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Aus dem Medizinischen Zentrum für Kinderheilkunde des Fachbereichs Medizin der Philipps-Universität Marburg Geschäftsführender Direktor: Prof. Dr. Rolf Felix Maier Anwendung von Medikamenten außerhalb oder ohne Zulassung bei Kindern im stationären Bereich Inaugural-Dissertation zur Erlangung des Doktorgrades der gesamten Humanmedizin dem Fachbereich Medizin der Philipps-Universität Marburg vorgelegt von Carmen Knöppel aus Marburg/Lahn Marburg/Lahn, 2010

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Aus dem Medizinischen Zentrum für Kinderheilkunde

des Fachbereichs Medizin der Philipps-Universität Marburg

Geschäftsführender Direktor: Prof. Dr. Rolf Felix Maier

Anwendung von Medikamenten

außerhalb oder ohne Zulassung bei

Kindern im stationären Bereich

Inaugural-Dissertation zur Erlangung des

Doktorgrades der gesamten Humanmedizin

dem Fachbereich Medizin

der Philipps-Universität Marburg

vorgelegt von

Carmen Knöppel

aus Marburg/Lahn

Marburg/Lahn, 2010

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Aus dem Medizinischen Zentrum für Kinderheilkunde

des Fachbereichs Medizin der Philipps-Universität Marburg

Geschäftsführender Direktor: Prof. Dr. Rolf Felix Maier

Anwendung von Medikamenten

außerhalb oder ohne Zulassung

bei Kindern im stationären Bereich

Inaugural-Dissertation zur Erlangung des

Doktorgrades der gesamten Humanmedizin

dem Fachbereich Medizin

der Philipps-Universität Marburg

vorgelegt von

Carmen Knöppel

aus Marburg/Lahn

Marburg/Lahn, 2010

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Angenommen vom Fachbereich Medizin der Philipps-Universität Marburg

am: 23.Mai 2011.

Gedruckt mit Genehmigung des Fachbereichs.

Dekan: Prof. Dr. med. Matthias Rothmund

Referent: Prof. Dr. Hannsjörg W. Seyberth

Korreferent: Prof. Dr. Frank Czubayko

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Für meine lieben Eltern

und einen Traum

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Inhaltsverzeichnis 7

Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung 10

1.1 Arzneimittelprüfungen und Arzneimittelzulassung 10

1.2 Übersicht von Arzneimittelwirkungen und Arzneimittelnebenwirkungen

und Unterschiede der Arzneimittelsicherheit zwischen Erwachsenen und

Kindern 14

1.3 Pharmakologische Besonderheiten im Kindes- und Jugendalter 17

2 Problemstellung und Zielsetzung der Arbeit 23

3 Patienten und Methoden 24

3.1 Studienorganisation und Studienteilnehmer 24

3.1.1 Studienorganisation 24

3.1.2 Studienteilnehmer 24

3.2 Studiendauer und Charakterisierung der teilnehmenden Stationen der

Marburger Universitätskinderklinik 25

3.2.1 Dauer der Studie 25

3.2.2 Charakterisierung der teilnehmenden Stationen 25

3.3 Studiendesign 26

3.4 Datenerhebung 26

3.4.1 Aufbau des Erhebungsbogens 26

3.4.2 Datendokumentation der einzelnen Medikamentenverordnung 27

3.5 Datenerfassung 28

3.6 Beschreibung von Inhalten zur Datenauswertung 29

3.6.1 Allgemeines zur Datenauswertung und Statistik 29

3.6.2 Altersklassifikation der Patienten 29

3.6.3 Datenkategorisierung der Medikamentenverordnung in eine

Off-Label- oder Unlicensed-Verordnung 30

3.7 Referenzliteratur zur Auswertung der Daten 33

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Inhaltsverzeichnis 8

3.8 Ethik/Studieninformation 33

4 Ergebnisse 34

4.1 Anteilige Altersstufen- und Geschlechteraufteilung der Patienten auf den

unterschiedlichen Stationen 34

4.1.1 Infektionsstation 34

4.1.2 Intensivstation mit neonatologischem Schwerpunkt 34

4.1.3 Onkologisch-nephrologische Station 35

4.2 Alter und Verteilung auf die verschiedenen Altersgruppen der

verschiedenen Stationen 35

4.3 Verordnungshäufigkeit auf den Stationen und pro Patient 38

4.4 Verordnungen in Bezug auf den Zulassungsstatus für die

Gesamtstudienpopulation und den einzelnen Patienten auf den

unterschiedlichen Stationen 39

4.5 Verteilung der Off-label- oder Unlicensed-Verordnungen auf die

jeweiligen Kategorien 44

4.6 Verordnungsranglisten der Stationen 46

4.7 Ranglisten der Medikamentenverordnungen 50

5 Diskussion 53

5.1 Zusammenfassung und kritische Wertung von Fehlermöglichkeiten 53

5.2 Beurteilung des Studiendesigns 54

5.2.1 Bewertung der eingeschränkten Stationsauswahl 54

5.2.2 Bewertung des Studienzeitraums und seiner Dauer 54

5.2.3 Bewertung des Auswertungsinhalts mit Ausblick für sich

anschließende Studien 55

5.3 Diskussion im Vergleich mit der übrigen Literatur 56

5.3.1 Off-label- und Unlicensed-Verordnungen auf neonatologischen

und pädiatrischen Intensivstationen 56

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Inhaltsverzeichnis 9

5.3.2 Off-label- und Unlicensed-Verordnungen auf

allgemeinpädiatrischen Stationen 59

5.3.3 Off-label- und Unlicensed-Verordnungen außerhalb der

Kliniken und im ambulanten Bereich 60

5.3.4 Off-label- und Unlicensed-Verordnungen in klinischen

Subspezialitäten und in der Anwendung spezieller

medikamentöser Substanzklassen 63

5.4 Off-label- und Unlicensed-Medikamentenanwendungen im

Zusammenhang mit unerwünschten Arzneimittelwirkungen (UAW) 66

5.5 Aktueller Stand der pädiatrischen Arzneimitteltherapie und Ausblick 68

5.5.1 US-amerikanische Bemühungen als Vorreiterfunktion 68

5.5.2 Aktuelle Situation in Deutschland 69

5.6 Schlussfolgerung und Fazit 70

6 Zusammenfassung 72

7 Literaturverzeichnis 76

8 Abbildungsverzeichnis 87

9 Tabellenverzeichnis 88

10 Abkürzungen 89

11 Datenerhebungsbögen 91

12 Publikationen und Posterpräsentationen 93

13 Anhang 94

13.1 Verzeichnis der akademischen Lehrer 94

13.2 Danksagung 95

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Einleitung 10

1 Einleitung

1.1 Arzneimittelprüfungen und Arzneimittelzulassung

Bevor von der pharmazeutischen Industrie ein neues Medikament auf den

Markt gebracht werden kann, muss dieses seit 1978 einen Zulassungsprozess

gemäß den Arzneimittelrichtlinien, dem nationalen und europäischen Recht

entsprechend, durchlaufen haben. Vom ersten Screening einer potentiell neuen

Wirksubstanz bis zur offiziellen Zulassung eines Medikamentes vergehen meist

10-15 Jahre.

Sobald eine geeignete Substanz in der Forschung identifiziert wurde, durchläuft

diese einen klar definierten und regulierten Entwicklungsprozess nach Good

Clinical Practice (GCP) mit dem finalen Ziel, klinische Wirksamkeit und Sicher-

heit zu gewährleisten, um nach dem Zulassungsverfahren klinische Anwendung

zu finden. Vor der Marktzulassung eines neuen Medikamentes hat es demnach

mehrere Stadien der Arzneimittelentwicklung (in der Regel Phasen I-IV) durch-

laufen (Fischer et al., 2001).

Die Entwicklung beginnt mit der Entdeckung eines Moleküls, welches mög-

licherweise an einen spezifischen oder unspezifischen Rezeptor bindet, von

dem man annimmt, dass durch dessen Anwendung ein Krankheitsprozess

medikamentös beeinflusst werden kann. In dieser sogenannten „targeting“-

Phase, in der vor der Arzneimittelentwicklung u. a. die Frage gestellt und be-

antwortet wird, für welche Krankheiten es noch keine oder nur unzureichende

pharmakologische Behandlungsoptionen gibt, kommt es zur Identifizierung und

Validierung eines geeigneten Molekülkandidaten, der an einem Krankheits-

prozess beteiligt sein könnte. Die meisten bekannten „targets“ sind Rezeptoren,

Enzyme oder andere Proteine. In einem zweiten Schritt schließt sich nun das

Screening und Auffinden aktiver Substanzen an. Eine Vielzahl von Wirkstoffen

wird getestet, ob sie am „target“ eine gewünschte Wirkung erzielen. In dieser

Phase werden häufig mehrere tausend Moleküle untersucht. In der

Optimierungsphase werden nun die potentiellen Wirkstoffe verschiedenen Tests

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Einleitung 11

unterzogen und eventuell mithilfe der klinischen Chemie in ihrer Struktur so

verändert, dass dann ein Molekül vorliegt, welches eine günstige Wirkstärke,

hohe Spezifität und geeignete Moleküleigenschaften aufweist, die das Molekül

zu einem Wirkstoffkandidaten machen.

Nach der Wirkstoffidentifikation schließt sich die präklinische Prüfungsphase an,

die als Hauptzielvorgabe hat, ein nicht-klinisches Sicherheitsprofil des Molekül-

kandidaten zu erstellen und eine geeignete pharmazeutische Formulierung zu

finden, die für die sich dann anschließende Anwendung am Menschen geeignet

erscheint. Erste Untersuchungen zur Fragestellung der Sicherheit werden am

PC (in silico) und mögliche toxische Wirkung an Zellkulturen in Labortestungen

(in vitro) sowie ggf. an geeigneten Versuchstieren durchgeführt. Aus Tierver-

suchsdaten ist eine relativ sichere Risikoabschätzung vorzunehmen, wobei

dennoch ein unvermeidbarer Rest an Unsicherheit verbleibt, der ein äußerst

vorsichtiges Vorgehen am Menschen indiziert. Oftmals findet am Ende der prä-

klinischen Testreihen aus mehreren Wirkstoffkandidaten nur eine Substanz

Eingang in die klinische Prüfungsphase, die sich in mehrere Phasen (Phasen 0-

IV) unterteilen lässt.

Vor Durchführung der klinischen Prüfungsphase muss der neue Wirkstoff in

einer geeigneten Arzneiform zu einem Arzneimittel verarbeitet werden, das

dann als sogenanntes Prüfpräparat Anwendung findet. Nachdem die zustän-

dige Zulassungsbehörde die Daten aus der präklinischen Entwicklung und zur

pharmazeutischen Qualität des Prüfpräparates geprüft hat, ein positives Votum

der zuständigen Ethikkommission und ein Prüfplan nach den Regeln des GCP

vorliegen, kann die klinische Prüfungsphase beginnen.

Die Phase 0 ist ein nicht vorgeschriebenes, neues Konzept zur Testung

pharmakokinetischer Eigenschaften bei geringster Dosierung (Microdosing) des

neuen Wirkstoffes an gesunden, freiwilligen Probanden. Wirkstoffverteilung,

-abbau sowie einzelne Abbauprodukte können massenspektrometrisch unter-

sucht werden. Die schnelle Testung mehrerer Wirkstoffkandidaten soll die

Erfolgsrate in den Anschlussphasen erhöhen.

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Einleitung 12

In der Phase I wird das Medikament dann nach sogenannten Machbarkeits-

studien (proof-of-concept-studies) erstmals an wenigen Menschen eingesetzt.

Diese sind in der Regel eine Gruppe von freiwilligen gesunden Probanden oder

eine kleine Anzahl (10-80) von Patienten. Ziel dieser Phase ist, nach Appli-

kation nur sehr geringfügiger Wirkstoffmengen in sequentieller Anwendung an

einzelnen Probanden, die Prüfung der initialen Sicherheit und Verträglichkeit

sowie die Messung pharmakokinetischer Daten. Es findet ein Monitoring statt

(bspw. Überwachung von Herz-/Atemfrequenz, Blutdruck und Temperatur) und

es werden Daten zur Aufnahme, Verteilung, Umwandlung, Ausscheidung und

Verträglichkeit gewonnen. Im Weiteren wird dann eine Dosissteigerung vorge-

nommen und alle Ereignisse dokumentiert, die erste Hinweise auf ein mög-

liches Nebenwirkungsprofil zeigen. Phase-I-Studien mit gesunden Kindern sind

unzulässig, eine Ausnahme stellt die Entwicklung von Impfstoffen und

Diagnostika dar.

Schwerpunkt von Phase-II-Studien ist der Nachweis einer medizinischen Wirk-

samkeit/Verträglichkeit und eine Bestätigung eines Therapiekonzeptes an

Patienten. Die Phase II beinhaltet, dass die neue Wirksubstanz, üblicherweise

auf wenige Monate beschränkt, an eine freiwillige Patientengruppe (100-300)

verabreicht wird. Sobald erste Wirksamkeitshinweise vorliegen, schließen sich

Teilstudien der Phase IIb an, in der die optimale therapeutische Dosis evaluiert

wird, die dann in Phase III Anwendung findet.

Phase-III-Studien sind in der Regel durch mindestens zwei voneinander un-

abhängige klinische Studien mit einem statistisch signifikanten Wirksamkeits-

nachweis charakterisiert. In der Regel findet eine Testung des neuen Wirk-

stoffes gegen Placebo oder ein bisher verfügbares Vergleichspräparat für die

entsprechende Indikation im Hinblick auf einen Wirkungsvergleich in randomi-

sierten Doppelblindstudien statt. Ist am Ende durch ein Wirksamkeits- und

Sicherheitsprofil eine unbedenkliche Anwendung aufgrund eines positiven

Nutzen-Risiko-Profils als wichtigstes Zulassungskriterium des Arzneimittels als

Behandlungsoption erkennbar, so ist nach einer Dauer von circa 10-14 Jahren

Entwicklungs- und Studienarbeit der Zeitpunkt der Zulassung erreicht

(Kuhlmann, 1997).

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Einleitung 13

Es wird nun für die neue Substanz ein Zulassungsantrag bei der Zulassungs-

behörde gestellt. Das Zulassungsdossier (sogenanntes Commun Technical

Document) beinhaltet zusammengefasst und bewertet alle Daten zur Herstel-

lung, zur klinischen Prüfung und der drei klinischen Prüfungsphasen. Es dient

der Behörde als Grundlagenpapier zur Zulassungsentscheidung oder

-ablehnung (Wikipedia Pharmaforschung, 2010). In Deutschland sind hierfür

das BfArM (Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte) für Arzneimittel

und Medizinprodukte oder das PEI (Paul-Ehrlich-Institut) für Impfstoffe und

Blutprodukte zuständig. Für eine europäische Zulassung müssen die Anträge

an die EMEA (European Agency for the Evaluation of Medicinal Products) in

London gerichtet werden. Wenn die Sachverständigen der Behörden sich

einigen, dass die vorgelegten Daten Qualität, Wirksamkeit und Sicherheit des

neuen Arzneimittels beweisen, wird die Marktzulassung erteilt.

Nach erfolgreicher Zulassung schließt sich die Phase IV, die auch als Phase

der Nachzulassung (post marketing surveillance phase) bezeichnet wird, an. Es

werden Daten der behandelten Personen über unerwünschte Arzneimittel-

reaktionen und Nebenwirkungsprofile, die auch erst nach Jahren auftreten oder

in einen scheinbaren Zusammenhang gebracht werden können, gesammelt.

Diese Phase dient somit der fortlaufenden Überwachung und Sicherstellung

eines positiven Nutzen-Risiko-Verhältnisses bei der Anwendung eines be-

stimmten Medikamentes. Für eine Erweiterung eines Arzneimittels auf zusätz-

liche Indikationen oder andere Darreichungsformen des gleichen Wirkstoffes

sind neue klinische Studien mindestens der Phase III (evtl. auch Phasen I und

II) notwendig (Wikipedia Pharmaforschung, 2010).

Zusammenfassend ist zu sagen, dass die Entwicklung eines Arzneimittels

einem langwierigen, streng reglementierten Prozess unterliegt, der ein hohes

finanzielles Volumen umfassen kann. Von den in den USA durchschnittlich bis

zu 10.000 in der präklinischen Forschung gescreenten Substanzen erreichen

etwa fünf die klinische Forschung und eines davon erhält die Zulassung zum

Arzneimittel bei der zuständigen Behörde (Sheiner, 1997; Wikipedia Pharma-

forschung, 2010). Der strukturierte Zulassungsprozess ist ein wichtiger Weg,

um Qualität, Wirksamkeit und Sicherheit eines Medikamentes sicherzustellen

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Einleitung 14

(Lesko et al., 2000). Dem Anwender (Ärzten und Patienten) stehen relevante

Informationen in den entsprechenden Fachinformationen oder der Packungs-

beilage des Herstellers zur Verfügung. Es finden sich dort mehr oder weniger

detaillierte Ausführungen zur Dosisfindung bzw. Dosierungsintervallen, zur

Pharmakokinetik und Pharmakodynamik eines Produktes. Weiterhin werden

Aussagen über das Alter der Patientengruppe, die speziellen Indikationen,

Kontraindikationen, unerwünschte Wirkungen (adverse drug reactions) und die

Applikationsart des Medikamentes getroffen.

1.2 Übersicht von Arzneimittelwirkungen und Arzneimittelnebenwir-

kungen und Unterschiede der Arzneimittelsicherheit zwischen

Erwachsenen und Kindern

Alle Medikamente, die in Deutschland an Erwachsene verordnet werden, er-

füllen die obengenannten Richtlinien und beinhalten in ihrer Produktlizenz

Informationen über Indikationen und Kontraindikationen, unerwünschte Wir-

kungen, Applikationsart und vor allem Dosierungsempfehlungen. Eine Vielzahl

der Medikamente, die an Kinder und Jugendliche verabreicht werden, erfüllen

diese Kriterien nicht. In der Pädiatrie kommen vorwiegend Medikamente zum

Einsatz, die nur an Erwachsenen geprüft wurden, bei denen somit keine

adäquaten Informationen über Sicherheit und Wirksamkeit im Kindesalter vor-

liegen. Insbesondere gibt es entweder keinen Hinweis zur Dosierung oder nur

unzureichende Empfehlungen zur Dosierung in den verschiedenen Alters-

gruppen. Angaben zur Pharmakokinetik und Pharmakodynamik existieren zu-

meist nicht. Sie sollten aber nicht einfach durch Extrapolation der aus Er-

wachsenenstudien erhaltenen Daten gewonnen werden, weil Kinder ein hetero-

genes Patientengut darstellen. Selbst bei der gleichen Erkrankung wie der

eines Erwachsenen zeigt sich u. U. ein sehr unterschiedliches Ansprechen auf

die Therapie der gleichen Erkrankung eines Kindes in den verschiedenen

Altersstufen (Autret, 1999).

