der Rechtsanwaltskammer war erebenso wie im Deutschen Anwaltverein aktiv. Nach der Jahr-hundertwende gehörte er zu den Reformern im DAV, die1909 den alten Vorstand kippten.

Kontext: Nazis tilgten die Erinnerung

Die Nazis sorgten 1933 sofort dafür, dass die Erinnerung anden Juden Heilberg, ihrem erklärten Gegner, getilgt wurde.Mit Erfolg: In der DDR interessierte sich niemand für denbürgerlichen Demokraten und in der alten Bundesrepublikverhinderte das Tabu, dass die Beschäftigung mit Breslau inden Geruch von Revanchismus kommen könnte, die For-schung.

Warum lesen?

Weil der Beitrag einen unschätzbaren Blick auf die Anwalt-schaft (mit Anwaltverein und Kammern) vor allem im Kaiser-reich wirft – und en passant deutlich wird, wie der DAV 1933von den Nazis gleichgeschaltet wurde.nil

RReecchhttssggeesscchhiicchhttee

„Palandt umbenennen“ –welche Alternativen dieInitiative favorisiertRück- und Ausblick nach einem Jahr Diskussionzur Umbenennung des „Palandts“Janwillem van de Loo, Hamburg

Thema und Inhalt hat die Anwaltsblatt-Redaktion zusammengefasst.Der vollständige Aufsatz (AnwBl Online 2018, 1009) erscheint in der An-waltsblatt-App und ist abrufbar unter www.anwaltsblatt.de/ao/2018-1009(als PDF mit 3 Anwaltsblatt-Seiten) oder in der Anwaltsblatt-Datenbank(www.anwaltsblatt.de).

Thema: Die Initiative und ihr Ziel

Im September 2018 war es genau ein Jahr her, dass die Initia-tive „Palandt umbenennen“ über Fachartikel und eine Petiti-on mit ihrem Anliegen an die Öffentlichkeit ging. Ihr Ziel:Der vom Beck-Verlag herausgegebene BGB-Kommentar sollnicht länger nach Otto Palandt, bekannter NS-Jurist und Prä-sident des Reichsjustizprüfungsamtes, heißen. Mehr als 30Organisationen unterstützen inzwischen das Anliegen, da-runter auch der Hamburgische Anwaltverein (siehe in diesemHeft Lindhorst, AnwBl 2018, 692).

Inhalt: Der Vorschlag der Initiative

Die Initiative schlägt vor, den BGB-Kommentar nach OttoLiebmann zu benennen. Liebmann hatte im Kaiserreich sei-nen juristischen Verlag gegründet und musste ihn – weil erjüdischen Glaubens war – 1933 im Wege der „vornehmen Ari-sierung“ an Heinrich Beck verkaufen. Aus den von Liebmannbegründeten Taschenkommentaren wurden die Beck’schenKurzkommentare.

Kontext: Das Justizunrecht aufarbeiten

Die Initiative und die Reaktionen darauf zeigen, dass jede Ju-ristengeneration von neuem ihre Haltung zum Justizunrechtder Nazis erarbeiten muss. Dass Otto Palandt ein Nazi-Juristwar, ist so neu nicht – regt inzwischen aber auf.

Warum lesen?

Weil die Zusammenfassung der aktuellen Diskussion zeigt,dass es keine Argumente dafür gibt, ein unkritisches Er-innern an Otto Palandt mit jeder Neuauflage fortzusetzen.nil

Aufsätze

AnwBl 12 / 2018 667

Dr. Roland B. Müller, DresdenDer Autor – inzwischen im Ruhestand – arbeitet wis-senschaftlich zur Geschichte Breslaus, woraus mehre-re Veröffentlichungen und Ausstellungen hervorgingen.

Leserreaktionen an [email protected].

Janwillem van de Loo, HamburgDer Autor ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehr-stuhl für Europa- und Völkerrecht an der UniversitätHamburg (Prof. Dr. Markus Kotzur). Zusammen mit an-deren hat er die Initiative „Palandt umbenennen!“ ge-gründet.

Leserreaktionen an [email protected].

An

waltsW

issen

RReecchhttssggeesscchhiicchhttee

Die Badische Revolution –und woran sie 170 Jahrespäter mahntAnwälte brachten Demokratie, Freiheit undRechtsstaatlichkeit nach DeutschlandRechtsanwalt Prof. Dr. Ralph Landsittel, Mannheim

Thema und Inhalt hat die Anwaltsblatt-Redaktion zusammengefasst.Der vollständige Aufsatz (AnwBl Online 2018, 1012) erscheint in der An-waltsblatt-App und ist abrufbar unter www.anwaltsblatt.de/ao/2018-1012(als PDF mit 4 Anwaltsblatt-Seiten) oder in der Anwaltsblatt-Datenbank(www.anwaltsblatt.de).

Thema: 170 Jahre Badische Revolution

Die Grund- und Menschenrechte sind einst hart erkämpftworden – vorneweg waren die Anwälte. Die Badische Revolu-tion 1848 wurde zwar niedergeschlagen, die damals formu-lierten Freiheitsideen lebten aber weiter – und setzten sichspäter glanzvoll durch. Sie fanden 1948 Eingang in dasGrundgesetz.

Inhalt: Anwälte machen Geschichte

Die Badische Revolution ist vor allem von Anwälten voran-getrieben worden. Doch der Streit zwischen den gemäßigtenLiberalen und den radikalen Demokraten schwächte die Revo-lution. Die zentralen Forderungen des Volkes waren damalsVolksbewaffnung mit freier Wahl der Offiziere, unbedingtePressefreiheit, Schwurgerichte nach dem Vorbild Englandsund die sofortige Herstellung eines Parlaments – am Endeging es aber um Freiheit, Demokratie und Rechtsstaat.

Kontext: Die Freiheit verteidigen

So wirkmächtig am Ende die Badische Revolution war, so soll-ten Anwältinnen und Anwälte wachsam bleiben. Die Glau-bens-, Gewissens-, Lehr- und Pressefreiheit wird nicht nur infernen, sondern auch in europäischen Ländern und sogarwieder in Deutschland bekämpft.

Warum lesen?

Weil der Beitrag einen präzisen Überblick über die BadischeRevolution bietet – und er zeigt, dass Anwälte Revolutionäresdenken und leisten können.nil

RReecchhttssggeesscchhiicchhttee

Pfälzische Rechtsanwälteim Vormärz und währendder Revolution von 1848/49Anwälte in der Pfalz als Repräsentantender bayerischen OppositionProf. Dr. Wilhelm Kreutz, Mannheim

Thema und Inhalt hat die Anwaltsblatt-Redaktion zusammengefasst.Der vollständige Aufsatz (AnwBl Online 2018, 1016) erscheint in der An-waltsblatt-App und ist abrufbar unter www.anwaltsblatt.de/ao/2018-1016(als PDF mit 5 Anwaltsblatt-Seiten) oder in der Anwaltsblatt-Datenbank(www.anwaltsblatt.de).

Thema: Kein Parlamentarismus ohne Anwälte

Der Deutsche Parlamentarismus lebt seit dem 19. Jahrhun-dert davon, dass sich vor allem Juristen in den Parlamentenengagierten. Im Vormärz und während der Revolution 1848/49 waren die pfälzischen Rechtsanwälte besonders aktiv – einGrund mag auch gewesen sein, dass die Pfalz nach 1801 fran-zösisch wurde. Die Bürger verteidigten die gesellschaftlich-po-litischen Errungenschaften der Franzosenzeit als die Pfalznach dem Wiener Kongress 1816 Bayern zugeschlagen wur-de.

Inhalt: Die Anwälte aus der Pfalz

Im bayerischen Landtag wurde die Opposition maßgeblichvon Abgeordneten aus der Pfalz geführt, darunter vor allemab 1830 auch Anwälte. Der Autor zeichnet die wechselvolleGeschichte der Freiheitsbewegung (mit dem HambacherFest 1832) nach, deren Höhepunkt dann im Frühjahr 1848die Wahlen zur ersten deutschen Nationalversammlung wa-ren. In zehn pfälzischen Wahlkreisen setzten sich sechs An-wälte durch. Durch Nachrücker waren es später neun Anwältevon 13 Abgeordneten.

Kontext: Anwälte als Freiheitskämpfer

Die Entwicklung eines Rechtsstaats, das Erkämpfen von Frei-heitsrechten wie der Pressefreiheit und das Ausbilden demo-kratischer Staatsstrukturen wäre im 19. Jahrhundert ohnekämpferische und mutige Anwälte nicht möglich gewesen.Der Blick in die Geschichte mahnt, diese Errungenschaftenkonsequent zu verteidigen.

Warum lesen?

Wie mühsam der Kampf für Freiheit, Recht und Demokratiewar, wird in dem Beitrag deutlich, der die Entwicklungslinienbeschreibt und zu einem facettenreichen Bild zusammenfügt.nil

Aufsätze

668 AnwBl 12 / 2018

Prof. Dr. Ralph Landsittel, MannheimDer Autor ist Rechtsanwalt. Er ist Vorsitzender desMannheimer Anwaltsvereins.

Leserreaktionen an [email protected].

Prof. Dr. Wilhelm Kreutz, MannheimDer Autor ist außerplanmäßiger Professor für NeuereGeschichte an der Universität Mannheim.

Leserreaktionen an [email protected].

EUROPEAN LAWYERS IN LESVOS: BITTESPENDEN SIE JETZT, UM ASYLSUCHENDEN IMFLÜCHTLINGSCAMP MORIA AUF LESBOS ZUHELFEN

Mehr als 9.000 Menschen leben auf engstem Raumim Flüchtlingscamp Moria, das nur Platz für 3.100bietet. Von der BBC wurde es kürzlich als „dasschlimmste Flüchtlingscamp der Welt“ bezeichnet.Die große Mehrheit der in Moria lebendenMenschen ist aus Syrien, Afghanistan oder demIrak nach Griechenland geflohen. Mehr als dieHälfte von ihnen sind Frauen und Kinder, über 300davon unbegleitete Minderjährige.

Jeder in Moria ankommende Flüchtling muss einlanges, komplexes und sich ständig veränderndesAsylverfahren durchlaufen. Ohne den Zugang zueinem Anwalt kennen Asylsuchende oft weder ihreRechte, noch verstehen sie den Ablauf desVerfahrens oder die Kriterien, nach denen überihren Asylantrag entschieden wird.

Unser Team besteht aus griechischen undeuropäischen Asylrechtsanwälten und bietet seit2016 kostenlose, unabhängige Rechtsberatung fürAsylsuchende auf Lesbos an. DiesesRechtsberatungsprojekt war ursprünglich eineInitiative des Deutschen Anwaltvereins (DAV) undder Europäischen Anwaltvereinigung CCBE inKooperation mit griechischen Anwaltskammern.Mittlerweile ist European Lawyers in Lesvos einegemeinnützige und unabhängige Gesellschaft.

In den letzten zwei Jahren konnten wir über 8.100Menschen kostenlos juristisch beraten. Wir sinddie einzige Organisation, die darauf spezialisiert ist,Asylsuchende individuell zu beraten. Durch unsereArbeit stellen wir sicher, dass jeder Asylsuchendeein faires Verfahren bekommt und seine Rechtewirksam ausüben kann. Unsere Arbeit hat somiteinen direkten Einfluss auf das Leben derMenschen: Nach einer Beratung und Vorbereitungdurch uns wurde in 74,5 % der Fälle Asyl gewährt(Durchschnitt in Griechenland 46,5 %).

So haben wir fast 2.100 Menschen, die auf Grundphysischer Verletzungen und Krankheiten oderpsychischer Traumata besondere Bedürfnissehaben, dabei geholfen als besondersschutzbedürftig anerkannt zu werden. Diesbedeutet, dass sie Moria verlassen und auf dasgriechische Festland ziehen können, wo sieZugang zu besserer Betreuung haben. Wir habenauch über 650 Menschen bei ihrerFamilienzusammenführung geholfen.

Da die Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälteehrenamtlich arbeiten, können die Kosten geringgehalten werden: Der finanzielle Aufwand für diePro-bono-Beratung durch einen erfahreneneuropäischen Asylrechtsanwalt liegt bei 25 € proBeratung.

Wir brauchen dringend finanzielle Unterstützungum unsere Arbeit fortzusetzen – der Bedarf nachRechtsberatung auf Lesbos ist größer als jemalszuvor und wächst ständig, denn fast täglicherreichen mehr Menschen Lesbos. Dieses Jahrsind bereits doppelt so viele Asylsuchendeangekommen wie im selben Zeitraum des letztenJahres.

Mit zusätzlichen finanziellen Mitteln können mehrAnwälte und Übersetzer unser Team mit ihrerArbeit unterstützen. Das ermöglicht es uns mehrMenschen zu helfen - konkret bedeutet das, dassmehr Menschen Asyl gewährt bekommen, mehrMenschen mit ihren Familien zusammengefürt werden und mehr kranke, verletzte undtraumatisierte Menschen als besondersschutzbedürftig anerkannt werden.

Bitte helfen Sie uns mit Ihrer SpendeMenschenrechte und Rechtsstaatlichkeit zuschützen: www.elil.eu/jetztspenden/.

Dort können Sie direkt spenden oder Sieüberweisen Ihre Spende auf das unten genannteKonto:

Empfänger: European Lawyers in Lesvos gGmbHBank: Deutsche Bank, Otto-Suhr-Allee 6–16,10585 BerlinIBAN: DE95 1007 0024 0088 9998 00SWIFT/BIC: DEUTDEDBBER

Wir sind eine gemeinnützige Organisation.Spenden an uns sind daher von der Steuerabsetzbar.

Weitere Informationen unter: www.elil.eu

Vielen Dank für Ihre Unterstützung!European Lawyers in Lesvos

Anzeige

Das Weihnachtsfest und damit die Zeitder (un)erfüllten Wünsche rückt immernäher. Doch was steht auf dem Wunsch-zettel der Anwaltschaft? Das SoldanInstitut hat im Rahmen der Befragungzum Berufsrechtsbarometer 2017 denzufällig ausgewählten Anwältinnen undAnwälte erstmals die Möglichkeit einge-räumt, selbst den aus ihrer Sicht beste-henden Reformbedarf zu benennen. DieRedaktion des Anwaltsblatts hat einenBlick auf den Wunschzettel der Anwalt-schaft werfen dürfen und dokumentiertnachfolgend Bemerkenswertes. WennSie einen Wunsch frei hätten – welcheÄnderung des Berufsrechts ist Ihnenpersönlich wichtig?“

Stellung des Rechtsanwalts• Stärkung der Position des Rechtsanwalts als freies Organder Rechtspflege

• Sicherung der anwaltlichen Unabhängigkeit

Regulierungsansatz

1 G R U N D F R A G E N

5 F A C H A N W A LT S C H A F T E N

2 B E R U F S B I L D U N G

Soldan Institut

AnwBl 12 / 2018670

Pro- keine weitere Regulierung,sondern eher Öffnung undRegulierungsabbau- grundsätzlich muss das Berufs-recht freier werden. Es mussan die digitale Welt angepasstwerden. Es muss zukünftigenBerufsfeldern der Anwaltschaftoffener gegenüberstehen. Über-kommene Traditionen und unnö-tige Beschränkungen der Hand-lungsfreiheit sind abzuschaffen.

Contra- keine weitere Form der De-regulierung, die letztlich immermehr dazu führt, dass derAnwalt sich vorrangig alsUnternehmer begreifen muss,um zu überleben- das Berufsrecht sollte strenggehandhabt werden

Ausbildung• spezielle Anwaltsausbildung und -praxis zwischen2. Staatsexamen und Anwaltszulassung

• Aufgabe des Zugangs zum Anwaltsberuf über dieBefähigung zum Richteramt; die Befähigung zumRichteramt qualifiziert nicht zwangsläufig für eine Tätigkeitals Rechtsanwalt; Schaffung eigener Vorschriften

Fortbildung

3 Z U L A S S U N G S R E C H T

Inkompatibilitäten• kein Zugang von pensionierten Juristen (ehemaligeRichter, Verwaltungsbeamte) zum Anwaltsberuf

• Erweiterung nebenberuflicher Betätigungsmöglichkeiten

Zulassung zur BGH-Anwaltschaft• BGH-Zulassung für alle Rechtsanwälte

4 A N W A LT L I C H ES E L B S T V E R W A LT U N G

Kammern• Abschaffung derPflichtmitgliedschaft in derRechtsanwaltskammer

• Mehr Transparenz bei allenKammern

Pro- überprüfte Fortbildungspflichtfür alle Rechtsanwälte

Contra- keine weitere Einengungdurch Pflichtfortbildungen

Fachanwaltsgebiete• Reduzierung der Zahl der Fachanwaltschaften

Pro- Begrenzung der Fachanwalts-titel auf 1 bis 2 je Berufsträger

Contra- Abschaffung der Eingrenzungauf 3 Fachanwaltstitel

Verleihungsvoraussetzungen• Erleichterung der Zugangsvoraussetzungen für denFachanwalt – Fallzahlen sind teilweise überzogen

Fortbildung• regelmäßiger Nachweis praktischer Tätigkeit für Fachanwaltstitel

Pro- mehr Fortbildungsstundenfür Fachanwälte;15 Stunden sind zu wenig!

Contra- weniger Pflichtfortbildungfür Fachanwälte

Reform-wünsche derAnwaltschaftWas steht auf dem Wunschzettel?

AnwBl 12 / 2018 671

8 B E R U F S P F L I C H T E N

Werberecht (§ 43b BRAO)

Rechtsformen• Öffnung weiterer Rechtsformen für die Anwaltschaft zum BeispielGmbH & Co. KG

Interprofessionelle Berufsausübung (§ 59a BRAO)

Sonstige Berufspflichten• Abschaffung des Robenzwangs(§ 20 BORA)

Pro- Öffnung der interprofessionellenZusammenarbeit von Rechtsan-wälten mit anderen Berufsträgern

Contra- § 59a BRAO sollte nichtgeändert werden

Pro- weitere Liberalisie-rung des Rechtsder anwaltlichenWerbung /Werbefreiheit

Contra- Verschärfung derAnforderungenan anwaltlicheWerbung

FremdkapitalPro- Fremdbesitzverbot abschaffen

Contra- strenges Fremdbesitzverbot

6 K A N Z L E I7 S O Z I E TÄT S R E C H T

Kanzleipflicht• Lockerung der Kanzlei-pflicht aufgrund dergeänderten Kommuni-kationsmöglichkeiten

Vertreterbestellung• Erleichterungen derVertretungsregelungen(§ 53 BRAO)

beA• Keine Pflicht zur Nutzungdes besonderen elektroni-schen Anwaltspostfachs

1 0 A N W A LT S M A R K T

Kollegialität• Festschreibung des höflichen undwürdigen Umgangs der Kollegenuntereinander und mit Gerichten

Professionsinterner Wettbewerb• Rückbesinnung auf Probleme derEinzelanwälte / Berücksichtigungauch der Interessen von Klein- undEinzelkanzleien

• Verbot von Rechtsberatung vonNicht-Rechtsanwälten

Ausblick

Das Meinungsbild der Anwaltschaft zuFragen des Reformbedarfs ihres Berufs-rechts zeigt eine große Bandbreite vonNennungen. Hierbei kann nicht über-raschen, dass aktuelle „Reizthemen“häufig genannt werden. Es werden aberauch Themen identifiziert, die nichtunbedingt im Zentrum der öffentlichdiskutierten Reformagenda stehen.Manche Themen sind vor allem bemer-kenswert durch die in den Antwortenzum Ausdruck kommenden Extrempo-sitionen. Dies lässt deshalb auch auf ei-ne gespaltene Anwaltschaft schließen.Der bunte Strauß an Antworten istschließlich auch eine Mahnung, die Be-dürfnisse der Einzelanwälte nicht ausdem Blick zu verlieren. Nachdenklichstimmt schließlich die immer wieder er-hobene Forderung nach mehr Kollegia-lität, aus der wohl nicht eine falsch ver-standene Hintanstellung von Mandan-teninteressen abzuleiten ist, sonderndie ehrliche Sorge um einen schwin-denden inneren Zusammenhalt einesin Teilgruppen zerfallenden, früherdeutlich homogeneren Berufsstands.

Prof. Dr. MatthiasKilian, Köln

Der Autor ist Direktordes Soldan Instituts.Er lehrt und forscht ander Universität zu Köln.Leserreaktionen [email protected]

9 V E R G Ü T U N G

Gesetzliche Vergütung• Anpassung der RVG-Gebühren•Wiedereinführung derBeweisgebühr

Vereinbarte Vergütung• Mehr Freiheiten zur Verein-barung eines Erfolgshonorars

Staatliche Kostenhilfe• Abschaffung der Pflicht zurÜbernahme von Beratungs-hilfemandaten

Anwaltsgeschichte/-soziologieProf. Dr. Matthias Kilian, Köln

Seit nunmehr 15 Jahren werden an dieser Stelle zum Jahres-ende stets Werke zur Anwaltschaft mit historischem Inhaltvorgestellt. Nicht in jedem Jahr war es leicht, eine ausreichen-de Anzahl geschichtlicher Arbeiten aufzuspüren. In diesemJahr hat diese Suche keine Mühe bereitet, mehrere interessan-te Werke sind in den zurückliegenden Monaten veröffentlichtworden. Eine bemerkenswerte Koinzidenz ist, dass sich zweidieser Werke mit Leben und Wirken zweier Rechtsanwälte be-fassen, die für jeden an Anwaltsrecht und AnwaltsgeschichteInteressierten vertraute Begleiter sind, weil sie Autoren derüber Jahrzehnte wichtigsten Anwaltsliteratur waren – MaxFriedlaender einerseits und Adolf Weißler andererseits.

1 Max Friedlaender (1873–1956) gehörte vor der »Macht-ergreifung« der Nationalsozialisten zu den bekanntesten

Rechtsanwälten im Deutschen Reich. Anwaltsrechtlern ist ervor allem bekannt als Autor des lange Jahrzehnte einzigenKommentars zur Rechtsanwaltsordnung von 1878, der, ge-meinsam mit seinem Bruder Adolf verfasst, in Erstauflage1908 erschien und 1920 und 1930 Folgeauflagen sah. In die-sem Kommentar durchdachte Friedlaender erstmals viele an-waltsrechtliche Fragestellungen und legte immer wiederGrundlagen für eine Fortentwicklung des Anwaltsrechts. Bisheute sind seine Kommentierungen für vertieft im Anwalts-recht Forschende unverzichtbare Referenzwerke. Den Natio-nalsozialisten waren sie trotz der juristischen Brillanz ihresAutors ein Dorn im Auge, war Friedlaender doch Jude. Hastigwurde 1934 ein schmalbrüstiger, ideologisch getränkter Kurz-kommentar publiziert, um den „Friedlaender“ entbehrlich zumachen – ironischerweise durch umfängliches Plagiieren sei-ner Inhalte. Im Dritten Reich entrechtet und seiner Arbeits-grundlagen beraubt, fand Friedlaender in Großbritannieneine neue Heimat – wenn auch nicht beruflich, sondern nurprivat. Dort verfasste er (neben dem bekannten Werk „Rechts-anwälte und Anwaltsprobleme in der schönen Literatur“)auch seine Lebenserinnerungen, die mit Zustimmung vonFriedlaenders Erben lange Jahre in Auszügen von der BRAK

über deren Website der Öffentlichkeit zugänglich gemachtwurden. Eine von Tillmann Krach und Reinhard Weber edierteVersion dieser Lebenserinnerungen ist nun mit Unterstüt-zung des Bayerischen Anwaltsverbands, dessen MitbegründerFriedlaender 1919 war (und der seit 2001 zu seinem Gedenkenden Max Friedlaender-Preis verleiht), in Buchform erschie-nen. Sie sind von den Herausgebern behutsam um rein pri-vate Inhalte bereinigt und um zahlreiche Anmerkungen undeinen umfangreichen biografischen Anhang angereichertworden. In seinen Lebenserinnerungen zieht Friedlaender Bi-lanz, berichtet von seiner Familie und ihrem Verhältnis zumJudentum, schildert seine schulische sowie juristische Ausbil-dung und beschreibt die erfolgreiche Karriere als Anwalt inMünchen und als überregional bekannter Experte für anwalt-liches Standesrecht. Sie endete im Dritten Reich mit dem Be-ginn der staatlich sanktionierten Diskriminierung und gesell-schaftlichen Ächtung, deren Ursachen er analysiert. 1938flüchtete Friedlaender in letzter Minute aus Deutschland aufUmwegen nach England, wo er 1956 starb. Ein auch verlags-seitig liebevoll betreutes Werk, das einer bedeutenden An-waltspersönlichkeit eine angemessene literarische Referenzerweist.

