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= = = = = = Approximative Modellierung, Systemidentifikation und Reglerentwurf mittels gewichteter Kombination lokaler Zustandsraummodelle am Beispiel fluidischer Antriebe Horst Schulte

Approximative Modellierung, Systemidentifikation und ......Skalar kleiner Buchstabe Vektor fetter kleiner Buchstabe Matrix fetter großer Buchstabe Mengen großer Buchstabe mit doppeltem

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Approximative Modellierung, Systemidentifikation

und Reglerentwurf mittels gewichteter Kombination

lokaler Zustandsraummodelle am Beispiel

fluidischer Antriebe

Horst Schulte

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Die vorliegende Arbeit wurde vom Fachbereich Maschinenbau der Universität Kassel als Dissertation zur

Erlangung des akademischen Grades eines Doktors der Ingenieurwissenschaften (Dr.-Ing.) angenommen.

Erster Gutachter: Prof. Dr. H. Hahn

Zweiter Gutachter: PD Dr. A. Linnemann

Tag der mündlichen Prüfung 22. Juni 2005

Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek

Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen

Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über

http://dnb.ddb.de abrufbar

Zugl.: Kassel, Univ., Diss. 2005

ISBN 3-89958-175-X

URN urn:nbn:de:0002-1754

© 2006, kassel university press GmbH, Kassel

www.upress.uni-kassel.de

Umschlaggestaltung: 5 Büro für Gestaltung, Kassel

Druck und Verarbeitung: Unidruckerei der Universität Kassel

Printed in Germany

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Meiner Frau Ingrid Wenker

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Danksagung

Die vorliegende Arbeit entstand wahrend meiner Tatigkeit als wissenschaftlicher Mit-arbeiter im Fachgebiet Regelungstechnik und Systemdynamik des Fachbereichs Ma-schinenbau der Universitat Kassel.

Mein besonderer Dank gilt Herrn Prof. Dr. rer. nat. H. Hahn. Er betreute mein For-schungsvorhaben und begutachtete die Arbeit. Uber die gesamte Zeit gab er mir durchseine kritischen Anregungen neue Impulse und durch die große Freiheit die Moglich-keit, meine Forschungsaktivitaten eigenverantwortlich zu gestalten, was ich immer alsbesonders angenehm und motivierend empfunden habe.

Herrn PD Dr. rer. nat. A. Linnemann danke ich fur das dieser Arbeit entgegenge-brachte große Interesse und fur die Ubernahme des Korreferates. Ebenso danke ich denProfessoren Dr.-Ing. A. Matzenmiller und Dr.-Ing. O. Wunsch fur die Beteiligung amPromotionsverfahren.

Ich mochte mich ganz herzlich bei allen Kollegen des Fachgebiets und des DFG Gra-duiertenkollegs ,,Identifikation von Material- und Systemeigenschaften” fur ihre sehrfreundschaftliche und stets hilfsbereite Art bedanken. Insbesondere mochte ich hierHerrn Dr. rer. nat. H. J. Sommer fur die zahlreichen fruchtbaren Diskussionen danken.

Den Herren Dipl.-Ing. P. Gerland und Dipl.-Ing. M. Besel danke ich fur die Un-terstuzung meines Projektes durch ihre Studien- und Diplomarbeiten.

Der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) danke ich fur die Forderung im Rah-men des Graduiertenkollegs ,,Identifikation von Material- und Systemeigenschaften”.

Ich danke nicht zuletzt meiner Frau Ingrid Wenker ganz herzlich fur die Kraft, morali-sche Unterstuzung, fur die Korrektur des Manuskripts und manch schone Formulierung.

Kassel, im April 2005

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Kurzfassung

Diese Arbeit behandelt die Problemstellung der approximativen Modellierung und Sys-temidentifikation basierend auf gewichteten Kombinationen lokal linearer Zustands-raummodelle mit dem Ziel der modellbasierten Reglersynthese. Am Beispiel geregelterfluidischer Antriebe werden die Moglichkeiten, aber auch die Grenzen dieser Methodeuntersucht und experimentell erprobt.Fluidische Antriebe zeichnen sich allgemein durch ein stark nichtlineares Verhalten aus.Hierbei verursacht die nichtlineare Kopplung zwischen ventilgesteuerten Massenflussenund dem Druckaufbau in den Zylinderkammern der Antriebe, sowie dem Druckaufbauund der mechanischen Last eine Anderung der Antriebsdynamik, insbesondere die derpositions- und lastabhangigen Dynamik. In der industriellen Praxis werden fluidischeAntriebe in Servosystemen meist mit linearen Reglern betrieben. Da die lineare Rege-lung eines nichtlinearen Systems nur in der Nahe eines Arbeitspunktes optimal ist, sindaufgrund des nichtlinearen Verhaltens der Antriebe die damit erzielten Regelguten be-grenzt. Viele Anforderungen, die an zukunftige Servosysteme gestellt werden, konnendamit nicht mehr erfullt werden. Es ist daher erforderlich, das nichtlineare Verhaltender Antriebe im modellbasierten Reglerentwurf zu berucksichtigen, um die Regelgute,wie z.B. die Positioniergenauigkeit, in weiten Stellbereichen zu verbessern.Hierzu wird ein approximativer Modellansatz, auch bekannt als Takagi-Sugeno FuzzySystem, zur Beschreibung nichtlinearer Systeme verwendet, der auf einer gewichtetenKombination lokal linearer und affiner Zustandsraummodelle basiert. Dieser wird imHinblick auf die Approximationsgenauigkeit zunachst allgemein und dann anhand vonFallbeispielen analysiert.Im anwendungsorientierten Teil dieser Arbeit werden problemangepasste Modellstruk-turen von fluidischen Linearantrieben als Streckenbeschreibung fur den Entwurf vonGain-Scheduling PI-Zustandsreglern hergeleitet. Die unbekannten Modellparameter wer-den mit Systemidentifikationsverfahren aus Messdaten in verschiedenen Arbeitspunk-ten geschatzt und danach im globalen Modell experimentell validiert. Dann wird theo-retisch nachgewiesen und durch Experimente an einem servopneumatischen Antrieb ge-zeigt, dass die approximative Modellbeschreibung ausreicht, um einen Gain-Scheduling-Regler zu entwerfen, der spezielle harte Anforderungen erfullt, die an die Regelung imGlobalen, d.h. im gesamten Arbeitsbereich gestellt wird.Daruber hinaus wird gezeigt, dass sich dieser neue Ansatz zur Beschreibung des Stri-beck-Effekts zur Reibkraftkompensation in fluidischen Antrieben effektiv einsetzenlasst.

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Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung 11.1 Motivation und allgemeine Problemstellung . . . . . . . . . . . . . . . 1

1.2 Gewichtete Kombination lokal linearer Zustandsmodelle . . . . . . . . . 31.3 Literaturuberblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5

1.3.1 Nichtlineare Systemidentifikation . . . . . . . . . . . . . . . . . 61.3.2 Gain-Scheduling Regelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9

1.3.3 Regelung fluidischer Antriebe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141.4 Ziel und Gliederung der Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21

I Analyse und Interpretation gewichteter Kombinationlokaler Zustandsmodelle 25

2 Modellstruktur 27

2.1 Takagi-Sugeno Fuzzy Systeme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 272.1.1 TS Fuzzy Systeme mit statischen Funktionen . . . . . . . . . . 28

2.1.2 TS Fuzzy Systeme mit Zustandsmodellen . . . . . . . . . . . . . 292.2 Gewichtete Kombination linearer und affiner Zustandsmodelle . . . . . 31

2.3 Definition der Zugehorigkeitsfunktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 342.4 Modellstruktureigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37

2.5 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46

3 Approximative Modellierung nichtlinearer dynamischer Systeme 493.1 Approximation der rechten Seite . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49

3.2 Lokale Modellanzahl und Approximationsgenauigkeit . . . . . . . . . . 573.2.1 Notwendige Modellanzahl zur Approximation vektorwertiger Funk-

tionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 573.2.2 Notwendige Modellanzahl zur Approximation vektorwertiger Funk-

tionen mit Eingangsvektor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 633.2.3 Reduktion der notwendigen Modellanzahl . . . . . . . . . . . . . 68

4 Fallbeispiele zur approximativen Modellierung 714.1 Mechanischer Oszillator mit nichtlinearer Feder . . . . . . . . . . . . . 71

ix

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x INHALTSVERZEICHNIS

4.2 Mechanischer Oszillator mit nichtlinearer Feder und nichtlinearem Damp-fer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79

4.3 Mechanischer Oszillator mit variabler Masse . . . . . . . . . . . . . . . 884.4 Mechanischer Oszillator mit Reibkontakt . . . . . . . . . . . . . . . . . 97

II Nichtlineare Systemidentifikation 105

5 Lokale Systemidentifikation und globale Validierung 1075.1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1075.2 Lokale Systemidentifikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108

5.2.1 Schatzung im Frequenzbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1095.2.2 Schatzung im Zeitbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1135.2.3 Lokale Systemanregung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115

5.3 Globale Modellvalidierung und globale Systemidentifikation . . . . . . . 123

6 Systemidentifikation von servopneumatischen Antrieben 1276.1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1276.2 Aufbau und Wirkprinzip pneumatischer

Antriebe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1286.3 Experimentelle Sensitivitatsanalyse zur Abschatzung der lokalen Mo-

dellanzahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1306.3.1 Wahl des Sollsignals . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1306.3.2 Einfluss der Kolbenposition auf die Systemdynamik . . . . . . . 1336.3.3 Einfluss der Lastmasse auf die Systemdynamik . . . . . . . . . . 1396.3.4 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140

6.4 Lokale Systemidentifikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1416.4.1 Lokale Zustandsmodelle dritter Ordnung . . . . . . . . . . . . . 1426.4.2 Lokale Zustandsmodelle vierter Ordnung . . . . . . . . . . . . . 1476.4.3 Modell zur Reibkraftkompensation . . . . . . . . . . . . . . . . 150

6.5 Experimentelle globale Modellvalidierung . . . . . . . . . . . . . . . . . 1556.6 Vergleich der identifizierten Modelle mit einem bekannten nichtlinearen

Zustandsraummodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1666.7 Modellansatz fur servohydraulische Antriebe . . . . . . . . . . . . . . . 171

III Gain-Scheduling Reglerentwurf 177

7 Stabilitatsanalyse 1797.1 Motivation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1797.2 Stabilitatskriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181

7.2.1 Stabilitatssatze fur die Klasse der gewichteten Kombination lokallinearer Modelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181

7.2.2 Stabilitatskriterien mittels linearer Matrixungleichungen . . . . 186

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INHALTSVERZEICHNIS xi

7.2.3 Reduktion der Anzahl der verkoppelten linearen Matrixunglei-chungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188

8 Reibkraftkompensation 1918.1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1918.2 Struktur der Storgroßenaufschaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1928.3 Experimentelle Untersuchungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193

9 Reglerentwurf am Beispiel servopneumatischer Antriebe 1979.1 Anforderung an die Positionsregelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1979.2 Gain-Scheduling Zustandsregler mit I-Anteil . . . . . . . . . . . . . . . 1989.3 Bestimmung der Reglerkoeffizienten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201

9.3.1 Lokale Reglersynthese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2019.3.2 Globaler Stabilitatsnachweis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202

9.4 Reglerimplementierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2049.4.1 Schatzung der aktuellen Last . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2049.4.2 Anmerkung zur diskreten Realisierung des Reglers . . . . . . . . 205

9.5 Experimentelle Reglervalidierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2069.5.1 Untersuchungen mit diskreten Lastanderungen . . . . . . . . . . 2069.5.2 Untersuchungen bei Anderung der mittleren Position . . . . . . 207

10 Zusammenfassung und Ausblick 21310.1 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21310.2 Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215

A Definitionen und Hilfssatze 217A.1 Hessesche Matrix . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217A.2 Hilfssatze zur Fehlerabschatzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217

B Approximative Modellierung 219B.1 Abschatzung des Approximationsfehlers . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219

C Begriffe der konvexen Analysis 223

D Programmbeschreibung zur Simulation 227

E Programmbeschreibungen zur Systemidentifikation 231E.1 Lokale Schatzung im Frequenzbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231E.2 Lokale Schatzung im Zeitbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232

F Technische Daten 235F.1 Versuchsstand A . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235

F.1.1 Antriebsdaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235F.1.2 Servoventil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237F.1.3 Sensoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237

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xii INHALTSVERZEICHNIS

F.1.4 Reglerhardware . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239F.2 Versuchsstand B . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 240

F.2.1 Antriebsdaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 240F.2.2 Sensoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 240F.2.3 Reglerhardware . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 242

G Geschatzte Modellparameter 243G.1 Versuchsstand A . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243

G.1.1 Parameter der lokal linearen Druckaufbaugleichung . . . . . . . 243G.1.2 Parameter der Bewegungsgleichung . . . . . . . . . . . . . . . . 244G.1.3 Parameter der nichtlinearen Druckaufbaugleichung . . . . . . . . 244

G.2 Versuchsstand B . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245G.2.1 Parameter der lokal linearen Druckaufbaugleichung . . . . . . . 245G.2.2 Parameter der Bewegungsgleichung . . . . . . . . . . . . . . . . 245G.2.3 Parameter der nichtlinearen Druckaufbaugleichung . . . . . . . . 246

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Nomenklatur

Dieses Verzeichnis enthalt die mathematischen Notationen und Operatoren, Formelzei-chen, Indizes und Abkurzungen, die in dieser Arbeit verwendet werden.

Hinweis: Die Schreibweise in dieser Arbeit entspricht den Regeln der neuen deutschenRechtschreibung.

Allgemeine Schreibweise

Schreibweise Schriftstarke und -art

Skalar kleiner BuchstabeVektor fetter kleiner BuchstabeMatrix fetter großer BuchstabeMengen großer Buchstabe mit doppeltem senkrechten Strich, z.B. G,RVektorraum großer Buchstabe

Abkurzungen

DFT diskrete Fourier-Transformation (engl. discrete Fourier transform)FFT schnelle Fourier-Transformation (engl. Fast Fourier transform)LFT lineare fraktionale Transformation (engl. linear fractional transformation)LMI lineare Matrixungleichung (engl. linear matrix inequation)LPV lineares parameterveranderliches (System) (engl. linear parameter-varying)LS kleinste Quadrate (engl. Least-Squares)PLM polytopische lineare Modelle (engl. polytopic linear models)WCSE gewichtete Kombination statischer Matrizengleichungen

(engl. weighted combination of static matrix equations)WCLS gewichtete Kombination linearer Zustandsmodelle

(engl. weighted combination of linear State-space models)WCAS gewichtete Kombination affiner Zustandsmodelle

(engl. weighted combination of affine State-space models)

xiii

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xiv INHALTSVERZEICHNIS

Mathematische Symbole und Operatoren

Symbol Bedeutung

Cν(E) Menge aller Funktionen, die auf E definiert sind und deren partielleAbleitungen der Ordnung ≤ ν alle auf E vorhanden und stetig sind

u(·) Vektorfunktionu(t) Wert der Vektorfunktion u(t) zum Zeitpunkt trf (x,u) Restglied der Taylorreihenentwicklung von f(x,u)rg(x,u) Restglied der Taylorreihenentwicklung von g(x,u)ε absolute Schranke des Approximationsfehlersεt Approximationsfehler des Zustandsvektors uber die Zeitξ Zustandsvektor des dynamisch linearisierten nichtlinearen Systems

der Form x = f(x,u)

ξ Zustandsvektor der gewichteten Kombination lokaler Zustandsmodelle alsApproximation dynamisch linearisierter nichtlin. Systeme x = f (x,u)

C Menge der komplexen ZahlenN Menge der naturlichen Zahlen, N := 1, 2, ...R Menge der reellen ZahlenR+ Menge der nicht-negativen reellen ZahlenR∗+ Menge der positiven reellen Zahlen

Rd d-dimensionaler Vektorraum, d ∈ N

ceil(x) : R → N, liefert den kleinsten ganzzahligen Wert kleiner als xEig[X] Eigenwerte der Matrix X

sgn(x) =

+1 falls x > 0−1 falls x ≤ 0

a die zu a ∈ C komplex konjugierte Zahl

‖x‖1 L1 Norm vom Vektor x ∈ Rn, ‖x‖1 :=n∑

i=1

|xi|

‖x‖2 euklidische Norm vom Vektor x ∈ Rn, ‖x‖2 :=

√n∑

i=1

x2i

‖x‖∞ Maximumnorm vom Vektor x ∈ Rn, ‖x‖∞ := max1≤i≤n

|xi|

‖A‖F Frobenius-Norm der Matrix A ∈ Rm×n, ‖A‖F :=

√m∑

i=1

n∑j=1

| aij|2

co(Ω) konvexe Hulle der konvexen Matrizenmenge Ωsupx∈X

f (x) Supremum der Funktion f auf x ∈ XIn Einheitsmatrix ∈ Rn×n

0m×n Nullmatrix ∈ Rm×n

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INHALTSVERZEICHNIS xv

Gewichtete lokale Zustandsmodelle

Symbol Bedeutung

Ai Systemmatrix des i-ten linearen oder affinen Modells, Ai ∈ Rn×n

Bi Eingangsmatrix des i-ten linearen oder affinen Modells, Bi ∈ Rn×m

C i Ausgangsmatrix des i-ten linearen oder affinen Modells, C i ∈ Rp×n

Di Durchgangsmatrix des i-ten linearen oder affinen Modells, Di ∈ Rp×m

MfL links-geoffnete stuckweise lineare ZugehorigkeitsfunktionMfR rechts-geoffnete stuckweise lineare ZugehorigkeitsfunktionMfsig Zugehorigkeitsfunktion als logistische Sigmoid-FunktionMftri dreiecksformige ZugehorigkeitsfunktionMftrap trapetzformige ZugehorigkeitsfunktionMfbell Zugehorigkeitsfunktion als GlockenkurveMfbell2 Zugehorigkeitsfunktion als zweiseitige GlockenkurveMij Wert des Zugehorigkeitsgrad der Eingangskomponente zj zur

Fuzzy-Menge Zij

Ri i-te Fuzzy-Regelai konstanter Vektor ai ∈ Rn der Zustandsdifferentialgleichung

der affinen Zustandsmodelle, siehe (2.16)ci konstanter Vektor ci ∈ Rp der Ausgangsgleichung der affinen

Zustandsmodelle, siehe (2.16)u gemeinsamer Eingangsvektor u ∈ R

m der i = 1, ..., r linearen oderaffinen Zustandsmodelle, siehe (2.15), (2.16)

x gemeinsamer Zustandsvektor x ∈ Rn der i = 1, ..., r linearen oder

affinen Zustandsmodelle, siehe (2.15), (2.16)y gemeinsamer Ausgangsvektor y ∈ R

p der i = 1, ..., r linearen oderaffinen Zustandsmodelle, siehe (2.15), (2.16)

r Anzahl der zeitinvarianten lokal linearen oder affinen Zustandsmodellewi Wert des algebraischen Produkts der Zugehorigkeitsgrade Mij

uber j = 1, · · · , l der i-ten Fuzzy-Regelz Vektor der unabhangigen Variablen der Gewichtsfunktion αi,

auch bekannt als Scheduling-Vektor, z ∈ Rl

Z Gewichtsraum oder Scheduling-Raum Z ⊂ Rl mit l = dim(z)zj Komponente vom Vektor z mit zj ∈ R

αi, αj Gewichtsfunktionen fur i = 1, ..., r oder j = 1, ..., rαi(z) Wert der Gewichtsfunktion αi an der Stelle zγ1, γ2, γ3, γ4 Parameter der Zugehorigkeitsfunktionen (2.25a), (2.25b), (2.25c),

(2.25d), (2.27a), (2.27b) und (2.27c)θM

i Parametervektor der Zugehorigkeitsfunktionen, s.o.

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xvi INHALTSVERZEICHNIS

Systemidentifikation

Symbol Bedeutung

CF [u(t)] Crestfaktor des Signals u(t), siehe Gl. (5.30)EMrms euklidische Norm der Ausgangsfehler, siehe Gl. (5.48)EM∞ maximaler absoluter Fehler der Ausgangsfehler, siehe Gl. (5.49)EXrms euklidische Norm der Zustandsfehler, siehe Gl. (5.51)EX∞ maximaler absoluter Fehler der Zustandsfehler, siehe Gl. (5.52)KF [u(t)] Klirrfaktor des Signals u(t) (engl. distortion factor),

siehe Gl. (5.35), (5.46)Mi lokale Modellstruktur, die der Systemidentifikation zugrunde liegtPNi

Kovarianzmatrix einer LS-Schatzung aus Ni Datensatzen,siehe Gl. (5.29)

U(ω) Fourier-transformierte von u(t)V (θi, Z

Ni) Kostenfunktion (allgemein) einer SchatzfunktionVWLS(θi, Z

Ni) Kostenfunktion der gewichteten LS Schatzfunktion, siehe Gl. (5.24)VML(θi, Z

Ni) Kostenfunktion des Maximum-Liklihood-Schatzers, siehe Gl. (5.15)Y (ω) Fourier-transformierte von y(t)ZNi aus Ni Abtastungen gemessene Datensatze des lokalen

i’ten Arbeitsbereichs, siehe Def. (5.4)θi zu schatzender Parametervektor der lokalen Modellstrukturen Mi

wobei θi ∈ R ist

θNiSchatzer von θi basierend auf den Messdaten ZNi

E(x) Erwartungswert der Zufallszahl xVar(x) Varianz der Zufallszahl xCov(x) Kovarianz der Zufallszahlen x und y

Stabilitatsanalyse und Reglerentwurf

Symbol Bedeutung

e∞ stationare Regelabweichungfc Eckfrequenz (engl. cut-off frequency)ts Ausregelzeit (engl. settling time)Mp UberschwingweiteF i Zustandsruckfuhrungsmatrizen fur i = 1, . . . , rLi Beobachtermatrizen fur i = 1, . . . , rP symmetrisch positiv definite MatrixQi symmetrisch positiv definite Matrizen fur i = 1, . . . , rQij symmetrisch positiv definite Matrizen fur i, j = 1, . . . , r

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INHALTSVERZEICHNIS xvii

Servopneumatische Antriebe

Symbol Bedeutung

AK Flache des Kolbens der Zylinderkammer in [m2]ABP wirksame Flache des Bypassflusses in [m2]d1, . . . , d4 Steuerschieberdurchmesser an den Steuerkanten im Servoventil in [m]dFf

Koeffizient der viskosen Dampfung der Reibkraft in [N/m/s]Fc Koeffizient der Coulomb’schen Reibung in [N]Ff Reibkraft in [N]

Ff geschatzte Reibkraft in [N]Fs Koeffizient der Haftkraft in [N]LK Hublange in [m]m1 Massenfluss von der Zylinderkammer I in die Umgebung in [kg/s]m2 Massenfluss von der Druckversorgung in die Zylinderkammer I in [kg/s]m3 Massenfluss von der Druckversorgung in die Zylinderkammer II in [kg/s]m4 Massenfluss von der Zylinderkammer II in die Umgebung in [kg/s]mI,II Zylinderkammermassenflusse in [kg/s]mBP BypassmassenflussmK Masse des Kolbens und der Kolbenstange in [kg]mL Lastmasse in [kg]pkrit kritisches DruckverhaltnispL Druckdifferenz zwischen den Zylinderkammern I, II in [Pa] bzw. [N/m2]pL0 statische Druckdifferenz zur Kompensation der Gewichtskraft in [N/m2]PR Umgebungsdruck in [Pa] bzw. [N/m2]PS Versorgungsdruck in [Pa] bzw. [N/m2]pI Druck in der Zylinderkammer I in [Pa] bzw. [N/m2]pII Druck in der Zylinderkammer II in [Pa] bzw. [N/m2]QLi

Druckdifferenzkoeffizient der Druckaufbaugl. (6.20a)Qdxi

Geschwindigkeitskoeffizient der Druckaufbaugl. (6.20a)Qxvi

Ventilkoeffizient der Druckaufbaugl. (6.20a)Rg Gaskonstante von Luft in [Nm/(kg K)]uv Steuerspannung des Servoventils in [V]xK Kolbenposition in [m] bezogen auf die MittelstellungxK Kolbengeschwindigkeit in [m/s]xK Kolbenbeschleunigung in [m/s2]xuj

Steuerkantenuberdeckung im Servoventil in [m]xv Lage des Langsschiebers im Servoventil in [m]αBP Durchflusskoeffizient des BypassflussesαD1,D2,D3,D4 Durchflusskoeffizienten des ServoventilsαKF Verhaltnis der Stirnflachen vom Antriebskolbenκ Adiabatenexponent

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Kapitel 1

Einleitung

1.1 Motivation und allgemeine Problemstellung

Die gesteigerten Anforderungen, die an zukunftige Maschinen und Anlagen in Bezugauf Verfahrgeschwindigkeit, Positionier- und Bahngenauigkeit gestellt werden, verlan-gen im zunehmenden Maße den Einsatz mathematischer Modelle. Diese sind fur diequantitative Beschreibung und Vorhersagbarkeit der Maschinendynamik in der offenenSteuerkette als auch im geschlossenen Regelkreis unabdingbar.In den letzten 10 bis 15 Jahren sind im Bereich der rechnergestutzten Modellierungerhebliche Fortschritte erzielt worden. Unter anderem wurden mathematische Ver-fahren und Berechnungsmethoden so aufbereitet, dass sie nun dem in der Entwick-lung und Konstruktion arbeitenden Ingenieur in Form von Simulationsprogrammenzur Verfugung stehen. Fur verschiedene Problemstellungen aus den Bereichen derMehrkorperdynamik, der Dynamik elektrischer Maschinen und Antriebe, sowie derFluidtechnik, werden bereits Simulationsprogramme eingesetzt. Diese beruhen auf dermathematischen Beschreibung der Dynamik der Einzelkomponenten, die vom Anwen-der zu einem Gesamtsystem zusammengesetzt werden konnen. So werden z.B. zurSimulation der Dynamik einer hydraulisch betriebenen Fahrzeugfederung alle Verbin-dungsschlauche, Ventile, Antriebszylinder inklusive der Reibkrafte zwischen Kolbenund Zylinderwand, sowie das mit dem Fluidsystem verkoppelte Fahrzeug (beschriebendurch ein Mehrkorpersystem), modelliert. Dabei konnen Differentialgleichungssystememit sehr hoher Ordnung entstehen, Systeme von zwanzig- bis dreißigfacher Ordnungsind dabei durchaus ublich. In vielen Fallen sind jedoch aus Sicht der Regelungstech-nik Systeme ab zehn bis zwanzigfacher Ordnung mit einem vertretbaren Aufwand nichtmehr systematisch behandelbar.Basierend auf einem mathematischen Modell, das die Dynamik des zu regelnden Pro-zesses beschreibt, wird in der Regelungstechnik ublicherweise eine Reglerstruktur mitfreien Parametern angesetzt. Mit Hilfe zuvor festgelegter Gutekriterien werden an-schließend die Reglerparameter berechnet. Hierbei kann die nichtlineare Dynamik aufverschiedene Weise in das Entwurfsverfahren einfließen. Beim robusten Entwurf mitlinearen Reglern werden die Nichtlinearitaten uber Modellunsicherheiten erfasst. Sie

1

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2 KAPITEL 1. EINLEITUNG

verursachen gegenuber der nominellen linearen Streckenbeschreibung Abweichungen,die nur in der unmittelbaren Umgebung des Arbeitspunktes ausreichend prazise sind.Ein etabliertes, robustes Entwurfsverfahren ist die Berechnung H∞-optimaler Reglerim Zustandsraum [46]. Um die Anforderungen an die Regelung fur tolerierbare Modell-unsicherheiten quantifizieren zu konnen, mussen neben dem Streckenmodell auch Ge-wichtsfunktionen zur Spezifikation der Entwurfsziele bestimmt werden. Dadurch wirddie Ordnung des Systems sowie, bedingt durch das Berechnungsverfahren, ebenfallsdie Ordnung des linearen Reglers erhoht. Dies hat weitreichende Konsequenzen furdessen Implementierung. Im Gegensatz zu einfachen Reglern (dies sind ublicherweisedynamische Systeme bis zur dritten Ordnung) ist der Implementierungsaufwand beiSystemen hoherer Ordnung um einiges aufwendiger und fehleranfalliger. Zusatzlich isteine Analyse der Auswirkungen nicht berucksichtigter bzw. nachtraglich aufgetrete-ner Streckendynamiken nur noch mit rechnergestutzten Entwurfsverfahren moglich.Dadurch wird der Zugang uber eine physikalische Deutung erschwert oder ganz ver-hindert.Ein anderes Entwurfsverfahren, das die Nichtlinearitaten der Strecke berucksichtigt, istdie Methode der exakten Linearisierung. Im Gegensatz zum vorhergehenden Verfahrenmussen die Nichtlinearitaten der Strecke in Form eines geschlossenen mathematischenModells vorliegen. Dabei wird das nichtlineare System mittels einer nichtlinearen Ko-ordinatentransformation und eines nichtlinearen Ruckfuhrgesetzes exakt in ein linearesSystem uberfuhrt. Fur dieses System kann dann ein linearer Regler mit bekannten li-nearen Entwurfsmethoden ermittelt werden. Auch hierbei konnen bedingt durch dasBerechnungsverfahren Regler hoher Komplexitat entstehen.Eine weitere wichtige Aufgabe fur den Regelungsingenieur ist neben dem Entwurf,der Nachweis der Stabilitat fur den gesamten Arbeitsbereich des geschlossenen nicht-linearen Systems. Hierbei mussen auch Streckendynamiken beachtet werden, die imvorhergehenden Entwurf unberucksichtigt blieben. Haufig wird in der Praxis mangelsanwendbarer Methoden eine große Anzahl von Simulationen durchgefuhrt, um die Viel-zahl der Betriebszustande in einem definierten Arbeitsraum erfassen zu konnen. Da einSystem erst dann als stabil gilt, wenn in der Simulation (auch gestutzt durch Expe-rimente) keine weiteren Instabilitaten auftreten, ist dieses Verfahren auf lange Sichtunbefriedigend und kann bei sicherheitsrelevanten Prozessen zu kritischen Situationfuhren [173].Zusammengefasst sehen wir uns der Tatsache gegenuber, dass trotz ausgefeilter Simu-lationsprogramme, die in den letzten Jahren verstarkt in der Entwicklung und Kon-struktion eingesetzt werden, aus Sicht des Regelungsingenieurs die hierbei verwendetenModelle fur den Reglerentwurf meist zu komplex sind.Zur Uberwindung dieses Problems will die vorliegende Arbeit einen Beitrag leisten.Ausgangspunkt ist dabei die approximative Modellierung basierend auf der Modellklas-se der gewichteten Kombination lokal linearer Zustandsraummodelle unter Ausnutzungvon Methoden der nichtlinearen Systemidentifikation und dem Gain-Scheduling Regler-entwurfsverfahren. Die Untersuchungen werden am Beispiel fluidischer Antriebssystemedurchgefuhrt, siehe hierzu den Literaturuberblick in Abschnitt 1.3.3. Die wesentlichen

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1.2. GEWICHTETE KOMBINATION LOKAL LINEARER ZUSTANDSMODELLE3

Aspekte dieser Modellklasse werden im folgenden Abschnitt vorgestellt.

1.2 Gewichtete Kombination lokal linearer Zustands-

modelle

Modelle mit Variablen, die zwischen den Ein- und Ausgangsgroßen eines zu beschrei-benden Systems vermitteln und die Systemzustande charakterisieren, werden als Zu-standsraummodelle bezeichnet. Diese gehen auf R. Kalman [89] zuruck und werdenseit Anfang der 60er Jahre neben Ein-/Ausgangsmodellen zur Behandlung von Rege-lungsproblemen verwendet. Zu jedem Zeitpunkt enthalten die Zustandsvariablen al-le Informationen, die notwendig sind, um zusammen mit zukunftigen Eingangen diezukunftigen Systemzustande und Ausgange vorhersagen zu konnen. Eine große An-zahl realer Systeme lasst sich durch solch ein Zustandsraummodell, im Folgenden kurzZustandsmodell genannt, als ein System von Differentialgleichungen und Ausgangsglei-chungen darstellen:

x = f (x,u) ,

y = g(x,u) ,(1.1)

mit dem Zustandsvektor x ∈ X ⊂ Rn, dem Steuer- bzw. Eingangsvektor u ∈ U ⊂R

m und dem Ausgangsvektor y ∈ Y ⊂ Rp. Hierbei konnen die rechten Seiten derGleichungen (1.1) im allgemeinen nichtlineare Funktionen in m + n Variablen sein.In vielen Fallen fuhrt eine Beschrankung auf einen

”kleinen“Arbeitsbereich des realen

nichtlinearen Systems zu einem linearen Modell der Form

x = Ax+Bu ,

y = C x+Du .(1.2)

Formal lasst sich das Ersatzsystem (1.2) bei gegebener Systembeschreibung (1.1) durchLinearisierung1 mit einer Taylorreihenentwicklung der rechten Seite und Vernachlassi-gung der hoheren Glieder gewinnen. Die weite Verbreitung der linearen Form (1.2) liegtdarin begrundet, dass die Systemeigenschaften eindeutig durch die zugehorigen Matri-zen (A,B,C,D) festgelegt sind. Der Nachweis von Systemeigenschaften, wie z.B. Steu-erbarkeit, Beobachtbarkeit und Stabilitat, lasst sich hierbei auf einfache algebraischeBedingungen zuruckfuhren [72]. Betont werden muss die Tatsache, dass diese Eigen-schaften nur in einem lokalen Bereich gelten. Ob die Systembeschreibung (1.2) danntatsachlich das leistet, was man von ihr erwartet, ist eine Frage, auf die es keine generel-le Antwort gibt [97]. Aus diesem Grund - und weil die Analyse in einem lokalen Bereichzu falschen oder widerspruchlichen Aussagen fuhren kann - wurde und wird die Ent-wicklung von Methoden zum Reglerentwurf auf der Basis von nichtlinearen Systemen

1Unter Linearisierung versteht man allgemein das Problem, zu einer gegebenen Differentialglei-chung eine andere zu finden, die linear und von moglichst einfacher Bauart ist und deren Losungendas gleiche asymptotische Verhalten wie die Losungen der Ursprungsgleichungen haben [97].

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4 KAPITEL 1. EINLEITUNG

(1.1) weiter vorangetrieben. Zu nennen ist hier an erster Stelle das Gebiet der nichtli-nearen geometrischen Regelungstheorie. Regelungstheoretiker, wie z.B. R.W. Brockett[32], R. Hermann [77], und H. Sussmann [176] erkannten in den 70er Jahren die Be-deutung von differentialgeometrischen Methoden fur die Analyse und den Entwurf vonnichtlinearen Reglern. Die Erweiterung der sogenannten geometrischen Methode nachW.M. Wonham [201] auf nichtlineare Systeme ist im wesentlichen auf A. Isidori [80]zuruckzufuhren. Dessen Arbeit ermoglichte in den 90er Jahren die Anwendung vonnichtlinearen Entwurfsmethoden, siehe z.B. [101, 135, 138].Anstatt von dem allgemein nichtlinearen Modell (1.1) auszugehen, wird in dieser Ar-beit ein anderer, ein approximativer Ansatz verfolgt. Der Vorteil gegenuber dem obengenannten exakten Verfahren liegt in der Moglichkeit, die Modellbildung durch System-identifikationsverfahren (offline sowie online) zu ersetzen oder zum Teil zu erganzen.Darauf soll im Laufe dieser Arbeit noch eingegangen werden.Die Grundidee hinter dieser Methode besticht zunachst durch ihre Einfachheit, so istes zu erklaren, dass unterschiedliche Forscher und anwendungsorientierte Ingenieurezum Teil unabhangig voneinander auf ahnliche Ansatze kamen, vgl. [28, 119, 174, 177].Die Idee basiert auf der Grundannahme, dass der Arbeitsraum eines allgemein nicht-linearen Systems (1.1), der in einem begrenzten Gebiet von R

n+m liegt, in einzelneArbeitsbereiche zerlegbar ist. Die einzelnen Bereiche mussen den Arbeitsraum, derdurch die zulassigen Wertebereiche der Systemzustande und Eingange definiert wird,vollstandig uberdecken. Anstatt (wie aus der linearen Systemtheorie bekannt) nur einlineares Ersatzsystem (1.2) zur Beschreibung der Systemdynamik in einem lokalen Be-reich zugrunde zu legen, wird in dieser Arbeit eine gewichtete Kombination von linea-ren Zustandsmodellen2 zur approximativen Beschreibung des nichtlinearen Systems imgesamten Arbeitsraum angesetzt. Die Gultigkeit jedes einzelnen Modells wird durchlokale Gewichtsfunktionen sichergestellt. Der folgende Modellansatz, auch bezeichnetals Takagi-Sugeno Fuzzy System [177] oder Polytopes lineares Modell [7], der im Laufedieser Arbeit unter verschiedenen Gesichtspunkten analysiert wird, besitzt die obengenannten Eigenschaften:

x(t) =r∑

i=1

αi(z) (Ai x + Biu+ ai) , x(t0) = x0

y(t) =

r∑i=1

αi(z) (Ci x + Di u + ci)

(1.3)

mit r als lokaler Modellanzahl. Die Gewichtsfunktionen αi(z) sind abhangig von den inder Literatur als Scheduling-Variablen bezeichneten Großen [96, 121], die im Scheduling-

2Moglich ist auch der Einsatz von lokal nichtlinearen Modellen. Dies ist in einer Arbeit vonM. Pottmann, H. Unbehauen und D.E. Seborg [110] untersucht worden. Jedoch ist aufgrund derKomplexitatsreduktion die Verwendung lokal linearer Modelle ublich.

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1.3. LITERATURUBERBLICK 5

Vektor z ∈ Rl zusammengefasst werden. Sie mussen die Bedingungen

αi(z) > 0 und

r∑i=1

αi(z) = 1 fur alle z (1.4)

erfullen. Die Wahl der einzelnen Scheduling-Variablen zj mit j = 1, . . . , l ist an-wendungsabhangig, beschrankt sich jedoch auf die Menge der messbaren Zustandex1, . . . , xn und Eingange u1, . . . , um. Zusatzlich kann z (dies wird in der vorlie-genden Arbeit ausgenutzt) noch Großen enthalten, die allgemein durch rekursive Pa-rameterschatzmethoden mit Messungen aus x und u ermittelbar sind, im Folgendenmit η = [ η1 . . . ηk ]T bezeichnet. Zusammengefasst ist zj = hj(x,u,η) fur j = 1, . . . , l.Da die rechten Seiten von (1.3), neben den linearen Modellen auch konstante Vektorenenthalten, unterscheidet man zwischen linearen Zustandsmodellen (Ai,Bi,Ci,Di),wobei ai = 0 und ci = 0 ist und affinen Zustandsmodellen (Ai,Bi,ai,Ci,Di, ci),vgl. [93].

Bemerkung 1.1. In dieser Arbeit werden ausschließlich Gewichtsfunktionsverlaufeuntersucht, die eine stetige Interpolation der lokalen Modelle bewirken. Ein andererAnsatz wird z.B. in den Arbeiten [124, 151] verfolgt. Anstelle einer stetigen Inter-polation werden dort die Zugehorigkeiten der lokalen Modelle durch Schaltfunktionenermittelt. Dabei ist immer nur ein lokales Modell aktiv. Diese Modelle gehoren zurKlasse der stuckweise linearen Modelle (engl. piecewise linear models) [121].

1.3 Literaturuberblick

Der Literaturuberblick gliedert sich in die Bereiche nichtlineare Systemidentfikation,Gain-Scheduling Regelung und Regelung fluidischer Antriebe auf. Ein umfassender Li-teraturuberblick zur nichtlinearen Systemidentifikation ist aufgrund der Vielzahl derMethoden, die auf unterschiedlichen Modellstrukturen beruhen, im Rahmen dieser Ar-beit nicht sinnvoll. Einen Uberblick und Einstieg in dieses Gebiet findet der interessierteLeser in [39, 58, 65, 125, 171]. Dieser Abschnitt beschrankt sich deshalb auf Verfahren,die auf der Klasse der gewichteten Kombination lokal linearer Modelle basieren. DerAbschnitt

”Regelung fluidischer Antriebe“ liefert einen Uberblick derjenigen Verfahren,

die bisher bei fluidischen Zylinderantrieben zur Lage- und Geschwindigkeitsregelung3

theoretisch untersucht und experimentell validiert wurden. Aufgrund des unterschiedli-chen dynamischen Verhaltens und der verschiedenen Einsatzgebiete wird hier zwischenservopneumatischen und servohydraulischen Antrieben unterschieden.Auf die Regelung fluidischer Antriebe bestehend aus flexiblen Materialien, wie z.B. pneu-matisch betriebene kunstliche Muskeln [40, 192], wird im Rahmen dieser Arbeit nichteingegangen.

3Auf die Konzepte zur Kraftregelung von Zylinderantrieben, wie sie zum Teil in Robotersteuerun-gen eingesetzt werden, wird im Rahmen dieser Arbeit nicht eingegangen.

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6 KAPITEL 1. EINLEITUNG

1.3.1 Nichtlineare Systemidentifikation

Systemidentifikationsverfahren, die auf der Klasse der gewichteten Kombination lokallinearer Modelle basieren, lassen sich in lokal lineare Ein-/Ausgangsmodelle und lokallineare Zustandsmodelle unterteilen, vgl. (1.3). Daruber hinaus unterscheidet man zwi-schen zeitdiskreten und zeitkontinuierlichen Modellen.Die uberwiegende Anzahl der Arbeiten zur nichtlinearen Systemidentifikation mit lo-kal linearen Modellen basiert auf zeitdiskreten Ein-/Ausgangsmodellen. Zu nennen sindhier u.a. die Arbeiten [29, 119, 120, 126]. Allen gemeinsam ist die Annahme, dass daszu modellierende System sich durch ein zeitdiskretes nichtlineares Ein-/Ausgangsmo-dell beschreiben lasst (dies wird in der Literatur auch als NARX Modell bezeichnet[39, 107]):

yk = h(yk−1,yk−2, . . . ,yk−L,uk,uk−1, . . . ,uk−M)

mit k = 1, . . . , N , M < N , L < N und N ∈ N wobei h eine glatte Funktion ist. DerModellansatz, der den Identifikationsverfahren mit lokal linearen Ein-/Ausgangsmodel-len zugrunde liegt, lautet:

yk ≈r∑

i=1

αi(zk) ( Bi(q)uk −Ai(q)yk + ai ) (1.5)

mit yk ∈ Rp, zk ∈ Rl, uk ∈ Rm, ai ∈ Rp und

Ai(q) :=

L∑j=1

aij q−j , Bi(q) :=

M∑j=0

bij q−j ,

wobei aij ∈ Rp×p, bij ∈ Rp×m und q der Shift-Operator ist: q−n uk := uk−n. DieIdentifikation mit (1.5) unterscheidet sich fundamental von einem Verfahren, dass auflokal linearen Zustandsmodellen (1.3) basiert [189]. Ein gemeinsamer Zustandsvektorwie im Ansatz (1.3) lasst sich in (1.5) nicht festlegen. Bei der Ubertragung der r Ein-/Ausgangsmodelle in r lokale Zustandsmodelle ist nicht garantiert, dass sich die Zu-standsmodelle auf dieselben Zustandsvariablen beziehen. Damit ist diese Modellklasseals Streckenbeschreibung fur den Reglerentwurf im Zustandsraum nicht geeignet, vorallem, da sich Mehrgroßenregelungen auf diese Art nicht systematisch entwerfen lassen.Der Reglerentwurf im Zustandsraum hat auch fur Eingroßenregelungen gegenuber demEntwurf mit Ein-/Ausgangs-Streckenbeschreibungen entscheidende Vorteile: Erstenskonnen rechnergestutzte Entwurfsverfahren und Programmroutinen, wie z.B. SLICOT(subroutine library in systems and control theory) [21], eingesetzt werden. Zweitenslassen sich die Regelguten gegenuber Regelungen mit nur einer Ausgangsruckfuhrung(einschleifige Regelung) entscheidend verbessern falls die Zustande messbar sind. ImFall von fluidischen Antrieben, die in herkommlicher Bauweise schwach gedampft sind,werden mit linearen Zustandsreglern um bis zu 40 % geringere Einschwingzeiten erzielt

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1.3. LITERATURUBERBLICK 7

als mit herkommlichen PID-Reglern [38, 166], vgl. Abschnitt 1.3.3. Drittens ist die Be-schreibung der Strecke im Zustandsraum gegenuber Ein-/Ausgangsmodellen vollstandi-ger [33, S.244], aber dennoch, wie in [139] dargelegt wird, aufgrund der geringerenAnzahl der freien Modellparameter, kompakter. In dieser Arbeit beschranken wir unsdeshalb auf die Klasse der gewichteten Kombination lokal linearer Zustandsmodelle[85, 177, 189, 190].Der Prozess der Systemidentifikation besteht aus zwei Teilen, die schrittweise, manch-mal auch iterativ hintereinander ausgefuhrt werden: Die Modellstrukturselektion, auchbekannt als Strukturidentifikation [175], und die Parameterschatzung. Die Struktur-identifikation beinhaltet die Zerlegung des Arbeitsbereichs [82, 83], d.h. Anzahl undGultigkeitsbereiche der lokalen Modelle mussen bestimmt werden, die Wahl der Schedu-ling-Variablen und die Festlegung der gemeinsamen Struktur und Ordnung der lokalenModelle. Bei zeitdiskreten Systemen muss zusatzlich die Abtastzeit gewahlt werden.Da es sich bei den lokalen Modellen mit wenigen Ausnahmen, vgl. [110], in der Re-gel um lineare Modelle handelt, wendet man bei Berucksichtigung der lokalen Gultig-keit die Methoden der linearen Systemidentifikation an. Zu nennen sind hierbei ins-besondere die Arbeiten von L. Ljung [107] fur zeitdiskrete Ein-/Ausgangsmodelle,von R. Pintelon und J. Schoukens [153] fur zeitkontinuierliche Ein-/Ausgangsmodelle(die im Frequenzbereich geschatzt werden) und von P. van Overschee und B. DeMoor [187] fur zeitdiskrete Zustandsmodelle. Weiterhin liefert [183] einen umfassen-den Uberblick zu linearen Systemidentifikationsverfahren, die auf zeitkontinuierlichenEin-/Ausgangsmodellen basieren.Die Auswahl der Arbeitsbereiche stutzt sich entweder auf ein unterschiedlich geartetesVorwissen (physikalisch, heuristisch) oder nutzt sogenannte Fuzzy-Clustering Verfah-ren aus. Mit diesen Verfahren lassen sich Messdatensatze aus dem gesamten Arbeitsbe-reich in Form von Ein-/Ausgangsdaten mit Hilfe eines Distanzmaßes iterativ zerlegen.Nach der Zerlegung werden die lokalen Modelle aus den Teildatensatzen geschatzt.Einen Uberblick zu den gangigen Fuzzy-Clustering Verfahren bietet [17]. Hauptin-tention dieser Verfahren, ist das Durchsuchen von Daten nach vollig unbekanntenNichtlinearitaten. Diese lassen sich uberwiegend auf nichtlineare Optimierungsproble-me zuruckfuhren. Der großte Nachteil ist dabei, dass die geschatzten Zugehorigkeits-funktionen die Konvexitatsbedingung in (1.4) nicht erfullen. Dies ist jedoch Vorausset-zung fur einen modellbasierten Reglerentwurf, wie er in dieser Arbeit angesetzt werdensoll. Abhilfe bietet ein neuer Algorithmus aus [45], der auf sogenannten adaptiven Fuz-zy C-Regressions Modellen mit konvexen Zugehorigkeitsfunktionen basiert. Jedoch istdieses Verfahren bisher nur fur eine gewichtete Kombination aus statischen linearenModellen untersucht worden.Aus diesem Grund wird in dieser Arbeit ein neuer problemangepasster Ansatz [158, 162]verfolgt. Da bei einer großen Anzahl von Aufgabenstellungen in der Regelungstechnikein physikalisches Vorwissen uber die Nichtlinearitaten des zu modellierenden Prozes-ses vorliegt oder sich mit messtechnischen Verfahren ermitteln lasst, die nicht immerin einen Identifikationsrahmen integriert werden konnen (wie z.B. die Verfahren zurReibkraftermittlung in [123]) wird die Arbeitsbereichszerlegung vor der eigentlichen

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8 KAPITEL 1. EINLEITUNG

Systemidentifikation ausgefuhrt.Zunachst werden dazu die sogenannten Scheduling-Variablen bestimmt, die den Sche-duling-Raum bilden. In Abhangigkeit von Genauigkeitsanforderungen und experimen-tellen Randbedingungen werden Arbeitspunkte in jenem festgelegt. Basierend auf derArbeitspunktverteilung werden anschließend parametrisierte Zugehorigkeitsfunktionenwie in [29] bestimmt. Bei geringem Vorwissen entspricht der Scheduling-Raum demArbeitsraum mit der Dimension n + m. Das heißt, das System kann nichtlinear inallen Zustands- und Eingangsvariablen sein. Weiß man mehr uber den zu modellieren-den Prozess, z.B. dass die Nichtlinearitat nur von einer Zustandsvariable oder einemEingangssignal abhangt, reduziert sich in diesem Fall der Ansatz auf einen eindimen-sionalen Scheduling-Raum.Nach der Wahl von r-Arbeitspunkten (jedem ist dabei ein lokales Modell zugeordnet)wird das zu identifzierende System um jeden dieser Arbeitspunkte mit einem geeig-neten Eingangssignal angeregt. Hierbei muss uberpruft werden, ob der lokal gultigeBereich nicht verlassen wird. Man erhalt somit fur jedes Modell zugehorige Datensatze,mit denen anschließend die lokalen Parameter geschatzt werden. Voraussetzung ist da-bei, dass der Prozess in den interessierenden Bereichen um steuerbare Arbeitspunkteangeregt werden kann. Auch hierbei wird, im Gegensatz zur Subspace Identifikations-methode [187], Prozessvorwissen ausgenutzt, welches die Struktur der Matrizen undVektoren (Ai,Bi,ai,Ci,Di, ci) festlegt. Mit einer Kombination aus Schatzungenim Frequenzbereich [153] und gewichteten Least-Squares Schatzern im Zeitbereich [50]werden die Matrixeintrage und Vektorkomponenten der lokalen zeitkontinuierlichenModelle bestimmt. Zum Schluss wird das System so angeregt, dass es den gesam-ten festgelegten Arbeitsraum durchlauft. Die aufgezeichneten Datensatze aus diesemVersuch werden fur eine globale Systemidentifikation genutzt. Hierbei werden die Pa-rameter der Zugehorigkeitsfunktionen, welche die Uberlappungsbereiche zwischen denlokalen Modellen charakterisieren, mit einem nichtlinearen Optimierungsalgorithmus[61] basierend auf auf einem globalen Kriterium [45] geschatzt.Im Gegensatz zu dem hier verfolgten problemangepassten Ansatz, steht ein allge-meingultiges Verfahren zur Systemidentifikation mit lokal linearen zeitkontinuierlichenZustandsmodellen bisher nicht zur Verfugung. Die Eigenschaft

”allgemeingultig“ bezieht

sich hierbei auf die anerkannte Unterscheidung zwischen Black-Box Identifikation undGrey-Box Identifikation. Nach den in [107] angegebenen Kriterien lasst sich der in dieserArbeit verwendete Ansatz unter den Grey-Box Identifikationsverfahren einordnen. Dasheißt in diesem Fall, dass die innere Struktur der Zustandsmodelle bekannt ist und dieunbekannten Matrixkoeffizienten und Vektorkomponenten weitestgehend physikalischinterpretierbar sind. Die Modellstrukturen sind an die zu modellierende Systemklasseder Fluidaktuatoren wie servopneumatische und servohydraulische Antriebe angepasst.Im Gegensatz dazu sind die Koeffizienten in den Black-Box Modellen nicht physikalischinterpretierbar und werden bei gegebener Modellordnung allein aus Ein-Ausgangsdatengeschatzt (vgl. hierzu die Arbeiten basierend auf der Klasse der lokal linearen zeitdiskre-ten Zustandsmodelle [189, 190, 191]). Bei der in dieser Arbeit verfolgten Zielstellung istdie physikalische Interpretierbarkeit jedoch Voraussetzung fur eine Reglerstruktur mit

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1.3. LITERATURUBERBLICK 9

Scheduling-Variablen, die entweder direkt physikalisch messbar sind (Kolbenpositionund Kolbengeschwindigkeit) oder uber physikalisch gemessene Werte online geschatztwerden (aktuelle Lastmasse).