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Einleitung 15

Dass Medikamente in den verschiedenen Altersgruppen unterschiedlich

metabolisiert und ausgeschieden werden, ein unterschiedliches Wirkungs- und

Nebenwirkungsprofil zeigen, haben uns nicht zuletzt Tragödien und Schädi-

gungen durch unerwünschte Wirkungen in der Vergangenheit gelehrt. Dies

führte zu rechtlichen und politischen Aktionen hinsichtlich der Überwachung und

Zulassung von Medikamenten. Im Jahre 1938 kam es nach dem Tod von 107

Kindern, denen Sulfanilamid verabreicht wurde, das als Trägerstoff Diethy-

lenglycol enthielt und sich als hoch toxisch erwies, zuvor aber nicht an Kindern

getestet war, erstmalig zu einer gesetzlichen Regelung, Daten zur Sicherheit

vor der Anwendung eines Medikamentes von der FDCA („Federal Food, Drug

and Cosmetic Act“, gegründet 1906) einzufordern (Christensen et al., 1999;

Gupta et al., 1997). Die bisher schwerwiegendste Arzneimittelkatastrophe er-

eignete sich im Jahre 1961 durch den für Erwachsene zugelassen Transquilizer

Thalidomid (Contergan®). Kinder von Müttern, die als Schwangere diese

Substanz in der Frühschwangerschaft (20.-36. Gestationstag) eingenommen

hatten, zeigten ein komplexes Fehlbildungssyndrom der Extremitäten (Diggle,

2001; Botting, 2002). Weltweit waren damals ca. 7000 Kinder betroffen, davon

allein ungefähr etwa 4000 in der Bundesrepublik Deutschland (Weicker et al.,

1962; Daemmrich, 2002). Aufgrund letaler Organschädigungen, die sich über-

wiegend am Herzen und im Gastrointestinaltrakt manifestierten, überlebten

etwa 30 % der Ungeborenen nicht (Mellin et al., 1962). Diese Tragödie verdeut-

licht, dass Daten zur Effektivität und Sicherheit nicht einfach auf Schwangere

und deren sich entwickelnde Embryonen und Feten übertragen werden können.

Als Folge der Tragödie wurden die staatlichen Kontrollen für die Markt-

zulassung von Arzneimitteln überall auf der Welt erheblich verschärft. Das ge-

schah in den USA 1962 durch ein Nachtragsgesetz der FDCA von 1938 und in

Großbritannien durch den “Medicine Act“ von 1968 (Kauffmann, 1995). In der

Bundesrepublik Deutschland fand die verpflichtende Arzneimittelprüfung durch

ein neues Arzneimittelgesetz (AMG; 24.08.1976) eine gesetzliche Regelung

(Bundesministerium der Justiz; Wikipedia Arzneimittelgesetz, 2010).

Des Weiteren konnten z. B. durch das Auftreten des Gray-Baby-Syndroms der

Neugeborenen nach Verabreichung von Chloramphenicol Besonderheiten des

Stoffwechsels dieser Altersgruppe stellvertretend für viele Unterschiede zu den

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Einleitung 16

Erwachsenen erkannt und beschrieben werden. Einige Neugeborene, die zur

antimikrobiellen Therapie das Antbiotikum Chloramphenicol erhielten, ent-

wickelten das Gray-Syndrom, das sich zunächst in Zyanoseanfällen, ggf. mit

respiratorischem Versagen, zeigt und einen letalen Verlauf mit Mikro-

zirkulationsstörungen und Herz-Kreislauf-Versagen nehmen kann (Weiss et al.,

1960; Lenz et al., 1962). Aufgrund einer noch unvollständigen Leberfunktion

(Glucoronyltransferasemangel) kommt es zur mangelnden Glukoronidierung

und daraus resultierend zur Substanzanreicherung und ungenügenden

Eliminierung. Werden Serumspiegel von >15-25 mg/l erreicht, so zeigen sich

die obengenannten Toxizitätssymptome (Holt et al., 1983; McIntyre et al.,

2004). Diese können vermieden werden, wenn eine neonatale Dosis verab-

reicht wird, die nach der Tragödie in Dosisfindungsstudien evaluiert wurde.

Dennoch sind engmaschige Serumspiegelkontrollen während der Be-

handlungszeit der Neonaten sinnvoll (Nahata, 1987, 1989). Es ließen sich noch

unzählige Beispiele von unerwünschten Wirkungen durch Medikamentenver-

abreichung an Kinder der verschiedenen Altersgruppen finden. Sie alle unter-

streichen die dringende Notwendigkeit der pädiatrischen Datengewinnung und -

erhebung, da an erwachsenen Patienten erhobene Daten zur Sicherheit und

Wirksamkeit nicht durch extrapolierte Datenanpassung auf Kinder übertragen

werden sollten (Christensen et al., 1999).

Trotz vieler Bemühungen und Verbesserungen stellt sich dem Pädiater oder

Kinder behandelnden Arzt auch heute noch das Problem, keine oder nur un-

zureichende Informationen für eine sichere und effektive Arzneimitteltherapie

auf den Beipackzetteln der Medikamente oder in den Fachinformationen zu

finden.

Die folgenden Formulierungen wurden zufällig und ohne Bewertung aus den

Fachinformationen, die vom Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie

(BPI) zur Verfügung gestellt werden, ausgewählt: „Erfahrungen über die Be-

handlung bei Kindern liegen nicht vor, deshalb soll X bei Kindern nicht an-

gewendet werden.“ „Anwendung bei Kindern: die Verträglichkeit und Wirksam-

keit bei pädiatrischen Patienten ist nicht ermittelt worden. In Bezug auf Kinder,

die einer Nierentransplantation unterzogen wurden, liegen nur wenige

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Einleitung 17

pharmakokinetische Daten vor.“ „Da keine ausreichenden Therapieerfahrungen

vorliegen, darf X bei Kindern nicht angewendet werden.“ „X sollte bei Kindern

unter 1 Jahr nicht angewendet werden: Aufgrund geringer Erfahrungen sollte es

bei Kindern unter 16 Jahren nur angewendet werden, wenn keine

therapeutische Alternative zur Verfügung steht.“ (X steht jeweils stellvertretend

für einen Wirkstoff oder ein Produkt).

Die Liste solcher Formulierungen ließe sich beliebig fortsetzen. Anhand dieser

Beispiele zeigt sich, in welchem Dilemma sich ein Kinder behandelnder Arzt

befinden kann. Ihm obliegt die Entscheidung, ob er ein Medikament trotz vor-

liegender Warnhinweise über unzureichende Daten in der pädiatrischen An-

wendung off-label oder unlicensed verordnet, oder aber, ob er einem Kind eine

potentiell wirksame Therapie vorenthalten möchte.

Unter einer Off-label-Anwendung eines Medikamentes ist zu verstehen, dass

ein Medikament eine formale Zulassung besitzt, jedoch anderweitig als in der

Produktlizenz beschrieben, Anwendung findet. Eine Unlicensed-Verordnung für

ein Produkt liegt dann vor, wenn es als Medikament ohne Vorhandensein einer

formalen Zulassung Anwendung beim Menschen findet (Turner et al., 1997).

1.3 Pharmakologische Besonderheiten im Kindes- und Jugendalter

Schon lange ist bekannt, dass die Wirkung von Medikamenten nicht nur von der

Dauer, Art und Intensität (Dosierung) des eigentlichen Wirkstoffes abhängig ist,

sondern insbesondere auch von der Interaktion des Individuums, dem ein

Medikament zur Behandlung einer Erkrankung appliziert wurde. Veranlasst

durch die Fortschritte der Arzneimittelentwicklung und die Herstellung hoch-

spezifischer und potenter Wirkstoffe und deren Anwendung am Menschen ent-

wickeln sich zunehmend ein besseres Bewusstsein und ein Verständnis für die

Mechanismen der Arzneimittelwirkungen und insbesondere auch ihrer Neben-

wirkungen. Während die klinische Pharmakologie in der Erwachsenenmedizin

rasche Fortschritte zeigt, ist es bis heute offensichtlich, dass die pädiatrische

Pharmakologie nicht Schritt halten kann. Auf einer Sitzung der FDA (Food and

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Einleitung 18

Drug Administration) im Jahre 1972 machte Dr. Charles Edwards auf die be-

stehende Informationslücke in Bezug auf die Arzneimitteltherapie bei Kindern

aufmerksam. Ebenso insistierte die „National Academy of Science“ 1973 auf

der Entwicklung von Forschungsprogrammen und Initiativen, um die Lücke in

der Arzneimitteltherapie bei Kindern in den unterschiedlichen Entwicklungs-

stufen zu schließen. Nicht zuletzt aus Sorge, dass der kindliche Organismus in

den verschiedenen Altersstufen ein unvorhersagbares Verhalten nach der

Medikamentenapplikation zeigen kann, sondern auch mit der begründeten

Sorge, dass Kindern, wegen nicht ausreichend vorhandener Informationen über

pharmakologische Eigenschaften eines Medikaments, effektive Behandlungs-

optionen vorenthalten bleiben könnten (Yaffe et al.,1992). Das „Committee on

Drugs“ verwies schon 1973 auf Auswertung des „Physician Desk Reference“

(PDR). Von den damals 2000 potentiell für Kinder zur Verfügung stehenden

Medikamenten waren 78 % ohne pädiatrische Zulassung oder ohne aus-

reichende Angaben zur Anwendung bei Kindern. In den sich anschließenden

drei Jahrzehnten zeigte sich, laut mehrerer US-amerikanische Auswertungen,

keine wesentliche Verbesserung der Situation. In einer letzten Auswertung der

Jahre 1991-1994 zeigte sich weiterhin, dass 71-79 % der neuen Arzneimittel

nicht in kindlichen Indikationen geprüft oder ohne pädiatrisches Labeling waren

(Blumer, 1999; Wilson, 1999).

Kinder sind nicht nur einfach die Miniaturausgabe der Erwachsenen. Sie stellen

eine heterogene Altersgruppe (Früh- und Neugeborene bis hin zu Adoles-

zenten) mit einem je eigenen Erkrankungsspektrum und Spezifika hinsichtlich

ihrer Physiologie und Pathophysiologie dar (Stephenson, 2005). Die erheb-

lichen Unterschiede der Pharmakodynamik, Pharmakokinetik und Pharmako-

genetik bzgl. der Arzneimittelanwendung und Metabolosierung bei Kindern im

Vergleich zu Erwachsenen machen deutlich, dass alters- bzw. entwick-

lungsspezifische Daten benötigt werden und dass es nicht möglich ist, unein-

geschränkt Rückschlüsse von Daten, die an Erwachsenen erhoben wurden, auf

die pädiatrische Population zu übertragen (Reed et al., 1989; Leeder et al.,

2010). Allerdings ist dies selbst innerhalb der unterschiedlichen Altersgruppen

schwer möglich, da Kinder hinsichtlich der Aufnahme, Verteilung, Meta-

bolisierung und Ausscheidung eines Arzneimittels und dessen Wirkung an

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Einleitung 19

reifenden Organsystemen kein einheitliches Verhaltensmuster zeigen. Ent-

wicklungs- und Wachstumsprozesse sind nicht starre, sondern dynamische

Prozesse der Anpassung, des somatischen Wachstums, der neurokognitiven

Entwicklung und ggf. der sexuellen Reproduktion. Altersabhängige Verän-

derungen der Absorption, Verteilung (bspw. Körperoberfläche und zirkulie-

rendes Blutvolumen) und des Metabolismus (bspw. Plasmaprotein-

zusammensetzung und Enzymaktivitäten) bei Neonaten (FG/ NG), Säuglingen,

Klein- und Schulkindern sowie Adoleszenten stellen jeweils eine besondere

Situation dar, die es bei der Arzneimittelanwendung zu bedenken gilt (Kearns et

al., 2001).

Insbesondere Früh- und Neugeborene, Säuglinge und Kleinkinder weisen auf-

grund rasanter Umstellungs- und Reifungsprozesse in den ersten 18 Lebens-

monaten ein besonderes Reaktionsmuster auf, welches sich grundlegend von

dem eines Klein- oder Schulkindes unterscheidet (Besunder et al., 1988). Die

sich anschließende Phase der Adoleszenz ist durch weitere Reifungsprozesse

gekennzeichnet. Es ist nicht zu vergessen, dass in allen Altersstufen

pharmakokinetische Prozesse von angeborenen (bspw. Geschlecht, ethnische

Herkunft, Genotyp) und äußeren Faktoren (bspw. erworbene Erkrankungen,

Ernährung und Diäten) beeinflusst werden können (Kearns et al., 1989). Neu-

geborene und in besonderem Maße Frühgeborene unterscheiden sich beträcht-

lich von einem Erwachsenen (Abb. 1). Postnatal finden komplexe Umstellungs-

prozesse im Neugeborenenorganismus statt, der während der Schwangerschaft

im Mutterleib geschützt war und bei dem noch Teilfunktionen durch die

Plazenta und den mütterlichen Organismus übernommen wurden. Die beiden

Organsysteme Leber – inklusive des enterohepatischen Kreislaufes – und Niere

spielen eine zentrale Rolle bei der Metabolisierung und Ausscheidung von

Arzneimitteln. Diese Organfunktionen reifen erst postnatal aus, so dass Kinder

in dieser Entwicklungsphase bis in die ersten Lebensmonate hinein eine be-

sonders vulnerable Phase bzgl. der Toxizität durchlaufen (Morselli, 1976;

Koren, 1997).

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Einleitung 20

Abbildung 1: Darstellung physiologischer Reifungsprozesse im Kindesalter

(Kearns et al., 2003)

Physiologische Veränderungen in den unterschiedlichen Organen und Organ-

systemen während der unterschiedlichen Entwicklungsstufen – vom Früh- und

Neugeborenen bis hin zum Erwachsenen – spielen eine wichtige Rolle bei der

Arzneimittelanwendung in Bezug auf den Metabolismus eines verabreichten

Medikamentes und dessen Interaktion mit dem Organismus (Abb. 1, Kearns et

al., 2003). Das Verständnis der altersabhängigen Veränderungen ist relevant

für den therapeutischen Nutzen und das Toxizitätsprofil und somit für die

optimale Pharmakotherapie in den verschiedenen Altersgruppen (Loebstein et

al., 1998; EMEA, 1999). Ein weiter bestehendes Informationsleck in der

Arzneimittelforschung gefährdet Kinder, wenn ihnen ggf. lebensrettende

Therapieoptionen vorenthalten bleiben (Park et al., 2008). Die nachfolgende

Tabelle 1 fasst die pharmakologischen Besonderheiten im Kindes- und Jugend-

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Einleitung 21

alter anschaulich zusammen (Seyberth, 1999; 2009). Dennoch ist es wichtig,

ein Bewusstsein dafür zu haben, dass die physiologischen Umstellungen und

Veränderungen nicht uneingeschränkt mit den definierten Altersstufen einher-

gehen. Sie stellt nur eine Orientierungshilfe für den dynamischen Prozess dar

(Kearns et al., 2001, 2003).

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Einleitung 22

Tabelle 1: Reifungsphasen und deren klinische Bedeutung (Seyberth et al., 1999)

Altersstufe Physiologie Pathophysiologie Pharmakotherapie

Frühgeborene

(< 37.SSW)

Phase des

Überlebens

mangelnde Surfactant-

synthese; Persistierende

Fetale Zirkulation (PFC);

Unreife des Hirn-

stammes;

Unzureichende Kreis-

laufautoregulation;

Inkomplette Retina-

vaskularisation

Pulmonale Anpassungs-

störung;

Pulmonale Hypertension;

Persistierender Ductus

arteriosus;

Bronchopulmonale Dysplasie;

Intraventrikuläre u

intrazerebrale Blutungen;

Apnoe-Bradykardie-Syndrom;

Retinopathia praematurum

Surfactant-Substitution;

Flüssigkeits- oder NO-

Beatmung;

Ductusverschluß mit

NSAID/ Indometacin

Zerebrale Vasokonstriktion

mit Indomethacin;

Zentrale Stimulation mit

Methylxanthinen;

Katecholamine

Neugeborene

(>37.SSW; 0.-

27. LT)

Phase der

Anpassung

Große Körperober-

fläche; viel Körper-

wasser und -fett: er-

höhte Hautabsorption;

Verminderte Blut-Hirn-

Schranke;

Inkomplette neuronale

Reifung;

Vermehrte Hämolyse

Sepsis;

Hyperbilirubinämie;

Krampfanfälle;

Hypoglykämien,

Hypokalziämien;

Kongenitale Fehlbildungen

Antibiotika;

Antikonvulsiva;

Narkotika

Cave: medikamentöse Be-

handlung stillender Mütter

Säuglinge und

Kleinkinder

(28. LT- 23

Monate)

Phase der

Proliferation

und des

Wachstums

Enge Atemwege;

Noch inkompetentes

Immunsystem;

Fortschreitende

Myelinisierung;

Große Leber und Nieren

Stenosierende

Laryngotracheo-

bronchitis;

Bronchiolitis;

Otitis media;

Fieberassoziierte Krampf-

anfälle;

Diarrhoen mit Dehydratation

Antipyretika;

Analgetika;

Antibiotika;

Antiemetika;

Sedativa

(Cave: paradoxe Reaktio-

nen);

Glukokortikoide;

Katecholamine;

Antikonvulsiva;

Vakzine

Kinder

(2 -12 Jahre)

Phase der

Differenzie-

rung

Geringe Wachstums-

rate;

Zunehmende Un-

abhängigkeit;

Zunehmende schulische

Verpflichtungen;

Übergang zu logischem

Denken und Handeln

Unfälle;

Dysfunktion des Immun-

systems (Allergien und

Asthma);

Rheumatoide Erkrankungen;

Autoimmunerkrankungen;

Neoplasien;

Zystische Fibrose;

Organtransplantationen

Bronchodilatoren;

Antihistaminika;

Immunsuppresiva;

Zytotoxische Chemo-

therapeutika;

Antihypertensiva

Cave: Aufmerksamkeitsein-

schränkung;

Patienten zunehmend

informieren und ab 7 Jahre

Zustimmung einholen

Adoleszent

(13-16-(18)

Jahre)

Phase des

Gewinns der

Reproduk-

tionsfähigkeit

Schnelle Veränderungen

(Wachstumsschub;

Gonadenwachstum);

Dysfunktionen des auto-

nomen Nervensystems;

Emotionale Instabilität

Wachstumsstörungen;

Endokrine Dysfunktion;

Orthostatische Dysregulation;

Unfälle;

Sexuell übertragbare

Erkrankungen;

Drogenmissbrauch,

Doping;

Akne vulgaris

Hormone;

Antikonzeptiva;

Antiretrovirale Medikamen-

te;

Psychopharmaka

Cave:

Dosisanpassung;

Non-Compliance;

Suizidale Überdosierung

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Problemstellung und Zielsetzung 23

2 Problemstellung und Zielsetzung der Arbeit

Die Problematik der fehlenden Zulassung von Medikamenten für Kinder und der

damit verbundenen Frage der Wirksamkeit und Sicherheit der pädiatrischen

Pharmakotherapie ist international – vor allem in den Vereinigten Staaten von

Amerika (American Academy of Pediatrics, Committee on Drugs, 1996; Blumer,

1999; Wilson, 1999) und Großbritannien – häufig thematisiert und untersucht

worden (Turner et al., 1996; 1998). Für Deutschland liegen keine aktuellen

Daten und Informationen über den Umfang der Off-label- und Unlicensed-

Medikamentenanwendungen bei Kindern vor, die sich einer stationären Be-

handlung unterziehen müssen. Dass die Problematik aber auch in Deutschland

von Interesse und Relevanz ist, zeigte schon eine Erhebung im Jahre 1981 auf

einer pädiatrisch- neonatologischen Intensivstation der Universitätskinderklinik

Heidelberg. Von den damals 41 Standardpräparaten, die auf der Station zur

Anwendung kamen, gab es nur bei 5 (12 %) für Früh- und Neugeborene, bei 14

(34 %) für Säuglinge und bei 24 (59 %) eine Dosierungsempfehlung von Seiten

des Herstellers. Eine Reihe von Medikamenten war schon damals mit einer

Gegenanzeige versehen (Seyberth, 1982; 1984).