2 Ähnlich bekannt wie Friedlaender ist in Fachkreisen AdolfWeißler (1855–1919), den Wolf-George Harms mit der Do-

kumentation „Adolf Weißler: Rechtsanwalt – Notar – Justizrat“geehrt hat. In der Anwaltschaft war und ist Weißler vor allemfür sein 1904 erschienenes historisches Standardwerk „Diedeutsche Rechtsanwaltschaft“ bekannt. Harms zeigt anschau-lich auf, dass Weißler – ganz im Gegensatz zu Friedlaender –gleichwohl lange Zeit fast vollständig vergessen war. Erst injüngerer Zeit wird sein Andenken wieder intensiver gepflegt,wissenschaftlich u.a. durch den Hochschullehrer Armin Hö-land in Halle, dem Ort des langjährigen beruflichen WirkensWeißlers. Während Anwälte mit dem Namen Weißler vor al-lem sein anwaltsgeschichtliches Standardwerk assoziieren,ist er unter Notaren eher bekannt als Begründer des Deut-schen Notarvereins und des Vorläufers der DNotZ als der no-tarrechtlichen Standardzeitschrift. Das Werk von Harms istkeine Biographie, sondern eine Dokumentation. Es trägt zahl-reiche Dokumente und Berichte zusammen, die Einblicke indas Leben und Wirken Adolf Weißlers geben – sie reichen vonder Wiedergabe von Inhalten seiner Personalakten über Kor-respondenz im Vorfeld der Gründung des Notarvereins, seinWerkverzeichnis bis hin zu seinem Abschiedsbrief, den erbei seinem Freitod 1919 hinterließ. Mit diesem Ansatz willdas Werk Forschung zu Adolf Weißler ermöglichen und sienicht überflüssig machen. Wer wie der Rezensent Freude ander Arbeit mit historischen Primärquellen hat, wird sich da-her gerne des neuen Titels bedienen. Wer eher an einem bio-graphischen Titel interessiert ist, hat eine aktuelle Alternative:Jüngst ist auch ein Buch zu Friedrich Weißler erschienen, demSohn Adolf Weißlers. Friedrich Weißler (1891–1937) war eben-falls Jurist, ging aber in den Justizdienst und wurde 1932Landgerichtsdirektor in Magdeburg. Nach seiner Entlassungaus dem Justizdienst 1933 schloss er sich der BekennendenKirche an, engagierte sich im Widerstand und kam 1937 imKZ Sachsenhausen zu Tode. Das Werk „Friedrich Weißler:Ein Jurist und bekennender Christ im Widerstand gegen Hitler“des bekannten Historikers Manfred Gailus erzählt die Famili-engeschichte der Weißlers seit 1900 und bettet sie in die poli-tik- und kulturgeschichtlichen Kontexte des 20. Jahrhundertsein.

Bücherschau

672 AnwBl 12 / 2018

3 Friedrich Weißler wird auch in dem von der Stiftung Adamvon Trott, Imshausen e.V. herausgegebenen Werk „Die

Rolle der Juristen im Widerstand gegen Hitler“ mit einem Por-trait geehrt. Das Werk ist als Festschrift zum 100. Geburtstagdes 1945 zum Tode verurteilten Juristen Friedrich Justus Perelskonzipiert. Ihr Herzstück bilden sechs Portraits. In diesenwerden neben Weißler und naturgemäß Perels auch Josef Wir-mer, Exponent des katholischen Widerstands und designierterJustizministers einer Regierung des 20. Juli, porträtiert, Adamvon Trott zu Solz, Jurist im Kreisauer Kreis und RichardSchmid, Anwalt der illegalen Sozialistischen Arbeiter Partei,zu der der junge Willy Brandt gehörte. Hinzu kommt ein Por-trait über Wolfgang Abendroth, der aus der kommunistischenOpposition kam, später Mitglied der SPD war und der Ver-einigung Deutscher Staatsrechtslehrer angehörte. Eingerahmtsind diese Porträts von Betrachtungen zu Rechtsdenken undRechtspraxis im Widerstand gegen den Nationalsozialismusund zu den völkerrechtlichen Reaktionsmöglichen auf NS-Unrecht. Die theologische Dimension des christlich begrün-deten Widerstands rundet der Text einer Andacht ab, die aufder Festveranstaltung zum 100. Geburtstags Perels im Jahr2010 gehalten wurde. Die Beiträge des Buchs dokumentierendiese Veranstaltung.

4 Michael Kißener und Andreas Roth analysieren in ihrerStudie „Notare in der nationalsozialistischen Volksgemein-

schaft“ die Praxis des Notarberufs in der NS-Zeit in einer zwei-fachen, sich ergänzenden Annäherung aus zeitgeschichtlicherund rechtshistorischer Perspektive. Die Untersuchung erfolgtam Beispiel der westfälischen Landgerichtsbezirke Dort-mund, Hagen und Münster-Land. Im Mittelpunkt steht dieFrage nach dem Platz der Notare in der von den Nationalso-zialisten propagierten „Volksgemeinschaft“. Die Verfasser ar-beiten heraus, mit welchen Erwartungen Notare von Seitendes NS-Regimes konfrontiert waren. Anhand von statisti-schen Erhebungen, der Analyse von Personalakten und derUrkundenüberlieferung zeigen sie, wie die Notare auf diesenErwartungsdruck reagierten und wie sie den ihnen verbliebe-nen Handlungsspielraum bei der Ausübung ihres Berufesnutzten. Vor diesem Hintergrund wird insbesondere die Rolleder Notare in den „Arisierungsverfahren“ beleuchtet, in denenjüdische Unternehmer und Privatleute um ihr Eigentum ge-bracht wurden.

5 Nicht nur das westfälische Notariat, auch die westfälischeRechtsanwaltschaft war Gegenstand einer historischen

Aufarbeitung. Dieter Finzel, langjähriger Präsident der RAKHamm und ihr heutiger Ehrenpräsident, hat es sich nach sei-nem Ausscheiden aus dem Präsidentenamt nicht nehmenlassen, „seine“ Rechtsanwaltskammer mit der Erarbeitung ei-ner opulenten Kammergeschichte zu beschenken. Das Buchbehandelt die „Geschichte der Rechtsanwaltskammer Hamm“ab ihrer Gründung im Jahre 1879. Da diese in die Geschichteder deutschen Anwaltschaft eingebettet ist, orientiert sich dieDarstellung an den geschichtlichen Epochen, beginnend mitden Reichsjustizgesetzen von 1877/79 und endend mit derEinrichtung des beA 2018. Das erste Kapitel umfasst die Zeitvom Inkrafttreten der RAO 1878 bis zum Beginn der NS-Dik-tatur. Erläutert wird, wie und weshalb Hamm Sitz der Rechts-anwaltskammer wurde, gefolgt von einer Darstellung zuKammer und OLG Hamm im Wandel der Zeit sowie zu denberufsrechtlichen und wirtschaftlichen Problemen der An-waltschaft. Das zweite Kapitel schildert, wie unter der NS-Dik-tatur die verfasste Anwaltschaft von der Umwälzung des ge-samten Staatsapparates erfasst wurde. Im dritten Kapitelgeht es um die wirtschaftliche und berufsrechtliche Lage derAnwaltschaft in der Zeit von 1945 bis 1949 in der britischenBesatzungszone. Das vierte Kapitel stellt die Zeit bis zum In-krafttreten der BRAO im Jahre 1959 dar. Um die Entstehungs-geschichte und die vielfältigen Änderungen der BRAO geht esim 5. Kapitel. Das abschließende 6. Kapitel umfasst den Zeit-raum ab 1997 und die Entwicklung der RAK Hamm zu einem„modernen Dienstleistungsunternehmen“. Ein Anhang liefertumfassende Informationen über Personalia der Anwaltskam-mer im behandelten Zeitraum.

Bücherschau

AnwBl 12 / 2018 673

1Max Friedlaender –Lebenserinnerungen

Bayerischer Anwaltver-band (Hrsg.),Richard Boorberg Ver-lag 2018, 454 S.,978-3-415-06367-9,98 Euro.

2Adolf Weißler:Rechtsanwalt – Notar– Justizrat: 1855–1919

Wolf-George Harms,Deutscher Notarverlag,Bonn 2017, 293 S.,978-3-95646-127-9,48,50 Euro.

Friedrich Weißler: EinJurist und bekennen-der Christ im Wider-stand gegen Hitler

Manfred Gailus,Vandenhoek & RuprechtVerlage, Göttingen2017, 316 S.,978-3-52530-109-8,23,99 Euro.

3Die Rolle der Juristenim Widerstand gegenHitler: Festschrift fürFriedrich Justus Pe-rels

Stiftung Adam von Trott,Imshausen e.V. (Hrsg.),Nomos-Verlag, Baden-Baden 2017, 232 S.,978-3-8487-4353-7,68 Euro.

4Notare in der natio-nalsozialistischenVolksgemeinschaft

Michael Kißener/An-dreas Roth,Nomos-Verlag, Baden-Baden 2017, 502 S.,978-3-8487-4212-7,59 Euro.

5Die Geschichte derRechtsanwaltskam-mer Hamm

Dieter Finzel,Verlag de Gruyter, Berlin2018, 501 S.,978-3-11061-410-7,109,95 Euro.

Prof. Dr. Matthias Kilian, KölnDer Autor ist Inhaber der Hans-Soldan-Stiftungs-professur an der Universität zu Köln und Direktor desSoldan Instituts.

Leserreaktionen an [email protected].

An

waltsW

issen

beA – wer traut sich?Wann darf man bei Missgeschicken mitWiedereinsetzung rechnen?Rechtsanwältin Antje Jungk, Allianz Versicherungs-AG, München

Wenn wir über Büroorganisation nachdenken, zäumen wiroft das Pferd von hinten auf: Wir fragen uns, welche Vorkeh-rungen getroffen werden müssen, damit wir im Ernstfall Wie-dereinsetzung bekommen. Richtigerweise müsste die Fra-gestellung aber lauten: Was muss ich tun, damit Fehler ver-mieden und, falls sie doch passieren, die Auswirkungen sogering wie möglich gehalten werden? Wie sieht es da beimbeA aus?

I. Kann ich das beA nicht einfach ignorieren?

Die Frage kann man sich stellen, solange Kommunikationmit den Gerichten und weiteren Beteiligten noch auf anderenWegen funktioniert. Eine aktive Nutzungspflicht gibt es zwarerst ab dem 1.1.2022. Die Pflicht, ein empfangsbereites beAvorzuhalten, besteht aber eigentlich schon seit dem 1.1.2018(§ 31a Abs. 6 BRAO), jedenfalls aber seit der Wiederinbetrieb-nahme des Systems am 3.9.2018. Der eine oder andere neigtnun vielleicht dazu, das auszusitzen und eine Ermahnungdurch die Rechtsanwaltskammer zu riskieren. Haftungsrecht-lich ist die fehlende Erstregistrierung aber nicht ungefährlich:Es kann trotz fehlender Erstregistrierung bereits Post mitnachteiligen Folgen bei fehlender Kenntnisnahme eingehen.

II. Tägliche Postdurchsicht auch beim beA

Ob mit oder ohne Erstregistrierung: Für das beA gilt das, wasauch bisher für Briefkasten, Fax und E-Mail-Postfach galt: Je-der Anwalt ist verpflichtet, täglich seine Eingangspost darauf-hin durchzusehen, ob etwas zu veranlassen ist, insbesondere,ob Fristen ausgelöst werden (KG, Beschl. v. 6.1.2005 – 16 UF114/04). Im Abwesenheitsfall muss ein anderer Kollege be-stimmt sein, der die Postdurchsicht vornimmt. Er muss

dann insbesondere auch Einsicht in das E-Mail-Postfach desVertretenen erhalten. Wie kann man das beim beA im Abwe-senheitsfall bewerkstelligen? Ein „Kanzlei-beA“ gibt es (trotzentsprechender Forderungen) nicht (auch nicht für RA-GmbHs, AnwGH Berlin, Urt. v. 9.8.2018 – I AGH 10/17).Man muss daher Berechtigungen für das eigene beA an Dritteerteilen. Das funktioniert sowohl für Anwaltskollegen, dieselbst Inhaber eines Postfachs sind, als auch für Mitarbeiter.Diese bekommen zwar kein eigenes Postfach, aber eine beA-Karte. Eine dauerhafte Berechtigung für Dritte ist – auch alsVorsichtsmaßnahme für unvorhersehbare Abwesenheiten,z.B. durch Erkrankung – dringend anzuraten. Die Rechtspre-chung verlangt einen „Notfallplan“ (siehe zum Beispiel BGHVersR 2018, 1085). Das sollte insbesondere auch für den Ein-zelanwalt ohne Mitarbeiter gelten! „Gelegenheitsanwälte“können es sich etwas leichter machen, indem sie sich auf ei-ner hinterlegten E-Mail-Adresse von etwaigen Posteingängenim beA benachrichtigen lassen.

III. Was tun mit dem Posteingang?

1. Fristen erkennen, berechnen, notieren

Auch für Posteingänge im beA gilt: Es muss festgestellt wer-den, ob eine Frist ausgelöst wird, diese muss berechnet undim Fristenkalender notiert werden. Diese Aufgaben dürfenunter den bekannten Voraussetzungen delegiert werden, diegut ausgebildeten und langjährig zuverlässigen Rechts-anwaltsfachangestellten dürfen Standardfristen eigenständigberechnen und notieren. Dass die Notierung im Kalender er-folgt ist, muss der Anwalt anhand eines entsprechenden Ver-merks auf dem Posteingang in der Akte kontrollieren (zuletztBGH NJW-RR 2018, 58). In der Akte?

2. Der Posteingang muss unverändert in die Akte

Ganz wichtig: Das beA ersetzt nicht die (elektronische) Akte!Zu jedem Mandat muss es eine eigene, mit Aktenzeichen ver-sehene Akte geben. Das beA verfügt ausdrücklich über keineArchivierungsfunktion, Posteingänge werden nach einem ge-wissen Zeitraum gelöscht. Sinnvoller Weise sollte also direktbei der Posteingangskontrolle jedes Schriftstück sofort in diezugehörige Akte exportiert werden. Dort kann dann die Frist-notierung auf dem Posteingang vermerkt werden, so dassdem Anwalt wie bisher – digital wie analog – die notwendigeKontrolle möglich ist (BGH NJW 2014, 3102).

Wichtig: Beim Export muss das digitale Format der Nach-richt erhalten bleiben. Nur dann hat sie Beweiswert in Bezugauf Sender, Empfänger und Zeitpunkt der Übermittlung.

3. Besondere Pflichten anlässlich der Zustellung

Die Zustellung durch die Gerichte erfolgt aufgrund der Pro-zessvollmacht. Wichtig zu wissen: Auch nach Beendigungdes Mandats bleibt die Zustellungsvollmacht solange beste-hen, bis sich ein neuer Prozessbevollmächtigter bestellt hat(BGH, Beschl. v. 25.1.2011 – VIII ZR 27/10). Für die Weiter-leitung an den Mandanten muss also gesorgt werden! Gemäßdem am 1.1.2018 in Kraft getretenen § 14 BORA hat derRechtsanwalt darüber hinaus Zustellungen nicht nur von Ge-richten und Behörden, sondern auch von anderen Rechts-anwälten entgegenzunehmen.

§ 14 BORA regelt auch, dass unverzüglich ein datiertesEmpfangsbekenntnis zu erteilen ist. Gilt das auch für dasbeA? Es wurde und wird diskutiert, das den Fristbeginn aus-

Haftpflichtfragen

674 AnwBl 12 / 2018

lösende Empfangsbekenntnis durch eine automatisierte Ein-gangsbestätigung abzulösen. Bislang bleibt es jedoch dabei:Der Anwalt muss explizit den Eingang bestätigen. Im beA isteine Funktion zur Übermittlung des entsprechenden Daten-satzes vorgesehen.

IV. Was ist wichtig beim Postausgang?

Wer beim beA an die Haftung denkt, sieht die Gefahren ins-besondere bei der ordnungsgemäßen Versendung vonSchriftsätzen zur Fristeinhaltung. Die Vielfalt möglicher Feh-ler spiegelt sich in der umfangreichen Wiedereinsetzungs-rechtsprechung wider. Durch die Versendung aus dem beAsind manche Gefahrenquellen versiegt – dennoch bleibt eini-ges zu beachten.

1. Richtiges Dateiformat: durchsuchbare pdf

Im Prinzip kann man bei der Versendung aus dem beA nichtallzu viel falsch machen. Wichtig ist es jedoch, dass derSchriftsatz in einem zulässigen Dateiformat angehängt wird.§ 2 I ERVV sieht hier durchsuchbare pdf vor. Gemäß Bekannt-machung zu § 5 ERVV darf die Nachricht nicht größer als 60MB sein und nicht mehr als 100 Anhänge haben.

2. Unterschrift: nur die eigene beA-Karte gilt!

Gemäß § 130 Nr. 6 ZPO muss der Schriftsatz unterschriebenoder gemäß § 130a Abs. 3 ZPO mit einer qualifizierten elek-tronischen Signatur versehen oder von der verantwortlichenPerson signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg(§ 130a Abs. 4 Nr. 2 ZPO: das beA) eingereicht werden. Wich-tig zu beachten: Nur die Versendung durch den Rechtsanwaltselbst – also mittels seiner eigenen beA-Karte – ist wirksam,Versendung über beA-Karten der Mitarbeiter nicht. Wer denWeg der Versendung durch das Büro wählt, muss den Schrift-satz weiterhin mit der qualifizierten elektronischen Signaturversehen! Die beA-Karte kann mit dieser zusätzlichen Funk-tion versehen werden.

3. Keine Containersignatur mehr zulässig

Bis zur Einführung des beA war es nach allgemeiner Ansicht(BGH NJW 2013, 2034) zulässig, mehrere zu unterschreiben-de Dokumente gemeinsam zu übersenden und mit einer ge-meinsamen Signatur („Containersignatur“) zu versehen. Dasist über das beA nicht mehr zulässig, seit dem 1.1.2018 aller-dings auch nicht mehr bei auf andere Weise elektronischübermittelten Schriftsätzen (§ 4 Abs. 2 ERVV). Zwar halfenin zwei Fällen das OLG Brandenburg (NJW 2018, 1482) sowiedas BSG (NJW 2018, 2222) „aufgrund der derzeitigen äußerenRahmenbedingungen“, nicht aber das BAG (NJW 2018, 2978).Vertrauen sollte man hierauf also auf Dauer nicht.

4. Nichts Neues: der Zeitfaktor

Das beA wird nichts daran ändern, dass Schriftsätze oft kurzvor knapp zu Gericht gelangen. Zu den Faxübermittlungenkurz vor Mitternacht gibt es umfangreiche Rechtsprechung.Wir wissen noch nichts darüber, ob und welche zeitlichenVerzögerungen es bei der Übermittlung aus dem beA gebenkann, ob beispielsweise der Landesjustizserver, auf dem alleSchriftsätze eingehen, eventuell wegen Überlastung die An-nahme verweigert. Hier kann man nur raten, einen Zeitpufferbis Mitternacht einzubauen, um böse Überraschungen zu ver-meiden. Sofern die vorgesehene automatisierte Bestätigung

über den Zeitpunkt des Eingangs nicht zurückkommt oder ei-nen verspäteten Eingang nennt, sollte unbedingt Wiederein-setzung beantragt werden.

5. Weiter wichtig: das zuständige Gericht

Auch wenn die Versendung nicht auf den Server des zustän-digen Gerichts, sondern auf den Landesjustizserver erfolgt,ist es essentiell, das zutreffende Gericht im Adressfeld desSchriftsatzes und als „Empfänger“ der Nachricht anzugeben.Die erforderliche Verfügungsgewalt erhält nur das benannteGericht. Was man von der Weiterleitung an das zuständigeGericht „im ordentlichen Geschäftsgang“ erwarten darf, bleibtabzuwarten.

6. Was tun bei technischen Problemen?

Computerabstürze und sonstige technische Pannen hattenwir auch bisher schon. Die Rechtsprechung verlangt den Ab-schluss von Service- und Wartungsverträgen, um Problemezeitnah zu beheben und Daten bestmöglich zu retten (schonBGH AnwBl 1997, 257). Wenn die Störung auf Seiten desEmpfängers liegt, ist es wichtig, möglichst die aktuellen Infor-mationen zu sichern, z. B. Störungsmeldungen als Screen-shot zu speichern, damit ein substanziierter Wiedereinset-zungsvortrag gehalten werden kann. Die erfolglos versandtenNachrichten sollten ebenfalls in die Akte exportiert werden,da aus der Protokolldatei die Fehlermeldung und der Zeit-punkt des Fehlversuchs hervorgehen.

7. Wann darf die Frist im Kalender gelöscht werden?

Die Voraussetzungen hierfür hat die Rechtsprechung in vie-len Detailfragen behandelt. Wenn wir sie auf das beA anwen-den, heißt das Folgendes. Es muss kontrolliert werden, ob• der Schriftsatz unterschrieben ist, d.h. gemäß § 130a ZPOsigniert wurde, also aus dem beA des Rechtsanwalts oder beiVersendung durch den Mitarbeiter nach erfolgter Signaturdurch den Anwalt (erkennbar beim Hochladen der Datei bei„Status der Signatur“)• das zuständige Gericht angegeben ist• eine Empfangsbetätigung durch den Empfänger (Landes-justizserver) vorliegt, erkennbar daran, dass das Dokumentim Ordner „gesendet“ mit dem Übermittlungsstatus „erfolg-reich“ versehen ist.

Das alles muss in einem Wiedereinsetzungsantrag vor-getragen werden. Bloße „Anfangsschwierigkeiten mit dembeA“ reichen als Begründung für die Wiedereinsetzung nichtaus (BayLSG AnwBl 2018, 421).

Und eines muss ohnehin klar sein: Der Anwalt, der meint,er müsse sich jetzt am besten erst einmal selbst um alleskümmern, hat schlechte Chancen auf Wiedereinsetzung. So-bald er die Verantwortung für die Einreichung übernimmt,werden seine Fehler dem Mandanten nach § 85 II ZPO im-mer zugerechnet (BGH, NJW-RR 2016, 882)!

Haftpflichtfragen

AnwBl 12 / 2018 675

Antje Jungk, MünchenDie Autorin ist Rechtsanwältin und bei der Allianz Ver-sicherungs-AG tätig. Der Beitrag gibt ihre persönlicheMeinung wieder.

Leserreaktionen an [email protected].

An

waltsW

issen

Das Magazin des Deutschen Anwaltvereinsfür Studierende und Referendare

anwaltsblatt-Appwww.anwaltsblatt.defacebook.com/anwaltsblattkarriere/

Ausgabe 2/2018 seit November auch in der Anwaltsblatt-App

Antworten im neuen Heftjetzt neu mit exklusiver Rubrik

„Frag einen Prüfer“

?