1.3.2 Gain-Scheduling Regelung

Unter Gain-Scheduling Regelung versteht man allgemein eine automatisch gesteuerteAnpassung der Reglerkoeffizienten4 im laufenden Betrieb. Die Anpassung bzw. das Ver-stellen der Koeffizienten erfolgt dabei in Abhangigkeit von aktuellen Werten der soge-nannten Scheduling-Signale, die auch als Scheduling-Variablen bezeichnet werden. Manunterscheidet - bezogen auf den zu regelnden Prozess - zwischen externen und internenScheduling-Variablen. Zu internen Scheduling-Variablen zahlen gemessene Systemzu-stande und Eingange. In dieser Ubersicht beschranken wir uns auf Mechanismen bei de-nen die Reglerkoeffizient kontinuierlich in Abhangigkeit von den Scheduling-Variablenverstellt bzw. berechnet werden. Auf jene Verfahren mit diskreter Reglerauswahl [118]wird nicht eingegangen. Eine ausfuhrliche Ubersicht zu Gain-Scheduling Verfahren bie-ten hierzu die Arbeiten [104, 144].Bis zu Beginn der 90er Jahre war das Gain-Scheduling Regelungsverfahren ein reinanwendungsorientiertes Entwurfverfahren. Man verwandte dabei ausschließlich lineareEntwurfsmethoden. In den Ubergangsbereichen, also die Bereiche, bei denen die Reg-lerkoeffizenten aus einer Interpolation von linearen Reglern berechnet werden, standenfur den Nachweis der Stabilitat des Regelkreises lediglich Heuristiken und keine ma-thematischen Satze zur Verfugung. Man ging davon aus, dass die zeitliche Anderungder Scheduling-Variablen moglichst klein gegenuber der Dynamik der linearen Ersatz-systeme sein muss, da der Entwurf auf zeitlich konstanten Werten beruht und auchdie Ubergangsbereiche nur im sogenannten eingefrorenen System betrachtet werden(frozen time approach). Damit konnte jedoch nicht auf die Stabilitat fur beliebig zeit-veranderliche Scheduling-Variablen geschlossen werden.Die ersten Gain-Scheduling Regelungen wurden in Autopiloten und Raketensteuerun-gen praktisch eingesetzt. Zum Beispiel ist von dem Unternehmen Sperry Gyroscopezur Flugregelung ein Mechanismus zur Kompensation der Wirksamkeitsanderung derQuer- und Seitensteuerung entwickelt worden. In Abhangigkeit von der Fluggeschwin-digkeit wurde der Verstarkungsfaktor des Reglers (engl. gain) automatisch durch kon-tinuierliche Anderung der Verstarkung der Positionssensoren in den Servoantrieben derHohen- und Seitenruder angepasst. Das zugrundegelegte Regelkonzept bestand dabeiaus einer Modellfolgeregelung mit einer gewichteten Kombination von Fuhrungs- undStorubertragungsfunktionen. Aufgrund der gesteigerten Flexibilitat und Zuverlassig-keit im Bereich der Digital- und Mikroprozessortechnik wurden dann ab Ende der 70er

4Im Gegensatz zur adaptiven Regelung, bei der die Reglerkoeffizienten entweder mit einer ruckge-koppelten Fehlernorm und einem Einstellmechanismus (Adaption mittels Referenzmodell) oder durchSelf-Tuning basierend auf online geschatzten Streckenparametern angepasst werden. Die Klassifika-tion ist in der Literatur jedoch nicht einheitlich. In [14, S.1] zahlt z.B. jede Regelung mit einemAnpassungsmechanismus zur Klasse der adaptiven Regelung.

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10 KAPITEL 1. EINLEITUNG

Jahre neue Anwendungsgebiete erschlossen. Zu nennen ist hier insbesondere die erfolg-reiche Anwendungen im Bereich der Luft/Kraftstoffregelung von Verbrennungsmotorenmit dem Ziel der Kraftstoffeinsparung und Schadstoffreduktion [20, 64, 167].Allen Ansatzen ist gemeinsam, dass sie auf heuristischen Betrachtungen basieren undlediglich die einzelnen linearen Reglerkoeffizienten mittels klassischer Frequenzbereichs-verfahren fur feste Arbeitspunkte berechnet werden. Erst in den Arbeiten von A. Pack-ard [134] (1994), W.J. Rugh [143] (1991), und J.S. Shamma [168] (1990) wurde aufBasis von linearen parameterveranderlichen (LPV-) Systemen im Zustandsraum einsystematischer regelungstheoretischer Zugang entwickelt. Die Situation zu Beginn der90er Jahre bringt der folgende Kommentar gut zum Ausdruck [143]:

”What most striking about gain-scheduling is that, while it is ever more

widely used in practice, it has been widely ignored from a theoretical per-spective. In particular, it remains unstudied as an explicity nonlinear controlapproach. So it seems that gain-scheduling is another example of the lamen-ted theory/application gap but in this case application is ahead of theory“.

Ein LPV System ist ein lineares System mit Matrizen, deren Koeffizienten eine festeFunktion von zeitvariablen, bekannten Parametern sind. Ein LPV System kann dieDynamik eines nichtlinearen Systems approximativ beschreiben, wenn dieses aus derLinearisierung entlang bekannter Trajektorien abgeleitet wird und die Arbeitspunkteauf den Trajektorien mittels Scheduling-Variablen parametrisiert werden. Der großteNachteil dabei ist die eingeschrankte Gultigkeit des Ersatzsystems in der Umgebungdieser Trajektorien. Mit einer anderen Methode wird die Zustandsraumdarstellung ei-ner Strecke (1.1) auf eine Form gebracht (die aber nicht immer existieren muss) beider die nichtlinearen Terme (nichtlinear in den Zustanden und/oder Eingangen) durchneu definierte zeitveranderliche Parameter so ersetzt werden, dass ein LPV Systementsteht. Veranschaulicht wird dies durch das folgende Beispiel, vgl. [181]. Gegeben sei[

x1

x2

]=

[sin x1 + x2

(x1 + 1) x2 + u3

]. (1.6)

Mit der Definition des zeitveranderlichen Parameters θ := x1 und der Substitution derEingangsgroße u = u

1/3p erhalten wir das aquivalente System[x1

x2

]=

sin x1

x11

0 (x1 + 1)

︸ ︷︷ ︸

A(θ)

[x1x2

]+[01

]up , (1.7)

oder mit θ := [ x1 x2 ]T die Form[x1

x2

]=

sin x1

x1

1

x2 1

︸ ︷︷ ︸

A(θ)

[x1x2

]+[01

]up . (1.8)

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1.3. LITERATURUBERBLICK 11

Man sieht, dass die Umformung in ein LPV System nicht eindeutig ist. Meist sind meh-rere Darstellungsformen moglich. Solch ein System wird in der Literatur [144] auch alsquasi-LPV System bezeichnet, da die Anderung der Matrizenkoeffizienten des linearenSystems nicht durch physikalische Parameteranderungen sondern durch die in den Ko-effizienten enthaltenden Systemzustanden hervorgerufen wird. Damit grenzt man sichgegenuber den LPV Systemen ab, die tatsachlich Anderungen physikalischer Parame-ter in den Beschreibungsgleichungen, wie z.B. veranderliche Massen- oder Dampfungs-koeffizienten, enthalten.Die Regleranalyse und -synthese fur Streckenbeschreibungen in Form von LPV Syste-men ist nicht trivial. Einige Methoden sind in den Arbeiten [8, 202] (Stabilitatsanalyse)und [9, 144] (Reglerentwurf) beschrieben. Zum Beispiel wird bei der Stabilitatsuntersu-chung von Regelkreisen mit Zustandsruckfuhrung vorausgesetzt, dass die Anderungs-geschwindigkeit der Parameter θ bekannt ist oder nach oben abgeschatzt werden kann.Dabei werden die Vektorkomponenten θj ∈ R in der Streckenbeschreibung so normiert,dass −1 ≤ θj(t) ≤ 1 gilt. Fur den Stabilitatsnachweis werden quadratische Ljapunov-Funktionen der Form V (x, θ) = xT X(θ)x angesetzt, wobei X(θ) fur alle θ positivdefinit ist. Aufgrund der Abhangigkeit von reellwertigen Parametern ist der Stabi-litatsnachweis formal ein unendlichdimensionales Problem. Zur Losung wird in [8] einVerfahren zur Diskretisierung der Parameterwerte vorgeschlagen. Hierbei muss jedochbeachtet werden, dass der Einfluss der Diskretisierung auf die Anderungsgeschwindig-keiten θ und die Parametersensitivitat ∂/∂θj [X(θ)] bisher nicht untersucht wordenist.Zusammenfassend muss festgestellt werden, dass die Reglerentwurfsmethoden basie-rend auf Strecken in allgemeiner LPV Form auf konkrete Problemstellungen bishernicht anwendbar sind. In manchen Fallen ist es aber moglich, die Parameterabhangig-keit in den LPV Systemen durch eine lineare fraktionale Transformation [46, Kap.10](engl. linear fractional transformation, LFT) in einer Matrix zusammenzufassen. Dabeibleiben die restlichen Systemmatrizen von Strecke und Regler zeitinvariant. Die LFTBeschreibung eines Systems kann man als eine spezielle Realisierung eines LPV Syste-ms mit dem Vorteil eines vereinfachten Gain-Scheduling Reglerentwurfs nach [10, 134]auffassen. Die Parameteranderungen werden zunachst als unbekannte Storung eineszeitinvarianten Systems aufgefasst. Der zeitinvariante Anteil des Reglers wird dannmit zeitinvarianten Optimierungsmethoden berechnet. Anschließend werden die Para-meteranderungen erneut in das System eingefugt, um die parameterabhangigen Anteiledes Reglers zu ermitteln.Die Anwendbarkeit dieses Entwurfsverfahrens ist in den letzten Jahren anhand prak-tischer Problemstellungen erforscht worden:

• Eine lineare, geschwindigkeitsabhangige Regelung einer Asynchronmaschine wur-de in [181] (2001) entworfen und experimentell validiert. Aufgrund großer Unsi-cherheiten in den physikalischen Modellparametern wurden dabei identifizierteTeilmodelle in das Streckenmodell integriert.

• In [197] (2002) wurde zur Realisierung einer positionsabhangigen Mehrgroßenre-

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12 KAPITEL 1. EINLEITUNG

gelung einer Wafer-Plattform (mit drei Freiheitsgraden) ein Ansatz mit LPV/LFTEntwurfsmethoden vorgeschlagen. Das Streckenmodell in Form eines LPV Syste-ms basiert hier auf der Interpolation von an verschiedenen Arbeitspunkten iden-tifizierten, linearen Modellen.

• Zur Bahnfolgeregelung eines Industrieroboters ist in [205] (2003) ein LPV Reglerentworfen und am Beispiel eines ebenen, zweigelenkigen Roboterarms experimen-tell untersucht worden. Die Scheduling-Variablen werden anschließend durch diegemessenen Gelenkpositionen festgelegt.

• Zur Vorbereitung des Reglerentwurfs eines Turbo-Dieselmotors wurde in [88](2003) ein LPV System dritter Ordnung aus einem gegebenen nichtlinearen phy-sikalischen Modell bestimmt und experimentell validiert. Trotz grober Vereinfa-chungen konnten die gewunschten Druckverlaufe an drei Stellen im Luftpfad desMotors (Weg der angesaugten Luft vom Luftfilter uber das Saugrohr bis zumZylindervolumen) ausreichend genau prognostiziert werden. Der gemessene An-saugdruck sowie der Abgasdruck bilden hierbei die Scheduling-Variablen.

Mit Ausnahme des Roboterarms ist den genannten Anwendungsbeispielen gemeinsam,dass Approximationsverfahren zur Bestimmung des Streckenmodells eingesetzt werdenmussen. Die idealisierte Vorstellung der Modellgewinnung basierend auf einem gege-benen nichtlinearen physikalischen Modell durch Umformung in ein quasi-LPV odermittels Linearisierung um mehrere Arbeitspunkte lasst sich aufgrund der Modellkom-plexitat oder Modellunsicherheit nicht durchfuhren. Die aus praktischen Erfordernissennachtraglich eingefuhrten Modellapproximationen wurden in den genannten Arbeiten[88, 181, 197] nicht einheitlich behandelt. Bisher ist nicht bekannt, inwieweit durch dieApproximationen die Voraussetzungen, die bei der LPV/LFT Entwurfsmethode ver-einbart worden sind, verletzt werden.Aus diesem Grund wird in dieser Arbeit ein Modellansatz untersucht, mit dem dieStrecke durch eine einheitliche Approximation im gesamten Arbeitsraum beschreibbarist. Dies wird anhand von Fallbeispielen (Kapitel 4) und anhand von Modellstrukturenzur Beschreibung von fluidischen Servoantrieben (Kapitel 6) systematisch behandelt.Modellbasierte Reglerstrukturen und Regelungsverfahren, die auf der Klasse der ge-wichteten Kombination lokal linearer Zustandsmodelle basieren, sind in der Litera-tur unter speziellen Begriffen eingefuhrt worden. Zu nennen sind hier die Bezeichnun-gen Fuzzy Gain-Scheduling Control [95, 99], Parallel Distributed Control (PDC) [196],Takagi-Sugeno (TS) Fuzzy Control [177] und Takagi-Sugeno-Kang (TSK) Fuzzy Con-trol [180]. Analog zur Struktur der Strecke, vgl. (1.3), sind die Reglerparameter von denScheduling-Variablen abhangig. Sie variieren innerhalb eines Polytops, wobei die Eck-punkte des Polytops den Parametern linearer Zustandsregler und Zustandsbeobachterentsprechen. Hierbei legen die Gewichtsfunktionen, die den Gewichtsfunktionen derStrecke entsprechen, die Gultigkeit (in Abhangigkeit von den Scheduling-Variablen)der linearen Zustandsregler/-beobachter im Gesamtregler fest. Wie beim LPV/LFT

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1.3. LITERATURUBERBLICK 13

Entwurf wird die Konvexheit des Parameterraums ausgenutzt [10]. Zur globalen Stabi-litatsanalyse und Fuzzy Gain-Scheduling Reglersynthese wurden von H.O. Wang undK. Tanaka [179, 196] Anforderungen in Form von linearen Matrix-Ungleichungen (LMI)formuliert, die numerisch mit effizienten Algorithmen nach [127] losbar sind. Zum Bei-spiel wird bei der Stabilitatsanalyse numerisch gepruft, ob eine positiv definite Matrixfur ein Ungleichungssystem existiert, dass aus den verkoppelten linearen Systemengebildet wird. Das Verfahren garantiert die Stabilitat des Regelkreises auch im Fallschneller Umschaltungen zwischen den Arbeitsbereichen bzw. Anderungsgeschwindig-keiten der Scheduling-Variablen.Nur wenige Arbeiten zum PDC bzw. Fuzzy Gain-Scheduling Reglerentwurf enthalteneinen experimentellen Teil, in dem die entwickelten Methoden und Konzepte zumindestteilweise experimentell evaluiert wurden. Einige der Arbeiten, in denen auch experi-mentelle Untersuchungen durchgefuhrt wurden, sollen im Folgenden genannt werden:

• In [84] (1998) wurde zur Geschwindigkeitsregelung eines 8-Tonnen-LKW’s einFuzzy Gain-Scheduling Regler entworfen. Die Streckendynamik ist bei dieserAnwendung im Systemeingang (Drosselklappenwinkel) und -ausgang (Fahrzeug-geschwindigkeit) stark nichtlinear und variiert in Abhangigkeit zum aktuellenGetriebegang. Die automatische Geschwindigkeitsregelung wurde fur einen Ge-schwindigkeitsbereich zwischen 0.2 m/s und 20 m/s mit Geschwindigkeitssprungenzwischen 0.8 m/s und 12 m/s untersucht.

• Zur Momentenregelung von Asynchronmaschinen ist in [108] (2000) ein FuzzyGain-Scheduling Regler abgeleitet und an einem vierpoligen Drehstrommotor mit0.2 KW Nennleistung experimentell untersucht worden. Weiterhin wurde hiergezeigt, dass basierend auf einem Drehmoment-Flussbeobachter (mit der Motor-drehzahl als Scheduling-Variable) ein Sensorfehler detektierbar ist. Die Untersu-chung beschrankte sich allerdings auf ein einziges Fehlerszenario.

• In dem Artikel [41] (2004) wurde die globale Stabilitat einer Trajektorienfolge-regelung eines nicht-holonomen mobilen Roboters untersucht. Die Regelaufgabebestand hierbei in einer optimalen Steuerung des Roboters langs einer onlinegenerierten sensorbasierten Solltrajektorie. Zur Stabilitatsanalyse des geschlos-senen Regelkreises wird eine von den Autoren entwickelte Methode zur Analyseder Ein-/Ausgangsstabilitat mit einer Ljapunov Methode, die auf stuckweise qua-dratischen (PWQ) Funktionen basiert [86], verglichen. Es konnte gezeigt werden,dass die beiden Methoden ein weniger konservatives Ergebnis liefern als die Me-thode der verkoppelten LMI’s [179]. Um PWQ Funktionen ansetzen zu konnen,mussen die Uberlappungsbereiche jedoch klein gegenuber denjenigen Bereichensein, in denen jeweils nur ein lineares Modell gilt.

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14 KAPITEL 1. EINLEITUNG

1.3.3 Regelung fluidischer Antriebe

Servopneumatische Antriebe

Pneumatische Antriebe sind aufgrund ihres einfachen und robusten Aufbaus uber-lastfahig und belastbar. Beim Einsatz in der Fabrikautomatisierung sind sie gegenuberelektrischen Antrieben nicht nur in der Anschaffung, sondern im laufenden Betrieb auchaufgrund der Wartungsfreiheit und einfachen Montage wirtschaftlicher. Servopneuma-tische Antriebe sind geschwindigkeits und/oder lagegeregelte pneumatische Antriebe.Sie kombinieren die Vorteile pneumatischer Antriebe mit der freien Positionierbarkeitgeregelter Antriebe. Sie bestehen mindestens aus einem Pneumatikzylinder mit inte-griertem Wegmesssystem, einem Proportionalventil und einem Positionsregler. Auf-grund des geringen Leistungsgewichts eignen sich servopneumatische Antriebe auchfur den Aufbau von Handhabungsgeraten, da hier kleinere und mittlere Massen mithoher Geschwindigkeit transportiert werden mussen [148].Jedoch ergeben sich aus den in pneumatischen Antrieben enthaltenden Nichtlinea-ritaten und die fur einen Antrieb ungunstigen Eigenschaften der geringen Steifigkeitbei schwacher Dampfung und niedriger Eigenfrequenz Nachteile. Die Nichtlinaritatenwerden erstens durch die nichtlineare Massenfluss-Druck Relation in den stetig gesteu-erten Offnungsquerschnitten des Servoventils, zweitens durch die Kompressibiliat desMediums Luft, die auch die geringe Steifigkeit des Antriebs bewirkt und drittens durchdie Reibung zwischen dem bewegten Kolben bzw. der Kolbendichtung und der Innen-wand des Antriebszylinders verursacht. Zudem bewirkt die Abhangigkeit des Druck-aufbaus von den Kammervolumina eine positionsabhangige Dynamik, sowie, aufgrundder starken Kopplung zwischen dem Druckaufbau in den Zylinderkammern und dermechanischen Last, eine lastabhangige Dynamik.Aufgrund dieser Eigenschaften sind servopneumatische Antriebe, die nur mit einer li-nearen einschleifigen Positionsregelung basierend auf PID-Reglern (wie z.B. in [36])betrieben werden, gegenuber elektrischen Servoantrieben nicht konkurrenzfahig. Ins-besondere erfullt dieses Reglerkonzept nicht die Anforderungen, die an Servomotorenin Manipulatoren oder Handhabungssystemen gestellt werden [148]. Der Anfang der80er Jahre von Schwenzer [166] durchgefuhrte Vergleich hat gezeigt, dass durch denEinsatz von Zustandsreglern die Systemdampfung erhoht und die Dynamik und Po-sitioniergenauigkeit deutlich gegenuber PID-Reglern gesteigert werden kann. Der in[166] abgeleitete lineare Zustandsregler basiert auf einem Antriebsmodell 3. Ordnung,der aus einer dreischleifigen Reglerstruktur mit proportionaler Ruckfuhrung der gemes-senen Position, Geschwindigkeit und Beschleunigung besteht. Diese Struktur wurde inden Arbeiten [38, 79, 150, 194] weiter untersucht und fur den praktischen Einsatz inHandhabungssystemen verbessert. Hierbei wurde u.a. die notwendige Anzahl der Sen-soren durch den Einsatz von Zustandsbeobachtern und differenzierenden Filtern [38]reduziert. Diesen Arbeiten ist gemeinsam, dass der Reglerentwurf auf einem linearenErsatzmodell der nichtlinearen Strecke basiert, welches nur in der Nahe eines Arbeits-punktes fur eine festgelegte Kolbenposition und einen mittleren Lastdruck Gultigkeitbesitzt. Wird im laufenden Betrieb dieser lokale Arbeitsbereich verlassen, erzielt die

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1.3. LITERATURUBERBLICK 15

lineare Zustandsregelung nur noch eine schlechte Regelgute bei Storungen und Soll-wertanderungen, wobei aufgrund der schwachen Dampfung der Strecke auch Instabi-litaten auftreten konnen.Diesem Problem wird in den Arbeiten [19, 90, 105] durch experimentelle Ermittlung derParameter der Zustandsregler fur verschiedene Fuhrungssignale und Lasten begegnet.Das heißt, ausgehend von einem modellbasierten Zustandsregler wurden die Parameterfur die unterschiedlichen Betriebspunkte solange variiert, bis die gewunschte Regelguteerreicht wurde und anschließend in einem sogenannten Kennfeld abgelegt. Dann wurdenwahrend des laufenden Betriebs in Abhangigkeit vom aktuellen Zustand die ermittel-ten Parametersatze in den digitalen Regler geladen. Das großte Problem liegt dabeiim Bestimmen des aktuellen Betriebszustandes. Eine istwertgefuhrte Bestimmung desaktuellen Betriebszustandes kann, wie in [150] experimentell gezeigt worden ist, zuSchwingungen durch die gegenseitige Beinflussung von Regelgroße und Regelparame-ter fuhren.Zur arbeitspunktabhangigen gesteuerten Anpassung der Reglerparameter ist in [35,148] ein modellbasierter Gain-Scheduling Ansatz durchgefuhrt worden. Hierbei wur-de, basierend auf einer linearen parametervariablen Ubertragungsfunktion (PT2 − IGlied) der Strecke, ein linearer parametervariabler Zustandsregler entworfen. Der Ein-fluss der Reibung sowie die Anderungen der Druckruckwirkung durch Lastvariationenwurden dabei im Antriebsmodell nicht berucksichtigt. Auch bei diesem Konzept istnicht sichergestellt, ob bei schnellen Parameteranderungen der Regelkreis stabil bleibt,vgl. Abschnitt 1.3.2.Basierend auf der Arbeit von [117] wurde in [137] ein Gain-Scheduling Ansatz fureinen einschleifigen Regelkreis entwickelt. Hierbei wurden in Abhangigkeit von der ak-tuellen Kolbenposition die Koeffizienten eines PID-Reglers kontinuierlich eingestellt.Dabei konnte im Experiment gezeigt werden, dass damit die positionsabhangige Dy-namik der Strecke kompensierbar ist. Aufgrund der einschleifigen Regelkreisstrukturist die Dynamik des Servoantriebs gegenuber zustandsgeregelten Systemen geringer,z.B. liegen die Einschwingzeiten bei einem Sollsprung um 40% uber der von servopneu-matischen Antrieben mit Zustandsregelung [166].Um die Regelgute zu verbessern, wurde auch der Einsatz von adaptiven Reglern un-tersucht. In [169, 170] ist das indirekte Self-Tuning Reglerkonzept nach [14] zur Lage-regelung von servopneumatischen Antrieben angewandt worden. Bei diesem Verfahrenwerden die Reglerparameter indirekt aus den online geschatzten Streckenparameternbasierend auf einem explizit formulierten Entwurf (z.B. der Polvorgabe) berechnet. Eskonnte gezeigt werden, dass bei Lastvariation ein Lagefehler von weniger als ±0.3 mmerzielbar ist. Im Vergleich zu mehrschleifigen Zustandsreglern (ohne Beobachter) istauch hier aufgrund der einschleifigen PID-Reglerstruktur, wie beim Gain-SchedulingKonzept aus [137], die Einschwingzeit großer. In [11] wurden Modellreferenz-adaptiveVerfahren aus [14] untersucht. Wie beim Self-Tuning Verfahren konnen die Auswir-kungen der Lastschwankung auf die Regelkreisdynamik durch online-Adaption vonReglerparametern kompensiert werden. Die Regelkreisdynamik ist dabei im Vergleichzum Self-Tuning Verfahren etwas geringer, vgl. [170].

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16 KAPITEL 1. EINLEITUNG

Seit Mitte der 90er Jahre wird die Anwendbarkeit der Entwurfsmethode der exak-ten Eingangs/Ausgangs-Linearisierung [80, 131] auf servopneumatische Antriebsmo-delle, welche aus physikalischen Grundgleichungen analytisch hergeleitet wurden [6,18, 68, 132], untersucht und experimentell validiert [68, 94, 135, 138]. Bei dieser Me-thode wird im ersten Schritt das nichtlineare Streckenmodell mittels einer nichtlinea-ren Koordinatentransformation und eines nichtlinearen Ruckfuhrgesetzes (nichtlinea-re Zustandsruckfuhrung) exakt in ein System mit linearem Ein-/Ausgangs-Verhaltenuberfuhrt. Fur dieses exakt linearisierte System wird dann im zweiten Schritt ein uber-lagerter linearer Regler mit Methoden der linearen Regelungstheorie entworfen.Im Einzelnen wurden Transformationen mit Berucksichtigung der Ventildynamik in[68, 135] und ohne Berucksichtigung der Ventildynamik in [138], sowie mit Berucksichti-gung von Leckflussen in [138] und ohne Berucksichtigung von Leckflussen in [68, 94, 135]durchgefuhrt. Die nichtlinearen Durchflussfunktionen, die Kompressibilitat des Medi-ums Luft, sowie die Abhangigkeit des Druckaufbaus von der Kolbenposition wird zudembei allen genannten Arbeiten im Regelgesetz berucksichtigt.Der Vorteil dieser Entwurfsmethode ist, dass mit einem festen Regelgesetz, welches kon-struktive Maschinenparameter, physikalische Parameter und empirische Koeffizientender Strecke enthalt, der Antrieb im Idealfall im gesamten Arbeitsraum mit einer gleich-bleibenden Regelgute betrieben werden kann. Ein gutes Folgeverhalten in allen Arbeits-bereichen konnte im Experiment in [135, 138] mit einem Tracking-Regler als uberla-gerten linearen Regler erzielt werden. Hierzu mussen allerdings die Soll-Positionen,Soll-Geschwindigkeiten, Soll-Beschleunigungen, vgl. [138] und in [68, 135] zusatzlichnoch hohere Ableitungen5 offline berechnet werden. Weiterhin von Nachteil ist dasBerechnen der Koordinatentransformation mittels Lie-Ableitungen, denn hierbei wirdvorausgesetzt, dass das Streckenmodell glatt ist und keine Unstetigkeitsstellen enthalt.Beachtet man jedoch, dass die Haftreibung und Coulomb’sche Reibung bei servopneu-matischen Antrieben 3 − 10 % der maximalen Antriebskraft betragen kann [123], soist diese Vereinfachung nach Meinung des Autors nur dann gerechtfertigt, wenn mitder Regelung ein gutes Folgeverhalten fur mittlere bis hohe Geschwindigkeiten (ca.0.1 m/s bis 1 m/s) erzielt werden soll. Ein weiteres Problem bei der Anwendung derexakten Eingangs/Ausgangs-Linearisierung kann durch Modellunsicherheiten, die beider Modellierung der Massenflusse im Antriebsmodell auftreten, entstehen. In [5] wirddarauf hingewiesen, dass kleine Fehler in dem zugrundeliegenden Streckenmodell dieLinearitat des kompensierten Systems vollstandig zerstoren konnen. Da bis jetzt keinEntwurfsverfahren der Eingangs/Ausgangs-Linearisierung zur Verfugung steht, dassUnsicherheiten systematisch berucksichtigt, behilft man sich mit Parametervariatio-nen, die in Rechnersimulationen durchgefuhrt werden [68].Um dies zu umgehen wurde von R. Outbib und E. Richard [133] ein Regelgesetzmit einer Ljapunov-Funktion abgeleitet, das die Nichtlinearitaten des Druckaufbausberucksichtigt ohne explizit die Durchflussfunktion zu enthalten. Die dokumentiertenSimulationsergebnisse zeigen ein positionsunabhangiges Fuhrungsverhalten bei gerin-

5Der Grad der Ableitung ergibt sich aus der Ordnung des Streckenmodells, vgl. [135, S.147-158]

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1.3. LITERATURUBERBLICK 17

gen Einregelzeiten. Allerdings sind noch keine experimentellen Untersuchungen dazudurchgefuhrt worden.Ein Verfahren, bei dem die Coulomb’sche Reibung im Entwurf berucksichtigt wird,basiert auf dem Prinzip der Sliding-Mode Regelung6. Sliding-Mode Regler gehoren zurKlasse der strukturvariablen Regler, im Gegensatz zu den oben genannten adaptivenund Gain-Scheduling Reglern, welche die Klasse der parametervariablen Regler bilden.Die Strukturanderung der Strecke ergibt sich in diesem Fall aus dem Vorzeichenwechselder Coulomb’schen Reibkraft bei Richtungsumkehr und dem Eintreten der Haftkraft-wirkung bei Stillstand des Kolbens. In den Arbeiten [47, 172] wurden Sliding-ModeRegler zur robusten Lageregelung servopneumatischer Antriebe entworfen. Die Regel-strecke wird in [172] als ein System zweiter Ordnung mit unbekannten aber begrenztennichtlinearen Funktionen der Lastmasse, der Reibkraft und der Luftkompression mo-delliert. Experimentell konnte gezeigt werden, dass der Sliding-Mode Regler robustgegenuber Lastschwankungen von bis zu 70 % ist und Stick-Slip Schwingungen beikleinen Verfahrgeschwindigkeiten verursacht durch Reibkraftschwankungen reduziert.Ein wesentlicher Nachteil ist die Dauer der Einregelzeiten von 1 s bei einem Hub vonnur 0.05 m. Ein weiterer Nachteil sind die vom diskontinuierlichen Regelgesetz induzier-ten Dauerschwingungen im Servoventil bei Folgeregelungen. Dies fuhrt im praktischenEinsatz zu einer nicht vertretbaren Dauerbelastung und letztendlich zur Zerstorungdes Ventils [22].Zusammengefasst kann man sagen, dass keines der genannten nichtlinearen Verfahrenwie Gain-Scheduling als parametervariable Regelung, Sliding-Mode als strukturvariableRegelung, exakte Eingangs/Ausgangs-Linearisierung und die Regelung nach R. Outbibund E. Richard einen deutlichen Vorteil im Entwurf als auch im praktischen Einsatzgegenuber allen anderen nichtlinearen Verfahren besitzt.Zum Beispiel werden einerseits bei adaptiven Reglern (wie z.B. Self-Tuning PID-Regler) die Reglerparameter bei Lastanderung automatisch nachgefuhrt, mit ihnenkann aber aufgrund der einschleifigen Struktur nicht die geforderte Antriebsdynamikerzielt werden. Andererseits setzen die mehrschleifigen Strukturen der nichtlinearenRegler basierend auf der Eingangs/Ausgangs-Linearisierung [68, 135, 138]) voraus,dass die bewegten Massen konstant bleiben, da sie als feste Parameter im Regelgesetzenthalten sind. Weiterhin fehlen bei den bisher entworfenen Gain-Scheduling ReglernStabilitatsaussagen bei schneller Lastanderung [35, 148]).

Servohydraulische Antriebe

Im Vergleich zu servopneumatischen Antrieben zeichnen sich servohydraulische Antrie-be durch eine hohe Leistungsdichte aus. Sie werden daher seit vielen Jahren in Berei-chen eingesetzt, in denen große Krafte in kurzer Zeit bei großen Linearbewegungen,wie z.B. in der Umformtechnik, in Werkzeugmaschinen, in der Material- und Bauteil-prufung und in Bau- und Landmaschinen, aufgebracht werden mussen. Im Vergleich

6Auf das Entwurfsverfahren wird in dieser Arbeit nicht eingegangen. Eine ausfuhrliche Darstellungdes Sliding-Mode Reglerentwurfs findet der interessierte Leser in [184].

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18 KAPITEL 1. EINLEITUNG

zu servopneumatischen Antrieben sind die Nichtlinearitaten in servohydraulischen An-trieben im Allgemeinen geringer. Bei baugleichen Antriebszylindern ergeben sich dieUnterschiede zwischen der Servopneumatik und Servohydraulik in der Streckendyna-mik aus den Eigenschaften der Arbeitsmedien Luft und Ol:

1. Die Kompressibilitat von Ol ist im Vergleich zum Arbeitsmedium Luft sehr vielkleiner. Dies bewirkt, dass hydraulische Antriebe eine sehr viel hohere Steifigkeitbesitzen [67].

2. Die Dichte von Ol ist sehr viel großer, dadurch konnen stationare und instationareHydrokrafte in Servoventilen auftreten, die aufwendig modelliert und/oder alsStorungen berucksichtigt werden mussen [18, 67].

3. Die hohe Viskositat von Ol bewirkt im Vergleich zu pneumatischen Antriebeneine bessere Dampfung [67].

Trotz der besseren Antriebseigenschaften in Hinblick auf Steifigkeit und Dampfungzeigen auch servohydraulische Antriebe ein stark nichtlineares Verhalten [113]. Ursa-che ist auch hier die nichtlineare Massenfluss-Druck Relation an den Steuerkanten desServoventils [67] und die Reibkontakte im Antriebszylinder. Jedoch betragen die Haft-reibung und Coulomb’sche Reibung zwischen Kolben und Innenwand des Zylinders imVergleich zu pneumatischen Antrieben nur 0.1−1 % [122] der maximalen Antriebskraft.Zusatzlich konnen Unsymmetrien im Druckaufbau des Antriebszylinders auftreten, diedurch eine Antriebskonstruktion hervorgerufen werden, die in der industriellen Pra-xis haufig anzutreffen ist, denn meist werden doppeltwirkende Zylinder mit einseiti-ger Kolbenstange in Maschinen und Anlagen eingesetzt [200, S.137] (z.B. als Antriebeiner Baggerschaufel mit einer sogenannten Schwenkbodenbefestigung [200] an einerStirnseite des Antriebszylinders). Verursacht durch die Differenz der wirksamen Kol-benquerschnitte ergibt sich so ein unsymmetrisches Antriebsverhalten [113].Eine weitere Nichtlinearitat in hydraulischen Antrieben wird durch positive Uber-deckungen zwischen Schieber und Gehause im Servoventil verursacht, wodurch eineTotzone in der Regelstrecke entsteht. Die positive Uberdeckungen sind in bestimmtenAnwendungsfallen notwendig, denn sie verhindern das kurzzeitige Zusammenbrechendes Drucks beim Schaltvorgang.Aufgrund der genannten Eigenschaften wurden und werden wie bei servopneumati-schen Antrieben adaptive und nichtlineare Regelkonzepte wissenschaftlich untersuchtund industriell weiter entwickelt, um neue Anwendungsfelder zu erschließen und umgegenuber derzeitig anwachsender Konkurrenz elektrischer Servoantriebe bestehen zukonnen.In den 70er und 80er Jahren fanden Martin [112] und Watton [198] zunachst expe-rimentell heraus, dass die Stabilitat eines hydraulischen Antriebs von der aktuellenZylinderposition abhangt. Sie konnten zeigen, dass ein mit dem Wurzelortskurvenver-fahren [54] entworfener Lageregelkreis, ausgelegt fur die Kolbenmittelstellung, instabilwird, wenn der Antrieb in der Nahe der beiden Endlagen betrieben wird.Um die positions- und lastabhangige Dynamik ausgleichen zu konnen, wurden in den

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1.3. LITERATURUBERBLICK 19

Arbeiten [26, 136] indirekte Self-Tuning Konzepte zur Lageregelung untersucht. ZurOnline-Identifikation der zeitvariablen Streckenparameter wurden dabei lineare zeit-diskrete Modellstrukturen dritter und vierter Ordnung angesetzt. Das Regelkonzeptbasiert hierbei auf einer einschleifigen Regelung. Auswirkungen von schnellen Ande-rungen der Streckenparameter auf die Regelgute und Stabilitat wurden jedoch ver-nachlassigt.Ein experimenteller Vergleich zwischen drei Reglern, einem PID-Regler, einem linearenZustandsregler basierend auf einem Antriebsmodell 3. Ordnung und einem modellrefe-renz-adaptiven Regler wurde in [206] durchgefuhrt. Hierbei kam man zu einem ahnlichenResultat wie in [11, 166] bei servopneumatischen Antrieben. Das heißt, die Dynamikdes Lageregelkreises ist mit einem Zustandsregler wesentlich hoher als bei einschleifigenPID-Reglern und die Regelgute wird bei beiden linearen Reglern signifikant schlechter,wenn der lokale Arbeitsbereich des zugrundeliegenden linearen Ersatzmodells verlassenwird. Der modellreferenz-adaptive Regler lieferte hier insgesamt ein besseres Ergebnis.Die experimentell bestimmten Einregelzeiten sind jedoch im Vergleich zum Zustands-regler großer, falls dieser nur im lokalen Arbeitsbereich betrieben wird.Zum Bestimmen des Einflusses verschiedener Nichtlinearitaten wurde in [193] eine Sen-sitivitatsanalyse durchgefuhrt. Hierbei fand man heraus, dass der Einfluss der Totzoneim Servoventil auf die Ein-/Ausgangsdynamik wesentlich großer ist, als die Leckflusseund die Reibung im Antriebszylinder. In [106] wurde eine Methode vorgestellt, die Tot-zone mittels statischer Nichtlinearat zu kompensieren. Allerdings berucksichtigt dieserAnsatz nicht die Schwankungen der Uberdeckungsbreiten, die sich zwangslaufig im in-dustriellen Betrieb einstellen mussen.Aufgrund der Tatsache, dass die Reibkraft im Vergleich zur Servopneumatik viel ge-ringer ist, wurde schon in den 80er Jahren das Verfahren der Eingangs-/Ausgangs-linearisierung [80] auf servohydraulische Antriebe mit beweglicher konstanter Mas-se erfolgreich angewandt. Da bei diesem Verfahren ein glatter Verlauf der Strecken-beschreibung vorausgesetzt wird, wurde in allen Arbeiten die dieses anwenden, dieCoulomb’sche Reibung im Streckenmodell vernachlassigt, vgl. [16, 44, 69, 71, 102].Die einzelnen Ansatze unterscheiden sich dabei durch die Modellkomplexitat derjeni-gen Strecke, die dem Entwurf zugrundeliegt. Die erste Anwendung der Theorie derEingangs-/Ausgangslinearisierung wurde 1988 in der Arbeit [16] vorgestellt. Hierbeiwurden zunachst nur die nichtlinearen Massenfluss-Druck Relationen berucksichtigt.Danach wurde unabhangig voneinander in den Arbeiten [44, 71] das Streckenmodellum die Relationen erweitert, die den nichtlinearen Druckaufbau in den Zylinderkam-mern beschreiben. Daruber hinaus wurde noch zusatzlich in [69] die Elastizitat desFundaments, und in [4] die Ventildynamik im Reglerentwurf berucksichtigt. Der Mehr-aufwand ist immer dann gerechtfertigt, wenn, wie in [4] am Beispiel einer aktivenFahrzeugfederung gezeigt wurde, die Regelgute signifikant verbessert wird. Von Nach-teil ist allerdings, dass bedingt durch die Anwendung der Lie-Ableitung bei steigenderKomplexitat des Streckenmodells das Ruckfuhrgesetz sehr komplex werden kann undnur noch mit sehr hohem Aufwand implementierbar ist, vgl. [135].Ein anderes nichtlineares Regelungskonzept, mit dem sich ebenfalls nichtlineare Sys-

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20 KAPITEL 1. EINLEITUNG

teme mit konstanten Parametern als Streckenmodell in den Reglerentwurf integrierenlassen, ist die sogenannte flachheitsbasierte Regelung 7. Anschaulich bezeichnet die Ei-genschaft der Flachheit eines Systems die Existenz eines Systemausgangs, mit dem sichund dessen Ableitungen alle Zustands- und alle Eingangsgroßen des Systems ohne Inte-gration berechnen lassen. Neben anderen technisch relevanten Systemkonfigurationen,die die Eigenschaft flach aufweisen, zahlen die Zustandsmodelle servopneumatischerund -hydraulischer Antriebe mit zwei unabhangig ansteuerbaren Servoventilen (fur jedeZylinderkammer ein Ventil) zu den flachen Systemen. Das Regelkonzept wurde in [23]am Beispiel eines hydraulischen Antriebs untersucht und anhand eines bahngeregeltenManipulators experimentell erprobt. Hierfur wurde ein nichtlineares Zustandsmodell(MISO) 4. Ordnung mit der Zylinderkolbenposition als Systemausgang ohne Beruck-sichtigung der Ventildynamik und der Reibung angesetzt. Es konnte gezeigt werden,dass durch den zusatzlichen Eingang die Position und die Kammerdrucke unabhangigvoneinander regelbar sind.Wie schon zuvor erwahnt, setzt die Entwurfsmethode der Eingangs-/Ausgangs-Line-arisierung sowie der flachheitsbasierten Regelung voraus, dass die Parameter in denStreckenmodellen konstant bleiben, da sie als feste Parameter im Regelgesetz enthal-ten sind. Dies trifft bei realen Systemen nur bedingt zu. Mit adaptiven robusten Reg-lern [203] und robusten Sliding-Mode Reglern [81] versucht man deshalb Robustheitgegenuber Parameterunsicherheiten wie Leckflusse, Reibung und der Temperaturab-hangigkeit des Arbeitsmediums Ol im Entwurf zu berucksichtigen8. Dies ist besondersrelevant bei mobilen Maschinen, da sie stark wechselnden Temperaturen ausgesetztsind. Erwahnenswert sei ein in den letzten Jahren entwickeltes Verfahren [203], welchesdie Entwurfstechniken der modellreferenz-adaptiven Verfahren [14] und der robustenRegelung (mit festen Parametern) kombiniert. Hierbei werden mittels einer diskonti-nuierlichen Projektionsmethode nach [60] Probleme bei der adaptiven Bestimmung derfreien Parameter, die durch Diskontinuitaten der Strecke entstehen, vermieden.