Um Informationen über den Zulassungsstatus und den Umfang der Off-label-

und Unlicensed-Verordnungen mit seinen Untergruppen in den verschiedenen

Altersklassen auf unterschiedlichen pädiatrischen Stationen einer Universitäts-

kinderklinik in Deutschland zur erhalten, führten wir die vorliegende prospektive

Studie durch. Sie ist Teil einer multizentrischen, europäischen Studie zur

Arzneimittelanwendung in Bezug auf ihren Zulassungsstatus in der Pädiatrie.

Die Daten sollten Berücksichtigung bei der Etablierung pädiatrisch-klinischer

Arzneimittelstudien mit dem Ziel eines gesamteuropäischen Zulassungsver-

fahrens von Medikamenten mit pädiatrischen Indikationen durch die EMEA

finden.

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Patienten und Methoden 24

3 Patienten und Methoden

3.1 Studienorganisation und Studienteilnehmer

3.1.1 Studienorganisation

Die Studie, die sich zum Ziel setzte, das Ausmaß der Off-label- und Unlicensed-

Medikamentenverordnungen im Kindes- und Jugendalter auf pädiatrischen

Stationen verschiedener europäischer Staaten zu evaluieren, wurde von

Professor Imti Choonara (klinischer Direktor des Derbyshire Children´s Hospital;

United Kingdom) als Studienleiter initiiert, koordiniert, überwacht und analysiert.

Im März 1998 erhielten die fünf teilnehmenden Länder den Entwurf eines

Datenerhebungsbogens, der dann nach Überarbeitung und mit Verände-

rungswünschen durch die einzelnen Teilnehmer versehen als Grundlagen-

papier zur Datenerhebung für alle beteiligten Kliniken verbindlich war.

3.1.2 Studienteilnehmer

Die Daten wurden im Rahmen einer multizentrischen beobachtenden Studie in

fünf europäischen Ländern erhoben.

Folgende Kliniken in den Großbritannien, Schweden, Deutschland, Italien und

den Niederlanden beteiligten sich:

1. Derbyshire Children´s Hospital; United Kingdom (Imti Choonara, Sharon

Conroy, Piero Impicciatore, Angelika Mohn);

2. University Hospital Uppsula; Sweden (Anders Rane, Henrik Arnell);

3. Universitätskinderklinik Marburg; Deutschland (Hannsjoerg Seyberth,

Carmen Knöppel);

4. Mario Negri Institute Milan; Italy (Maurizio Bonati, Chiara Pandolfini, Ma-

ria Pia Raffaelli, Francesca Rocchi);

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Patienten und Methoden 25

5. Department of Paediatrics of the Erasmus University; Sophia Children´s

Hospital Rotterdam; Netherlands (John van den Anker, Geert `t Jong,

Matthijs de Hoog).

Die erstgenannte Person ist jeweils der Klinikdirektor oder Abteilungsleiter der

teilnehmenden Klinik; weitere benannte Personen sind studienteilnehmende

Ärzte oder Doktoranden der jeweiligen Abteilung.

3.2 Studiendauer und Charakterisierung der teilnehmenden Statio-

nen der Marburger Universitätskinderklinik

3.2.1 Dauer der Studie

Auf drei ausgewählten Stationen der Kinderklinik der Philipps-Universität

Marburg wurde im April und Mai 1998 für jeweils vier aufeinander folgende

Wochen eine prospektive Erfassung aller Medikamentenverordnungen der in

diesem Zeitraum stationär behandelten Kinder, die die Einschlusskriterien er-

füllten, durchgeführt.

3.2.2 Charakterisierung der teilnehmenden Stationen

Die Stationen repräsentierten folgende klinische Bereiche:

1. allgemeinpädiatrische Station mit infektiologischem Schwerpunkt,

überwiegend Kinder mit meist akuten pulmonalen oder gastroente-

rologischen Erkrankungen (Infektionsstation);

2. onkologische und nephrologische Station mit Patienten, die eine

onkologische Diagnose haben und sich in der Akut- oder Erhaltungs-

phase von Chemo- und/oder Strahlentherapien befinden (Leukämien,

Lymphome, Hirntumoren); ebenso Patienten mit nephrologischen Er-

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Patienten und Methoden 26

krankungen (akute/chronische Niereninsuffizienz; Dialysepatienten;

Nierentransplantierte);

3. interdisziplinäre Intensivstation mit neonatologischem Schwerpunkt

(Mehrzahl der Patienten sind Früh- und Neugeborene; Behandlung

von Kindern aller Altersstufen, die einer intensivmedizinischen Thera-

pie bedürfen).

3.3 Studiendesign

Die Daten wurden prospektiv von einer Person (CK – Carmen Knöppel;

Doktorandin der Universitätskinderklinik Marburg) erhoben.

3.4 Datenerhebung

3.4.1 Aufbau des Erhebungsbogens

Der Datenerhebungsbogen (siehe Kap. 11) umfasste die folgenden Elemente:

Kliniknummer (zur Datenverschlüsselung für die Erfassung innerhalb der

europäischen Studie notwendig);

die Station (Infektionsstation; onkologisch- nephrologische Station und

Intensivstation);

einen Patientencode (aus den Initialen des Vor- und Zunamens be-

stehend und dem Geburtsdatum bestehend);

aktuelles Alter in Tagen, Monaten und Jahren; das Gestationsalter der

Früh-/Neugeborenen und Säuglingen bis zu einem Alter von 12 Wochen

in Schwangerschaftswochen (SSW);

aktuelles Gewicht in Kilogramm; Geburtsgewicht in Kilogramm;

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Patienten und Methoden 27

Diagnose(n) des Patienten;

alle Medikamentenverordnungen während des Erfassungszeitraumes;

Spalte zur Kommentierung von Besonderheiten.

3.4.2 Datendokumentation der einzelnen Medikamentenverordnung

Die Medikamentenverordnungen wurden, wie folgt, dokumentiert:

Tag der ersten Verordnung sowie jede Veränderung einer schon be-

stehenden Verordnung;

Handelsname und Inhaltsstoff des jeweiligen Medikamentes;

Darreichungsform (Saft, Tropfen, Tablette, Kapsel, Salbe, Injektions-

oder Infusionslösung, Suppositorium);

Einzeldosis in mg;

Häufigkeit der Applikation in 24 Stunden; Art der Applikation (per os,

rektal, kutan, subkutan, intravenös, intramuskulär, intraarteriell, intra-

ossär, intrathekal oder intratracheal);

Einlaufzeit von Infusionslösungen in Dauer in Minuten, Stunden oder als

Bolus;

Indikation für die Anwendung des jeweiligen Medikamentes.

Nicht dokumentiert wurde die Anwendung von:

0,9 %-igen Natriumchloridlösungen oder Heparinlösungen zum Spülen

intravenöser oder intraarterieller Katheter;

die Anwendung von Standardinfusionslösungen zur parenteralen Er-

nährung oder Hydrierung ;

die Anwendung von Blutprodukten (Erythrozyten-/Thrombozytenkonzen-

traten; Fresh Frozen Plasma) – außer jedoch die Applikation von Human-

albuminen und Biseko®;

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Patienten und Methoden 28

die Gabe von Sauerstoff;

die Anwendung von Medikamenten innerhalb klinischer Studien (im Er-

hebungszeitraum nicht vorkommend).

3.5 Datenerfassung

Die Erfassung der Verordnungsdaten auf der Intensivstation erfolgte im April

1998, auf den beiden anderen Stationen (Infektionsstation und onkologisch-

nephrologische Station) im Mai 1998. Die Einzeldatenblöcke der Patienten der

drei evaluierten Stationen wurden anschließend anhand des Studien-

Datenerhebungsbogens in eine Gesamtdatenbank eingegeben. Die Datenbank

wurde in Microsoft® Access (Version Windows 98) erstellt.

Es wurden alle Verordnungen von Patienten, die im Erhebungszeitraum auf den

jeweiligen Stationen stationär behandelt und nicht älter als 18 Jahren alt waren,

dokumentiert. 39 Patienten, die in dem Zeitraum stationär behandelt und denen

Medikamente verabreicht wurden, waren zum Erhebungszeitpunkt älter als 18

Jahre und erfüllten somit die Einschlusskriterien nicht (>18 Jahre gilt als er-

wachsen). Diese Daten gingen nicht in die Auswertung ein.

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Patienten und Methoden 29

3.6 Beschreibung von Inhalten zur Datenauswertung

3.6.1 Allgemeines zur Datenauswertung und Statistik

Die Informationen aus der Microsoft®-Access-Gesamtdatenbank wurden mittels

Berichten, die in Bezug auf die unterschiedlichen Fragestellungen bzw. Ab-

fragen der Datenblöcke formuliert waren, mit dem Excel-Programm der Firma

Microsoft® ausgewertet. Innerhalb des Programms konnten Daten aus den

Tabellen zusammengeführt, gefiltert, angezeigt und nach den formulierten Ab-

fragen ausgewertet werden, ohne dass es zu einer Änderung der Ausgangs-

daten kam. Die zusammengefassten Daten zu einer bestimmten formulierten

Fragestellung ließen sich als Excel-Gesamtbericht in Tabellenform anzeigen.

Die so erhaltenen Daten wurden dann zur graphischen Darstellung mittels Dia-

gramm-Assistenten in Kreisdiagramme überführt oder in Tabellenform dar-

gestellt.

3.6.2 Altersklassifikation der Patienten

Im Folgenden (Tab. 2) wird die Altersklassifikation nach altersspezifischen Ent-

wicklungsstufen pädiatrischer Patienten nach den EMEA-Leitlinien dargestellt

(EMEA 1997, 1999).

Tabelle 2: Altersgruppen nach EMEA

Frühgeborene geboren < 37 SSW

Neugeborene Alter: 0-27 Lebenstage

Säuglinge und Kleinkinder (Krabbler) Alter: 28 Lebenstage - 23 Monate

Kinder Alter: 2-11 Jahre

Jugendliche/Adoleszenten Alter: 12-17-(18*) Jahre

(*in europäischen Staaten unter-schiedliche Altersgrenze)

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Patienten und Methoden 30

3.6.3 Datenkategorisierung der Medikamentenverordnung in eine

Off-Label- oder Unlicensed-Verordnung

Nach abgeschlossener Datenerhebung wurden alle Verordnungen hinsichtlich

ihres Zulassungsstatus als off-label oder unlicensed klassifiziert. Der Über-

prüfung legten wir das von Turner und Choonara etablierte Klassifikations-

system zugrunde (Turner et al., 1997). In dem Klassifikationssystem unter-

schieden wir zwei Kategorien der nicht lizenzierten Arzneimittelanwendung.

3.6.3.1 Off-label-Verordnung

Die Kategorie Off-label beschreibt die Anwendung eines zugelassenen Arznei-

mittels außerhalb des in der Zulassung beantragten und von den nationalen

oder europäischen Zulassungsbehörden in der Produktlizenz genehmigten Ge-

brauchs. Im Deutschsprachigen kann man den internationalen Begriff des „Off-

label-use“ mit zulassungsüberschreitendem Einsatz oder zulassungsüber-

schreitender Anwendung eines Arzneimittels am besten beschreiben. Ein

solches, an sich zugelassenes, Medikament kann aus unterschiedlichen

Gründen zur anderweitigen Anwendung kommen als in der Zulassungslizenz

beschrieben.

Folgende Kategorien werden unter off-label zusammengefasst:

1. vollständiges Fehlen einer altersbezogenen Angabe zur Verordnung

(Alter)

2. Verordnung des Medikamentes in einer anderen Altersklasse (Alter)

3. Verordnung einer anderen Dosierung oder eines anderen Dosierungs-

intervalls (Dosis)

4. Verordnung in einer anderen Indikation (Indikation)

5. Verordnung einer anderen Applikationsart als in der Zulassung festgelegt

(Verabreichungsform)

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Patienten und Methoden 31

6. Verordnung bei bestehender Kontraindikation (Kontraindikation).

Zur Erläuterung und beispielhaften Erklärung der verschiedenen Off-label-

Kategorien dient die folgende Tabelle 3.

3.6.3.2 Off-label-Verordnungsbeispiele

Tabelle 3: Kategorien der Off-label-Verordnungen und ausgewählte Beispiele

(ohne inhaltliche Bewertung und Präferenz bestimmter Pharmakonzerne)

Off-label-Kategorie Beispielhafte Verordnung

Indikation Solu-Decortin H® (Prednisolon) ist lizenziert zur Anwendung bei rheumatischem Fieber, Auto-Antikörper-Anämie und Thrombozyto-penie, nicht aber bei obstruktiver Bronchitis

Dosis Multibionta®-Tropfen werden erst ab dem Säuglingsalter empfohlen, finden Anwendung schon bei FG/NG; Sultanol® (Salbutamol) wird besonders im Säuglingsalter überdosiert

(empf.1-2 Trp./LJ, meist sind 5 verordnet)

Alter Atrovent® (Ipratropiumbromid) wird erst ab dem Schulkindalter empfohlen; Einsatz schon im Säuglings- und Kleinkindalter

Verabreichungsform Per os-Verabreichung von Natriumbicarbonat 8,4 %- Dipidolor® (Piritramid)wird als Dauerinfusion appliziert, es sind nur Einzeldosen empfohlen

Kontraindikation Delix® (Ramipril) und Norvasc® (Amlodipin) Fentanyl-Dormicum-Gemische bei Früh- und Neugeborenen

3.6.3.3 Unlicensed-Verordnung

Die Kategorie Unlicensed beschreibt die Anwendung eines Medikamentes oder

einer Chemikalie als Medikament, für die keine formale Produktlizenz besteht.

Diese Produkte (Chemikalien) beschritten den formalen Zulassungsweg der

Arzneimittelprüfung in klinischen Studien der Phasen I-IV nicht.

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Patienten und Methoden 32

Folgende Kategorien werden unter Unlicensed zusammengefasst:

1. Verordnung eines importierten Medikamentes (wenngleich im exportie-

renden Land eine pädiatrische Zulassung vorliegt)

2. Verwendung von Chemikalien

3. Eigenherstellung aus einem lizenziertem Medikament durch Kliniks-

apotheke (bspw. Herstellung kleinerer Dosierungsmengen in Kapseln

ohne Änderung der Galenik)

4. Modifikation eines zugelassenen Präparates durch Kliniksapotheke

(bspw. Änderung der Galenik durch Herstellung von Sirup aus einer zu-

gelassenen Injektionslösung)

5. Anwendung sogenannter „Specials“ (Produkte, die seit Jahren von

Kliniksapotheken genutzt und hergestellt werden, aber keine formale Zu-

lassung haben).

Zur Erläuterung und beispielhaften Erklärung der verschiedenen Unlicensed-

Kategorien dient Tabelle 4:

Tabelle 4: Kategorien der Unlicensed-Verordnungen und ausgewählte Beispiele

(ohne inhaltliche Bewertung und Präferenz bestimmter Pharmakonzerne)

Unlicensed-Kategorie

Beispielhafte Verordnung

Import Indocid® (Indomethacin): in USA zugelassenes Medikament zum PDA-Verschluss bei FG

Chemikalie als Medikament

Alaninpulver, Natriumphenylbutyrat, Natriumbenzoat (Therapieoptionen bei Stoffwechselerkrankungen) NO (inhalativ; zur Behandlung der PPHN des NG)

Eigenherstellung ohne Galenik-änderung

Furosemid 1 mg-Kapseln aus Lasix® 40 mg Propranolol 1 mg-Kapseln aus Propranolol® 25 mg

Modifikation eines zugelassenen Medika-ments (Galenikänderung)

Herstellung von Infusionsgemischen zur parenteralen Ernährung Cyclosporin-Augentropfen aus Cyclosporinlösung Midazolam-Sirup zur Prämedikation Dormicum®-Ampullen

„Specials“ Coffeincitratlösung (i.v./oral) zur Therapie der FG-Apnoe Calciumgluconat/-glycerophoshat (Supplement für FG-Osteopenie)

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Patienten und Methoden 33

3.7 Referenzliteratur zur Auswertung der Daten

Als primäre Referenz zur Beurteilung des Zulassungsstatus (lizenziert/Off-

label/Unlicensed) eines verordneten Medikamentes verwendeten wir das

Fachinformationenverzeichnis Deutschland des Bundes der Pharmazeutischen

Industrie (BPI: CD-Version 98/2). In Ergänzung zogen wir die in der Roten Liste

(Rote Liste, 1998) enthaltenen Informationen, das Europäische Arzneibuch

(Europäisches Arzneibuch,1997), den Deutschen Arzneicodex (Deutscher

Arzneicodex,1997), eine Eigenherstellungsliste der Zentralapotheke des Uni-

versitätsklinikums Marburg sowie die Beipackzettel der verwendeten Medika-

mente heran.

3.8 Ethik/Studieninformation

Der Geschäftsführende Direktor der Universitätskinderklinik: Professor Dr. H.W.

Seyberth informierte sowohl die Ärzteschaft als auch das Pflegepersonal der

jeweiligen Stationen über die Studienteilnahme. Im Erhebungszeitraum wurden

keine Verordnungen unterlassen oder andere Entscheidungen hinsichtlich der

Arzneimitteltherapie als dem üblichen Standard der Stationen und den

Patientenbedingungen entsprechend getroffen. Es gab keine Validierung von

Verordnungen einzelner Personen. Ebenso wurden keinerlei zusätzlichen

Informationen (bspw. Laborparameter/klinische Befunde) gesammelt, die eine

Bewertung der Arzneimitteltherapie hinsichtlich der Sicherheit bzw. Aufdeckung

unerwünschter Nebenwirkungsprofile hätten ermöglichen können. Die Verord-

nungen wurden anonymisiert im Datenerhebungsbogen festgehalten. Der

Sorge, dass Off-label- oder Unlicensed-Verordnungen rechtliche Konsequenzen

nach sich ziehen könnten, wurde durch die Erläuterung der Rechtslage, dass

diese Verordnungsmodi nicht illegal sind, aber einer Aufklärungspflicht unter-

liegen, Rechnung getragen (Wetterling, 2004; Hart et al., 2008).