AAnnwwaallttssrreecchhtt

EGMR: Anwaltskammerpräsident darfKanzleiräumen Kontrollbesuch abstattenEMRK Art. 6 Abs. 1, Art. 8

Der spezifische Status von Anwälten gibt ihnen eine zentrale Posi-tion in der Rechtspflege als Intermediäre zwischen der Öffentlich-keit und den Gerichten. Dies gewährleistet ihnen besonderenSchutz bei der Ausübung ihrer beruflichen Pflichten, verlangt vonihnen aber auch die Einhaltung gewisser Verhaltensstandards, de-ren Überwachung den Anwaltskammern übertragen worden ist.(Leitsatz der Redaktion)

EGMR (5. Kammer), Urt. v. 20.9.2018 – Tuheiava/Frankreich, Beschwerde 25038/13

Anmerkung der Redaktion:

Das Verhältnis von Anwältinnen und Anwälten zu ihrer An-waltskammer ist nicht immer ungetrübt. Der EuropäischeGerichtshof für Menschenrechte (EGMR) musste nun derFrage nachgehen, wie weit Aufsichtsbefugnisse der An-waltskammern gegenüber ihren Mitgliedern reichen. Der Fallspielte sich in Frankreich ab. Der Anwalt lag im Clinch mit derzuständigen Anwaltskammer. Diese hatte ihm gegenüber einzweijähriges Vertretungsverbot verhängt. Es ging um nicht-abgeführte Steuern und Sozialversicherungsbeiträge. Zudemgab es mehrere Beschwerden von Mandanten. Auch eineRäumungsklage des Vermieters stand im Raum. Der Anwaltverfügte weder über ein Telefon noch einen Faxanschlussund war auch nicht per E-Mail zu erreichen. Um dem Ganzennachzugehen, hatte der Präsident der Anwaltskammer wäh-rend des laufenden Disziplinarverfahrens gegen den Anwaltin dessen Abwesenheit die Kanzleiräume aufgesucht unddort unter anderem Sozialversicherungs-, Steuer- undBuchhaltungsunterlagen eingesehen. Der Anwalt sah darineinen Verstoß gegen Art. 8 EMRK (Recht auf Achtung desPrivat- und Familienlebens) und Art. 6 Abs. 1 EMRK (Rechtauf ein faires Verfahren).Der EGMR war anderer Auffassung. Anwältinnen und Anwäl-te genössen bei der Ausübung ihrer beruflichen Pflichtenbesonderen Schutz. Ihr spezifischer Status gebe ihnen einezentrale Position in der Rechtspflege als Intermediäre zwi-schen der Öffentlichkeit und den Gerichten. Damit verbun-den sei im Gegenzug aber auch die Einhaltung besondererVerhaltensstandards. Der Eingriff in Art. 8 EMRK durch denKanzleibesuch sei im Rahmen der dem Präsidenten der An-waltskammer übertragenen Überwachungs- und Aufsichts-befugnisse erfolgt und habe einen legitimen öffentlichenZweck verfolgt: Die Verhinderung weiterer Straftaten undSchutz der Rechte Dritter. Da der Präsident der Anwalts-kammer, selbst Anwalt, die Untersuchung höchstpersönlichin den Kanzleiräumen vorgenommen hatte, konnte derEGMR auch keinen Bruch des anwaltlichen Berufsgeheim-nisses ausmachen. Das Aufsuchen der Kanzlei sei vielmehrfür den generellen Erhalt der Vertrauensbeziehung zwischenAnwalt und Mandant erforderlich gewesen.Der EGMR sah auch keinen Verstoß gegen Art. 6 Abs. 1EMRK (Recht auf eine faire Anhörung). Eine faire Anhörunghabe vielmehr stattgefunden. Der Anwalt habe zudem sämt-liche angefertigten Berichte erhalten und war bei der Anhö-rung vor der Anwaltskammer durch einen Anwalt vertreten.Die Entscheidung (so auch der Volltext) ist nur in französi-scher Sprache verfügbar.

Der Volltext ist im Internet abrufbar in der Anwaltsblatt-Datenbank unterwww.anwaltsblatt.de (AnwBl Online 2018, 1021).

Anwalt erhält zu Unrecht Berufsverbotwegen „trotzigem“ VerteidigungsverhaltenStGB § 70

Das Gericht darf bei der Anordnung eines strafrechtlichen Berufs-verbots (hier: gegen einen Anwalt) zulässiges Verteidigungsvorbrin-gen nicht zu seinen Lasten berücksichtigen.(Leitsatz der Redaktion)

BGH, Beschl. v. 13.3.2018 – 2 StR 286/17

Anmerkung der Redaktion:

Der Anwalt, ein Strafverteidiger, war wegen Untreue, ver-suchter Anstiftung zur Falschaussage, versuchter Strafver-eitelung und versuchter Nötigung zu einer Freiheitsstrafe voneinem Jahr und neun Monaten auf Bewährung verurteiltworden. Das Landgericht Limburg hatte auch ein Berufsver-bot von zwei Jahren gegen ihn ausgesprochen.Zu Unrecht, wie nun der 2. Strafsenat des Bundesgerichts-hofs feststellte. Die Anordnung des Berufsverbots seirechtsfehlerhaft erfolgt. Das Landgericht habe seine im Rah-men des § 70 StGB anzustellende Persönlichkeitsprognosewesentlich auch darauf gestützt, dass der Angeklagte wedergeständig gewesen sei noch Reue gezeigt habe. Er habevielmehr sogar angegeben, gewusst zu haben, dass er dasGeld hätte herausgeben müssen. Er habe dies aber nichtgewollt. Dennoch habe er die Auffassung vertreten, seinVerhalten erfülle nicht den Tatbestand der Untreue. Darinhabe das Landgericht ein als „trotzig“ zu bezeichnendesVerhalten gesehen, das eine „tiefgehende charakterlicheUngeeignetheit des Angeklagten im Umgang mit fremdenVermögenswerten“ belege. Mit diesen Erwägungen habe dieStrafkammer dem Angeklagten letztlich sein Verteidigungs-verhalten angelastet, indem sie die von ihm weiter aus-gehende Gefahr auch auf sein Verteidigungsvorbringen zudem gegen ihn erhobenen Tatvorwurf gestützt habe. Dies seiaber nach der ständigen Rechtsprechung des Bundes-gerichtshofs auch im Hinblick auf die Gefährlichkeitsprog-nose beim Berufsverbot nicht zulässig.Der Bundesgerichtshof hat die Sache daher im Hinblick aufdas Berufsverbot zurückverwiesen. Dem neuen Tatrichtergibt er mit auf den Weg, nun eine umfassende Gesamtwür-digung vorzunehmen, insbesondere die möglichen Gefahrenin den Blick zu nehmen, die bei einer fortgesetzten anwalt-lichen Tätigkeit drohen.

Der Volltext ist im Internet abrufbar in der Anwaltsblatt-Datenbank unterwww.anwaltsblatt.de (AnwBl Online 2018, 1026).

Rechtsprechung

Anwaltsrecht AnwBl 12 / 2018 677

AnwaltsW

issen

Interner Datenschutzbeauftragter kann alsSyndikusrechtsanwalt zugelassen werdenBRAO §§ 7 Nr. 8, 46 Abs. 2 bis 5, 46a Abs. 1 Satz 1; WDR-Gestz a.F. § 53; WDR-Gesetz n.F. §§ 49 bis 51

a) Die Zulassung als Syndikusrechtsanwalt nach §§ 46 f. BRAO istgrundsätzlich auch für ein Arbeitsverhältnis im öffentlichen Dienstmöglich.

b) Der Zulassungsversagungsgrund nach § 7 Nr. 8 BRAO gilt zwarauch für die Beantragung der Zulassung als Syndikusrechtsanwalt(§ 46a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BRAO). Jedoch können für die Beurtei-lung der Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen eine Tätig-keit im öffentlichen Dienst einer Zulassung als Syndikusrechts-anwalt entgegenstehen kann, die Grundsätze der Rechtsprechungdes Senats zu einem mit dem Beruf des Rechtsanwalts nicht zuvereinbarenden Zweitberuf nach § 7 Nr. 8 BRAO (vgl. nur Senats-beschlüsse vom 10. Oktober 2011 – AnwZ (B) 49/10, NJW 2012, 534Rn. 3 ff.; vom 22. September 2017 – AnwZ (Brfg) 51/16, BRAK-Mitt.2018, 41 Rn. 14) nicht uneingeschränkt übertragen werden. ImRahmen der Prüfung nach § 46a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 7 Nr. 8 BRAOist ein großzügigerer Maßstab anzulegen.

c) Ob eine Tätigkeit im öffentlichen Dienst (hier: Rundfunkdaten-schutzbeauftragte und behördliche Datenschutzbeauftragte desWDR sowie Leiterin des Datenschutzreferats dieser Rundfunk-anstalt) einer Zulassung als Syndikusrechtsanwalt entgegensteht,ist anhand der konkreten Ausgestaltung des Beschäftigungsver-hältnisses und der ausgeübten Tätigkeit sowie des Aufgaben-bereichs der Körperschaft, bei welcher der Syndikusrechtsanwaltangestellt ist, zu prüfen (Fortführung der Senatsbeschlüsse vom 10.Oktober 2011 – AnwZ (B) 49/10, aaO; vom 22. September 2017 –AnwZ (Brfg) 51/16, aaO).

d) Eine Tätigkeit als interner Datenschutzbeauftragter kann grund-sätzlich – je nach den Umständen des Einzelfalls – die für eine Zu-lassung als Syndikusrechtsanwalt erforderlichen Tätigkeitsmerk-male des § 46 Abs. 3 Nr. 1 bis 4 BRAO erfüllen und das Arbeitsver-hältnis von diesen Merkmalen auch geprägt sein.

BGH, Urt. v. 15.10.2018 – AnwZ (Brfg) 20/18

Anmerkung der Redaktion:

Zwei Rechtsfragen waren bislang ungeklärt: 1. Ob und unterwelchen Voraussetzungen ein Angestellter im öffentlichenDienst als Syndikusrechtsanwalt zuzulassen ist. Und 2. Obeine Tätigkeit als interner Datenschutzbeauftragter eine an-waltliche Tätigkeit sein könne.Nicht nur die erste Frage beschäftigte die Anwaltsgerichts-höfe immer wieder. Ein Großteil ging hier von einer Zulas-sungsmöglichkeit aus (einen lesenswerten Überblick über dieAGH-Rechtsprechung bietet Huff im AnwBl 2018, 618). DerAnwaltssenat des BGH hat nun in gleich zwei Zulassungs-verfahren Tacheles gesprochen: Ein Syndikusrechtsanwaltkann grundsätzlich auch im öffentlich-rechtlichen Dienst tä-tig sein. Sowohl in dem Fall einer Syndikusrechtsanwältin,die als interne Datenschutzbeauftragte beim WestdeutschenRundfunk (WDR) tätig war (hier abgedruckt) als auch in demFall einer Syndikusrechtsanwältin, die für eine Stadt als Ar-beitsrechtlerin tätig war (in diesem Heft BGH, AnwBl 2018,678) hat er deren Zulassungen für rechtmäßig befunden.Der Versagungsgrund des § 7 Nr. 8 BRAO gelte auch imRecht der Syndikusrechtsanwälte wie der BGH ausführlich indem 42 Seiten umfassenden Urteil darlegt. Die durch diebisherige Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zu § 7Nr. 8 BRAO zum Zweitberuf des Rechtsanwalts müssten fürSyndikusrechtsanwälte anders – großzügiger – bestimmt

werden. Denn der Syndikusrechtsanwalt sei im Rahmen sei-nes Arbeitsverhältnisses (allein) für seinen Arbeitgeber indessen Rechtsangelegenheiten tätig. Die Tätigkeit des Syn-dikusrechtsanwalts lasse sich also nicht von seinem Ar-beitsverhältnis trennen. Zum anderen könne im Falle eines imöffentlichen Dienst tätigen Syndikusrechtsanwalts bei denRechtsuchenden nicht die Vorstellung entstehen, dieserkönne wegen seiner „Staatsnähe“ mehr für seine Mandantenbewirken als andere Rechtsanwälte. Denn einziger Mandantdes Syndikusrechtsanwalts sei sein Arbeitgeber. Dieser Um-stand sei für die Öffentlichkeit und den Rechtsverkehr auf-grund der Berufsbezeichnung „Rechtsanwalt (Syndikus-rechtsanwalt)“ ohne weiteres ersichtlich.Das Angestelltenverhältnis selbst könne aber Merkmale auf-weisen, die die Zulassung als Syndikusrechtsanwalt verbie-te. Eine Tätigkeit im öffentlichen Dienst sei dabei aber nichtvon vornherein mit einer Zulassung als Syndikusrechtsanwaltunvereinbar, betont der Anwaltssenat des BGH.

Interner Datenschutzbeauftragter kann anwaltlich tätigseinBei der zweiten Grundsatzentscheidung in diesem Urteilstellt der Anwaltssenat des BGH klar, dass die Tätigkeit einesinternen Datenschutzbeauftragten grundsätzlich, je nachden Umständen des Einzelfalls, die Merkmale des § 46Abs. 3 Nr. 1 bis 4 BRAO erfüllen könne und das Arbeitsver-hältnis des internen Datenschutzbeauftragten hiervon auchgeprägt sein könne. Dies gelte jetzt nach Inkrafttreten derDatenschutzverordnung erst recht, da sich nun sowohl dieBedeutung des Amtes des Datenschutzbeauftragten, des-sen Verantwortung und die Anforderungen an seine Qualifi-kation als auch der Kreis seiner Pflichten und die Komplexitätder damit verbundenen rechtlichen Fragen gegenüber derbisherigen Rechtslage noch erhöht hätten.Mit weiteren Entscheidungen zu der Frage der Tätigkeit imöffentlichen Dienst ist in Kürze zu rechnen. Der BGH hattesowohl hinsichtlich der Tätigkeit im Rechtsamt eines Land-kreises als auch bei einer Tätigkeit im Jobcenter Arbeit undGrundsicherung weitere Berufungen zur Klärung dieserRechtsfrage zugelassen (siehe die Meldung in AnwBl 2018,526 mit den entsprechenden BGH-Aktenzeichen).

Der Volltext ist im Internet abrufbar in der Anwaltsblatt-Datenbank unterwww.anwaltsblatt.de (AnwBl Online 2018, 1027).

Syndikussrechtsanwalt kann auch imöffentlichen Dienst tätig seinBRAO §§ 46, 46a

1. Eine Tätigkeit im öffentlichen Dienst ist nicht von vornhereinmit einer Zulassung als Syndikusrechtsanwalt unvereinbar, soferndieser nicht hoheitlich tätig wird.

2. Ein für eine Stadt im Fachbereich Personal Abteilung Personal-betreuung als Arbeitsrechtler beschäftigter Volljurist, der für dieinternen arbeitsrechtlichen Rechtsfragen der Anstellungskörper-schaft zuständig ist und nicht hoheitlich tätig wird, ist als Syn-dikusrechtsanwalt zuzulassen.(Leitsatz der Redaktion)BGH, Urt. v. 15.10.2018 – AnwZ (Brfg) 68/17

Der Volltext ist im Internet abrufbar in der Anwaltsblatt-Datenbank unterwww.anwaltsblatt.de (AnwBl Online 2018, 1039).

Rechtsprechung

678 AnwBl 12 / 2018 Anwaltsrecht

Keine Zulassung als Syndikusrechtsanwaltbei Rechtsangelegenheiten DritterBRAO §§ 46, 46a

a) Bei dem Merkmal der Tätigkeit in Rechtsangelegenheiten desArbeitgebers handelt es sich um eine tatbestandliche Vorausset-zung für die Zulassung als Syndikusrechtsanwalt.

b) In Rechtsangelegenheiten des Arbeitgebers ist nicht tätig, wer imWesentlichen originäre Rechtsangelegenheiten der Mitarbeiter be-ziehungsweise Mitarbeitervertretungen dritter Rechtsträger betreut(hier: geschäftsführende Juristin der „Diözesane Arbeitsgemein-schaft der Mitarbeitervertretungen im Erzbistum“).(Leitsatz der Redaktion)

BGH, Beschl. v. 22.10.2018 – AnwZ (Brfg) 44/18

Anmerkung der Redaktion:

Die Rechtsanwältin, war seit 2011 als geschäftsführendeJuristin der „Diözesane Arbeitsgemeinschaft der Mitarbei-tervertretungen im Erzbistum“, einem Zusammenschluss vonetwa 500 Mitarbeitervertretungen in diversen Einrichtungenverschiedener kirchlicher Rechtsträger in einem Erzbistum,angestellt. Zu ihren Tätigkeiten gehörte die Beratung desVorstands sowie weiterer Gremien in allen Fragen des kol-lektiven Arbeitsrechts. Gegen ihre Zulassung als Syndikus-rechtsanwältin durch die RAK Köln hatte die Deutsche Ren-tenversicherung (DRV) Bund erfolgreich vor dem AGH Hammgeklagt. Der Anwaltssenat des BGH hat sich dem AGHHamm angeschlossen und die Klage der RAK Köln abgewie-sen. Es fehle an der Zulassungsvoraussetzung, wonach sichdie Tätigkeit des Syndikusrechtsanwalts auf die Rechts-angelegenheiten des Arbeitgebers zu beschränken habe.Hierbei handele es sich um eine tatbestandliche Zulas-sungsvoraussetzung, so der BGH.Die Rechtsanwältin berate und vertrete aber nicht ihren Ar-beitgeber – das Erzbistum Köln – in dessen Rechtsangele-genheiten, sondern betreue im Wesentlichen originäre Ar-beitnehmer-Rechtsangelegenheiten der Mitarbeiter bezie-hungsweise Mitarbeitervertretungen dritter Rechtsträger.Und wie der BGH betont: Dies selbst dann, wenn es sich imEinzelfall um beim Erzbistum als Arbeitgeber gebildete Mit-arbeitervertretungen handele.Eine analoge Anwendung der „abschließenden und eng aus-zulegenden“ Regelung des § 46 Abs. 5 Satz 2 BRAO lehnteder BGH ab: „Die Gesetzeslage ist eindeutig.“ Der Anwalts-senat des BGH bleibt mit dieser Entscheidung auf seinemstrikten Kurs, den er bereits im Sommer 2018 eingeschlagenhatte (BGH, AnwBl 2018, 489 externer Datenschutzbeauf-tragter ist nicht in Rechtsangelegenheiten des Arbeitgeberstätig, wenn er von diesem bei dessen Kunden eingesetztwird). Siehe auch die weiteren Syndikusentscheidungen desBGH in diesem Heft (BGH, AnwBl 2018, 678).

Der Volltext ist im Internet abrufbar in der Anwaltsblatt-Datenbank unterwww.anwaltsblatt.de (AnwBl Online 2018, 1044).

Syndikusrechtsanwalt: RückwirkendeBefreiung von der VersicherungspflichtSGB VI § 231 Abs. 4b

Die Befreiung als Syndikusrechtsanwalt von der Versicherungs-pflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung wirkt gemäß § 231Abs. 4b S. 4 SGB VI für die Zeit zurück, für die Mindestbeiträge inHöhe von 30 von Hundert des Regelpflichtbeitrages gemäß § 13Abs. 1 der Satzung des Versorgungswerks der Rechtsanwälte inBaden-Württemberg gezahlt wurden; Anschluss an BVerfG, Nicht-annahmebeschluss vom 19. Juli 2016, 1 BvR 2584/14.(nicht rechtskräftig)

LSG Stuttgart, Urt. v. 16.10.2018 – L 13 R 4841/17

Aus den Gründen: Das SG hat die Rechtsgrundlagen für dierückwirkende Befreiung von der Versicherungspflicht der ge-setzlichen Rentenversicherung für die Tätigkeit der Klägerinals Syndikusrechtsanwältin bei der Firma S. GmbH zutref-fend dargelegt und festgestellt, dass diese Voraussetzungenvorliegen, da u.a. für diese Zeiten einkommensbezogenePflichtbeiträge an ein berufsständisches Versorgungswerkim Sinne des § 231 Abs. 4b Satz 4 SGB VI gezahlt wordensind. Der Senat verweist auf das angefochtene Urteil undsieht von einer Darstellung der Entscheidungsgründe gemäߧ 153 Abs. 2 SGG ab. Das BVerfG hat in seinem Nichtannah-mebeschluss vom 19. Juli 2016, 1 BvR 2584/14, juris, Rdnr.16, unter Hinweis auf zahlreiche Literatur überzeugend dar-gelegt, dass auch die nach § 13 Abs. 1 der Satzung des Versor-gungswerks der Rechtsanwälte in Baden-Württemberg in derFassung vom 1. September 2009 vorgesehenen Mindestbeiträ-ge i.H.v. 30 Prozent des Regelpflichtbeitrages – entsprichtauch der Fassung ab 1. September 2012 beziehungsweise1. März 2014 – einkommensbezogene Pflichtbeiträge im Sin-ne von § 231 Abs. 4b SGB VI sind [...] .

Anmerkung der Redaktion:

Seit 2016 gibt es das Syndikusgesetz. Ruhe ist aber nochlange nicht eingekehrt. Viele Syndikusrechtsanwälte sindnoch weit entfernt von dem Ziel, ihre rückwirkende Befreiungvon der Rentenversicherungspflicht zu erreichen. Dabei hat-te das BVerfG wichtige Hinweise zur Auslegung des § 231Abs. 4 b SGB VI, der rentenrechtlichen Übergangsregelung,die unter bestimmten Voraussetzungen eine rückwirkendeBefreiung von der Rentenversicherungspflicht möglichmacht, gegeben (BVerfG, AnwBl 2016, 764 siehe auchSchafhausen, AnwBl 2016, 719). Für die Deutsche Renten-versicherung (DRV) Bund aber kein Grund sich an den mah-nenden Worten aus Karlsruhe zu orientieren. Es habe sichnicht um „materiell-rechtliche Entscheidungen“ gehandelt,hieß es von dort. Erfreulicherweise kommt nun Deutlichesvom LSG Stuttgart, das sich ausdrücklich auf die Rechts-auffassung des BVerfG (schon im Leitsatz) bezieht. Es hatdie Berufung der DRV Bund gegen ein Urteil des SG Freiburgin dem die DRV Bund verpflichtet worden war, die Syndikus-rechtsanwältin von der gesetzlichen Versicherungspflicht zubefreien und die zu Unrecht gezahlten Pflichtbeiträge zu er-statten, zurückgewiesen.

Der Volltext ist im Internet abrufbar in der Anwaltsblatt-Datenbank unterwww.anwaltsblatt.de (AnwBl Online 2018, 1047).

Rechtsprechung

Anwaltsrecht AnwBl 12 / 2018 679

AnwaltsW

issen

Anwaltswebsite muss Datenschutz-Grundverordnung entsprechenUWG §§ 3a, 4 Nr. 11, 8 Abs. 3, 12 Abs. 2, 14 Abs. 2; ZPO §§ 32, 92 Abs. 2 Ziff. 1,890 Abs. 1, 937 Abs. 2

Ein Rechtsanwalt darf nicht eine unverschlüsselte Website ohneDatenschutzerklärung nach der Datenschutz-Grundverordnungbetreiben.(Leitsatz der Redaktion)(nicht rechtskräftig)LG Würzburg, Beschl. v. 13.9.2018 – 11 O 1741/18 UWG

Anmerkung der Redaktion:

Seit dem 25. Mai 2018 gilt die Datenschutz-Grundverord-nung (DSGVO). Sie findet auch auf Anwaltskanzleien An-wendung. Die Anwältin in dem Fall hatte eine einstweiligeVerfügung kassiert, weil ihre Website gegen die DSGVO ver-stoßen hatte. Die im Impressum enthaltene siebenzeiligeDatenschutzerklärung genüge der neuen DSGVO nicht, sodas LG Würzburg und untersagte ihr, die Webseite in derForm weiter zu betreiben. Der Vorwurf: Es würden Angabenzum/zur Verantwortlichen fehlen, zur Erhebung und Spei-cherung personenbezogener Daten sowie Art und Zweckderen Verwendung, eine Erklärung zur Weitergabe von Da-ten, über Cookies, Analysetools, aber vor allem die Beleh-rung über die Betroffenenrechte, insbesondere Wider-spruchsrecht, Datensicherheit und ein Hinweis zur Möglich-keit, sich bei einer Aufsichtsbehörde zu beschweren.Das Gericht monierte auch die fehlende zwingend erforderli-che Verschlüsselung der Homepage. Auch darin liege einVerstoß gegen die DSGVO.Fazit: Anwältinnen und Anwälte, die ihre Homepages nochnicht der DSGVO entsprechend nachgerüstet haben, solltendies schleunigst tun. Immerhin können, wie die Entscheidungzeigt, Unterlassungsansprüche drohen und bei Zuwider-handlung Ordnungsgeld.Alles Wichtige zur DSGVO findet sich im DAV-Merkblatt(AnwBl 2018 Online, 188) nebst hilfreichen Mustern (Hinwei-se zur Datenverarbeitung in AnwBl 2018, 192, Datenschutz-erklärung in AnwBl 2018, 196 sowie technische und organi-satorische Maßnahmen zur Datensicherheit in AnwBl 2018,194).Abgemahnt wurde die Anwältin von einem anderen Anwalt.Die Bundesregierung will das vermeintliche „Abmahnunwe-sen“ bekämpfen und hat hierzu einen entsprechenden Ge-setzentwurf vorgelegt. Der Entwurf sieht erhöhte Anfor-derungen an die Klagebefugnis vor, will finanzielle Anreize fürAbmahnungen verringern und den fliegenden Gerichtsstandim Wettbewerbsrecht abschaffen. Der Deutsche Anwaltver-ein sieht das Vorhaben kritisch (siehe DAV-Stellungnahme48/18).