Zusammenfassung

Aus dem Genannten ist ersichtlich, dass trotz anspruchsvoller nichtlinearer und adap-tiver Regelkonzepte, die bisher fur fluidische Antriebe (servopneumatische wie servohy-draulische) entwickelt worden sind, weiterhin Forschungsbedarf zur Verbesserung derRegelgute und Robustheitseigenschaften besteht.Insbesondere wurden bisher die Lastschwankungen, verursacht durch Anderungen derbewegten Massen im Reglerentwurf nur unzureichend berucksichtigt. Weiterhin fehltein in der industriellen Praxis anwendbares Verfahren, mit dem vorhandene Anlagenidentifiziert werden konnen, um die bestehenden Regler zu optimieren oder bei Bedarfdurch neue skalierbare Regleralgorithmen zu ersetzen.

7Eine Darstellung der von Fliess eingefuhrten Theorie der flachheitsbasierten Regelung findet derinteressierte Leser in [53].

8Parameterunsicherheiten werden bei den adaptiven Reglern in [26, 136] nicht berucksichtigt.

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1.4. ZIEL UND GLIEDERUNG DER ARBEIT 21

1.4 Ziel und Gliederung der Arbeit

Diese Arbeit will einen Beitrag leisten zur Problemstellung der approximativen Mo-dellierung und Systemidentifikation nichtlinearer Systeme mittels gewichteter Kom-bination lokal linearer Zustandsraummodelle mit dem Ziel der modellbasierten Reg-lersynthese. Erstmalig werden die Moglichkeiten aber auch Grenzen dieser Metho-de in zusammenhangender und anwendungsorientierter Form untersucht. Das heißt,die in der Literatur bisher separat behandelten Themen wie die Systemidentifika-tion [119, 126, 177, 189], approximative Modellbildung [3, 142] und der Reglerentwurf[63, 108, 179, 180, 196] mittels gewichteter Kombination lokal linearer Zustandsraum-modelle wird in diesem Fall an einem technisch relevanten System, dem lagegeregeltenservopneumatischen Antrieb zunachst theoretisch untersucht und anschließend experi-mentell erprobt. Dies wird mit der folgenden Fragestellung genauer spezifiziert:

Ist die approximative Modellbeschreibung des identifizierten nichtlinearen,dynamischen Systems ausreichend fur die Reglersynthese, d.h. sind die For-derungen an die Regelung, wie Stabilitat, genugende stationare Genauigkeitund schnelles Fuhrungsverhalten im gesamten Arbeitsbereich erfullbar ? Istes moglich, auch im Fall schneller Ubergange zwischen lokalen Arbeitsberei-chen ein Stabilitatsnachweis zu fuhren und lasst sich dies auch experimentellbestatigen ?

Insbesondere soll durch eine Zustandsregelung die last- und positionsabhangige Dyna-mik fluidischer Zylinderantriebe in einem festgelegten globalen Arbeitsbereich mit Hilfeeines modellbasierten Gain-Scheduling Ansatzes kompensiert werden. Die nichtlinea-re Massenfluss-Druck Relation im Servoventil wird indirekt uber ein in dieser Arbeitvorgestelltes Systemidentifikationsverfahren erfasst. Hierbei wird der Arbeitsbereicherstens durch den Stellbereich des Antriebs, zweitens durch die maximale Geschwin-digkeit, die bei Nennversorgungsdruck erreicht werden kann, und drittens durch einenLastbereich mit einer minimalen Last im Leerlaufbetrieb und einer maximalen Last,die ungefahr das Vierfache der bewegten Masse bei Leerlauf betragt, festgelegt.Die Arbeit gliedert sich in drei Hauptabschnitte, die in Bezug zu den Kapiteln kurzerlautert werden sollen. Die vom Autor bereits veroffentlichten Ansatze und Ergebnissesind durch Literaturverweise gekennzeichnet.

1. Abschnitt: Analyse und Interpretation gewichteter Kombination lokalerZustandsmodelle

In Kapitel 2 wird die Modellstruktur der gewichteten Kombination lokal linearerund affiner Zustandsmodelle eingefuhrt. Der Kenntnisstand zur approximativenModellierung mit lokalen Modellen wird in Kapitel 3 aufbereitet. Im Einzelnenwerden zur Bewertung der Approximationsgenauigkeit Satze zur Abschatzungder Modellierungsfehler und zum Abschatzen der notwendigen Modellanzahl furden Fall aquidistant verteilter lokaler Modelle vorgestellt und bewiesen. Es wirdgezeigt, dass durch die Berucksichtigung bestimmter Struktureigenschaften des

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22 KAPITEL 1. EINLEITUNG

Originalsystems die notwendige Modellanzahl erheblich reduziert werden kann.In Kapitel 4 werden die hergeleiteten Satze zur Bestimmung der Modellan-zahl durch Abschatzung des zulassigen Approximationsfehlers auf Fallbeispieleangewandt. Die Fallbeispiele werden so gewahlt, dass sie als Ersatzsysteme inForm von nichtlinearen mechanischen Oszillatoren 2. Ordnung einzelne Nichtli-nearitaten der fluidischen Antriebe reprasentieren. Sie setzen sich im Einzelnenaus konzentrierten nichtlinearen oder zeitvariablen Massen-, Feder-, Dampfer-und Reibelementen zusammen.

2. Abschnitt: Nichtlineare Systemidentifikation

In Kapitel 5 werden zunachst die Systemidentifikationsverfahren, Schatzalgo-rithmen und Validierungsmethoden vorgestellt, die im darauf folgenden Kapitelangewandt werden.In Kapitel 6 wird im ersten Schritt mittels experimenteller Sensitivitatsanaly-se [158] die Anzahl der lokalen Modelle abgeschatzt. Dann werden im zweitenSchritt zwei verschiedene approximative Modellstrukturen in Form von lokal af-finen Zustandsmodellen fur servopneumatische Zylinderantriebe vorgestellt unddie lokalen Modellparameter aus Messdaten geschatzt [157, 163]. Es wird gezeigt,dass die Modellansatze mit leichten Modifikationen auch auf servohydraulischeZylinderantriebe ubertragbar sind. Weiterhin wird ein Reibmodell mit dem Zielder Reibkraftkompensation, welches das Antriebsverhalten fur kleine Kolbenge-schwindigkeiten beschreibt, in den Rahmen der lokal linearen Modellierung inte-griert [156]. Anschließend werden die Zugehorigkeiten der zunachst aquidistantverteilten lokalen Modelle mit einem vereinfachten Validierungsverfahren einge-stellt.Im letzten Schritt werden die globalen Modelle im Lageregelkreis durch den Ver-gleich mit gemessenen Versuchsdaten und berechneten Simulationsdaten, die aufeinem bekannten Antriebsmodell basieren, validiert.

3. Abschnitt: Gain-Scheduling Reglerentwurf

In Kapitel 7 werden die Stabilitatssatze vorgestellt, die beim Gain-SchedulingReglerentwurf in Kapitel 9 angewandt werden. Es wird gezeigt, dass die Stabi-litat eines geschlossenen Systems mit Zustandsruckfuhrung allgemein mit linea-ren Matrixungleichungen nachweisbar ist, vorausgesetzt das Streckenmodell istals gewichtete Kombination von Zustandsmodellen modellierbar.In Kapitel 8 wird die Methode der Storgroßenaufschaltung angesetzt, um mitdem aus Kapitel 6 identifizierten Reibmodell Stick-Slip Schwingungen zu un-terdrucken, die bei servopneumatischen Antrieben im Bereich kleiner Verfahr-geschwindigkeiten auftreten konnen. Hierzu werden experimentelle Ergebnisseprasentiert [159].Zum Schluss werden in Kapitel 9 alle notwendigen Schritte, die fur einen Gain-Scheduling Reglerentwurf basierend auf der gewichteten Kombination lokaler Mo-delle notwendig sind, am Beispiel einer Lageregelung eines servopneumatischen

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1.4. ZIEL UND GLIEDERUNG DER ARBEIT 23

Antriebs ausfuhrlich vorgestellt [155, 164]. Im Einzelnen werden dabei die Punk-te lokale Reglersynthese, globale Stabilitatsanalyse des geschlossenen Kreises, dieReglerimplementierung und die experimentelle Reglervalidierung behandelt.

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24 KAPITEL 1. EINLEITUNG

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Teil I

Analyse und Interpretationgewichteter Kombinationlokaler Zustandsmodelle

25

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Kapitel 2

Modellstruktur

Im Folgenden wird jene Modellstruktur beschrieben, welche in dieser Arbeit die Basisfur die Modellierung und Systemidentifikation bildet. Es wird kurz auf die linguistischeRegelstruktur der Takagi-Sugeno Fuzzy Systeme eingegangen, die anschließend durcheine genormte numerische Gewichtung der Zustands- und Ausgangsgleichungen ersetztwird. Es werden verschiedene Varianten dieser Modellstruktur untersucht. Insbesonde-re wird dabei auf die spezielle Klasse der gewichteten Kombination linearer und affinerZustandsmodelle eingegangen. Es werden Definitionen und Satze angegeben, die furdie Modellbildung in Kapitel 3 und 4, die Systemidentifikation in Kapitel 6, sowie furdie Stabilitatsanalyse in Kapitel 7 essentiell sind.

Bemerkung 2.1. In dieser Arbeit wird zwischen der Modellstruktur und dem Modellunterschieden. Wenn von der Modellstruktur gesprochen wird, sind die Modellordnungund die Parameter der Zustandsmodelle noch nicht bestimmt. Ein Modell, als einermathematischen Beschreibung der Dynamik eines realen Systems besteht hingegen auseiner Struktur mit festgelegter Modellordnung und festgelegten Parameterwerten.

2.1 Takagi-Sugeno Fuzzy Systeme

Die Modellstruktur, wie sie hier behandelt wird, wurde erstmals von Takagi und Sugeno[177] im Rahmen der Fuzzy Set Theorie als Fuzzy-Regel basiertes Modell eingefuhrt.Aus diesem Grund wird in der Literatur [126, 142, 195, 204] diese Modellstrukturu.a. auch als Takagi-Sugeno Fuzzy System (TS Fuzzy System) bezeichnet. Die An-wendung von Fuzzy-Regeln mit linguistischen Beschreibungen ist jedoch, wie in die-sem Abschnitt gezeigt werden soll, keine notwendige Bedingung, um diese Strukturzur Modellierung physikalischer Systeme einsetzen zu konnen. Vielmehr wird in dieserArbeit durchgehend eine bekannte aquivalente defuzzifizierte Form mit dem Vorteil ei-ner kompakteren Darstellung und vereinfachten Interpretierbarkeit als Approximatornichtlinearer Systeme verwendet. Im Folgenden werden zwei Arten von Takagi-SugenoFuzzy Systemen mit

27

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28 KAPITEL 2. MODELLSTRUKTUR

1. statischen Funktionen, und

2. dynamischen Systemen in Zustandsform,

die jeweils durch den Erfullungsgrad der zugehorigen Regel gewichtet werden, vonein-ander unterschieden. Dies wird im einzelnen noch naher erlautert.

2.1.1 TS Fuzzy Systeme mit statischen Funktionen

Ein Takagi-Sugeno Fuzzy System mit statischen Funktionen ist eine Abbildung

f : Rl+1 → R , (x, z) 7→ y , (2.1)

welche durch eine linguistische Beschreibung mit r unscharfen Regeln Ri, i = 1, . . . , rwie folgt definiert wird: Jede der unscharfen Regeln Ri ist gegeben durch den Satz:

Ri : If z1 is Zi1 AND . . . AND zl is Zil then yi = fi(x) , i = 1, . . . , r (2.2)

mit der statischen Funktion fi : R → R , x 7→ yi und dem Vektor z, der als Scheduling-Vektor bezeichnet wird mit den Komponenten z = [z1 z2 . . . zl]

T ∈ Rl, die alsScheduling-Variablen bezeichnet werden, den Fuzzy-Mengen Zij ⊂ Z mit i = 1, . . . , r ,j = 1, . . . , l und der Grundmenge Z. Der Erfulltheitsgrad der Voraussetzung der RegelRi, d.h. derjenige des Ausdrucks Ai : ,, z1 is Zi1 AND . . . AND zl is Zil ”, beschreibtdie Starke des Einflusses der Regel Ri auf den Ausgabewert y des TS Fuzzy Systems.Diese Idee wird formal dargestellt mit Hilfe der Zugehorigkeitsfunktionen

Mij : R → [0, 1] , zj 7→Mij(zj) (2.3)

durch die der Erfulltheitsgrad der Teilaussage ,, zj is Zij ” ausgedruckt wird und mittelsder der Erfulltheitsgrad von Ai bei der Darstellung der logischen AND-Verknupfungdurch den Multiplikationsoperator mit der Formel

wi(z) =

l∏j=1

Mij(zj) , z = [ z1 z2 . . . zl ]T ∈ R

l (2.4)

berechnet werden kann. Hierbei beschreibt wi(z) ∈ [0, 1] den Wahrheitswert des Funk-tionswertes yi der Regel Ri in Abhangigkeit vom Vektor z und liefert den Anteil derFunktion fi(x) am Gesamtausgabewert y. Die Regeln Ri (2.2) fur i = 1, . . . , r lassensich somit formulieren als Funktionen Ri:

(x, z) 7→ wi(z) yi =l∏

j=1

Mij(zj) fi(x) . (2.5)

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2.1. TAKAGI-SUGENO FUZZY SYSTEME 29

Um aus den einzelnen Regeln einen konkreten Ausgangswert y zu erhalten, muss dasSystem (2.5) defuzzifiziert werden. Bei Takagi-Sugeno Systemen ist es ublich, die so-genannte Schwerpunktsmethode als normierte gewichtete Summe der Funktionswertewi(z) yi (auch bekannt als fuzzy-mean defuzzification [17]) zu verwenden:

y =

r∑i=1

wi(z) yi

r∑k=1

wk(z)mit yi = fi(x) . (2.6)

Allerdings sind aufgrund der statischen Funktionen, die in den Ri von (2.2) enthaltensind, nur statische Systeme modellierbar. Dagegen ist es ohne Anderung der linguisti-schen Beschreibung (2.2) moglich, auch dynamische Systeme zu modellieren. Statt sta-tischer Funktionen werden dagegen lineare zeitinvariante Zustandsraummodelle (kurzlineare zeitinvariante Zustandsmodelle) in (2.2) eingesetzt, vgl. [177].

2.1.2 TS Fuzzy Systeme mit Zustandsmodellen

Ein Takagi-Sugeno Fuzzy System mit Zustandsmodellen ist ein Differentialgleichungs-system

x(t) = f(z,x,u) , (2.7a)

y(t) = g(z,x,u) (2.7b)

mit

f : Rl+m+n → R

n , g : Rl+m+n → R

p , (2.7c)

welches durch eine linguistische Beschreibung mit r unscharfen Regeln Ri, i = 1, . . . , rwie folgt definiert wird: Jede der unscharfen Regeln Ri ist gegeben durch den Satz:

Ri : If z1(t) is Zi1 AND . . . AND zl(t) is Zil then (2.8)

xi(t) = Ai x(t) +Bi u(t) , x(t0) = x0

yi(t) = Ci x(t) +Di u(t)

mit dem gemeinsamen Zustandsvektor x(t) ∈ Rn, dem Anfangszustand x0, dem ge-

meinsamen Eingangsvektor der Zustandsmodelle u(t) ∈ Rm mit m Eingangen undden Ausgangsvektoren yi(t) ∈ R

p mit p Ausgangen fur i = 1, . . . , r. Die den Re-geln Ri zugeordneten linearen Zustandsmodelle enthalten jeweils eine SystemmatrixAi ∈ Rn×n, Eingangsmatrix Bi ∈ Rn×m, Ausgangsmatrix Ci ∈ Rp×n und Durchgangs-matrix Di ∈ Rp×m mit den Dimensionen n,m und p fur alle i = 1, . . . , r.Wie zuvor bei dem TS Fuzzy System (2.2) mit statischen Funktionen werden die Zu-gehorigkeiten durch (2.3) und die AND Verknupfung durch das algebraische Produkt

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30 KAPITEL 2. MODELLSTRUKTUR

(2.4) der Zugehorigkeitsgrade Mij ersetzt. Mit dem Unterschied, dass bei der Defuzzi-fizierung nicht nur der Ausgang

y(t) = g(z,x,u) =

r∑i=1

wi(z(t)) [Ci x(t) +Di u(t)]

r∑k=1

wk(z(t))(2.9a)

aus einer normierten gewichteten Summe der Ausgangsgleichungen, sondern ebenso dieZustandsanderung

x(t) = f(z,x,u) =

r∑i=1

wi(z(t)) [Ai x(t) +Bi u(t)]

r∑k=1

wk(z(t))(2.9b)

aus einer normierten gewichteten Summe der Zustandsdifferentialgleichungen berech-net wird.

Eine zusatzliche Variante von TS Fuzzy Systemen ergibt sich durch die Hinzunahme vonkonstanten Termen bzw. Offset-Vektoren in die Zustandsdifferential- und Ausgangsglei-chungen. Zum Beispiel erhalt man beim Ableiten von linearen Zustandsmodellen auseinem nichtlinearen Modell

x = f(x,u) , y = g(x,u) ,

durch Linearisierung um beliebige Arbeitspunkte mittels Taylorreihenentwicklung beiNicht-Gleichgewichtslagen x(t) 6= 0 zusatzlich konstante Terme (siehe Kapitel 3). Diekonstanten Terme konnen aber auch bei einer physikalischen Modellbildung direktauftreten, wobei z.B. die statischen Gewichtskrafte und die Coulomb’sche Reibungdurch konstante Anteile in den Zustandsraummodellen berucksichtigt werden (sieheKapitel 6). Im Folgenden werden die konstanten Terme bzw. Offset-Vektoren mit ai ∈Rn und ci ∈ Rp bezeichnet. Fur die Zustandsdifferentialgleichungen ergibt sich dann

xi(t) = Ai x(t) +Bi u(t) + ai . (2.10a)

Die Ausgangsgleichungen haben dabei die Form

yi(t) = Ci x(t) +Di u(t) + ci . (2.10b)

Durch das Ubertragen von (2.10a) und (2.10b) in die Fuzzy-Regel Ri erhalt man dasfolgende TS Fuzzy-System

Ri : If z1(t) is Zi1 AND . . . AND zl(t) is Zil then (2.11)

xi(t) = Ai x(t) +Bi u(t) + ai , x(t0) = x0

yi(t) = Ci x(t) +Di u(t) + ci ,

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2.2. KOMBINATION LINEARER UND AFFINER ZUSTANDSMODELLE 31

das in der Literatur [93] als affines Takagi-Sugeno Fuzzy System oder affines Takagi-Sugeno Modell bezeichnet wird. Fur das TS Fuzzy System (2.11) folgt analog zu (2.9a)und (2.9b) die defuzzifizierte Form der Zustandsdifferentialgleichung

x(t) =

r∑i=1

wi(z(t)) [Ai x(t) +Bi u(t) + ai]

r∑k=1

wk(z(t))(2.12a)

und die Ausgangsgleichung

y(t) =

r∑i=1

wi(z(t)) [Ci x(t) +Di u(t) + ci]

r∑k=1

wk(z(t)). (2.12b)

Die Wahl des Vektors z in (2.2), (2.8) und (2.11), d.h. der Vektordimension l und dieWahl der Komponenten z1, . . . , zl ist anwendungsabhangig. Die Komponenten zj desVektors z konnen von den messbaren Zustanden aus x1, . . . , xn, den Eingangen ausu1, . . . , um und zusatzlich von geschatzten Großen aus η1, . . . , ηk abhangig sein.Die zuletzt genannten mussen durch rekursive Schatzmethoden mit den Messungenaus x1, . . . , xn und u1, . . . , um ermittelbar sein und werden im Folgenden im Vektorη = [ η1 . . . ηk ]T zusammengefasst. Somit ist

zj = hj(x,u,η) fur j = 1, . . . , l (2.13)

mit l bekannten Funktionen hj : Rk+m+n → R. Soll die Dynamik eines nichtlinearenSystems mit dem Ansatz (2.6), (2.9) oder (2.12) approximativ beschrieben werden, istes notwendig, dass die Komponenten von z die Prozessgroßen enthalten, welche furdie nichtlineare Dynamik signifikant sind. Die spezielle Wahl ist abhangig von dem zumodellierenden System und Zweck der Modellierung. Darauf wird in Kapitel 3 und 4noch naher eingegangen.

2.2 Gewichtete Kombination linearer und affiner

Zustandsmodelle

Im Folgenden werden nun die Modellstrukturen entwickelt, die im weiteren Verlaufder Arbeit verwendet werden. Zur Vereinfachung wird zunachst die folgende Definitioneingefuhrt:

Definition 2.1. Die Gewichtsfunktionen αi fur i = 1, . . . , r sind Abbildungen

αi : Rl → R , z 7−→ αi(z)

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32 KAPITEL 2. MODELLSTRUKTUR

mit

αi(z(t)) :=wi(z(t))

r∑k=1

wk(z(t)), (2.14a)

wi(z(t)) =l∏

j=1

Mij(zj(t)) , (2.14b)

und der Bedingungr∑

i=1

wi(z) > 0 ∀z . (2.14c)

Mit (2.14a) ergibt sich aus (2.9a) und (2.9b):

x(t) =

r∑i=1

αi(z(t))Ai x(t) +

r∑i=1

αi(z(t))Biu(t) , x(t0) = x0 ,

(2.15)

y(t) =

r∑i=1

αi(z(t))Ci x(t) +

r∑i=1

αi(z(t))Di u(t)

Das affine Zustandsmodell (2.12a), (2.12b) hat dann die Struktur:

x(t) =r∑

i=1

αi(z(t))Ai x(t) +r∑

i=1

αi(z(t))Bi u(t) +r∑

i=1

αi(z(t))ai , x(t0) = x0

(2.16)

y(t) =r∑

i=1

αi(z(t))Ci x(t) +r∑

i=1

αi(z(t))Di u(t) +r∑

i=1

αi(z(t)) ci .

Fur die Gewichtsfunktion (2.14a) in (2.15) und (2.16) gilt dabei der folgende Satz:

Satz 2.1. Unter der Voraussetzung, dass∑r

i=1wi(z) > 0 und Mij(z) ∈ [0, 1] gilt, istdie Gewichtsfunktion αi (2.14a) beschrankt durch 1 fur alle z ∈ Rl.

Beweis. Der Beweis ist trivial und folgt direkt aus

αi(z) =wi(z)

r∑k=1

wk(z)=

1

1wi(z)

r∑k=1

wk(z)=

1

1 +

i−1∑k=1

wk(z)

wi(z)︸ ︷︷ ︸>0

+

r∑k=i+1

wk(z)

wi(z)︸ ︷︷ ︸>0

6 1 .

Das heißt, αi(z) ist nach oben beschrankt. Ebenso folgt direkt aus der unteren Be-schranktheit von wi(z), vgl. (2.14b), die untere Schranke. wi(z) > 0 ⇒ αi(z) > 0

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2.2. KOMBINATION LINEARER UND AFFINER ZUSTANDSMODELLE 33

Aus der vorhergehenden Definition 2.1 mit (2.14a) folgt die wichtige Eigenschaft

r∑i=1

αi(z) = 1 ∀ z . (2.17)

Sie besagt, dass die Summe der Gewichte αi(z), genauer ausgedruckt, die Summe derWerte der Gewichtsfunktionen an der Stelle z fur alle z ∈ R

l, identisch eins ist.Mit der folgenden Definition lassen sich nun abschließend die Matrizen der linearenZustandsmodelle fur i = 1, . . . , r in einer kompakten Schreibweise (vgl. [46]) angeben:

Definition 2.2.

Gi :=

Ai Bi

Ci Di

∈ R(n+p)×(n+m) (2.18)

mit Ai ∈ Rn×n, Bi ∈ Rn×m, Ci ∈ Rp×n, Di ∈ Rp×m fur i=1,. . . ,r.

Ebenso erhalt man unter Einbeziehung der Definition 2.2 eine kompakte Schreibweiseder Matrizen und Vektoren der affinen Zustandsmodelle:

Definition 2.3.

H i :=

Ai Bi ai

C i Di ci

∈ R(n+p)×(n+m+1) (2.19)

mit Ai ∈ Rn×n, Bi ∈ Rn×m, Ci ∈ Rp×n, Di ∈ Rp×m, ai ∈ Rn, ci ∈ Rp fur i=1,. . . ,r.

Die Notation unterstreicht den Zusammenhang zwischen der Klasse der linearen undaffinen Zustandsmodelle. Das affine Zustandsmodell besteht aus einem linearen Anteilder mitGi gebildet wird und den Vektoren ai und ci. Hierbei bewirkt ai eine zusatzlicheAnderung der Zustande x und ci einen konstanten Offsetanteil in den Systemausgangeny. Damit ergeben sich die linearen Zustandsmodelle in der kompakten Form zu x

y

= Gi

x

u

, i = 1, . . . , r (2.20)

und die affinen Zustandsmodelle in der kompakten Form zu

x

y

= H i

x

u

1

= Gi

x

u

+

ai

ci

, i = 1, . . . , r . (2.21)

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34 KAPITEL 2. MODELLSTRUKTUR

Zusammenfassung

Die in diesem und in dem vorhergehenden Abschnitt abgeleiteten Beziehungen (2.15)und (2.16) enthalten im Gegensatz zu den ursprunglichen Takagi-Sugeno Fuzzy Syste-men (2.8) und (2.11) keine linguistischen Ausdrucke. Hierbei ist (2.15) als eine gewich-tete Kombination r linearer Zustandsmodelle (2.18) interpretierbar, wobei die Anteileder einzelnen linearen Modelle am Gesamtmodell aufgrund der Zeitabhangigkeit desVektors z ebenfalls zeitabhangig sind, die Summe aller Gewichte jedoch fur alle Zeitenden Wert eins annimmt, vgl. (2.17). Ebenso kann (2.16) als eine gewichtete Kombi-nation von r affinen Zustandsmodellen (2.19) interpretiert werden. Auch hierbei sinddie Anteile der einzelnen affinen Modelle am Gesamtmodell zeitabhangig, wobei dieSumme aller Gewichte fur alle Zeiten den Wert eins annimmt.

Bemerkung 2.2. Mit Hilfe der Verschiebungstransformationen

x = xi −A−1i ai , y = yi + ci (2.22)

und der Voraussetzung, dass det[Ai] 6= 0 fur alle i = 1, . . . , r gilt, lasst sich formaljedes i-te affine Zustandsmodell (2.21) x

y

=

Ai Bi

Ci Di

x

u

+

ai

ci

(2.23)

in ein lineares System (2.20) uberfuhren. Einsetzen der Transformationen (2.22) in(2.23) ergibt ˙xi

yi

=

Ai Bi

C i Di

xi

u

. (2.24)

Da die Systeme (2.15), (2.16) auf einem gemeinsamen Zustandsvektor x basieren, istaufgrund der unterschiedlichen Zustandsvektoren xi bzw. Systemzustande und Aus-gange yi eine Transformation von gewichteten Kombinationen affiner (2.16) in lineareZustandsmodelle (2.15) allgemein nicht moglich.

2.3 Definition der Zugehorigkeitsfunktionen

Bisher wurde die Abbildung Mij : R → [0, 1] , zj 7→Mij(zj) in (2.4) und (2.14a) nichtweiter spezifiziert. In diesem Abschnitt werden nun zwei Klassen von parametrisiertenFunktionen definiert, die eindeutig durch wenige Parameter festgelegt sind. Da dieseFunktionen den Zugehorigkeitsgrad der Eingangskomponente zj zum Zeitpunkt t zurFuzzy-Menge Zij definieren, werden sie im Folgenden Zugehorigkeitsfunktionen (engl.membership functions) genannt.

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2.3. DEFINITION DER ZUGEHORIGKEITSFUNKTIONEN 35

Definition 2.4. Die Klasse der stuckweise linearen Zugehorigkeitsfunktionen enthaltdie sogenannte links-

MfL : Mij(zj, θMi ) =

1 falls zj 6 γ1γ2−zj

γ2−γ1falls γ1 < zj 6 γ2

0 sonst

(2.25a)

und rechts-geoffnete Funktion

MfR : Mij(zj , θMi ) =

1 falls zj > γ2

1− γ2−zj

γ2−γ1falls γ1 < zj 6 γ2

0 sonst

(2.25b)

mit θMi = [γ1, γ2], sowie die Dreiecksfunktion

Mftri : Mij(zj , θMi ) =

0 falls zj 6 γ1

zj−γ1

γ2−γ1falls γ1 < zj 6 γ2

γ3−zj

γ3−γ2falls γ2 < zj 6 γ3

0 sonst

(2.25c)

mit θMi = [γ1, γ2, γ3], und die Trapezfunktion

Mftrap : Mij(zj , θMi ) =

0 falls zj 6 γ1

zj−γ1

γ2−γ1falls γ1 < zj 6 γ2

1 falls γ2 < zj 6 γ3

γ4−zj

γ4−γ3falls γ3 < zj 6 γ4

0 sonst

(2.25d)

mit θMi = [γ1, γ2, γ3, γ4]. Es gilt γ1 < γ2 < γ3 < γ4.

Die Form und Lage der Funktionen wird durch die Parameterwerte γk ∈ R, k =1, 2, 3, 4 eindeutig festgelegt. Exemplarisch sind fur bestimmte Parameterwerte Funk-tionsverlaufe in den Bildern (2.1) bis (2.4) dargestellt.

Definition 2.5. Sei U ⊆ R offen. Eine Zugehorigkeitsfunktion Mij(zj) heißt glatt, fallsdie Ableitung

dMij

dzj: U → R (2.26)

existiert und stetig ist.

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36 KAPITEL 2. MODELLSTRUKTUR

0.2

0.8

0.4

0.6

1

0

0 2 6 8

MfL

jz

g21

g

4

Bild 2.1: Links-geoffnete Zugehorig-keitsfunktion (2.25a) mit den Parame-terwerten γ1 = 4 und γ2 = 7

0.2

0.8

0.4

0.6

1

0

0 2 6 8

MfR

jz

g2

g1

4

Bild 2.2: Rechts-geoffnete Zugehorig-keitsfunktion (2.25b) mit den Parame-terwerten γ1 = 3 und γ2 = 8

Definition 2.6. Die Klasse der glatten Zugehorigkeitsfunktionen enthalt die logistischeSigmoid-Funktion (engl. logistic sigmoid function)

Mfsig : Mij(zj , θMi ) =

1

1 + e−γ2(zj − γ1)(2.27a)

mit θMi = [γ1, γ2], die Glockenkurve

Mfbell : Mij(zj , θMi ) = e

− 12

“zj − γ1

γ2

”2

(2.27b)

mit θMi = [γ1, γ2] und die zweiseitige Glockenkurve

Mfbell2 : Mij(zj , θMi ) =

e− 1

2

“zj − γ1

γ2

”2

falls zj < γ1

1 falls zj = γ1

e− 1

2

“zj − γ1

γ3

”2

falls zj > γ1

(2.27c)

mit θMi = [γ1, γ2, γ3] .

Form und Lage der Funktionen sind eindeutig durch die Parameterwerte γk ∈ R, k ∈1, 2, 3 bestimmt. Der Parameter γ2 in (2.27b) legt fest, wie breit die Glockenkurve ist.Die Fallunterscheidung in (2.27c) erzeugt bei Werten von γ2 6= γ3 eine Glockenform mitasymmetrischer Breite. Bei der logistischen Sigmoid-Funktion (2.27a) ist die Steigungan der Stelle zj = γ1 propotional zum zugehorigen Parameterwert γ2. Dies ergibt sichaus der Ableitung von (2.27a) mit

dMfsig(zj)

dzj=

γ2 e−γ2 (zj−γ1)[

1 + e−γ2(zj−γ1)]2 wobei

dMfsig(zj = γ1)

dzj=γ2

4.

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2.4. MODELLSTRUKTUREIGENSCHAFTEN 37

0.2

0.8

0.4

0.6

1

0

0 2 6 8

Mf

jz

g2

g1

4

tri

g3

Bild 2.3: Dreiecksformige Zugehorig-keitsfunktion (2.25c) mit den Parame-terwerten γ1 = 1, γ2 = 6 und γ3 = 8

0.2

0.8

0.4

0.6

1

0

0 2 6 8

Mf

jz

g2

g1

4

trapg

3g

4

Bild 2.4: Trapezformige Zugehorigkeits-funktion (2.25d) mit den Parameterwer-ten γ1 = 1, γ2 = 3 , γ3 = 5 und γ4 = 9

In den Bildern (2.5) bis (2.8) sind zur besseren Veranschaulichung fur die Funktionen(2.27a), (2.27b) und (2.27c) Kurvenverlaufe fur bestimmte Parameterwerte dargestellt.

Bemerkung 2.3. Zur Modellierung von Neuronen in kunstlichen neuronalen Netzenwird haufig die logistische Sigmoid-Funktion (2.27a) zum Berechnen des Ausgangswer-tes in Abhangigkeit vom Aktivierungspotential verwendet, siehe [24, 75]. Die Bezeich-nung sigmoid bezieht sich auf die S-Form der Funktion (2.27a) bei Parameterwertenvon γ2 ∈ R+ und γ1 ∈ R. Bei der Glockenkurve (2.27b) handelt es sich aufgrund derfehlenden Normierung von 1√

2 π γ2nicht um eine Gauß’sche Glockenkurve.

2.4 Modellstruktureigenschaften

Die Strukturen der r linearen Zustandsmodelle (2.20) in (2.15) sind identisch. Eben-so die der r affinen Zustandsmodelle (2.21) in (2.16). Die Systemordnung, die Anzahlder Durchgriffe und der Ein- und Ausgange bleibt fur alle i = 1, . . . , r Modelle erhal-ten. Das heißt, dass bei den linearen Zustandsmodellen die Dimensionen der System-,Eingangs- , Ausgangsmatrizen und der Durchgangsmatrix fur alle i = 1, . . . , r mitAi ∈ Rn×n, Bi ∈ Rn×m, Ci ∈ Rp×n und Di ∈ Rp×m in (2.15) erhalten bleibt. Beiden affinen Zustandsmodellen sind zusatzlich die Dimensionen der Vektoren ai ∈ Rn

und ci ∈ Rp fur alle i = 1, . . . , r in (2.16) identisch. Die in dieser Arbeit betrachte-

te Modellstruktur schließt die Klasse der Systeme mit variabler Struktur aus, wie siez.B. von [149] untersucht worden sind. In [149] wurden Strukturwechsel, insbesondereWechsel der Systemordnung behandelt, wobei die Strukturwechsel durch Aktivierungoder Deaktivierung von sogenannten Nebenbedingungen induziert werden, vergleich-bar mit den hier behandelten Zugehorigkeitsfunktionen. In den folgenden Kapiteln

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38 KAPITEL 2. MODELLSTRUKTUR

0.2

0.8

0.4

0.6

1

0

0 2 6 8

Mf

jz

g1

4

sig

Bild 2.5: Logistische Sigmoid-Funktionals Zugehorigkeitsfunktion (2.27a) mitden Parameterwerten γ1 = 4 undγ2 = −2

0.2

0.8

0.4

0.6

1

0

0 2 6 8

Mf

jz

g1

4

sig

Bild 2.6: Logistische Sigmoid-Funktionals Zugehorigkeitsfunktion (2.27a) mitden Parameterwerten γ1 = 5 und γ2 = 3

0.2

0.8

0.4

0.6

1

0

0 2 6 8

Mf

jz

g1

4

bell

Bild 2.7: Glockenkurve (2.27b) als Zu-gehorigkeitsfunktion mit den Parame-terwerten γ1 = 5 und γ2 = 1

0.2

0.8

0.4

0.6

1

0

0 2 6 8

Mf

jz

g1

4

bell2

Bild 2.8: Zweiseitige Glockenkurve(2.27c) als Zugehorigkeitsfunktion mitden Parameterwerten γ1 = 6, γ2 = 2und γ3 = 1

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2.4. MODELLSTRUKTUREIGENSCHAFTEN 39

soll gezeigt werden, dass sich aus der zunachst als Einschrankung empfundenen festenStruktur Vorteile in Bezug auf die Systemidentifikation und den Reglerentwurf erge-ben. In Abhangigkeit vom Vektor z(t) = [ z1(t) z2(t) . . . zl(t) ]T ∈ Rl wird mittels dergewichteten Summenbildung mit αi (2.14a) der Anteil der einzelnen Zustandsmodelle(2.20), (2.21) am Gesamtmodell (2.15), (2.16) bestimmt.Betrachten wir nun das System (2.15). Man erkennt, dass es in vier einzelne, gewichteteSummen mit dem Index i = 1, . . . , r separierbar ist, die aus den Matrizen Ai, Bi, C i

und Di gebildet werden. Mit Hilfe der Definition des i-ten Parameters

θi(t) := αi(z(t)) (2.28)

ergeben sich aus den gewichteten Summen die parameterveranderlichen Matrizen

A(θ(t)) = θ1(t)A1 + θ2(t)A2 + · · · + θr(t)Ar =

r∑i=1

αi(z(t))Ai , (2.29a)

B(θ(t)) = θ1(t)B1 + θ2(t)B2 + · · · + θr(t)Br =r∑

i=1

αi(z(t))Bi , (2.29b)

C(θ(t)) = θ1(t)C1 + θ2(t)C2 + · · · + θr(t)Cr =

r∑i=1

αi(z(t))Ci , (2.29c)

D(θ(t)) = θ1(t)D1 + θ2(t)D2 + · · · + θr(t)Dr =r∑

i=1

αi(z(t))Di (2.29d)

mit einem zeitveranderlichen Parametervektor von

θ(t) = [ θ1(t) θ2(t) . . . θr(t) ]T . (2.30)

Fur das System der gewichteten linearen Zustandsmodelle (2.15) erhalt man somitformal ein lineares parameterveranderliches System (LPV-System) [104]

x(t) = A(θ(t))x(t) + B(θ(t))u(t) und (2.31)

y(t) = C(θ(t))x(t) + D(θ(t))u(t)

mit A(θ(t)) ∈ Rn×n, B(θ(t)) ∈ R

n×m, C(θ(t)) ∈ Rp×n und D(θ(t)) ∈ R

p×m.

Die parameterveranderlichen Matrizen sind beschrankt. Es gilt der folgende Satz:

Satz 2.2. Die Norm ‖·‖F der parametervariablen Matrizen A(θ), B(θ), C(θ) undD(θ) ist fur alle zulassigen Werte von θ mit θ(t) = [ θ1(t) . . . θr(t) ]T beschrankt.

Beweis. Aus (2.28) und dem Satz (2.1) folgt die Menge der zulassigen Werte θi ∈ [0, 1].

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40 KAPITEL 2. MODELLSTRUKTUR

Damit ergibt sich fur die Matrix

A(θ) = (ajk) =

r∑i=1

θi a11i· · ·

r∑i=1

θi a1ni

.... . .

...r∑

i=1

θi an1i· · ·

r∑i=1

θi anni

mit ajki

∈ R die Abschatzung der einzelnen Eintrage fur j = 1, . . . , n und k = 1, . . . , n

ajk =r∑

i=1

θi ajki=

r∑i=1

αi(z) ajki<

r∑i=1

ajki< C

mit der oberen Schranke C ∈ R+ ist. Aus der Beschranktheit von ajk folgt die Be-schranktheit der Matrixnorm ‖·‖F fur A(θ) mit

‖A(θ)‖F =

√√√√ n∑j=1

n∑k=1

| ajk|2 < C .

O.B.d.A. folgt daraus die Beschranktheit von B(θ), C(θ) und D(θ).

Eine weitere Eigenschaft der hier behandelten Modellstruktur ergibt sich aus Uber-legungen zur Konvexitat von Mengen, speziell von Matrizenmengen. Fur die weitereUntersuchung werden nun folgende Definitionen eingefuhrt:

Definition 2.7 (konvexe Matrizenmenge). Eine Menge Ω ⊂ Rd1×d2 von Matrizen

der Dimension d1 × d2 mit d1, d2 ∈ N heißt konvex, falls folgende Aussage erfullt ist1:Fur jede endliche Anzahl von r Matrizen Y 1,Y 2, . . . ,Y r ∈ Ω und r positiven Gewich-ten β1, β2, . . . , βr ∈ R+ mit

∑ri=1 βi = 1 gilt

Y = β1Y 1 + β2Y 2 + · · ·+ βrY r ∈ Ω .

Definition 2.8 (konvexe Kombination von Matrizen). Sei Ω ⊂ Rd1×d2 eine Men-ge von Matrizen der Dimension d1 × d2 mit d1, d2 ∈ N, sei Y 1,Y 2, . . . ,Y r ∈ Ω undsei β1, β2, . . . , βr ∈ R+ mit

∑ri=1 βi = 1 dann wird

Y =r∑

i=1

βiY i

als konvexe Kombination2 von Y 1,Y 2, . . . ,Y r bezeichnet.

1Eine allgemeine Definition des Vektorraumes Rd1×d2 findet man z.B. in dem Lehrbuch [52], S.70.Hierbei bilden die (d1 × d2)-Einheitsmatrizen (eine Eins in der i-ten Zeile und j-ten Spalte und sonstNullen) die Standardbasis.

2Bei affinen Kombination von Matrizen muss nur die Bedingung∑r

i=1 βi = 1 gelten und nichtβi > 0. Bei linearer Kombination von Matrizen muss keiner der beiden Bedingungen erfullt sein.

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2.4. MODELLSTRUKTUREIGENSCHAFTEN 41

Kehren wir nun zu der Modellstruktur

x(t) =

r∑i=1

αi(z(t))Ai x(t) +

r∑i=1

αi(z(t))Bi u(t) , x(t0) = x0 (2.15)

y(t) =r∑

i=1

αi(z(t))Ci x(t) +r∑

i=1

αi(z(t))Di u(t)

zuruck. Mit der in (2.18) definierten Systemmatrix Gi wird (2.15) zu[x(t)

y(t)

]=

r∑i=1

αi(z(t)) Gi

[x(t)

u(t)

]. (2.32)

Es ist offensichtlich, dass nach Definition 2.8

G(z(t)) :=r∑

i=1

αi(z(t)) Gi

eine konvexe Kombination der Systemmatrizen G1,G2, . . . ,Gr ∈ Ω ⊂ R(n+p)×(n+m)

zum Zeitpunkt t ist, denn fur jedes zj(t) ∈ R, j = 1, . . . , l und somit fur jeden Zeitpunktt > t0, t ∈ R existieren reelle Zahlen αi(z(t)) > 0 (vgl. Satz(2.1)) mit

∑ri=1 αi(z(t)) = 1

(2.17). Analog ergibt sich aus

x(t) =

r∑i=1

αi(z(t))Ai x(t) +

r∑i=1

αi(z(t))Bi u(t) +

r∑i=1

αi(z(t))ai , x(t0) = x0

y(t) =r∑

i=1

αi(z(t))Ci x(t) +r∑

i=1

αi(z(t))Diu(t) +r∑

i=1

αi(z(t)) ci (2.16)

mit der in (2.19) definierten Systemmatrix H i die Form[x(t)

y(t)

]=

r∑i=1

αi(z(t)) H i

x(t)

u(t)1

. (2.33)

Nach Definition 2.8 ist auch

H(z(t)) :=r∑

i=1

αi(z(t)) H i

eine konvexe Kombination der Systemmatrizen H1,H2, . . . ,Hr ∈ Ω ⊂ R(n+p)×(n+m+1)

zum Zeitpunkt t.

Betrachten wir nun wieder den allgemeinen Fall. Die konvexe Hulle einer Menge Ω wirdwie folgt definiert:

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42 KAPITEL 2. MODELLSTRUKTUR

Definition 2.9 (konvexe Hulle).

co(Ω) =

r∑

i=1

βi Y i : Y i ∈ Ω ,r∑

i=1

βi = 1 , βi > 0

In [147, S.4] wird der folgende Satz (ohne Beweis) angegeben:

Satz 2.3. Die konvexe Hulle co(Ω) von Ω ⊂ Rd1×d2 besteht aus allen konvexen Kom-binationen der Elemente von Ω.

Falls Ω konvex ist, gilt co(Ω) = Ω, vgl. Def. 2.7 mit Def. 2.9 Der Beweis von Satz 2.3wird in dieser Arbeit im Anhang C, Satz C.2 erbracht. Hierbei sind G1, G2, . . . ,Gr

undH1,H2, . . . ,Hr die Elemente. Daraus folgt, dass fur alle konvexen KombinationenG(z(t)),H(z(t)) mit t > t0, t ∈ R gilt

G(z(t)) ∈ coG1,G2, . . . ,Gr , (2.34)

H(z(t)) ∈ coH1,H2, . . . ,Hr . (2.35)

Ein Satz, der im Rahmen von Optimierungsaufgaben [61] angewandt wird, besagt, dassdie konvexe Hulle einer endlichen Menge aus Punkten im R

d ein konvexes Polytop istund umgekehrt ein konvexes Polytop die konvexe Hulle einer endlichen Menge vonPunkten ist. Dieser Satz ist ubertragbar auf endliche Mengen aus Matrizen im Rd1×d2 .Die in den Definitionen 2.7 und 2.8 eingefuhrten Begriffe lassen sich zuruckfuhren aufbekannte Begriffe, die fur Punktmengen im R

d angegeben werden (siehe Anhang C).Aus diesem Grund werden die Systeme (2.15), (2.16) auch als polytope Modelle [7, 147]bezeichnet, die, bezogen auf das bisher betrachtete, in die bereits abgeleitete Formuberfuhrbar sind, vgl. (2.32) und (2.33):[

x(t)

y(t)

]=

r∑i=1

αi(z(t)) Gi

[x(t)

u(t)

][x(t)

y(t)

]=

r∑i=1

αi(z(t)) H i

x(t)

u(t)1

mit z = [ z1 . . . zl ]

T wobei zj = hj(x,u,η) ist fur j = 1, . . . , l, siehe Abschnitt 2.1.

Bemerkung 2.4. Aus den polytopen Eigenschaften ergeben sich Bedingungen zurasymptotischen Stabilitat der Eigenbewegungen von (2.15) und (2.16), die mit Hil-fe linearer Matrixungleichungen formulierbar sind. Darauf wird in Kapitel 7 nahereingegangen. Fur weiterfuhrende Untersuchungen zur Konvexitat wird auf [140, 188]verwiesen.

Zur Veranschaulichung der polytopen Eigenschaften wird ein Zahlenbeispiel mit einerKombination von r = 5 linearen Zustandsmodellen mit l = 1 und z1 ∈ [0, 10] betrach-tet.

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2.4. MODELLSTRUKTUREIGENSCHAFTEN 43

Beispiel 2.1. Untersucht werden die i = 1, . . . , 5 linearen Zustandsmodelle x

y

= Gi

x

u

mit Gi :=

Ai Bi

Ci Di

.

Gegeben sind die Systemmatrizen Ai ∈ R2×2 mit den Eintragen

A1 =

[−1

2−5

21 0

], A2 =

[−4

5−2

1 0

], A3 =

[−1 −1

1 0

], (2.36)

A4 =

[−1

4−1

41 0

], A5 =

[−1

6−5

61 0

].

Die Ausgangsmatrizen Ci ∈ R2×1 und die konstante Eingangsmatrix B lauten

C1 =

[0

1

4

], C2 =

[1

2

5

], C3 =

[1

1

2

],

C4 =

[1

1

8

], C5 = [ 1 12 ] , B =

[10

].

Betrachtet wird das System (2.15) bei dem der z-Vektor nur die Komponente z1 enthalt,d.h. es ist l = 1. Die z1-abhangigen Kombinationen der r = 5 linearen Modelle wirddurch eine Schar von i = 1, . . . , r Zugehorigkeitsfunktionen (2.3) mit

Mi(z1) := Mi1(z1) (2.37)

festgelegt. Zwei Zahlenbeispiele mit unterschiedlichen Scharen von Funktionsverlaufen,im Folgenden als Fall a) und Fall b) bezeichnet, werden untersucht. Die Funktionstypenmit den zugehorigen Parameterwerten sind fur Fall a) in der Tabelle 2.1 und fur Fallb) in der Tabelle 2.2 zusammengefasst. Die Falle unterscheiden sich in den Parameter-werten der Zugehorigkeitsfunktionen jedoch nicht in den Funktionstypen. Mit diesenAngaben ist die Ordnung des Systems (2.15) festgelegt:

x =5∑

i=1

αi(z1)Ai x + Bu ,

y =

5∑i=1

αi(z1)Ci x .