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Ergebnisse 34

4 Ergebnisse

4.1 Anteilige Altersstufen- und Geschlechteraufteilung der Patien-

ten auf den unterschiedlichen Stationen

Im Erhebungszeitraum wurden 179 Kinder stationär behandelt. 140 Kinder er-

hielten eine medikamentöse Therapie (78,2 %). Die übrigen 39 Kinder (21,8 %)

erfüllten die Einschlusskriterien für die Studie nicht. Der Anteil der männlichen

Patienten lag mit 82 (58,6 %) etwas über dem Anteil der weiblichen.

4.1.1 Infektionsstation

Auf der Infektionsstation wurden insgesamt 89 Patienten aufgenommen, 24

Patienten (26,9 %) wurden lediglich stationär beobachtet und erhielten keine

medikamentöse Therapie oder ggf. Standardinfusionslösungen, die nicht in die

Erhebung aufgenommen wurden, 1 Patient (1,1 %) wurde medikamentös be-

handelt, war aber älter als 18 Jahre und ist als Erwachsener zu werten. Die 24

Patienten, davon waren 15 Kinder weiblichen (62,5 %) und 9 Kinder (37,5 %)

männlichen Geschlechtes, teilten sich wie folgt auf die EMEA-Altersklassi-

fikation auf: 5 Säuglinge bzw. Kleinkinder; 17 Kinder und 2 Adoleszenten. Auf

der Infektionsstation erfüllten somit 64 Kinder (72,8 %) die Einschlusskriterien

der Studie.

4.1.2 Intensivstation mit neonatologischem Schwerpunkt

Auf der Intensivstation mit neonatologischem Schwerpunkt wurden im Er-

hebungszeitraum 51 Patienten stationär versorgt, 4 dieser Patienten (50 %

männlichen und 50% weiblichen Geschlechts; 2 Kinder und 2 Adoleszenten

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Ergebnisse 35

nach den EMEA-Leitlinien) erfüllten die Einschlusskriterien der Studie nicht und

konnten somit nicht berücksichtigt werden, so dass auf dieser Station ins-

gesamt 47 Patienten (92,2 %) in die Studie eingeschlossen werden konnten.

4.1.3 Onkologisch-nephrologische Station

Auf der onkologisch-nephrologischen Station wurden insgesamt 39 Patienten

behandelt, 3 Patienten (7,7 %) waren älter als 18 Jahre (davon 1 männlicher

Patient, 2 Patientinnen, wobei nur 1 Patientin keine Medikamente erhielt). 7

Patienten (18 %) erfüllten auch hier die Einschlusskriterien nicht, davon waren 6

männlichen (85,7 %) und ein Kind weiblichen Geschlechts (14,3 %). Es

handelte sich um 2 Säuglinge bzw. Kleinkinder (28,6 %), 2 Kinder (28,6 %) und

3 Adoleszenten (42,8 %). Daraus folgt, dass 74,4 % der Kinder (29 Kinder) in

der Studie berücksichtigt werden konnten.

4.2 Alter und Verteilung auf die verschiedenen Altersgruppen der

verschiedenen Stationen

Die nachfolgende Tabelle 5 gibt die Altersverteilung der Patienten auf den drei

evaluierten Stationen mit unterschiedlichen Behandlungsschwerpunkten wieder.

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Ergebnisse 36

Tabelle 5: Alter der Patienten der einzelnen Stationen

onkologisch-nephrologische Station

Intensivstation mit neonatologischem Schwerpunkt

Infektionsstation

n Patienten 29 47 64

männlich 12 (41,4 %) 32 (68,1 %) 38 (59,4 %)

weiblich 17 (58,6 %) 15 (31,9 %) 26 (40,6 %)

Alter (Median) 6,16 Jahre 15 Tage 1,74 Jahre

Alter (Bereich) 0,31 –16,67 Jahre 1Tag-9,41 Jahre 0,11 –17,74 Jahre

Alter (Durch-

schnitt)

7,69 Jahre 1,02 Jahre 4,6 Jahre

Es folgt die graphische Darstellung der Altersaufteilung auf den Stationen. In

den Diagrammen sind jeweils die absolute Zahl der Patienten einer Alters-

gruppe, sowie der prozentuale Anteil derer am Gesamtkollektiv dargestellt (Abb.

2; Abb. 5). Den Hauptanteil der zu behandelnden Kinder aller in die Studien

einbezogenen Stationen stellten die Altersgruppe der Säuglinge und Klein-

kinder, gefolgt von den Kindern. In dieser Erhebung waren die Neugeborenen

die am wenigsten häufig vertretene Altersgruppe des Gesamtkollektives (Abb.

2).

Abbildung 2: Altersgruppen nach EMEA aller Stationen

23; 16 %

9; 7 %

49; 35 %

43; 31 %

16; 11 %

Frühgeborene Neugeborene

Säuglinge/ Kleinkinder Kinder

Adoleszenten

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Ergebnisse 37

Auf der onkologisch-nephrologischen Station stellten die Kinder mit 49 % den

Hauptanteil der Patientenklientel (Abb. 3). Die Kinder waren zwischen 2 und 11

Jahren alt; der Medianwert innerhalb der Patientengruppe betrug 6,16 Jahre.

Abbildung 3: Altersgruppen nach EMEA der onkologisch-nephrologischen

Station

Erwartungsgemäß stellten auf dieser Station die Früh- und Neugeborenen den

größten Anteil der zu behandelnden Patienten (Abb. 4). Es ist anzumerken,

dass das Gestationsalter der in der Studie aufgenommenen Frühgeborenen im

Median bei 34 Schwangerschaftswochen (SSW) lag und einen Bereich von 23-

36 SSW aufwies. Das Alter dieser Frühgeborenen betrug im Median 1 Tag (Be-

reich: 1-105 Tage).

Abbildung 4: Altersgruppen nach EMEA der Intensivstation mit

neonatologischem Schwerpunkt

5; 17 %

14; 48 %

10; 35 %

Säuglinge/Kleinkinder Kinder Adoleszenten

23; 49 %

9; 19 %

9; 19 %

6; 13 %

Frühgeborene Neugeborene Säuglinge/Kleinkinder Kinder

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Ergebnisse 38

Den Hauptanteil der Patienten der Infektionsstation stellten die Gruppen der

Säuglinge, Kleinkinder und Kinder (Abb. 5). Die überwiegende Anzahl der

Patienten wurde wegen Infektionen der Atemwege, Fieber und Gastroenteritis

aufgenommen. Dieses sind typische Erkrankungen für das Säuglings-, Klein-

kindes- und frühe Kindesalter.

Abbildung 5: Altersgruppen nach EMEA der Infektionsstation

4.3 Verordnungshäufigkeit auf den Stationen und pro Patient

Insgesamt erfassten wir im Erhebungszeitraum 1146 Verordnungen, die die

Einschlusskriterien erfüllten. Es wurden 234 verschiedene Medikamente ver-

ordnet. Die Verteilung der Verordnungen auf die einzelnen Patienten und

Stationen finden sich in der nachfolgenden Tabelle 6.

35; 55 %23; 36 %

6; 9 %

Säuglinge/Kleinkinder Kinder Adoleszenten

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Ergebnisse 39

Tabelle 6: Angaben zur Medikamentenverordnung

onkologisch-nephrologische Station

Intensivstation Infektionsstation

n Verordnungen (Gesamtstation)

353 492 301

n Verordnungen (Bereich)

1-41 1-50 1-21

n Verordnungen (Median)

8,0 6 4

n Verordnungen (Mittel)

12,17 10,46 4,7

Es zeigte sich, dass die meisten Verordnungen insgesamt auf der Intensiv-

station getroffen wurden, die wenigsten auf der Infektionsstation (Tab. 6). Des

Weiteren erhielt der einzelne Patient auf der onkologisch-nephrologischen

Station die meisten Medikamente. Sowohl im Median als auch im Mittel zeigte

sich dort die größte Spannbreite der Medikamentenanzahl (Bereich).

4.4 Verordnungen in Bezug auf den Zulassungsstatus für die Ge-

samtstudienpopulation und den einzelnen Patienten auf den

unterschiedlichen Stationen

Die Verordnungen wurden mit Hilfe der Referenzliteratur in die Kategorien: Off-

label und Unlicensed eingeteilt. Unsere Daten zeigen, dass während der

stationären Behandlung von Kindern in unterschiedlichen Altersstufen über-

wiegend Medikamente außerhalb der in der Zulassung festgelegten Be-

dingungen (off-label) oder ohne Zulassung (unlicensed) zur Anwendung kamen

(Abb. 6).

333 (29 %) mal wurden Medikamente entsprechend ihrer Zulassung verordnet.

687 (60 %) Verordnungen wurden der Kategorie Off-label zugeordnet, während

126 Verordnungen (11 %) als unlicensed eingestuft werden konnten. Daraus

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Ergebnisse 40

resultierte, dass der Off-label-Anteil deutlich über dem Unlicensed- Anteil lag.

Es ergab sich somit ein Anteil von 71 % rein formal nicht adäquater

pädiatrischer Verordnungen.

Abbildung 6: Verteilung der Gesamtverordnungen auf den jeweiligen Zu-

lassungsstatus

Zwischen den drei Stationen zeigten sich deutliche Unterschiede auf (Tab. 7).

Während auf der Infektionsstation etwa die Hälfte (51,2 %) der Verordnungen

zu den Kategorien Off-label oder Unlicensed gehörte, so traf dies für die über-

wiegende Anzahl der Verordnungen auf der onkologisch-nephrologischen

Station (72,8 %) und der Intensivstation mit neonatologischem Schwerpunkt

(81,7 %) zu. Umgekehrt war zu folgern, dass der Anteil lizenzierter Medika-

mente auf der Infektionsstation am höchsten und auf der Intensivstation am

niedrigsten war.

687; 60 %126; 11 %

333; 29 %

Off-label Unlicensed Licensed

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Ergebnisse 41

Tabelle 7: Off-label- und Unlicensed-Verordnungen auf den 3 Stationen

onkologisch-nephrologische Station

Intensivstation Infektions-station

n Verordnungen (Gesamtstation)

353 492 301

Off-label-Verordnungen n, (%)

238 (67,4) 302 (61,4) 147 (48,8)

Unlicensed-Verordnungen n, (%)

19 (5,4) 100 (20,3) 7 (2,4)

Licensed-Verordnungen n, (%)

96 (27,2) 90 (18,3) 147 (48,8)

Tabelle 8: Zulassungsstatus auf der onkologisch-nephrologischen Station

onkologisch-nephrologische Station

Off-label-Verordnungen

Unlicensed-Verordnungen

Lizenzierte Verordnungen

Summe der Verord-nungen auf Station, n

238 19 96

Bereich 0-32 0-4 0-11

Median 5 1 3

Mittelwert 8,2 0,66 3,31

Tabelle 9: Zulassungsstatus auf der Intensivstation mit neonatologischem Schwerpunkt

Intensivstation Off-label-Verordnungen

Unlicensed-Verordnungen

Lizenzierte Verordnungen

Summe der Ver-ordnungen auf Station, n

302 100 90

Bereich 0-37 0-19 0-13

Median 4 1 1

Mittelwert 6,43 2,13 1,92

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Ergebnisse 42

Tabelle 10: Zulassungsstatus auf der Infektionsstation

Infektionsstation Off-label-Verordnungen

Unlicensed- Verordnungen

Lizenzierte Verordnungen

Summe der Ver-ordnungen auf Station, n

147 7 147

Bereich 0-13 0-3 0-8

Median 2 0 2

Mittelwert 2,33 0,09 2,33

Tabelle 11: Vergleich der Off-label- und Unlicensed-Verordnungen auf den 3 Stationen

onkologisch-nephrologische Station

Intensivstation Infektionsstation

n Verordnungen (Gesamtstation)

353 492 301

Off-label-Verordnungen n, (%)

238 (67,4) 302 (61,4) 147 (48,8)

Unlicensed-Verordnungen n, (%)

19 (5,4) 100 (20,3) 7 (2,4)

Licensed-Verordnungen n, (%)

96 (27,2) 90 (18,3) 147 (48,8)

Die Unterschiede zwischen den Stationen hingen offensichtlich mit dem

Spektrum der Erkrankungen und dem Alter der auf den jeweiligen Stationen

behandelten Kinder und Jugendlichen zusammen. Es zeigte sich, dass der

Hauptanteil der Patienten auf den drei ausgewählten Stationen durch die

Altersgruppe der Säuglinge und Kleinkinder (36 %, n = 49), gefolgt von den

Kindern (31 %, n = 43), gestellt wurde, wobei die Verteilung auf den Stationen

aufgrund der Behandlungsschwerpunkte unterschiedlich war (Abb. 2). Kinder

mit akuten Infektionserkrankungen erhielten häufiger zugelassene Medika-

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Ergebnisse 43

mente (Tab. 10) als Kinder mit nephrologischen und onkologischen Erkran-

kungen (Tab. 8) sowie FG und NG (Tab. 9). Kinder mit nephrologischen oder

onkologischen Erkrankungen sowie neonatologische Patienten haben allerdings

oft, aufgrund ihrer Grunderkrankung, der bisherigen Behandlung oder der Reife

bzw. Unreife des Organismus, eingeschränkte oder sich im Verlauf rasch

ändernde und kaum vorhersehbare Kapazitäten der renalen und hepatischen

Eliminationsmechanismen von Medikamenten. Aufgrund der sich schnell

ändernden Pharmakokinetik und -dynamik haben diese Patienten das höchste

Risiko sowohl für eine mögliche Unwirksamkeit als auch für erhöhte Toxizitäts-

raten der medikamentösen Behandlung und dennoch sind sie aber auch am

häufigsten von einer Off-label- oder Unlicensed-Verordnung betroffen (Tab. 7).

Sowohl die Anzahl der Medikamentenverordnungen einer Station gesamt als

auch Bereich, Median- und Mittelwert der Verordnungsanzahl pro Patient

waren, wie zu erwarten, uneinheitlich (Tab. 6). Dies bedingten die zahlreichen

unterschiedlichen Krankheitsbilder der Kinder und deren Liegedauer, die in der

Studie nicht erfasst wurde. So fanden sich die meisten Verordnungen auf der

Intensivstation (n = 492), gefolgt von der onkologisch-nephrologischen Station

(n = 353) und der Infektionsstation (n = 301). Der Bereich der Verordnungs-

anzahlen erstreckte sich von 1-50, über 1-41 bis hin zu 1-21 (Reihenfolge wie in

der obigen Beschreibung). Im Median und Mittel erhielten die Patienten der

nephrologisch-onkologischen Station mit 8 bzw. 12,2, gefolgt von 6 bzw. 10,5

(Intensivstation) und 4 bzw. 4,7 (Infektionsstation) die meisten Medikamente

(Tab. 6). Auch der Anteil der Off-label-, Unlicensed- oder der lizenzierten Ver-

ordnungen für den einzelnen Patienten zeigte zwangsläufig deutliche Unter-

schiede, die mit den oben genannten Werten korrelieren (Tab. 11).

Nur 17 von den 140 medikamentös behandelten Kindern und Jugendlichen

(12 %) erhielten ausschließlich Medikamente entsprechend der Zulassung – mit

pädiatrischem Label. Die übrigen Kinder – d.h. 88 % aller Patienten – erhielten

im Rahmen ihrer medikamentösen Behandlung mindestens einmal ein

Medikament, das off-label oder unlicensed verordnet wurde.

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Ergebnisse 44

4.5 Verteilung der Off-label- oder Unlicensed-Verordnungen auf die

jeweiligen Kategorien

301 (43,8 %) der Verordnungen waren aufgrund des Alters off-label. Ein

Medikament fand dann in einer anderen Altersgruppe nach den EMEA-

Richtlinien, als der in der Produktlizenz beschriebenen, Anwendung oder es

gab keine Altersangabe in der Lizenz. 180 (26,2 %) der Verordnungen kamen in

einer von der Zulassung abweichenden Dosierung zur Anwendung. In 93

(13,5 %) Fällen wurde ein Medikament in einer nicht lizenzierten Indikation

appliziert und in 75 (10,9 %) Fällen unter einer ausgewiesenen Kontrain-

dikation, wobei einschränkend darauf hingewiesen werden muss, dass sich die

überwiegende Anzahl auf einen expliziten Ausschluss zur Anwendung im

Kindesalter in der Kategorie Kontraindikation bezieht. 38 Mal (5,5 %) wurde ein

Medikament in einer anderen Darreichungsform verabreicht, so wurden bspw.

häufiger Infusionslösungen per os zur Behandlung von Elektrolytimbalancen

verabreicht (Tab. 12).

Tabelle 12: Off-label-Verordnungen der verschiedenen Kategorien

(Anzahl n und %-Anteil)

Off-label-Kategorie (%)

onkologisch-nephrologische Station

(n = 238)

Intensivstation

(n = 302)

Infektionsstation

(n = 147)

Alter 16 (6,7) 170 (56,3) 28 (19,0)

keine Altersangabe 29 (12,2) 44 (14,6) 14 (9,5)

Dosis 91 (38,2) 41 (13,6) 48 (32,7)

Indikation 38 (16,0) 19 (6,3) 36 (24,5)

Kontraindikation 47 (19,7) 19 (6,3) 9 (6,1)

Verabreichungsform 17 (7,2) 9 (2,9) 12 (8,2)

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Ergebnisse 45

Die überwiegende Anzahl der Unlicensed-Verordnungen n = 98 (77,8 %) waren

Verordnungen von Chemikalien, die die Kliniksapotheke nach Eigenrezepturen

bereitstellte und modifizierte. In diese Kategorie fielen auch die sogenannten

„Specials“ (Medikamente, die seit Jahren von Apotheken der Kliniken her- und

bereitgestellt wurden, aber keine formale Zulassung besaßen, somit formal

nicht zugelassen waren). Bekannte Beispiele dafür sind Chloralhydrat-Sirup,

welcher Anwendung zur Sedierung von Kindern aller Altersstufen findet, ebenso

Coffeincitrat, das zur Behandlung des Apnoe-Bradykardie-Syndroms des Früh-

geborenen verabreicht wird. Stabilität und Bioverfügbarkeit dieser Stoffe sind

nicht gesichert. Importierte Medikamente, die im exportierenden Ausland eine

formale Zulassung haben, sind bei der Anwendung in Deutschland nicht auto-

matisch zugelassen. So ist bspw. Indomethacin (Indocid®) in den USA zum

PDA-Verschluss zugelassen, fällt bei der Verordnung in Deutschland dennoch

unter die Kategorie Unlicensed (Tab. 13).