Der Volltext ist im Internet abrufbar in der Anwaltsblatt-Datenbank unterwww.anwaltsblatt.de (AnwBl Online 2018, 1049).

Anwaltskammer kann wegen Verstoßgegen Datenschutz Rüge erteilenBRAO §§ 43, 74a; BDSG §§ 4, 28 Abs. 3

1. Ein Anwalt verstößt gegen das Berufsrecht, wenn er personenbe-zogene Daten, die er im Rahmen einer Einsicht in die Insolvenzak-te ermittelt hat, verwendet, um potentielle Gläubiger zum Zweckeder Mandatswerbung anzuschreiben.

2. Die Einhaltung der datenschutzrechtlichen Vorschriften fällt alseine spezielle Ausformung der anwaltlichen Berufspflicht in dieZuständigkeit der Rechtsanwaltskammer. Sie ist daher befugt, we-gen möglicher Verstöße gegen das Bundesdatenschutzgesetz auf-sichtsrechtlich tätig zu werden.(Leitsatz der Redaktion)

AnwG Berlin, Beschl. v. 5.3.2018 – 1 AnwG 34/16

Anmerkung der Redaktion:

Die Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht hatte sichan Genussrechteinhaber und Gläubiger der insolventen XY-AG gewandt und ihnen jeweils empfohlen, dass sie ihre For-derungen beim Insolvenzverwalter anmelden sollten. DieNamen und Adressen der Angeschriebenen hatte sie zuvordurch Akteneinsicht in die Insolvenzakte ermittelt. Dies hattesie in ihren Schreiben jeweils offengelegt und den Adressa-ten empfohlen, die Kanzlei, der sie angehörte, zu beauftra-gen.Für die Schreiben hatte sie von der Anwaltskammer Berlinwegen Verstoßes gegen das Bundesdatenschutzgesetz(BDSG) eine Rüge kassiert. Ihren Antrag auf gerichtlicheEntscheidung hat das AnwG Berlin zurückgewiesen. DerRügebescheid sei zu Recht ergangen. Die versandtenSchreiben verstießen gegen § 43 BRAO (gewissenhafte Be-rufsausübung) in Verbindung mit §§ 4, 28 BDSG. Die Anwäl-tin habe die verwendeten personenbezogenen Daten nichtzu Zwecken der Eigenwerbung nutzen dürfen. Nach Auffas-sung des Gerichts gehörten die strikte Beachtung der da-tenschutzrechtlichen Regelungen zum Kernbereich anwalt-licher Pflichten. Der festgestellte Verstoß gegen §§ 4, 28BDSG stelle daher zugleich einen Berufsrechtsverstoß imSinne des § 43 BRAO dar. Die an einem Insolvenzverfahrenbeteiligten Gläubiger würden nicht damit rechnen, dass diemit Gericht und Insolvenzverwalter geführte Korrespondenzzum darüber hinaus gehenden Empfang von Werbung führe.Die Rechtsanwaltskammer sei für die Überwachung der Ein-haltung der datenschutzrechtlichen Vorschriften als einespezielle Ausformung der anwaltlichen Berufspflicht auchzuständig. Sie besitze neben dem Datenschutzbeauftragteneine eigene Zuständigkeit.Der BGH hatte vor kurzem erst noch einmal bestätigt, dassAnwälte potentielle Mandanten mit Beratungsbedarf an-schreiben und ihnen ihre Dienste anbieten dürfen (BGH,AnwBl 2018, 551). Allein der Umstand, dass ein potentiellerMandant in Kenntnis von dessen konkretem Beratungs-bedarf angesprochen werde, genüge noch nicht für ein Wer-beverbot. Im Gegenteil: Gerade seine konkrete Situation, inder er auf Rechtsrat angewiesen sei und ihm eine an seinemBedarf ausgerichtete sachliche Werbung Nutzen bringe,könne ein Abwägungsgrund für die Zulässigkeit solcher An-sprachen sein.

Der Volltext ist im Internet abrufbar in der Anwaltsblatt-Datenbank unterwww.anwaltsblatt.de (AnwBl Online 2018, 1050).

Rechtsprechung

680 AnwBl 12 / 2018 Anwaltsrecht

Anwaltswerbung: Visitenkarten im Ge-richt beeinträchtigen freie AnwaltswahlBRAO §§ 43b, 74a

Ein Anwalt verstößt gegen das Berufsrecht, wenn er noch im Ge-richtssaal einem nicht anwaltlich vertretenen Angeklagten im un-mittelbaren Anschluss an die Verhandlung in dessen Strafsacheseine Visitenkarte überreicht, um ihn als Mandanten zu gewinnen.(Leitsatz der Redaktion)AnwG Berlin, Beschl. v. 20.2.2018 – 4 AnwG 12/17

Anmerkung der Redaktion:

Anwälte dürfen potentielle Mandanten mit Beratungsbedarfanschreiben und ihnen ihre Dienste anbieten. Dass hat imJuli 2018 auch der Anwaltssenat des BGH erkannt und wardamit auf die liberale Linie des I. Zivilsenats des BGH zumanwaltlichen Werberecht eingeschwenkt (BGH, AnwBl 2018,551, zur werberechtlichen Rechtsprechung des I. Zivilsenatssiehe nur BGH, AnwBl 2015, 269). Die vorliegende Ent-scheidung des AnwG Berlin ist zwar vor dem Werbeurteil desAnwaltssenats ergangen, orientiert sich aber an den Grund-sätzen, die schon der I. Zivilsenat aufgestellt hatte. Hier ginges um die Frage, ob der Anwalt seine Dienste sachlich undangemessen angeboten hatte. Das hat das AnwG Berlinverneint. Was war geschehen? Der Anwalt hatte als Zuhöreran einer Verhandlung in einer Strafsache gegen einen nicht-anwaltlich vertretenen Angeklagten teilgenommen. Gleich imAnschluss daran überreichte er dem Angeklagten seine Visi-tenkarte mit der Bitte, ihn für die Verteidigung in der Beru-fungsinstanz anzurufen. Das tat jener jedoch nicht, sondernbeschwerte sich vielmehr bei der Anwaltskammer. Diese er-teilte dem Anwalt eine Rüge wegen Verstoßes gegen § 43 bBRAO. Der Anwalt begründete sein Vorgehen damit, dassbei dem Angeklagten erhöhter Beratungsbedarf bestandenhabe, weil er sich äußerst ungünstig in der Hauptverhand-lung eingelassen und deshalb dringend der Belehrung be-durft habe. Das AnwG Berlin hat den Antrag des Anwalts aufanwaltsgerichtliche Entscheidung als unbegründet zurück-gewiesen. Dem Anwalt sei durchaus zuzustimmen, dass ernicht unzulässig werbe, wenn er einen potentiellen Mandan-ten in Kenntnis seines konkreten Beratungsbedarfs persön-lich anschreibe, mithin auch anspreche und seine Diensteanbiete. Insbesondere liege ein Verstoß gegen § 43 b BRAOdann nicht vor, wenn der Adressat durch die Kontaktauf-nahme weder belästigt, genötigt oder überrumpelt werdeund er sich andererseits in einer Lage befinde, in der er aufRechtsrat angewiesen sei und ihm eine an seinem Bera-tungsbedarf ausgerichtete sachliche Werbung hilfreich seinkönne. Eine solche an sich zulässige Werbung sei aber un-zulässig, wenn sie in einer als aufdringlich empfundenenWeise auszunutzen versucht, dass sich der Umworbene ineiner Lage befindet, in der er sich möglicherweise nicht freifür einen Anwalt entscheiden könne. So sei es hier. Mit derüberreichten Visitenkarte sei die Freiheit des Angeklagten,sich für einen Anwalt seiner Wahl zu entscheiden, beein-trächtigt worden. Darüber hinaus liege in der Übergabe derVisitenkarte keine sachliche Unterrichtung des potentiellenMandanten oder eine bloße Informationsübermittlung vor,die ihm in seiner Strafsache selbst oder bei der Wahl einesgeeigneten Rechtsvertreters habe helfen können. Denn dieÜbergabe einer Visitenkarte diene nicht lediglich der Infor-mation.

Der Volltext ist im Internet abrufbar in der Anwaltsblatt-Datenbank unterwww.anwaltsblatt.de (AnwBl Online 2018, 1055).

AAnnwwaallttsshhaaffttuunngg

Mitternachtsfaxen – zwei Minuten vorFristablauf für fünf Seiten sind zu kurzZPO §§ 233 Satz 1, 234 Abs. 1, 520 Abs. 2 Satz 1

Der Rechtsmittelführer hat auch bei Einsatz eines Telefaxgerätesdie Rechtzeitigkeit des Eingangs der Berufungsbegründung zurvollen Überzeugung des Gerichts nachzuweisen.

Wird ein fünfseitiger Schriftsatz kurz vor 23.58 Uhr mit Hilfe einesTelefaxgerätes an das Gericht übermittelt, der erst nach 24.00 Uhreingeht, scheidet ein Verschulden des Prozessbevollmächtigten ander Fristwahrung nur aus, wenn er vorträgt und glaubhaft macht,dass nach seinen Erfahrungswerten bei einer üblichen Übertra-gungsdauer von einem Eingang vor 24.00 Uhr auszugehen war.

Die Wiedereinsetzungsfrist beginnt zu laufen, sobald der Prozess-bevollmächtigte der Partei von dem Gericht fernmündlich oderschriftlich auf die Fristversäumung hingewiesen wird.

BGH, Beschl. v. 27.9.2018 – IX ZB 67/17

Anmerkung der Redaktion:

Es ging um den Vorwurf anwaltlicher Falschberatung undRückzahlung von Anwaltshonorar. Die fünfseitige Beru-fungsbegründungsschrift der Beklagten war wenige Minutennach Fristablauf in der Zeit von 00.01 Uhr bis 00.02 Uhr beimBerufungsgericht eingegangen. Zu spät, so das Gericht. DenAntrag auf Wiedereinsetzung hatte es verworfen. Der Pro-zessbevollmächtigte habe nicht seiner Sorgfaltspflicht ge-nügt, weil er die Übermittlung eines Schriftsatzes per Telefaxnicht so früh begonnen habe, dass dieser unter gewöhnli-chen Umständen bis zum Abschluss des Tages des Frist-ablaufs einging.Dem schloss sich der für die Anwaltshaftung zuständige IX.Zivilsenat des BGH an. Zum einen fehle es an jeder Darle-gung und Glaubhaftmachung, dass bei einem Übertra-gungsbeginn wenige Minuten vor Fristablauf nach der Erfah-rung des Prozessbevollmächtigten mit einem rechtzeitigenEingang vor 24.00 Uhr zu rechnen gewesen sei, zumal beider Faxübermittlung wegen schwankender Übertragungs-geschwindigkeiten eine gewisse Zeitreserve einzukalkulierensei. Habe der Anwalt grundsätzlich einen Zeitbedarf von 30Sekunden je Seite anzusetzen, hätte mit einer voraussicht-lichen Übermittlungsdauer von 2.30 Minuten gerechnet wer-den müssen, so dass der Eingang erst am Folgetag zu er-warten gewesen wäre.Wiedereinsetzung gab es auch aus einem weiteren Grundnicht: Die Monatsfrist für den Antrag auf Wiedereinsetzung inden vorigen Stand war nicht gewahrt worden. Der Prozess-bevollmächtigte habe auf seine eigene ausdrückliche tele-fonische Erkundigung vom Gericht erfahren, dass die Beru-fungsbegründung verspätet eingegangen sei. Ab diesemZeitpunkt sei, zumal der Prozessbevollmächtigte nach demInhalt seines Anrufs selbst eine Fristversäumung befürchtete,die Unkenntnis und damit die Verhinderung nicht mehr un-verschuldet gewesen. Siehe auch folgende Entscheidungendes BGH zu kurz vor knapp faxenden Anwälten (BGH, AnwBl2017, 1004 und BGH, AnwBl 2014, 378).

Der Volltext ist im Internet abrufbar in der Anwaltsblatt-Datenbank unterwww.anwaltsblatt.de (AnwBl Online 2018, 1057).

Rechtsprechung

Anwaltsrecht AnwBl 12 / 2018 681

AnwaltsW

issen

Einzelanwalt muss rechtzeitig für seineVertretung bei Krankheit sorgenZPO §§ 233, 234 Abs. 1, 236 Abs. 2

Ein Rechtsanwalt muss allgemeine Vorkehrungen dafür treffen,dass das zur Wahrung von Fristen Erforderliche auch dann unter-nommen wird, wenn er unvorhergesehen ausfällt. Ist er als Einzel-anwalt ohne eigenes Personal tätig, muss er ihm zumutbare Vor-kehrungen für einen Verhinderungsfall, zum Beispiel durch Ab-sprache mit einem vertretungsbereiten Kollegen treffen (Anschlussan Senatsbeschluss vom 6. März 1990 – VI ZB 4/90, VersR 1990,1026).

BGH, Beschl. v. 10.4.2018 – VI ZB 44/16

Aus den Gründen: [8] b) Der Kläger hat nicht glaubhaft ge-macht, dass er die danach erforderliche zumutbare Vorsorgefür einen Verhinderungsfall getroffen hat. Aus dem von ihmvorgelegten Attest des behandelnden Arztes ergibt sich viel-mehr, dass nach den eigenen Angaben des Klägers die alsBurnout-Zustand gedeuteten Symptome in den „letzten Ta-gen“ vor dem 5. August 2016 „immer wieder zeitweise“ –also nicht ständig – aufgetreten seien, wobei er „beispielswei-se Termine und Rechtsfristen übersehen“ habe. Daraus ergibtsich aber schon nicht, dass der Kläger in den Zeiten, in denendie Symptome nicht auftraten, außerstande gewesen wäre, ei-nen Fristverlängerungsantrag zu stellen. Ferner bestand fürihn in diesen Zeiten dringende Veranlassung, Vorkehrungenfür den Verhinderungsfall zu treffen, zumal er als Einzel-anwalt und ohne eigenes Personal tätig war.

Anmerkung der Redaktion:

Wird ein Anwalt plötzlich krank während sich die Fristsachenauf seinem Schreibtisch türmen, kann das schnell zu einemProblem werden. Besonders für Einzelanwälte, wenn sie fürsolche Fälle keine entsprechenden Vorkehrungen getroffenhaben. In dem Fall wurde der Wiedereinsetzungsantrag einesAnwalts, der sich selbst vertreten hatte, abgelehnt. Er hattedie Berufungsbegründungsfrist versäumt und unter Vorlageeiner Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorgetragen, er seiwegen eines plötzlich in dieser Zeit aufgetretenen Burnout-Zustandes nicht mehr in der Lage gewesen, die Berufungs-begründung rechtzeitig zu fertigen oder eine Fristverlänge-rung zu beantragen. Vorkehrungen für diesen plötzlichenAusfall habe er nicht treffen können, weil frühere Bemühun-gen für Urlaubsvertretungen im Sande verlaufen waren. Kei-ner der mit ihm auf einer Nordseeinsel praktizierenden übri-gen vier Anwälte wäre zu einer Vertretung bereit gewesen.Das überzeugte den BGH nicht. Hätte er rechtzeitig – als ernoch gesund war – die für einen überraschenden Krank-heitsfall gebotenen Absprachen getroffen, wäre es ihm nachdem Attest noch möglich gewesen, seinen Vertreter zu in-struieren. Dass er seine Anwaltstätigkeit auf einer Insel aus-übe, auf der nur wenige Anwälte seien, entbinde ihn nicht vonder Pflicht, für den Fall eines Ausfalls für eine Vertretungs-regelung zu sorgen. Dies könne auch durch einen vertre-tungsbereiten Kollegen auf dem Festland erfolgen.Dass gerade bei Einzelanwälten beim Thema Vertretung derSchuh drückt, zeigt auch eine Umfrage des Soldan Instituts(siehe Kilian „Reformwünsche der Anwaltschaft“ in diesemHeft AnwBl 2018, 670).

Der Volltext ist im Internet abrufbar in der Anwaltsblatt-Datenbank unterwww.anwaltsblatt.de (AnwBl Online 2018, 1060).

Antrag auf Fristverlängerung: Eintrag imKalender erst, wenn tatsächlich gewährtZPO § 234

Wird die Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist beantragt,darf sie nicht in der Weise im Kanzleikalender vorgemerkt werden,dass schon mit der Antragstellung der Ablauf der Frist eingetragenwird, als ob sie bereits zu diesem Zeitpunkt bewilligt worden sei.Der Eintrag des endgültigen Fristablaufs ist erst dann zulässig,wenn die Verlängerung tatsächlich gewährt worden ist.

In jedem Fall ist durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dassrechtzeitig vor dem beantragten Fristablauf das wirkliche Ende derFrist – gegebenenfalls durch Rückfrage bei Gericht – festgestellt wird.(Leitsatz der Redaktion)BGH, Beschl. v. 18.1.2018 – V ZB 166/17

Der Volltext ist im Internet abrufbar in der Anwaltsblatt-Datenbank unterwww.anwaltsblatt.de (AnwBl Online 2018, 1062).

Neuer Anwalt in einem Berufungsman-dat muss als erstes die Fristen prüfenZPO § 234

Ein Rechtsanwalt, der nach einem Anwaltswechsel ein Berufungs-mandat übernimmt, hat die Erfolgsaussichten des Rechtsmittels zuprüfen, wozu zwingend die Zulässigkeitsvoraussetzungen gehören.Daher muss er sein Augenmerk insbesondere auf die Einhaltungder Berufungs- und Berufungsbegründungsfrist richten.(Leitsatz der Redaktion)

BGH, Beschl. v. 24.5.2018 – III ZA 30/17

Der Volltext ist im Internet abrufbar in der Anwaltsblatt-Datenbank unterwww.anwaltsblatt.de (AnwBl Online 2018, 1064).

Gericht darf nicht vor Fristablauf überWiedereinsetzungsantrag entscheidenZPO § 234

Eine Entscheidung über den Antrag auf Wiedereinsetzung in denvorigen Stand vor Ablauf der Wiedereinsetzungsfrist kann den An-spruch des Antragstellers auf rechtliches Gehör verletzen und dieZulassung der Rechtsbeschwerde begründen.

BGH, Beschl. v. 24.4.2018 – VI ZB 48/17

Anmerkung der Redaktion:

Die Klägerin hatte rechtzeitig Berufung eingelegt. WegenVersäumung der Berufungsbegründungsfrist hatte ihr AnwaltWiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Infolgeeiner akuten Lumboischialgie (Rückenbeinschmerz) sei ernicht in der Lage gewesen, sich sachgemäß in den Sach- undRechtsstand der Berufungsangelegenheit einzuarbeiten undeine zweckmäßige Berufungsbegründung anzufertigen. DasBerufungsgericht hatte seinen Antrag noch innerhalb derMonatsfrist des § 234 Abs. 1 Satz 2 ZPO abgelehnt und dieBerufung als unzulässig verworfen. Damit hat es den An-spruch der Klägerin auf rechtliches Gehör verletzt, so derVI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs.

Der Volltext ist im Internet abrufbar in der Anwaltsblatt-Datenbank unterwww.anwaltsblatt.de (AnwBl Online 2018, 1066).

Rechtsprechung

682 AnwBl 12 / 2018 Anwaltshaftung

Fehlerhafte Güteanträge – Anwalt mussteneue Rechtsprechung nicht vorausahnenBGB §§ 280 Abs. 1, 675; VVG § 86; BRAO § 43b

War für den Anwalt im Zeitpunkt der Einreichung von Güteanträ-gen und der Klageerhebung angesichts der bestehenden Recht-sprechung die spätere Entwicklung in der Rechtsprechung zurhinreichenden Individualisierung von Güteanträgen nicht vorher-sehbar, durfte er davon ausgehen, dass die Anträge hinreichendbestimmt waren. Eine anwaltliche Pflichtverletzung liegt dannnicht vor.(Leitsatz der Redaktion)(nicht rechtskräftig)LG Köln, Urt. v. 19.7.2018 – 22 O 10/18

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Stephan E. Boon, Jena

Anmerkung der Redaktion:

Der BGH hatte im Juni 2015 entschieden, welche Anfor-derungen an die die Verjährung hemmenden Güteanträge zustellen sind (§ 204 Abs. 1 Nr. 4 BGB). Es ging um Ansprüchewegen fehlerhafter Kapitalanlageberatung (BGH, Urteil vom18. Juni 2015 – III ZR 198/14). Eine große Zahl von geschä-digten Anlegern ging mit ihren eingeklagten Schadensersatz-forderungen infolgedessen leer aus. Das Ganze führte zu einerReihe von Haftungsprozessen. Nunmehr liegt eine der erstenEntscheidungen hierzu vor.Geklagt hatte eine Rechtsschutzversicherung. Sie verlangtevon der Rechtsanwaltssozietät, die in den Jahren 2011 bis2013 zahlreiche Kapitalanleger wegen fehlerhafter Anlage-beratung vertreten hatte und deren Klagen wegen Verjäh-rung der geltend gemachten Schadensersatzansprüche ge-scheitert waren, die Erstattung von ihr gezahlter Rechts-anwalts- und Gerichtsgebühren in Höhe von 441.006,14 Eu-ro. Die von der Kanzlei bei der Gütestelle eingereichtenmehrere tausend im Wesentlichen wortgleichen Anträge aufaußergerichtliche Streitschlichtung hätten nicht den vomBGH erhobenen Anforderungen entsprochen und seien da-her nicht geeignet gewesen, die Verjährung zu hemmen.Das LG Köln hat die Klage abgewiesen. Es konnte keine an-waltliche Pflichtverletzung ausmachen. Zwar seien die vonder Kanzlei eingereichten Güteanträge nach der neuerenRechtsprechung des BGH nicht hinreichend individualisiertgewesen. Gleichwohl hätte sie durch die Formulierung derGüteanträge nicht ihre Pflichten aus dem Anwaltsvertrag ver-letzt. Entscheidend hierfür sei, ob die mangelnde Individuali-sierung der Güteanträge im Jahr 2011 eine anwaltlichePflichtverletzung darstellte. Insoweit sei maßgeblich, ob dieBeklagten zu diesem Zeitpunkt die unzureichende Individua-lisierung schon hätten erkennen konnten oder mussten. Nein,mussten sie nicht, so das LG Köln ganz klar. Angesichts desStandes der Rechtsprechung zu den Konkretisierungsanfor-derungen eines Güteantrags im maßgeblichen Zeitpunkt derEinreichung der Güteanträge sei für einen Anwalt auch in An-sehung der ihm obliegenden Pflicht zur Beachtung der (Ten-denzen in der) Rechtsprechung nicht erkennbar gewesen,dass der Güteantrag die vom BGH in der Entscheidung vom18. Juni 2015 (III ZR 198/14) erstmals formulierten Individua-liserungsanforderungen enthalten müsse.Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Die Sache befindet sichbeim OLG Köln (Aktenzeichen: 24 U 122/18). IdentischeEntscheidungen des LG Köln sind nach Auskunft des Ein-senders auch in Sachen 22 O 407/17 und 22 O 145/18 er-gangen.

Der Volltext ist im Internet abrufbar in der Anwaltsblatt-Datenbank unterwww.anwaltsblatt.de (AnwBl Online 2018, 1068).

AAnnwwaallttssvveerrggüüttuunngg

Gewinnabschöpfungsklage wegenProzessfinanzierer rechtsmissbräuchlichUWG §§ 8 Abs. 3 Nr. 3, 10; BGB § 242

Die Gewinnabschöpfungsklage eines Verbraucherverbands, die voneinem gewerblichen Prozessfinanzierer finanziert wird, dem eineVergütung in Form eines Anteils am abgeschöpften Gewinn zuge-sagt wird, widerspricht dem Verbot unzulässiger Rechtsausübungaus § 242 BGB und ist unzulässig.