Mit l = 1 folgt aus (2.4) und (2.37) die Vereinfachung

wi(z1) = Mi(z1) , z1 ∈ R . (2.38)

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44 KAPITEL 2. MODELLSTRUKTUR

Tabelle 2.1: Typen und Parameterwerte θMi der Zugehorigkeitsfunktionen fur Fall a)

i Funktionstyp Parameterwerte θMi

1 MfL: links-geoffnete Funktion (2.25a) [ 1, 3 ]

2 Mf tri: Dreiecksfunktion (2.25c) [ 1, 3, 5 ]

3 Mf tri: Dreiecksfunktion (2.25c) [ 3, 5, 7 ]

4 Mf tri: Dreiecksfunktion (2.25c) [ 5, 7, 9 ]

5 MfR: rechts-geoffnete Funktion (2.25b) [ 7, 9 ]

Tabelle 2.2: Typen und Parameterwerte θMi der Zugehorigkeitsfunktionen fur Fall b)

i Funktionstyp Parameterwerte θMi

1 MfL: links-geoffnete Funktion (2.25a) [ 1, 3.5 ]

2 Mf tri: Dreiecksfunktion (2.25c) [ 0.5, 3, 5.5 ]

3 Mf tri: Dreiecksfunktion (2.25c) [ 2.5, 5, 7.5 ]

4 Mf tri: Dreiecksfunktion (2.25c) [ 4.5, 7, 9.5 ]

5 MfR: rechts-geoffnete Funktion (2.25b) [ 6.5, 9 ]

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2.4. MODELLSTRUKTUREIGENSCHAFTEN 45

Damit lautet die Gewichtsfunktion (2.14a)

αi(z1) =Mi(z1)

5∑k=1

Mk(z1)

. (2.39)

Die Verlaufe der Zugehorigkeitsfunktionen als auch der Gewichtsfunktionen mit denParameterwerten aus der Tabelle 2.1 und 2.2 sind im Bild 2.9 und 2.10 dargestellt.

M5M4M2M1 M3i 1M z )(

1 3 95 7

1

0z1

1z )(

1 3 95 7

1

0

ai a5a1 a3 a4a2

z1

Bild 2.9: Zugehorigkeitsfunktionen Mi(z1) und Gewichtsfunktionen αi(z1) fur Fall a)

M5M4M2M1 M3i 1M z )(

1 3 95 7

1

0 z1

1z )(

1 3 95 70

1

ai a5a1a3 a4a2

z1

Bild 2.10: Zugehorigkeitsfunktionen Mi(z1) und Gewichtsfunktionen αi(z1) fur Fall b)

Deutlich ist der unterschiedliche Verlauf der Gewichtsfunktion beim Fall a) im Vergleichzu b) erkennbar. Beim Fall a) wurden die Zugehorigkeitsfunktionen so gewahlt, dassdie gebildete Summe fur alle z1 gleich eins ist,

∑5i=1Mi(z1) = 1, ∀z1. Aus (2.14a)

und (2.14b) folgt die Identitat αi(z1) ≡ Mi(z1), d.h. die r Funktionsverlaufe sindidentisch, vgl. das linke und rechte Diagramm im Bild 2.9. Dies gilt jedoch nicht furden Fall b): Im Bereich zwischen z1 = 0.5 und 9.5 ist die Summe

∑5i=1Mi(z1) >

1, was zu einer Verringerung aller Gewichtswerte αi(z1) gegenuber den Werten derZugehorigkeitsfunktion Mi(z1) fuhrt, siehe Bild 2.10. Nach Def. 2.7 enthalt die MengeΩ Elemente, die durch alle konvexen Kombinationen der Matrizen mittels

5∑i=1

βiAi =:

[a1(β) a2(β)

1 0

]∈ Ω (2.40)

mit β ∈ β1, . . . , β5,∑5

i=1 βi = 1 und βi > 0, i = 1, . . . , 5 gebildet werden. Da Ωkonvex ist, gilt co(Ω) = Ω. Die konvexen Kombinationen konnen fur dieses Beispiel inder Ebene dargestellt werden, da die Matrizen Ai nur zwei β-abhangige Eintrage ent-halten. In den Bildern 2.11 und 2.12 ist der Bereich der Menge Ω durch die gepunkteteFlache gekennzeichnet. Betrachtet werden nun speziell die konvexen Kombinationen

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46 KAPITEL 2. MODELLSTRUKTUR

der Ai Matrizen, die aus den z-abhangigen Gewichtsfunktionen αi(z1), i = 1, . . . , 5(2.39) bestimmt werden:

A(z1) :=5∑

i=1

αi(z1)Ai =

5∑i=1

αi(z1) a1i

5∑i=1

αi(z1) a2i

1 0

=

[a1(z1) a2(z1)

1 0

](2.41)

Sie werden im Bild 2.11 und Bild 2.12 dargestellt durch die schwarzen durchgehendenLinien und wurden mit den Komponenten a1(z1) und a2(z1) nach (2.41) fur die Wertez1 = k∆z1 mit k = 1, . . . , 1000 und ∆z1 = 0.01 berechnet. Untersuchen wir nun dieUnterschiede zwischen Fall a) und b): Im Bild 2.11 ist die konvexe Kombination fur denFall a) dargestellt. Die Lage der Eckpunkte wird durch die einzelnen Matrixeintrage aus(2.36) festgelegt. Zum Beispiel entspricht der Eckpunkt [ −1

2; 5

2] dem Matrixeintrag

bei i = 1, weil fur die Argumente 0 6 z1 6 1 der Wert der Gewichtsfunktion α1(z1) = 1ist und alle anderen, d.h. i 6= 1, αi(z1) = 0 sind, siehe Bild 2.9. Dies folgt aus der Be-dingung (2.14a). Die Linien zwischen den Eckpunkten im Bild 2.11 ergeben sich durchgewichtete Kombination zweier Matrixeintrage, weil bei Fall a) fur jedes z1 ∈ [0, 10] niemehr als zwei Gewichtswerte αi(z1) von Null verschieden sind. Hierbei liegen alle Punk-te der konvexen Kombination auf den Kanten des Polytops. Fur Fall b) trifft dies nichtmehr uneingeschrankt zu. Die Punkte der konvexen Kombination liegen im Innern desPolytops, siehe Bild 2.12, wenn jeweils drei Gewichtswerte von Null verschieden sind.In diesem Fall gilt das fur die Argumentwerte z1 ∈ [2.5, 3.5], [4.5, 5.5], [6.5, 7.5] derZugehorigkeits- und Gewichtsfunktionen, siehe Bild 2.10. Wenn jedoch weniger als dreiGewichtswerte von Null verschieden sind, liegen auch hier die Punkte der konvexenKombination auf den Kanten des Polytops.

Es konnen nun folgende Modellstruktureigenschaften festgehalten werden:

1. Die r linearen Zustandsmodelle (2.20) in (2.15) und r affinen Zustandsmodelle(2.21) in (2.16) sind strukturidentisch, d.h. die Systemordnung n, die Anzahl derEingange m und Ausgange p ist bei allen kombinierten Modellen gleich.

2. Die gewichteten Kombinationen der r linearen Zustandsmodelle (2.15) und raffinen Zustandsmodelle (2.16) konnen als parameterveranderliche Systeme for-muliert werden.

3. Die Matrizen der linearen Zustandsmodelle Ai,Bi,Ci,Di in (2.15) und Matrizenund Vektoren der affinen Zustandsmodelle Ai,Bi,Ci,Di,ai, ci fur i = 1, . . . , rin (2.16) bilden konvexe Kombinationen im R(n+p)×(n+m) bzw. konvexe Kombi-nationen im R

(n+p)×(n+m+1).

2.5 Zusammenfassung

In diesem Kapitel wurden jene Modellstrukturen festgelegt, welche den Rahmen furdie Modellbildung, die nichtlineare Systemidentifikation und den Reglerentwurf fluidi-

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2.5. ZUSAMMENFASSUNG 47

-0.5

-1

-1.5

-2

-1 -0.8 -0.6 -0.4 -0.2-2.5

W

i=1i=2

i=3

i=4

i=5

a (z )2 1

a (z )1 1

Bild 2.11: Darstellung der Menge Ω(2.40) und der konvexen Kombinationfur Fall a) mit (2.41) und den Para-meterwerten aus Tabelle 2.1

-0.5

-1

-1.5

-2

-1 -0.8 -0.6 -0.4 -0.2-2.5

W

i=1

i=5

a (z )2 1

a (z )1 1

Bild 2.12: Darstellung der Menge Ω(2.40) und der konvexen Kombinationfur Fall b) mit (2.41) und den Para-meterwerten aus Tabelle 2.2

scher Antriebe bilden. Es wurden aufeinander aufbauend drei verschiedene aquivalenteModellformen behandelt:

1. Eingefuhrt wurden zunachst die Takagi-Sugeno Fuzzy Systeme analog zu [99, 177]mit (2.2), (2.8) und (2.11), welche mit r Regeln Ri, i = 1, . . . , r eine linguistischeBeschreibung der aktuellen Zugehorigkeit der statischen Funktionen, der linearenund affinen Zustandsmodelle enthalten.

2. Anschließend wurde die linguistische Beschreibung systematisch durch die Zu-gehorigkeitsfunktionen (2.3) und dem Produkt derselben (2.4) ersetzt. Darausfolgten die Modellstrukturen der gewichteten Kombination der statischen Funk-tionen (2.6) und die gewichtete Kombination der linearen (2.15) und der affinenZustandsmodelle (2.16), die u.a. auch in den Arbeiten [7, 190, 196] den Modell-rahmen zur Systemidentifikation und den Reglerentwurf bilden. Dann wurden dieverschiedenen Typen der parametrisierten (maximal vier Parameter) stuckweiselinearen und glatten Zugehorigkeitsfunktionen definiert, wie sie in dieser Arbeitverwendet werden.

3. Mit Hilfe der Blockmatrix-Schreibweise der linearen (2.20) und der affinen Zu-standsmodelle (2.21) wurden dann die kompakten Modellformen (2.32) und (2.33)angegeben.

Abschließend wurden die wichtigsten Modelleigenschaften zusammengefasst.

Im Folgenden wird mit der Abkurzung WCLS die Modellstruktur (2.15) als gewichteteKombination der linearen Zustandsmodelle (engl. weighted combination of linear State-space models) und mit WCAS die Modellstruktur (2.16) als gewichtete Kombination

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48 KAPITEL 2. MODELLSTRUKTUR

der affinen Zustandsmodelle (engl. weighted combination of affine State-space models)bezeichnet.

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Kapitel 3

Approximative Modellierungnichtlinearer dynamischer Systeme

Das hier verwendete Verfahren zur Linearisierung von Differentialgleichungssystemenum Referenztrajektorien [72, 92, 109] basiert auf dem bekannten Satz von Taylor undwird in den Arbeiten [3, 85] auch als dynamische Linearisierung (engl. dynamic linea-rization) bezeichnet. In diesem Kapitel wird gezeigt, dass ein geschlossener Zusammen-hang zwischen der rechten Seite des gewichteten affinen Zustandsmodells WCAS (2.16)und der dynamischen Linearisierung besteht. Weiterhin werden Satze aus [7, 195] zumAbschatzen der notwendigen Modellanzahl fur den Fall aquidistant verteilter lokalerModelle vorgestellt und bewiesen. Dabei wird gezeigt, dass durch die Berucksichtigungbestimmter Struktureigenschaften des Originalsystems die notwendige Modellanzahlerheblich reduziert werden kann.

3.1 Approximation der rechten Seite

Ausgangspunkt der Untersuchung ist ein nichtlineares System in Form eines Differen-tialgleichungssystems

x(t) = f(x(t),u(t)) , (3.1a)

y(t) = g(x(t),u(t)) , (3.1b)

mit

f : Rm+n → R

n , g : Rm+n → R

p , (3.1c)

wobei x ∈ Rn, u ∈ Rm und y ∈ Rp. Die partiellen Ableitungen von f und g seien bis zurOrdnung zwei auf R

m+n vorhanden und stetig. Gegeben sei eine Losung (xs(t),ys(t) )von (3.1) fur t ∈ [t0,∞) mit der zugehorigen Eingangsfunktion

us : [t0,∞) → Rm , (3.2)

49

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50 KAPITEL 3. APPROXIMATIVE MODELLIERUNG

deren partiellen Ableitungen bis zur Ordnung zwei ebenfalls vorhanden und stetig sind.Dann lasst sich die rechte Seite von (3.1a) und rechte Seite von (3.1b) nach Taylor inder Umgebung dieser Losung entwickeln, wobei die Komponenten der Vektoren ∆xund ∆u betragsmaßig hinreichend klein sein mussen:

d (xs + ∆x)

dt= f (xs + ∆x,us + ∆u) (3.3a)

= f (xs , us) +A(t) ∆x+B(t) ∆u+ rf (xs,us,∆x,∆u)

ys + ∆y = g(xs + ∆x,us + ∆u) (3.3b)

= g(xs , us) +C(t) ∆x+D(t) ∆u+ rg(xs,us,∆x,∆u) .

Bekanntermaßen werden hierbei die Matrizen A(t), B(t), C(t) und D(t) durch dieFunktionalmatrizen von f und g langs der Losungstrajektorie xs mit zugehoriger Ein-gangsfunktion us bestimmt:

A(t) := A(xs(t),us(t)) =

∂f1(xs(t),us(t))

∂x1(t)· · · ∂f1(xs(t),us(t))

∂xn(t)...

. . ....

∂fn(xs(t),us(t))

∂x1(t)· · · ∂fn(xs(t),us(t))

∂xn(t)

, (3.4a)

B(t) := B(xs(t),us(t)) =

∂f1(xs(t),us(t))

∂u1(t)· · · ∂f1(xs(t),us(t))

∂um(t)...

. . ....

∂fn(xs(t),us(t))

∂u1(t)· · · ∂fn(xs(t),us(t))

∂um(t)

, (3.4b)

C(t) := C(xs(t),us(t)) =

∂g1(xs(t),us(t))

∂x1(t)· · · ∂g1(xs(t),us(t))

∂xn(t)...

. . ....

∂gp(xs(t),us(t))

∂x1(t)· · · ∂gp(xs(t),us(t))

∂xn(t)

, (3.4c)

D(t) := D(xs(t),us(t)) =

∂g1(xs(t),us(t))

∂u1(t)· · · ∂g1(xs(t),us(t))

∂um(t)...

. . ....

∂gp(xs(t),us(t))

∂u1(t)· · · ∂gp(xs(t),us(t))

∂um(t)

(3.4d)

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3.1. APPROXIMATION DER RECHTEN SEITE 51

mit x = [x1 x2 . . . xn ]T und u = [ u1 u2 . . . up ]T . Die Restglieder rf und rg in (3.3)konnen wie folgt abgeschatzt werden, vgl. [78, S.285]:

‖rf(xs,us,∆x,∆u)‖∞ 6 1

2Mf

∥∥∥∥[∆x∆u

]∥∥∥∥2

∞, (3.5a)

‖rg(xs,us,∆x,∆u)‖∞ 6 1

2Mg

∥∥∥∥[∆x∆u

]∥∥∥∥2

∞(3.5b)

mit

Mf = max16j6n

n∑k1,k2=1

m∑k3=1

supt∈[t0,∞)

∣∣∣∣∂2fj(xs(t),us(t))

∂xk1∂xk2

+∂2fj(xs(t),us(t))

∂2uk3

+∂2fj(xs(t),us(t))

∂xk1∂uk3

∣∣∣∣ ,Mg = max

16j6n

n∑k1,k2=1

m∑k3=1

supt∈[t0,∞)

∣∣∣∣∂2gj(xs(t),us(t))

∂xk1∂xk2

+∂2gj(xs(t),us(t))

∂2uk3

+∂2gj(xs(t),us(t))

∂xk1∂uk3

∣∣∣∣ .Vernachlassigt man in der rechten Seite von (3.3) die Restterme rf und rg mit derVoraussetzung, dass ∆x und ∆u betragsmaßig hinreichend klein sind, so erhalt manaufgrund der Approximation der rechten Seiten von (3.1a) und (3.1b) ein neues System

ξ(t) = f(xs(t),us(t)) +A(t) (ξ(t)− xs(t)) +B(t) (u(t)− us(t)) , (3.7a)

ξ(t0) = xs(t0)

und

y(t) = g(xs(t),us(t)) +C(t) (ξ(t)− xs(t)) +D(t) (u(t)− us(t)) (3.7b)

mit dem Zustandsvektor ξ(t) ∈ Rn (der im allgemeinen ξ(t) 6= xs(t) fur t > t0 ist) unddem Ausgangsvektor y(t) ∈ Rp, vgl. [85]. Gegeben sei nun eine endliche Menge Gs vondiskreten Punkten

Gs = xi,ui ∈ (xs(t),us(t)) , i = 1, . . . , r , t ∈ [t0,∞) ⊂ R (3.8)

mit Gs ⊂ G ⊆ Rn × Rm. Zur Approximation der rechten Seite von (3.7a), der Appro-ximationsfehler wird im Anhang (B.1) abgeschatzt, wird nun eine gewichtete Kombi-nation von Zustandsmodellen angesetzt:

˙ξ(t) =

r∑i=1

αi(ξ(t),u(t))[A(xi,ui) (ξ(t)− xi) +B(xi,ui) (u(t)− ui) + f(xi,ui)

],

(3.9)

ξ(t0) = xs(t0)

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52 KAPITEL 3. APPROXIMATIVE MODELLIERUNG

mit dem Zustandsvektor ξ(t) ∈ Rn (der im allgemeinen ξ(t) 6= ξ(t) ist fur t > t0) undder Gewichtsfunktion αi(ξ(t),u(t)). Das heißt, in der folgenden Untersuchung wirdvorausgesetzt, dass der Scheduling-Vektor

z =[ξ

TuT]T

(3.10)

ist, vgl. (2.13). Fassen wir nun die statischen Terme aus (3.9) zusammen

˙ξ(t) =

r∑i=1

αi(ξ(t),u(t))A(xi,ui) ξ(t) +

r∑i=1

αi(ξ(t),u(t))B(xi,ui)u(t)

+r∑

i=1

αi(ξ(t),u(t)) (f(xi,ui)−A(xi,ui)xi −B(xi,ui)ui) ,

dann ergibt sich mit den Abkurzungen

Ai := A(xi,ui) , Bi := B(xi,ui) , (3.11a)

ai := f(xi,ui)−A(xi,ui)xi −B(xi,ui)ui (3.11b)

und αi = αi(ξ(t),u(t)) eine Zustandsdifferentialgleichung

˙ξ(t) =

r∑i=1

αiAi ξ(t) +

r∑i=1

αiBi u(t) +

r∑i=1

αi ai (3.11c)

der Form (2.16).

Wie in dieser Arbeit gezeigt wird, liefert der Ansatz (3.11) eine adaquate Naherung dernichtlinearen Dynamik gesteuerter physikalischer Systeme, deren Losungen innerhalbeines beschrankten Gebiets liegen. Dies wird im Einzelnen gezeigt anhand der

• Modellierung mechanischer Oszillatoren mit Nichtlinearitaten, siehe die numeri-schen Untersuchungen in Kapitel 4 und der

• Modellierung fluidischer Servoantriebe unter Verwendung des erweiterten Sche-duling-Vektors mit (2.13), siehe die numerischen und experimentellen Untersu-chungen in Kapitel 6.

Jedoch entsprechen im Allgemeinen die Losungen des Systems (3.11) nicht den Losun-gen des ursprunglichen Systems (3.1a). Dies wird anhand des folgenden analytischenBeispiels verdeutlicht.

Zahlenbeispiel:Gegeben ist das nichtlineare System

dx

dt= f(x) =

√1 + x , x(t0) = 0

y = g(x) = x(3.12)

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3.1. APPROXIMATION DER RECHTEN SEITE 53

mit x ∈ R, y ∈ R und t0 = 0. Ziel ist es, dieses System im Gebiet x = [0, 2] basierend aufdem Ansatz (3.11) mit r = 2 lokalen Modellen approximativ zu beschreiben. Zunachstwird dazu die Losung xs(t) von (3.12) mittels Trennung der Variablen bestimmt:∫

dx√1 + x

=

∫dt

2√

1 + x = t+ C ⇒ x =

(t+ C

2

)2

− 1 .

Aus der Anfangsbedingung folgt

2√

1 = C ⇒ C = 2

und damit auch die Losung

xs(t) =

(t+ 2

2

)2

− 1 . (3.13)

Zur Approximation des Systems (3.12) wird nun nach (3.11) die Differentialgleichungmit

dt=

2∑i=1

αi(ξ)[Ai ξ(t) + f(xi)− Ai xi

](3.14)

angesetzt, wobei ξ ∈ R und Ai ∈ R ist. Die Arbeitspunkte der xi lokalen Modellei = 1, 2 werden auf den Rand des Definitionsgebiets gelegt, d.h.

x1 = 0 , x2 = 2 . (3.15)

Dann folgen aus

Ai = A(xi) =∂f(xi)

∂x=

∂x

√1 + xi =

1

2

1√(1 + xi)

die Werte

A1 =1

2, A2 =

1

2√

3. (3.16)

Die Funktionswerte f(x) an den Arbeitspunkten (3.15) ergeben sich zu

f(x1) =√

1 = 1 , f(x2) =√

1 + 2 =√

3 . (3.17)

Die Gewichtsfunktionen αi(ξ) fur i = 1, 2 werden aus den stuckweise stetigen Funktio-nen MfL (2.25a) und MfR (2.25b), beide mit γ1 = 0 und γ2 = 2, gebildet wodurch

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54 KAPITEL 3. APPROXIMATIVE MODELLIERUNG

innerhalb des Gebiets x = [0, 2] nur der monoton abfallende bzw. ansteigende Bereichrelevant ist und damit die Fallunterscheidungen in (2.25a), (2.25b) entfallen. Somit ist

α1(ξ) = MfL(ξ) =γ2 − ξ

γ2 − γ1

= 1− ξ

2,

α2(ξ) = MfR(ξ) = 1− γ2 − ξ

γ2 − γ1=ξ

2.

(3.18)

Nach dem Einsetzen von (3.16), (3.17) und (3.18) in (3.14) folgt

dt=

[1− ξ

2

][ξ

2+ 1

]+

2

][1

2√

3ξ +

2√3

]=

1−√3

4√

3ξ2 +

ξ√3

+ 1 .

(3.19)

Durch Anwendung der Methode der Trennung der Variablen kann auch hierbei eineLosung analytisch ermittelt werden:∫

11−√34√

3ξ2 + ξ√

3+ 1

dξ =

∫dt . (3.20)

Mit den Abkurzungen

a :=1−√3

4√

3, b :=

1√3, ∆ := 4a− b2

folgt nach der Tabelle aus [34] die Losung des Integrals auf der linken Seite von (3.20)zu ∫

1

a ξ2 + b ξ + 1dξ = − 2√−∆

arctanh2 a ξ + b√−∆

. (3.21)

Somit folgt aus (3.20)

− 2√−∆arctanh

2 a ξ + b√−∆= t+ C (3.22)

und nach kurzer Umformung ergibt sich die Losung von (3.19) zu

ξs(t) =1

2a

[√−∆ tanh

[−√−∆

2(t+ C)

]− b

], (3.23)

wobei

C = − 2√−∆arctanh

b√−∆(3.24)

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3.1. APPROXIMATION DER RECHTEN SEITE 55

aus der Anfangsbedingung x(0) = 0 folgt.

Vergleicht man zunachst die rechten Seiten von (3.12)

f(x) =√

1 + x (3.25)

und (3.19)

fTS(ξ) =1−√3

4√

3ξ2 +

ξ√3

+ 1 (3.26)

grafisch (siehe Bild 3.1) so ist der Approximationsfehler e = fTS − f in den Arbeits-punkten (3.15) Null und in der Mitte des Uberlappungsgebiets maximal. Also genauan derjenigen Stelle, an der die Anteile der lokalen Modelle am Gesamtmodell jeweilszur Halfte eingehen. Ein grafischer Vergleich der analytischen Losungen (3.13) und(3.23) der Differentialgleichungen (3.12) und (3.19) ist in Bild (3.2) dargestellt. Manerkennt deutlich den systematischen Fehler zwischen den beiden Kurven, der durch dieIntegration des stets positiven Approximationsfehlers der rechten Seite (vgl. Bild 3.1)entsteht.

Bemerkung 3.1. Anstatt von der Naherung ξ kann die Gewichtsfunktion αi in (3.11c)auch von x abhangen. Dies ist von Driankov, Palm und Rehfuss 1996 in [48] im Zusam-menhang mit Gain-Scheduling-Reglern analytisch untersucht worden. Zur Analyse derApproximationsfahigkeit ist es jedoch notwendig, dass nur mittels der zur Verfugungstehenden Naherungstrajektorie ξ und der Steuereingange u die dynamischen Gewichteαi berechnet werden.

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56 KAPITEL 3. APPROXIMATIVE MODELLIERUNG

0 0.5 1 1.5 21

1.1

1.2

1.3

1.4

1.5

1.6

1.7

1.8

ξfTS

( )

ξ, x

f(x)

Bild 3.1: Vergleich der rechten Seite f(x) von (3.12) mit der rechten Seite fTS(ξ) von(3.19).

0 0.2 0.4 0.6 0.8 1 1.2 1.40

0.2

0.4

0.6

0.8

1

1.2

1.4

1.6

1.8

2

ξ(t)

x(t)

t

Bild 3.2: Vergleich der analytischen Losungen (3.13) und (3.23) der Differentialglei-chungen (3.12) und (3.19).

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3.2. LOKALE MODELLANZAHL UND APPROXIMATIONSGENAUIGKEIT 57

3.2 Lokale Modellanzahl und Approximationsgenau-

igkeit

In diesem Abschnitt wird, in Anlehnung an die Arbeiten von Angelis [7] und HuaO. Wang et al. [195], der Zusammenhang zwischen der Anzahl der lokalen Model-le und der Approximationsgenauigkeit untersucht. Betrachtet wird die Approximationder rechten Seite der nichtlinearen Zustandsgleichung (3.1) mit der rechten Seite der ge-wichteten Kombination affiner Zustandsmodelle (2.16). Hierbei ist es von Interesse, obfur eine obere Fehlerschranke ε ∈ R+ eines definierten begrenzten Gebietes die notwen-dige Anzahl lokaler Modelle r angegeben werden kann. Das Problem wird eingegrenzt,indem man von einer aquidistanten Verteilung der einzelnen Modelle im gesamten Ge-biet bzw. Arbeitsraum ausgeht. Weiterhin wird gezeigt, dass bei problemangepassterAufteilung des Arbeitsraums unter Ausnutzung der Struktur des Originalsystems dienotwendige Modellanzahl reduzierbar ist.

3.2.1 Notwendige Modellanzahl zur Approximation vektor-wertiger Funktionen

Als Erstes wird die Approximierbarkeit der allgemein nichtlinearen Funktion

f : X ⊂ Rn → Y ⊂ R

p , x 7−→ f (x) , (3.27)

mit der in Kapitel 2 angegebenen Modellstruktur (2.6) untersucht. Die partiellen Ab-leitungen von (3.27) seien bis zur Ordnung zwei alle auf X vorhanden und stetig.Ebenso sei f (x) dehnungsbeschrankt bezogen auf die Lipschitzkonstante L ∈ R+. DieVerallgemeinerung von (2.6) auf eine vektorwertige Funktion lautet

y(x) =

r∑i=1

wi(x) f i(x)

r∑k=1

wk(x)=

r∑i=1

αi(x) f i(x) (3.28)

mitf i : X ⊂ R

n → Y ⊂ Rp , x 7−→ f i(x) .

Der Scheduling-Vektor z entspricht hierbei dem Zustandsvektors x, d.h. z = x. Die in(2.6) zuvor nicht naher spezifizierte Form fur f i wird nun angesetzt als

f i(x) = Ai x+ ai mit Ai ∈ Rn×n, ai ∈ R

n . (3.29)

Bekanntermaßen lautet die Taylorreihenentwicklung erster Ordnung von f (x) um diePunkte xi

f i(x) = f (xi) +∂f (xi)

∂x(x− xi) + rf(x,xi) fur i = 1, . . . , r . (3.30)

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58 KAPITEL 3. APPROXIMATIVE MODELLIERUNG

Dabei entspricht die Matrix Ai aus (3.29) der Funktionalmatrix ∂f(xi)∂x

, d.h.

Ai =∂f (xi)

∂x(3.31)

und der Vektor ai dem Ausdruck

ai = f(xi)− ∂f (xi)

∂xxi . (3.32)

Zur weiterfuhrenden Betrachtung werden nun verschiedene Definitionen eingefuhrt:

Definition 3.1. ceil(·) sei eine Abbildung

ceil : R → N , x 7→ ceil(x) , (3.33)

die den kleinsten ganzzahligen Wert liefert, der nicht kleiner als x ist.

Es ist z.B. ceil(2.567) = 3.

Definition 3.2. C2(X) ist die Menge aller Funktionen, die auf X ⊂ Rn definiert istund deren partielle Ableitungen bis zur Ordnung zwei alle auf X vorhanden und stetigsind, vgl. [78, S.250, S.262]

Definition 3.3.

BRi[xi] :=

x ∈ R

d | ‖x− xi‖2 6 Ri

(3.34)

sei die d-dimensionale Kugel um xi ∈ Rd mit dem Radius Ri ∈ R+.

Fur eine kompakte Schreibweise werden nun die zwei folgenden Abkurzungen definiert:

Definition 3.4.

fWE(x) :=

r∑i=1

αi(x) f i(x) (3.35)

sei die gewichtete Kombination aus (3.28) mit

f i(x) = Ai x+ ai , i = 1, . . . , r (3.36)

wobei αi die Gewichtsfunktion ist, welche in (2.14) definiert ist mit z = x.

Definition 3.5. Das Supremum der euklidischen Fehlernom auf X ⊂ Rn definiert den

Abstand d(f ,fWE) ∈ R+ ∪ ∞ zwischen f(x) und fWE(x)

d(f ,fWE) := supx∈X

‖f(x)− fWE(x)‖2 . (3.37)

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3.2. LOKALE MODELLANZAHL UND APPROXIMATIONSGENAUIGKEIT 59

Aufgrund der Dehnungsbeschranktheit von f(x) und der Dehnungsbeschranktheit derGewichtsfunktionen αi(x) ist das Restglied der Taylorreihenentwicklung

ri(x) = f (x)− f i(x) (3.38)

ebenfalls dehnungsbeschrankt. Dies impliziert fur alle x ∈ X, dass eine positive ZahlLi ∈ R+ als ein Maß der maximalen Anderung der Fehlernom existieren muss. Somitgilt

‖ri(x)‖2 = ‖f(x)− f i(x)‖2 6 Li ‖x− xi‖2 . (3.39)

Der Abstand ‖x − xi‖2 wird abgeschatzt mit dem Radius der d-dimensionalen KugelBRi

[xi] (3.34), wobei d = n ist. Nun wahlen wir fur jeden Punkt x eine Kugel BRi[xi],

so dass fur x ∈ BRi[xi]

‖ri(x)‖2 = ‖f(x)− f i(x)‖2 6 Li ‖x− xi‖2 6 Li Ri = εi (3.40)

gilt. Aus dieser zunachst unendlichen Menge von Kugeln konnen wir wegen der Kom-paktheit des Gebiets X eine endliche Menge von Kugeln BRi

[xi] auswahlen, so dass dasGebiet immer noch vollstandig uberdeckt wird. Die Anzahl der ausgewahlten Kugelnsei r und werden mit

BR1 [x1], BR2 [x2], . . . , BRr [xr] (3.41)

bezeichnet wobei

X ⊆(

r⋃i=1

BRi[xi]

)mit xi ∈ X fur i = 1, . . . , r (3.42)

gilt.

Mit dem folgenden Satz aus [7] wird nun der Approximationsfehler durch die Distanzzwischen der Originalfunktion f(x) und der Ansatzfunktion fWE(x) abgeschatzt.

Satz 3.1. Gegeben sei eine vorgegebene obere Fehlerschranke ε ∈ R+ und die Funktionf (x) mit f ∈ C2(X) nach (3.27). Dann gibt es eine Ansatzfunktion fWE(x) definiertdurch (3.35) mit r Gewichtsfunktionen αi(x) : R

n → R+, die durch 1 beschrankt sindmit der Bedingung

∑ri=1 αi(x) = 1 fur alle x, so dass d(f ,fWE) 6 ε gilt.

Beweis von Satz 3.1. Wegen der gleichmaßigen Stetigkeit der stetigen Funktion f aufdem Kompaktum X kann ein L gefunden werden, so dass (3.39) mit Li = L fur jedesx ∈ X und einem dazu gewahlten xi richtig ist. Wahle R := ε

Lund eine endliche

Uberdeckung von X mit r Kugeln BRi[xi], so dass (3.40) mit εi = ε gilt fur jedes

x ∈ X und einem dazu gewahlten xi. Mit der Identitat von f(x) =∑r

i=1 αi(x) f(x),welche sich aus der Voraussetzung

∑ri=1 αi(x) = 1 ergibt und unter Berucksichtigung

der Dreiecksungleichung folgt:

‖f (x)− fWE(x)‖2 =

∥∥∥∥∥r∑

i=1

αi(x) f(x)−r∑

i=1

αi(x) f i(x)

∥∥∥∥∥2

6r∑

i=1

αi(x) ‖f(x)− f i(x)‖2 =r∑

i=1

αi(x) ‖ri(x)‖2 .

(3.43)

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60 KAPITEL 3. APPROXIMATIVE MODELLIERUNG

Die gewichtete Summe von ‖ri(x)‖2 ist beschrankt, falls die Gewichtsfunktionen αi(x)in der Ansatzfunktion mit der Bedingung

∑ri=1 αi(x) = 1 so gewahlt werden, dass

∀x : αi(x) ≡ 0 falls ‖x− xi‖2 > R und sonst αi(x) > 0 (3.44)

gilt. Dann ist

r∑i=1

αi(x) ‖ri(x)‖2 6r∑

i=1

αi(x) L ‖x− xi‖2︸ ︷︷ ︸6R

6r∑

i=1

αi(x) LR 6 ε .

und somit d(f ,fWE) 6 ε (vgl.(3.37)).

Fur den vorhergehenden Beweis war es notwendig, dass die αi in der AnsatzfunktionfWE(x) (3.35) ausschließlich in einem lokalen Bereich einen Funktionswert von großerNull annehmen. Das heißt (3.44) muss erfullt sein. Denn eine obere Schranke wird si-cherlich nur dann nicht uberschritten, wenn in fWE(x) die i’te Funktion nur in derNahe des i’ten Entwicklungspunktes dominiert und ,,weit entfernt” vom Entwicklungs-punkt keinen Einfluss mehr hat. Da die Gewichtsfunktionen aus Zugehorigkeitsfunk-tionen bestimmt werden (vgl. Gl. 2.1), mussen auch diese die Lokalitatseigenschaftenerfullen. In Betracht kommen daher z.B. die stuckweise linearen Zugehorigkeitsfunk-tionen (2.25c) und (2.25d), wie sie in Kapitel 2 bereits hypothetisch angesetzt wur-den. Streng gilt dies dagegen nicht fur die Klasse der glatten Zugehorigkeitsfunktionen(2.27b) und (2.27c), denn die Funktionswerte konvergieren ,,weit entfernt” vom Maxi-malwert lediglich gegen Null.Zu bedenken ist weiterhin, dass in Satz 3.1 nur der Worst-Case Fall betrachtet wird,d.h. der maximale Fehler innerhalb des gesamten Gebiets bestimmt die Wahl des Ra-dius R, was zu einer konservativen Abschatzung mit einer sehr großen Modellanzahl rfuhren kann.Im nachsten Schritt wird zur analytischen Abschatzung der notwendigen Modellanzahlbezogen auf eine absolute Fehlerschranke die d-dimensionale Kugel (3.34) durch einend-dimensionalen Wurfel approximiert [7]:

Definition 3.6.

CΥi[xi] :=

x ∈ R

d | ‖x− xi‖∞ 6 Υi

2

(3.45)

sei der d-dimensionale Wurfel mit der Kantenlange Υi = 2√dRi und dem Mittelpunkt

xi.

Nach dieser Definition ist ein Wurfel CΥi[xi] mit Υi vollstandig in einer Kugel BRi

[xi]mit dem Radius Ri enthalten, d.h. CΥi

[xi] ⊂ BRi[xi]. Das Problem wird weiterhin ver-

einfacht, indem der zu approximierende Raum kompakt ist und einem d-dimensionalenRechteck entspricht, das mit Wurfeln gleicher Kantenlange bedeckt wird. Der zu ap-proximierende Raum ist in jeder Dimension i = 1, . . . , d durch das Zentrum ζi und

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3.2. LOKALE MODELLANZAHL UND APPROXIMATIONSGENAUIGKEIT 61

die Breite βi festgelegt. Hierbei muss der Abstand der Wurfelmittelpunkte aquidistantsein, wobei die Kantenlangen aller Wurfel identisch gewahlt werden, d.h. es gibt so-mit ein Υ = Υi fur i = 1, . . . , r. Die Lange aller Kanten Υ bemisst sich nach derzulassigen Fehlerschranke ε des Gebiets mit der großten Nichtlinearitat berechnet ausL = max

i[Li] fur i = 1, ..., r Dehnungsschranken Li.

‖f(x)− fWE(x)‖2 6r∑

i=1

αi(x)Li ‖x− xi‖2 6 Lr∑

i=1

αi(x) ‖x− xi‖2 6 ε . (3.46)

Aus dieser Worst-Case-Abschatzung ergeben sich r Kugeln

BR[xi] :=x ∈ R

d | ‖x− xi‖2 6 R =ε

L

, i = 1, . . . , r (3.47)

mit identischen Radien R = ε/L, die durch die Wurfel (3.45) der Kantenlange

Υ =2R√d

=2 ε

L√d

(3.48)

ersetzt werden. Zur vollstandigen Wurfelbedeckung eines kompakten Raums X mussgarantiert sein, dass

X ⊆(

r⋃i=1

CΥ[xi]

)ist. Aufgrund der Kugelapproximation gilt CΥ[xi] ⊆ BR[xi], dies impliziert

X ⊆(

r⋃i=1

BR[xi]

).

Mit den vorhergehenden Definitionen und Einschrankungen ergibt sich der

Satz 3.2. Gegeben ist das System x = f (x) mit f ∈ C2(X) und

X =

x = [x1 x2 . . . xn]T ∈ R

n | |xj − ζj| 6 βj

2, j = 1, . . . , n

, (3.49)

sei festgelegt durch das Zentrum ζ = [ζ1 ζ2 . . . ζn]T und die Breite βj pro Dimension

mit j = 1, . . . , n. Fur eine absolute Fehlerschranke ε > 0 erfullt der Ansatz

fWE(x) =r∑

i=1

αi(x) f i(x) , (3.50)

nach (3.35) mit r Gewichtsfunktionen αi(x) : Rn → R+, die durch 1 beschrankt sindmit

∀x :r∑

i=1

αi(x) = 1 , αi(x) ≡ 0 falls ‖x− xi‖2 > R und sonst αi(x) > 0

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62 KAPITEL 3. APPROXIMATIVE MODELLIERUNG

und der Modellanzahl

r =

n∏i=1

ceil

(L√n

ε

βi

2

)(3.51)

und dem Fehlerkriterium d(f ,fWE) (3.37) die Ungleichung

d(f ,fWE) 6 ε .

Anmerkung: ceil(·) entspricht der Funktion (3.33) aus Definition (3.1).

Beweis von Satz 3.2. Unter Berucksichtigung von ‖x−xi‖2 6 √n ‖x−xi‖∞ ist der

euklidische Abstand zwischen den Punkten x und xi fur i = 1, . . . , r bei vollstandigerUberlappung von X mit r n-dimensionalen Kugeln

‖x− xi‖2 6 R =ε

L,

falls der Maximumabstand

‖x− xi‖∞ 6 R√n

L√n

ist. Daraus folgt, dass die maximale Kantenlange der Wurfel CΥ[xi], vgl. (3.45), sichmit d = n nach

Υ =2R√n

berechnen lasst, vgl. (3.48). Dies fuhrt bei einer Dimension zu

r = ceil

(βi

2 R√n

)= ceil

(L√n

ε

βi

2

). (3.52)

Insgesamt ergibt sich dann fur den n-dimensionalen Arbeitsbereich eine Modellanzahlvon

r =n∏

i=1

ceil

(L√n

ε

βi

2

).

Der Satz 3.2 lasst erkennen, dass mit steigender Anforderung an die Approximations-genauigkeit die Anzahl der lokalen Modelle in (3.35) steigt. Ebenso nimmt die Mo-dellanzahl mit der Dimension des Vektors x und der Lipschitz Konstante L zu. Beisteigendem Grad der Nichtlinearitaten in (3.27) variieren die lokalen Steigungen uberden gesamten Arbeitsbereich starker. Aufgrund der Worst-Case Abschatzung (3.46) istL die obere Schranke der großten lokalen Steigung. Das heißt, dass mit zunehmendemGrad der Nichtlinearitaten in der zu approximierenden Funktion (3.27), die Anzahl derlokalen Modelle mit L proportional ansteigt. Zur Reduktion der lokalen Modellanzahlmussen daher andere Wege beschritten werden. Hierzu wird im Abschnitt 3.2.3 die

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3.2. LOKALE MODELLANZAHL UND APPROXIMATIONSGENAUIGKEIT 63

Struktur der zu approximierenden Funktion zusatzlich berucksichtigt. Es wird gezeigt,dass eine Modellreduktion durchfuhrbar ist, wenn bei der zu approximierenden Funk-tion (3.27) der nichtlineare vom linearen Anteil separiert werden kann. Zunachst sollim nachsten Abschnitt eine vektorwertige Funktion approximiert werden, die nicht nurvon x, sondern zusatzlich von einem Eingangsvektor u abhangt.

3.2.2 Notwendige Modellanzahl zur Approximation vektor-

wertiger Funktionen mit Eingangsvektor

Untersucht wird die Approximierbarkeit der allgemein nichtlinearen Funktion

f : X × U → Y , (x,u) 7−→ f(x,u) (3.53)

innerhalb eines kompakten Gebiets mit X ⊂ Rn, U ⊂ Rm und Y ⊂ Rp. Wie beim

vorherigen Abschnitt, werden fur eine kurzere Schreibweise folgende Definitionen ein-gefuhrt:

Definition 3.7. fWA(x,u) sei die gewichtete Kombination

fWA(x,u) :=

r∑i=1

αi(x,u) f i(x,u) (3.54)

der vektorwertigen Funktionen

f i(x,u) = Ai x+Bi u+ ai , i = 1, . . . , r (3.55)

mit x ∈ X ⊂ Rn und u ∈ Y ⊂ Rm. Im Gegensatz zu (2.14a) wird der Vektor z

der Gewichtsfunktion αi auf die Zustande x und Eingange u eingeschrankt. Somit istz = [xT uT ]T .

Da nur die rechte Seite von (2.16) in (3.54) behandelt wird, ist die Zeitabhangigkeit derGroßen x,u bedeutungslos. Aus diesem Grund wird die Zeitabhangigkeit der Zustands-und Eingangsvektoren in der vorhergehenden Definition und in den folgenden Betrach-tungen dieses Abschnitts nicht explizit notiert.

Definition 3.8. Das Supremum der euklidischen Fehlernom auf G ⊆ X × U definiertden Abstand d(f ,fWA) zwischen f (x,u) und fWA(x,u)

d(f ,fWA) := sup(x,u)∈G

‖f(x,u)− fWA(x,u)‖2 . (3.56)

In Anlehnung an [7] wird folgender Satz angegeben:

Satz 3.3. Gegeben ist f (x,u) ∈ C2(G). G ⊆ X×U sei eine kompakte Menge, definiertdurch

G =

ψ = [ψ1 ψ2 . . . ψn+m]T ∈ R

n+m | |ψj − ζj| 6 βj

2, j = 1, . . . , n+m

, (3.57)

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64 KAPITEL 3. APPROXIMATIVE MODELLIERUNG

2z

b1

b 2

7

Xz1

x

B x )( 7R

Bild 3.3: Ein zweidimensionaler Raum X ⊂ Rd, d = 2, festgelegt durch die Lage desZentrums ( ζ1, ζ2 ) und der Breite ( β1, β2 ) wird vollstandig durch eine aquidistanteAnordnung von BR[xi] mit i = 1, . . . , r fur r = 25 uberdeckt. Man beachte hierbei,dass bei jedem Ubergang von einem Kreis zum nachsten sich diese in jedem Punkt vonX uberschneiden.

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3.2. LOKALE MODELLANZAHL UND APPROXIMATIONSGENAUIGKEIT 65

wobei der Zustands- und Eingangsvektor mit

ψ :=[xT uT

]T, xT = [ x1 x2 . . . xn ] , uT = [ u1 u2 . . . un ]

zusammengefasst wird. G wird somit durch das Zentrum ζ = [ζ1 ζ2 . . . ζn+m]T unddie Breite βj pro Dimension mit j = 1, . . . , n+m festgelegt. Fur eine absolute Fehler-schranke von ε > 0 erfullt der Ansatz fWA(x,u) nach (3.54) mit r Gewichtsfunktionenαi(x,u) : Rn+m → R+, die durch 1 beschrankt sind mit den Bedingungen

∀ (x,u) :r∑

i=1

αi(x,u) = 1 , αi(x,u) ≡ 0 falls ‖ψ −ψi‖2 > R und sonst αi(x,u) > 0

und der Modellanzahl

r =n+m∏i=1

ceil

(βi

2√

√λH (n+m)

√n

)(3.58)

und dem Fehlerkriterium (3.56) die Ungleichung

d(f ,fWA) 6 ε .

Anmerkung: ceil entspricht der Funktion (3.33) aus Definition (3.1). λH ist der ma-ximale Eigenwert der Hesseschen Matrizen H ij, vgl. (A.1), die aus f (x,u) gebildetwerden.

Beweis von Satz 3.3. Zunachst wird f (x,u) in der Umgebung von xi ∈ xs undui ∈ us nach Taylor entwickelt, vgl. (3.3a):

f (x,u) = f(xi,ui) +Ai ∆x+Bi ∆u+ rfi(x,u) (3.59)

mit ∆x = x − xi und ∆u = u − ui. Ai und Bi ergeben sich aus den Funktional-matrizen (3.4a) und (3.4b). Im Rahmen dieser Betrachtungen entspricht f(x,u) derrechten Seite von (3.1). Somit beschranken wir uns auf die Umgebung der Losung derZustandsgleichung des nichtlinearen Systems (3.1). Sei rfij

die j-te Komponente desRestglieds

rfi(x,u) = rfi

(ψ) = [ rfi1(ψ) . . . rfij

(ψ) . . . rfin(ψ) ]T (3.60)

mit ψ :=[xT uT

]T, dann erhalt man unter Anwendung des Mittelwertsatzes [78,

S.276] den Ausdruck

rfij(ψ) =

1

2[ψ −ψi ]

T H ij(ψi + ϑ(ψ −ψi) ) [ψ −ψi ] (3.61)

mit ϑ ∈ [0, 1] ⊂ R. Die Hessesche Matrix H ij(ψi +ϑ(ψ−ψi) ) ∈ R(n+m)×(n+m) beziehtsich auf die einzelnen Komponenten fj(x,u) der vektorwertigen Funktion f (x,u) am

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66 KAPITEL 3. APPROXIMATIVE MODELLIERUNG

Linearisierungspunkt i, siehe Anhang A.1. Unter Ausnutzung der Identitat f (x,u) =∑ri=1 αi(x,u) f(x,u) und mit (3.54) ist

f(x,u)− fWA(x,u) =r∑

i=1

αi(x,u) [ f (x,u)− f i(x,u) ]

und mit (3.55) folgt dann

f(x,u)− fWA(x,u) =r∑

i=1

αi(x,u) [ f (x,u)−Ai x−Bi u− ai ] .