Tabelle 13: Unlicensed-Verordnungen der verschiedenen Kategorien

(Anzahl n und %-Anteil)

Unlicensed-Kategorie

onkologisch-nephrologische Station

(n = 19)

Intensivstation

(n = 100)

Infektionsstation

(n = 7)

Chemikalien 13 (68,5) 80 (80,0) 5 (71,4)

Import 2 (10,5) 13 (13,0) 2 (28,6)

Herstellung aus zu-gelassenem Medika-ment

4 (21,0) 7 (7,0) 0

Betrachtet man nun die unterschiedlichen Kategorien des Off-label, so ist fest-

zustellen, dass die fehlende Zulassung für das Alter des Patienten insgesamt

die häufigste Off-label-Kategorie mit 43,8 % (n = 301) darstellte. Sie war von

größter Bedeutung für die überwiegend neonatologischen Patienten der

Intensivstation. Es folgten die Kategorien Dosis mit 26,2 % (n = 180), Indikation

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Ergebnisse 46

mit 13,5 % (n = 93), ausgewiesene Kontraindikation mit 10,9 % (n = 75) und

schließlich die der veränderten Darreichungsform in 5,5 % (n = 38) der Ver-

ordnungen (Tab. 12).

In der Aufteilung der Unlicensed- Verordnungen herrschte die Kategorie der

Verordnung von Chemikalien, welche die Zentralapotheke des Klinikums bereit-

stellte und modifizierte, mit 77,8 % (n = 98) vor. Es folgten der Import mit

13,5 % (n = 17) und letztlich die Herstellung eines Medikamentes aus einem

lizenzierten Medikament 8,7 % (n = 11); (Tab. 12).

4.6 Verordnungsranglisten der Stationen

Es zeigte sich deutlich, dass die Medikamente einer Station, die am häufigsten

off-label oder unlicensed eingesetzt werden, sich unter den insgesamt am

häufigsten eingesetzten Medikamenten befinden.

Tabelle 14: Rangliste der 5 häufigsten Verordnungen

(Medikament/Verordnungsanzahl)

onkologisch-nephrologische Station

Intensivstation Infektionsstation

Zofran®: 25 Chloralhydrat: 29 Ben-u-ron® : 30

Dormicum® : 11 Ferro-sanol®: 28 Solu-Decortin H® : 29

Decortin H®: 11 Coffeincitrat : 26 Sultanol®: 23

Lasix®: 11 Konakion für NG® : 21 Cefuroxim Lilly®: 18

Ampho-Moronal® : 11 Zymafluor D 500®: 18 Zymafluor D 500®: 17

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Ergebnisse 47

Tabelle 15: Rangliste der 5 häufigsten Off-label-Verordnungen

(Verordnungsanzahl n und zugehörige Off-label-Kategorie)

onkologisch-nephrologische Station

Intensivstation Infektionsstation

Zofran®: 25

Alter: 13; Kontraindikation: 12

Ferro-sanol®: 25

Alter: 25

Solu-Decortin H®: 29

Indikation: 29

Dormicum®: 11

Kontraindikation: 11

Biseko®: 14

Alter: 14

Sultanol®:16

Alter: 13; Dosis: 3

Decortin H® 11

Indikation: 11

Ampicillin ratiopharm®: 14

Alter: 14

Ben-u-ron®: 15

Dosis: 15

Diflucan®: 11

Dosis: 11

Refobacin®: 13

Alter: 13

Novalgin®: 4

Verabreichungsform: 4

Dolantin®: 10

Verabreichungsform: 10

Multibionta®: 12

Alter: 12

Dolantin®: 4

Verabreichungsform: 4

Tabelle 16: Rangliste der häufigsten Unlicensed-Verordnungen

(Verordnungsanzahl n und zugehörige Unlicensed-Kategorie)

onkologisch-nephrologische Station

Intensivstation Infektionsstation

Mundspüllösung: 9

Chemikalie

Chloralhydrat: 29

Chemikalie

Chloralhydrat: 5

Chemikalie

Coffeincitrat: 26

Chemikalie

Micronephrin®: 2

Import

Calciumgluconat: 9

Chemikalie

Indocid®: 5

Import

Die Mehrzahl der Patienten der onkologisch-nephrologischen Station behan-

delte man wegen einer onkologischen Erkrankung, was den hohen Verord-

nungsanteil von Antiemetika (Zofran®; Wirkstoff: Ondansetron) während der

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Ergebnisse 48

zytostatischen Therapie, die häufig Übelkeit und Erbrechen bedingte, und den

Einsatz des Antimykotikums Ampho-Moronal® (Wirkstoff: Amphotericin B) in

der Supportivtherapie erklärte. Decortin H® (Wirkstoff: Prednisolon) setzten wir

zur Behandlung akuter Leukämien ein. Die meisten der anderen Patienten

stellten sich mit einem nephrologischen Krankheitsbild vor, nur wenige

Patienten dieser Station zeigten allgemeinpädiatrische Krankheitsbilder.

Dormicum® (Wirkstoff: Midazolam) fand sowohl bei den onkologischen, als

auch den nephrologischen Patienten Anwendung – bei diagnostischen oder

therapeutischen Prozeduren wie Durchführung einer Nierenbiospsie oder

Knochenmark- und Lumbalpunktionen (Tab. 15).

Auf der Intensivstation mit neonatologischem Schwerpunkt stellte die Gruppe

der Früh- und Neugeborenen mit ihren alterstypischen Krankheitsbildern wie

pulmonale Anpassungsstörung, Surfactantmangel, persistierender Duktus

arteriosus, Hirnblutungen und nur protrahierter Nahrungsaufbau und den

daraus resultierenden Problemen den Hauptanteil der Patienten. Der hohe An-

teil von Choralhydratverordnungen im Erhebungszeitraum war nicht

repräsentativ, denn 19 der 29 Verordnungen konnten einem einzigen Patienten

zugeordnet werden, der in den ersten Lebenstagen aufgrund einer angebo-

renen Zwerchfellhernie operiert worden war. Diesem kleinen Patienten, der

postoperativ zur Optimierung seiner Oxygenierung zunächst eine CPAP-

Atemhilfe und im Anschluss eine Sauerstoffbrille benötigte, wurden zur

Sedierung an mehreren Tagen unterschiedliche Gesamtmengen und Einzel-

dosen Chloralhydrat verabreicht, die nach den Einschlusskriterien in die Studie

jedes Mal als eine neue Verordnung gewertet werden mussten (Tab. 14-16).

Unter den häufigsten 5 Verordnungen fanden sich des weiteren Ferro-sanol®

(Position 2 mit 28 Verordnungen) zur Behandlung der Frühgeborenenanämie,

Coffeincitrat (26 Verordnungen) zur Behandlung des Apnoe-Bradykardie-

Syndroms des Frühgeborenen, Konakion für NG® (21 Verordnungen) zur

Vitamin K-Substitution (Blutungsprophylaxe) und schließlich Zymafluor D 500®

(18 Verordnungen) zur Rachitisprophylaxe (Tab. 14).

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Ergebnisse 49

Auf der Infektionsstation wurden überwiegend Kinder mit akuten Erkrankungen

und einer meist kurzen Verweildauer behandelt. Das Behandlungsspektrum

bezog sich überwiegend auf folgende Diagnosen: Fieber, Gastroenteritis, akuter

Infekt der oberen Luftwege und obstruktive Bronchitis. Dieses spiegelte sich in

den Medikamentenverordnungen wider. Solu-DecortinH® (Wirkstoff:

Prednisolon) und Sultanol® (Wirkstoff: Salbutamol) wurden zur Behandlung

obstruktiver Bronchitiden eingesetzt, Ben-u-ron® (Wirkstoff: Paracetamol) und

Novalgin® (Wirkstoff: Metamizol) fanden ihre Anwendung zur antipyretischen

und/oder analgetischen Therapie (Tab. 15).

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Ergebnisse 50

4.7 Ranglisten der Medikamentenverordnungen

Insgesamt galt trotz der Unterschiede auf den Stationen, dass sich unter den

am häufigsten verordneten Medikamenten (Tab. 17) nahezu vollständig auch

die am häufigsten off-label oder unlicensed verordneten Medikamente fanden

(Tab. 14). Diese Überschneidung unterstreicht die Bedeutung der Off-label- und

Unlicensed-Medikamentenverordnungen im klinischen Alltag. Es waren alltäg-

lich gebrauchte Medikamente zur Behandlung akuter, typischer Erkrankungen

der Kinder in den unterschiedlichen Altersbereichen, die oftmals ohne adäquate

Zulassung waren und nicht spezielle Pharmaka zur Behandlung von „orphan

diseases“, wie z. B. spezieller Stoffwechselstörungen, die teilweise einer experi-

mentellen Therapie unterliegen, die den Anteil des Off-label- und des

Unlicensed-Gebrauches in dem in der Studie gefundenen Ausmaß bedingten.

Tabelle 17: Rangliste der 5 häufigsten verordneten Medikamente

Medikament Anzahl der Verordnungen (n)

Ben-u-ron® 41

Solu-Decortin H® 38

Zymafluor D 500® 37

Chloralhydrat® 37

Cefuroxim Lilly® 32

Im Inhaltsverzeichnis der Roten Liste (1997) befindet sich eine Sortierung nach

insgesamt 32 Medikamentengruppen. Kombinierte man diese mit den Daten

unserer Erhebung, ergab sich folgende Verteilung der Verordnungen (Tab. 18):

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Ergebnisse 51

Tabelle 18: Rangliste der 10 am häufigsten verordneten Medikamentengruppen

Medikamentengruppe Anzahl der

Verordnungen n (%)

Antibiotika 144 (12,6)

Analgetika/Antirheumatika 115 (10,0)

Vitamine 93 (8,1)

Kortikoide 75 (6,5)

Broncholytika/Antiasthmatika 70 (6,1)

Hypnotika/Sedativa 60 (5,2)

Andere 57 (5,0)

Zytostatika 47 (4,1)

Infusionslösungen 43 (3,8)

Antihypertensiva 39 (3,4)

In der Verordnungsrangliste belegten Antibiotikaverordnungen mit 12,6 %

(n = 144) den Verordnungsrang 1, gefolgt von der Gruppe der Analge-

tika/Antirheumatika mit 10 % (n = 115), den Vitaminen mit 8,1 % (n = 93). Das

Schlusslicht der „Top Ten“ bildeten die Antihypertensiva mit 3,4 % (n = 39).

Dass Antibiotika und Analgetika mit 22,6 % der Verordnungen einen Haupt-

anteil an allen Verordnungen repräsentierten, erklärt sich durch das Spektrum

der zu behandelnden Krankheitsbilder. Der hohe Vitamin-Anteil auf Rang 3 er-

klärt sich durch den prozentual hohen Anteil von Früh- und Neugeborenen,

Säuglingen und Kleinkindern, die 56 % der Studienpopulation abbildeten. In

diesen Altersgruppen fand die Supplementierung mit Vitamin D und Fluor zur

Rachitis- und Kariesprophylaxe, sowie die Anwendung von Multivitamin-

präparaten bei Früh- und Neugeborenen mit noch unvollständigem oralen

Nahrungsaufbau zur Vitaminergänzung statt. Die Gruppe der Kortikoide auf

Rang 4 gelangt zur Anwendung sowohl bei der Behandlung akuter obstruktiver

Atemwegsinfektionen als auch in der onkologischen Therapie, diese beiden

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Ergebnisse 52

Patientengruppen bedeuteten einen großen Anteil an der Studienpopulation

(Tab. 18).

Die in unserer Erhebung gering erscheinende Anzahl von Modifikationen zu-

gelassener Medikamente war nicht repräsentativ, wenn man einen Vergleich

mit den Zentralapotheken anderer Universitätsklinika anstellte. So wurden dort

insgesamt viel häufiger aus Tabletten kleinere Dosierungseinheiten angefertigt,

in Kapseln verpackt oder Suspensionen hergestellt. Auch wurden Lösungen,

die eigentlich zur intravenösen Applikation vorgesehen waren, zur oralen

Tropfenlösung aufbereitet. Diese Modifizierungen waren notwendig, weil kind-

gerechte, lizenzierte Darreichungsformen zahlreicher Medikamente dem

Arzneimittelmarkt nicht zur Verfügung standen. In dem von uns gewählten Er-

hebungszeitraum waren nur wenige Patienten mit solchen Medikamenten zu

behandeln. Um dies als Zufallseffekt zu verifizieren, wäre ein länger dauernder

Studienzeitraum mit höheren Fallzahlen notwendig.

In der Gruppe „Andere“ verbargen sich einige Chemikalien, die von der

Kliniksapotheke zubereitet wurden sowie auch nicht zahlreich verordnete

Medikamente. Den Hauptanteil in dieser Gruppe stellte Coffeincitrat mit 26 Ver-

ordnungen. Die Infusionslösungen an Position 9 kamen zum Tragen, weil sie

doch häufig Anwendung zur oralen Elektrolytsubstitution fanden. Außerdem

wurden sie auf der Intensivstation miterfasst, wenn sie zur Anwendung anstatt

Standardinfusionslösungen bei parenteraler Ernährung, Hydrierung, der Be-

handlung der arteriellen Hypotonie oder Hypoglykämie gelangten.

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Diskussion 53

5 Diskussion

5.1 Zusammenfassung und kritische Wertung von Fehlermöglich-

keiten

Da bisher in Deutschland keine aktuelle Evaluation zum Ausmaß der Off-label-

und Unlicensed-Verordnungen von Medikamenten in einer Kinderklinik

existierte, entstand diese Promotionsarbeit als Teil einer europäischen Studie,

deren Leitung Professor Choonara (Derbyshire Children´s Hospital; Groß-

britannien) innehatte. Zielsetzung der vorliegenden Arbeit war es, den Umfang

der Off-label- und Unlicensed-Verordnungen mit seinen verschiedenen Kate-

gorien auf unterschiedlichen pädiatrischen Stationen einer Universitäts-

kinderklinik zu evaluieren.

In dem Erhebungszeitraum wurden den 140 stationär behandelten Kindern in

unterschiedlichen Altersstufen mit einem heterogenen Erkrankungsspektrum

insgesamt 234 verschiedene Medikamente 1146 mal verordnet. 333 der Ver-

ordnungen (29 %) waren zulassungskonform, 687 (60 %) der Verordnungen

konnten der Kategorie Off-label und 126 (11 %) Verordnungen der Kategorie

Unlicensed zugeordnet werden, so dass insgesamt 813 Verordnungen (71%)

entweder off-label oder unlicensed waren. Somit erhielten 88 % der Kinder

mindestens einmal im Rahmen ihrer medikamentösen Behandlung eine Off-

label- oder Unlicensed-Verordnung. Insgesamt zeigte sich trotz der Unterschie-

de der Off-label- und Unlicensed-Verteilung auf den drei Stationen, dass sich

unter den am häufigsten verordneten Medikamenten überwiegend auch die

häufigsten Off-label- oder Unlicensed-Verordneten fanden. Diese Überschnei-

dung unterstreicht die Bedeutung dieser Verordnungsmodalität in der Arznei-

mitteltherapie bei Kindern im klinischen Alltag.

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Diskussion 54

5.2 Beurteilung des Studiendesigns

5.2.1 Bewertung der eingeschränkten Stationsauswahl

In der Gesamtstudie wurden in fünf Ländern Daten auf unterschiedlichen

Stationen mit möglichst allgemeinpädiatrischem Schwerpunkt erhoben und ein-

geschlossen, um eine Vergleichbarkeit der Ergebnisse in diesen Ländern zu

erzielen. Aufgrund der fehlenden aktuellen Datenlage für Deutschland

schlossen wir in die Erhebung zwei weitere Stationen der Universitätskinder-

klinik Marburg (Intensivstation mit neonatologischem Schwerpunkt und onkolo-

gisch-nephrologische Station) ein.

Um aber ein Gesamtbild der Off-label- und Unlicensed-Arzneimittelan-

wendungen im Kindes- und Jugendalter zu erhalten, wäre es nötig gewesen,

alle Stationen der Universitätskinderklinik (ausgespart wurden die Früh- und

Neugeborenennachsorgestation und die Station mit Schwerpunkt Neuropädi-

atrie und Stoffwechselerkrankungen) einzubeziehen. Des Weiteren wird eine

nicht unerhebliche Anzahl von Kindern in Kliniken anderer Fachdisziplinen be-

handelt. So hätten für Marburg die Bereiche Kinder- und Jugendpsychatrie,

Urologie, Unfall- und Allgemeinchirurgie, Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie,

Hals-Nasen- und Ohrenheilkunde, Dermatologie und Ophthalmologie in der Er-

hebung mitberücksichtigt werden müssen.

5.2.2 Bewertung des Studienzeitraums und seiner Dauer

Für diese Studie wurde ein Erhebungszeitraum von vier aufeinander folgenden

Wochen festgelegt. Unsere Erhebung fand im April und Mai 1998 statt. Um

saisonale Unterschiede zu erfassen bzw. zu vermeiden und somit ein genauere

Abbildung der Gesamtsituation zu erhalten, sollte in einer sich anschließenden

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Diskussion 55

Studie ein längeres Erhebungsintervall gewählt werden. Da sich bestimmte

Krankheitsbilder in saisonaler Häufung präsentieren, könnte man dies über eine

wiederholte Datenerfassung zu verschiedenen Zeitpunkten ermitteln. So

präsentieren sich Infekte der oberen Luftwege, sowie RSV-Infektionen eher im

Frühjahr und Winter (Weigl et al., 2002; Terletskaia-Ladwig et al., 2005),

während Gastroenteritiden je nach Erregerart einer uneinheitlichen jahreszeit-

lichen Häufung unterliegen (Iturriza-Gómara et al., 2009). Manche Erreger in-

duzieren lokale saisonale Erkrankungspeaks (Doit et al., 2007; Greer et al.,

2010).

Des Weiteren erfassten wir in unserer Erhebung die Verweildauer, die un-

umstritten eine nicht unbedeutende Rolle bei der Anzahl der Verordnungen

spielt, nicht. Ein Patient mit einer langen Verweildauer leidet zumeist an einem

schweren Krankheitsbild, was sich oftmals in einer komplexen Pharma-

kotherapie mit zahlreichen Medikamentengruppen widerspiegelt. Damit könnte

möglicherweise ein höherer Anteil von Off-label- und Unlicensed-Verordnungen

im Vergleich zur ausschließlich lizenzierten pädiatrischen Arzneimittelappli-

kation einhergehen.