BGH, Urt. v. 13.9.2018 – I ZR 26/17

Anmerkung der Redaktion:

Der Verbraucherschutzverein, der in die Liste qualifizierterEinrichtungen gemäß § 4 Unterlassungsklagengesetz(UKlaG) eingetragen war, hatte eine Gewinnabschöpfungs-klage gegen einen Telekommunikationsanbieter wegenüberhöhter Gebühren bei Rücklastschriften und Mahnungenerhoben. Ein Prozessfinanzierer sollte das Ganze finanzie-ren. Die Vereinbarung sah vor, dass der Verein im Unterlie-gensfall von den Kosten freigestellt wird. Bei Obsiegen sollteder Prozessfinanzierer am abgeschöpften Gewinn – der ansich dem Bundeshaushalt zusteht – beteiligt werden. VomBundesamt für Justiz gab es hierfür ein okay.Da macht der I. Zivilsenat des BGH nicht mit. Er hält dieganze Klage für rechtsmissbräuchlich und damit unzulässig.Dass das Bundesamt für Justiz dem Prozessfinanzierungs-vertrag zugestimmt hat, ändere daran nichts. Auch der Auf-fassung des Berufungsgerichts, solange Gläubiger und Pro-zessfinanzierer weder personell noch finanziell verflochtenseien und der an den Prozessfinanzierer abzuführende Ge-winnanteil im Obsiegensfall das Maß des in solchen FällenÜbliche nicht übertsteige, liege kein Fall des Rechtsmiss-brauchs vor, erteilte er eine Absage. Die Rechtsmissbräuch-lichkeit der Klage resultiere bereits daraus, dass die Ein-schaltung eines Prozessfinanzierers, dem eine Vergütung inForm eines Anteils am abgeschöpften Gewinn zugesagtwerde, dem Zweck der gesetzlichen Regelung des § 10 UWGwiderspreche. Der Anspruch werde nämlich nun aus demMotiv des Prozessfinanzierers, Einnahmen aus dem abge-schöpften Gewinn zu erzielen, geltend gemacht; die Interes-sen der geschädigten Verbraucherinnen und Verbraucherspielten letztlich keine, zumindest keine entscheidende Rollemehr. Erhalte der beauftragte Anwalt bei Einschaltung desProzessfinanzierers eine weitere Gebühr, widerspreche auchdessen finanzielles Interesse dem Zweck des § 10 Abs. 1UWG, betont der BGH weiter.Der BGH schwächt mit dieser Entscheidung den Verbrau-cherschutz. Wie schon das Berufungsgericht ausgeführt hat,könnte ohne Einschaltung eines Prozessfinanzierers wahr-scheinlich keine der zu Klagen dieser Art berechtigten Ein-richtungen mangels ausreichender finanzieller Mittel Ge-winnabschöpfungsprozesse finanzieren. Das hat zwar auchder BGH gesehen, verweist aber auf den Gesetzgeber, dersehenden Auges eine solche Problematik geschaffen habe.Dessen Entscheidung dürfe nicht dadurch umgangen wer-den, dass Dritte eingeschaltet würden, die von der Klage-möglichkeit wirtschaftlich zu profitieren suchen. Den Ver-braucherverbänden rät er daher, von der Möglichkeit derHerabsetzung des Streitwerts nach § 12 Abs. 4 Satz 1 UWG,§ 51 Abs. 5 GKG Gebrauch zu machen.

Der Volltext ist im Internet abrufbar in der Anwaltsblatt-Datenbank unterwww.anwaltsblatt.de (AnwBl Online 2018, 1077).

Rechtsprechung

Anwaltshaftung AnwBl 12 / 2018 683

AnwaltsW

issen

PPrroozzeessssrreecchhtt

BVerfG: Keine überspannten Anfor-derungen an KlageerzwingungsantragGG Art. 19 Abs. 4, 103 Abs. 1; StPO § 172 Abs. 3 Satz 1

Das Grundrecht aus Art. 19 Abs. 4 GG ist verletzt, wenn das Gerichtüberspannte, nicht mehr durch den Gesetzeszweck gebotene An-forderungen an den Inhalt eines Antrags auf Einleitung eines Kla-geerzwingungsverfahrens stellt.(Leitsatz der Redaktion)

BVerfG (2. Kammer des Zweiten Senats), Beschl. v. 2.7.2018 – 2 BvR 1550/17

Anmerkung der Redaktion:

Hat die Staatsanwaltschaft das Ermittlungsverfahren man-gels hinreichenden Tatverdachts eingestellt, kann der Ver-letzte einer Straftat mit der Einleitung eines Klageerzwin-gungsverfahrens diese Entscheidung überprüfen lassen. Nurwenige Anträge auf Einleitung eines Klageerzwingungsver-fahrens führen jedoch zum Erfolg. Der Großteil scheitert anden rigiden Anforderungen an den Antragsinhalt durch dieherrschende OLG-Rechtsprechung. Dem BVerfG platzte nunder Kragen. Das Gericht in dem Fall habe die Anforderungenan den Inhalt des Klageerzwingungsantrags überspannt.Zwar hat das BVerfG die Verfassungsbeschwerde wegenmöglicher Verjährung der Tat nicht zur Entscheidung an-genommen. Zum Klageerzwingungsverfahren fand es aberdeutliche Worte. Der angefochtene Beschluss des OLGRostock verletze den Beschwerdeführer in seinem Grund-recht aus Art. 19 Abs. 4 GG. Ein Klageerzwingungsantragdürfe nicht vorschnell aufgrund der formellen Hürden des§ 172 Abs. 3 Satz 1 StPO verworfen werden.Die Verfassungsbeschwerde betraf ein Klageerzwingungs-verfahren, das den Tatvorwurf der fahrlässigen Tötung gegenbehandelnde Ärzte wegen des Verdachts einer fehlerhaftdurchgeführten Chemotherapie eines Mammakarzinomszum Gegenstand hatte. Die Staatsanwaltschaft hatte dasErmittlungsverfahren gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt.Den daraufhin vom Beschwerdeführer eingereichten 108seitigen Klageerzwingungsantrag hatte das OLG Rostock mitder Begründung verworfen, dieser entspreche nicht den for-malen Erfordernissen des § 172 Abs. 3 StPO. Die Antrag-schrift enthalte keine aus sich heraus verständliche, konkreteund substantiierte Sachdarstellung, die es dem Senat er-mögliche, das mit dem Antrag verfolgte Begehren ohne Bei-ziehung der staatsanwaltlichen Ermittlungsakten und ande-rer Schriftstücke zu überprüfen.Das BVerfG sah das anders. Der Klageerzwingungsantraghabe entgegen der Auffassung des OLG Rostock eine Dar-stellung des wesentlichen Inhalts der mitgeteilten Beweis-mittel enthalten. Auch habe sie nicht den Anforderungen des§ 172 Abs. 3 Satz 1 StPO widersprochen, weil sie Scans vonund Direktzitate aus Sachverständigengutachten enthaltenhabe. Das BVerfG störte sich auch nicht daran, dass aufumfangreiche Anlagen Bezug genommen worden war, dennderen wesentlicher Inhalt sei bereits im Antrag selbst enthal-ten gewesen.Mit dem Beschluss stärkt das BVerfG die Rechte von Ver-letzten im Klageerzwingungsverfahren.

Der Volltext ist im Internet abrufbar in der Anwaltsblatt-Datenbank unterwww.anwaltsblatt.de (AnwBl Online 2018, 1084).

Ladungsfähige Anschrift einerjuristischen Person aus HandelsregisterZPO § 253 Abs. 2 Nr. 1

Bei juristischen Personen des Privatrechts genügt als ladungsfähigeAnschrift die Angabe der im Handelsregister eingetragenen Ge-schäftsanschrift, sofern dort gemäß § 170 Abs. 2 ZPO Zustellungenan das Organ als gesetzlichen Vertreter der juristischen Personoder den rechtsgeschäftlich bestellten Vertreter im Sinne von § 171ZPO bewirkt werden können.

BGH, Urt. v. 28.6.2018 – I ZR 257/16

Aus den Gründen: [17] aa) Die für natürliche Personen ent-wickelten Grundsätze zur Angabe einer ladungsfähigen An-schrift lassen sich nicht unmittelbar auf juristische Personenübertragen. Dem Wohnsitz einer natürlichen Person ent-spricht bei juristischen Personen der Sitz. Das legt die Annah-me nahe, dass bei juristischen Personen deren Sitz als la-dungsfähige Anschrift angegeben werden kann. Daraus ergibtsich jedoch nicht als Erfordernis ordnungsgemäßer Klageer-hebung, dass an diesem Sitz die tatsächliche Geschäftstätig-keit der juristischen Person ausgeübt werden muss und derenLeiter oder gesetzlicher Vertreter dort angetroffen werdenmuss. Soweit es für erforderlich gehalten wird, für den Be-klagten eine Anschrift anzugeben, die eine persönliche Zu-stellung erlaubt, erklärt sich dies in erster Linie durch dasschützenswerte Interesse der mit einem Rechtsstreit über-zogenen Partei. Dieses Interesse besteht beim Kläger, der ak-tiv den Prozess beginnt und betreibt, von vornherein nicht.

[18] bb) Der Zweck der Angabe einer ladungsfähigen An-schrift des Klägers ist bei juristischen Personen erfüllt, wenndie juristische Person durch die angegebene Anschrift ein-deutig identifiziert wird und unter dieser Anschrift wirksamZustellungen an die juristische Person vorgenommen werdenkönnen. Danach genügt bei juristischen Personen des Privat-rechts als ladungsfähige Anschrift die Angabe der im Han-delsregister eingetragenen Geschäftsanschrift, sofern dort ge-mäß § 170 Abs. 2 ZPO Zustellungen an den Leiter, also bei ju-ristischen Personen an deren Organ als gesetzlichen Vertreter(vgl. Saenger/Siebert, ZPO, 7. Aufl., § 170 Rn. 5), oder denrechtsgeschäftlich bestellten Vertreter im Sinne von § 171ZPO bewirkt werden können. Dafür spricht auch der in § 35Abs. 2 Satz 3 GmbHG zum Ausdruck kommende Rechts-gedanke, dass Zustellungen an eine Gesellschaft unter derim Handelsregister eingetragenen Geschäftsanschrift erfol-gen können.

Anmerkung der Redaktion:

Eine wichtige Entscheidung für alle Prozessanwälte: Die An-gabe der im Handelsregister eingetragenen Geschäfts-anschrift einer juristischen Person des Privatrechts genügtals ladungsfähige Anschrift im Rubrum der Klage. Die Anga-be des tatsächlichen Geschäftssitzes, in dem der Leiter odergesetzliche Vertreter regelmäßig angetroffen werden kann,ist nicht erforderlich.

Der Volltext ist im Internet abrufbar in der Anwaltsblatt-Datenbank unterwww.anwaltsblatt.de (AnwBl Online 2018, 1090).

Rechtsprechung

684 AnwBl 12 / 2018 Prozessrecht

Bewährt imKanzleialltag

NJW:»Der Kommentar›quasselt‹ nicht,

sondern bringt es aufden Punkt.«

Prof. Dr. Matthias Lehmann,NJW 2017, 1372, zur Vorauflage

JurBüro:»Höchst

empfehlenswerterund verlässlicher

Praktikerkommentar.«RA Rudolf Günter,JurBüro 5/15,zur Vorauflage

Der BGB-KommentarDasWerk berücksichtigt alle Änderungen, die sich aus denNeu-regelungen ergeben:■ durch das neueGesetz zur Reformdes Bauvertragsrechts (seit1.1.2018) geänderteWiderspruchsfristen in denneu eingeführ-ten Verbraucherbauverträgen, Neuregelungen zur Nacher-füllung bei Einbau mangelhafter Sachen

■ durch die Reiserechtsreform (seit 1.7.2018) eingeführte verlän-gerteMängelrügefristenunddie jetzt zulässigennachträglichenPreiserhöhungen.

Als weitere wichtige Gesetzesänderungen sind berücksichtigt:

■ die Einführung eines Anspruchs auf Hinterbliebenengeld

■ die Umsetzung der Zweiten ZahlungsdiensteRL

■ zahlreiche Änderungen im Familienrecht durch die Gesetzezur Bekämpfung von Kinderehen, Recht auf Kenntnis derAbstammung bei heterologer Insemination, Durchsetzungder Ausreisepflicht und Eheschließung für Personengleichen Geschlechts.

Alle wichtigen Regelungen rund um das BGBwerden mitkommentiert:AGG, Preisklauselgesetz, Gewaltschutzgesetz,Versorgungsaus-gleichsgesetz, Vormünder- und Betreuervergütungsgesetz,Internationales Privatrecht des EGBGB, Rom-VOen

Der ZPO-KommentarDurch das Gesetz zur Einführung einer Musterklage sind ab1.11.2018 die neuen §§ 606-614 ZPO anzuwenden. Die Neuauf-lage berücksichtigt bereits die Neuregelungen etwa zu Klage-befugnis, Zuständigkeit, Rechtskraftwirkung der gebündeltenKlagen.

Sämtliche Novellen berücksichtigt:■ EU-KontenpfändungsVO-DurchführungsG■ Gesetz zur Reform des Bauvertragsrechts, zur Änderung derkaufrechtlichen Mängelhaftung

■ Gesetz zurUmsetzung der BerufsanerkennungsRL und zur Än-derungweitererVorschriften imBereichder rechtsberatendenBerufe

■ Gesetz zurÄnderung vonVorschriften imBereichdes Internati-onalen Privat- und Zivilverfahrensrechts

■ Gesetz zur Einführung der elektronischen Akte in der Justizund zurweiteren Förderungdes elektronischenRechtsverkehrs

■ eIDAS-DurchführungsG.

Besonders praxisnahDie Neuauflage 2018 wartet mit noch mehr Kosten- und Ver-fahrenshinweisen sowie Formulierungshilfen auf. Die syste-matische und verständliche Einbeziehung des europäischenZivilverfahrens- und Vollstreckungsrechts erspart den Blick inandere Spezialwerke.

Schulze u. a.Bürgerliches GesetzbuchHandkommentar10. Auflage 2018, 3.112 S., geb.,mit Online-Zugang, 69,– €ISBN 978-3-8487-5165-5

Saenger

ZivilprozessordnungFamilienverfahren | Gerichtsverfassung |Europäisches VerfahrensrechtHandkommentar8. Auflage 2019, ca. 3.350 S., geb.,mit Online-Zugang, ca. 118,– €ISBN 978-3-8487-5166-2Erscheint Januar 2019

Neu2019

Neu2019

Vereinbarungen mit Mandanten ist dasunverzichtbareNachschlagewerk,wennes um Gestaltung rechtssicherer Vergü-tungsvereinbarungen, Mandatsbedin-gungenoder klarer,wirksamerHaftungs-beschränkungen geht. Das Handbuchhält konkreteMuster undVorschläge vor– denn bei Vergütungsverhandlungenregelt sich nichts von alleine im Sinnedes Anwalts.Die Neuauflage unterstützt Sie bei derGestaltungneuer undAktualisierung vonüber Jahre fortgeschriebenen und nachneuester Rechtsprechungoft zweifelhaftgewordene Altvereinbarungen.

Das Handbuch bietet:■ Unterstützung bei Verhandlungsfüh-rung und Vereinbarungsgestaltung

■ 40Arten vonVergütungsvereinbarun-gen im Zivil-, Straf- und Sozialrecht

■ Informationen über Formvorschriftenund die Schranken durch AGB-Recht

■ umfassende Erläuterung zur Gebüh-renklage

■ zahlreiche Muster

Das "RVG Praxiswissen" hat sich als einperfekter Begleiter in Ausbildungund imKanzleialltag etabliert. Gegliedert nachden einzelnen Rechtsgebieten erklärt esSchritt für Schritt die Struktur des RVG.Praxishinweisemachenaufwissenswer-teAbrechnungssituationenaufmerksam.Stets mitbehandelt werden Streitwert-fragen, gebührenrechtliche Aspekte derProzess- undVerfahrenskostenhilfe unddie Durchsetzung des Vergütungsan-spruchs.Die 5. Auflage greift alle zentralen Ab-rechnungskonstellationen auf und inte-griert die zwischenzeitlich ergangeneumfangreiche Rechtsprechung zumVer-gütungsrecht:■ BGH-Rechtsprechung zum Erledi-gungswert bei derVerkehrsunfallregu-lierung

■ aktuelle Rechtsprechung zur fiktivenTerminsgebühr in Zivil-, Familien-, So-zial- und Verwaltungssachen

■ Zusätzliche Gebühren in Straf- undBußgeldsachen

■ Vergütungsvereinbarung■ Streit- und Verfahrenswerte■ Einigungsgebühr bei Zahlungsverein-barungen

■ Beiordnung und Abrechnung in PKH-und VKH-Mandaten

Auch für Anwaltskanzleien gilt: Um dieeigene Marktposition zu verbessern, istder Einsatz verschiedener Marketingin-strumente unverzichtbar. Anders alsviele andere Berufsgruppen können An-wälte jedochnichtmit jedemMittelwer-ben – zudem beobachtet die Kollegen-schaft durchaus argwöhnisch jede neueMarketingidee. Die Entwicklung einerKanzlei kann andererseits nicht demZu-fall überlassen werden, und die steteGewinnung neuer Mandate muss ge-plant sein.DasWerk bietetMarketingmaßnahmenvon A-Z und ihre (Un)-Zulässigkeit nachder Rechtsprechung z.B.:■ Imagewerbung (Sponsoring)■ Versteigerung anwaltlicher Dienst-leistungen

■ Zeitungs-, Rundfunk- und Fernsehwer-bung

■ Postwurfsendungen und Praxisbro-schüren

■ Werbung auf Straßenbahnwagen undBussen

■ Rankinglisten■ Preiswerbung■ Homepage und Domain

Hinne | Klees | Müllerschön |WinklerVereinbarungen mitMandantenVergütungsvereinbarungen |Mandatsbedingungen | Haftungsbe-schränkungen | Verhandlungsführung

4. Auflage 2018, 279 S.,brosch., 49,– €ISBN 978-3-8487-5007-8Erscheint 2. Januar 2019

SchneiderRVG Praxiswissen5. Auflage 2018, 597 S.,brosch., 44,– €ISBN 978-3-8487-4882-2

RingAnwaltlichesWerberechtMaßnahmen | Zulässigkeit |Rechtsprechung2. Auflage 2018, 390 S., brosch., 38,– €ISBN 978-3-8487-4627-9

KanzleiDie erfolgreiche

Praxiswissen■ Alle Rechtsgebiete und anwaltlichen Tätigkeitsbereiche■ Alle abrechnungsrelevanten Konstellationen■ Über 400 Berechnungs- und Fallbeispiele■ Ausführliche Hinweise zur Kostenerstattung

5. Auflage

Nomos

Schneider

RVGKanzleiDie erfolgreiche

Nomos

Gerhard Ring

AnwaltlichesWerberechtMaßnahmen | Zulässigkeit | Rechtsprechung

2. Auflage

Neu2019

Neu2019

Neu2019

Das Praxishandbuch schafft Orientierung:■ Wer ist klagebefugt, wer zuständig?

■ Nachwelchen Regeln erfolgt die Durchführung desMuster-verfahrens?

■ Was bedeutet die gestufte Rechtsdurchsetzung für denstrategischen Umgang mit der neuen Klageart, insbeson-dere für die Verteidigung der beklagten Unternehmen?

■ Wie erfolgt die „richtige“ Umsetzung im Prozess, wie ist dasVerhältnis zudenbestehendenVerfahrensregeln?

■ Was erwächst wann in Rechtskraft, wer kann sich auf dieErgebnisse berufen?

Röthemeyer

MusterfeststellungsklageSpezialkommentarzu den §§ 606-614 ZPO2018, ca. 150 S., brosch., ca. 48,– €ISBN 978-3-8487-5256-0

Deutscher Anwaltverein e.V. |Forum Junge Anwaltschaftim DAV

DAV-Ratgeber für jungeRechtsanwältinnen undRechtsanwälte14. Auflage 2018, 643 S.,geb., 5,– €ISBN 978-3-8487-5161-7

§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§Röthemeyer

NOMOSKOMMENTAR

Nomos

Musterfeststellungs-klageSpezialkommentar zum 6. Buch ZPO

Nordholtz | Mekat

Musterfeststellungs-klageEinführung | Beratung |GestaltungHandbuch2018, 313 S., geb., 68,– €ISBN 978-3-8487-5255-3

Die neue MusterfeststellungklageMit dem Gesetz zur Einführung einer zivilprozessualen Mus-terfeststellungsklage gibt es ab dem 1.11.2018 ein neues Inst-rument der Anspruchsdurchsetzung.Die anwaltliche Beratungspraxismuss denNutzen kostenloserKollektivklärung gegen Risiken undNachteile gegenüber indi-vidueller Rechtsverfolgung abwägen. Die Justizmuss sich ins-besondere mit der Bindungswirkung der Urteile befassen.

Schwerpunkte■ Einzelkommentierungen der §§ 606-614 ZPO■ Einzelkommentierungen insbesondere zu Änderungen der§§ 29c,148 ZPOund§ 204BGB

■ Bindungswirkung des Musterfeststellungsurteils■ Detailfragen der Verjährungshemmung■ Haftung der klagenden Verbände

Auf rund 650 Seiten bündelt der DAV-Ratgeber Wissen von er-fahrenen Praktikern für den Einstieg in den Anwaltsberuf. DasStandardwerk bietet sowohl Existenzgründern als auch ange-stellten Anwälten die wichtigsten Informationen – vom Berufs-recht überMarketing bis hin zuMusterverträgen.

Neu in der 14. Auflage:■ Legal Tech■ Tipps zur Optimierung IhrerWebsite und Ihrer Social-Media-Aktivitäten und

■ Berufsunfähigkeit – ein Thema, an das ungern gedachtwird, aber für jeden Kollegen und jede Kollegin wichtig ist.

■ …und vieles mehr!

Erstmals gibt es den DAV-Ratgeber auch als E-Book.

Neues Klagerechtseit dem 1.11.18

Das Standardwerk fürEinsteiger in den Anwaltsberuf

Bestellen Sie versandkostenfrei Online unter nomos-shop.deBestell-Hotline (+49)7221.2104-37 | E-Mail [email protected] (+49)7221.2104-43 oder im Buchhandel

Sie haben das Recht, dieWare innerhalb von 14 Tagen nach Lieferung ohne BegründungandenNomosVerlag, In den Lissen 12, 76547 Sinzheimzurückzusenden. Bitte nutzen Siebei Rücksendungen den kostenlosen Abholservice. Ein Anruf unter Tel. 07221/2104-37genügt. Alle Preise inkl. MwSt. zzgl. Versandkosten. 5470 | Angebotsstand: 15.11.2018

AnwaltVerein

690 DAV-Diskussionsvorschlag: Großer WurfRechtsassessorin Maya El-Auwad, DAV, Berlin

Der DAV-Diskussionsvorschlag von Martin Hensslerzum anwaltlichen Gesellschaftsrecht wurde auf ei-nem Fachsymposium des DAV auf den Prüfstandgestellt. Fazit: wirklich ein „großer Wurf“.

692 Die Umbenennung eines KlassikersRechtsanwalt Dr. Hermann Lindhorst, Hamburg

Sollte ein Standardkommentar nach einem Nazibenannt sein? Der Hamburgische Anwaltverein sagt„Nein“ – und präsentiert einen pragmatischen Vor-schlag, den Namen „Palandt“ zu vermeiden.

696 Sechs Abteilungen beim JuristentagAnwaltsblatt-Redaktion, Berlin

Auf dem Deutschen Juristentag 2018 in Leipzigdiskutierten Juristinnen und Juristen in sechs Fach-abteilungen zu Steitfragen der Rechtspolitik. DerDAV und seine Experten waren dabei. Ein Überblick.

72. Deutscher Juristentag in Leipzig.

An

waltV

erein

DDeeuuttsscchheerr AAnnwwaallttvveerreeiinn

Ein „großer Wurf“DAV-Diskussionsvorschlag von Martin Hensslerzum anwaltlichen Gesellschaftsrecht

Rechtsassessorin Maya El-Auwad, DAV, Berlin

Der Deutsche Anwaltverein hatte auf dem Deutschen An-waltstag im Juni 2018 den DAV-Diskussionsvorschlag vonMartin Henssler zum anwaltlichen Gesellschaftsrecht(Henssler, AnwBl Online 2018, 564) vorgestellt – eine voll-ständige Konzeption für eine Reform des anwaltlichen Be-rufs- und Gesellschaftsrechts. Mit einem Symposium imDAV-Haus am 20. September 2018 in Berlin wurde der Ge-setzentwurf nun in der Fachöffentlichkeit diskutiert.