Aus (3.11b) und (3.59) ergeben sich die einzelnen lokalen Fehleranteile zu

f (x,u)−Ai x−Biu− ai = f (x,u)−Ai x−Bi u− f (xi,ui) +Ai xi +Bi ui

= f (x,u)−Ai ∆x−Bi ∆u = rfi(x,u) .

Der Approximationsfehler ergibt sich somit als eine gewichtete Kombination lokalerRestglieder

f (x,u)− fWA(x,u) =

r∑i=1

αi(x,u) rfi(x,u) . (3.62)

Die euklidische Norm dieses Approximationsfehlers kann analog zu (3.43)

‖f(x,u)− fWA(x,u)‖2 6r∑

i=1

αi(x,u) ‖rfi(x,u)‖2

abgeschatzt werden. Die Anwendung des Satzes A.2 aus dem Anhang liefert eine Ab-schatzung der Norm der i = 1, . . . , r Restglieder:

‖rfi(x,u)‖2 = ‖rfi

(ψ)‖2 6 1

2

√√√√ n∑j=1

λHij([ψ −ψi]

T [ψ −ψi])2

6 1

2

√n

(max

j

[λHij

])2

([ψ −ψi]T [ψ −ψi])

2 =1

2

√n λHi

‖ψ −ψi‖22

mit λHi= max

j

[λHij

]. Hierbei bezeichnet λHij

den maximalen Wert des großten Ei-

genwerts der Hesseschen Matrix uber alle ϑ ∈ [0, 1]

λHij= max

ϑ[max [ Eig (H ij(ψi + ϑ(ψ −ψi) )) ] ] . (3.63)

Nach dieser Vorarbeit ist die euklidische Norm des globalen Fehlers (3.62) insgesamtabschatzbar. Im Folgenden verwenden wir die Kurzschreibweise mit ψ, d.h. f (ψ) =

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3.2. LOKALE MODELLANZAHL UND APPROXIMATIONSGENAUIGKEIT 67

f (x,u), fWA(ψ) = fWA(x,u).

‖f(ψ)− fWA(ψ)‖2 = ‖r∑

i=1

αi(ψ) rfi(ψ) ‖2 6

r∑i=1

αi(ψ) ‖rfi(ψ)‖2

6√n

2

r∑i=1

αi(ψ)λHi‖ψ −ψi‖2

2 6√n

2λH

r∑i=1

αi(ψ) ‖ψ −ψi‖22

mit λH = maxi

[λHi]. Somit bestimmt die maximale Nichtlinearitat im gesamten Gebiet

G, quantifiziert durch den maximalen Eigenwert der Hessenschen Matrix, die notwen-dige Modellanzahl fur eine gegebene Fehlerschranke. Seien die ψi so dicht gewahlt inG, dass fur ein vorgegebenes ε > 0 gilt:

√n

2

r∑i=1

αi(ψ)λH ‖ψ −ψi‖22 6 ε ,

(die Moglichkeit einer solchen Wahl folgt mittels der im Beweis zum Satz 3.1 dargeleg-ten Argumentation) dann ist fur die lokalen Bereiche i = 1, . . . , r

‖ψ −ψi‖22 6 2 ε

λH

√n

6 2 ε

λHi

√n. (3.64)

Die Gultigkeit jedes i-ten lokalen Modells wird durch den Bereich innerhalb einer d-dimensionalen Kugel nach Definition 3.3 mit d = n + m beschrieben. Die Dimensionbetragt im Gegensatz zum vorherigen Satz 3.2 nicht d = n sondern d = n + m. Ausdem Vergleich von (3.64) mit der Kugel

BR[xi] = ψ | ‖ψ −ψi‖2 6 Rfolgt der konstante Kugelradius fur alle Linearisierungspunkte i = 1, . . . , r

R =

√2 ε

λH

√n

(3.65)

wobei R ≤ Ri ist. Zur Approximation von f (ψ) mit fWA(ψ) muss die kompakteMenge G vollstandig mit r Kugeln uberdeckt sein

G ⊆(

r⋃i=1

BR[ψi]

).

Das Ergebnis ab (3.52) aus dem Beweis von Satz 3.2 lasst sich damit auf den aktuellenFall mit n +m Dimensionen ubertragen. Man erhalt analog eine Modellanzahl von

r =

n+m∏i=1

ceil

(√n+m βi

2R

).

Zum Schluss ersetzt man R durch den Ausdruck (3.65).

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68 KAPITEL 3. APPROXIMATIVE MODELLIERUNG

3.2.3 Reduktion der notwendigen Modellanzahl

Die bisher behandelte Fehlerabschatzung berucksichtigte nicht die spezielle Strukturdes zu approximierenden nichtlinearen Systems. Wir sind davon ausgegegangen, dass(3.1) in allen Zustanden und Eingangen nichtlinear ist. Dies kann schon bei relativeinfachen Systemen, die nur fur einen Teil der Zustande nichtlinear und linear im Ein-gang sind, zu sehr konservativen Abschatzungen fuhren. Dadurch konnen sich WCASmit einer hohen Anzahl lokaler Modelle, die nicht mehr sinnvoll realisierbar sind, sie-he z.B. das Fallbeipiel 1 im Abschnitt 4.1, ergeben. Dies tritt fur Systeme mit hoherModellordnung und mehreren Eingangen naturlich ebenso auf. In diesem Zusammen-hang gilt, wie bei anderen mehrdimensionalen Approximationsverfahren, der sogenann-te Fluch der Dimensionalitat1 (engl. curse of dimensionality ). Das Grundproblem istdie große Anzahl der lokalen Modelle, die notwendig sind, um ein hochdimensionalesnichtlineares System mit einer Fehlerschranke kleiner oder gleich ε zu approximieren.Dies lasst sich anhand der Modellanzahl aus Satz 3.3 mit (3.58) zeigen: Wenn ein ge-gebenes nichtlineares System mit m Eingangen und einem zugeordneten λH-Wert ineinem Bereich G mit der Fehlerschranke ε approximiert werden soll, dann folgt aus(3.58) die Proportionalitat

r ∼n+m∏i=1

(√n (n+m)

)1/2.

Die rechte Seite ist im Bild 3.4 uber n mit m als Parameter aufgetragen. Mit jederzusatzlichen Modellordnung wachst die notwendige Anzahl lokaler Modelle exponenti-ell2. Die Partitionierung des Arbeitsraumes G ist jedoch keine notwendige Bedingung,um nichtlineare Systeme mit den hier beschriebenen Ansatzen zu approximieren. Invielen Fallen ist es moglich, ausgehend von den Zustandsgleichungen der Form (3.1),spezielle Eigenschaften der Systemstruktur auszunutzen. In dieser Arbeit beschrankenwir uns jedoch auf das Untersuchen der Moglichkeiten, ein gegebenes System in einenlinearen und nichtlinearen Anteil zu zerlegen. In Abschnitt 3.2.1 entsprach die Anzahlder unabhangigen Variablen der Gewichtsfunktion αi(z) dem Wert dim(z) = dim(x)und im vorherigen dim(z) = dim(x) + dim(u). Nach der Dimensionsreduktion giltjedoch bei Systemen ohne Eingang dim(z) < dim(x) und bei Systemen mit Eingangdim(z) < dim(x) + dim(u). Fuhren wir zur Abgrenzung aus diesem Grund den Ge-wichtsraum Z ⊂ R

l mit z ∈ Z ein, der von niedriger Dimension sein kann als G,vgl. (3.57).

Definition 3.9. Der Gewichtsraum sei

Z =

z = [z1 z2 . . . zl]

T ∈ Rl | |zj − ζj| 6 βj

2, j = 1, . . . , l

(3.66)

1Dieser Begriff wurde durch Duda und Hart [49] bei Untersuchungen zur Musterklassifikation undautomatischen Szenenanalyse eingefuhrt.

2Zur allgemeinen Untersuchung von Problemen mit nicht-polynomialer Komplexitat (NP) sieheGarey und Johnson [57].

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3.2. LOKALE MODELLANZAHL UND APPROXIMATIONSGENAUIGKEIT 69

0

50

100

150

200

250

1 2 3 4 5 6

~r

n

m = 1m = 2m = 3

Bild 3.4: Anzahl lokaler Modelle r ∼ ∏n+mi=1 (

√n (n +m))

1/2dargestellt uber die Mo-

dellordnungen n = 1, . . . , 6 bei Variation der Anzahl der Systemeingange m = 1, 2, 3.

und wird durch das Zentrum ζ = [ζ1 ζ2 . . . ζl]T und die Breite βj pro Dimension mit

j = 1, . . . , l festgelegt.

In Anlehnung an die Arbeit von Angelis [7] gibt der folgende Satz die Anzahl der lokalenModelle fur ein zu approximierendes System an, das in einen linearen und nichtlinearenAnteil zerlegbar ist. Die Bedeutung dieses Satzes wird anhand der Fallbeispiele imKapitel 4 noch naher erlautert.

Satz 3.4. Gegeben ist f (ψ) = F ψL + fnl(ψN) mit ψL ∈ GL, ψN ∈ GN und derkompakten Menge G = GL ×GN . Die Vektoren ψL und ψN setzen sich aus einzelnenKomponenten der Vektoren x und u zusammen. Es sei ψL := [xT

L uTL ]T und ψN :=

[xTN u

TN ]T . Der nichtlineare Anteil von f(ψ) ist fnl : ψN → Rn mit nN = dim(ψN).

Der lineare Anteil wird beschrieben durch F ψL mit F ∈ Rn×nL und nL = dim(ψL)als die Anzahl der Komponenten, die nur linear in f(ψ) eingehen. Fur eine absoluteFehlerschranke von ε > 0 erfullt der Ansatz

fWA(ψ) = F ψL +

r∑i=1

αi(ψN ) f i(ψN) , ψN = z ∈ Z = GN , (3.67a)

f i(ψN) = f i(xN ,uN) = Ai xN +BiuN + ai (3.67b)

mit r Gewichtsfunktionen αi(ψN) : RnN → R+, die durch 1 beschrankt sind mit den

Bedingungen

∀ψN :r∑

i=1

αi(ψN) = 1 , αi(ψN ) ≡ 0 falls ‖ψN −ψNi‖2 > R und sonst αi(ψN ) > 0

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70 KAPITEL 3. APPROXIMATIVE MODELLIERUNG

und der Modellanzahl

r =

nN∏i=1

ceil

(βi

2√

2 ε

√λH nN

√n

)(3.68)

und dem Fehlerkriterium d(f ,fWA), definiert in (3.56), die Ungleichung

d(f ,fWA) 6 ε .

In (3.68) ist nN = dim(ψN ) und λH = maxi,j

[λHij

]mit (3.63).

Anmerkung: Im Gegensatz zum vorherigen Satz 3.3 wird der maximale Eigenwert derHesseschen Matrix nur aus dem nichtlinearen Anteil fnl und nicht aus dem gesamtenSystem gebildet.

Beweis von Satz 3.4. Die Differenz zwischen Originalfunktion f(ψ) und Ansatz-

funktion (3.67a) lautet bei Beachtung der Identitat fnl(ψN) =r∑

i=1

αi(ψN ) fnl(ψN)

f(ψ)− fWA(ψ) = F ψL + fnl(ψN)− F ψL −r∑

i=1

αi(ψN ) f i(ψN)

=

r∑i=1

αi(ψN) [fnl(ψN)− f i(ψN)] .

Daraus folgt, analog zum Beweis von Satz (3.3), dass der Approximationsfehler als einegewichtete Kombination lokaler Restglieder beschreibbar ist, und die Abschatzungenab dem Beweisschritt (3.62) auch fur diesen Fall gelten. Dies impliziert, bei Beachtungder reduzierten Dimension von ψN gegenuber ψ, dass n+m in (3.58) durch die Anzahlder reduzierten Zustande und Eingange mit dim(ψN) = nN ersetzt wird.

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Kapitel 4

Fallbeispiele zur approximativenModellierung

Die im Kapitel 3 hergeleiteten Satze zur Bestimmung der Modellanzahl werden nunanhand vier verschiedener Fallbeispiele konkret untersucht. Jedes dieser Beispiele re-prasentiert in vereinfachter Form einzelne Nichtlinearitaten bzw. durch Nichtlinea-ritaten hervorgerufene Phanomene, die in Fluidantrieben auftreten konnen, siehe denAbschnitt 1.3.3. Dies wird spater mittels Methoden der Systemidentifikation und li-nearisierter physikalischer Modellgleichungen fur servopneumatische Antriebe, sieheKapitel 6, nachgewiesen. Phanomene, die bei servohydraulischen Antrieben auftreten,werden in den einzelnen Beispielen gesondert erwahnt. Bei den folgenden prinzipiellenUntersuchungen zur Approximation der nichtlinearen Dynamik durch WCAS (2.16)werden Systeme betrachtet, die aus konzentrierten nichtlinearen oder zeitvariablen Ele-menten in Form von Massen-, Feder-, Dampfer- und Reibelementen gebildet werden.

4.1 Mechanischer Oszillator mit nichtlinearer Fe-

der

In diesem Fallbeispiel wird die Modellgleichung eines mechanischen Oszillators mitnichtlinearer Feder durch WCAS (2.16) approximiert. Die nichtlineare Feder mit pro-gressiver Kennlinie ist hierbei als die Zunahme der Steifigkeit der Luftsaule in denZylinderkammern servopneumatischer Antriebe verursacht durch die Verringerung derKammervolumen bei großen Kolbenauslenkungen interpretierbar. Dies bewirkt insge-samt eine Anderung der Antriebsdynamik. Einen experimentellen Nachweis findet derinteressierte Leser in Kapitel 6, sowie in den Abhandlungen von Andersen [6], Mc-Cloy und Martin [113]. In diesem Abschnitt beschranken wir uns auf grundsatzlicheBetrachtungen zur Approximation der globalen Systemdynamik. Gegeben sei das ma-thematische Modell des in dem Bild 4.1 skizzierten mechanischen Oszillators

m x+ d x+ k(x) = F , x(t0) = 0 , x(t0) = 0 (4.1)

71

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72 KAPITEL 4. FALLBEISPIELE ZUR APPROXIMATIVEN MODELLIERUNG

d

m

c0 c1

F

x

Bild 4.1: Mechanischer Oszillator mit nichtlinearer Feder. Der starre Korper ist rei-bungsfrei gelagert.

x

k(x)

Bild 4.2: Qualitativer Verlauf einer progressiven Federkennlinie nach Gl. (4.2)

mit x als Auslenkung des starren Korpers aus der vorgegebenen Lage, und einer inx-Richtung auf den starren Korper einwirkende außere Kraft F (t). Die progressiveFederkennlinie, reprasentiert durch die Funktion

k(x) = c0 x+ c1 x3 , c0 > 0 , c1 > 0 (4.2)

in (4.1), beschreibt die mechanische Eigenschaft der als masselos angenommenen Feder.Ein qualitativer Verlauf der Kennlinie ist in dem Bild 4.2 dargestellt. Die Modellpara-meter in (4.1) und (4.2) seien bekannt mit

m = 2 als Masse des starren Korpers in kg,

d = 4 als Dampfungskoeffizient in N/m/s,

c0 = 20 als Steifigkeitskoeffizient des wegproportionalen Terms der Federkennlinie (4.2)in N/m,

c1 = 800 als Steifigkeitskoeffizient des nichtlinearen (kubischen) Terms der Federkenn-linie (4.2) in N/m3.

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4.1. MECHANISCHER OSZILLATOR MIT NICHTLINEARER FEDER 73

Die Differentialgleichung zweiter Ordnung (4.1) lasst sich nach Einfuhrung der Zu-standsvariablen

x1 := x , x2 := x ,

und der Festlegung der Eingangs- und Ausgangsvariable mit

u := F , y := x ,

in die Zustandsraumdarstellung (3.1) der Form x = f (x, u) uberfuhren:[x1

x2

]=

[f1(x, u)f2(x, u)

]=

[0 1− c0

m− d

m

] [x1

x2

]+

[0

− c1mx3

1

]+

[01m

]u (4.3a)

y = [ 1 0 ]

[x1

x2

]. (4.3b)

Im ersten Schritt muss zur Approximation von (4.3a) durch (2.16) die maximal zulassi-ge Fehlerschranke ε bezogen auf die Abstandsnorm (3.56) und der Arbeitsbereich fest-gelegt werden. In diesem Fall sei die Fehlerschranke ε = 0.25. Der Arbeitbereich wirdeindeutig bestimmt durch

|F (t)| ≤ Fmax ∀t ,|x(t)| ≤ xmax ∀t ,|x(t)| ≤ xmax ∀t .

(4.4)

Wir wahlen den maximalen Betrag der außeren Kraft mit Fmax = 4.5 N, den maximalenBetrag der Auslenkung mit xmax = 0.15 m und die maximal zulassige Geschwindigkeitdes Starrkorpers mit xmax = 0.1 m/s. Der zu approximierende Bereich ist dreidimen-sional und ergibt sich aus der allgemeinen Definition (3.57) wie folgt

G =

ψ ∈ R

3 | |ψj − ζj| 6 βj

2, j = 1, 2, 3

, ψ = [ x1 x2 u ]T .

G wird hierbei festgelegt durch das Zentrum ζ = [ ζ1 ζ2 ζ3 ]T , welches o. B. d. A. inden Ursprung gelegt wird und durch die in (4.4) angegebenen Schranken mit |x1| ≤xmax , |x2| ≤ xmax , |u| ≤ Fmax. Damit lassen sich die βj fur j = 1, 2, 3 bestimmen:

β1 = 2 xmax = 0.3 , β2 = 2 xmax = 0.2 , β3 = 2 Fmax = 9 . (4.5)

Im zweiten Schritt wird die notwendige lokale Modellanzahl r abgeschatzt. Die Strukturvon (4.3a) wird zunachst nicht untersucht. Wir beschranken uns auf eine konservativeBerechnung von r mit Hilfe der Anwendung von (3.58) aus dem Satz 3.3. Hierzu mussendie Eigenwerte der Hesseschen Matrix H ij (A.1) berechnet werden. Bezogen auf diesesFallbeispiel gilt:

H ij =

∂2fj

∂x21

∂2fj

∂x2 ∂x1

∂2fj

∂u ∂x1

∂2fj

∂x1 ∂x2

∂2fj

∂x22

∂2fj

∂u ∂x2

∂2fj

∂x1 ∂u

∂2fj

∂x2 ∂u

∂2fj

∂u2

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74 KAPITEL 4. FALLBEISPIELE ZUR APPROXIMATIVEN MODELLIERUNG

mit fj fur j = 1, 2. Aus (4.3a) ergeben sich die Matrizen

H i1 = 03×3 , H i2 =

[−6

c1mx1i

01×2

02×1 02×2

]

und die zugehorigen Eigenwerte

λHi1= Eig[H i1] = [ 0 , 0 , 0 ] , λHi2

= Eig[H i2] =[

0 , 0 , −6c1mx1i

].

Die x1-Komponente aller Entwicklungspunkte ψ in G ist aufgrund des zulassigen Ar-beitsbereichs beschrankt: x1i

∈ [ −xmax , xmax ] . Somit ist

λH = maxi

[−6

c1mx1i

]= −6

c1m

(−xmax) = 360 .

Die Modellanzahl ist nun mit (3.58) fur eine zulassige Fehlerschranke von ε = 0.25berechenbar:

r =3∏

i=1

ceil

(βi

2√

2 · ε√λH · 3

√2

).

Das Einsetzen des zuvor berechneten λH Wertes und der durch (4.5) festgelegten Be-reichsgrenzen ergibt

r =

3∏i=1

ceil

(βi

2√

2 · 0.25

√360 · 3

√2

)= 9 · 6 · 249 = 13446 .

Diese Anzahl ist fur die Approximation mit (2.16) nicht praktikabel. Aus diesem Grundwird versucht, die Struktureigenschaften des nichtlinearen Systems auszunutzen. Danur der Zustand x1 nichtlinear in das System eingeht, bietet es sich an, den nichtlinearenvom linearen Teil zu trennen. Die Umformung von (4.3a) ergibt[

x1

x2

]=

[f1(x, u)f2(x, u)

]=

[0 1 0− c0

m− d

m1m

]︸ ︷︷ ︸

F

x1

x2

u

︸ ︷︷ ︸ψL

+

[0

− c1mx3

1

]︸ ︷︷ ︸fnl(ψN )

. (4.6)

Jetzt kann erneut die notwendige Anzahl der lokalen Modell unter Ausnutzung derStruktureigenschaft mit der Beziehung (3.68) nach Satz (3.4) berechnet werden. DieHessesche Matrix wird aus dem nichtlinearen Anteil fnl gebildet

H ij =

[∂2fnlj

∂x21

]fur j = 1, 2 .

Die zugehorigen Eigenwerte lauten

λHi1= Eig[H i1] = 0 , λHi2

= Eig[H i2] = −6c1mx1i

.

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4.1. MECHANISCHER OSZILLATOR MIT NICHTLINEARER FEDER 75

Daraus berechnet sich der maximale Eigenwert

λH = maxi

[−6

c1mx1i

]= −6

c1m

(−xmax) = 360 .

Die Modellanzahl ergibt sich dann nach (3.68)

r =

nN∏i=1

ceil

(βi

2√

2 ε

√λH nN

√n

)= ceil

(0.3

2√

2 · 0.25

√360

√2

)= 5

mit nN = 1 und n = 2. Das heißt, zum Erzielen einer Approximationsgenauigkeit vonε = 0.25 ist mindestens eine Modellanzahl von r = 5 erforderlich.

Im dritten Schritt werden die Matrizen Ai, Bi und Vektoren ai der i = 1, . . . , 5 lokalenModelle aus der Taylorreihenentwicklung um die Arbeitspunkte Gs ⊂ G (3.8) berechnetmit

Gs =[ x1i

x2iui ]

T

fur x1i∈ −0.12 , −0.06 , 0.0 , 0.06 , 0.12 . (4.7)

Die x1isind gleichmaßig uber den Definitionsbereich von fnL

verteilt. Die aquidistan-te Verteilung ist notwendig, da der Ausdruck (3.58) zum Ermitteln von r auf dieserVoraussetzung beruht (siehe den Beweis zum Satz 3.4). Der Scheduling-Vektor z ist indiesem Fall eindimensional, da nur der Zustand x1 nichtlinear in das System eingeht.Damit ist

z = z1 := x1 .

Nach (3.4a) und (3.11a) ergibt sich aus (4.3a) fur

Ai =

[0 1

− 1m

(c0 + 3 c1 x

21i

) − dm

],

nach (3.4b) fur

Bi = B =

[01m

]und nach (3.11b) fur die

ai = f(xi, ui)−Ai xi −B ui =

[0

f2(xi, ui) + 1m

(c0 x1i

+ 3 c1 x31i

)+ d

mx2i− 1

mui

].

Man erkennt, dass bei den ai Vektoren zudem die Eingangs- und x2-Komponenten derArbeitspunkte (4.7) bestimmt werden mussen. Die Arbeitspunkte Gs konnen in diesemFall so gewahlt werden, dass sie den Gleichgewichtslagen des nichtlinearen Systems(4.1) entsprechen. Aus f (xi, ui) ≡ 0 folgt fur i = 1, . . . , 5

ui = c0 x1i+ c1 x

31i, x2i

= 0 . (4.8)

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76 KAPITEL 4. FALLBEISPIELE ZUR APPROXIMATIVEN MODELLIERUNG

Damit lassen sich die ui mit den xi aus (4.7) berechnen:

ui ∈ −3.7824 , −1.3728 , 0.0 , 1.3728 , 3.7824 .Die Ausgangsmatrizen C i sind fur alle Modelle gleich: C i = C = [ 1 0 ], vgl. (4.3b).Daraus folgt nun das Approximationsmodell, das dem allgemeinen Ansatz (2.16) ent-spricht mit

x =5∑

i=1

αi(x1)Ai x+B u+5∑

i=1

αi(x1) ai ,

y = C x .

(4.9)

Im vierten und letzten Schritt werden die Zugehorigkeitsfunktionen der einzelnen Ge-wichtsfunktionen αi(x1) festgelegt. Der qualitative Verlauf entspricht der Anordnungaus Beispiel 2.1, dargestellt in Bild 2.9. Hierbei ist z = z1 := x1 und (2.14b) verein-facht sich zu wi(x1) = Mi(x1). Da nur x1 nichtlinear in das System (4.6) eingeht wirddie genaue Lage der Modellzugehorigkeiten im Arbeitsraum in diesem Fall durch dieFunktionen Mi(x1) := Mi1(x1) nach (2.25) fur alle i = 1, . . . , 5 festgelegt. Im Einzelnendurch die Funktion MfL fur i = 1 nach (2.25a), Mf tri fur i = 2, 3, 4 nach (2.25c) undMfR (2.25b) fur i = 5 mit den Parameterwerten aus der Tabelle 4.1. Die Parameter

Tabelle 4.1: Typen und Parameterwerte θMi der Zugehorigkeitsfunktionen Mi der

WCAS fur das Modell (4.9)

i Funktionstyp Parameterwerte θMi

1 MfL nach (2.25a) [ γ1 = −0.12 , γ2 = −0.06 ]

2 Mf tri nach (2.25c) [ γ1 = −0.12 , γ2 = −0.06 , γ3 = 0.00 ]

3 Mf tri nach (2.25c) [ γ1 = −0.06 , γ2 = 0.00 , γ3 = 0.06 ]

4 Mf tri nach (2.25c) [ γ1 = 0.00 , γ2 = 0.06 , γ3 = 0.12 ]

5 MfR nach (2.25b) [ γ1 = 0.06 , γ2 = 0.12 ]

sind gerade so gewahlt worden, dass∑5

i=1Mi(x1) = 1 fur alle x1 ∈ [−0.15 , 0.15 ] ist.Daraus folgt nach (2.14a) die Identitat αi(x1) ≡ Mi(x1). Damit ist das Modell (4.9)vollstandig bestimmt.Als nachstes wird es mit dem Originalsystem verglichen. Hierzu wird das Systemmit einer außeren Kraft als Eingangssignal angeregt, so dass der gesamte Gewichts-raum aller lokalen Modelle durchfahren wird. Dies ist exemplarisch fur ein sinusformi-ges Eingangssignal u(t) = 4.5 · sin(2 πf t), f = 0.05 Hz mit den Anfangszustandenx1(t0) = x2(t0) = 0 numerisch berechnet worden. Das Berechnungsmodul ist im Rah-men dieser Arbeit entwickelt worden und wird mit der Software MATLAB ab Version5.2 zusammen mit Simulink 2.0 ausgefuhrt. Zur numerischen Integration wurde das

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4.1. MECHANISCHER OSZILLATOR MIT NICHTLINEARER FEDER 77

-0.15

-0.1

-0.05

0

0.05

0.1

0.15

0 5 10 15 20

y / [

m]

t / [s]

ApproximationOriginal

Bild 4.3: Systemausgang y des Original-systems (4.3a), (4.3b) im Vergleich zurApproximation mit (4.9) bei sinusformi-ger Anregung

-0.1

-0.05

0

0.05

0.1

-0.15 -0.1 -0.05 0 0.05 0.1 0.15

x2

x1

ApproximationOriginal

Bild 4.4: Trajektorie (x1, x2) des Original-systems (4.3a) im Vergleich zur Approxi-mation mit (4.9) bei sinusformiger Anre-gung

Runge-Kutta Verfahren mit fester Schrittweite von h = 0.001 verwendet. Die einzelnenProgramm-Module sind ausfuhrlich im Anhang D beschrieben.Die berechneten Ausgange sind in Bild 4.3 uber die Zeit dargestellt. Man erkennt einegute Ubereinstimmung zwischen dem Original und der zugehorigen Approximation. Dieprogressive Federkraft bewirkt eine Abflachung des sinusfomigen Eingangs im Ausgang.Der unvermeidbare Approximationsfehler wird im Zustandsraum veranschaulicht, sieheBild 4.4. Deutlich erkennbar oszilliert die Trajektorie der Approximation um die derOriginalfunktion. Die Anderung der Fehlernorm ‖f(x, u)− fWA(x, u)‖2 berechnet furzwei sinusformige Eingangssignale mit f = 0.05 Hz und f = 0.2 Hz und einer Ampli-tude von 4.5 N ist in Bild 4.6 zu sehen. Hierbei wird der zulassige Fehler von ε = 0.25in keinem der Falle uberschritten.Weiterhin wird der ,,interne Mechanismus” der gewichteten Kombination der funf loka-len Modelle durch die Anderung der Gewichtsfunktionen uber die Zeit veranschaulicht,siehe Bild 4.5. Ein schneller Wechsel der lokalen Modelle ereignet sich u.a. im Intervallzwischen t = 7 s und t = 13 s . Um die Endlagen wird die Dynamik ausschließlich vonden Modellen i = 1 und i = 5 bestimmt. Dies ist an den konstanten α-Werten zwischent = 3 s und t = 7 s sowie zwischen t = 13 s und t = 17 s gut zu erkennen.

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78 KAPITEL 4. FALLBEISPIELE ZUR APPROXIMATIVEN MODELLIERUNG

0

0.2

0.4

0.6

0.8

1

1.2

1.4

0 5 10 15 20

alph

a i,

i =

1,..

.,5

t / [s]

alpha 1alpha 2alpha 3alpha 4alpha 5

Bild 4.5: Gewichtsanderungen αi(z1(t)) fur ein sinusformiges Eingangssignal u(t) =4.5 · sin(2 πf t) mit f = 0.05 Hz.

0

0.05

0.1

0.15

0.2

0.25

0.3

0 5 10 15 20

Feh

lern

orm

t / [s]

epsilon

Fehlernorm bei f = 0.05 HzFehlernorm bei f = 0.2 Hz

Bild 4.6: Darstellung des Approximationsfehlers durch ‖f (x, u)−fWA(x, u)‖2 fur zweisinusformige Eingangssignale u(t) = 4.5 · sin(2 πf t) mit f = 0.05 Hz und f = 0.2 Hz.

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4.1. MECHANISCHER OSZILLATOR MIT NICHTLIN. FEDER U. DAMPFER 79

m F

x

c0 c1

d1d0

Bild 4.7: Mechanischer Oszillator mit nichtlinearer Feder und nichtlinearem Dampfer.Der starre Korper ist reibungsfrei gelagert.

4.2 Mechanischer Oszillator mit nichtlinearer Fe-

der und nichtlinearem Dampfer

Die variable Dampfung in servopneumatischen und -hydraulischen Antrieben wirddurch die nichtlineare Charakteristik der Massenfluss-Druck Relation an den Steu-erkanten des Servoventils (vgl. den Abschnitt 1.3.3) und der viskosen Reibkraft imAntriebszylinder zwischen Zylinderwand und Kolben verursacht. Zur grundlegendenBetrachtung der Systemdynamik beschranken wir uns zunachst auf die durch die vis-kose Reibkraft verursachte Dampfung. Es ist bekannt, dass die viskose Reibkraft mitder Geschwindigkeit ansteigt. Aufgrund der Temperaturabhangigkeit der Viskositatund der begrenzten Schmierspaltbreiten ergibt sich jedoch kein linearer, sondern eindegressiver Anstieg, der durch eine Wurzelfunktion beschreibbar ist. Dies ist in der Ar-beit von Muth [123] experimentell nachgewiesen worden. Wir wollen nun diesen Effektdurch ein konzentriertes Dampferelement mit nichtlinearer Charakteristik modellieren.Wie im vorhergehenden Fallbeispiel wird die Zunahme der Steifigkeit des Fluids durchein nichtlineares Federelement zusatzlich berucksichtigt. Das mathematische Modelldes mechanischen Oszillators sei somit gegeben durch

m x+ d(x) + k(x) = F , x(t0) = 0 , x(t0) = 0 , (4.10)

mit x als Auslenkung des starren Korpers aus der vorgegebenen Lage und einer inx-Richtung auf den starren Korper einwirkende außere Kraft F (t), vgl. Bild 4.7. Diemechanische Eigenschaft der Feder wird wie beim vorhergehenden Beispiel durch einewegabhangige Funktion k(x) modelliert, vgl. (4.2). Der degressive Anstieg der Damp-fung d(x) wird durch

d(x) = d0 x+ sgn(x) d1

√|x| =

d0 x − d1

√|x| falls x < 0

d0 x + d1

√x sonst

(4.11)

festgelegt. Die Stetigkeit an der Stelle x = 0 ergibt sich aus

limx→+0

d(x) = limx→−0

d(x) = 0 .

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80 KAPITEL 4. FALLBEISPIELE ZUR APPROXIMATIVEN MODELLIERUNG

x

d(x)

Bild 4.8: Qualitativer Verlauf einer degressiven Dampferkennlinie nach Gl. (4.11)

Ein qualitativer Verlauf der Kennlinie ist in Bild 4.8 dargestellt. Die Modellparameterin (4.2), (4.10) und (4.11) seien mit

m = 2 als Masse des starren Korpers in kg,

d0 = 0.5 als Dampfungskoeffizient des geschwindigkeitsproportionalen Terms von (4.11)in N/m/s,

d1 = 0.8 als Dampfungskoeffizient des nichtlinearen Terms von (4.11) in N/(m/s)1/2,

c0 = 20 als Steifigkeitskoeffizient des wegproportionalen Terms der Federkennlinie (4.2)in N/m,

c1 = 215 als Steifigkeitskoeffizient des nichtlinearen Terms der Federkennlinie (4.2) inN/m3

bekannt. Die Differentialgleichung zweiter Ordnung (4.10) lasst sich nach Einfuhrungder Zustandsvariablen

x1 := x , x2 := x

und der Festlegung der Eingangs- und Ausgangsvariable mit

u := F , y := x

in die Zustandsraumdarstellung

x = f(x, u) =

[f1(x, u)f2(x, u)

]uberfuhren. Nach kurzer Umrechnung erhalt man die Form[

x1

x2

]=

[0 1− c0

m−d0

m

] [x1

x2

]+

[0

− c1mx3

1 − d1

msgn(x2)

√|x2|]

+

[01m

]u , (4.12a)

y = [ 1 0 ]

[x1

x2

]. (4.12b)

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4.2. MECHANISCHER OSZILLATOR MIT NICHTLIN. FEDER U. DAMPFER 81

Im ersten Schritt muss zur Approximation von (4.12a) durch (2.16) die maximal zulassi-ge Fehlerschranke ε bezogen auf die Abstandsnorm (3.56) und der Arbeitsbereich fest-gelegt werden. Die Fehlerschranke sei ε = 0.2. Der maximale Betrag der außeren Kraftsei Fmax = 3.5 N, der maximale Betrag der Auslenkung sei xmax = 0.19 m und die ma-ximal zulassige Geschwindigkeit des Starrkorpers ist durch xmax = 0.3 m/s begrenzt.Wie beim ersten Fallbeispiel ergibt sich der zu approximierende Bereich G aus (3.57)und wird durch (4.1) definiert. Das Zentrum ζ = [ ζ1 ζ2 ζ3 ]T von G wird wiederin den Ursprung gelegt. Aus den zuvor festgelegten Schranken |x1| ≤ xmax , |x2| ≤xmax , |u| ≤ Fmax lassen sich die βj bestimmen:

β1 = 2 xmax = 0.38 , β2 = 2 xmax = 0.6 , β3 = 2 Fmax = 7 . (4.13)

Im zweiten Schritt wird die notwendige lokale Modellanzahl r unter Ausnutzung derModellstruktur berechnet. Aus (4.12a) folgt direkt[

x1

x2

]=

[f1(x, u)f2(x, u)

]=

[0 1 0− c0

m−d0

m1m

]︸ ︷︷ ︸

F

x1

x2

u

︸ ︷︷ ︸ψL

+

[0

− c1mx3

1 − d1

msgn(x2)

√|x2|]

︸ ︷︷ ︸fnl(ψN )

(4.14)mit ψN = [ x1 x2 ]T . Dies ergibt sich aus dem Sachverhalt, dass nur die Zustande undnicht der Eingang nichtlinear in die Zustandsgleichung eingehen. Aus dem nichtlinearenAnteil fnl = [ fnl1 fnl2 ]T von (4.14) werden die Hesseschen Matrizen

H ij =

∂2fj

∂x21

∂2fj

∂x2 ∂x1

∂2fj

∂x1 ∂x2

∂2fj

∂x22

fur j = 1, 2 bestimmt und wir erhalten

H i1 = 02×2 , H i2 =

−6c1mx1i

0

0d1

4sgn(x2i

) |x2i|− 3

2

.

Die zugehorigen Eigenwerte lauten

λHi1= Eig[H i1] = [ 0 , 0 ] , λHi2

= Eig[H i2] =

[−6

c1mx1i

,d1

4sgn(x2i

) |x2i|− 3

2

].

Da (x1i, x2i

) in dem zuvor definierten G Bereich (4.13) liegen, ergibt sich die Schwie-rigkeit der Singularitat von λHi2

bei x2i→ 0. Das Problem wird zunachst durch die

Definition eines schmalen Epsilonbandes mit εx = 0.02 umgangen. Daraus folgt, dassdie Singularitat aus dem Approximationsbereich ausgeschlossen wird:

x1i∈ [ −xmax , xmax ] , x2i

∈ [ −xmax , xmax ] \ ( −εx , εx ) .

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82 KAPITEL 4. FALLBEISPIELE ZUR APPROXIMATIVEN MODELLIERUNG

Ob diese Einschrankung einen Einfluss auf das Approximationsergebnis hat, muss je-doch in der folgenden Simulation gepruft werden. Der maximale Wert der großtenEigenwerte von λHi1

und λHi2lautet dann wie folgt:

λH = max

[max

i[ 0 , 0 ] ; max

i

[−6

c1mx1i

,d1

4sgn(x2i

) |x2i|− 3

2

] ]= max

[0 , 0 , −6

c1m

(−xmax) ,d1

4sgn(εx) |εx|−

32

]= max [ 0 , 0 , 122.55 , 70.711 ] = 122.55 .

Mit diesem Wert, dem zuvor festgelegten Bereich, der Ordnung des nichtlinearen An-teils nN = 2, der Systemordnung n = 2 und der zulassigen Fehlerschranke ist dienotwendige Modellanzahl nach (3.68) berechenbar:

r =

nN∏i=1

ceil

(βi

2√

√λH nN

√n

)= ceil

(0.38

2√

2 · 0.2

√122.55 · 2

√2

)· ceil

(0.6

2√

2 · 0.2

√122.55 · 2

√2

)= 6 · 9 = 54 .

Im dritten Schritt werden die MatrizenAi, Bi und Vektoren ai der i = 1, . . . , 54 lokalenModelle aus der Taylorreihenentwicklung um die Arbeitspunkte Gs ⊂ G (3.8) mit derVerknupfung

(x1i, x2i

) ∈ −0.16 , −0.096 , −0.032 , 0.032 , 0.096 , 0.16 ×−0.285 , −0.2125 , −0.14 , −0.0675 , 0.005 , 0.0775 , 0.15 , 0.2225 , 0.295

(4.15)

fur

Gs =[ x1i

x2iui ]

T

(4.16)

berechnet. Die x1iund x2i

Komponenten sind wie beim vorherigen Beispiel aquidistantuber den Definitionsbereich fnl verteilt. Der Scheduling-Vektor z ist in diesem Fallzweidimensional:

z := [ z1 z2 ]T mit z1 := x1 , z2 := x2 . (4.17)

Die Zuordnung der Modellnummern zu den Arbeitspunkten kann willkurlich erfolgen.Fur eine numerische Implementierung ist jedoch eine nachvollziehbare Ordnungsstruk-tur vorteilhaft. Hierbei wurde die Nummerierung so gewahlt, dass kleine Werte Berei-chen mit geringen Oszillatorgeschwindigkeiten entsprechen, siehe Tabelle 4.2. Aus der

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4.2. MECHANISCHER OSZILLATOR MIT NICHTLIN. FEDER U. DAMPFER 83

Tabelle 4.2: Zuordnung der Modellnummern i = 1, . . . , 54 zu den Arbeitspunktkompo-nenten nach (4.15)

x1 = -0.16 -0.096 -0.032 0.032 0.096 0.16

x2 = 0.295 43 44 45 46 47 48

x2 = 0.2225 31 32 33 34 35 36

x2 = 0.15 19 20 21 22 23 24

x2 = 0.0775 7 8 9 10 11 12

x2 = 0.005 1 2 3 4 5 6

x2 = -0.0675 13 14 15 16 17 18

x2 = -0.14 25 26 27 28 29 30

x2 = -0.2125 37 38 39 40 41 42

x2 = -0.285 49 50 51 52 53 54

Taylorreihenentwicklung von (4.12a) mit (3.4a), (3.4b) und (3.11a) ergeben sich dieSystemmatrizen

Ai =

[0 1

a21(x1i) a22(x2i

)

]mit a21(x1i

) = − 1

m

(c0 + 3 c1 x

21i

),

a22(x2i) = − 1

m

[d0 + d1

(32

sgn(x2i)√|x2i

|x2i

− |x2i|3/2

x22i

)] (4.18)

und die Eingangsmatrizen

Bi =

[01m

](4.19)

sowie mit (3.11b) die Vektoren

ai =

[0

f2(xi, ui)− a21(x1i) x1i

− a22(x2i) x2i

− 1mui

].

Mit den zuvor berechneten Koeffizienten a21(x1i) und a22(x2i

) und der zweiten Kom-ponente der nichtlinearen Funktion (4.12a) am Entwicklungspunkt f2(xi, ui) erhaltenwir dann

ai =

[0

2mc1 x

31i

+ d1

m

(12

sgn(x2i)√|x2i

| − |x2i|3/2

x2i

) ]. (4.20)

Man beachte in (4.20) die Unabhangigkeit von der Eingangsgroße u. Dies ist konsistentmit der Annahme, dass der Scheduling-Vektor (4.17) nur von den Zustanden abhangt.

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84 KAPITEL 4. FALLBEISPIELE ZUR APPROXIMATIVEN MODELLIERUNG

Die Ausgangsmatrizen C i sind fur alle Modelle gleich: Ci = C = [ 1 0 ], vgl. (4.12b).Daraus folgt nun das Approximationsmodell, das aus dem allgemeinen Ansatz (2.16)mit

x =

54∑i=1

αi(x1, x2)Ai x+B u+

54∑i=1

αi(x1, x2) ai ,

y = C x

(4.21)

abgeleitet wurde. Im Gegensatz zum vorherigen Fallbeispiel entsprechen die Gleich-gewichtslagen des nichtlinearen Systems (4.14) nicht den Arbeitspunkten der lokalenModelle. Im stationaren Fall setzt sich (4.21) also immer aus mindestens zwei Modellenzusammen. Dies kann zu einem stationaren Approximationsfehler fuhren.Im vierten und letzten Schritt werden die Zugehorigkeitsfunktionen der einzelnen Ge-wichtsfunktionen αi(x1, x2) fur (4.21) aus (2.14a) bestimmt. Die genaue Lage der Mo-dellzugehorigkeiten im zweidimensionalen Arbeitsraum werden im Einzelnen durch dieParameterwerte der x1-abhangigen Zugehorigkeitsfunktionen Mi1 in Tabelle 4.3 undder x2-abhangigen Zugehorigkeitsfunktionen Mi2 in Tabelle 4.4 festgelegt. In der zu-letzt genannten Tabelle werden exemplarisch nur die Modelle der dritten Spalte ausTabelle 4.2 mit i ∈ 45, 33, 21, 9, 3, 15, 27, 39, 51 aufgefuhrt, da sich die Parame-ter der Zugehorigkeitsfunktionen der ubrigen Spalten analog ergeben. Damit werdendie Gewichtswerte (2.14b) fur l = 2 mit

wi(x1, x2) =

2∏j=1

Mij(xj) (4.22)

berechnet. Die Parameter der Zugehorigkeitsfunktionen sind in diesem Beispiel so

Tabelle 4.3: Typen und Parameterwerte θMi der Zugehorigkeitsfunktionen Mi1 aus

(4.22)

Modell i Funktionstyp Parameterwerte θMi

k = 0, . . . , 8 γ1 γ2 γ3

i = 1 + 6 k MfL nach (2.25a) -0.16 -0.096

i = 2 + 6 k Mf tri nach (2.25c) -0.16 -0.096 -0.032

i = 3 + 6 k Mf tri nach (2.25c) -0.096 -0.032 0.032

i = 4 + 6 k Mf tri nach (2.25c) -0.032 0.032 0.096

i = 5 + 6 k Mf tri nach (2.25c) 0.032 0.096 0.16

i = 6 + 6 k MfR nach (2.25b) 0.096 0.16

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4.2. MECHANISCHER OSZILLATOR MIT NICHTLIN. FEDER U. DAMPFER 85

Tabelle 4.4: Typen und Parameterwerte θMi der Zugehorigkeitsfunktionen Mi2 aus

(4.22) fur i ∈ 45, 33, 21, 9, 2, 15, 27, 39, 51 , vgl. Tabelle 4.2

Modell i Funktionstyp Parameterwerte θMi

γ1 γ2 γ3

45 MfR nach (2.25b) 0.2225 0.295

33 Mf tri nach (2.25c) 0.15 0.2225 0.295

21 Mf tri nach (2.25c) 0.0775 0.15 0.2225

9 Mf tri nach (2.25c) 0.005 0.0775 0.15

3 Mf tri nach (2.25c) -0.0675 0.005 0.0775

15 Mf tri nach (2.25c) -0.14 -0.0675 0.005

27 Mf tri nach (2.25c) -0.2125 -0.14 -0.0675

39 Mf tri nach (2.25c) -0.285 -0.2125 -0.14

51 MfL nach (2.25a) -0.285 -0.2125

gewahlt worden, dass∑54

i=1wi(x1, x2) = 1 fur alle x1 und x2 gilt. Daraus folgt nach(2.14a) die Identitat αi(x1, x2) ≡ wi(x1, x2). In Bild 4.9 werden alle Gewichtsfunktionenαi(x1, x2) der 54 lokalen Modelle uber die Scheduling-Variablen z1 und z2 dargestellt.Gut zu erkennen ist dabei die Pyramidenform der einzelnen inneren Gewichtsfunktio-nen. Diese ergibt sich aus der Multiplikation der dreiecksformigen Funktionen Mij(zj),die jeweils nur von einer Koordinate abhangen. Der maximale Wert jeder einzelnenGewichtsfunktionen entspricht dem Entwicklungspunkt der Taylorreihenentwicklung,vgl. Tabelle 4.2. Das Modell (4.21) ist nun vollstandig bestimmt.Anhand einer Sprungantwort und der sinusformigen Eingangssignale wird die Ap-proximationsfahigkeit im Einzelnen dargestellt. Wie im vorhergehenden Fallbeispielaus Abschnitt 4.1 werden zur numerischen Berechnung der Losungstrajektorien dieProgramm-Module, die im Anhang D beschrieben sind, verwendet. In Bild 4.10 sind dieberechneten Ausgange bei einer sprungformigen Eingangsfunktion von u = 12.5·σ(t−1)dargestellt. Man erkennt, dass fur das sprungformige Eingangssignal insgesamt ein be-friedigendes Approximationsverhalten erzielt wird. Die zugehorigen Trajektorien imZustandsraum zeigt Bild 4.11. Mit diesen Trajektorien lassen sich die an der Losungbeteiligten lokalen Modelle unter Berucksichtigung der zuvor festgelegten Nummerie-rung der Modelle, siehe Tabelle 4.2 und dem Bereich der Zugehorigkeiten im Bild 4.9,direkt ablesen. Dies ist moglich, weil die Zustandsebene in diesem Beispiel genau demRaum der Scheduling-Variablen (4.17) entspricht. Ingesamt sind die folgenden 28 Mo-

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86 KAPITEL 4. FALLBEISPIELE ZUR APPROXIMATIVEN MODELLIERUNG

Bild 4.9: Gewichtsfunktionen αi(x1, x2) der 54 lokalen Modelle

delle beteiligt:

i ∈ 3 , . . . , 6 , 9 , . . . , 12 , 15 , . . . , 18 , 21 , . . . , 24 ,

28 , 29 , 30 , 33 , . . . , 36 , 41 , 42 , 46 , 47, 48 ,

wobei aufgrund der lokalen Uberlappung der Zugehorigkeisfunktionen, vgl. Bild 4.9,nur jeweils vier Modelle gleichzeitig kombiniert werden. Da nicht alle lokalen Model-le wahrend der Sprungantwort angeregt werden, ist dieser Test nicht hinreichend zurUberprufung der am Anfang festgelegten zulassigen oberen Fehlerschranke von ε = 0.2geeignet. Aus diesem Grund verwenden wir zur Berechnung der Fehlernorm zwei si-nusformige Eingangssignale, mit denen der gesamte Scheduling-Raum und damit allelokalen Modelle wahrend der Simulation in variierenden Kombinationen sukzessiv an-geregt werden. In Bild 4.12 sind fur die Eingangssignale

u1 : u1(t) = u0 sin(2πft) mit u0 := 2.5 N , f = 0.28 Hz

u2 : u2(t) = u0 sin(2πft) mit u0 := 5.0 N , f = 0.112 Hz(4.23)

die Verlaufe der Fehlernorm ‖f(x, u)−fWA(x, u)‖2 uber die gesamte Simulationsdauerdargestellt. Man erkennt, dass der zulassige Fehler von ε = 0.2 nicht uberschritten wird.