5.2.3 Bewertung des Auswertungsinhalts mit Ausblick für sich anschlie-

ßende Studien

In unserer Studie wurde die Zulassung eines Medikamentes, wie im Studien-

design festgelegt, lediglich aufgrund formaler Kriterien (Zulassungsstatus) er-

fasst und auf den jeweiligen Patienten und dessen Erkrankung bezogen. Aus

diesem Datensatz kann somit keine Bewertung der Bedeutung der Off-label-

und Unlicensed-Verordnungen hinsichtlich eines möglichen Risikos für Unwirk-

samkeit, unerwünschte Nebenwirkungen und mögliche Toxizitäten erfolgen. Um

die Frage der Unwirksamkeit, Toxizität und/oder unerwünschten Arzneimittel-

wirkungen (UAW) einer Off-label-/Unlicensed-Verordnung beantworten zu

können, sollte für weitere Studien ein Schema zur Dokumentation und Auswert-

barkeit von Befunden (bspw. Laborparameter, Verhaltensbeschreibungen und

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Diskussion 56

Untersuchungsbefunde durch die behandelnden Pädiater und Pflegepersonal)

und Klassifizierung der UAW in verschiedene Schweregrade etabliert werden.

5.3 Diskussion im Vergleich mit der übrigen Literatur

Die in unserer Erhebung gewonnenen Daten stimmen im Wesentlichen mit den

Ergebnissen ähnlicher Erhebungen aus anderen Ländern überein. Dies zeigt,

dass die Off-label- und die Unlicensed-Anwendungen bei Kindern kein für

Deutschland spezifisches Problem sind, sondern weltweit große Bedeutung in

der medikamentösen Behandlung von Kindern aller Altersstufen haben.

5.3.1 Off-label- und Unlicensed-Verordnungen auf neonatologischen und

pädiatrischen Intensivstationen

Eine erste Erhebung, 1996 von Turner et al., auf einer pädiatrischen Intensiv-

station zeigte, dass 31 % der Verordnungen als off-label oder unlicensed ein-

gestuft werden konnten, 70 % der Patienten erhielten mindestens ein Medika-

ment ohne pädiatrische Lizenz (Turner et al.,1996). Eine sich 1998 an-

schließende Studie auf einer neonatologischen Intensivstation stellte einen Off-

label-/Unlicensed-Anteil von insgesamt 64,6 % fest, wobei 90 % der kleinen

Patienten nicht lizenzierte Medikamente erhielten. Behandelt wurden 70 % FG,

der 26. bis 36. SSW, und 30 % NG. Der 54,7 %-ige Off-label-Anteil konnte

überwiegend den Kategorien Dosis (40 %, davon in 47 % höhere Dosierungen

und in 53 % niedrige Dosierungen als in der Empfehlung angegeben) und An-

wendung in einer anderen Indikation als empfohlen (15 %) zugeordnet werden

(Conroy et al., 1999). Eine französische Studie von Avenel et al. (2000) mit

einem 88 %-igen Anteil von FG < 1000 g zeigte, dass bei 62 % der Ver-

ordnungen einen Off-label-Status für FG und 64 % bei den NG vorlag. Neunzig

Prozent dieser Verordnungen entfielen auf die Kategorie Alter und 9,3 % auf

Dosis. Es wurde darauf hingewiesen, dass sich keine therapeutische Alter-

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Diskussion 57

nativen in der geringen Anzahl der zugelassenen Medikamente finden ließ

(Avenel et al., 2000).

In unserer Studie lagen der Anteil der Off-label- und Unlicensed-Verordnungen

auf der Intensivstation mit neonatologischem Schwerpunkt mit 81,7 % deutlich

höher als auf den beiden anderen evaluierten Stationen. Nur 3 von 47 Patienten

– bei einem Anteil von 49 % FG und 19 % NG – konnten ausschließlich

lizenzierte Medikamente appliziert werden, d. h. 93,6 % der Patienten erhielten

mindestens eine Off-label- oder Unlicensed-Verordnung. Diese Zahlen werden

in einer niederländischen Studie auf 3 Intensivstationen mit insgesamt 237

Patienten bestätigt. Dort zeigten sich ein Off-label-Anteil von 18 % und ein

Unlicensed-Anteil von 48 %, bei 34 % lizenzierten Anwendungen. Dennoch er-

hielten 90 % der Kinder mindestens einmal eine nicht lizenzierte Arzneimittel-

verordnung (´t Jong et al., 2001).

Eine brasilianische Studie auf einer pädiatrischen Intensivstation mit FDA-

Versorgungsstandard zeigte überraschenderweise, dass ein Anteil von 60 %

nichtlizenzierten Verordnungen nicht signifikant mit der Schwere der Er-

krankung bei Aufnahme in Hinblick auf den PIM-Score (Mortalitätsindex bei

Aufnahme auf einer Intensivstation) korrelierte (Bavdekar et al., 2009). Diese

Studie wertete neben einem 70,58 %igen Off-label-/Unlicensed-Anteil der Ver-

ordnungen aus, dass sich unter den nicht lizenzierten Verordnungen immer die

meist verordneten Medikamente der Station befinden. Dies war auch schon in

unserer Erhebung der Fall. Des Weiteren zeigte sich, dass es sich beim Off-

label-/Unlicensed-Anteil sowohl um Verordnungen neuerer als auch schon

länger verwendeter Medikamente handelte.

Die inzwischen zahlreichen Studien zum Zulassungsstatus von Medikamenten,

die im neonatologisch-pädiatrischen Intensivbereich Anwendung finden, unter-

scheiden sich deutlich in den Evaluierungszeiten, dem Versorgungsstatus (uni-

versitäre Einrichtung oder Abteilung der Grund- und Regelversorgung) und

nicht zuletzt dem Patientengut (Anteil von FG/NG und Kindern der übrigen

Altersstufen) voneinander, können somit nicht direkt miteinander verglichen

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Diskussion 58

werden. Dennoch ist allen gemeinsam, dass der Anteil nichtzugelassener

Medikamente in der alltäglichen intensivmedizinischen Versorgung von FG

bishin zu den Adoleszenten deutlich höher liegt als der Anteil zugelassener

Medikamente (Choonara et al., 2002). Am häufigsten werden die Medikamente

in den Off-label-Kategorien: Alter, Dosis und Indikation verwandt. Für die

vulnerable Gruppe der Früh- und Neugeborenen ist der Einsatz lizenzierter

Medikamente am meisten eingeschränkt (Prandstetter et al., 2009). Eine Studie

von Silverstein et al. (2008) unterstrich die dringende Notwendigkeit klinischer

Studien, insbesondere auch im neonatologischen Bereich und für besondere

Krankheitsbilder, um die Risiken und Vorteile beim Einsatz neuer Therapie-

schemata abwägen zu können. Er beschreibt, dass die konventionellen

Antiepileptika in der Behandlung neonataler Krampfanfälle eine limitierte

Effektivität aufweisen, dass aber neue Medikamente wie bspw. Topiramat und

Levetiracetam keinerlei Daten zur Sicherheit und Anwendung in dieser Alters-

gruppe aufweisen. Dennoch setzten 73 % der Neurologen diese Medikamente

ohne Vorliegen sicherer Daten ein. Die Kollegen verordneten in signifikant

unterschiedlichen Dosisregimen. Beide Medikamente erwiesen sich in der

Mehrzahl der Fälle als effektiv, unerwünschte Nebenwirkungen gab es häufiger

bei der Anwendung von Topimarat (Silverstein et al., 2008).

Eine aktuelle multizentrische Studie der drei am häufigsten und drei am

wenigsten verwendeten Medikamente der evaluierten Intensivstationen unter-

streichen oben genanntes u. a. dahingehend, dass für diese ausgewählten

Medikamente in den unterschiedlichen Ländern wenig oder keine Daten zur

Dosierung zur Verfügung stehen und dass die Empfehlungen sehr differieren.

Ceelie et al. (2010) betonten den Mangel an Arzneimittelstudien für Kinder, die

sich einer intensivmedizinischen Behandlung unterziehen müssen. Des

Weiteren sollte sich ein noch deutlicheres Bewusstsein gegenüber den

Limitierungen evtl. vorhandener Empfehlungen in der Ärzteschaft bei alltäg-

licher Behandlung dieser Kinder einstellen (Ceelie et al., 2010).

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Diskussion 59

5.3.2 Off-label- und Unlicensed-Verordnungen auf allgemeinpädiatrischen

Stationen

Intensivstationen mit oder ohne neonatologischen Schwerpunkt stellen ein be-

sonderes Behandlungsumfeld dar, denn dort werden sehr kleine und sehr

kranke Patienten behandelt, die meistens zwangsläufig aufgrund der Schwere

der Erkrankungen eine größere Anzahl von Medikamenten erhalten als auf

anderen pädiatrischen Stationen. Aus diesem Grunde wurden Erhebungen

auch auf anderen pädiatrischen Stationen außerhalb des Intensivbereiches

durchgeführt.

Eine erste Studie von Turner et al. (1998) verglich den Off-label- und

Unlicensed-Medikamentengebrauch auf einer allgemeinpädiatrischen Station

mit einer chirurgischen Station. Die Unterschiede waren geringfügig, so wurden

auf der allgemeinpädiatrischen Station 20 % und auf der chirurgischen 22 %

Off-label-Verordnungen getroffen, der Anteil der Unlicensed-Verordnungen be-

wegte sich im Bereich von 8 % und 6 %, so dass auf beiden Stationen ein Anteil

von 72 % lizenzierter Verordnungen vorlag (Turner et al., 1998). Die

europäische multizentrische Studie, in die unsere Daten einflossen, zeigte, dass

auf fünf pädiatrischen Stationen mit vergleichbarem Patientenkollektiv, wobei in

jedem Land andere Besonderheiten vorlagen, der Off-label- und Unlicensed-

Anteil der Verordnungen zwischen 23 % Off-label-Verordnungen in Derby

(Großbritannien) und 66 % in Bergamo (Italien) lag, die Unlicensed-Anteile

zwischen 0,3 % in Bergamo (Italien) und 14 % in Rotterdam (Niederlande).

43 % der Patienten in Uppsula (Schweden) und 90 % in Rotterdam erhielten

mindestens eine Off-label- oder Unlicensed-Verordnung. Die Unterschiede

lassen sich durch die unterschiedlichen Subspezialitäten und die unterschied-

lichen Verschreibungsmodalitäten in den einzelnen Ländern erklären. Der hohe

Off-label-/Unlicensed-Anteil in Rotterdam lässt sich über den höchsten Anteil

von Patienten mit komplexen Erkrankungsbildern innerhalb der Studie erklären.

Die Patienten der Kinderklinik Marburg lagen mit einem Off-label-/Unlicensed-

Anteil von 41 % und 54 % im mittleren Bereich (Conroy et al., 2000).

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Diskussion 60

Weitere Studien, die auf allgemeinpädiatrischen Stationen verschiedener

Kinderkliniken durchgeführt wurden, kamen allesamt zu dem Ergebnis, dass die

überwiegende Anzahl – bis zu 92 % – (´t Jong et al., 2002) der Kinder und

Jugendlichen, die während ihrer stationären Behandlung einer Pharmako-

therapie bedurften, mindestens eine Off-label- und/oder Unlicensed-Verordnung

erhielten und nur ein geringer Anteil der Patienten ausschließlich mit

lizenzierten Medikamenten behandelt werden konnte, weil sich nach einer sorg-

fältigen Nutzen-Risiko-Abwägung keine adäquate therapeutische Alternative bot

(Gavrilov et al., 2000; Craig et al., 2001). Auch auf allgemeinpädiatrischen

Stationen waren die Kategorien: Dosis, Alter und Indikation die Hauptkategorien

für die Off-label-Anwendung (Pandolfini et al., 2005).

5.3.3 Off-label- und Unlicensed-Verordnungen außerhalb der Kliniken und

im ambulanten Bereich

Wie zahlreiche Studien zeigen, gehört die nichtlizenzierte Arzneimitteltherapie

zum klinischen Alltag bei der Versorgung von Kindern. Die Off-label-Verord-

nungen wiesen einen höheren Anteil gegenüber den Unlicensed-Verordnungen

auf (Pandolfini et al., 2005; Cuzzolin et al., 2006). Es stellt sich nun zwangs-

läufig die Frage, ob diese Verordnungsmodalität ein Spezifikum im Kliniksalltag

ist oder aber, ob die Kinder in der ambulanten Versorgung (Arztpraxen und

klinische Ambulanzen) ebenso betroffen sind. Zweifelsohne wird die Mehrzahl

kranker Kinder im ambulanten Bereich versorgt, so dass anzunehmen ist, dass

eine große Zahl von Kindern einem nicht kalkulierbaren Risiko aufgrund

fehlender oder unzureichender Informationen über zahlreiche Medikamente

ausgesetzt wird.

Eine einjährige Evaluierung aller Medikamentenverordnungen in der hausärzt-

lichen Versorgung von Kindern durch praktische Allgemeinmediziner (1175

Kinder < 12 Jahre entsprechend 1/5 des Patienten-Aufkommens der Praxen)

fand in einer Kleinstadt Mittelenglands statt. Es wurden 160 unterschiedliche

Medikamente 3.347-mal verordnet, wobei 84,5 % den Status lizenziert, 0,3 %

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Diskussion 61

unlicensed und 10,5 % off-label (Hauptkategorien: Dosis und Alter) aufwiesen.

In 4,7 % der Verordnungsfälle konnte aufgrund insuffizienter Information kein

Zulassungsstatus erhoben werden (McIntyre et al., 2000). Eine französische

Studie, die die Verordnungen von 95 niedergelassenen Pädiatern in Hinblick

auf den Zulassungsstatus der Medikamente untersuchte, kam zu dem Ergebnis,

dass 56 % der behandelten Kinder unter 15 Jahren ein oder mehrere Off-label-

Medikamente erhielten, insgesamt waren 29 % der Verordnungen off-label und

4 % unlicensed (Chalumeau et al., 2000).

Für Deutschland existieren Daten aus einer Datenbankauswertung der All-

gemeinen Ortskrankenkasse (AOK) Baden-Württemberg des 1. Quartals 1999.

Von den 1,59 Millionen durch Pädiater, Allgemeinmediziner und Internisten ge-

troffenen Verordnungen waren 13,2 % off-label, 75 % davon aufgrund

mangelnder Informationen zur Anwendung im Kindesalter. Der höchste Off-

label-Anteil fand sich in der Arzneimittelgruppe „Medikamente zur topischen

Anwendung in Augen und Ohren“ (78,6 %) (Bücheler et al., 2002). In einer

retrospektiven schwedischen Studie mit großer Patientenzahl (644.817 Ver-

ordnungen von 317 Medikamenten für 357.784 Kinder) ergab sich eine Off-

label-Rate von 20,1 %. Die Rate war am höchsten bei den unter Einjährigen

und den Mädchen im Alter von 12-16 Jahren, da hier die Verordnung von

Kontrazeptiva eine nicht unbedeutende Rolle spielte (Ufer et al., 2003). Im

Weiteren untersuchten zwei Studien, ob unter den niedergelassenen Kollegen

ein Problembewusstsein für den Missstand fehlender bzw. unzureichender

Daten in der Arzneimitteltherapie existierte. 70-90 % der Kollegen waren mit

dem Off-label-Status vertraut. Über 97 % der Kollegen wünschten sich mehr

pädiatrische Formulierungen und sichere Dosierungsrichtlinien für die ver-

schiedenen Altersgruppen (Ekins-Daukes et al., 2005; McLay et al., 2006).

Eine Studie von McLay et al. (2006) beleuchtete erstmals die Kategorie Off-

label: Dosis genauer. Diese findet sich unter den Off-label-Kategorien der

Studien immer innerhalb der ersten drei Ränge. Es wurde getrennt nach Über-

und Unterdosierungen gemäß den Dosisrichtlinien gesichtet. In den drei in der

Studie etablierten Altersgruppen (0-4 Jahre; 5-11 Jahre; 12-16 Jahre) war der

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Diskussion 62

Umfang des Off-label-Gebrauches mit insgesamt 26,1 % nahezu gleich

(24,4 %; 27,9 %; 26,0 %;). Antibiotika stellten die am häufigsten off-label ver-

ordnete Medikamentengruppe (26 %) in den drei Altersgruppen dar. 75-85 %

der Antibiotika in den verschiedenen Altersgruppen wurden niedriger als

empfohlen dosiert (Off-label: Dosis). Diese Verordnungsmodalität kann zu einer

reduzierten Effektivität, aber vor allem auch zur Resistenzentwicklung von

Mikroben führen. Als Beispiel einer zu hohen Dosierung wurden in dieser Studie

die ß-2-Agonisten und inhalativen Steroide zur Behandlung des kindlichen

Asthma angeführt. In diesen Fällen schienen die britische Asthma-Richtlinie mit

den Dosierungsempfehlungen des Committee on Safety of Medicines and

Medicines Control Agency zu kollidieren. Diese Tatsache ist kein landesspe-

zifisches Problem. Es wäre wünschenswert, wenn es eine Übereinkunft der

Therapierichtlinien durch die Fachgesellschaften, den Empfehlungen der

Pharmazeutischen Industrie bzw. den Regulationsbehörden der einzelnen

Länder bzw. international gäbe (McLay et al., 2006).

Diese exemplarisch ausgewählten Studien belegen, dass die Anwendung nicht-

lizenzierter Arzneimittel keine kliniksspezifische Modalität darstellt, sondern

dass auch der Bereich der ambulanten Versorgung mit einem Anteil des Off-

label/Unlicensed bei insgesamt etwa einem Drittel liegt. Ebenso dass je nach

Altersverteilung der Studienkollektive bis zu 75 % der Kinder von einer Off-

label-Verordnung betroffen waren. Auch im ambulanten Bereich stellen die

Kategorien: Alter, Dosis und Modifikation von Medikamenten den Hauptanteil

für die nicht lizenzierte Verordnung. Somit werden auch ambulant behandelte

Kinder aufgrund fehlender Daten bezüglich Sicherheit und Effektivität einem

Risiko ausgesetzt (Schirm et al., 2003; Cuzzolin et al., 2006; Pandolfini et al.,

2005).

Eine bisher einzigartige Studie von Wong et al. (2006) schlägt eine Brücke

zwischen der klinischen und ambulanten Versorgung der Kinder und kommt zu

dem Ergebnis, dass 43 % der Patienten, die mit einer Off-label-Medikation aus

der Klinik entlassen wurden (50 % der Patienten), Schwierigkeiten hatten, diese

Medikation zeitgerecht fortzuführen. Zum einen besteht aus unterschiedlichen

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Diskussion 63

Gründen eine Versorgungslücke seitens der lokalen Apotheken, zum anderen

verweigern allgemeinärztlich tätige Kollegen (GP) aus verschiedensten

Gründen diese Art von Verordnungen, was u. U. zu lebensbedrohlichen

Situationen zu führen vermag. Es ist von enormer Wichtigkeit, Wege zu finden,

dass sich Apotheken mit solchen Arzneimitteln bevorraten oder diese zeitnah

beschaffen. Zusätzlich erscheint aber auch die Verbesserung der Kommuni-

kation zwischen der entlassenden Abteilung und den niedergelassenen

Kollegen von größter Bedeutung (Wong et al., 2006).