Die DAV-Veranstaltung versammelte Berufsrechtsexpertenaus allen Bereichen: Vertreter der Bundesrechtsanwaltskam-mer und des BMJV, aus Wissenschaft, Versicherungswirt-schaft und den Organisationen anderer freier Berufe kamenzusammen, um über den Vorschlag zu diskutieren – es wurdeeine offene und konstruktive Veranstaltung. Neben Prof.Dr. Martin Henssler referierten Prof. Dr. Christian Wolf vonder Universität Hannover, sowie Rechtsanwalt Prof. Dr. DirkUwer, Rechtsanwältin und Notarin Edith Kindermann undRechtsanwalt Michael Jürgen Werner zu den wichtigsten The-men des Gesetzentwurfes. Moderiert wurde die Veranstal-tung vom Vorsitzenden des DAV-BerufsrechtsausschussesRechtsanwalt Markus Hartung.

DAV-Präsident Ulrich Schellenberg machte deutlich: Essei Aufgabe des DAV als Interessenverband der Anwaltschaft,die Rahmenbedingungen für die Berufsausübung von Anwäl-tinnen und Anwälten mitzugestalten. Nach der Beteiligungdes DAV-Berufsrechtsausschusses und des DAV-Präsidiumsplane der DAV für das Frühjahr 2019 im Vorstand eine Ver-

bandsposition zur Reform der BRAO zu verabschieden.Dann soll aus dem DAV-Diskussionsvorschlag der DAV-Vor-schlag werden.

Unterstützung für eine Reform des anwaltlichen Berufs-rechts zeigte auch die für das Berufsrecht zuständige Abtei-lungsleiterin im Bundesministerium der Justiz und für Ver-braucherschutz (BMJV) Marie Luise Graf-Schlicker, die beider Abschlussdiskussion auf dem Panel saß. Das anwaltlicheBerufsrecht stehe im Ministerium auf der Tagesordnung,auch wenn es nicht ausdrücklich im Koalitionsvertrag er-wähnt werde. Der DAV-Diskussionsvorschlag sei dafür eine„hervorragende“ Vorlage. Der Gesetzgeber muss handeln,weil das Bundesverfassungsgericht zwei Regelungen in derBRAO zur Zusammenarbeit mit anderen Berufen für (teilwei-se) verfassungswidrig erklärt hat. Das Symposium hatte vierRegelungsideen von Martin Henssler in das Zentrum gerückt:Die Gesellschaftsformen für Berufsausübungsgesellschaften,die interprofessionelle Sozietät, die Regulierung der Berufs-ausübungsgesellschaften und den Umgang mit Auslands-gesellschaften.

In der Diskussion zeigte sich dann: Der Gesetzentwurf istein wirklich großer Wurf. Und so gab es auch kaum grund-legende Kritik. Beim Befund waren sich alle einig, dass dasBerufsrecht endlich die Berufsausübungsgesellschaft regelnmüsse. Aber natürlich gab es Anregungen und Verbes-serungsideen – die aber angesichts des vollständigen Kon-zepts eher klein ausfielen. Henssler berichtete, er habe denAuftrag des DAV angenommen, weil die Zeit reif gewesensei, das anwaltliche Berufsrecht der Berufsausübungsgesell-schaft zu regeln. Getreu dem Motto „Was wäre, wenn?“ habeer alle denkbaren und vernünftigen Reformvorschläge auf-gegriffen und – unabhängig davon, was politisch realisierbarsei – zur Diskussion gestellt.

Auch die BRAK dankte dem DAV für die Veranstaltung,denn dass Vertreter der Kammern und Verbände so offenund konstruktiv miteinander diskutierten, sei eine Chancefür die Anwaltschaft. //

Deutscher Anwaltverein

690 AnwBl 12 / 2018

Auf dem Podium (v.l.n.r.):Markus Hartung (Vorsitzenderdes DAV-Berufsrechtsaus-schusses), Dr. Joachim Freiherrvon Falkenhausen (DAV-Berufs-rechtsausschuss), Marie LuiseGraf-Schlicker (Bundesjustiz-ministerium),Prof. Dr. Martin Henssler undProf. Dr. Dirk Uwer (Mitglied derArbeitsgruppe, die den Gutach-tenauftrag formuliert hatte).

DDeeuuttsscchheerr AAnnwwaallttvveerreeiinn

DAV-Expertenlunch: Bundes-verfassungsgericht zu VW,Jones Day und den FolgenWie steht es um das anwaltliche Berufsgeheimnis?

Rechtsassessorin Maya El-Auwad, DAV, Berlin

Ist das anwaltliche Berufsgeheimnis in Gefahr? Diese Fragestellte der DAV angesichts der drei Nichtannahmebeschlüssedes Bundesverfassungsgerichts vom Juni 2018 zur US-Kanz-lei Jones Day, ihrer Anwälte und VW. Beim Expertenlunchwurde diskutiert.

Denn auch wenn das Bundesverfassungsgericht eigentlichgar nichts zur Entscheidung angenommen hat: Die Beschlüs-se werfen grundsätzliche rechtspolitische Fragen auf. Als In-teressenverband der Anwaltschaft sei es Aufgabe des DAV,diese Fragen zu diskutieren, betonte DAV-Präsident UlrichSchellenberg in seiner Begrüßung. Das Anwaltsgeheimnissei kein Privileg der Anwaltschaft, sondern ein Recht derMandanten – und zwar auch für Unternehmen als Mandan-ten. Corinna Budras, Wirtschaftsredakteurin der FAZ, mode-rierte die Veranstaltung.

Rechtsanwalt Prof. Dr. Rainer Hamm, Bevollmächtigter derRechtsanwaltskanzlei Jones Day sowie der dort tätigen Rechts-anwälte, nicht aber von VW, kritisierte die „Nichtentschei-dung“: Das BVerfG habe auffällig aufwendig begründet, warumdem Verfahren keine grundsätzliche Bedeutung zukomme. Be-sonderes Gewicht habe das Gericht auf die „Effektivität derStrafverfolgung“ gelegt, nicht aber auf das Anwaltsgeheimnis.

Auch Rechtsanwalt Prof. Dr. Dirk Uwer, Mit-Autor des An-waltsblatt-Aufsatzes „Die Jones Day-Entscheidungen desBVerfG und ihre Bedeutung für alle Anwältinnen und Anwäl-te“ (Uwer/von Ermingen-Marbach, AnwBl 2018, 470–474), be-mängelte, dass nun die Gefahr bestehe, dass der Recht-suchende auf anwaltlichen Beistand verzichte, weil er mit derMöglichkeit der Beschlagnahme der aus diesem Verhalten re-sultierenden Kommunikation und der Arbeitsergebnisse desRechtsanwalts rechnen müsse. Das BVerfG hätte die Beweis-verbote in § 160a Abs. 1 S. 1 oder § 97 Abs. 1 Nr. 3 StPO ver-fassungskonform erweiternd auslegen und den Schutz desVertrauensverhältnisses schwerer gewichten müssen.

Uwer und Hamm appellierten an den Gesetzgeber, jetztzeitnah eine gesetzliche Regelung für interne Ermittlungen,wie im Koalitionsvertrag angekündigt, zu finden.

Aus dem Publikum kam aber auch Verständnis für die Ent-scheidungen. Das Missbrauchsargument richte sich in ersterLinie gegen die Unternehmen, nicht die Anwälte. Man könnedie Praxis der internen Untersuchungen nicht ohne weiteresaus den USA in das deutsche Rechtssystem implementieren.

Aus dem Bundesjustizministerium meldete sich Dr. Mat-thias Korte zu Wort: Ein Hauptproblem sei, dass das Straf-und das Strafprozessrecht nach wie vor an der Einzelpersonausgerichtet seien. Man könne die Debatte nicht ohne eine Re-form des Verfahrensrechts gegen juristische Personen führen.Und er betonte: Der Zeitpunkt für den Beginn der Beschuldig-tenstellung müsse ganz klar juristisch geregelt werden. //

Deutscher Anwaltverein

AnwBl 12 / 2018 691

1 Ulrich Schellenberg

2 Corinna Budras

3 Prof. Dr. Rainer Hamm

4 Prof. Dr. Dirk Uwer

5 Publikum

1

2

3

4

5

DDAAVV--SStteelllluunnggnnaahhmmeenn

Auswirkungen der Ferenschild-Entscheidung (46/18)

Der Deutsche Anwaltverein begrüßtdurch seinen Zivilrechtsausschuss denVorschlag zur Möglichkeit einer ver-traglichen Begrenzung der Haftungs-dauer bei Gebrauchtwaren mit Rück-sicht auf die Ferenschild-Entscheidungdes EuGH und empfiehlt darüber hi-naus einige Klarstellungen und Ergän-zungen, um eine möglichst weitgehen-de Aufrechterhaltung der bisherigenRechtspraxis zu erlauben.

Viertes Gesetz zur Änderung desUmwandlungsgesetzes (47/18)

Der Wegfall der Niederlassungsfreiheitdurch den Brexit würde insbesonderebei den schätzungsweise 8.000 bis10.000 in Deutschland existierenden„private company limited by shares“(Ltd.) zu einer persönlichen und unbe-grenzten Haftung der Gesellschafterführen. Der DAV unterstützt daher inseiner Stellungnahme durch den Aus-schuss Handelsrecht die vorgesehenegenerelle Öffnung der grenzüberschrei-tenden Verschmelzung auch auf Per-sonenhandelsgesellschaften als zu-sätzliche Gestaltungsoption für einenWechsel in eine inländische Rechts-form. Der DAV hält es jedoch für wün-schenswert, die Hineinverschmelzungauch in eine Unternehmergesellschaft(haftungsbeschränkt) zuzulassen.

Keine Schnellschüsse gegenAbmahnindustrie (48/18)

Der DAV warnt durch seine AusschüsseGeistiges Eigentum und Informations-recht vor einer Schwächung derRechtsdurchsetzung. Er wehrt sich ge-gen die Vorwürfe, es bestünde ein Ab-mahn-Unwesen und regt an, diese Be-hauptung durch neutrale Marktunter-suchungen zu untersuchen, bevor derGesetzgeber aktiv wird. Insbesonderekritisiert er die jetzt im Referentenent-wurf für ein Gesetz zur Stärkung desfairen Wettbewerbs angedachte Be-schränkung der Klagebefugnis, dieStreitwertbegrenzung und die Ab-schaffung des fliegenden Gerichts-stands. Er erinnert auch daran, dass dieDurchsetzung des Verbraucherschutz-und Wettbewerbsrechts traditionell mitden Mitteln des Privatrechts erfolgen.

Alle DAV-Stellungnahmen finden Sie im Internetunter www.anwaltverein.de

An

waltV

erein

HHaammbbuurrggiisscchheerr AAnnwwaallttvveerreeiinn

Die Umbenennung einesKlassikers – ein berechtigtesund gebotenes AnliegenPragmatischer Vorschlag einer Zitierung als„Beck’sche Kurz-Kommentare, BGB“

Rechtsanwalt Dr. Hermann Lindhorst, Hamburg

Der (momentan noch aktuelle) Namensgeber des Beck’schenKurz-Kommentars BGB kam aus Stade, ganz in der NäheHamburgs, und die Initiative zur Umbennung des Palandtshat ihren Ursprung in Hamburg – Grund genug für den Ham-burgischen Anwaltverein, sich mit der Sache zu befassen.

Nach Durchsicht der diversen historischen Grundlagendiskutierte der Vorstand des Hamburgischen Anwaltvereinsdie Angelegenheit ausführlich und gelangte letztlich einstim-mig zum Entschluss, die Inititative zu unterstützen, den nachOtto Palandt benannten Palandt umzubenennen (siehe dazuin diesem Heft Janwillem van de Loo, AnwBl 2018, 667, Voll-text AnwBl Online 2018, 1009). Vereinzelt kamen Entgegnun-gen, ob es denn eigentlich „nichts Wichtigeres gebe“ und dassdoch kaum einer heutzutage den historischen Hintergrunddes Namensgebers – noch oder schon wieder – kenne. Das al-les kann und darf aber nicht darüber hinweghelfen, dass essich bei Otto Palandt um einen mächtigen NS-Spitzenbeam-ten handelte, der sich linientreu und rückgratlos verhielt (vgl.„Recht ohne Gewissen“, Steinke, Süddeutsche Zeitung v.17.9.2018) und damit kein erinnerungswürdiges Vorbild seinkann für geschichtsbewusste, eigenständig denkende Juristenin einer freiheitlich demokratischen Gesellschaft.

Mittlerweile hat die Initiative vielfältig Unterstützung erfah-ren; Bundestagsabgeordnete von CDU/CSU und der SPD halteneine Umbenennung ebenso für begrüßenswert wie die drei Lan-desjustizminister der Grünen, die eine Umbenennung in einemoffenen Brief an den Verlag C.H. Beck gefordert haben.

Die Gründer der Initiative gehen indes noch einen Schrittweiter und schlagen auch bereits konkrete Namen für eineNachfolgebezeichnung vor, etwa Otto Liebmann, der der ei-gentliche Begründer des Werks war. Das ist allerdings derzweite Schritt vor dem ersten; es ist zunächst viel wichtiger,dass der Verlag C.H. Beck nun endlich erkennen sollte, dasseine Abkehr von dem Namen Otto Palandt, also eine Umbe-nennung notwendig und geboten ist. Zwar mag die Bezeich-nung „Palandt“ zu einer eigenen Marke auf dem Buchmarktgeworden sein, wer aber die Nazi-Vergangenheit von Otto Pa-landt kennt, kann das nicht mehr wegdenken. Wie das Werkam Ende bezeichnet werden sollte, steht dann übrigens alleinim Ermessen des Verlags und der aktuellen Herausgeber be-ziehungsweise Verfasser des Werks.

Jeder Jurist, sei es Richter, Anwalt oder Verwaltungsbeam-ter, kann allerdings schon jetzt dazu beitragen, dass es in dierichtige Richtung geht und in Schriftsätzen, Urteilen undAufsätzen den Kommentar so benennen und zitieren, wie erjetzt auch bereits heißt, nämlich „Beck’sche Kurz-Kommentare,BGB“ – ein Zitat könnte also in etwa lauten „vgl. Beck’scheKurz-Kommentare, BGB-Bassenge, 75. Aufl. 2016, § 963 Rn 2.

Das ist aus Sicht des Hamburgischen Anwaltvereins eineeinfache und pragmatische Lösung. //

Dr. Hermann Lindhorstist Mitglied im Vorstanddes Hamburgischen An-waltvereins.

Deutscher Anwaltverein

692 AnwBl 12 / 2018

DDeeuuttsscchheerr AAnnwwaallttvveerreeiinn

Deutsch-chinesischerRechtsstaatsdialog

Ende August fand in Trier unter Beteiligungder Bundesjustizministerin Katarina Barleyund ihres chinesischen Amtskollegen FuZhenghua das von beiden Regierungenjährlich organisierte deutsch-chinesischeRechtsstaatsymposium statt.In diesem Jahr ging es unter dem Titel„Entwicklung eines staatlichen Systemsder Rechtsdienstleistungen“ auch um dieFrage, wie der Zugang zu Anwältinnen undAnwälten in China verbessert werdenkann. DAV-Vizepräsidentin Edith Kinder-mann zeigte in einem Resümee den Teil-nehmerinnen und Teilnehmern aus beidenLändern die positiven Wirkungen einer – inChina bislang nicht vorhandenen – ge-setzlichen Vergütungsordnung für eineVersorgung mit anwaltlichen Dienstleis-tungen auf.Der DAV nutzt seine Mitwirkung dafür, dasAugenmerk nicht nur auf allgemeinerechtsstaatliche, sondern immer auch aufspezifische anwaltliche Themen zu richten.

AAnnwwaallttssvveerrbbaanndd BBaaddeenn--WWüürrtttteemmbbeerrgg

Matinee zur Videoüberwachung

Im Mai 2018 richtete der AnwaltsverbandBaden-Württemberg seine sechste Ge-sellschaftspolitische Matinee in Stuttgartaus. Nach der Begrüßung durch den Prä-sidenten Rechtsanwalt Prof. Dr. PeterKothe diskutierten vier Experten zum The-ma „Videoüberwachung durch den Staatund Private – wie weit darf das gehen?“.Rechtsanwältin Renate Schmid aus Kölnund der Landesbeauftragte für den Daten-schutz und die Informationsfreiheit Baden-Württemberg Dr. Stefan Brink verwiesenauf die unterschiedlichen Befindlichkeitender von solchen Aufzeichnungen Betroffe-nen. Das zeige auch das aktuelle Dash-Cam-Urteil des BGH vom 15. Mai 2018.Der Landespolizeipräsident Gerhard Klot-ter und der Technische Leiter der My Si-cherheit Technology GmbH aus KarlsruheHauke Kerl erläuterten die Schwächen derintelligenten Videoüberwachung und Ge-sichtserkennung. Sie prognostizierten,dass die Videotechnik sich zukünftig mehran Verhaltensauffälligkeiten orientierenwerde. Rund 60 Teilnehmer aus der Lan-despolitik, der Wirtschaft und Justiz sowieder Anwaltschaft nahmen teil.

„Zwar mag dieBezeichnung„Palandt“ zueiner eigenenMarke auf demBuchmarkt ge-worden sein,wer aber dieNazi-Vergan-genheit vonOtto Palandtkennt, kanndas nicht mehrwegdenken.“

LLaannddeessvveerrbbaanndd HHeesssseenn

Wiederaufbau der Justiznach 1945Landesanwaltstag Hessen befasst sich mitdem Nationalsozialismus

Syndikusanwältin Anette Feldmann, Wiesbaden

In Zeiten, in denen Debatten über den Rechtsstaat und denZustand der Demokratie geführt werden, blickte der 6. Lan-desanwaltstag Hessen in Marburg auf die noch nicht so fernedeutsche Vergangenheit zurück.

Der Rechtsstaat lag 1945 danieder. Viele Richter hatten in derNS-Zeit im Sinne des NS-Systems „Recht“ gesprochen undwaren hoch belastet. Wie sollte da der Aufbau einer neuenJustiz gelingen? Anders als in anderen Gebieten der späterenBundesrepublik Deutschland konnten in Hessen für das neuerrichtete OLG Frankfurt am Main geflüchtete und verfolgteRichter wieder verpflichtet werden. Weil das den Personal-bedarf nicht deckte, engagierte man außerdem geflüchteteund verfolgte Anwälte als Richter. Diese ehemaligen Richterund früheren Anwälte gaben der Rechtsprechung des OLGFrankfurt in den Jahren 1946 bis 1949 ein erstes Gesicht.

In seinem Festvortrag ließ Dr. h.c. Georg D. Falk (Richteram Staatsgerichtshof des Landes Hessen und Richter am OLGFrankfurt am Main a.D.), das Schicksal dieser Männer lebendigwerden. Er zeigte anhand berührender Einzelfälle wie Rechtund Rechtsprechung in der NS-Zeit missbraucht werden konnteund wie andererseits standhafter Widerstand möglich war.

Wissenschaftlich fundiert, auf Basis seines Buches „Entna-zifizierung und Kontinuität“, beleuchtete er, wie in den späte-ren 1950er Jahren auch mehr und mehr aus der NS-Zeit belas-tete Richter wieder arbeiten durften. Geprägt blieb das OLGFrankfurt aber durch den Neustart mit einer Vielzahl unbelas-teter Richter, die auch aus der Anwaltschaft stammten.

Eingeleitet worden war die Zentralveranstaltung von derneuen Vorsitzenden des Landesverbandes Hessen, Rechts-anwältin und Notarin Edda Steinmetz. Sie freute sich, eine Viel-zahl von Ehrengästen aus Justiz und Anwaltschaft begrüßen zudürfen, so unter anderem den Vorsitzenden des Staatsgerichts-hofes des Landes Hessen und Präsidenten des Oberlandes-gerichts Frankfurt am Main, Prof. Dr. Roman Poseck, für dashessische Justizministerium Ministerialdirigent Olaf Nimmer-froh, die Präsidenten der Landgerichte Marburg, Darmstadtund Wiesbaden und die Rechtsanwälte Martin Schafhausenund Prof. Dr. Christian Duve vom DAV-Vorstand sowie für dieRechtsanwaltskammer Kassel Rechtsanwalt Sven Garthe.

In seinem Grußwort verwies Martin Schafhausen nebendem Dauerbrenner beA darauf, mit dem Rechtsstaat achtsamumzugehen. Die Anwaltschaft dürfe nicht zulassen, dass die-ser untergraben werde.

Umrahmt wurde die Zentralveranstaltung von einem inte-ressanten Fortbildungsprogramm, Vorträgen zum Anwalts-management sowie einer Ausstellermesse. Neben Anwältin-nen und Anwälten zählten in diesem Jahr auch Referendarin-nen und Referendare sowie Studentinnen und Studentenzum Teilnehmerkreis. //

AAnnwwaallttssvveerrbbaanndd BBaaddeenn--WWüürrtttteemmbbeerrgg

„Den Rechtsstaatverteidigen“10. Parlamentarischer Abend in Stuttgart

Rechtsanwältin Kathrin Eisenmann, Stuttgart

Im Oktober 2018 richtete der Anwaltsverband Baden-Würt-temberg seinen 10. Parlamentarischen Abend in Stuttgartaus. Der Einladung waren mehr als 90 Gäste gefolgt, darunterauch der Minister für Justiz und Europa Guido Wolf (Fotolinks) sowie 15 Landtagsabgeordnete aller fünf Fraktionenmit ihren Parlamentarischen Beratern.

Unter den Gästen waren auch Mitglieder der Vorstände aller25 örtlichen Anwaltvereine in Baden-Württemberg, Präsi-denten der Rechtsanwaltskammern und Vertreter der Justizund Staatsanwaltschaft sowie anderer berufsständischer Or-ganisationen.

In seiner Begrüßung legte der Präsident des Anwaltsver-bandes, Rechtanwalt Prof. Dr. Peter Kothe (Foto rechts), denSchwerpunkt auf die Aufforderung an die Politik, den Rechts-staat zu verteidigen. Dazu gehöre es, das Verständnis der Ge-sellschaft und der Verwaltung wieder zu stärken, dass Ge-richtsurteile nicht nur „unverbindliche Angebote“ seien. Ererinnerte dabei an die Entscheidung des Bundesverfassungs-gerichts von März 2018 zur Vermietung der Stadthalle an dieNPD in Wetzlar, an die Verwaltungsgerichtsurteile zu denDieselfahrverboten in Kommunen oder den Abschiebe-Falldes tunesischen Sami A. aus Gelsenkirchen. Solche Urteileseien schließlich auch in die Tat umzusetzen. Zum Rechts-staat gehöre es, dass Jedermann die ihm zustehenden Rechts-mittel einlegen könne, egal, ob es um einen Baurechtsprozessoder ein Asylverfahren gehe. Gerade das Vertrauen der Bür-ger in den Rechtsstaat sei entscheidend. Weiter verlangte er,die Gerichtsgebäude mit ausreichend Steckdosen und ver-schlüsseltem Wlan so auszustatten, dass Anwälte bei Ver-handlungen ebenfalls verlässlich mit ihrer mitgebrachten di-gitalen Akte arbeiten könnten. Der elektronische Rechtsver-kehr könne nur gelingen, wenn alle Organe der Rechtpflegeauf Augenhöhe miteinander fungieren könnten.

Kothe mahnte auch eine baldige angemessene Anhebungder Gebühren im Rechtsanwaltsvergütungsgesetz an, um In-flationsnachteile seit 2013 auszugleichen.

Einen ausführlichen Bericht mit Bildern finden Sie auf den Internetseiten des An-waltsverbandes unter http://www.av-bw.de/index.php?id=parlabend2018 //

Deutscher Anwaltverein

AnwBl 12 / 2018 693

An

waltV

erein

Anmeldung und Informationen:www.anwaltakademie-event.de/1809

[email protected]

Legal Tech undKünstliche IntelligenzEine deutsch-französische Perspektive

Eine Veranstaltung derAnwaltskammer Paris und des

Deutschen Anwaltvereins

Campus 201931.01. und 1.02.2019 in Berlin

20 JahreAG Medizinrecht

AAnnwwäällttee uunndd GGlloobbaalliissiieerruunngg

Kongress der internatio-nalen Vereinigung jungerAnwälte (AIJA)700 Teilnehmer aus aller Welt sprechenüber Globalisierung

Rechtsanwältin Caroline Pluta, Ulm

Im August 2018 fand der 55. Jahreskongress der AssociactionInternationale de Jeunes Avocats (AIJA) zum Thema Globali-sierung im Anwaltsberuf in Brüssel statt. Mit einer Rekord-Teilnehmerzahl von über 700 jungen Anwältinnen und An-wälten, davon ungefähr 50 Deutschen, war der Kongress einvoller Erfolg.