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4.2. MECHANISCHER OSZILLATOR MIT NICHTLIN. FEDER U. DAMPFER 87

0

0.02

0.04

0.06

0.08

0.1

0.12

0.14

0.16

0 1 2 3 4 5 6

y / [

m]

t / [s]

ApproximationOriginal

Bild 4.10: Ausgang des Originalsystems(4.12a), (4.12b) im Vergleich zur Approxi-mation mit (4.21) bei sprungformiger An-regung

-0.3

-0.2

-0.1

0

0.1

0.2

0.3

0 0.02 0.04 0.06 0.08 0.1 0.12 0.14 0.16

x2

x1

ApproximationOriginal

Bild 4.11: Trajektorie (x1, x2) des Origi-nalsystems (4.12a) im Vergleich zur Ap-proximation mit (4.21) bei sprungformigerAnregung

0

0.05

0.1

0.15

0.2

0.25

0 2 4 6 8 10

Feh

lern

orm

t / [s]

epsilon

Fehlernorm bei u1Fehlernorm bei u2

Bild 4.12: Darstellung des Approximationsfehlers durch ‖f(x, u) − fWA(x, u)‖2 be-rechnet fur die Eingange u1(t) und u2(t), vgl. (4.23)

Fur die gesamte Simulationsdauer t = [ 0.0 , 10.0 ] s sind die Ungleichungen

supt‖f(x, u1)− fWA(x, u1)‖2 6 ε = 0.2

supt‖f(x, u2)− fWA(x, u2)‖2 6 ε = 0.2

mit (3.56) nach Satz 3.3 erfullt.

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88 KAPITEL 4. FALLBEISPIELE ZUR APPROXIMATIVEN MODELLIERUNG

4.3 Mechanischer Oszillator mit variabler Masse

Die Variabilitat der Masse im mechanischen Oszillator kann unter zwei Gesichtspunk-ten betrachtet werden: Zum einen wird die Massenanderung als eine Storung ange-sehen, die von außen auf das System wirkt und nicht von inneren Systemzustandenund -eingangen abhangig ist. Hierfur sind die abgeleiteten Satze zur Abschatzung derApproximationsgenauigkeit aus Kapitel 3 nicht anwendbar. Diese Systeme gehoren zurKlasse der nichtabgeschlossenen Schwingungssysteme [103], wobei die außere Einwir-kung auch in einer zeitlichen Anderung ihrer Parameter besteht. Ein Spezialfall, die pe-riodische Anderung der Masse ohne außere Anregung, wird in [13] und [103] analytischuntersucht. Insbesondere werden Bedingungen fur das Auftreten von Instabilitaten, dieauch als parametrische Resonanzen bezeichnet werden, betrachtet. Zum anderen kanndie Variabilitat der Masse in das Zustandsmodell (3.1) integriert und analog zu den vor-hergehenden Beispielen behandelt werden, wenn die Anderung als statische Funktionoder als Differentialgleichung in Abhangigkeit von einem Systemzustand oder -eingangbeschreibbar ist. Dies soll im Folgenden am Beispiel des mechanischen Oszillators,vgl. Bild 4.13, mit der Bewegungsgleichung

d

dt(m(x) x) + d x+ c x = F , x(t0) = 0 , x(t0) = 0 (4.24)

untersucht werden. Hierbei ist x die Auslenkung des starren Korpers aus der vorgege-benen Lage und F (t) eine in x-Richtung auf den starren Korper einwirkende außereKraft. Die positionsabhangige Masse m(x) sei durch die Beziehung

m(x) = m0 +m0

2cos

2

x

xmax

)(4.25)

gegeben. Die Modellparameter in (4.24) und (4.25) seien bekannt mit

m0 = 6 als nominale Masse des starren Korpers in kg,

d = 4 als Dampfungskoeffizient in N/m/s,

c = 5 als Steifigkeitskoeffizient der Feder in N/m und

xmax = 0.15 als Betrag der maximalen Auslenkung des starren Korpers in m.

Der maximale Betrag der außeren Kraft sei Fmax = 0.5 N und der maximale Betragder Auslenkung sei xmax = 0.15 m. Dabei wird die maximal zulassige Geschwindigkeitdes Starrkorpers durch xmax = 0.12 m/s begrenzt.

Fur ddt

(m(x) x) in (4.24) erhalten wir mit (4.25) den Ausdruck

−m0

2sin

2

x

xmax

2 xmax

x2 +m(x) x .

Da in diesem Fall x2 6 (xmax)2 1 ist, wird bei dieser prinzipiellen Untersuchung der

erste Kraftterm gegenuber den weiteren vernachlassigt. Nun lautet die zu approximie-

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4.3. MECHANISCHER OSZILLATOR MIT VARIABLER MASSE 89

d

m

c

F

x

Bild 4.13: Mechanischer Oszillator mit variabler Masse. Der starre Korper ist reibungs-frei gelagert.

rende neue Differentialgleichung

m(x) x+ d x+ c x = F , x(t0) = 0 , x(t0) = 0 . (4.26)

Wie beim vorhergehenden Fallbeispiel lasst sich diese nach Einfuhrung der Zustands-variablen

x1 := x , x2 := x

und der Festlegung der Eingangs- und Ausgangsvariable mit

u := F , y := x

in die Zustandsraumdarstellung nach (3.1)

x = f(x, u) =

[f1(x, u)f2(x, u)

]uberfuhren. Nach kurzer Umrechnung erhalt man die Form[

x1

x2

]=

[f1(x, u)f2(x, u)

]=

[x2

− [m(x1)]−1 (c x1 + d x2)

]+

[0

[m(x1)]−1

]u , (4.27a)

y = C

[x1

x2

], C = [ 1 0 ] (4.27b)

mit

m(x1) = m0

1 +cos(

π2 xmax

x1

)2

. (4.27c)

Im ersten Schritt muss zur Approximation von (4.27a) durch (2.16) die maximal zulassi-ge Fehlerschranke ε bezogen auf die Abstandsnorm (3.56) und der Arbeitsbereich fest-gelegt werden. Die Fehlerschranke sei ε = 0.8. Wie in den vorangegangenen Fallbei-spielen ergibt sich der zu approximierende Bereich G aus (3.57) mit

G =

ψ ∈ R

3 | |ψj − ζj| 6 βj

2, j = 1, 2, 3

, ψ = [ x1 x2 u ]T .

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90 KAPITEL 4. FALLBEISPIELE ZUR APPROXIMATIVEN MODELLIERUNG

Das Zentrum ζ = [ ζ1 ζ2 ζ3 ]T von G wird hierbei wieder in den Ursprung gelegt. Ausden zuvor festgelegten Schranken |x1| ≤ xmax , |x2| ≤ xmax , |u| ≤ Fmax lassen sichdann die βj bestimmen:

β1 = 2 xmax = 0.3 , β2 = 2 xmax = 0.24 , β3 = 2 Fmax = 1 . (4.28)

Im zweiten Schritt wird die notwendige lokale Modellanzahl r mit Hilfe von (3.58) ausdem Satz 3.3 berechnet. Hierzu mussen die Eigenwerte der Hesseschen Matrix H ij

(A.1) bestimmt werden. Bezogen auf dieses Fallbeispiel gilt

H ij =

∂2fj

∂x21

∂2fj

∂x2 ∂x1

∂2fj

∂u ∂x1

∂2fj

∂x1 ∂x2

∂2fj

∂x22

∂2fj

∂u ∂x2

∂2fj

∂x1 ∂u

∂2fj

∂x2 ∂u

∂2fj

∂u2

mit fj fur j = 1, 2. Aus (4.27a) und (4.27c) ergeben sich die Matrizen

H i1 = 03×3 , H i2 =

h11 h12 h13

h12 0 0h13 0 0

mit den Koeffizienten

h11 = −π [ (c x1 + d x2 − u) (2π − cos2(χ) π + 2π cos(χ)) + 4 c sin(χ) ( 2 + cos(χ) ) ]

2m0 (2 + cos(χ))3 x2max

,

h12 = − d sin(χ) π

4m0

(1 + cos(χ)

2

)2

xmax

,

h13 =sin(χ) π

4m0

(1 + cos(χ)

2

)2

xmax

,

wobei

χ :=π

2 xmaxx1

ist. Die Eigenwerte der H i1 Matrix sind fur alle Entwicklungspunkte ψi in G identischNull:

λHi1= Eig[H i1] = [ 0 , 0 , 0 ] .

Dies gilt jedoch nicht fur die Eigenwerte der H i2 Matrix. Da die Koeffizienten h11, h12

und h13 nicht konstant sind, variieren die Eigenwerte uber den gesamten Bereich G.Der maximale Eigenwert

λH = maxi

[max [λHi2]] = 25.053

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4.3. MECHANISCHER OSZILLATOR MIT VARIABLER MASSE 91

wurde numerisch berechnet und liegt im Entwicklungspunkt ψi = [ x1ix2i

ui ]T von

H i2 mit

x1i= −0.15 , x2i

= −0.12 , ui = 0.5 .

Fur die zuvor gewahlte Fehlerschranke von ε = 0.8 und den mit (4.28) festgelegtenApproximationsbereich ergibt sich dann nach (3.58) eine Modellanzahl von

r =3∏

i=1

ceil

(βi

2√

2 · ε√λH · 3

√2

)

=3∏

i=1

ceil

(βi

2√

2 · 0.8

√25.053 · 3

√2

)= ceil(0.186 · 10.407) · ceil(9.487 · 10−2 · 10.407) · ceil(0.395 · 10.407)

= 2 · 1 · 5 = 10 .

Somit ist zum Erzielen einer Approximationsgenauigkeit ε = 0.8 mindestens eine Mo-dellanzahl von 10 erforderlich.

Im dritten Schritt werden die Matrizen Ai, Bi und die Vektoren ai der i = 1, . . . , rlokalen Modelle aus der Taylorreihenentwicklung um die Arbeitspunkte

Gs =[ x1i

x2iui ]

T ⊂ G

berechnet. Nach (3.4a) und (3.11a) ergibt sich aus (4.27a), (4.27c) die Zustandsmatrix

Ai =

[0 1

a21(x1i, x2i

, ui) a22(x1i)

](4.29a)

mit

a21(x1i, x2i

, ui) = −π sin(χi) ( c x1i

+ d x2i− ui ) + 4 c xmax

(1 + cos(χi)

2

)4m0

(1 + cos(χi)

2

)2

xmax

,

a22(x1i) = − d

m0

(1 + cos(χi)

2

) ,χi :=

π

2 xmax

x1i.

(4.29b)

Nach (3.4b) und (3.11a) erhalten wir ebenso die Eingangsmatrix

Bi =

[0

b2(x1i)

], b2(x1i

) =1

m0

(1 +

cos( π2 xmax

x1i)2

) . (4.30)

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92 KAPITEL 4. FALLBEISPIELE ZUR APPROXIMATIVEN MODELLIERUNG

Die Vektoren ai werden aus der Relation (3.11b) und den zuvor bestimmten Koeffizi-enten der Ai Matrix, der Eingangsmatrix Bi und dem nichtlinearen System f(x, u)(4.27a) an der Stelle (xi, ui) bestimmt:

ai =

[f1(xi, ui)− x2i

f2(xi, ui)− a21(x1i, x2i

, ui) x1i− a22(x2i

) x2i− b2(x1i

) ui

].

Nach der algebraischen Umformung erhalt man:

ai =

0

π sin(χi) ( c x1i+ d x2i

− ui ) x1i

4m0

(1 + cos(χi)

2

)2

xmax

, χi :=π

2 xmaxx1i

. (4.31)

Da wir uns nicht nur auf die stationaren Arbeitspunkte beschranken wollen, sind im all-gemeinen FallAi und ai von allen drei Komponenten abhangig. Eine lineare Abhangig-keit wie im ersten Fallbeipiel, siehe Gl. (4.8) im Abschnitt 4.1, kann hierbei nicht zurVereinfachung ausgenutzt werden. Somit ist

z := [ z1 z2 z3 ]T mit z1 := x1 , z2 := x2 , z3 := u . (4.32)

Fur eine gleichmassige Verteilung der lokalen Modelle uber den Scheduling-Raum Z ⊂R3 mit z ∈ Z wird die zuvor berechnete lokale Modellanzahl von 10 auf r = 12 erhoht.Dazu werden die zugehorigen Koordinaten der Arbeitspunkte aquidistant angeordnet.Mit der Wahl der Verknupfung

( x1i, x2i

, ui ) ∈ −0.12 , 0.12 × −0.1 , 0.1 × −0.4 , 0.0 , 0.4 (4.33)

erhalten wir dann 12 einzelne Arbeitspunkte. Die Zuordnung der Modellnummerni = 1, . . . , 12 kann, wie im Fallbeispiel 2, beliebig gewahlt werden und ist in Tabel-le 4.5 zusammengefasst. Mit der Festlegung von Ai, Bi, ai, z und den zugehorigenArbeitspunkten sind nun die lokalen Modelle des globalen Approximationsmodells be-stimmt. Aus der allgemeinen Modellstruktur (2.16) erhalten wir dann

x =

12∑i=1

αi(x1, x2, u)Ai x+

12∑i=1

αi(x1, x2, u)Bi u+

12∑i=1

αi(x1, x2, u) ai ,

y = C x .

(4.34)

Hierbei entspricht der Ausgangsvektor mit C = [ 1 0 ] dem des Originalsystems, siehe(4.27c).

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4.3. MECHANISCHER OSZILLATOR MIT VARIABLER MASSE 93

Tabelle 4.5: Zuordnung der Modellnummern i = 1, . . . , 12 zu den Arbeitspunktkoor-dinaten nach (4.33)

x1ix2i

ui x1ix2i

ui

i = 1 -0.12 -0.1 -0.4 i = 7 -0.12 0.1 -0.4

i = 2 0.12 -0.1 -0.4 i = 8 0.12 0.1 -0.4

i = 3 -0.12 -0.1 0.0 i = 9 -0.12 0.1 0.0

i = 4 0.12 -0.1 0.0 i = 10 0.12 0.1 0.0

i = 5 -0.12 -0.1 0.4 i = 11 -0.12 0.1 0.4

i = 6 0.12 -0.1 0.4 i = 12 0.12 0.1 0.4

Im vierten und letzten Schritt werden die Zugehorigkeitsfunktionen der einzelnen Ge-wichtsfunktionen αi(z) = αi(x1, x2, u) fur (4.34) bestimmt. Nach (2.14b) mit l = 3gilt

wi(x1, x2, u) =

3∏j=1

Mij(zj) . (4.35)

Die Parameter der Zugehorigkeitsfunktionen werden in diesem Beispiel so gewahlt, dass∑12i=1wi(x1, x2, u) = 1 fur alle x1, x2 und u gilt. Daraus folgt nach (2.14a) die Identitat

αi(x1, x2, u) ≡ wi(x1, x2, u) .

Die genaue Lage der Modellzugehorigkeiten werden im Einzelnen durch die Parame-terwerte der zj-abhangigen Funktionen Mij(zj) fur j = 1, . . . , 3 in der Tabelle 4.6,Tabelle 4.7 und Tabelle 4.8 festgelegt. Zum Schluss wollen wir die Approximationsei-

Tabelle 4.6: Typen und Parameterwerte θMi der Zugehorigkeitsfunktion Mi1 aus (4.35)

Modell i Funktionstyp Parameterwerte θMi

γ1 γ2

i = 1, 3, 5, 7, 9, 11 MfL nach (2.25a) -0.12 0.12

i = 2, 4, 6, 8, 10, 12 MfR nach (2.25b) -0.12 0.12

genschaft von (4.34) am Beispiel eines sinusformigen Eingangssignals darstellen. Wie inden vorangegangenen Fallbeispielen werden zur numerischen Berechnung der Losungs-trajektorien die Programm-Module, die im Anhang D beschrieben sind, verwendet. In

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94 KAPITEL 4. FALLBEISPIELE ZUR APPROXIMATIVEN MODELLIERUNG

Tabelle 4.7: Typen und Parameterwerte θMi der Zugehorigkeitsfunktion Mi2 aus (4.35)

Modell i Funktionstyp Parameterwerte θMi

γ1 γ2 γ3

i = 1, 2, 7, 8 MfL nach (2.25a) -0.4 0.0

i = 3, 4, 9, 10 Mf tri nach (2.25c) -0.4 0.0 0.4

i = 5, 6, 11, 12 MfR nach (2.25b) 0.0 0.4

Tabelle 4.8: Typen und Parameterwerte θMi der Zugehorigkeitsfunktion Mi3 aus (4.35)

Modell i Funktionstyp Parameterwerte θMi

γ1 γ2

i = 1, . . . , 6 MfL nach (2.25a) -0.1 0.1

i = 7, . . . , 12 MfR nach (2.25b) -0.1 0.1

Bild 4.14 sind die berechneten Zustande des Originalsystems (4.27a), (4.27b) und derApproximation mit (4.34) bei sinusformiger Anregung

u(t) = 0.5 · sin(2 πf t) mit f = 1.1 f0 = 1.11

2 π

√c

m0

= 1.598 · 10−1

dargestellt. Die gewahlte Anregungsfrequenz entspricht der 1.1-fachen Eigenfrequenzdes nominalen Schwingers mit einer konstanten Masse von m0. Die Amplitude undFrequenz der Anregung wird hierbei so gewahlt, dass das System (4.34) den gesamtendefinierten Arbeitsraum (4.28) durchlauft und somit eine vollstandige Anregung allerlokalen Modelle im Laufe der Simulation garantiert ist. Der Approximationsfehler trittwie in Bild 4.14 zu sehen ist, aufgrund der verhaltnismassig dunn besetzten Scheduling-Variablen z1 und z2 mit jeweils zwei lokalen Modellen, deutlich hervor. Jedoch liegt derFehler bezogen auf die Norm ‖f (x, u) − fWA(x, u)‖2 weit unterhalb der zulassigenSchranke von ε = 0.8. Wie in Bild 4.15 zu erkennen ist, steigt der Wert der Fehlernormzunachst an und schwankt dann um einen festen Wert unterhalb von 0.03. Somit istfur die gesamte Simulationsdauer von t = [ 0.0 , 20.0 ] s die Ungleichung

supt‖f(x, u)− fWA(x, u)‖2 6 ε = 0.8

mit (3.56) nach Satz 3.3 erfullt.

Bemerkung 4.1. Ein fur die spatere Anwendung wichtiger Sonderfall ergibt sich,wenn die Menge der Arbeitspunkte ( x1i

, x2i, ui ) nur Gleichgewichtslagen

f(xi, ui) = 0

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4.3. MECHANISCHER OSZILLATOR MIT VARIABLER MASSE 95

0 5 10 15 20

−0.1

−0.05

0

0.05

0.1

0.15

t / [s]

x1 /

[m/s

]

0 5 10 15 20

−0.1

−0.05

0

0.05

0.1

t / [s]

x2 /

[m/s

2 ]OriginalApproximation

OriginalApproximation

Bild 4.14: Zustande des Originalsystems (4.27a), (4.27b) im Vergleich zur Appro-ximation mit (4.34) bei sinusformiger Anregung mit dem Eingangssignal u(t) =0.5 · sin(2 πf t) mit f = 1.598 · 10−1 Hz.

0

0.01

0.02

0.03

0.04

0.05

0.06

0.07

0.08

0 5 10 15 20

Feh

lern

orm

t / [s]

Fehlernorm

Bild 4.15: Darstellung des Approximationsfehlers durch ‖f(x, u)−fWA(x, u)‖2 bezogenauf die in Bild (4.14) dargestellten Zustande.

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96 KAPITEL 4. FALLBEISPIELE ZUR APPROXIMATIVEN MODELLIERUNG

enthalt. Dann gilt nach (4.27a)

ui = c x1i+ d x2i

, x2i= 0 . (4.36)

Mit dem Einsetzen von (4.36) in die System- (4.29a) und Eingangsmatrix (4.30) erhaltman mit (4.27c)

Ai =

0 1

− c

m(x1i)− d

m(x1i)

und Bi =

1

1

m(x1i)

. (4.37)

Weiterhin verschwindet ai (4.31), d.h. es gilt ai ≡ 0 fur alle i. Daraus folgt das re-duzierte Approximationsmodell als WCLS Formulierung, vgl. (2.15), mit nur einerScheduling-Variable z = z1 := x1

x =12∑i=1

αi(x1)Ai x+12∑i=1

αi(x1)Bi u ,

y = C x .

(4.38)

Besonders interessant ist, dass man dieses Ergebnis auch erzielt, wenn man ohne Linea-risierung die verschiedenen diskreten Werte mi := m(x1i

) in die nichtlineare System-gleichung (4.27a) einsetzt und somit direkt lokal lineare Modelle bestimmen kann. Die-ser Sachverhalt wird spater bei der experimentellen Identifikation servopneumatischerAntriebe ausgenutzt, indem der Einfluss von variablen, zeitkontinuierlichen Lastande-rungen durch lokal gewichtete Modelle beschrieben wird. Die lokalen Modelle werdendann durch die Variation diskreter Testmassen mit bekanntem Gewicht mittels Metho-den der linearen Systemidentifikation ermittelt.

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4.4. MECHANISCHER OSZILLATOR MIT REIBKONTAKT 97

m F

x

c

dFf

Fs sd vs, ,,Fc

Bild 4.16: Mechanischer Oszillator mit Reibkontakt

4.4 Mechanischer Oszillator mit Reibkontakt

Die Dynamik der Feinpositionierung fluidischer Linearantriebe wird im großen Ma-ße durch den Reibkontakt zwischen dem Antriebskolben und -zylinder bestimmt. Indiesem Zusammenhang wollen wir die Reibung als einen mechanischen Widerstand de-finieren, der eine Relativbewegung zwischen zwei aufeinander gleitender Korper hemmt(Gleitreibung) oder verhindert (Haftreibung). In diesem Fallbeispiel soll die Moglichkeituntersucht werden, inwieweit sich ein in der Regelungstechnik etabliertes mathemati-sches Reibmodell [15, 182] in den Beschreibungsrahmen der lokal gewichteten Zustands-modelle integrieren lasst. Die gewonnen Modellansatze dieser Untersuchung dienen inKapitel 8 als Basis zum Entwurf eines identifikationsgestutzten Reibkraftkompensa-tors.Gegeben sei das mathematische Modell des in Bild 4.16 dargestellten mechanischenOszillators mit einem standig bestehenden Reibkontakt zwischen der bewegten Masseund der Ebene:

m x+ c x+ Ff (x) = F (4.39)

mit der Konstanten m als Masse des starren Korpers, mit c als Steifigkeitskoeffizientder Feder, mit x als Auslenkung des starren Korpers aus der vorgegebenen Lage, einergeschwindigkeitsabhangigen Reibkraft Ff(x) und einer in x-Richtung auf den starrenKorper einwirkende Kraft F (t). Die Reibkraft wird durch

Ff(x) =

Ff (x) falls x 6= 0Fe falls x = 0 UND |Fe| < Fs

Fs sgn(Fe) sonst(4.40)

mit der Funktion aus [25]

Ff(x) = dFfx+

[Fc + (Fs − Fc) e

−| xvs| δs]sgn(x) , δs > 0 , vs > 0 (4.41)

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98 KAPITEL 4. FALLBEISPIELE ZUR APPROXIMATIVEN MODELLIERUNG

−0.1 −0.05 0 0.05 0.1 0.15−2

−1.5

−1

−0.5

0

0.5

1

1.5

2

dx/dt / [m/s]

Ff /

[N]

δs = 0.2

δs = 0.5

δs = 1.0

δs = 2.0

Bild 4.17: Verlauf der statischen Reibkennlinie (4.41) mit Fc = 0.3924 N, Fs = 1.5696N, dFf

= 4.0 N/m/s und vs = 0.01 N/m mit δs-Variation

modelliert. Das Symbol Fs reprasentiert hierbei die maximale Große der Haftreibungs-kraft (kurz Haftkraft genannt), die nach Coulomb proportional zur Normalkraft FN

ist. Die Normalkraft ist in diesem Fall gleich der Gewichtskraft

Fs = µs FN = µs m g , (4.42)

vgl. Bild 4.16. Die Proportionalitatskonstante µs, auch Haftreibungskoeffizient genannt,kennzeichnet die Eigenschaften der beruhrenden Flachen und die Art des Kontaktes imstatischen Fall [74]. Ist der Korper in Bewegung (x 6= 0), wird die Reibung in der Kon-taktzone durch (4.41) beschrieben. Das Reibkraftmodell wird aus der Superpositionder geschwindigkeitsproportionalen Gleitreibung dFf

· x mit dem viskosen Reibparame-ter dFf

, der Coulomb’schen Reibung Fc und einem exponentiell abklingenden Anteil

(sogenannte Stribeck-Reibung) der den Ubergang vom Haften zum Gleiten beschreibt,unter der Voraussetzung, dass Fs > Fc gilt, gebildet. Die Coulomb’sche Reibung Fc istunabhangig von der Geschwindigkeit und wie Fs proportional zu FN :

Fc = µc FN = µc m g . (4.43)

Die Proportionalitatskonstante µc wird als Gleitreibungskoeffizient bezeichnet. Es gilterfahrungsgemaß µs > µc [74]. Uber die empirischen Koeffizienten vs und δs kann dasAbklingverhalten der Kennlinie im Ubergangsbereich eingestellt werden. Im Bild 4.17ist der Verlauf von (4.41) exemplarisch fur dFf

= 4.0 N/m/s, µs = 0.08 , µc = 0.02und vs = 0.01 m/s dargestellt. Die Haft- und Gleitreibungskoeffizienten entsprechenden Zahlenwerten eines Stahl auf Stahl Kontaktes mit Olfilm. Die in (4.41) eingesetz-ten Parameter Fs = 1.5696 N und Fc = 0.3924 N wurden nach (4.42) und (4.43) fureine Masse mit m = 2 kg berechnet. Deutlich in Bild 4.17 zu erkennen ist der Einfluss

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4.4. MECHANISCHER OSZILLATOR MIT REIBKONTAKT 99

der Parametervariation von δs.Alle außeren Krafte am Korper in x-Richtung mit Ausnahme der Reibkraft werden in(4.40) durch die Kraft Fe zusammengefasst. Damit wird bei der Modellierung gewahr-leistet, dass, wenn der Korper in Ruhe ist (x = 0) und Fe kleiner als die Haftkraft,die Reibkraft vom Betrag her gleich Fe ist und derselben entgegenwirkt. Mit der Fall-unterscheidung beim statischen Fall x = 0 berucksichtigt man, dass die Haftkraft eineReaktionskraft ist. Denn diese tritt erst dann auf, wenn außere eingepragte Krafte eineBewegung zu erzwingen versuchen.Die Kraft Fe fur den hier betrachteten Oszillator ergibt sich aus (4.40) und entsprichtder Differenz aus Federkraft und der Kraft F (siehe Bild 4.16)

Fe = F − c x . (4.44)

Ist Fe großer als die Haftkraft, erfahrt der Korper eine Beschleunigung. Die Reibkraftwird zur eingepragten Kraft, die mit dem geschwindigkeitsabhangigen Modell nach(4.41) bestimmt wird. Die Bewegungsgleichung des Oszillators (4.39) lasst sich nunnach Einfuhrung der Zustandsvariablen

x1 := x , x2 := x ,

und der Festlegung der Eingangs- und Ausgangsvariable

u := F , y := x

mit der statischen Reibkraft (4.41) in die Zustandsraumdarstellung (3.1) uberfuhren.Nach kurzer Umrechnung erhalt man fur den Fall x 6= 0 die Form[

x1

x2

]=

[0 1

− cm

−dFf

m

] [x1

x2

]

+

[0

− 1m

[Fc + (Fs − Fc) e

−|x2vs| δs]sgn(x2)

]+

[01m

]u ,

y = [ 1 0 ]

[x1

x2

].

(4.45)

Prinzipiell konnte man jetzt, wie in den vorangegangenen Fallbeispielen, den Satz 3.4auf das System (4.45) anwenden und anschließend fur eine aquidistante Verteilung derModellzugehorigkeiten im Gewichtsraum die Matrizen der lokal affinen Zustandsmo-delle berechnen. Fur Prozesse mit Reibung sind in der hier angesetzten klassischenBeschreibungsgleichung Modellparameter enthalten, die aus Messdaten nur unsichergeschatzt werden konnen. Dies ist u.a. in [123, 159] experimentell bestatigt worden.Es bietet sich daher an, von vornherein das approximative statische Modell (3.35) furdie Reibkraft anzusetzen. Dieses wird dann direkt in eine WCAS Formulierung (2.16)uberfuhrt. Man vermeidet somit den Umweg uber das nichtlineare Zustandsmodell

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100 KAPITEL 4. FALLBEISPIELE ZUR APPROXIMATIVEN MODELLIERUNG

(4.45). In diesem Fallbeispiel wahlen wir zur Approximation der statischen Reibkenn-linie (4.41) die folgende Modellstruktur mit r = 4 Geradengleichungen, die hierbei dieMenge der lokalen Modelle bilden:

FfTS(x) =

r∑i=1

αi(x) fi(x) , fi(x) = afix+ bfi

, z = z1 := x . (4.46)

Die Gewichtsfunktionen leiten sich aus (2.14a) und (2.14b) mit Mi := Mi1 ab:

Tabelle 4.9: Typen, Parameterwerte θMi der Zugehorigkeitsfunktionen Mi (4.47) und

Parameterwerte der lokalen Modelle fi (4.46) fur i = 1, . . . , 4

i Funktionstyp Parameterwerte θMi fi-Parameter

γ1 γ2 γ3 afibfi

1 Mf sig nach (2.27a) −0.02 −250 dFf−2

5

2 Mf bell2 nach (2.27c) −1.0 · 10−4 0.016 4.0 · 10−5 −60 −Fs

3 Mf bell2 nach (2.27c) 1.0 · 10−4 4.0 · 10−5 0.016 60 Fs

4 Mf sig nach (2.27a) 0.02 250 dFf

25

αi(x) :=Mi(x)

4∑k=1

Mk(x)

. (4.47)

Die Parameter der Zugehorigkeitsfunktionen und der Geradengleichung werden iterativbestimmt. Im ersten Schritt werden die Geradengleichung grafisch an die nichtlineareReibkennlinie angepasst. Diese werden so gewahlt, dass die beiden außeren Modelle(i = 1, 4) die Reibkraft fur Bereiche mit Geschwindigkeitsbetragen großer als 0.05 m/sbeschreiben. Der Bereich vom Haften zum Gleiten wird durch die beiden inneren Mo-delle (i = 2, 3) beschrieben. Die gewahlte Anordnung der Geradengleichungen mitAbschnitten von jeweils αi 6= 0 sind im mittleren Diagramm von Bild 4.18 dargestellt.Die zugehorigen Parameterwerte sind in der Tabelle 4.9 zusammengefasst. Im zweitenSchritt muss darauf geachtet werden, dass die αi

′s die Geradengleichungen so gewich-ten, dass die ,,Mulde” in der statischen Kennlinie moglichst gut approximiert wird,vgl. das untere Diagramm in dem Bild 4.18. Gut zu erkennen ist, dass der maximaleInterpolationsfehler bei ca. ±0.02 m/s liegt. Dieser kann durch die Wahl der kontinuier-lichen Zugehorigkeitsfunktionen (2.27a) und (2.27c) reduziert, aber nicht ganz beseitigtwerden. Falls notig, kann mit der Erhohung der lokalen Modellanzahl der Interpola-tionsfehler weiter reduziert werden [126, S.47]. Dies hangt jedoch von der jeweiligenAnwendung ab, siehe Kapitel 8, und wird in diesem Zusammenhang nicht weiter un-tersucht.

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4.4. MECHANISCHER OSZILLATOR MIT REIBKONTAKT 101

Betrachten wir nun die Auswirkungen des statischen Fehlers auf die Dynamik des Os-zillators. Dazu wird (4.46) in die Bewegungsgleichung des Oszillators (4.39) integriert,d.h. Ff wird durch FfTS

ersetzt, und in die Zustandsraumdarstellung ubertragen. Nachkurzer Rechnung erhalten wir

[x1

x2

]=

0 1

− cm

− 1m

4∑i=1

αi(x2) afi

[ x1

x2

]+

0

− 1m

4∑i=1

αi(x2) bfi

+

[01m

]u .

Unter Ausnutzung der Bedingung (2.17)∑4

i=1 αi(x) = 1 folgt daraus die WCAS For-mulierung fur x 6= 0[

x1

x2

]= fWA(x, u) =

4∑i=1

αi(x2) Ai

[x1

x2

]+B u+

4∑i=1

αi(x2) ai (4.48)

mit

Ai =

[0 1− c

m−afi

m

], B =

[01m

], ai =

[0

− bfi

m

].

Zum Schluss wollen wir am Beispiel von zwei sinusformigen Eingangen u(t) = uc +u0 · sin(2 πf t) mit uc = 12.8 N und u0 = 12.5 N fur f = 0.1 Hz und f = 0.3 Hz die Ap-proximationsgenauigkeit dieser Modellstruktur mit dem Anfangsvektor x0 = [ 0.02 0 ]T

untersuchen. Wie in den vorangegangenen Fallbeispielen werden zur numerischen Be-rechnung der Losungstrajektorien die Programm-Module aus dem Anhang D ver-wendet. Fur die Berechnung werden folgende Parameterwerte in die Modelle (4.45)und (4.48) eingesetzt: m = 2 kg, c = 640 N/m, dFf

= 4.0 N/m/s, Fs = 1.5696 N,vs = 0.01 m/s und δs = 1.0. Im Bild 4.19 sind die Auslenkung des Originalsystems alsx1 und die Geschwindigkeiten des Originalsystems als x2 zusammen mit der Approxi-mation uber der Zeit aufgetragen. Man erkennt den typischen Verlauf einer Stick-SlipBewegung, wie er auch mit einem zeitvariablen Reibmodell in der Arbeit von Canu-das de Wit et al. [43] berechnet wurde. Die Dynamik der Stick-Slip Bewegung wirddurch den speziellen Verlauf der Reibkennlinie hervorgerufen. Notwendige Vorausset-zung ist hierbei Fs > Fc. In der Simulation erfahrt die Masse eine Beschleunigung inx-Richtung, wenn die Eingangskraft F die Summe aus Haftkraft Fs und Federkraft abca. t = 0.1 s ubersteigt, vgl. Bild 4.19. Aufgrund des Stribeck-Effekts verringert sichdie Reibkraft zunachst bei kleinen Geschwindigkeiten, die dann ab einer Geschwindig-keit von ca. 0.05 m/s solange ansteigt, bis die Summe aus Federkraft und Reibkraftdie Eingangskraft ausgleicht und die Masse bei t ≈ 0.3 s zur Ruhe kommt. Durch diekontinuierliche Anderung der Eingangskraft wiederholt sich der Vorgang, sobald dieSumme aus Haftkraft und Federkraft kleiner als die Eingangskraft wird. In diesem Fallbei t = 0.5 s, t = 1.0 s usw. .Die Verlaufe der Fehlernorm ‖f(x, u) − fWA(x, u)‖2 werden in Bild 4.20 uber diegesamte Simulationsdauer dargestellt. Man sieht (vgl. mit Bild 4.19), dass aufgrund

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102 KAPITEL 4. FALLBEISPIELE ZUR APPROXIMATIVEN MODELLIERUNG

−0.1 −0.08 −0.06 −0.04 −0.02 0 0.02 0.04 0.06 0.08 0.1

0

0.5

1α i

−0.1 −0.08 −0.06 −0.04 −0.02 0 0.02 0.04 0.06 0.08 0.1−2

−1

0

1

2

f i

−0.1 −0.08 −0.06 −0.04 −0.02 0 0.02 0.04 0.06 0.08 0.1−2

−1

0

1

2

dx/dt / [m/s]

Ff

α4(dx/dt)

α3(dx/dt)

α1(dx/dt)

α2(dx/dt)

Σ αi(dx/dt)

f1(dx/dt)

f2(dx/dt) f

3(dx/dt)

f4(dx/dt)

FWEf

(dx/dt)

Ff (dx/dt)

Bild 4.18: Verlauf der Gewichtsfunktionen αi, Anordnung der lokalen Modelle fi undapproximativer Reibkraftverlauf (4.46) im Vergleich zur Originalfunktion (4.41) mitFc = 0.3924 N, Fs = 1.5696 N, dFf

= 4.0 N/m/s, vs = 0.01 m/s und δs = 1.0.

des nichtglatten Verlaufs der Original-Reibkennlinie bei x2 = 0 an diesen Stellen diegroßten Approximationsfehler entstehen. Die Auswirkungen in der numerischen Inte-gration sind jedoch verhaltnismaßig gering, wie die Verlaufe in Bild 4.19 zeigen.

Bemerkung 4.2. Der Nulldurchgang der Geschwindigkeit wird wahrend der nume-rischen Integration der Bewegungsgleichung aufgrund endlicher Rechengenauigkeit nieexakt auftreten. Fur die Fallunterscheidung (4.40) und die Wirksamkeit der Haftbe-dingung ist dies aber notwendig. Deshalb wurde zur numerischen Integration ein heu-ristisches Verfahren aus [111] angewandt. Beim Vorzeichenwechsel der Geschwindig-keit wird der zuletzt berechnete Geschwindigkeitswert auf Null gesetzt, wodurch imnachsten Integrationsschritt gepruft wird, ob die Haftbedingung erfullt ist. Durch ei-ne Integrationsschrittweite von h = 0.001 wird der numerische Fehler, der durch dasheuristische Nullsetzen entsteht, klein gehalten.

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4.4. MECHANISCHER OSZILLATOR MIT REIBKONTAKT 103

0 0.5 1 1.5 2 2.5 3 3.5−0.1

−0.08

−0.06

−0.04

−0.02

0

0.02

0.04

0.06

0.08

0.1

t / [s]

x 1 / [m

/s]

x

2 / [m

/s]

x1 Originalx2 Originalx2 Approximation

Bild 4.19: Auslenkung x1 und Geschwindigkeit x2 des Korpers berechnet mit demOriginalsystem (4.45) fur x2 6= 0 im Vergleich zu x2 berechnet mit der Approximation(4.48) fur x2 6= 0 bei sinusformigem Eingangssignal mit f = 0.3 Hz. Fur x2 = 0 gilt dieFallunterscheidung in (4.40).

0

0.5

1

1.5

2

2.5

3

3.5

0 0.5 1 1.5 2 2.5 3

Feh

lern

orm

t / [s]

Fehlernorm bei f = 0.3 HzFehlernorm bei f = 0.1 Hz

Bild 4.20: Darstellung des Approximationsfehlers durch ‖f(x, u) − fWA(x, u)‖2 furzwei sinusformige Eingangssignale u(t) = uc + u0 · sin(2 πf t) mit uc = 12.8 N undu0 = 12.5 N fur f = 0.1 Hz und f = 0.3 Hz.

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104 KAPITEL 4. FALLBEISPIELE ZUR APPROXIMATIVEN MODELLIERUNG

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Teil II

Nichtlineare Systemidentifikation

105

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Kapitel 5

Lokale Systemidentifikation undglobale Validierung

5.1 Einleitung

Fur die regelungstechnische Analyse nichtlinearer Systeme und die Bestimmung ge-eigneter Regelgesetze ist es allgemein erforderlich, Modelle fur das zu untersuchendeSystem aufzustellen. Neben den Verfahren der Systemidentifikation wird hierbei diephysikalische Modellbildung bei hinreichend genau bekannten Prozessen genutzt. All-gemein zahlen hydraulische und pneumatische Antriebe zu den gut erforschten Prozes-sen, fur die in der Vergangenheit eine Vielzahl von physikalischen Modellen entwickeltworden sind [6, 18, 71, 113, 115].Deshalb ware es naheliegend, wie in Kapitel 4 von einem nichtlinearen physikalischenModell in Zustandsform auszugehen, die Anzahl der notwendigen lokalen Modelle mit(3.58) oder (3.68) zu berechnen und mittels Linearisierung um verschiedene Arbeits-punkte eine WCAS Formulierung zu bilden. Es hat sich jedoch im Rahmen dieserArbeit gezeigt, dass dieses Vorgehen bei der Modellierung servopneumatischer Antrie-be mehrere Nachteile mit sich bringt: Erstens ist durch die große Anzahl von lokalenModellen, die durch dieses Vorgehen entstehen (vgl. Bild 3.4), das Gesamtsystem kaumnoch physikalisch interpretierbar, zweitens ist aufgrund der großen Sensitivitat der lo-kalen Modelle gegenuber unsicheren physikalischen Parametern, insbesondere in derMassenfluss-Druck Relation (siehe Kapitel 6.6), die lokale Gultigkeit der Modelle nichtmehr eindeutig und drittens wird dabei die Coulomb’sche Reibung vernachlassigt.Aus diesem Grund werden in Kapitel 6 unter Ausnutzung des physikalischen Vor-wissens approximative Modellstrukturen in Form von lokal affinen Zustandsmodellenangesetzt, wobei die Scheduling-Variablen und die Anzahl der lokalen Modelle mittelsexperimenteller Sensitivitatsanalyse bestimmt werden. Die unbekannten lokalen Mo-dellparameter werden hierbei aus Messdaten geschatzt. Zusatzlich wird ein Reibmo-dell, basierend auf dem Fallbeispiel aus Abschnitt 4.4, welches das Antriebsverhaltenfur kleine Kolbengeschwindigkeiten beschreibt, gesondert untersucht. Weiterhin wer-den die Modellzugehorigkeiten mittels statistischer Validierungverfahren ermittelt.

107

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108 KAPITEL 5. SYSTEMIDENTIFIKATION UND VALIDIERUNG

Zuvor werden in diesem Kapitel die Systemidentifikationsverfahren, Schatzer und Va-lidierungsmethoden vorgestellt, die anschließend in Kapitel 6 angewandt werden.

5.2 Lokale Systemidentifikation

In dieser Arbeit werden die lokalen Modelle mit Hilfe von Daten aus lokalen Arbeits-bereichen identifiziert, ohne zuvor den Arbeitsraum in Bereiche zerlegen zu mussen.Dieses Verfahren wird im Folgenden als lokale Systemidentifikation bezeichnet. Einelokale Systemidentifikation ohne datengestutzte Zerlegung des Arbeitsraums setzt vor-aus, dass genugend Vorwissen zur Verfugung steht um lokale Arbeitsbereiche auswahlenzu konnen, vgl. Abschnitt 1.3.1. Dies ist bei fluidischen Antriebssystemen, wie es inAbschnitt 1.3.3 dargelegt worden ist, gegeben. In Abschnitt 6.4 wird darauf noch ge-nauer eingegangen.Wir verwenden nun eine Notation, bei der die Lage der Arbeitsbereiche durch diePunkte im Scheduling-Raum eindeutig festgelegt ist:

zp ∈ Rl mit p = 1, . . . , r . (5.1)

Bezogen auf die WCLS-Struktur (2.15) oder WCAS-Struktur (2.16) entsprechen diePunkte zp genau den Argumenten im Produkt der Zugehorigkeitsfunktionen (2.14b)fur die der Wert des Produktes eins ist

wi(zp) =

1 fur i = p0 fur i 6= p

(5.2)

oder falls die Summe∑r

i=1wi(z) = 1 fur alle z ∈ Rl ist gilt mit (2.14a)

αi(zp) =

1 fur i = p0 fur i 6= p

, (5.3)

vgl. Beispiel 2.1. In beiden Fallen wird jedem lokalen Modell i genau ein Arbeitsbereichp zugeordnet. Ziel der lokalen Systemidentifikation ist das Bestimmen von Modellen, diedie Systemdynamik in lokalen Arbeitsbereichen beschreiben. Zur Systemidentifikationwerden deshalb an jedem Arbeitspunkt die Messdaten

ZNi := u1(1), u2(1), . . . , um(1), y(1), . . . , u1(Ni), u2(Ni), . . . , um(Ni), y(Ni) (5.4)

bestehend aus Ni Datensatze durch aquidistante Abtastung von m+1 Kanalen erfasst.Hierbei werden m Kanale als Systemeingange ( u1(t), u2(t), . . . , um(t) ) und ein Kanalals Systemausgang y(t) mit t = 1, . . . , Ni definiert. Die Zuordnung wird durch die zuschatzende Modellstruktur festgelegt. Es muss betont werden, dass die Eingange in(5.4) nicht den Systemeingangen der lokalen Zustandsraummodelle (2.20) oder (2.21)entsprechen mussen. Zur Systemidentifikation lokaler Teilmodelle konnen unter Aus-nutzung von physikalischem Vorwissen auch Systemzustande als Eingange in den Mess-daten enthalten sein. Auf diesen Sachverhalt wird in Abschnitt 6.4.1 noch eingegangen.

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5.2. LOKALE SYSTEMIDENTIFIKATION 109

Fur eine einheitliche Darstellung wird zunachst allgemein nach [107] ein lokaler Schatzerdefiniert

(Mi (·), ZNi) → θNi∈ DMi

⊂ Rd , (5.5)

wobei die eigentliche Schatzung als Optimierungsproblem formulierbar ist:

θNi= arg min

θi∈DMi

V (θi, ZNi) (5.6)

mit Mi = f(θi) als parametrisierter lokaler Modellstruktur und einer Kostenfunkti-on V (θi, Z

Ni), die die zu schatzenden Parameter θi ∈ DMi⊂ Rdi als freie Parameter

enthalt. Basierend auf der Modellstruktur, die vor der eigentlichen Schatzung festgelegtwerden muss, und den Messdaten ZNi werden damit die Parameterwerte θNi

geschatzt.Die im Folgenden beschriebenen Schatzer, die im Kapitel 6 eingesetzt werden, unter-scheiden sich in der angesetzten Kostenfunktion und Modellstruktur.