5.3.4 Off-label- und Unlicensed-Verordnungen in klinischen Subspeziali-

täten und in der Anwendung spezieller medikamentöser Substanz-

klassen

In zwischenzeitlich zahlreich vorliegenden Studien zur nicht lizenzierten

Arzneimitteltherapie in pädiatrischen Subspezialitäten (bspw. Onkologie;

Kardiologie; Pulmonologie) wird erneut deutlich, dass auch hier ein Anteil bis zu

90 % nicht lizenzierter Medikamentenverordnungen vorliegt (Benninger-Döring

et al., 2006). Obwohl die Heilungsrate von Malignomen bis zu 75 % beträgt und

über 80 % der Kinder innerhalb prospektiver Studienprotokolle behandelt

werden und somit Informationen über die pädiatrische Anwendung zytotoxi-

scher Substanzen vorliegen (Thouvenel et al., 2002), sind Kinder mit onko-

logischen Erkrankungen allesamt von Off-label-Verordnungen betroffen. Es liegt

ein Unlicensed-Anteil von bis 40 % aufgrund fehlender pädiatrischer Darrei-

chungsformen und Dosierungseinheiten vor (Conroy et al., 2003). Diese Be-

obachtung konnten wir auf unserer onkologisch-nephrologischen Station be-

stätigen. Ebenso gilt dieses Ergebnis für die Patienten, die einer medikamentös

herzwirksamen Therapie aufgrund eines arteriellen Hypertonus im Rahmen an-

geborener oder erworbener Nieren- oder Herzerkrankungen bedürfen. Bis zu

76 % der Patienten werden im Off-label- oder Unlicensed-Status behandelt

(Bajcetic et al., 2005). Neugeborene, Säuglinge und Kleinkinder am häufigsten

in der Kategorie: Alter, die 2-11-Jährigen wiesen den höchsten Unlicensed-

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Diskussion 64

Anteil mit 11 % aufgrund fehlender Formulierungen oder Modifikation in andere

Dosiseinheiten auf (Hsien et al., 2008; Pasquali et al., 2008). Eine US-

amerikanische und eine deutsche Studie belegten, dass die Off-label-Therapie

mit neueren – in der antihypertensiven Therapie der Erwachsenen zu-

gelassenen – Medikamenten kostenintensiver ist als die lizenzierte. Diese Tat-

sache gewinnt in Zeiten von Kostenersparnisprogrammen und Nichterstattung

nicht zugelassener Medikamente durch die Kostenträger zunehmend an Be-

deutung (Yoon et al., 2007; Kölch et al., 2009). Eine prospektive Studie von

Conroy et al. (2001) untersuchte das Ausmaß nicht lizenzierter Analgetikaver-

ordnungen. Von den 715 Verordnungen waren 33 % off-label. Paracetamol war

das am häufigsten verwendete und off-label verordnete Analgetikum, was sich

mit den Daten unserer Erhebung deckt (Conroy et al., 2001). Auf unserer all-

gemeinpädiatrischen Infektionsstation und in der Rangliste der drei evaluierten

Stationen zeigte sich Paracetamol als das am häufigsten verordnete Medika-

ment. Die häufigste Off-label-Anwendung fand in der Kategorie: Dosis statt.

Auf unserer allgemeinpädiatrischen Station wurden zahlreiche Patienten –

überwiegend Säuglinge und Kleinkinder bei akuten Atemwegsinfekten mit

Fieber und pulmonaler Obstruktion – im Off-label-Status mit Paracetamol und

Salbutamol behandelt. Für die inhalative Behandlung dieser Kinder stehen nur

unzureichende und je nach Referenz unterschiedliche Daten zur Dosierung zur

Verfügung. Insbesondere gilt dies für neuere Medikamente (bspw. langwirk-

same ß 2-Mimetika), aber auch das altbewährte Inhalativum Sultanol® wird

überwiegend off label (Dosis) angewandt (Bua et al., 2008; Smyth et al., 2010).

Vergiftungen sind ein nicht seltener und häufig lebensbedrohlicher Vor-

stellungsgrund von Kindern in den Notfallambulanzen. Nach Datenlage einer

Studie, die den pädiatrischen Zulassungsstatus von 77 Antidoten untersuchte,

ergibt sich, dass nur 40 % von diesen zugelassen sind und somit eine sichere

Therapie für die Mehrzahl dieser Patienten nicht zur Verfügung steht (Lifshitz et

al., 2001).

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Diskussion 65

Von Januar bis Juni 2002 fand eine Auswertung der Verordnungen durch

pädiatrische Gastroenterologen, die überwiegend Kinder mit chronischen

Magen- und Darmerkrankungen behandelten, statt. Diese Patienten benötigen

häufig eine langjährige Erhaltungstherapie und andere ausgewählte Medika-

mente in den Exazerbationsphasen. Den 308 Kindern (Alter: 20 Tage bis 17

Jahre) wurden 777 auswertbare Verordnungen zuteil, die 69 verschiedene

Medikamente beinhalteten. Fünfzig Prozent der Verordnungen waren off-label

oder unlicensed (37,5 %/12,5 %). Die Off-label-Kategorien: Indikation und Alter

waren auch hier für den Hauptanteil der nicht lizenzierten Verordnungen ver-

antwortlich. In der Gruppe der Unlicensed-Verordnungen stellten die Modi-

fikationen den Hauptanteil. Drei der vier meist verordneten Medikamente

(Domperidon, Ranitidin und Omeprazol) waren off-label (Dick et al., 2003).

In Deutschland machen zunehmend die Kinder- und Jugendpsychiater, deren

Fachgebiet in unserer Erhebung nicht eingeschlossen war, eindringlich darauf

aufmerksam, dass im Falle psychischer Störungen bei Minderjährigen keine

rationale und sichere Pharmakotherapie möglich ist. Einige Substanzen sind

aus historischen Gründen ohne sicheren Wirksamkeitsnachweis für Kinder zu-

gelassen. Teils aber belegen neuere Studien bspw. eine erhöhte Suizidrate bei

deren Anwendung, während wirksame neuere Substanzen aber keine Zu-

lassung besitzen und ein Off-label-Verordnungsanteil von bis zu 70 % vorliegt

(Winterfeld et al., 2008, 2009; Kölch et al., 2009).

Zusammenfassend ist zu sagen, dass auch in den bisher evaluierten Sub-

disziplinen der Pädiatrie sowohl im ambulanten als auch im stationären Bereich

die Mehrzahl der Patienten (bis 100 % in der Onkologie) von einer nicht

lizenzierten Verordnung betroffen ist. Es zeigen sich Off-label-Verordnungen im

Bereich von 26-41,5 % und Unlicensed-Verordnungen im Bereich von 0-19 %,

so dass bis zu 60 % der Verordnungen ohne pädiatrische Zulassung sind. Im

Off-label-Bereich sind die Kategorien: Alter, Dosis und Indikation für die Mehr-

zahl der außerhalb der Produktlizenz zugelassenen Verordnungen verantwort-

lich, im Bereich des Unlicensed ist es die Modifikation von Medikamenten. Die

obengenannten Studien aus den unterschiedlichen Bereichen – stationäre Be-

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Diskussion 66

handlungen auf unterschiedlichen pädiatrischen Stationen, inklusive Intensiv-

stationen mit oder ohne Neonatologie, im ambulanten Sektor und ver-

schiedenen Subdisziplinen der Pädiatrie – hatten alle das Ziel, das Ausmaß

nicht lizenzierter Verordnungen zu evaluieren. In Zusammenschau der Ergeb-

nisse zeigt sich, dass der Anteil von Off-label- und Unlicensed-Verordnungen

bis zu 90 % betragen kann und alle medikamentös behandelten Kinder (in

unserer Evaluation 88 %) von dieser Verordnungsmodalität betroffen sein

können, wenngleich einschränkend anzumerken ist, dass die Studien aufgrund

unterschiedlicher Designs nicht direkt miteinander vergleichbar sind (Cuzzolin

et al., 2003; Pandolfini et al., 2005). Dass Ergebnis der eigenen Erhebung reiht

sich in die Ergebnisse der übrigen Studien mit einem Off-label-Anteil von 48,8-

67,4 % und einem Unlicensed-Anteil von 2,4-20,3 % ein. Nur 12 % der Kinder

erhielten ausschließlich lizenzierte Medikamente.

5.4 Off-label- und Unlicensed-Medikamentenanwendungen im Zu-

sammenhang mit unerwünschten Arzneimittelwirkungen (UAW)

Es ist eine nicht von der Hand zu weisende Tatsache, dass die Pharmako-

therapie bei Kindern nicht dem Standard der Erwachsenen entspricht, wenn-

gleich einschränkend eingeräumt werden muss, dass auch im Bereich der Er-

wachsenenmedizin Off-label-Verordnungen – besonders im Bereich der Onko-

logie – vorgenommen werden. Je nach Tumorstadium werden in experimen-

tellen Studien bis zu 57,6 % der Medikamente im Off-label-Status angewendet

(Levêque et al., 2005, 2008). Wenngleich die inzwischen zahlreich vorliegenden

Studien zum Ausmaß der Off-label- und Unlicensed-Anwendung von Medika-

menten im Kindesalter aufgrund unterschiedlicher Studiendesigns und

Definitionen von off-label und unlicensed, der Studiendauer und der in die

Studien geschlossenen Anzahl von Patienten nicht direkt miteinander

vergleichbar sind, so zeigen sie allesamt, dass die überwiegende Anzahl von

Medikamenten für die Anwendung an Erwachsenen entwickelt wurden und

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Diskussion 67

dass die Anwendung im Kindesalter in bis zu 100 % den Off-label- und

Unlicensed-Status nach sich ziehen kann (Sanghera et al., 2006).

Der Begriff „unerwünschte Arzneimittelwirkung“ (UAW) ist gemäß der WHO als

eine Reaktion auf ein Arzneimittel definiert, die schädlich und unbeabsichtigt ist

und bei Dosierungen auftritt, wie sie normalerweise beim Menschen zur Pro-

phylaxe, Diagnose, Therapie oder zur Modifikation physiologischer Funktionen

eingesetzt werden (Karande et al., 2003). Eine Studie von Turner et al. (1999)

untersuchte, ob die nichtlizenzierte medikamentöse Therapie bei Kindern mit

einer erhöhten UAW-Rate einherging. Insgesamt zeigten sich bei 11 %

(n = 116) der 1046 Patienten unerwünschte Nebenwirkungen. Dafür zeigten

sich in 112 Verordnungen (3,9 %) zugelassene und bei 95 Verordnungen (6 %)

nicht zugelassene Medikamente verantwortlich. Es ist zu folgern, dass eine Off-

label- und Unlicensed-Therapie mit einer signifikant höheren Rate un-

erwünschter Wirkungen unterschiedlichen Ausmaßes verbunden ist. Kritisch

kranke Patienten auf Intensivstationen waren häufiger betroffen, was auf die

eingeschränkte bzw. veränderte Metabolisierung und die höhere Anzahl

applizierter Medikamente zurückgeführt werden konnte (Turner et al., 1999).

2002 schloss sich eine Studie über die Rate unerwünschter Arzneimittel-

wirkungen auch im ambulanten Bereich an. Diese Studie konnte den im

klinischen Bereich schon bewiesenen Zusammenhang zwischen Off-label-/

Unlicensed-Verordnungen und der erhöhten UAW-Inzidenz untermauern. Die

Inzidenz unerwünschter Wirkungen betrug 1,41 %, wobei sich das relative

Risiko des Auftretens solcher bei einer nicht lizenzierten Verordnung auf 3,44

belief und auf 4,42 anstieg, wenn sich der Off-label-Gebrauch auf eine andere

Indikation, als in der Zulassung beschrieben, bezog (Horen et al., 2002). Eine

schwedische Studie zeigte einen Off-label-Anteil von 42,4 % der Verordnungen

im ambulanten Bereich. Es traten 158 dokumentierte UAW auf, wovon 31 % als

kritisch eingestuft werden mussten. Medikamente zur Behandlung von Asthma

– einer sehr häufigen Erkrankung im Kindes- und Jugendalter – waren in einem

Drittel der Fälle für schwere Nebenwirkungsreaktionen verantwortlich. Der

überwiegende UAW-Anteil ließ sich auf die Off-label-Anwendung in den Kate-

gorien: Dosis und Alter zurückführen (Ufer et al., 2004).

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Diskussion 68

Es ist zu folgern, dass sowohl im ambulanten als auch im stationären Bereich

der Kinderheilkunde signifikant höhere Raten an unerwünschten Nebenwir-

kungen entstehen, wenn Medikamente außerhalb ihrer Zulassung zur An-

wendung kommen (Cuzzolin et al., 2006). Da Kinder eine vulnerable Gruppe in

Bezug auf die Arzneimitteltherapie darstellen, die aufgrund der Verordnung

nicht zugelassener Medikamente einem höherem Risiko der toxischen und

anderer unerwünschter Wirkungen ausgesetzt sind, ist es dringend notwendig,

weitere Studien, die sich mit diesem Zusammenhang beschäftigen, durchzu-

führen (Choonara et al., 2002). Unerwünschte Arzneimittelwirkungen stellen ein

signifikantes Problem im Gesundheitswesen dar, so dass es von Interesse sein

sollte, sichere und effektive Medikamente auch für Kinder zu etablieren

(Impiccatore et al., 2001).

5.5 Aktueller Stand der pädiatrischen Arzneimitteltherapie und Aus-

blick

5.5.1 US-amerikanische Bemühungen als Vorreiterfunktion

1997 unternahm die FDA unter politischem Druck der Clinton- Regierung den

ersten Schritt zur Förderung der Entwicklung kindgerechter Arzneimittel durch

den FDA Modernization Act (FDAMA). In diesem werden u. a. finanzielle An-

reize für die pharmazeutische Industrie beschrieben. Für die Durchführung

klinischer Studien mit einem Arzneimittel auf Anfrage auch bei Kindern (written

request) wird dem Arzneimittelhersteller eine zusätzliche sechsmonatige ex-

klusive Patentschutzverlängerung zugesichert, sofern er durch entsprechende

Studien ein pädiatrisches Label erwirken konnte (FDA,1997). Seit 2003 ist die

pharmazeutische Industrie gemäß dem „Pediatric Research Equity Act“ (PREA)

verpflichtet, allen Anträgen auf Neuzulassung oder Indikationserweiterung einen

„Pediatric Development Plan“ beizulegen, sofern ein relevanter Einsatz in der

Pädiatrie erwartet wird (FDA, 2003). Das National Institute of Health (NIH) er-

kannte, dass die Industrie für die Umsetzung des FDAMA pädiatrisch-

pharmakologische ausgebildete und interessierte Partner benötigte. Daraufhin

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Diskussion 69

formierte sich das“ Pediatric Pharmacology Research Unit Network“ (PPRU). Es

ist ein Netzwerk US-amerikanischer pädiatrischer Zentren mit Erfahrung und

Expertise auf dem Gebiet der pädiatrischen Pharmakologie. In Zusammenarbeit

mit der Industrie führt es klinische Studien nach den Leitlinien des „Good

Clinical Practice“ (GCP) zeitnah durch (Sanford et al., 1999; Wilson, 1999).

Wie eine Studie von Roberts et al. (2003) zeigen konnte, wurden von Juli 1998

bis April 2002 242 Studienanfragen an die FDA gerichtet und 53 Arzneimitteln

wurde eine sechsmonatige Patentschutzexklusivitätsverlängerung zugespro-

chen (Roberts et al., 2003). Der FDAMA regte die Industrie an, klinische

Studien durchzuführen, die neue Informationen hinsichtlich der pädiatrischen

Pharmakokinetik erbrachten, auch wurden wichtige Dosisänderungen bei auch

schon zugelassenen Medikamenten vorgenommen, so dass die Sicherheit bei

Anwendung bestimmter Medikamente schon verbessert werden konnte

(Roberts et al., 2003).

5.5.2 Aktuelle Situation in Deutschland

In Deutschland wie in anderen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union (EU)

sind verschiedene regulative Veränderungen mit Auswirkungen auf die Arznei-

mittelprüfung bei Kindern in Kraft getreten, nachdem auch auf politischer Ebene

anerkannt wurde, dass kranke Kinder ein Recht auf eine Arzneimitteltherapie

haben, deren Nutzen und Sicherheit systematisch und wissenschaftlich korrekt

untersucht wurde. Nach Vorgabe der EU-Direktive 2001/20/EG (Amtsblatt der

Europäischen Union, 2005) zur europaweiten Harmonisierung des Arzneimittel-

rechts hinsichtlich der Durchführung klinischer Prüfungen an Kindern kam es

zur Novellierung des Arzneimittelgesetzes (AMG). In der 12. Novelle des AMG

vom 06.08.2004 (Bundesgesetzblatt, 2004) wurden die Rahmenbedingungen

für Forschung mit Minderjährigen neu festgelegt (Schubert et al., 2007).

Um ein gesamteuropäisches Konzept bei der Zulassung von Arzneimitteln mit

pädiatrischer Anwendung zu erreichen, kam es 2002 zur Veröffentlichung des

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Diskussion 70

Manuskripts „Better Medicines for Children“ (EMEA, 2002). Nach einer zweiten

Lesung am 01.06 2006 wurde die „Regulation on medicinal products for

paediatric use“ im Europäischen Parlament beschlossen und am 27.12.2006 als

Verordnung 1901/2006 im Amtsblatt der EU verkündet (Amtsblatt der

Europäischen Union, BfArM 2006). Sie ist seit dem 27.01.2007 als rechtsgültige

Kinderarzneimittelverordnung in Deutschland anzusehen und wird durch die

Europäische Zulassungsbehörde (EMEA) umgesetzt und überwacht. Ähnlich

dem US-amerikanischen Projekt ermöglicht die EU-Verordnung eine 6-

monatige Verlängerung der Patentschutzlaufzeit bei Kinderarzneimitteln. An-

träge zu pädiatrischen Prüfplänen (PIP), Freistellungen oder Rückstellungen

werden dem Pädiatrieausschuss vorgelegt und entsprechend überprüft. Bei

Anwendung von Medikamenten, deren Patentschutz schon abgelaufen ist, gibt

es ein neues Zulassungsverfahren, die „Paediatric Use Marketing Authorization“

(PUMA). Bei einer pädiatrischen Nachzulassung wird dem Hersteller eine zehn-

jährige Exklusivität für die Daten aus dem Zulassungsverfahren erteilt und der

bereits vorhandene Handelsname bleibt erhalten (Rascher, 2007).