AIJA ist eine globale Organisation, die sich an junge Anwäl-tinnen und Anwälte sowie Inhouse-Counsel bis zur Alters-grenze von 45 Jahren richtet und die Gelegenheit bietet Fort-bildung mit dem Aufbau eines internationalen Netzwerks zuverbinden.

Der diesjährige Kongress startete mit einem eintägigenPre-Congress Seminar zum Thema „Internationale/r An-walt/in“, bei dem diskutiert wurde, was es braucht um als in-ternationaler Anwalt oder Anwältin tätig zu sein. Das weitereFachprogramm umfasste vielseitige Beiträge zum ThemaGlobalisierung zusätzlich zu einer Vielzahl von Arbeitsgrup-pen wie M&A, Arbeitsrecht, Litigation, Arbitration, gab esauch die Arbeitsgruppe „Human Rights“, die, mit dem The-ma „Regional Perspectives on International Standards of Hu-man Rights“ ein Panel organisierte, um auf bestehende Men-schenrechtsprobleme hinzuweisen.

Ein besonderer Höhepunkt war die Eröffnungsrede vonHerman Van Rompuy. Als ehemaliger Präsident des Europäi-schen Rates ließ er die Teilnehmer an seinen Erfahrungenaus vielen Jahren der europäischen Politik teilhaben und be-tonte die Chancen wie auch die Herausforderungen einer glo-balisierten Welt.

Der nächste Jahreskongress findet vom 3.–7. September 2019 in Rom statt.Weitere Informationen: www.aija.org. //

Deutscher Anwaltverein

694 AnwBl 12 / 2018

1

2

„Opening Ceremony“des AIJA-Jahreskon-gresses (1) mit dem Key-note Speaker: Hemanvan Rompuy (2).

DDeeuuttsscchheerr AAnnwwaallttvveerreeiinn

Der Fall Sami A. unddie Lehren: Was bleibtvon der Gewaltenteilung?Diskussion beim DAV-Expertenfrühstück

Tatjana Meyer, DAV, Berlin

Was haben die Abschiebung von Sami A., die bis heute inMünchen nicht umgesetzten Diesel-Fahrverbote und dieStadthalle Wetzlar, die entgegen gerichtlicher Anordnung fürdie NPD verschlossen blieb, gemeinsam? In allen Fällen wur-den Gerichtsentscheidungen von der Exekutive ignoriert.

Sind sie Ausreißer einer ansonsten gut funktionierenden Ge-waltenteilung oder Anzeichen eines Trends? Und welcheMöglichkeiten haben Justiz und Anwaltschaft? Dies war The-ma eines DAV-Expertenfrühstücks am 19. September 2018im DAV-Haus in Berlin.

Nach einem Grußwort von DAV-Präsident Ulrich Schel-lenberg und einem Einführungsvortrag von Prof. Dr. Win-fried Kluth diskutierten die Verwaltungsrichterin Dr. NicoleCastillon (Berlin), Rechtsanwalt Tim Kliebe (Frankfurt amMain) und Rechtsanwalt Prof. Dr. Remo Klinger (Berlin), mo-deriert von Deutschlandfunk-Journalistin Gudula Geuther.Schnell deutete sich an, dass der Fall Sami A. etwas zeige,das Praktiker immer häufiger beobachteten: Die Verwaltungbehandele zwingende Rechtsvorschriften eher als Leitlinien,um zu einer Lösung zu kommen, die der Öffentlichkeit ver-mittelt werden könne.

Die Verwaltungsrichterin Castillon hielt die spektakulärenFälle für Einzelphänomene, gab allerdings zu bedenken, dassder Rechtsstaat vor einer harten Probe stünde, wenn gericht-liche Entscheidungen regelmäßig nicht mehr befolgt würden.Rechtsanwalt Kliebe war besorgt, dass bei der Menschenwür-de der „innere Kompass“ vieler Menschen gestört sei – für vie-le heilige der Zweck zunehmend die Mittel. Der bockige Bür-germeister sei ein Phänomen, das es immer geben werde,sagte Rechtsanwalt Klinger. Viel bedenklicher sei es, wennein ganzes Gremium – etwa ein Landeskabinett – gemeinsambeschließe, eine Justizentscheidung nicht umzusetzen.

Der Fall Sami A. scheint nicht der eine Ausrutscher zusein, der einfach mal passiert ist. DAV-Präsident Ulrich Schel-lenberg betont: „Die Anwaltschaft ist hellhörig geworden –wir sind wach. Und es gehört zu den wesentlichen Aufgabendes Deutschen Anwaltvereins, für rechtsstaatliche Prinzipienin der Entschlossenheit einzutreten, in der wir das schon inder Vergangenheit getan haben.“ //

Deutscher Anwaltverein

AnwBl 12 / 2018 695

1

2

3

4

5

1 Ulrich Schellenberg

2 Gudula Geuther

3 Dr. Reni Malchew ausdem Publikum

4 Prof. Dr. Winfried Kluth

5 Auf dem Podium v.l.n.r.:Dr. Nicole Castillon,Gudula Genther, TimKliebe und Prof. Dr.Remo Klinger.

BBoonnnneerr AAnnwwaallttvveerreeiinn

„Recht konkret“

Der Bonner Anwaltverein unterstützt dieInitiative „Recht konkret“ des BonnerLandgerichts, um die Rolle der Anwalt-schaft und ihre Funktion in der Öffentlich-keit interessierten Bürgerinnen und Bür-gern verständlich zu machen.Viele Bonner Institutionen sind, neben demLandgericht Bonn, als Koordinator desProjekts, und dem Bonner Anwaltverein,Träger der Veranstaltungsreihe.„Recht konkret“ findet aktuell dreimal imJahr statt. Nach drei ca. 10-minütigen Im-pulsreferaten und Fragen des Moderatorszu interessanten, rechts- und gesell-schaftspolitisch relevanten Themen, be-steht Gelegenheit zur Diskussion mit demPublikum.Sinn und Zweck dieser Plattform für Infor-mation und Diskussion sei es, Berüh-rungsängste gegenüber der Justiz, An-waltschaft und den anderen mitwirkendenInstitutionen abzubauen, denn Grund-voraussetzung für einen funktionierendendemokratischen Rechtsstaat seien infor-mierte und mündige Bürgerinnen und Bür-ger, so Dr. Weismann, Präsident des Bon-ner Landgerichts.Annette Führ, Geschäftsführerin des Bon-ner Anwaltvereins, begrüßt das Forumsehr. Es führt zudem zu einer besserenWahrnehmbarkeit des Anwaltvereines umso auch auf andere Angebote des Vereinshinzuweisen.Die Veranstaltung im Juni 2018 zum The-ma „Was Diesel-Besitzer jetzt wissen soll-ten“ war mit um die 100 Besuchern – trotzdes guten Wetters – eine sehr gut besuch-te Veranstaltung, der das Bedürfnis derBürger nach einer Information „aus ersterHand“ belegte.

Ausgestaltung des Pakts für denRechtsstaat

Nach einer Frage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen nach dem, von der Koalitionaus CDU, CSU und SPD beschlossenenPakt für den Rechtsstaat, gab die Bun-desregierung nun Antwort. Der im Koaliti-onsvertrag enthaltene Pakt stelle eine Ver-einbarung zwischen Bund und Länderndar. Beide Seiten haben sich dort zu Maß-nahmen verpflichtet, den Rechtsstaat zustärken. Wie die konkrete Umsetzungaussehe, wird derzeit noch verhandelt.„Die Anregungen des Deutschen Richter-bundes und des Deutschen Anwaltvereinsin der „Gemeinsamen Empfehlung für ei-nen starken Rechtsstaat“ würden dabei indie Prüfungen einbezogen“, so die Bun-desregierung.

An

waltV

erein

7722.. DDeeuuttsscchheerr JJuurriisstteennttaagg

Die SechsAbteilungen desJuristentagsFachdebatten und Beschlüsse

Auf dem diesjährigen Deutschen Juris-tentag im September 2018 in Leipzig be-schäftigten sich rund 2.600 Juristinnenund Juristen aller juristischen Berufemit aktuellen Streitfragen der Politik. Insechs Abteilungen wurden Fachdebattengeführt und Beschlüsse gefasst.Es ging um Sammelklagen, Migration,Strafzumessung Wechselmodelle im Fa-milienrecht, die Reform des Beschluss-mängelrechts und Rahmenbedingungenfür Non-Profit-Organisationen.

Deutscher Anwaltverein

696 AnwBl 12 / 2018

Öffentliches Recht

Wegweisende Beschlüsse: Das Asyl-prozessrecht ist weiterzuentwickelnund stärker an das allgemeine Verwal-tungsverfahrensrecht anzugleichen.Das Bundesverwaltungsgericht soll fürdie Beurteilung der Lage in den Her-kunftsstaaten zur Tatsacheninstanzwerden. In den „AnKER“-Zentren ist derZugang zu einer unabhängigen Rechts-beratung sicherzustellen und ein ein-maliger vollständiger Spurwechsel vomAsyl- ins Einwanderungsrecht ohneStichtagsregelung ist zu ermöglichen.

Familienrecht

Bemerkenswert sind folgende an-genommene Thesen:Gemeinsame Sorge kraft Gesetzes beirechtlicher Etablierung der Vaterschaft.Geteilte Betreuung ist im Gesetzgleichwertig abzubilden und als Aus-übung der elterlichen Sorge einzuord-nen, nicht als Umgang.Die Entscheidungsbefugnis der Elternin der Alltagssorge knüpft an den Auf-enthalt zur Stärkung des Betreuenden.Eigenes Antragsrecht des Kindes inpersönlichen Angelegenheiten ab14 Jahren.Rechtsanwältin Eva Becker vom DAVsetzte sich in ihrem Referat noch füreinen Kinderverbund ein. Diese Thesewurde knapp abgelehnt, was den ho-hen Anteil an Richtern in der Abteilunggeschuldet sein dürfte.

Strafrecht

Die von der Abteilung Strafrecht desDJT aufgeworfene Frage, ob die „Wie-derherstellung des Rechtsfriedens“Leitgedanke der Strafzumessung seinsollte, wurde von der Mehrheit verneint.Dies nahm der DAV mit großer Erleich-terung zur Kenntnis. Folgerichtig wurdedas Bestehenbleiben des Schuldprin-zips, das vom Bundesverfassungs-gericht als in der Menschenwürde ver-ankert gesehen wird, als Strafzumes-sungsgrundlage befürwortet. Fast ein-stimmig abgelehnt wurde auch die Ein-führung bindender Strafzumessungs-richtlinien nach US-amerikanischemVorbild.

Verfahrensrecht

Die in diesem Sommer vom Bundestagverabschiedete Musterfeststellungs-klage kam auf dem DJT nicht gut weg.Beschimpft wurde sie als zahnloser Ti-ger, da sie nur auf Feststellung undnicht auf Leistung ausgerichtet sei. DerDJT sah mehrheitlich Bedarf für neueInstrumente des kollektiven Rechts-schutzes. Der kontroverse aber gut ar-gumentierte Vorschlag von Prof. Dr.Stephan Wernicke (DIHK), den kollekti-ven Rechtsschutzes ausschließlich ei-ner unabhängigen öffentlich-recht-lichen Ombudsstelle vorzubehalten,fand keine Unterstützung; eine Auswei-tung der Klagebefugnis jedoch schon.

Beschlussmängelrecht

Die Abteilung Wirtschaftsrecht kam mitüberwältigender Mehrheit zu dem Er-gebnis, dass das aktienrechtliche Be-schlussmängelrecht reformiert werdensollte. Die Anfechtung fehlerhafter Be-schlüsse solle nicht alternativlos zurKassation des Beschlusses führen,sondern alternative Rechtsfolgen statt-dessen zur Verfügung stehen. Diesesollten jedenfalls die Möglichkeit zu ei-ner Aufhebung mit ex nunc Wirkung, dieGewährung von Schadensersatz unddie Feststellung der Rechtswidrigkeitumfassen. Der Gesetzgeber ist nun ge-fordert, die Reform anzugehen.

Gemeinnützigkeit

Die vielleicht anspruchsvollste Abtei-lung dieses Juristentags war die Abtei-lung Zivil-, Wirtschafts- und Steuer-recht. Sie fragte danach, ob die recht-lichen Rahmenbedingungen für Non-Profit-Organisationen neu geregeltwerden sollen, weil vielleicht das Steu-errecht mit seinen Regeln zur Gemein-nützigkeit nicht mehr reicht. Die Abtei-lung setzte am Ende keinen starkenImpuls für eine große Reform, schlugaber wichtige Verbesserungen vor, umgerade gemeinnützige Vereine zu stär-ken, insbesondere die Spendenbereit-schaft und Transparenz zu erhöhen.

DAV-Empfang beim Deutschen Juristentag

Beim Empfang des Deutschen Anwaltvereins am zweiten Tag des Juristentags hob DAV-Präsident Ulrich Schellenberg die besondere Rolle der Anwaltschaft für den Rechtsstaathervor. Sie sichere für die Rechtssuchenden den Zugang zum Recht. Beim „Pakt für denRechtsstaat“ habe er die Anwaltschaft vermisst. Das sei ein kleiner Mosaikstein, der imgroßen Mosaik der Rechtspflege fehle. Der Präsident des Juristentags Prof. Dr MathiasHabersack betonte, dass die Anwaltschaft eine tragende Säule des Rechtsstaats sei.

Impressum

Herausgeber: Deutscher Anwaltverein e.V.,Littenstr. 11, 10179 Berlin (Mitte),Tel. 030 /726152 -0, Fax: 030 /726152-191,[email protected].

Redaktion: Dr. Nicolas Lührig (Leitung,v. i.S.d.P.), Udo Henke, Manfred AranowskiJessika Kallenbach und Lisa Tramm, Anschriftdes Herausgebers.

Produktion und Koordination: Antje Busse,Steffi Köhn und Sandra Petzschner.

Verlag: Deutscher Anwaltverlag und Institutder Anwaltschaft GmbH,Rochusstraße 2–4, 53123 Bonn,Tel. 0228 /91911 -0, Fax: 0228 /91911-23;[email protected],Konto: Deutsche Bank AG, BonnIBAN DE05380700590049657000.

Anzeigen: ad sales & services,Ingrid A. Oestreich (v. i. S. d. P.),Pikartenkamp 14, 22587 Hamburg,Tel. 040 /86628467, Fax: 040 /86628468,[email protected].

Technische Herstellung: PVA Druck undMedien-Dienstleistungen GmbH,Industriestraße 15, 76829 Landau in der Pfalz,Tel.: 06341 /142 -228, Fax: 06341 /142410-228,[email protected].

Erscheinungsweise: Monatlich zumMonatsanfang, bei einem Doppelheft fürAugust/September.

Bezugspreis: Jährlich 140,– € (inkl. MwSt.) zzgl.Versandkosten, Einzelpreis 14,50 € (inkl. MwSt.).Für Mitglieder des Deutschen Anwaltvereins istder Bezugspreis im Mitgliedsbeitrag enthalten.

Bestellungen: Über jede Buchhandlung undbeim Verlag; Abbestellungen müssen einenMonat vor Ablauf des Kalenderjahres beimVerlag vorliegen.

Zuschriften: Für die Redaktion bestimmteZuschriften sind nur an die Adresse desHerausgebers zu richten. Honorare werden nurbei ausdrücklicher Vereinbarung gezahlt.

Copyright: Alle Urheber-, Nutzungs- undVerlagsrechte sind vorbehalten. Das gilt auchfür Bearbeitungen von gerichtlichenEntscheidungen und Leitsätzen. Der Rechts-schutz gilt auch gegenüber Datenbankenoder ähnlichen Einrichtungen. Sie bedürfenzur Auswertung ausdrücklich der Einwilligungdes Herausgebers.

ISSN 0171-7227.

Fotonachweis

Seiten Titel, Seiten 645, 646, 647, 678, 649, 672:Franz Josef; Titel links, Seite 661: Dr. AnsgarKoreng; Titel (rechts), Seite 690: Nicolas Lührig/Berlin; Seiten 641, 666 (links), 698 (Bild 1): SvenSerkis/Berlin; Seiten 643, 694: AIJA; Seiten 649(Autorenfoto), 654, 655, 656, 657, 658, 660 (Au-torenfoto) 664, 665, 666 (rechts), 667 (links), 668,671, 673, 675, 692, 698, 704: Privat; Seite 660:designslots.com; Seite 667 (rechts): Jan Kopan-kiewicz; Seite 674: U. Gernhoefer/photocase.de;Seite 689, 691, 695, 696: Andreas Burkhardt/Berlin 693: Anwaltsverband Baden-Württem-berg; Seite 697: Friederike von Stackelberg/Lü-chow;

AAGG MMiieettrreecchhtt uunndd IImmmmoobbiilliieenn

BGH-Richterinnen undRichter sprachen beider HerbsttagungTraditionen werden fortgeführt

Matthias Scheff, Hamburg

Alle fünf Jahre findet die Herbsttagung der Arbeitsgemein-schaft Mietrecht und Immobilien im Ausland statt. Nach Sta-tionen in Salzburg und Prag zog es die Arbeitsgemeinschaftin diesem September nach Amsterdam.

Rechtsanwalt Thomas Hannemann begrüßte die 163 Teilneh-mer in der Koepelkerk und Rechtsanwalt Michael Drasdo be-gann die Vortragsreihe mit einem Vortrag zum Gesetz zurRegelung von Verträgen über Wohnraummit Pflege- oder Be-treuungsleistungen. Im Anschluss referierte RechtsanwaltHorst Müller zu dem wohnungseigentumsrechtlichen Themades Rückbaus unzulässiger baulicher Veränderungen.

Schon eine gute Tradition sind die Vorträge der Richterin-nen und Richter aus dem V., VIII. und XII. Senat des Bundes-gerichtshofes, es begann mit dem Doppelvortrag von Dr. Ka-rin Milger und Dr. Rhona Fetzer zum Wohnraummietrecht.Während Milger einen Überblick über die Rechtsprechungzum Wohnraummietrecht gab, konzentrierte sich Fetzer aufdas Urteil zur Saldoklage und räumte mit Fehlvorstellungender unteren Instanzen auf. Nach einem Ausflug in das Steuer-recht mit dem Vortrag von Prof. Wolfgang Schneider zursteuerlichen Haftung des Zwangsverwalters führte Rechts-anwalt Paul Wanders in das niederländische Wohn- und Ge-werbemietrecht sowie Wohnungseigentumsrecht ein.

Vorträge boten einen Blick über den TellerrandNicht unerwähnt bleiben darf das Streitgespräch zwischen Dr.Jutta Hartmann vom Deutschen Mieterbund und Rechts-anwalt Gerold Happ von Haus & Grund Deutschland zur Har-monisierung des WEGmit demMietrecht. Der Abend bot Ge-legenheit alte Freundschaften zu pflegen und neue Kontaktezu knüpfen. Selbstverständlich fehlte auch das traditionelleKickerturnier nicht.

Am zweiten Veranstaltungstag referierten Dr. Peter Gün-ter vom XII. Senat des BGH und Rechtsanwalt Dr. Hans Rei-nold Horst zum Gewerberaummietrecht. Die Reihe der Vor-träge der BGH-Richterinnen und Richter wurde durch Dr.Bettina Brückner vom V. Senat fortgesetzt. Sie berichteteüber wichtige Entscheidungen des BGH zum Wohnungs-eigentumsrecht. Die Veranstaltung schloss mit dem Vortragvon Rechtsanwalt Norbert Eisenschmid zum Datenschutz imMiet- und WEG-Recht.

Die rundum gelungene Veranstaltung bot eine ausgewo-gene Mischung von miet- und wohnungseigentumsrecht-lichen Referaten und dem nötigen Blick über den Tellerrand.

Die nächste Herbsttagung findet am 13. und 14. September 2019 in Münchenstatt. //

Deutscher Anwaltverein

AnwBl 12 / 2018 697

1

2

3

4

5

6

1 Amsterdam

2 Dr. Karin Milger

3 Dr. Rhona Fetzer

4 Prof. Wolfgang Schneider

5 Dr. Peter Günter

6 Kickerturnier am Abend

An

waltV

erein

MMiittgglliieeddeerrvveerrssaammmmlluunngg

AG Transport- undSpeditionsrecht

Mitgliederversammlung am 4.4.2019,Beginn: 17.45 Uhr im Hause derAXA Versicherung, Willstätterstr. 62,40549 Düsseldorf

TTaaggeessoorrddnnuunngg

1. Begrüßung und Eröffnung durch denVorsitzenden

2. Tätigkeitsbericht des Geschäftsfüh-renden Ausschusses und Aussprache

3. Kassenbericht der Schatzmeisterin2018 und Aussprache

4. Bericht des Kassenprüfers 2018 undEntlastung des GeschäftsführendenAusschusses

5. Wahl des Kassenprüfers und desstellvertretenden Kassenprüfers fürdas Haushaltsjahr 2019

6. Wahl des Geschäftsführenden Aus-schusses

7. Weitere Arbeitsplanung8. Verschiedenes

Nach § 6 Abs. 3 der Geschäftsordnung der Ar-beitsgemeinschaft Transport- und Speditions-recht sind Anträge und Ergänzungen zur Tages-ordnung bis 21 Tage vor der Mitgliederver-sammlung an die Geschäftsstelle des DeutschenAnwaltvereins (Rue Joseph II 40, Boite 7B,1000 Brüssel, Belgien) zu richten.

Die Mitgliederversammlung findet im Rahmender am 4./5. April 2019 stattfindenden Fachta-gung der Arbeitsgemeinschaft Transport- undSpeditionsrecht im DAV im Hause der AXA Ver-sicherung, Willstätterstr. 62, 40549 Düsseldorf,statt. Nähere Einzelheiten unter: http://anwaltverein.de/de/mitgliedschaft/arbeitsgemeinschaften/transport-und-speditionsrecht

DDeeuuttsscchheerr AAnnwwaallttvveerreeiinn

Neue Abteilung politischeKommunikation

Seit September 2018 istder stellvertretendeHauptgeschäftsführerund bisheriger Presse-sprecher des DeutschenAnwaltvereins Rechts-anwalt Swen Walentow-ski Leiter der neu ge-schaffenen Abteilung„Politische Kommunika-

tion“ des DAV. Mit diesem Schritt setzt derDAV auf eine wirksame Interessensvertre-tung der Anwaltschaft im Dialog mit Politik,Verbänden und Organisationen. Gleich-zeitig bleibt die DAV-Pressestelle als kom-petenter Ansprechpartner für Vertreter derMedien erhalten.

PPeerrssoonnaalliieenn

Sonka Mehner-Heurs

Im Anwalt- und Notar-verein Hagen hatRechtsanwältin SonkaMehner-Heurs den Vor-sitz übernommen. Sielöst damit Rechtsanwaltund Notar Wolfgang Jür-gens ab, der den Verein

seit 2012 führte. Der Anwalt- und Notar-verein Hagen existiert bereits seit über120 Jahren und zählt 460 Mitglieder.

Markus Trude

Kölner Anwaltverein:Zum neuen Vorsitzendenist Rechtsanwalt MarkusTrude gewählt worden.Er tritt somit die Nach-folge von RechtsanwältinPia Eckertz-Tybussekan, die den Verein die

letzten 11 Jahre führte. Der Kölner An-waltverein wurde 1887 gegründet undzählt heute knapp 4.000 Mitglieder.

Cornel Pottgiesser

Zum neuen Vorsitzendendes Anwaltverein Esslin-gen ist RechtsanwaltCornel Pottgiesser ge-wählt worden. Er tritt da-mit die Nachfolge vonRechtsanwalt und NotarFrank-Michael Schwarz

an, der den Verein seit 2001 führte. Der1954 gegründete Verein zählt heute fast100 Mitglieder.

Horst Leis

Der LandesverbandNordrhein-Westfalen hateinen neuen Vorsitzen-den. Rechtsanwalt HorstLeis übernimmt das Amtdes Vorsitzenden vonRechtsanwalt JürgenWidder der zuvor Jahre

den Verband führte. Dem LandesverbandNordrhein-Westfalen gehören 57 örtlicheAnwaltvereine an.

Deutscher Anwaltverein

698 AnwBl 12 / 2018

Englisch als globale Vertragssprache beherrschen.