5.2.1 Schatzung im Frequenzbereich

Als erstes wird ein Maximum-Likelihood-Schatzer, der von Schoukens und Pintelon[152] entwickelt wurde, vorgestellt. Dieser setzt voraus, dass die Messdaten im einge-schwungenen Zustand erfasst und das System stabil und periodisch angeregt werdenkann. Im Weiteren mussen die Messdaten im Zeitbereich bandbegrenzt sein und eskonnen nur Messdaten

ZNi := u(1), y(1), . . . , , u(Ni), y(Ni) (5.7)

mit einem Ein- und Ausgang verarbeitet werden. Eine Modellstruktur Mi dieses Schat-zers, der in dieser Arbeit verwendet wird, ergibt sich aus dem Frequenzgang linearer,zeitinvarianter, zeitkontinuierlicher Systeme mit der Ubertragungsfunktion

Gi(s) =B(s, θi)

A(s, θi), B(s, θi) = b1i s

nb−1 + b2i snb−2 + · · ·+ bnb−1i s+ bnbi

A(s, θi) = sna + a1i sna−1 + · · ·+ ana−1i s + anai .

(5.8)

Man erhalt den Frequenzgang rein formal aus G(s) indem die komplexe Frequenz sdurch deren Imaginarteil jω ersetzt wird (aus Grunden der Ubersichtlichkeit wird dasj hierbei nicht in die Argumente der linken Seiten der Zahler- und Nennerpolynomeubertragen):

Gi(ω) =B(ω, θi)

A(ω, θi), B(ω, θi) = b1i · (jω)nb−1 + b2i · (jω)nb−2 + · · ·+ bnb−1i · (jω) + bnbi

A(ω, θi) = (jω)na + a1i · (jω)na−1 + · · ·+ ana−1i · (jω) + anai .

(5.9)

Ziel ist das Schatzen der Parameter

θi := [a1i , a2i , . . . , anai , b1i , b2i , . . . , bnbi]T ∈ R

na+nb (5.10)

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110 KAPITEL 5. SYSTEMIDENTIFIKATION UND VALIDIERUNG

aus den Messdaten (5.7) im Frequenzbereich. Es muss betont werden, dass die Schat-zung der Parameter der Ubertragungsfunktion (5.8) aus dem Frequenzgang (5.9) nurzulassig ist, wenn der Einschwingvorgang am Ausgang nach dem Aufschalten des Ein-gangssignals u(t) abgeklungen ist. Andernfalls treten Zusatzterme auf, die die Schat-zung verfalschen, vgl. [54, S.153]. Aufgrund der Tatsache, dass sich Einschwingvorgangein den meisten Fallen aus den Messdaten ablesen lassen, kann dieses Problem durchgeignete Wahl der Schatzdaten vermieden werden, siehe Bild 6.4 im Kapitel 6.Der Zusammenhang zwischen Messdaten aus dem Zeitbereich (5.7) ohne Gleichanteilund dem Frequenzbereich ergibt sich aus der diskreten Fourier-Transformation (DFT),vgl. [107]

U(k) := U(ωk) =1√Ni

Ni∑t=1

u(t) e−jωkt ,

Y (k) := Y (ωk) =1√Ni

Ni∑t=1

y(t) e−jωkt

(5.11)

mit k = 1, ..., F Spektren und den zugeordneten Frequenzen

ωk =2 π k

Ni Ts

(5.12)

mit der Abtastzeit Ts, wobei die Fourierkoeffizienten U(k) ∈ C und Y (k) ∈ C sind.Die zugrundeliegende Modellhypothese des Schatzers mit der Modellstruktur Mi :=Gi(ω) und den gestorten Messsignalen sind in Bild 5.1 skizziert. Hierbei ergibt sich dergemessene Eingang U(k) und Ausgang Y (k) aus den Fourierkoeffizienten U0(k) undY0(k) und den additiven Storungen NU(k) und NY (k) zu

U(k) = U0(k) +NU(k) , Y (k) = Y0(k) +NY (k) (5.13)

wobei

Y0(k) = Gi(ωk)U0(k) (5.14)

ist. Das heißt, die Messdaten zur Schatzung, auch als Variablen des Schatzers be-zeichnet, durfen mit Storungen behaftet sein (engl. errors-in-variables). Die Storungenkonnen jeweils Messrauschen als auch Prozessstorungen enthalten, wobei angenommenwird, dass NU (k) und NY (k) fur alle k

1. reprasentiert werden durch normalverteilte1 Zufallsvariablen,

2. miteinander korreliert sein durfen und

3. E(NU(k)) = 0, E(NY (k)) = 0 gilt.

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5.2. LOKALE SYSTEMIDENTIFIKATION 111

NU (k)

NY (k)

Yo (k)(w)Gi

Y(k)

Uo(k)

U(k)

+

+

+

+

Bild 5.1: Modellhypothese des Maximum-Likelihood Schatzers im Frequenzbereich

Nach dieser Vorarbeit kann die Kostenfunktion des Maximum-Likelihood-Schatzers2

mit

VML(θi, ZNi) =

F∑k=1

|A(ωk, θi) Y (k)−B(ωk, θi) U(k)|2σ2

Y (k) |A(ωk, θi)|2 + σ2U (k) |B(ωk, θi)|2 − 2 ReCUY (k) (5.15)

angegeben werden, wobei B(ωk, θi) und A(ωk, θi) dem Zahler und Nennerpolynomvon (5.9) fur die diskreten Frequenzen ωk entsprechen. Die Storungen werden durchnichtparametrische Modelle mit den frequenzabhangigen Varianzen fur alle k

σ2U(k) = Var(NU(k)) , σ2

Y (k) = Var(NY (k)) (5.16)

beschrieben (engl. noise models, vgl. [153]).Die Kostenfunktion (5.15) wird aus der Summe quadratischer Fehlerterme uber FSpektren gebildet, wobei diese aus der Differenz zwischen dem Frequenzgang und denFourierkoeffizienten der Messung berechnet werden. Die Varianzen im Nenner bewirkeneine Gewichtung der einzelnen Fehlerterme, d.h. je großer die Varianzen der Storungenpro Frequenz sind, desto geringer ist der Einfluss des einzelnen Fehlerquadrats auf diegesamte Kostenfunktion. Zusatzlich berucksichtigt der Regularisierungsterm im Nennermit

CUY (k) = σ2Y U(k)A(ωk, θi)B(ωk, θi) (5.17)

die Korrelation zwischen der Eingangs- und Ausgangsstorung mit der Kovarianz

σ2Y U(k) = Cov(NY (k), NU(k)) . (5.18)

Dies ist dann von Bedeutung, wenn die Schatzung des Systems (als Strecke) im ge-schlossenen Regelkreis erfolgt. In diesem Fall sind die Systemeingange und -ausgangekorreliert.

1Die Normalverteilung einer Zufallsvariable ist u.a. definiert in [100, S.131].2Eine ausfuhrliche Herleitung der Kostenfunktion (5.15) findet der interessierte Leser in [152, 153].

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112 KAPITEL 5. SYSTEMIDENTIFIKATION UND VALIDIERUNG

Da in der Praxis die Varianzen (5.16) und Covarianzen (5.18) der Storungen nichtbekannt sind, mussen sie aus den Messdaten geschatzt werden. Die folgende nichtpara-metrische Schatzung der Stormodelle nach [153, Gl.(2-31)] hat sich in dieser Arbeit alspraktikabel erwiesen, da einzelne Versuche bei periodischer Anregung der Servoantriebegut reproduzierbar sind. Demnach erhalt man aus M Versuchen und mittels diskreterFourier-Transformation (5.11) der Ein-/Ausgangsmessungen die Koeffizienten

U [l](k) , Y [l](k) fur l = 1, . . . ,M und k = 1, . . . , F (5.19)

und damit die erwartungstreue Schatzung (engl. unbiased estimation)) [100, S.66]

σ2Y (k) =

1

M − 1

M∑l=1

∣∣∣Y [l](k)− Y (k)∣∣∣2 mit Y (k) =

1

M

M∑l=1

Y [l](k) . (5.20)

Analog dazu lasst sich σ2U(k) mit U [l](k) berechnen. Die erwartungstreue Schatzung der

Kovarianz lautet

σ2Y U(k) =

1

M − 1

M∑l=1

(Y [l](k)− Y (k)) (U [l](k)− U(k)) . (5.21)

Zur Bestimmung der Parameter θi muss das Optimierungsproblem (5.6) mit der Ko-stenfunktion (5.15) numerisch gelost werden, weil θi nichtlinear in (5.15) eingeht. Diespezielle quadratische Struktur der Kostenfunktionen erfullt die Voraussetzung zurAnwendung der Gauß-Newton Methode [165]. Gute Resultate sind fur viele praktischeBeispiele [152, 153] mit dem Verfahren nach Levenberg und Marquardt [107, S.329]erzielt worden, das auf dieser Methode basiert. Durch einen zusatzlichen Regularisie-rungsterm werden Singularitaten in der Hesseschen Matrix der Kostenfunktion vermie-den. Auf alle in dieser Arbeit durchgefuhrten lokalen Schatzungen im Frequenzbereichwird dieses Verfahren angewandt. Hierbei wird die in der Frequency Domain SystemIdentification Toolbox [98] implementierte Funktion ELiS eingesetzt, die im Anhang Enaher beschrieben wird.Zusatzlich mussen, um zeitkontinuierliche Systeme (5.8) aus aquidistant abgetastetenanalogen Messdaten schatzen zu konnen, folgende Punkte beachtet werden:

1. Die Ein-/Ausgangsdaten in ZNi (5.7) mussen bandbegrenzt sein, d.h. der ma-ximale Frequenzanteil der gemessenen Signale darf eine obere Grenzfrequenz fB

nicht uberschreiten. Denn um sicherzustellen, dass die aus (5.7) mit (5.11) ermit-telten Fourierkoeffizienten U(k), Y (k) den Spektren des kontinuierlichen Systemsbei ω1, . . . , ωF entsprechen, muss die Abtastfrequenz fs > 2 fB sein.

2. Die Gleichanteile der Ein-/Ausgangssignale mussen vor der Signalverarbeitungmit (5.11) vom Signal abgezogen werden, da diese bei der DFT nicht berucksich-tigt werden und nicht in die Frequenzbereichsschatzung eingehen.

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5.2. LOKALE SYSTEMIDENTIFIKATION 113

3. Weitere Signalverfalschungen des bandbegrenzten Signals sollten bei der Sys-temidentifikation vermieden werden. Teilweise ist es bei der Messdatenvorver-arbeitung jedoch notwendig, dass durch Multiplikation des Zeitsignals mit Fen-sterfunktionen zusatzliche Frequenzkomponenten unterdruckt werden, die durchSignalsprunge bei der Zeitbegrenzung entstehen. Diese zusatzlichen Komponen-ten werden auch Leckkomponenten und das Vorhandensein derselben Leckeffekt(engl. leakage) genannt, vgl. [31, S.130]. Der Einfluss der Fensterung auf dieSchatzung sollte aber immer untersucht werden.

Bemerkung 5.1. Im Gegensatz zu Schatzungen im Frequenzbereich werden bei Schat-zungen im Zeitbereich haufig parametrisierte Stormodelle zur Verbesserung der Para-meterschatzung von linearen Ubertragungssystemen angesetzt. Hierzu gibt es eine Viel-zahl von Modellhypothesen, siehe [107], die alle fur zeitdiskrete lineare Systeme gelten.Diese Arbeit beschrankt sich bei der Parameterschatzung von linearen Ubertragungs-systemen jedoch auf zeitkontinuierliche Systeme um die physikalische Interpretierbar-keit der identifizierten Modelle zu wahren.

5.2.2 Schatzung im Zeitbereich

Neben der Frequenzbereichsschatzung wird zur lokalen Systemidentifikation in dieserArbeit ein gewichteter Least-Squares Schatzer angewandt, der direkt die Messdaten(5.4) zur Parameterbestimmung ausnutzt. Im Gegensatz zur Frequenzbereichsschatzungmit nur jeweils einem Systemein- und -ausgang konnen hierbei Modellstrukturen mitm Systemeingangen und einem Systemausgang behandelt werden. Der Least-SquaresSchatzer basiert auf der folgenden Modellstruktur Mi

gi(ϕ(t)) = ϕT (t) θi mit ϕ(t) =

ϕ1(t)ϕ2(t)

...ϕd(t)

, θi =

θ1i

θ2i...θdi

(5.22)

mit ϕ(t) ∈ Rd als Regressionsvektor wobei ϕk(t) = f(u(t)) fur k = 1, . . . , d und θi ∈ Rd

der unbekannte Parametervektor der folgenden Modellhypothese, vgl. Bild 5.2, ist:

y(t) = gi(ϕ(t)) + ny(t) (5.23)

mit der additiven Storungen ny am Ausgang. Hierbei wird angenommen, dass ny(t) furalle t die Realisierung einer Zufallsvariable ist, wobei jene

1. mit keiner Komponente des Regressionsvektors korreliert ist,d.h. E(ϕ(t)ny(t)) = 0,

2. normalverteilt ist und

3. E(ny(t)) = 0 gilt.

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114 KAPITEL 5. SYSTEMIDENTIFIKATION UND VALIDIERUNG

+

+

+

+

+

+

u(t)

q

q

q

2

1

y(t)d

1j ( )u

j ( )u2

j ( )ud

ny(t)

~

Bild 5.2: Modellhypothese des Least-Squares Schatzers im Zeitbereich

Die Modellstruktur (5.22) ist linear in den Parametern aber allgemein nichtlinear inden Eingangen. Um die unbekannten Parameter mit der Modellhypothese (5.23) ausden Messdaten ZNi bestimmen zu konnen, wird eine gewichtete quadratische Kosten-funktion angesetzt

VWLS(θi, ZNi) =

1

Ni

Ni∑t=1

1

2wi(t) [ y(t)− ϕT (t) θ − ny(t)︸ ︷︷ ︸

y(t)−ey(t)

]2 (5.24)

wobei wi(t) = f(z(ϕ(t))) ist, der Gewichtsfunktion in der αi-Funktion (2.14a) ent-spricht und mittels

wi(z(ϕ(t))) =

l∏j=1

Mij(zj((ϕj(t)))) , (5.25)

aus den Zugehorigkeitsfunktionen bestimmt wird, siehe (2.14b). Mit Hilfe dieser spe-ziellen Gewichtung wird die lokale Gultigkeit der Messdaten direkt in der Schatzungund nicht nur durch die Vorauswahl der Daten berucksichtigt. Dies ist dann von Be-deutung, wenn es durch die Vorauswahl nicht moglich ist, die Datensatze ZNi im aus-reichenden Maße lokalen Bereichen zuzuordnen, siehe hierzu die Problematik der Reib-kraftschatzung in Kapitel 6.Das Optimierungsproblem (5.6) kann aufgrund der linearen Abhangigkeit in den Pa-rametern bekanntermaßen analytisch mit dem Ansatz

∂VWLS

∂θi

!= 0 (5.26)

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5.2. LOKALE SYSTEMIDENTIFIKATION 115

gelost werden, siehe z.B. [50, S.89]. Daraus folgt mit VWLS := VWLS(θi, ZNi) (5.24)

bezogen auf (5.6) die Gleichung

∂VWLS

∂θi

=

Ni∑t=1

wi(t)ϕ(t) y(t)−Ni∑t=1

wi(t)ϕ(t)ny(t)−Ni∑t=1

wi(t)ϕ(t)ϕT (t) θi = 0 ,

(5.27)

wodurch das Minimum von (5.24) eindeutig bestimmt ist, wenn∑Ni

t=1 wi(t)ϕ(t)ϕT (t)

nicht singular ist. Die Auflosung nach θi ergibt mit der Annahme, dass die Aus-gangsstorung nicht mit dem Regressionsvektor korreliert (s.o.), die Schatzfunktion

θNi=

[Ni∑t=1

wi(t)ϕ(t)ϕT (t)

]−1 Ni∑t=1

wi(t)ϕ(t) y(t) . (5.28)

Diese wird in Kapitel 6 immer dann angewandt, wenn die zu schatzenden Parametermit den zugehorigen Prozessgroßen nicht in eine Ubertragungsfunktion der Form (5.8)uberfuhrbar sind.

Bemerkung 5.2. Bei der praktischen Anwendung der Schatzfunktion (5.28) kann dieBedingung der Nicht-Korreliertheit zwischen den Storungen und dem Regressionsvek-tor immer nur annahernd erfullt sein. Sind die Storungen im Vergleich zum Nutzsignalzu groß, kann dies zu nicht erwartungstreuen Schatzungen fuhren. Auf jeden Fall mussmit Verfahren der Modellvalidierung (siehe Abschnitt 5.3) das Schatzergebnis uber-pruft werden.

5.2.3 Lokale Systemanregung

Im Rahmen der Systemidentifikation werden die Ungenauigkeiten einer Schatzung we-sentlich durch die Systemanregung beeinflusst. Definiert werden soll in diesem Zusam-menhang eine optimale Anregung mit dem Ziel, eine minimale Unsicherheit bzw. maxi-male Genauigkeit der Schatzung bei begrenzter Messzeit und festgelegter Maximalam-plitude des Anregungssignals zu erreichen. Weiterhin muss sichergestellt werden, dassdurch die Anregung eines nichtlinearen Systems um feste Arbeitspunkte der lokale Ar-beitsbereich nicht

”zu weit“ verlassen wird. Quantifiziert wird diese Forderung durch

das Bestimmen der Große der nichtlinearen Verzerrungen mit Hilfe des sogenanntenKlirrfaktors (engl. distortion factor). Zunachst soll jedoch die Wahl des Anregungssi-gnals motiviert werden.

Anregungssignal

Nach [152] konnen bei der linearen Systemidentifikation zur optimalen Anregung Kri-terien im Zeitbereich als auch im Frequenzbereich formuliert werden:

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116 KAPITEL 5. SYSTEMIDENTIFIKATION UND VALIDIERUNG

Die Optimierung im Zeitbereich besteht aus der Maximierung der eingespeisten Lei-stung mit Hilfe eines komprimierten Anregungssignals, wodurch das Signal-Rauschver-haltnis (engl. signal-to-noise ratio (SNR)) verbessert und damit die Genauigkeit derSchatzung erhoht wird. Dies konnte analytisch anhand eines einfachen Fallbeispielsbasierend auf (5.22) fur d = 2 mit ϕ(t) = [ 1 , u(t) ]T und θi = [ θ1i , θ2i ]

T in [152]gezeigt werden. Die Maximierung der Genauigkeit der Schatzung entspricht bei diesemSonderfall direkt der Minimierung der Kovarianzmatrix

PNi= Var(ny)

[Ni∑t=1

ϕ(t)ϕT (t)

]−1

. (5.29)

Ein Maß zur Quantifizierung der Kompression der eingespeisten Leistung liefert der ausder Messtechnik bekannte Crestfaktor, der auch Scheitelfaktor genannt wird. Diesergibt das Verhaltnis zwischen Spitzenwert und Effektivwert eines Signals mit

CF [u(t)] =

maxt∈[1,Ni]

|u(t)|√1

Ni

Ni∑t=1

u2(t)

> 1 (5.30)

an. Die Optimierung einer Schatzung im Frequenzbereich besteht aus der optimalenVerteilung der verfugbaren Energie im Frequenzbereich. Der interessierende Frequenz-bereich wird durch das Vorwissen uber den Prozess festgelegt. Eine gleichmassige Anre-gung in diesem Bereich fuhrt zu einer minimalen Unsicherheit in der Schatzung [152].Das heißt, das Anregungssignal u(t) sollte ein Amplitudenspektrum von |U(ωk)| =const in dem interessierenden Frequenzbereich k = 1, ..., F haben.Bisher ist noch kein Ansatz fur einen Signalentwurf entwickelt worden, mit dem einOptimum fur beide Bereiche zu gleichen Teilen erzielt werden kann. Erreicht werdenkann dies theoretisch immer nur in jeweils einem Bereich.Beispielsweise seien hier zum einen die sogenannten periodischen Maximalfolgen (engl.maximum length binary sequences (MLBS)) genannt, die zur Klasse der deterministi-schen binaren Anregungssignale u(t) ∈ −1, 1 ·umax zahlen. Die binaren Anregungssi-gnale stellen aufgrund des Crestfaktors von eins eine optimale Anregung im Zeitbereichdar, der aber nur theoretisch erreicht werden kann3 [107, S.415]. Die Optimierungskrite-rien im Frequenzbereich konnen mit einer periodischen Maximalfolge als Anregungssi-gnal aber nicht eingehalten werden, weil eine gezielte Beeinflussung einzelner spektralerLinien nicht moglich ist. Die Forderung von einem konstanten Amplitudenspektrum ineinem gewunschten Frequenzband kann aufgrund des sin(ω)/ω proportionalen Verlaufsdes Spektrums nicht erfullt werden.Zum anderen kann mit stochastischen Signalen, wie z.B. mit bandbegrenzten Rausch-signalen und einer großen Anzahl von Einzelversuchen (> 64) zur Mittelwertbildung,

3Der reale Crestfaktor ist stets großer, weil in jedem Energiewandler der Messkette eine Bandbe-grenzung erfolgt.

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5.2. LOKALE SYSTEMIDENTIFIKATION 117

siehe [152, S.166], annahernd die Forderung, ein System mit einem konstanten Am-plitudenspektrum in dem interessierenden Frequenzbereich anzuregen, erfullt werden.Notwendig ist hierbei jedoch der Einsatz von digitalen Bandfiltern. Falls mit der Sys-temanregung Messdaten fur die Frequenzbereichsschatzung gewonnen werden sollen,mussen jedoch auch Datenfenster zur Abschwachung der Leckkomponenten eingesetztwerden, weil das Rauschsignal nicht periodisch ist. Eine optimale Anregung im Zeitbe-reich ist mit Rauschsignalen jedoch nicht erzielbar. Der Crestfaktor von bandbegrenztenRauschsignalen unB

(t) liegt bei CF (unB(t)) = 2− 3.

Um jedoch beide Kriterien annahernd optimal erfullen zu konnen, wurde in [185, 186]ein iteratives Verfahren zur Optimierung des Crestfaktors vorgeschlagen, mit dem einsuboptimales Anregungssignal berechnet werden kann. Dieses basiert auf der Signal-funktion

uMs(t) := u(t) =F∑

k=1

u0kcos(2πfkt+ φk) , (5.31)

die durch harmonische Spektrallinien k = 1, . . . , F mit einzeln vorzugebenden Am-plituden u0k

und Phasen φk realisiert und als Multisinus-Signal bezeichnet wird. VonVorteil ist, dass das Spektrum von (5.31) auf die gewahlten Spektrallinien mit u0k

6= 0beschrankt ist, d.h. es ist bandbegrenzt und kann so ausgelegt werden, dass das zu iden-tifizierende System mit einem konstanten Amplitudenspektrum in einem gewunschtenFrequenzband angeregt wird. Damit ist das Kriterium der optimalen Anregung im Fre-quenzbereich erfullt. Da dieses von dem Phasenspektrum unabhangig ist, konnen diePhasen φk frei gewahlt werden.Die Grundidee des iterativen Verfahrens in [185] basiert darauf, dass die einzelnen Pha-sen φk solange eingestellt werden, bis ein (lokales) Minimum des Crestfaktors (5.30) imZeitbereich erreicht ist. Bei vorgegebenem Amplitudenspektrum werden damit Wertebis zu CF = 1.45 erreicht. Will man die iterative Bestimmung der Phase vermeiden,kann auch ein von Schroeder [154] analytisch abgeleiteter Phasenverlauf

φk = φ1 − k (k − 1)

Fπ fur k = 2, . . . , F (5.32)

angewandt werden. Typischerweise werden damit Werte bis zu CF = 1.7 erzielt. Indieser Arbeit wird zur Generierung des Anregungssignals jedoch das iterative Verfah-ren mit dem niedrigeren Crestfaktor verwendet, dass in der Matlab-Funktion msinclipimplementiert und in der bereits erwahnten Frequency Domain System IdentificationToolbox [98] enthalten ist.Zur Veranschaulichung betrachten wir das folgende Beispiel:

Beispiel 5.1. Ziel ist der Entwurf eines bandbegrenzten zeitdiskreten Anregungssi-gnals

uMs(t) fur t = n Ts , n = 1, . . . , NMS

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118 KAPITEL 5. SYSTEMIDENTIFIKATION UND VALIDIERUNG

0 0.5 1 1.5 2 2.5 3 3.5 4 4.5 5−4

−2

0

2

4Crestfaktor−optimierte Phasen

0 0.5 1 1.5 2 2.5 3 3.5 4 4.5 50

0.5

1

1.5vorgegebenes Amplitudenspektrum

f / [Hz]

0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10−1

−0.5

0

0.5

1Crestfaktor−optimiertes Multisinus−Signal

uMs

f / [Hz]

t / [s]

u0

φk / [rad]

uMs

u0

1

u0

31

φ1

φ31

k

Bild 5.3: Amplitudenspektrum, Phasenspektrum und Signalverlauf eines Crestfaktor-optimierten Multisinus-Signals uMs(t) nach (5.31) mit einem CF [uMs(t)] = 1.55.

mit NMS = 1000 in einem Frequenzbereich von 1.0 Hz bis 4.0 Hz bei einer maximalenAmplitude von ±1. Fur eine moglichst optimale Systemanregung in dem interessie-renden Frequenzband wird fur alle harmonischen Schwingungen, die in diesem Bandliegen, eine konstante Amplitude von u0k

= 1 verlangt. Die Anzahl der harmonischenSpektrallinien F in (5.31) ist abhangig von der Frequenzauflosung 4f . Es gilt der Zu-sammenhang zwischen der Abtastzeit Ts und der Anzahl NMS zum Bestimmen derFrequenzauflosung

4f =1

NMS Ts. (5.33)

Somit ergibt sich fur eine Abtastzeit von Ts = 0.01 s ein 4f = 0.1 Hz . Das heißt, dasAnregungssignal enthalt

F =4 Hz− 1 Hz

4f + 1 = 31

harmonische Schwingungen mit den Frequenzen fk = 1 +4f(k − 1) fur k = 1, . . . , Fwobei u0k

= 1.0 fur alle k ist. Die Crestfaktor-optimierten Phasen φk wurden iterativmit dem Verfahren nach [185] berechnet. Das Ergebnis ist in Bild 5.3 dargestellt. Dererzielte Crestfaktor fur dieses Signal betragt CF [uMs(t)] = 1.55.

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5.2. LOKALE SYSTEMIDENTIFIKATION 119

Nichtlineare Verzerrungen

Bisher sind wir davon ausgegangen, dass die Anregung eines nichtlinearen Systemsum ausgewahlte Arbeitspunkte auf lokale Bereiche beschrankt bleibt, die mit linearenModellen beschreibbar sind. Tatsachlich werden zudem nichtlineare Anteile angeregt.Hierbei ist es notwendig zu uberprufen, ob die lokal lineare Modellhypothese noch gultigist. Da dies in vielen Fallen auch von der Wahl der Amplitude des Eingangssignals (indiesem Fall identisch zum Anregungssignal) abhangt, ist es moglich, die nichtlinearenAnteile bezogen auf die Große des Arbeitsbereichs zu bestimmen.Der Einfluss der angeregten Nichtlinearitaten wird durch nichtlineare Verzerrungen imSystemausgang sichtbar. Besonders zur Systemanregung geeignet sind hierbei die zuvorbesprochenen Multisinus-Signale mit den frei einstellbaren Harmonischen. Denn, umden Anteil der nichtlinearen Verzerrungen im Ausgang erkennen zu konnen, mussenentweder ungerade oder gerade Harmonische das System anregen. Bei Systemen mitrein linearem Verhalten sind im Ausgang nur die Frequenzen enthalten, die auch imEingang enthalten sind (siehe z.B. [107, S.28]). Die restlichen Frequenzen werden durchNichtlinearitaten hervorgerufen, die Verzerrungen im Ausgang verursachen.Zur Verdeutlichung der Zusammenhange betrachten wir zunachst ein statisches Systemmit einem linearen Anteil und einem nichtlinearen Anteil mit geraden sowie ungeradenNichtlinearitaten

y(t) = a1 u(t) + a2 u2(t) + a3 u

3(t) + a4 u4(t) . (5.34)

Dieses wird nun mit u(t) = sin(ωt) angeregt:

y(t) = a1 sin(ωt) + a2 sin2(ωt) + a3 sin3(ωt) + a4 sin4(ωt)

nach der Aufteilung in

y(t) = yL(t) + yNL(t) = a1 sin(ωt) + yNL(t)

und dem Auflosen der Potenzen der Sinusfunktion [34, S.183] erhalt man fur den nicht-linearen Anteil

yNL(t) =a2

2[1− cos(2ωt)] +

a3

4[3 sin(ωt)− sin(3ωt)] +

a4

8[cos(4ωt)− 4 cos(2ωt) + 3] .

Somit werden die geraden Harmonischen mit der Kreisfrequenz 2 ω und 4ω durchdie geraden Nichtlinearitaten a2 u

2(t) und a4 u4(t) verursacht, vgl. (5.34). Die ungerade

Harmonische mit der Kreisfrequenz 3ω wird durch die ungerade Nichtlinearitat a3 u3(t)

erzeugt. Ebenfalls wird damit der Anteil (3 a3/4) · sin(ωt) verursacht, der jedoch nichtals Verzerrung im Spektrum sichtbar ist, da ω der Kreisfrequenz der Anregung ent-spricht und somit nicht durch den Vergleich der Harmonischen erkannt wird.Auch wenn dieser systematische Fehler, der bei ungeraden Nichtlinearitaten unver-meidbar ist, auftritt, ist es sinnvoll, aufgrund des großen Anteils der separierbarenHarmonischen diese zur Quantifierung der Nichtlinearitaten heranzuziehen. Ein geeig-neter Kennwert ist in diesem Fall der aus der Wechselstromtechnik bekannte Klirrfaktor

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120 KAPITEL 5. SYSTEMIDENTIFIKATION UND VALIDIERUNG

[116] (engl. distortion factor). Der Klirrfaktor, in dieser Arbeit mit KF bezeichnet, istdefiniert als das Verhaltnis vom Effektivwert der Oberschwingungen zum Gesamteffek-tivwert

KF :=

√Y 2

2 + Y 23 + Y 2

4 ...

Y 21 + Y 2

2 + Y 23 + Y 2

4 ...(5.35)

mit Y1 als Effektivwert der 1. Harmonischen, in diesem Fall der Anregung und mit Yn

als Effektivwert, der durch die Nichtlinearitaten verursachten n’ten Harmonischen. Furdas statische System (5.34) ergibt sich somit ein Klirrfaktor mit den Effektivwerten

Y1 =1√2

(a1 +

3

4a3

), Y2 =

1√2

(a2

2+

4

8a4

),

Y3 =1√2

(a3

4

), Y4 =

1√2

(a4

8

)von

KF =16 a2

2 + 32 a2 a4 + 4 a23 + 17 a2

4

64 a21 + 96 a1 a3 + 16 a2

2 + 32 a2 a4 + 40 a23 + 17 a2

4

. (5.36)

In diesem einfachen Beispiel wurde das System mit einer einzigen Sinusschwingung an-geregt. Zur Identifikation der Verzerrungen in einem realen System muss dieses jedochin einem interessierenden Frequenzband angeregt werden. Wie oben beschrieben ergibtsich damit jedoch die Schwierigkeit, dass die kubischen Anteile des Ausgangsspektrumsnicht von den linearen Anteilen unterscheidbar sind. Bei Anregung eines Systems miteinem Multisinus-Signal, dass die Frequenzen

fUk∈ f0, 3f0, 5f0, 7f0, . . . (5.37)

enthalt, verursachen die quadratischen Nichtlinearitaten die zusatzlichen Frequenzen

fYk∈ 0, 2f0, 4f0, 6f0, . . . , (5.38)

wohingegen die kubischen Nichtlinearitaten die Frequenzen

fYk∈ f0, 3f0, 5f0, 7f0, . . . (5.39)

im Ausgang verursachen, die nicht unterscheidbar von den Beitragen des linearen An-teils sind. Abhilfe schafft ein in [51, 114] vorgeschlagenes Multisinus-Signal (5.31) mitden harmonischen Frequenzanteilen

fUk∈ f0, 5f0, 9f0, 13f0, . . . = f0 (4(k − 1) + 1) mit k = 1, . . . , F , (5.40)

dass in der Literatur als odd-odd multisine Signal [153] bezeichnet wird. Hierbei werdenwie zuvor die zusatzlichen Frequenzen im Ausgang

fYk∈ 0, 2f0, 4f0, 6f0, . . . (5.41)

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5.2. LOKALE SYSTEMIDENTIFIKATION 121

durch die quadratischen Nichtlinearitaten verursacht, wohingegen die kubischen Nicht-linearitaten Anteile von

fYk∈ 0, f0, 3f0, 5f0, 7f0, 9f0, . . . (5.42)

erzeugen. Somit konnen die Ausgangsfrequenzen

3f0, 7f0, 11f0, . . . (5.43)

eindeutig den kubischen Nichtlinearitaten zugeschrieben werden. Es verbleiben die Fre-quenzen

f0, 5f0, 9f0, . . . , (5.44)

die nicht von dem Beitrag des linearen Teilsystems zu unterscheiden sind. Zum besserenVerstandnis soll nun der mechanische Oszillator mit nichtlinearer Feder aus Kapitel 4.1zur Untersuchung herangezogen werden.

Beispiel 5.2. Der mechanische Oszillator mit nichtlinearer Feder wird durch das Zu-standsmodell (4.3a), (4.3b) beschrieben. Dieses soll zum Abschatzen der Große derlokalen Bereiche in der Simulation exemplarisch um die festen Arbeitpunkte u3 = 0.0und u4 = 1.3728 (vgl. (4.8)) mit dem Signal

u(t) =

4∑k=1

u0kcos(2πf0(4(k − 1) + 1) t+ φk) + ui fur i = 3, 4 und f0 = 0.05 Hz

(5.45)

angeregt werden. In Bild 5.4 sind das Amplitudenspektrum (ohne die f = 0 Kom-ponente) und die Signalverlaufe des Crestfaktor-optimierten Anregungssignals (5.45)mit u0k

= 1 fur die zwei Arbeitspunkte dargestellt. Zum Bewerten der angeregtenNichtlinearitaten wird ein zum Anregungssignal (5.45) passender Klirrfaktor definiert:

KM∫F :=

√√√√√√√√30∑

k=2,4,6,...

Y 2k +

27∑k=3,7,11,...

Y 2k

Y 21 + Y 2

5 + Y 29 + Y 2

13 +30∑

k=2,4,6,...

Y 2k +

27∑k=3,7,11,...

Y 2k

. (5.46)

Dieser liefert ein relatives Maß zum Abschatzen der lokalen Gultigkeit der linearen Mo-delle. Im Zahler werden nur die Effektivwerte der Oberschwingungen berucksichtigt,die von denen unterscheidbar sind, die durch die linearen Anteile verursacht werden,vgl. (5.43). Man erkennt in Bild 5.5, dass mit ansteigender Amplitude des Eingangssi-gnals der Klirrfaktor zunimmt. Denn bei steigender Auslenkung des Masseschwingerswird der Einfluss des kubischen Anteils der nichtlinearen Federkennlinie (4.8) großer,wodurch der Anteil der Oberschwingungen wachst. Bei asymmetrischer Anregung miteiner statischen Auslenkung von u4 = 1.3728 ist der Klirrfaktor bei kleinen Amplitudenerheblich großer als bei der symmetrischen Auslenkung mit u3 = 0.

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122 KAPITEL 5. SYSTEMIDENTIFIKATION UND VALIDIERUNG

0 0.2 0.4 0.6 0.80

0.2

0.4

0.6

0.8

1

Amplitudenspektrum

f / [Hz]0 5 10 15 20

−1

0

1

2

3u(t) mit und ohne Offset

t / [s]

u0 u(t) k

Bild 5.4: Amplitudenspektrum und Signalverlauf (5.45) der Anregung des Systems(4.3a), (4.3b)

1 1.5 2 2.5 3 3.5 4 4.5 50.3

0.35

0.4

0.45

0.5

0.55

0.6

0.65

0.7Klirrfaktor von u(t) mit und ohne Offset

u0

ohne Offset (u3 = 0)

mit Offset (u4 = 1.3728)

KFMf

k

Bild 5.5: Klirrfaktor KM∫F definiert durch (5.46) in Abhangigkeit von der Anregungs-

amplitude u0kmit Variation der Arbeitspunkte; u3 = 0 (ohne Offset) und u4 = 1.3728

(mit Offset), vgl. (5.45)

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5.3. GLOBALE MODELLVALIDIERUNG UND SYSTEMIDENTIFIKATION 123

Bezogen auf das vorhergehende Beispiel lasst sich abschließend sagen, dass der Klirr-faktor zusammen mit dem Anregungssignal fur eine erste Abschatzung der Starke derNichtlinearitaten und der Abschatzung der lokalen Bereiche mittels Ein-/Ausgangsda-ten (5.45) geeignet ist. Jedoch kann ohne zusatzliches Vorwissen ein absoluter Grenz-wert zur Abschatzung der lokalen Bereiche nicht angegeben werden. Dieser ist letzt-endlich vom zulassigen Modellfehler im Zeitbereich abhangig und wird mit Hilfe derMethode der Modellvalidierung, die im folgenden Abschnitt vorgestellt wird, behandelt.

5.3 Globale Modellvalidierung und globale System-

identifikation

Ein wichtiger Schritt bei der nichtlinearen Systemidentifikation ist das Uberprufen derglobalen Systemdynamik. Das heißt, es wird untersucht, ob die globalen Beschreibungs-gleichungen, in diesem Fall (2.15) oder (2.16), durch neue Testdaten bestatigt werdenkonnen. Mit neuen Testdaten sind Datensatze gemeint, die noch nicht zur Parame-terschatzung herangezogen wurden. Der Grad der Bestatigung kann allgemein als Guteeines Modells bezeichnet werden. Die Gute wird uber die Bestimmung eines Modellfeh-lers auf Grundlage der Testdatensatze quantifiziert. Dieses Verfahren soll im Folgendenals globale Modellvalidierung bezeichnet werden. Es muss betont werden, dass hierbeinicht nur die einzelnen lokalen Bereiche, sondern immer auch die gewichtete Kombina-tion derselben mit geeigneten Messdaten uberpruft werden. Dabei wird gefordert, dassdie Testdaten die Systemdynamik im gesamten Arbeitsbereich reprasentieren mussen.Im Gegensatz dazu wurden bisher nur Aspekte zur lokalen Systemidentifikation be-trachtet, vgl. Abschnitt 5.2, wobei die lokalen Modelle mit Messdaten aus lokalen Ar-beitsbereichen identifiziert und lokal validiert werden4.Der Modellfehler kann fur dynamische Systeme unterschiedlich definiert werden. Indieser Arbeit werden neben den bekannten Fehlerarten zum Bewerten von Ein-/Aus-gangsmodellen [107] noch zusatzlich zwei Fehlerarten fur Zustandsmodelle definiert:Der Fehlerverlauf bezogen auf den Ausgang y(t) ∈ R des zu validierenden Modells wirdaus

eY (t) = y(t)− y(t) , eY = [ eY (1), . . . , eY (N) ]T (5.47)

mit dem gemessenen Ausgang y(t) ∈ R aus dem Testdatensatz ZN = u(t), y(t) be-rechnet. Zur einfachen Bewertung dieser Fehlerverlaufe wird zum einen die euklidischeNorm des Ausgangsfehlers

EYrms :=1√N‖eY ‖2 (5.48)

4Auf die lokale Modellvalidierung wurde bisher noch nicht eingegangen, dies wird in Kapitel 6anhand der Systemidentifikation servopneumatischer Antriebe diskutiert.

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124 KAPITEL 5. SYSTEMIDENTIFIKATION UND VALIDIERUNG

und zum anderen der maximale absolute Ausgangsfehler definiert

EY∞ := ‖eY ‖∞ . (5.49)

Bei der Bestimmung der Gute von identifizierten Zustandsraummodellen ist man zusatz-lich noch an der Genauigkeit der berechneten Zustande interessiert. Hierzu definierenwir zwei Fehlernormen, die auf den normierten Fehlerverlaufen

|ex(t)| =[(

x1(t)− x1(t)

max|x1(t)|)2

+

(x2(t)− x2(t)

max|x2(t)|)2

+ · · ·+(xζ(t)− xζ(t)

max|xζ(t)|)2]1/2

,

eX = [ |ex(1)|, . . . , |ex(N)| ]T ,(5.50)

bestehend aus den gemessenen xj(t) und berechneten Zustanden xj(t) fur j = 1, . . . , ζbasieren. Zur Bewertung dieser Fehlerverlaufe wird wie zuvor zum einen eine euklidischeFehlernorm

EXrms :=1√ζ N

‖eX‖2 (5.51)

mit (5.50) und zum anderen der maximale absolute Fehler

EX∞ := ‖eX‖∞ (5.52)

definiert. Zu beachten ist, dass nur die Menge der messbaren Zustande x1, . . . , xζmit ζ 6 n zur Berechnung der beiden Fehlernormen (5.51) und (5.52) berucksichtigtwerden.

Stellt man nun nach der lokalen Systemidentifikation bei der globalen Modellvalidie-rung mit Hilfe der zuvor definierten Fehlernormen fest, dass die Modellgute nicht denerwarteten Anforderungen entspricht, liegt es in vielen Fallen an unzureichend ein-gestellten Parameterwerten der Zugehorigkeitsfunktionen, siehe (2.25a) - (2.25d) und(2.27a) - (2.27c). Die a priori angesetzten Parameter mussen dann mit Hilfe von Ver-fahren der Optimierung angepasst werden. Dieser Prozess soll im Folgenden als globaleSystemidentifikation bezeichnet werden.Im Rahmen dieser Arbeit wurden verschiedene Ansatze zur globalen Systemidentifi-kation untersucht. Zunachst wurden globale Schatzfunktionen mit der Abbildungsvor-schrift

(α1(z, ·), . . . , αr(z, ·), M1(θN1) . . . ,Mr(θNr), ZN) → θM

1N, . . . , θ

M

rN) ⊂ R

I

(5.53)

angesetzt mit

ZN als Datensatz, der im gesamten Arbeitsbereich erfasst wurde,

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5.3. GLOBALE MODELLVALIDIERUNG UND SYSTEMIDENTIFIKATION 125

M1, . . . ,Mr als die lokalen Modellstrukturen,

θN1, . . . , θNr als die geschatzten lokalen Parametervektoren,

α1(z, ·), . . . , αr(z, ·) als Gewichtsfunktionen (2.14a) der WCLS (2.15) und WCAS(2.16) Modelle, die die zu schatzenden Parametervektoren

θMi := [ θMi1

i , . . . ,θMili ] (5.54)

fur i = 1, . . . , r enthalten,

θM

1N, . . . , θ

M

rNals Schatzungen der Parametervektoren der Zugehorigkeitsfunktio-

nen, definiert durch

θM

iN:= [ θ

Mi1

iN, . . . , θ

Mil

iN] , (5.55)

die aus ZN ermittelt wurden.

Die Anzahl der einzelnen Parameter bzw. Dimension der Parametervektoren ist ab-hangig vom Typ der Zugehorigkeitsfunktion, siehe (2.25a) - (2.25d) bzw. (2.27a) -(2.27c). Wie bei der lokalen Systemidentifikation, vgl. (5.6), wurde die Schatzung alsOptimierungsproblem formuliert:

[θM

1N, . . . , θ

M

rN] = arg min

θM1 , ... ,θM

r

V (θM1 , . . . ,θ

Mr ,Mr(θN1), . . . ,Mr(θNr), Z

N) (5.56)

Es hat sich gezeigt, dass bei einer praktisch relevanten Modellanzahl ab r = 3 mitl = 1, 2 und zwei bis drei Parametern pro Zugehorigkeitsfunktion das Optimierungs-problem mittels Verfahren der numerischen Optimierung nicht zuverlassig bestimmtwerden konnte. Hier besteht noch Forschungsbedarf, siehe hierzu auch den Ansatz in[141].Stattdessen wird in dieser Arbeit das Optimierungsproblem aufgrund der hier behan-delten speziellen Klasse der Anwendungen vereinfacht durch

1. einen systematischen Vergleich der Modellgute in Abhangigkeit von einer gemein-samen Uberlappungsbreite aller Zugehorigkeitsfunktionen,

2. das Festlegen der Lagen der Zugehorigkeitsfunktionen im Scheduling-Raum,

3. eine Validierung mit Testdatensatzen, die den gesamten Arbeitsraum reprasen-tieren, wobei das statische und dynamische Ein-/Ausgangsverhalten sowie dasEingangs-/Zustandsverhalten einzeln betrachtet wird.

Die Fixierung der Lage der Zugehorigkeisfunktionen ist durchaus gerechtfertigt, beziehtsie sich doch auf die Parameter, die die Punkte zp festlegen, siehe (5.2) bzw. (5.3). Auf-grund der vorangehenden lokalen Systemidentifikation ist eine Verschiebung der Lagewahrend der globalen Systemidentifiaktion allgemein nicht zulassig, da so die Voraus-setzungen der Parameterschatzung der lokalen Modelle nicht mehr erfullt sind.Im folgenden Kapitel wird auf die zuvor genannten Vereinfachungen noch naher einge-gangen.

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126 KAPITEL 5. SYSTEMIDENTIFIKATION UND VALIDIERUNG

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Kapitel 6

Systemidentifikation vonservopneumatischen Antrieben

6.1 Einleitung

Die einzelnen Verfahren der lokal linearen Systemidentifikation und globalen nichtli-nearen Modellvalidierung, die im vorhergehenden Kapitel vorgestellt wurden, sollennun am Beispiel eines servopneumatischen Antriebs untersucht werden. Dabei werdenneuartige Modelle zur Bescheibung der Dynamik fluidischer Antriebe basierend auf derWCAS Struktur (2.16) angesetzt.Nach der Beschreibung des Aufbaus und der Wirkungsweise servopneumatischer Zylin-derantriebe wird zunachst die Sensitivitat lokal linearer Modelle bzw. Modellparametergegenuber einer Positions- und Lastanderung untersucht. Hierzu werden Schatzungenim Frequenzbereich basierend auf Ein-/Ausgangsdaten durchgefuhrt. Die Anregung er-folgt mit einem Multisinus-Signal in einem interessierenden Frequenzbereich, der durcheine Abschatzung der Eigenfrequenz des Antriebs festgelegt wird sowie einer Signal-amplitude, die noch im lokal gultigen Bereich liegt. Dies wird uber eine experimentelleBestimmung des Klirrfaktors fur verschiedene Signalamplituden begrundet.Diese Voruntersuchung dient lediglich zur quantitativen Beschreibung der Sensitivitatder Antriebsdynamik. Die mit dieser Methode identifizierten Ubertragungsfunktionenwerden jedoch nicht fur den weiteren Reglerentwurf in Kapitel 9 eingesetzt. Dies wirdin Abschnitt 6.4 noch naher erlautert.Fur den Reglerentwurf werden dann anschließend zwei unterschiedliche lokal lineareZustandsraummodelle angesetzt, die die Dynamik servopneumatischer Antriebe be-schreiben. Es wird gezeigt, dass durch eine geringfugige Anpassung der Druckaufbau-gleichung auch das dynamische Verhalten hydraulischer Antriebe beschrieben werdenkann. Weiterhin wird ein geschwindigkeitsabhangiges Reibmodell vorgestellt, dass aufstatischen Modellen der Form (3.35) basiert.Mit den zuvor beschriebenen Modellansatzen und den bereits bei der Sensitivitats-analyse verwendeten lokalen Systemanregung werden dann mit den lokalen Schatzernaus Kapitel 5 die einzelnen Parameter der Teilmodelle aus Messdaten bestimmt. Diese

127

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128 KAPITEL 6. SYSTEMIDENTIFIKATION

enthalten im Gegensatz zu den Messdaten aus der Sensitivitatsanalyse auch Zustands-großen. Abschließend erfolgt die globale Modellvalidierung sowie die Anpassung derUberlappung der Zugehorigkeitsfunktionen mittels Vergleich der in Kapitel 5 definier-ten Modellguten.