5.6 Schlussfolgerung und Fazit

Unsere Studie zeigt, dass der Off-label- und Unlicensed-Gebrauch von

Medikamenten während der stationären Behandlung in einer deutschen Kinder-

klinik sich in einer Größenordnung von 71 % bewegt. Nur 12 % der Kinder und

Jugendlichen erhielten ausschließlich Medikamente mit einer pädiatrischen Zu-

lassung. Die Daten stimmen weitgehend mit denen in anderen Studien, die

sowohl im stationären Bereich wie auch im ambulanten Sektor international

durchgeführt wurden, überein. Kinder, die aufgrund ihrer entwicklungs-

spezifischen, pharmakologischen, ethischen und rechtlichen Besonderheiten

nicht nur einfach kleine Erwachsene sind, haben ein Recht auf effektive und

sichere Arzneimittel. Medikamente für Kinder müssen durch klinisch-

pharmakologische Studien an Kindern für Kinder geprüft und mit einem

pädiatrischen Label versehen werden. Die Datenlage beweist, dass viele Kinder

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Diskussion 71

einer nicht sicheren, sogar von einer deutlich erhöhten Rate unerwünschter

Wirkungen begleiteten Arzneimitteltherapie ausgesetzt sind. Diese Tatsache

sollte uns zu kontrollierten Arzneimittelstudien motivieren, um Kinder nicht

weiterhin als therapeutische Waisen behandeln zu müssen (Shirkey, 1968). In

Zukunft sollten Dosisfindungsstudien und die Bereitstellung adäquater

pädiatrischer Darreichungsformen keine Ausnahme mehr sein.

Damit dieses Ziel erreicht wird, bedarf es zur erfolgreichen Umsetzung der 2007

in Kraft getretenen EU-Verordnung auch weiterhin nationaler und internationaler

Zusammenarbeit von Pädiatern, Kinder behandelnden Ärzten, Pharmakologen

und der pharmazeutischen Industrie. Weitere legislative Grundlagen und

ethische Richtlinien, die Kinder schützen, müssen geschaffen, umgesetzt und

überwacht werden, damit nach erfolgreichem Abschluss von Studien, die die

Pharmakokinetik, Pharmakodynamik und Pharmakogenetik der verschiedenen

Altersgruppen berücksichtigen, durch Zulassungsbehörden ein pädiatrisches

Label vergeben werden kann. Nur auf diesem Wege kann die Pharmako-

therapie für Kinder den Standard der Erwachsenen erreichen. Wenngleich erste

Voraussetzungen zur Verbesserung in der Arzneimittelversorgung von Kindern

für Europa und Deutschland geschaffen wurden, wird sich der Erfolg einer

sicheren Arzneimitteltherapie für Kinder mit für sie zugelassenen Arzneimitteln

vermutlich aber erst langfristig einstellen.

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Zusammenfassung 72

6 Zusammenfassung

Medikamente müssen vor ihrer Zulassung umfangreiche Prüfungen durch-

laufen, die Untersuchungen zur Dosisfindung, Pharmakokinetik, Pharmako-

dynamik, Sicherheit, Wirksamkeit und Qualität eines Medikamentes umfassen,

die dann Ausdruck in der Produktlizenz finden. Obwohl international – vor allem

in den Vereinigten Staaten von Amerika und Großbritannien – ein großes

Interesse an der Problematik der fehlenden oder unzureichenden Zulassung

von Medikamenten für Kinder und der damit verbundenen Frage der Wirksam-

keit und Sicherheit der pädiatrischen Pharmakotherapie besteht, lagen für

Deutschland keine aktuellen Informationen über den Umfang der Off-label-oder

Unlicensed-Medikamentenanwendung bei Kindern im stationären und ambulan-

ten Bereich vor. Dass dies aber auch in Deutschland von Bedeutung ist, konnte

schon eine Erhebung auf einer pädiatrischen Intensivstation im Jahre 1981

zeigen.

Um aktuelle Daten über das Ausmaß und Art dieser Medikamentenanwendung

bei Kindern in den verschiedenen Altersgruppen während einer stationären Be-

handlung an einer Universitätskinderklinik zu erhalten, wurde diese Studie als

Teil einer europäischen, multizentrischen Studie zur Arzneimittelanwendung in

der Pädiatrie durchgeführt.

Es wurden im Erhebungszeitraum insgesamt 140 Kinder mit 234 verschiedenen

Medikamenten, die insgesamt 1146-mal verordnet wurden, behandelt. 333 der

Verordnungen (29 %) waren zulassungskonform, 687 (60 %) der Verordnungen

konnten der Kategorie Off-label und 126 (11 %) Verordnungen der Kategorie

Unlicensed zugeordnet werden, so dass insgesamt 813 Verordnungen (71 %)

entweder off-label oder unlicensed waren.

Zwischen den drei Stationen zeigten sich deutliche Unterschiede. Während auf

der Infektionsstation etwa die Hälfte (51 %) der Verordnungen off-label oder

unlicensed waren, trifft dies für die überwiegende Anzahl der Verordnungen auf

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Zusammenfassung 73

der onkologisch-nephrologischen Station (72 %) und der Intensivstation mit

neonatologischen Schwerpunkt (79 %) zu. Nur 17 von den 140 medikamentös

behandelten Kindern erhielten ausschließlich Medikamente entsprechend der

Zulassung.

Auch Kinder haben ein Recht auf eine sichere und wirksame Arzneimittel-

therapie und sollten nicht länger „therapeutische Waisen“ bleiben. Um diesem

Dilemma zu entkommen, sind multizentrische, klinische Arzneimittelstudien an

Kindern für Kinder dringend notwendig. Diese müssen die pharmakologischen,

juristischen, ethischen und psychologischen Besonderheiten der Kinder berück-

sichtigen und Daten hinsichtlich Sicherheit und Effektivität liefern, damit dann

altersentsprechende Dosierungsempfehlungen und kindgerechte Darreichungs-

formen zur Verfügung stehen.

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Zusammenfassung 74

Summary

Prior to registration drugs must undergo extensive assessments that include

studies to investigate dose finding, pharmacokinetics, pharmacodynamics,

safety, efficacy and quality .The results of these assessments are expressed in

the product license.

Internationally, especially in the United States of America and Great Britain,

there is great interest in the problem of missing or inadequate licensing of drugs

for children, which is associated with doubts regarding the efficacy and safety of

paediatric pharmacotherapy. In Germany, however, there were no current in-

formation on the extent of off-label or unlicensed drug use in children in the in-

patient and outpatient care. The importance of this issue for Germany had been

demonstrated as early as 1981 by data obtained on an pediatric intensive care

unit.

In order to obtain current information on the extent and nature of the use of

medications in children of different age groups during their hospitalization at

university hospitals, this study was conducted as part of a European multicenter

study investigating drug use in paediatrics. During the survey period a total of

140 children were treated with 234 different drugs, which were prescribed a to-

tal of 1146 times. 333 (29 %) of the prescriptions were in line with the regulatory

labels, 687 (60 %) of the prescriptions were categorised as off-label and 126

(11 %) of the prescriptions were categorised as unlicensed drug use. This re-

sulted in a total of 813 (71 %) prescriptions being either off-label or unlicensed.

There were clear differences between the three observed wards. About half

(51 %) of the prescriptions on the infectious disease ward were off-label or unli-

censed. The majority of prescriptions on the oncology/renal ward and the inten-

sive care unit with a Neonatology focus were off-label or unlicensed (72 % and

79 %, respectively). Overall only 17 of the 140 paediatric patients were exclu-

sively treated with medications according to their labels.

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Zusammenfassung 75

Children have a right to receive safe and effective drug therapy and should no

longer remain 'therapeutic orphans”. In order to address this dilemma and to

provide age-appropriate dosing guidelines and pharmaceutical formulations,

multicenter clinical studies involving paediatric patients are urgently needed.

These studies have to take into account the distinct pharmacological, legal,

ethical and psychological characteristics of children.

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Abbildungsverzeichnis 87

8 Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Darstellung physiologischer Reifungsprozesse im Kindesalter 20

Abbildung 2: Altersgruppen nach EMEA aller Stationen 36

Abbildung 3: Altersgruppen nach EMEA der onkologisch-nephrologischen

Station 37

Abbildung 4: Altersgruppen nach EMEA der Intensivstation mit

neonatologischem Schwerpunkt 37

Abbildung 5: Altersgruppen nach EMEA der Infektionsstation 38

Abbildung 6: Verteilung der Gesamtverordnungen auf den jeweiligen

Zulassungsstatus 40

Abbildung 7: Pidblatt 91

Abbildung 8: Medikamentenliste 92

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Abkürzungen 88

9 Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Reifungsphasen und deren klinische Bedeutung 22

Tabelle 2: Altersgruppen nach EMEA 29

Tabelle 3: Kategorien der Off-label-Verordnungen und ausgewählte

Beispiele 31

Tabelle 4: Kategorien der Unlicensed-Verordnungen und ausgewählte

Beispiele 32

Tabelle 5: Alter der Patienten der einzelnen Stationen 36

Tabelle 6: Angaben zur Medikamentenverordnung 39

Tabelle 7: Off-label- und Unlicensed-Verordnungen auf den 3 Stationen 41

Tabelle 8: Zulassungsstatus auf der onkologisch-nephrologischen

Station 41

Tabelle 9: Zulassungsstatus auf der Intensivstation mit

neonatologischem Schwerpunkt 41

Tabelle 10: Zulassungsstatus auf der Infektionsstation 42

Tabelle 11: Vergleich der Off-label- und Unlicensed-Verordnungen auf den

3 Stationen 42

Tabelle 12: Off-label-Verordnungen der verschiedenen Kategorien 44

Tabelle 13: Unlicensed-Verordnungen der verschiedenen Kategorien 45

Tabelle 14: Rangliste der 5 häufigsten Verordnungen 46

Tabelle 15: Rangliste der 5 häufigsten Off-label-Verordnungen 47

Tabelle 16: Rangliste der häufigsten Unlicensed-Verordnungen 47

Tabelle 17: Rangliste der 5 häufigsten verordneten Medikamente 50

Tabelle 18: Rangliste der 10 am häufigsten verordneten

Medikamentengruppen 51

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Abkürzungen 89

10 Abkürzungen

ADR unerwünschte Arzneimittelreaktionen (adverse drug reactions)

AMG Arzneimittelgesetz

AOK Allgemeine Ortskrankenkasse

BfArM Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte

bspw. beispielsweise

BPI Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie

ca. circa

CPAP Continous Positive Airway Pressure

EMEA European Agency for the Evaluation of Medicinal Products

EU Europäische Union

et al. et alii (und andere)

EU Europäische Union

FDA Food and Drug Administration

FDAMA Food and Drug Administration Modernization Act

FDCA Food Drug and Cosmetical Administrationact

FG Frühgeborenes

GCP Good Clinical Practice

ggf. gegebenenfalls

GP General Practitioner

ICH International Conference on Harmonisation (of Technical

Requirements for Registration of Pharmaceuticals for Human Use)

LT Lebenstage

NIH National Institute of Health

NG Neugeborenes

PDA Persistierender Ductus arteriosus

PEI Paul-Ehrlich-Institut

PIM Pediatric Index of Mortality (Mortalitätsindex bei Aufnahme auf

einer Intensivstation)

PIP Paediatric Investigation Plan

PPHN Persistierende Pulmonale Hypertonie des Neugeborenen

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Abkürzungen 90

PPRU Pediatric Pharmacology Research Unit Network

PREA Pediatric Research Equity Act

PUMA Paediatric Use Marketing Authorization

RSV Respiratory Syncytial Virus

u. a. unter anderem

UAW unerwünschte Arzneimittelwirkung

u. U. unter Umständen

SSW Schwangerschaftswochen

WHO World Health Organization

z. B. zum Beispiel

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Datenerhebungsbögen 91

11 Datenerhebungsbögen

Die hier abgebildeten Datenerhebungsbögen (Erstblatt: PID-Blatt- und Folge-

bogen: Medik-Liste) wurden vom Studienleiter Professor Imti Choonara ent-

worfen und in modifizierter Form in allen an der Studie teilnehmenden Länder

zur Datensammlung verwendet.

Abbildung 7: Pidblatt

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Datenerhebungsbögen 92

Abbildung 8: Medikamentenliste

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Publikationen 93

12 Publikationen und Posterpräsentationen

Seyberth, H.W.; Albrecht, R.; Knöppel, C. (1999): Mehr Arzneimittelsicherheit für Kinder!; Dt. Ärztebl.; A-778-781.

Knöppel, C.; Leonhardt, A.; Klinger, O.; Seyberth, H.W. (1999): Arzneimittel-verordnung auf der Intensivstation; Z.Geburtsh.Neonatol;2003: Suppl.1.

Conroy, S.; Choonara, I.; Impiccatore, P.; Mohn, A.; Arnell, H.; Rane, A.; Knoeppel, C.; Seyberth, H.W.; Pandolfini, C.; Rafaelli, MP; Rocchi, F.; Bonati, M.; Jong G.; de Hoog, M.; van den Anker, J. (2000): Survey of unlicensed and off- label drug use in paediatric wards in european countries; BMJ; 320:79-82.

Brochhausen, C.; Knoeppel, C.; Seyberth, H.W. (2000): Bessere Arzneimittel für Kinder – Qualitätssicherung und ethische Verantwortung; Hospital – Offizielles Journal der Europäischen Vereinigung der Krankenhausdirektoren 2: 44,2000.

Knöppel, C.; Klinger,O.; Soergel, M.; Seyberth, H.W.; Leonhardt, A. (2000): Anwendung von Medikamenten außerhalb der Zulassung oder ohne Zulassung bei Kindern; Monatsschr. Kinderheilk.; 148: 904-908.

M. Deschauer; A. Schulze; M. Pritsch; C. Knöppel; M. Knaps; S. Ziers; F.N. Gellerich (2006): Molecular and biochemical investigations in fumerase deficiency; Mol. Gen.Metabol. 88;(206): 146- 152.

M. Zemlin, I. Fürter, L. Pelken, C. Knöppel, S. Stiller, R. F. Maier: Prämedikation zur Intubation bei Früh- und Neugeborenen; (Freier Vortrag auf der GNPI 2009). C. Knöppel; I. Glatz; A. Leonhardt; M. Zemlin; V. Klingmüller; R.F. Maier: Akzi-dentelle Ösophagusperforation eines ELBW; (Poster auf der SGKJ 2010). Politi, C.; Brumberg, J.; Knöppel, C.; Zemlin; M; Maier R.F.: Hämangiom- Therapie mit Propranolol; (Poster auf der SGKJ 2010). Malercyk-Aktas, A; Knöppel; C. Barth, H.; Bien, S.; Maier, R.F.: Vena Galeni – Malformation mit radiologischer Intervention – ein Fallbericht; (Poster auf der SGKJ 2010).

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Anhang 94

13 Anhang

13.1 Verzeichnis der akademischen Lehrer

Meine akademischen Lehrer an der Philipps-Universität zu Marburg waren die

folgenden Damen und Herren Professoren und Dozenten:

Arnold; Aumüller; Barth; Basler; Baum; Beato; Bertalanaffy; Bien; Bol; Cetin;

Christiansen; Czubayko; Daut; Feuser; Fruhstorfer; Gemsa; Geus; Gotzen;

Gressner; Griss; Gröne; Grzeschick; Habermehl; Happle; Hasilik; Hellinger;

Hesse; Hofmann; Joseph; Kaiser; Kern; Kleine; Klenk; Klose; Koch; Koolmann;

Kretschmer; Krieg; Kroll; Kuhn; Lang; Lange; Lennartz; Leonhardt; Maisch,

Moll; Moosdorf; Mueller; Neubauer; Oertel; Rheder; Remschmidt; Röhm; Roth-

mund; Schachtschabel; Schäfer; Schmidt; Schnabel; Schüffel; Schulz; Schulze;

Schwarz; Seifart; Seitz; Seyberth; Slenczka; Steininger; Sturm; Vohland; Voigt;

von Wichert; Weihe; Werner; Westermann; Wilhelm.

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Anhang 95

13.2 Danksagung

Herrn Professor Hannsjörg W. Seyberth danke ich für die Überlassung des

Themas, für die Möglichkeit, diese Arbeit am Medizinischen Zentrum für

Kinderheilkunde der Philipps-Universität Marburg durchführen zu können und

für seine freundliche Betreuung und Geduld über all die Jahre hinweg.

Herrn Professor Imti Choonara (Children´s Hospital Derby, United Kingdom)

danke ich für die Mitarbeit im Rahmen der Europäischen Studie – wie auch den

übrigen Teilnehmern –, für seine freundliche Unterstützung und die Möglichkeit

zu einem Auslandsaufenthalt in seiner Kinderklinik im Jahr 2000.

Herrn Privatdozent Dr. Andreas Leonhardt danke ich für die Betreuung, für die

Korrektur der Manuskripte, die anregenden Ratschläge und sein offenes Ohr für

Fragen.

Frau Dr. Marianne Soergel danke für die Stunden freundschaftlicher Zusam-

menarbeit und ihr liebevolles Aufmuntern auch in anstrengenden Zeiten.

Einen Dank auch an Herrn Oliver Klinger, der mir als Freund motivierend und

als statistischer Berater jederzeit und immer wieder mit Geduld zur Seite stand.

Herrn Dr. Berger und Prof. Legrum (Leiter und Mitarbeiter der Apotheke am

Klinikum der Philipps-Universität) möchte ich für die Hilfe bei der Auswertung

und Bereitstellung von Literatur zur Auswertung der Unlicensed-Medikamente in

unserer Klinik danken.

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Anhang 96

Ein außerordentlicher Dank gebührt auch meinen Freunden und einigen

Familienmitgliedern, die mir immer wieder mit Motivation und Verständnis zur

Seite standen, mich auf dem oft mühsamen Weg begleitet und die Hoffnung auf

die Fertigstellung dieses Werkes nie aufgegeben haben.

Ganz herzlich möchte ich mich bei meinem Freund Michael bedanken. Ohne

ihn, seine Unterstützung und unsere gemeinsame Hoffnung, hätte dieses Werk

keine Vollendung gefunden.

Von ganzem Herzen möchte ich meinen Eltern – Günter und Kornelia Knöppel

– danken, die mir das alles ermöglichten und in guten und in schlechten

Lebenslagen hinter mir gestanden und meinen Werdegang in Liebe begleitet

haben und begleiten.

Ein herzlicher Dank gilt auch meinem Bruder Michael, ohne den vieles nur halb

so schön wäre.

Ein besonderer Dank geht an meinen Großvater Heinrich Schick, der trotz

seiner schweren Krankheit eine Quelle der Zuversicht und Energie war. Er

motivierte mich durch seine positive Einstellung bis zu seinem frühzeitigen Ver-

sterben am 29.April 1997 meinen „Medizinerweg“ zu gehen.

Leider kann er – wie auch meine Großeltern Katharina und Adam Knöppel – die

Fertigstellung meiner Dissertation nicht mehr erleben. Diesen besonderen Tag

erlebt nun als einzig lebende meine herzensgute Großmutter und „Zweitmutter“

Maria Schick.