Triebel/VogenauerEnglisch alsVertragssprache

2018. XVII, 216 Seiten.Gebunden € 49,–ISBN 978-3-406-64165-7

beck-shop.de/10686360

Der neue Band behandelt die Schwierigkeiten der Abfassung von Verträgen in englischer

Sprache und bietet Lösungen für die Gestaltung. Besonderer Wert wird auf das theore-

tische Verständnis und die Umsetzung in der Praxis gelegt. Ein ausführlicher Teil mit

Beispielen sensibilisiert für die Fallstricke und hilft rechtlich richtig zu formulieren.

eine wichtige Erkenntnisquelle, ein wertvoller Ratgeber und ein nützliches Nachschlagewerk …RA Prof. Dr. Siegfried H. Elsing, LL. M. (Yale), in: AG 18/2018

Erhältlich im Buchhandel oder bei: beck-shop.de | Verlag C.H.BECK oHG · 80791 Mü[email protected] | Preise inkl. MwSt. | 168951

Mit ihrer Anzeige im Anwaltsblatt-Stellenmarkt unterstützen wir Sie gernebei der Suche nach qualifizierter Verstärkung. Über unsere Konditionen informiert SieLisa Tramm: Telefon 030 726152176 oder [email protected]

Diese und weitere Stellen im Internet unter> www.anwaltsblatt.de

AnwBl 12 / 2018 699

Der Anwaltsblatt-Stellenmarkt

Bürogemeinschaft in Braunschweig

Renommierte, zertifizierte Anwaltskanzlei (Fachan-walt für Arbeitsrecht und Verkehrsrecht, Mitglied desAnwaltsnetzwerks APRAXA eG) in der Innenstadt,beste Lage, Ausstattung und Infrastruktur, suchtKollegin/Kollegen mit Teamfähigkeit und Interessefür ergänzende/andere Fachbereiche (Fachanwalt-schaft wäre wünschenswert).Bei Interesse bitte eine Mail senden an:

[email protected](www.rechtsanwalt-gelsen.de)

ID 12954

LEESE • HILDEBRANDT • ESSERRECHTSANWÄLTE_____________________________

Wir suchen zur Verstärkung unseres Teams eine/n

Rechtsanwalt/Rechtsanwältin (m/w/d).

Leese, Hildebrandt, Esser Rechtsanwälte Partnerschaft mbB ist eine mittelständische Anwaltskanzlei mit Sitzin Erfurt. Seit über 20 Jahren beraten und vertreten wir mit mittlerweile 8 Berufsträgern bundesweit erfolgreichMandanten vornehmlich in den Bereichen Medizinrecht, Arbeitsrecht, Handels- und Gesellschaftsrecht, Ver-waltungsrecht sowie Steuer (Straf-)recht. Zu unserer Klientel zählen neben Privatpersonen zahlreiche Leis-tungserbringer im Gesundheitswesen, insbesondere niedergelassene Ärzte und Krankenhäuser, nationale undinternationale Unternehmen sowie diverse Gebietskörperschaften. Näheres finden Sie unter www.LHE-Rechts-anwaelte.de.

Für den Bereich Arbeitsrecht und allgemeines Zivilrecht suchen wir idealerweise zum 01.01.2019 eine/nweiteren Berufsträger/in. Wir bieten ein interessantes Arbeitsumfeld, einen hochmodernenArbeitsplatz mit allentechnischen Möglichkeiten zur effizienten Mandatsbearbeitung und eine leistungsgerechte Vergütung, beste-hend aus Fixgehalt zuzüglich einer umsatzabhängigen Tantieme.

Sie haben sich zum Einstieg in den Anwaltsberuf entschieden oder bereits Berufserfahrung gesammelt, ver-fügen über mindestens befriedigende Examina sowie idealerweise Expertise im Arbeitsrecht und suchen eineneue Herausforderung? Dann sollten wir miteinander ins Gespräch kommen.

Bitte senden Sie uns Ihre Bewerbungsunterlagen unter Angabe des möglichen Eintrittstermins sowie Ihrer Ge-haltsvorstellungen per Email an:

Herrn Prof. Dr. Sascha LeeseAlfred-Hess-Str. 23, 99094 [email protected] ID 12947

Berlin

Fachanwalt für Sozial-, Medizin- und Versicherungsrechtsucht Rechtsanwalt/anwältin auf Honorarbasis in Büroge-meinschaft bis zur mittelfristigen Übernahme der Kanzlei.Der Erwerb der Fachanwaltschaft für Sozial-, Medizin-und/oder Versicherungsrecht ist erwünscht, aber nichtBedingung.

Zuschriften erbeten unter der Angabe der Chiffre 12940an:

Deutscher Anwaltverein | Redaktion AnwaltsblattLittenstraße 11, 10179 [email protected]

ID 12940

An

waltV

erein

Zur Verstärkung unseres Teams suchen wir für unserBüro in Detmold zum nächstmöglichen Zeitpunkte-einen

Rechtsanwalt (m/w/d)

Ihr Aufgabengebiet umfasst die außergerichtlicheund gerichtliche Betreuung zivilrechtlicher Mandate.

Wir bieten Ihnen• ein sehr gutes Betriebsklima mit einer flachenHierarchie

• Flexibilität bei den Arbeitszeiten• die Möglichkeit zur persönlichen und fachlichenWeiterbildung

• ein interessantes und vielfältiges Aufgabengebiet

Sie sind interessiert an neuen Aufgaben, dann freu-en wir uns auf Ihre aussagekräftige Bewerbung.

Bitte richten Sie diese gerne auch per E-Mail (pdf)an Frau Stefanie [email protected]ße 2 | 32756 Detmold | Tel. 05231/22644 ID 12953

www.toelle-melchior.com

RECHTSANWÄLTE – FACHANWÄLTENOTARE – STEUERBERATER

Rechtsanwaltskanzlei in Eberbach sucht Verstärkung

Für unsere Kanzlei suchen wir zum nächstmöglichen Zeit-punkt zur Unterstützung

einen Rechtsanwalt / eine Rechtsanwältin

insbesondere für die Bereiche Familienrecht/ Mietrecht.Wir bieten eine anspruchsvolle und abwechslungsreicheTätigkeit sowie die Möglichkeit einer langfristigen Zusam-menarbeit.

Wir freuen uns auf Ihre aussagekräftige Bewerbung. Dieserichten Sie bitte an:Rechtsanwaltskanzlei DexheimerzH. Ra Oskar DexheimerFriedrich- Ebert- Straße 21 | 69412 [email protected] ID 12951

Kanzleinachfolge

Suche aus Altersgründen für unsere in Wiesbadengelegene und gut eingeführte Kanzlei (zwei Anwäl-te) eine jüngere Rechtsanwältin oder einen jünge-ren Rechtsanwalt ab März/April 2019 oder früher zurÜbernahme meiner Verwaltungsrechtsangelegen-heiten (ca. 300 Fälle). Unterstützung bei der Einar-beitung erfolgt. Im Laufe dieses Jahres bitte ich umKontaktaufnahme.Zuschriften bitte unter der Angabe der Chiffre 12952 an:

Deutscher Anwaltsverein/Redaktion AnwaltsblattLittenstraße 11 / 10179 [email protected] ID 12952

Bürogemeinschaft

Karlsruher Anwaltskanzlei bietet Anwältin/Anwalt ab Januar 2019kostengünstige Gelegenheit zur Bürogemeinschaft an.

Ideal – aber nicht Bedingung – wären vertiefte Kenntnisse / Erfah-rungen der Kollegin / des Kollegen außerhalb der Rechtsgebiete,die vom derzeitigen fachanwaltlichen Angebot der Kanzlei im Fa-milienrecht und Steuerrecht abgedeckt sind.

Optional: späterer Wechsel in die Sozietät

Rechtsanwälte Bender & Kollegen- Fachanwälte -

Kantstraße 8 | D-76137 Karlsruhe | Telefon (0721) 920 49 [email protected] | www.bender-und-kollegen.de

ID 12944

Rechtsanwaltskanzlei zu verkaufen

Langjährig bestehende EinzelkanzleiSchwerpunkt Arbeits- und Zivilrechtin Südbayern München / Augsburg

an Kollegin oder Kollegen abzugeben.Übergabe der Mandate durch Inhaber

Zuschriften erbeten unter der Angabe derChiffre 12511 an:

Deutscher Anwaltverein | Redaktion AnwaltsblattLittenstraße 11 10179 Berlin

[email protected] 12511

JuraPlus AGTödistrasse 18CH-8002 Zürich

Telefon +41 44 480 03 [email protected]

Ralph Lentz AnwaltskanzleiAnwalt – Avocat – Advocaat

B-4700 Eupen, Aachener Str. 70Tel.: 0032 87 744 987, Fax: 0032 87 744 913

[email protected]

B e Lg i enVerkehrsrecht, Inkasso, Schadenersatzforderungen,

Handelsrecht, Zivilrecht, Strafrechtvor allen belgischen Gerichten.Korrespondenzsprache: Deutsch

Der Gesamtauflage liegen bei:jM juris- die Monatszeitschrift

- C.H. Beck Verlagein Prospekt vonin Teilauflagen liegt ein Prospekt bei vonSack Mediengruppe GmbH & Co.KG

Diego • Deboni • Ferletic: Avvocati

DieAnwälte an Ihrer Seite in Italien!Unsere Kompetenzen:

•Allgemeines Zivilrecht

•Handels-, Konkurs-, Gesellschaftsrecht•Versicherungs- und Haftpflichtrecht

• Immobilien-, Miet-,Wohnungseigentumsrecht

• Familienrecht

•Arbeitsrecht• Strafrecht• Verwaltungsrecht• Internationales Privatrecht und Europarecht

•Ausländerrecht, Asylrechttrieste /triest34133 -Via San Francesco 11Tel. (+39) 040-635767 (r.a.)Fax (+39) 040-660000e-mail: [email protected]

gorizia /görz34170 - CorsoVerdi 96Tel. (+39) 0481-30275Fax (+39) 0481-532969e-mail: [email protected]

UDine33100 -Via Roma 43, int. 11/DTel. (+39) 0432-504203Fax (+39) 0432-506296e-mail: [email protected]

Deutschsprachige anwälte und Personal in gorizia/görzwww.ddfavvocati.eu

Fachakademie Saar für Hochschulfortbildung (FSH)An der Universität, Science-Park 2, 66123 Saarbrücken

Tel. 0681/ 390 5263 Fax: 0681/ 390 4620 www:e-FSH.de

berufbegleitend, 4 - 7 Semester

RECHTSWIRT (FSH), BETRIEBSWIRT (FSH)ASSESSORREFERENT JUR. (FSH), WIRTSCHAFTSJURA (FSH)

Bundesweit staatlich zugelassene Fernstudiengänge

Dijks Leijssen Advocaten & RechtsanwälteBoddenkampsingel 76 Postbus 76 7500 AB Enschede NL

Telefon: +31(0)53 433 54 66 Telefax: +31 (0)53 433 10 01

Website: www.dijksleijssen.de E-mail: [email protected]

I h r P a r t n e r v o r O r t

Achtung Hol land!A

ITALIENIhr Partner in Italien mit langjähriger Erfahrung im deutsch-italienischenWirtschafts- und Rechtsverkehr Rechtsanwalt & Avvocato Dr. Stephan Grigolli([email protected]).Piazza Eleonora Duse 2 T +39 02 76023498I-20122 Mailand F +39 02 76280647

www.grigollipartner.itwww

Heft Nr. Erscheint am Anzeigenschluss Druckdaten bis1 02.01.2019 29.11.2018 10.12.20182 01.02.2019 03.01.2019 14.01.20193 01.03.2019 31.01.2019 11.02.20194 01.04.2019 28.02.2019 11.03.2019

Anzeigenaufträge bis zum Anzeigenschluss 10:00 h an:

[email protected]

Weitere Informationen unter: www.anwaltsblatt-media.de

TERMINE

Arbeitsrecht(Crossborder) M&AZwangsvollstreckung(Internationales) ErbrechtBank- und Kapitalanlagerecht(Internationales) FamilienrechtSchadensersatz- und DeliktsrechtHandels-, Konkurs-, GesellschaftsrechtImmobilien-, Miet-, Wohnungseigentumsrecht(Internationales) Steuerrecht (KörpSt. / UmSt.)

T. +31 43 711 22 07F. +31 45 400 92 62

[email protected] Aachen Airport

Amerikalaan 70D (6199 AE) NL

Düsseldorf (D) Maastricht Aachen Airport (NL) Heerlen (NL)Standorte

A D V O C A T E N & R E C H T S A N W Ä L T EB E L A S T I N G A D V I S E U R SN O T A R I E E L J U R I S T E N

ADVOCATEN & RECHTSANWÄLTESTEUERBERATERNOTARE

Hier geht‘s zurRA WIN Webseite.

RA WIN 2000

„Diktieren Sie doch,wie und wo Sie wollen!“Intelligente Lösungen von RA WIN

www.rawin.net

Arbeitsrecht

Tarifvertragsrecht – aktuelle Rechtsprechung des BAG (Malte Creutzfeldt, Köln 13.12.18

Dr. Mario Eylert)Digitales Zeitalter – neue Anforderungen an das Arbeitsrecht (Arbeitsrecht 4.0) Köln 14.12.18

(Dr. Detlef Grimm)Strafrechtliche Risiken externer Beschäftigung (Dr. Nikolaos Gazeas, Hamburg 14.12.18

Dr. Joachim Trebeck)Teilzeitarbeit und Befristung – Refresher und Update (Dr. Martina Kütemann) Hamburg 26.01.19

114. Fachanwaltslehrgang Arbeitsrecht (6 Bausteine á 3 Tage) Düsseldorf 21.02. - 25.05.19

Bank- und Kapitalmarktrecht

Haftung der Bank bei Immobilien-Kapitalanlagen Frankfurt a. M. 14.12.18

(Dr. Ekkehardt Heymann, Dr. Marc Sänger)29. Fachanwaltslehrgang Bank- und Kapitalmarktrecht (6 Bausteine á 3 Tage) Frankfurt a. M. 21.02. - 25.05.19

Bau- und Architektenrecht

Online-Seminarreihe Baurecht: Aktuelle Fälle und Entscheidungen 2018 – Online 13.12.18

4. Quartal (Mirco Sievert)Die Reform des Bauvertragsrechts und die ersten Erfahrungen Düsseldorf 14.12.18

(Prof. Dr. Ulrich Locher)Brandschutzrecht (Dr. Till Fischer) Heidelberg 14.12.18

53. Fachanwaltslehrgang Bau- und Architektenrecht (6 Bausteine á 3 Tage) Berlin 07.02 - 25.05.19

Erbrecht

Damoklesschwert „Sozialamt“ – Update: Regress bei Erbfall und Schenkung Hamburg 13.12.18

(Dr. Gudrun Doering-Striening)Online-Seminarreihe Erbrecht: Aktuelle Fälle und Entscheidungen 2018 – Online 13.12.18

4. Quartal (Martin Lang)Aktuelle Rechtsprechung zum Erbrecht – Schwerpunkt: gewillkürte Rechtsfolge Düsseldorf 14.12.18

(Prof. Dr. Jan Eickelberg)41. Fachanwaltslehrgang Erbrecht (6 Bausteine á 3 Tage) Düsseldorf 28.03. - 06.07.19

Familienrecht

Aktuelle Rechtsprechung des OLG Frankfurt zum Unterhaltsrecht Frankfurt a. M. 12.12.18

(Peter Reitzmann)Anwaltliche Strategien bei Kindeswohlgefährdung und -belastung Frankfurt a. M. 13.12.18

(Dr. Göntje Rosenzweig)Forum Ehe- und Familienrecht (Dr. Sabine Lentz, Dr. Wolfram Viefhues) Hannover 14.12.18

Einkommen Selbstständiger – Bilanzen verstehen im Familienrecht Münster 14.12.18

(Heinrich Schürmann)138. Fachanwaltslehrgang Familienrecht (6 Bausteine á 3 Tage) Köln 21.02. - 13.07.19

Familienrecht 2019 – Aktuelles und Ausblick: Häusliche Gewalt – München 22.02.19

Schnittstellen von Straf-, Sozial- und Familienrecht (Juliane Hilbricht)Familienrecht 2019 – Aktuelles und Ausblick: Erbrechtliche Beratung bei Trennung München 22.02.19

und Scheidung (Michael G. Rudolf)Familienrecht 2019 – Aktuelles und Ausblick: Unterhaltsrecht (Dr. Christian Seiler) München 23.02.19

Gewerblicher Rechtsschutz

Durchsetzung und Abwehr von Ansprüchen aus Patenten Düsseldorf 13.12.18

(Prof. Dr. Dr. Uwe Fitzner, Dr. Peter Kather)Aktuelle Rechtsprechung des BGH zum Patentrecht (Dr. Klaus Bacher) Düsseldorf 14.12.18

Handels- und Gesellschaftsrecht

Update: Deutsches und internationales Handelsrecht (Prof. Dr. Klaus Detzer) Düsseldorf 14.12.18

DeutscheAnwaltAkademie Seminarkalender

702 AnwBl 12 / 2018

Informationstechnologierecht

IT-Sicherheit im Unternehmen (Dr. Oliver Stiemerling, Paul Voigt) Frankfurt a. M. 14.12.18

28. Fachanwaltslehrgang Informationstechnologierecht (6 Bausteine á 3 Tage) München 28.03. - 20.07.19

Insolvenzrecht

Die Immobilie in der Insolvenz (Margit Warneke) Berlin 14.12.18

Mediation

Konfliktmanagement und Mediation im öffentlichen Recht (Dr. Rainer Voß) Hannover 14.12.18

74. Lehrgang Mediation (5 Module á 3 Tage) Frankfurt a. M. 28.02. - 05.07.19

Medizinrecht

Regress in der vertragsärztlichen Versorgung (Dr. Anna Verena Lauber, Frankfurt a. M. 13.12.18

Dr. Tobias Scholl-Eickmann)

Miet- und Wohnungseigentumsrecht

Aktuelle Rechtsprechungsübersicht im Mietrecht (Astrid Siegmund) Hamburg 14.12.18

Online-Seminarreihe Mietrecht & WEG: Aktuelle Fälle und Entscheidungen 2019 Online 26.02.19

(Norbert Slomian)

Sozialrecht

Online-Seminarreihe Sozialrecht: Aktuelle Fälle und Entscheidungen 2019 – Online 27.02.19

(Nikolaos Penteridis)

Strafrecht

Online-Seminarreihe Strafrecht: Aktuelle Fälle und Entscheidungen dargestellt aus Online 12.12.18

Verteidigersicht – 4. Quartal (Prof. Dr. Ulrich Sommer)Neuere Rechtsprechung des BGH zum Strafrecht und Strafverfahrensrecht Nürnberg 14.12.18

(Prof. Dr. Jürgen P. Graf)Die strafrechtlichen Risiken des Beraters (Dr. Wilhelm Krekeler, Elke Werner) Düsseldorf 14.12.18

57. Fachanwaltslehrgang Strafrecht (6 Bausteine á 3 Tage) Frankfurt a. M./ 28.03. - 29.06.19

Oberursel

Transport- und Speditionsrecht

15. Fachanwaltslehrgang Transport- und Speditionsrecht (6 Bausteine á 3 Tage) Hamburg 14.03. - 15.06.19

Verkehrsrecht

Regress des KH- und Kaskoversicherers (Volkhard Wittchen) Düsseldorf 14.12.18

Erfolgreiche Unfallregulierung (Dr. Hubert W. Bühren) Stuttgart 14.12.18

72. Fachanwaltslehrgang Verkehrsrecht (6 Bausteine á 3 Tage) Frankfurt a. M. 21.02. - 25.05.19

Verkehrsrecht 2019: Aktuelles zum Schadenrecht (Dr. Jens Rogler) Frankfurt a. M. 22.02.19

Verkehrsrecht 2019: Versicherung im Verkehrsrecht – VVG, AKB und ARB Frankfurt a. M. 22.02.19

(Dr. Klaus Schneider)Verkehrsrecht 2019: Aktuelle Rechtsprechung des BGH zum Verkehrsstrafrecht Frankfurt a. M. 23.02.19

und zu den Verkehrsordnungswidrigkeiten (Jürgen Cierniak)

Versicherungsrecht

Brennpunkte der Personenversicherung (Vicki Irene Commer) Düsseldorf 13.12.18

Haftungsfallen in Haftungsfällen – Beratungshaftung im Versicherungsrecht Berlin 14.12.18

(Davy Rosenkind)Aktuelle Rechtsprechungsübersicht im Versicherungsrecht München 15.12.18

(Prof. Dr. Christoph Karczewski)

Termine Dezember 2018 - Februar 2019

KontaktDeutsche AnwaltakademieLittenstraße 11, 10179 BerlinT 030 / 726153-140F 030 / [email protected]

AnwBl 12 / 2018 703

Für ein selbstbestimmtesLebenViele Menschen in unserer Gesellschaft können ihre Angele-genheiten aufgrund einer körperlichen oder psychischen Er-krankung nicht mehr ausreichend selbst regeln. Um trotzder Einschränkungen ein möglichst selbstbestimmtes Lebenführen zu können, kann ihnen das zuständige Amtsgericht ei-nen rechtlichen Stellvertreter zur Seite stellen: einen Berufs-betreuer nach § 1896 BGB. Jörg K. ist seit 2014 als Berufs-betreuer für mehrere Berliner Amtsgerichte tätig. In beson-ders komplizierten Betreuungsfragen sucht er rechtlichenRat bei einem Fachanwalt – zum Beispiel für Mietrecht.

Wann brauchen Sie einen Anwalt?

Wenn ich trotz meines LL.M-Studiums und meiner Pra-xiserfahrung in kniffligen Fällen nicht mehr weiterkom-me oder mich absichern will. Dann wende ich mich an ei-nen Fachanwalt des Rechtsgebietes, um das es in demEinzelfall geht. Kürzlich habe ich zum Beispiel eine Fach-anwältin für Mietrecht aufgesucht, weil sich in der Miet-wohnung eines Betreuten zwei illegale „Untermieter“ ein-quartiert haben. Für mich war es wichtig, einen absolutenProfi an meiner Seite zu wissen.

Wer muss kämpferischer sein: Mandant oder Anwalt?

Am besten ziehen beide an einem Strang und sprechendieselbe „Sprache“.

Wenn Sie einen Anwalt auswählen: Worauf achten Sie?

Jedem Fachanwalt unterstelle ich zunächst per se Kom-petenz auf seinem Gebiet. Bei meinen Betreuten handeltes sich häufig um Menschen am Rande unserer Gesell-schaft. Für mich ist es wichtig, mich an einen Anwalt zuwenden, der sich auch auf diese Zielgruppe und deren Be-lange unvoreingenommen und empathisch einlassenkann.

Was schätzen Sie an Ihrem Anwalt am meisten?

Zugewandtheit, also: Fachkompetenz, Freundlichkeit,Kommunikationsstärke und Empathie.

Gibt es einen Punkt, der Sie bei Anwälten so richtig stört?

Mich stört generell, wenn Menschen im Gespräch denEindruck erwecken, als ob sie nicht bei der Sache sindoder „das alles“ nicht nötig haben. Solch einen Anwaltwürde ich auch nicht beauftragen. //

Mandantenfragebogen

704 AnwBl 12 / 2018

ab 75,00 €/Monat

zzgl.M

wSt.

Zusammen unschlagbarjuris DAVDas exklusive Angebot für DAV-Mitglieder

Als DAV-Mitglied genießen Sie bei juris einen ganz besonderen Status. Durch dieenge Kooperation mit dem Deutschen Anwaltverein erhalten Sie exklusive Inhalteund Sonderkonditionen. Mit der komfortablen und einfach bedienbaren Online-Recherche bearbeiten Sie auch komplexe Mandate schnell, effizient und mithöchster Rechtssicherheit.

Mehr Informationen erhalten Sie unter: www.juris.de/dav

INFOLINE: 030 43598 801

RA-MICROv – dievirtuelle Kanzlei-EDV.

Die digitale Zukunft kommt – und RA-MICROvmacht sie Ihnen einfach. Die virtuelle Kanzlei-EDVermöglicht den Zugriff auf alle Dokumente Ihrer Kanzleimit jedem Gerät Ihrer Wahl – einfach, sicher und für dieAnforderungen einer modernen Kanzlei optimiert.

Informieren Sie sich jetzt über die Vorteile von RA-MICROvund Kombinationsmöglichkeiten mit Ihrer bestehenden EDV:www.ra-micro.de/v

Die Zukunftder Kanzleiist digital.