6.2 Aufbau und Wirkprinzip pneumatischer

Antriebe

Die Antriebskonfiguration, die in dieser Arbeit untersucht wird, besteht im Wesentli-chen aus einem senkrecht stehenden Zylinder und einem Kolben mit einer durchgehen-den Kolbenstange an der starr eine anzutreibende Masse befestigt ist, siehe Bild 6.1.Die Massenstrome mi fur i = 1, . . . , 4 werden uber ein elektrisch ansteuerbares Ser-voventil mit 5/3-Wegecharakteristik gesteuert. Hierbei wird der Massenruckstrom vonZylinderkammer I in die Umgebung als m1 und der Massenzustrom von der Druck-versorgung in die Zylinderkammer I als m2 bezeichnet. Der Massenzustrom von derDruckversorgung in die Zylinderkammer II wird als m3 und der Massenruckstrom vonZylinderkammer II in die Umgebung als m4 bezeichnet. Die Drucke in den Zylinderkam-mern werden als pI bzw. pII , der Versorgungsdruck als PS und der Umgebungsdruckals PR bezeichnet.Der Langsschieber im Servoventil ist als metallisch dichtende Schieber/Hulse-Paarungausgefuhrt, siehe Bild 6.1, und wird direkt von einem lagegeregelten Proportionalma-gnet angetrieben, der gegen eine Feder zur Erzeugung der Ruckstellkraft arbeitet [18,S.99]. Die Solllage des Langsschiebers im Ventil wird uber die Spannung uv von außenvorgegeben. Die Istlage xv wird hierbei uber einen am Magnetanker angekoppeltenWegaufnehmer [1] erfasst.Die Antriebskraft gegen eine außere Kraft, in diesem Fall eine veranderliche MassemL(t) plus der Masse des Kolbens mit der zugehorigen Kolbenstange, wird durch dieDruckdifferenz

pL = pI − pII (6.1)

zwischen den Zylinderkammern I und II erzeugt. Die Druckdifferenz wird uber dieVorgabe der Solllage des Langsschiebers mit der Steuerspannung uv, der die Offnungs-querschnitte verstellt und damit die Massenstrome mi steuert, eingestellt.Die Systemidentifikation wird im Einzelnen an zwei servopneumatischen Antriebendurchgefuhrt, die im Fachgebiet Regelungstechnik und Systemdynamik der Univer-sitat Kassel entwickelt und konstruiert1 wurden [129, 130, 135]. Die Kenngroßen derAntriebe, die Beschreibung der Sensorik zur Aufnahme der Messdaten sowie die Reg-lerhardware fur den Servobetrieb sind im Anhang F aufgefuhrt.Erwahnenswert seien hier noch die konstruktiven Losungen [76, 135], die eine Vermin-derung der Reibung im Antrieb bewirken. Hierbei konnte gezeigt werden, dass durch

1mit Ausnahme der Servoventile [1]

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6.2. AUFBAU UND WIRKPRINZIP PNEUMATISCHER ANTRIEBE 129

Servoventil

p

Ip

II

Kx

su

.

m

2

1

m.

xv

Kammer I

Kammer II

Zylinder

3

mm

.

.

4Kolben mitDichtring

LastLm (t)

Kolbenstange

pR

pR

pS

Linearkugellager

Längsschieber

uv

Bild 6.1: Wirkschaltbild eines pneumatischen Antriebs in Kolbenmittelstellung (xK =0) bei Mittelstellung des Ventilschiebers (xv = 0)

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130 KAPITEL 6. SYSTEMIDENTIFIKATION

-+

y := xKKpr pneumatischer

Antriebuv

Bild 6.2: Systemidentifikation des Antriebs im Regelkreis

Verwendung von PTFE2(Teflon)-Dichtringen und hartverchromten Zylinderrohrinnen-flachen die Reibung zwischen Kolben und Zylinderwand gegenuber den Konstruktionenmit Dichtringen aus Elastomeren (Gummi) erheblich reduziert wird. Zusatzlich wur-den in den Stirnseiten der Antriebszylinder Linearkugellager zur Durchfuhrung derKolbenstange eingebaut, siehe Bild 6.1, um die Massen besser zu fuhren und um Ver-spannungen zu verhindern.

6.3 Experimentelle Sensitivitatsanalyse zur Abschat-

zung der lokalen Modellanzahl

Basierend auf den Ergebnissen aus den Arbeiten [112, 148, 198] zur positionsabhangigenDynamik hydraulischer und pneumatischer Antriebe wird zunachst ein servopneumati-scher Antrieb um verschiedene feste Kolbenpositionen bei fester Lastmasse angeregt. ImAnschluss daran wird der Einfluss der Lastmasse auf die Systemdynamik untersucht.Die Antriebsdaten sind im Anhang F.1 aufgelistet. Fur eine gezielte Anregung ubermehrere Perioden um feste Kolbenpositionen muss der Antrieb aufgrund des aus derLiteratur bekannten I-Verhaltens der Strecke [76, 79, 135] im unteren Frequenzbereich,das durch den Ubergang von der Geschwindigkeit zum Weg entsteht, in Verbindung mitdem unsymmetrischen Durchflussverhaltens des Servoventils (Nullpunktabweichungenim Verstarker, Fertigungstoleranzen) lagegeregelt betrieben werden. Der Antrieb wirdsomit im Servobetrieb identifiziert. Man spricht deshalb auch von einer Systemidenti-fikation im Regelkreis (engl. closed loop identification), vgl. [107].

6.3.1 Wahl des Sollsignals

Bei der Systemidentifikation im Regelkreis kann das Eingangssignal fur die Systeman-regung nicht direkt aufgeschaltet werden. Stattdessen wird uber die Vorgabe einer Soll-position r(t) in Kombination mit einem Proportionalregler Kp der Antrieb identifiziert.Dies ist schematisch in Bild 6.2 dargestellt. Da zum Zeitpunkt der Messwerterfassungfur die Systemidentifikation noch kein Streckenmodell vorliegt, wird der Verstarkungs-faktor experimentell ermittelt. In Abhangigkeit von der aktuellen Lastmasse werdenRegelfaktoren zwischen Kp = 80 und Kp = 120 eingestellt. Zur Systemanregung wird

2PTFE : Polytetrafluorathylen

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6.3. EXPERIMENTELLE SENSITIVITATSANALYSE 131

das Multisinus-Signal uMs(t) nach (5.31) aus dem vorhergehenden Kapitel an die Auf-gabenstellung angepasst:

r(t) = rm +

F∑k=1

r0kcos(2πfkt+ φk) . (6.2)

Das heißt, die Sollposition r(t) setzt sich aus einem konstanten Offsetwert rm und ei-nem uberlagerten Multisinus-Signal zusammen. Der Offsetwert entspricht hierbei einerfesten Kolbenposition um den das System pro Experiment angeregt werden soll. An-schließend wird nun der Frequenzbereich, die Frequenzen fk und die Amplituden r0k

,die fur alle Harmonischen gleich sein sollen, festgelegt.Bei dem zu untersuchenden servopneumatischen Antrieb, vgl. Anhang F.1, liegt derinteressierende Frequenzbereich in einem Intervall von

f = [ fug , fog ] = [ 0.5 , 25 ] Hz . (6.3)

Die Wahl der oberen Grenzfrequenz von fog = 25 Hz ergibt sich hierbei durch dieAbschatzung der Eigenfrequenz des Antriebs ohne Last (mL = 0 kg) bei Betrieb umdie Kolbenmittelstellung, vgl. Bild 6.1, nach

fc∼= 1

√2κ (1 + αKF )

AK pm

mK LK

= 13.847 Hz (6.4)

aus [148, Gl.(4.3-4)] mit

αKF = 1 als Verhaltnis der Stirnflachen vom Antriebskolben3,

κ = 1.4 als Adiabatenexponent der Luft,

AK = 2.8 · 10−3 m2 als Kolbenflache,

mK = 2.9 kg als die Gesamtmasse des Kolbens und der Kolbenstange,

LK = 0.3 m als maximalen Kolbenhub bzw. Hublange des Antriebs und

pm = 4.2 · 105 N/m2 als der Mitteldruck in den Antriebskammern definiert durchpm = p1+p2

2berechnet aus den gemessenen mittleren Drucken p1 und p2.

Um den Abfall des Amplitudengangs oberhalb der Eckfrequenz von fc = 13.847 Hz imausreichenden Maße in den Messdaten reprasentieren zu konnen, hat es sich als gunstigerwiesen, das System bis zur 1.8-fachen Eckfrequenz anzuregen. Die Wahl der unterenFrequenz fug ergibt sich aus der begrenzten Anzahl von Messdaten, die wahrend einesExperiments aufgezeichnet und anschließend bearbeitet werden konnen.Fur eine ausreichende Anregung zwischen den genannten Bandgrenzen wird ein Multi-sinus-Signal von F = 50 mit einem ∆f = 0.5 Hz verwendet. Die einzelnen fk ergebensich somit zu

fk = fug + (k − 1) ∆f fur k = 1, . . . , F mit ∆f = 0.5 Hz . (6.5)

3Bei Antrieben mit durchgehender Kolbenstange ist das Verhaltnis der Kolbenflachen stets eins.

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132 KAPITEL 6. SYSTEMIDENTIFIKATION

Tabelle 6.1: Klirrfaktor KM∫F nach (5.46) in Abhangigkeit vom Effektivwert der Steuer-

spannung des Servoventils uveffmit den zugeordneten Amplituden des Sollsignals r0k

und dem Effektivwert der Kolbenposition xKeff

r0k/[m] uveff

/[V] xKeff/[m] KM∫

F

0.01 0.63 0.0033 0.166

0.02 1.13 0.0048 0.059

0.03 1.74 0.0073 0.065

0.04 2.36 0.0100 0.057

0.05 2.88 0.0120 0.060

0.06 3.48 0.0138 0.059

0.07 3.98 0.0151 0.062

Zum Bestimmen einer geeigneten Anregungsamplitude nutzen wir den im Kapitel 5eingefuhrten Klirrfaktor (5.46). In einem Vorversuch wird hierzu das System im Regel-kreis mit einem einfachen P-Regler und der Sollposition

r(t) =

4∑k=1

r0kcos(2πf0(4(k − 1) + 1) t+ φk) (6.6)

mit f0 = 2 Hz bei Variation von r0kfur alle k von 0.01 m bis 0.07 m angeregt.

Der Klirrfaktor des Signals der Kolbenposition gemessen im geschlossenen Regelkreislasst dabei Ruckschlusse auf den Klirrfaktor der Strecke und damit auf die durch dieNichtlinearitaten der Strecke verursachten Verzerrungen zu. Die Versuchsergebnissesind in Tabelle 6.1 und Bild 6.3 zusammengefasst.

Der Verlauf des Klirrfaktors liefert einen ersten Anhaltspunkt uber den Anteil derNichtlinearitaten, die bei der lokalen Anregung auftreten und im Ausgang messbar sind.In dem Bereich von uveff

= 2.36 V bis 3.48 V mit Werten unterhalb von 0.061 (diesentspricht einem Anteil der nichtlinearen Verzerrungen von 6.1% gegenuber dem Ge-samtausgangssignal) ist zu erwarten, dass lineare Modelle die Dynamik innerhalb diesesBereichs ausreichend beschreiben konnen. Der hohe Wert des Klirrfaktors KM∫

F = 0.166bei einem Eingangssignal von uveff

= 0.63 V ist auf den verhaltnismaßig hohen nichtli-nearen Reibanteil in der Streckendynamik bei kleinen Steuersignalen und somit kleinenPositionsanderungen zuruckzufuhren. Der kleinste Wert von KM∫

F ist in Bild 6.3 beiuveff

= 2.36 V ablesbar und ergibt sich aus einem Sollsignal von r0k= 0.04 m. Somit

wird dieser Amplitudenwert fur die lokale Systemidentifikation gewahlt.

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6.3. EXPERIMENTELLE SENSITIVITATSANALYSE 133

0.5 1 1.5 2 2.5 3 3.5 40.04

0.06

0.08

0.1

0.12

0.14

0.16

0.18KFMf

effu

v

/[V]

Bild 6.3: Klirrfaktor KM∫F (5.46) in Abhangigkeit vom Effektivwert der Steuerspannung

des Servoventils uveff

Das heißt zusammengefasst, in den folgenden Experimenten wird nun mittels des Soll-signals

r(t) = rm +

50∑k=1

r0kcos(2πfkt+ φk) , r0k

= 0.04 m (6.7)

mit den Harmonischen

fk = fug + (k − 1) ∆f fur k = 1, . . . , 50 mit ∆f = 0.5 Hz, fug = 0.5 Hz (6.8)

die Sensitivitat des Ein-/Ausgangsubertragungsverhaltens gegenuber der Variation vonrm untersucht.

6.3.2 Einfluss der Kolbenposition auf die Systemdynamik

Um den Einfluss der Kolbenposition auf die Systemdynamik zu untersuchen, werdenfunf verschiedene Positionen, bezogen auf die Mittelstellung des Kolbens im Antriebs-zylinder, vgl. Bild 6.1, festgelegt:

rm = −0.08 m ,−0.05 m , 0.0 m , 0.05 m , 0.08 m . (6.9)

Anschließend wird der Antrieb im Regelkreis um diese Positionen mit Hilfe der Vorgabeder Sollpositionen (6.7) mit (6.8) durch uv angeregt. Die gemessenen Signalverlaufe sindexemplarisch fur rm = −0.05 m in Bild 6.4 wiedergegeben. Die Abtastrate betragt

Ts =T

NT=

2 s

NT(6.10)

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134 KAPITEL 6. SYSTEMIDENTIFIKATION

0 0.2 0.4 0.6 0.8 1 1.2 1.4 1.6 1.8 2−10

−5

0

5

10

0 0.2 0.4 0.6 0.8 1 1.2 1.4 1.6 1.8 2−0.08

−0.07

−0.06

−0.05

−0.04

−0.03

−0.02xK

/[m]

Steuerspannung des Servoventils

Kolbenposition

1. Periode

2. −10. Periode

1. Periode

2. −10. Periode

uv/[V]

t/[s]

t/[s]

Bild 6.4: Ein-/Ausgangsdaten zur lokalen Systemidentifikation der Ubertragungsfunk-tion des servopneumatischen Antriebs ohne Last (mL = 0 kg) bei einer mittleren Kol-benposition von -0.05 m

mit Ni := NT = 1024 Abtastungen pro Periode. Die Dauer einer Periode von T = 2 sergibt sich aus der Wahl der unteren Grenzfrequenz im Sollsignal mit T = 1/fug. Ins-gesamt wurden zur Systemidentifikation M = 10 Perioden hintereinander durchfahrenund aufgezeichnet. Zum besseren Vergleich sind sie in Bild 6.4 ubereinander gezeichnetworden. Gut zu erkennen ist hier die Reproduzierbarkeit des Verlaufs von uv und xK

von der 2. bis zur 10. Periode. Die Abweichungen in der 1. Periode ergeben sich durchden Einschwingvorgang wahrend des Druckaufbaus in den beiden Kammern des An-triebszylinders. Vor Berechnung der Fourierkoeffizienten mit (5.11) muss der Mittelwertpro Periode von der gemessenen Kolbenposition abgezogen werden:

y(t) := xK(t)− xKm fur t = 1, . . . , Ni mit xKm =1

Ni

Ni∑t=1

xK(t) . (6.11)

Aufgrund von Nullpunktabweichungen im Servoventilverstarker und Fertigungstoleran-zen in der Schieber/Hulse-Paarung des Ventils ist der Mittelwert im Signal uv ebenfallsungleich Null. Im Experiment wurden Werte zwischen 0.026 V und 0.156 V gemessen,

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6.3. EXPERIMENTELLE SENSITIVITATSANALYSE 135

Tabelle 6.2: Variation der Modellordnung zur Modellstrukturselektion

Nr. 1 2 3 4 5 6 7

na 3 3 3 4 4 4 4

nb 0 1 2 0 1 2 3

die jedoch bei Effektivwerten von 1 bis 4 V vernachlassigbar sind. Somit ist

u(t) := uv(t) fur t = 1, . . . , Ni . (6.12)

Aus (5.11) ergeben sich dann fur jede Periode l = 1, . . . , 10 die Fourierkoeffizienten

U [l](k) , Y [l](k) , k = 1, . . . , 50

bezogen auf die Frequenzen

fk =k

Ni Ts=k

2, k = 1, . . . , 50 ,

vgl. (5.12). Die gute Reproduzierbarkeit des Ein-/Ausgangsverhaltens uber 9 Periodenkann nun ausgenutzt werden, um den Einfluss der Varianz der Storungen NU und NY

in den Fourierkoeffizienten der Kostenfunktion des Schatzers (5.15) durch Mittelwert-bildung zu reduzieren [152]. Man erhalt mit

U(k) =1

9

10∑l=2

U [l](k) , Y (k) =1

9

10∑l=2

Y [l](k) (6.13)

die Mittelwertschatzung der Fourierkoeffizienten, die fur alle k in die Kostenfunktion(5.15) eingesetzt werden.Weiterhin werden die frequenzabhangigen Varianzen der Ein- und Ausgangsstorun-gen (5.16) und die frequenzabhangige Covarianz (5.18) geschatzt. Spater sollen diesezur Parameterschatzung in die Kostenfunktion (5.15) eingesetzt werden. Hierbei wer-den die Varianzen mit (5.20) und die Covarianz wird mit (5.21) aus den 9 Periodengeschatzt. Exemplarisch ist die Schatzung der Varianz der Ausgangsstorung in Bild 6.5aufgefuhrt.Nach dieser Vorarbeit muss die Modellordnung durch das Festlegen des Zahler- nb

und Nennergrades na bestimmt werden, vgl. (5.8). Mit Hilfe einer nichtparametrischenSchatzung des Frequenzganges, siehe Bild 6.6, wurde die Menge der zu untersuchen-den na/nb-Kombinationen heuristisch festgelegt. Diese sind in Tabelle 6.2 aufgefuhrt.Die nichtparametrische Schatzung des Frequenzganges basiert hierbei auf geglattetenPeriodogrammen, die nach der Blackman-Tukey-Methode4 fur jeweils eine Periode be-rechnet und zusammen als Fehlerbalken in Bild 6.6 dargestellt werden. Die Lange eines

4Diese besteht aus geglatteten Fourier-Transformierten Kovarianzfunktionen. Weitere Informatio-nen findet der interessierte Leser u.a. in [27] und [107, S.180-181].

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136 KAPITEL 6. SYSTEMIDENTIFIKATION

100

101

10−5

10−4

10−3

10−2

σ2Y

f / [Hz]

/\

Bild 6.5: Schatzung der Varianz der Ausgangsstorung mit (5.20)

-80

-75

-70

-65

-60

-55

-50

-45

-40

-35

-30

1 10

|G| (

dB)

f / [Hz]

-280

-260

-240

-220

-200

-180

-160

-140

-120

-100

1 10

phas

e(G

)(dB

)

f / [Hz]

Bild 6.6: Frequenzgang der nichtparametrischen Schatzung (+–+) und Frequenzkenn-linie (-) der identifizierten Ubertragungsfunktion (6.14) ohne Last (mL = 0 kg) beieiner mittleren Kolbenposition von -0.05 m

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6.3. EXPERIMENTELLE SENSITIVITATSANALYSE 137

Balkens entspricht dabei dem Intervall zwischen dem minimalen und maximalen Wert.Zur parametrischen Schatzung ist das im Anhang E.1 beschriebene Matlab-Programmverwendet worden. Fur die Modellstrukturselektion wurden nacheinander die Zahler-und Nennerpolynome aus (5.8) mit den sieben verschiedenen na/nb-Kombinationen ausder Tabelle 6.2 in die Kostenfunktion (5.15) eingesetzt. Die besten Ergebnisse werdendurch den niedrigsten Wert der Kostenfunktion (der sich nach Erreichen des Mini-mums des numerischen Optimierungsalgorithmus ergibt) mit na = 4 und nb = 0 er-zielt. Dieses wird durch den Vergleich mit der nichtparametrischen Schatzung bestatigt.Man erkennt in Bild 6.6, dass im Bereich um die Eigenfrequenz bei 10 Hz eine guteUbereinstimmungen erreicht wird. Demnach lautet die Ubertragungsfunktion, die allenweiteren Schatzungen in diesem Abschnitt zugrunde liegt,

Gi(s) =XK(s)

Uv(s)=

B(θi)

A(s, θi)=

b0i

s4 + a1i s3 + a2i s2 + a3i s+ a4i. (6.14)

Basierend auf dem Vorwissen, dass in dem Ubergang von der Geschwindigkeit zurKolbenposition ein Pol im Ursprung liegt, kann die Dimension des Parametervektorsum eins reduziert werden. Denn mit der Vorgabe von a4i = 0 ist der zu schatzendeParametervektor durch

θi := [a1i a2i a3i b0i]T (6.15)

definiert. Nachdem die notwendige Planung des Identifikationsprozesses abgeschlossenist, wird im Folgenden der Einfluss der Variation der mittleren Kolbenposition auf dasEin-/Ausgangsverhalten untersucht. Durch die Vorgabe der mittleren Sollposition mit(6.9) wird nach dem Einschwingvorgang bei einem vernachlassigbaren Fehler auch dieentsprechende mittlere Istposition des Kolbens erreicht, d.h.

rm ≈ xKm =1

Ni

Ni∑t=1

xK(t) . (6.16)

Aus den gemessenen Positionen ergab sich z.B. bei rm = 0.08 m ein Wert von xKm =0.07974 m und bei rm = 0.0 m ein Wert von xKm = 1.2 · 10−5 m.Die Schatzergebnisse θi sind in Form von Betrags- und Phasenkennlinien der Ubertra-gungsfunktion (6.14) in Bild 6.7 und Bild 6.8 dokumentiert. Beiden Diagrammen istgemeinsam, dass die Verschiebung der Betrags- und Phasenkennlinien bei Zunahme dermittleren Abweichung gegenuber der Kolbenmittelstellung (xKm = 0.0 m) in Richtungsteigender Frequenz erfolgt. Dieses Verhalten entspricht qualitativ den aus der Litera-tur bekannten Ergebnissen, die in [148] in Form von analytischen Abschatzungen derAntriebseigenfrequenz vorliegen. Dies ergibt sich aus einem Vergleich der naturlichenFrequenzen

fn =1

2 π|sx1| =

1

2 π|sx2| , (6.17)

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138 KAPITEL 6. SYSTEMIDENTIFIKATION

-80

-75

-70

-65

-60

-55

-50

-45

-40

-35

10

|G|(

dB)

f / [Hz]

rm= 0.00 mrm= 0.05 mrm= 0.08 m

-300

-280

-260

-240

-220

-200

-180

-160

-140

-120

-100

10ph

ase(

G)(

dB)

f / [Hz]

rm= 0.00 mrm= 0.05 mrm= 0.08 m

Bild 6.7: Frequenzkennlinien (Betrags- und Phasenkennlinien) der identifizierten Uber-tragungsfunktion (6.14) ohne Last (mL = 0 kg) bei Variation der mittleren Kolbenpo-sition von 0.0 m bis 0.08 m

-80

-75

-70

-65

-60

-55

-50

-45

-40

-35

10

|G|(

dB)

f / [Hz]

rm= 0.00 mrm= -0.05 mrm= -0.08 m

-300

-280

-260

-240

-220

-200

-180

-160

-140

-120

-100

10

phas

e(G

)(dB

)

f / [Hz]

rm= 0.00 mrm= -0.05 mrm= -0.08 m

Bild 6.8: Frequenzkennlinien (Betrags- und Phasenkennlinien) der identifizierten Uber-tragungsfunktion (6.14) ohne Last (mL = 0 kg) bei Variation der mittleren Kolbenpo-sition von 0.0 m bis -0.08 m

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6.3. EXPERIMENTELLE SENSITIVITATSANALYSE 139

−0.1 −0.05 0 0.05 0.18

9

10

11

12

13

14

xK

m

/ [m]

fn / [Hz]

Bild 6.9: Abhangigkeit der naturlichen Antriebsfrequenz fn von der mittleren Kolben-position xKm bezogen auf die Kolbenmittelstellung

ermittelt aus den konjugiert komplexen Polpaaren sx1,2 der geschatzten Ubertragungs-funktionen mit den Abschatzungen aus der Literatur. Die aus den Messdaten geschatz-ten Antriebseigenfrequenzen sind in Bild 6.9 uber der mittleren Abweichung von derKolbenmittelstellung dargestellt. Hierbei erkennt man deutlich eine Unsymmetrie be-zogen auf die Kolbenmittelstellung. Diese wird durch die zusatzliche Gewichtskraftder Lastmasse, die eine Unsymmetrie des Druckaufbaus bewirkt, verursacht, wobei dermittlere Kammerdruck am unteren gegenuber dem oberen Endanschlag erhoht wird.Dieser Sachverhalt wird in [148] nicht berucksichtigt.

6.3.3 Einfluss der Lastmasse auf die Systemdynamik

Basierend auf dem Modellstrukturansatz (6.14) wird nun ebenfalls der Einfluss derVariation der Lastmasse auf das Ubertragungsverhalten identifiziert. Die beweglicheMasse des Antriebs besteht dabei aus dem Antriebskolben und der Kolbenstange zu-sammengefasst in mK und einer zusatzlichen Lastmasse mL, die starr mit der Kol-benstange verbunden ist, siehe die Bilder im Anhang F.1. Im Experiment wird dieLastmasse mit Hilfe von drei zylinderformigen Gewichten, die durch eine Schrauben-verbindung am oberen Ende der Kolbenstange befestigt werden, variiert. Es werdenLastmassen von

mL = 0 kg , 3 kg , 6 kg , 9 kg (6.18)

untersucht. Nacheinander werden fur die verschiedenen Lastmassen die Ubertragungs-funktionen nach der gleichen Prozedur wie im vorhergehenden Abschnitt jedoch ohneVariation der Positionen identifiziert. Das heißt, 10 Perioden der Ein-/Ausgangsdaten

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140 KAPITEL 6. SYSTEMIDENTIFIKATION

-90

-85

-80

-75

-70

-65

-60

-55

-50

-45

-40

-35

10

|G|(

dB)

f / [Hz]

mL= 0 kgmL= 3 kgmL= 6 kgmL= 9 kg

-350

-300

-250

-200

-150

-100

10

phas

e(G

)(dB

)

f / [Hz]

mL= 0 kgmL= 3 kgmL= 6 kgmL= 9 kg

Bild 6.10: Frequenzkennlinien (Betrags- und Phasenkennlinien) der identifiziertenUbertragungsfunktion (6.14) bei Variation der Lastmasse von mL = 0 kg bis mL = 9 kgund einer mittleren Kolbenposition von 0.0 m (Kolbenmittelstellung)

uv(t) , xK(t) werden im geregelten Betrieb um die Kolbenmittelstellung aufgezeich-net und mit (6.11), (5.11) und (6.13) nachbearbeitet. Die Ergebnisse der Schatzungenbasierend auf der Modellstruktur (6.14) sind in Bild 6.10 dokumentiert. Man erkennteine deutliche Verschiebung der Betrags- und Phasenkennlinien in Richtung abfallen-der Frequenz beim Anstieg der Lastmasse von mL = 0 kg bis mL = 9 kg. Aus derBerechnung der naturlichen Frequenzen mit (6.17), ermittelt aus den konjugiert kom-plexen Polpaaren sx1,2 der geschatzten Ubertragungsfunktionen, ergibt sich in ersterNaherung eine Relation zwischen der bewegten Masse und fn mit

fn ∼ 1√mL +mK

,

die der eines mechanischen Oszillators mit konstanter Federkonstante und variablerMasse entspricht. Die berechneten Ergebnisse sind in Bild 6.11 zusammengefasst.

6.3.4 Zusammenfassung

Ziel dieses Abschnitts ist die Untersuchung der positions- und lastabhangigen An-triebsdynamik, um die lokale Modellanzahl abschatzen zu konnen. Basierend auf Ein-/Ausgangsdaten, die im geschlossenen Kreis erfasst wurden, wurden Ubertragungs-funktionen um funf verschiedene Kolbenpostionen bei konstanter Last und Ubertra-gungsfunktionen fur vier verschiedene Lastfalle bei konstanter mittlerer Kolbenpostionidentifiziert. Vergleicht man beide Variationen, ist bei dem untersuchten Antrieb einehohere Sensitivitat gegenuber der Lastmassen-Variation als gegenuber der Varition dermittleren Kolbenposition zu verzeichnen. Dies ist ein Indiz dafur, dass die Anzahl derlokalen Modelle in Richtung der Positionsanderung reduziert werden kann. Aufgrunddes asymmetrischen Verhaltens sind jedoch mindestens drei verschiedene Modelle beikonstanter Last erforderlich. Damit ergibt sich eine lokale Modellanzahl von 12.

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6.4. LOKALE SYSTEMIDENTIFIKATION 141

0 1 2 3 4 5 6 7 8 94

5

6

7

8

9

10

11

12

13

14

mL / [kg]

fn / [Hz]

Bild 6.11: Abhangigkeit der naturlichen Antriebsfrequenz fn von der Lastmasse beieiner mittleren Kolbenposition von 0.0 m

Weiterhin ist durch das Bestimmen des Klirrfaktors in Abhangigkeit von der Anre-gungsamplitude deutlich geworden, dass zur Modellierung der Feinpositionierung desAntriebs die Reibung berucksichtigt werden muss, wodurch sich jedoch die Anzahl derlokalen Modelle erhoht.

6.4 Lokale Systemidentifikation

Die im vorhergehenden Abschnitt identifizierten Ubertragungsfunktionen konnen prin-zipiell als Modellbasis fur einen einschleifigen Gain-Scheduling Reglerentwurf dienen.Das Entwurfsverfahren wird in [155] beschrieben. Dort sind Untersuchungen zur Dy-namik des Regelkreises mit Hilfe eines detaillierten physikalischen Streckenmodells inder Rechnersimulation durchgefuhrt worden. Es hat sich jedoch gezeigt, dass aufgrundder einschleifigen Regelkreisstruktur die Dynamik einer Positionsregelung um die Kol-benmittelstellung bei konstanter Lastmasse gegenuber geregelten Systemen mit linea-rem Zustandsregler geringer ist. Zum Beispiel liegen die Einschwingzeiten bei einemSollsprung von 0.03 m um 30% uber der von servopneumatischen Antrieben mit linea-rer Zustandsregelung.Aus diesem Grund wird das Konzept der linearen Zustandsregelung zur Positionsrege-lung von servopneumatischen Antrieben (vgl. die Literaturubersicht in Abschnitt 1.3.3)um einen Gain-Scheduling Entwurf mit Zustandsreglern erweitert. Hierzu werden imFolgenden zwei verschiedene Zustandsmodelle zur Streckenbeschreibung vorgestellt undanschließend die lokalen Modellparameter durch Variation der mittleren Kolbenstellungund der Lastmasse jeweils geschatzt. Weiterhin wird ein allgemeingultiges Reibmodellmit dem Ziel der Reibkraftkompensation vorgestellt und in den Rahmen lokal linearer

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142 KAPITEL 6. SYSTEMIDENTIFIKATION

Zustandsmodelle integriert.

6.4.1 Lokale Zustandsmodelle dritter Ordnung

Modellansatz

Zur Vorbereitung der lokalen Systemidentifikation wird nun ein Zustandsmodell drit-ter Ordnung vorgestellt. Die Ordnung ergibt sich im Gegensatz zum vorhergehendenBlack-Box Modell aus physikalischen Voruberlegungen, und nicht aus der Modellstruk-turselektion mittels der datenbasierten Kostenfunktion nach (5.15).Das Zustandsmodell besteht aus zwei Teilmodellen: einer Relation zur Beschreibungdes Druckaufbaus in den Zylinderkammern und einer Relation zur Beschreibung derBewegung des Kolbens und der Lastmasse, die durch die Kolbenstange starr mit demKolben verbunden ist. Zur arbeitspunktabhangigen Beschreibung des Druckaufbauswird eine vereinfachte linearisierte Beziehung aus [135] angesetzt. Diese basiert aufder Annahme, dass der Antrieb symmetrisch aufgebaut ist. Das heißt, aufgrund derdurchgehenden Kolbenstange sind die Kolbenflachen und die Volumina der beidenKammern bei Kolbenmittelstellung aufgrund der symmetrischen Konstruktion des Zy-linderinnenraums gleich, vgl. Bild 6.1. Mit dieser Vereinfachung kann die im Antriebwirksame Druckdifferenz

pL = pI − pII (6.19)

durch

pL = QLipL +Qdxi

xK +Qxvixv mit xv = kv uv (6.20a)

und der Anfangsbedingung bei senkrecht stehendem Zylinder

pL(t = 0) = pL0 =mi g

AKmit mi = mK +mLi

(6.20b)

beschrieben werden. Die Beziehung (6.20a) enthalt dabei die physikalischen Großen

pI , pII als Druck in den Zylinderkammern I, II in [N/m2],

pL als Druckdifferenz zwischen den Kammern in [N/m2],

xK als Kolbenposition bezogen auf die Mittelstellung in [m],

xK als Kolbengeschwindigkeit in [m/s],

xv als Lage des Langsschiebers im Servoventil in [m],

uv als Steuerspannung des Servoventils in [V]

und die Parameter

QLials Druckdifferenzkoeffizient von (6.20a),

Qdxials Geschwindigkeitskoeffizient von (6.20a),

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6.4. LOKALE SYSTEMIDENTIFIKATION 143

Qxvials Ventilkoeffizient von (6.20a),

AK als Flache des Kolbens in [m2],

mi als gemeinsame Masse des Kolbens sowie der Kolbenstange zusammengefasstin mK und der Lastmasse mLi

des i’ten lokalen Modells in [kg].

Die Anfangsbedingung entspricht der statischen Druckdifferenz, die aufgebracht wer-den muss, um den Kolben und die Last mit der Masse mi in der Anfangsposition zuhalten. Die Q-Koeffizienten in (6.20a) sind als die Werte der partiellen Ableitungen dernichtlinearen Druckaufbaugleichung interpretierbar, siehe den folgenden Abschnitt 6.6.Aufgrund der physikalischen Kopplung zwischen dem Druckaufbau in den Zylinder-kammern und der mechanischen Last, sowie der Abhangigkeit des Druckaufbaus vonden Kammervolumina ist eine last- und positionsabhangige Dynamik der Parameterzu erwarten.Rechnersimulationen und experimentelle Untersuchungen [162] haben gezeigt, dass dieDynamik des Servoventils gegenuber der Antriebsdynamik bezogen auf die Aufgaben-stellung in dieser Arbeit vernachlassigbar ist. Denn bei handelsublichen Servoventilen[1] liegt die Eigenfrequenz5 mit 100 Hz bis 250 Hz deutlich uber der Eigenfrequenzgebrauchlicher pneumatischer Antriebe. Somit kann der Zusammenhang zwischen derSteuerspannung uv und der Lage des Langsschiebers im Servoventil xv in (6.20a) inerster Naherung durch den konstanten Verstarkungsfaktor von kv = 1.0 · 10−4 m/Vbeschrieben werden, vgl. Anhang F.Das zweite Teilmodell beschreibt die lineare Bewegung des Antriebs, die durch dieDruckdifferenz am Kolben im Zylinder verursacht wird. Hierbei wird die Reibungzwischen Kolben und Zylinderwand mittels der geschwindigkeitsabhangigen FunktionFf (xK) im Modell berucksichtigt. Aus dem Kraftegleichgewicht am Kolben folgt

mi xK +mi g + dFfxK + Fc sgn(xK)︸ ︷︷ ︸

Ff (xK)

= AK pL (6.21)

mit mi = mK +mLiund den Parametern des Reibmodells

dFfals Koeffizient der viskosen Dampfung der Reibkraft in [N/m/s],

Fc als Koeffizient der Coulomb’schen Reibung in [N].

Zerlegt man die Druckdifferenz in einen statischen und einen dynamischen Anteil mitpL = pL0 + pL so ergibt sich unter Ausnutzung der Beziehung des statischen Falls(6.20b) die Bewegungsgleichung

mi xK + dFfxK + Fc sgn(xK) = AK pL . (6.22)

Der Coulomb’sche Anteil der Reibung soll nun mit Hilfe der Zugehorigkeitsfunktion inForm der logistischen Sigmoid-Funktion (2.27a)

Mi(z) =1

1 + e−γi z, γi ∈ −γ, γ , γ ∈ R

+ (6.23)

5bezogen auf eine mittlere Signalamplitude von bis zu 50 % der Maximalamplitude, vgl. [1]

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144 KAPITEL 6. SYSTEMIDENTIFIKATION

durch

Fc sgn(z) ≈ Fc

1 + e−γ z+

(−Fc)

1 + e γ z(6.24)

approximiert werden. Abschließend kann nun aus dem Teilmodell (6.20a) unter Beruck-sichtigung von pL = ˙pL und der Bewegungsgleichung (6.22) unter Ausnutzung derZerlegung des Coulomb’schen Reibanteils (6.24) ein lokales Zustandsmodell (2.21) mitaffinem Anteil erstellt werden: x1

x2

x3

=

QLi0 Qdxi

0 0 1AK

mi0 −dFf

mi

︸ ︷︷ ︸

Ai

x1

x2

x3

+

Qxvikv

00

︸ ︷︷ ︸

Bi

uv +

00

−Fci

mi

︸ ︷︷ ︸

ai

y = [0 1 0]︸ ︷︷ ︸Ci=C

x1

x2

x3

(6.25)

mit den Zustandsvariablen x1 := pL, x2 := xK , x3 := xK .

Parameterschatzung

Wie bei der experimentellen Sensitivitatsanalyse werden die Daten zur Parameter-schatzung im Regelkreis mit einem einfachen P-Regler (dessen Faktor experimentellohne Streckenmodell bestimmt wird) und dem Sollsignal nach (6.6) in lokalen Ar-beitsbereichen erfasst. Neben den Ein-/Ausgangsgroßen der Strecke, uv(t) und xK(t)werden zusatzlich noch die Großen pI(t), pII(t), xK(t) und die Beschleunigung xK(t)des Antriebs aufgezeichnet. Die Anzahl der Abtastungen nach (6.10) betragt pro Ar-beitsbereich Ni. Die lokalen Arbeitsbereiche ergeben sich aus der Kombination allerKolbenpositionen (6.9) und Lastfalle (6.18). Fur eine eindeutige Zuordnung der lo-kalen Modelle mit den Arbeitsbereichen wird ein Nummerierungsschemata festgelegt,dass in Tabelle 6.3 aufgefuhrt ist. Der experimentelle Aufbau sowie Lage und techni-

Tabelle 6.3: Nummerierung der Arbeitspunkte zur lokalen Systemidentifikation

xKm/[m] mLi= 0 kg mLi

= 3 kg mLi= 6 kg mLi

= 9 kg0.08 i = 13 i = 14 i = 15 i = 160.05 i = 5 i = 6 i = 7 i = 80.00 i = 1 i = 2 i = 3 i = 4-0.05 i = 9 i = 10 i = 11 i = 12-0.08 i = 17 i = 18 i = 19 i = 20

sche Daten der Sensoren sind im Anhang F.1 beschrieben.

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6.4. LOKALE SYSTEMIDENTIFIKATION 145

Die Parameter dFfund Fc des Reibmodells Ff(xK) in (6.21) werden mit der Schatz-

funktion

θNi=

[Ni∑t=1

ϕ(t)ϕT (t)

]−1 Ni∑t=1

ϕ(t) y(t) , (6.26a)

die aus der Bewegungsgleichung (6.22) abgeleitet wird, bestimmt. Aus der Modellhy-pothese (5.23) basierend auf (6.22) ergeben sich der Regressionsvektor

ϕT (t) = [ xK(t) sgn(xK(t)) ] , (6.26b)

der Parametervektor

θNi=

[dFf

Fc

](6.26c)

und der formale Ausgang

y(t) = AK pL(t)−mi xK(t) mit pL(t) = pI(t)− pII(t)− pL0 (6.26d)

fur t = 1, . . . , Ni. Die geschatzten Parameter der Arbeitsbereiche nach Tabelle 6.3liegen in den Intervallen

dFf= [ 152.0 , 160.5 ] Ns/m , Fc = [ 41.2 , 43.8 ] N . (6.27)

Hierbei wurden keine signifikanten Abhangigkeiten zwischen den geschatzten Parame-terwerten und den i = 1, . . . , Ni Arbeitsbereichen erkannt. Das experimentelle Ergeb-nis deckt sich mit der Annahme, dass die Reibung zwischen dem Kolben und Zylinderuber den gesamten Kolbenhub konstant ist und auch nicht von der aktuellen Lastmi abhangt. Die Parameterunsicherheiten sind auf eine nicht modellierte komplexeAbhangigkeit zwischen dem Dichtring, der metallischen Zylinderinnenwand und demSchmierfilm zwischen den Kontaktflachen [123], sowie der indirekten Messung der An-triebskraft uber die Druckdifferenz zuruckzufuhren.Die restlichen unbekannten Parameter QLi

, Qdxiund Qxvi

werden ebenfalls mit einemLeast-Squares Schatzer aus den Ni Datensatzen der i = 1, . . . , 20 lokalen Arbeitsberei-che ermittelt. Hierzu mussen die gemessenen Kammerdrucke vorverarbeitet werden. Imersten Schritt wird der statische Anteil pL0 , vgl. (6.20b), von der Differenz der gemes-senen Kammerdrucke abgezogen und der Einfluss der Ruckwirkung der Coulomb’schenReibkraft mit Hilfe der zuvor geschatzten Fc-Werte kompensiert:

˜pL(t) = pI(t)− pII(t)− mi g

AK− Fc sgn(xK(t))

AK. (6.28)

Im zweiten Schritt wird, um aus der Druckaufbaugleichung (6.20a) eine Schatzfunktionbilden zu konnen, die Ableitung der Druckdifferenz durch den zentralen Differenzen-quotienten

∆f˜pL(t) :=

˜pL(t+ 1)− ˜pL(t− 1)

2 Ts≈ ˙pL(t) (6.29)

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146 KAPITEL 6. SYSTEMIDENTIFIKATION

approximiert. Die vorverarbeiteten Datensatze, die zur Schatzung benotigt werden,werden wie bei (5.4) in

ZNi =

˜pL(t), xK(t), xv(t), ∆f˜pL(t)

, t = 1, . . . , Ni (6.30)

zusammengefasst. Die Schatzfunktion

θNi=

[Ni∑t=1

ϕ(t)ϕT (t)

]−1 Ni∑t=1

ϕ(t) y(t) (6.31a)

setzt sich aus dem Parametervektor

θNi= [ θ1i θ2i θ3i ]T (6.31b)

mit θ1i := QLi, θ2i := Qdxi

, θ3i := Qxvi, dem Regressionsvektor

ϕT (t) =[

˜pL(t) xK(t) xv(t)], (6.31c)

und

y(t) = ∆f˜pL(t) (6.31d)

zusammen. Das Ergebnis der Schatzung ist fur einen Teil der lokalen Modelle in derTabelle 6.4 aufgefuhrt. Die geschatzten Parameter aller lokalen Modelle sind im AnhangG.1 aufgefuhrt. Man sieht in Tabelle 6.4, dass die Vorzeichen der Parameter bei allen

Tabelle 6.4: Geschatzte Parameterwerte der lokalen Druckaufbaugleichung (6.20a)

Modellnr. QLiQdxi

Qxvi

i = 1 −5.28 −1.38× 107 1.15× 1010

i = 2 −3.43 −1.23× 107 1.16× 1010

i = 3 −2.55 −1.23× 107 1.16× 1010

i = 4 −1.99 −1.21× 107 1.16× 1010

i = 5 −5.92 −1.46× 107 1.22× 1010

i = 9 −5.39 −1.44× 107 1.23× 1010

i = 13 −7.75 −1.78× 107 1.51× 1010

i = 17 −7.05 −1.78× 107 1.47× 1010

Schatzungen einheitlich sind. Der Verstarkungsfaktor Qxviist bei allen lokalen Model-

len positiv und spiegelt den Einfluss der gesteuerten Massenflusse auf den Druckaufbauwieder. Die restlichen Parameterwerte QLi

und Qdxisind negativ, denn sie bestimmen

die abschwachende Wirkung auf die Druckanderung. Eine Erhohung der dekompres-siven Wirkung ergibt sich durch eine Erhohung der Geschwindigkeit des Kolbens im

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6.4. LOKALE SYSTEMIDENTIFIKATION 147

Zylinder reprasentiert durch Qdximultipliziert mit der Kolbengeschwindigkeit.

Zur weiteren Diskussion der Schatzergebnisse betrachten wir den Einfluss der Last-und Positionsanderung getrennt. Da experimentell zum Schatzen der Parameter in denModellnummern 1 bis 4 nur die Lastmasse bei konstanter Kolbenmittelposition schritt-weise um 3 kg erhoht wurde, ist hier der Einfluss der Lastmasse direkt ablesbar. Diegroßte Parameteranderung ergibt sich hierbei fur QLi

, welche den Einfluss der aktuellenDruckdifferenz auf die Anderung desselben berucksichtigt. Mit steigender Lastmasse(von i = 1 bis i = 4) wird die negative Ruckwirkung geringer, was zur Folge hat,dass die naturliche Antriebsfrequenz ebenfalls verringert wird. Dies stimmt mit dengeschatzten Frequenzgangen aus Abschnitt 6.3.3 uberein, vgl. Bild 6.10. Ebenso wirdder geschatzte Betrag von Qdxi

kleiner, was eine Verringerung der Wirkung der Kol-benbewegung auf den Druckaufbau wiederspiegelt. Weitestgehend konstant bleibt derVerstarkungsfaktor Qxvi

jedoch bei Lastanderung.Zur Diskussion des Einflusses der Positionsanderung auf die geschatzten Parameter be-trachten wir nun die Modelle i = 1, 5, 9, 13, 17, siehe das Nummerierungsschemata ausTabelle 6.3. Im Vergleich zur Lastanderung sind die Parameteranderungen von QLi

geringer, jedoch von Qdxiund Qxvi

großer. Mit steigender Entfernung der mittlerenKolbenposition von der Mittelstellung wird die Ruckwirkung der aktuellen Druckdif-ferenz auf die Anderung großer. Dies ist an der Anderung des Wertes QL1 = −5.28auf QL13 = −7.75 erkennbar. Ebenso steigt der Einfluss der Dekompression, ersichtlicham Anstieg des Betrags der geschatzten Werte Qdxi

fur i = 1, 5, 9, 13. Wie bei derFrequenzgangschatzung aus Abschnitt 6.3.2 tritt eine leichte Unsymmetrie zwischenden Kolbenmittelstellungen bei ±0.05 m und ±0.08 m auf.

Bemerkung 6.1. Zur Verbesserung der Konditionierung der Schatzung von (6.31b)mit (6.31a) wurden jeweils die Elemente des Regressionsvektors (6.31c) auf den zu-gehorigen maximalen Wert normiert, d.h. ϕj/maxt[ϕj] fur j = 1, 2, 3 und danach dieberechneten Parameterwerte entnormiert. Mit dieser Maßnahme konnte die Konditi-onszahl κ(·) der Matrix

RN =1

Ni

Ni∑t=1

ϕ(t)ϕT (t) (6.32)

erheblich reduziert werden (z.B. bei einer Schatzung von κ(RN ) = 2.54 · 1017 aufκ(RN ) = 15).

6.4.2 Lokale Zustandsmodelle vierter Ordnung

Modellansatz

Ein alternativer Modellansatz soll nun im Folgenden vorgestellt werden. Mit Hilfe einerformalen Entkopplung des Druckaufbaus und der Kolbenmechanik sind die last- undpositionsabhangigen Modellparameter nur noch in der Zustandsmatrix Ai enthalten.Durch eine gemeinsame Eingangsmatrix B = Bi wird damit der Reglerentwurf im

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148 KAPITEL 6. SYSTEMIDENTIFIKATION

Hinblick auf den Stabilitatsnachweis vereinfacht, was spater im Kapitel 7 noch gezeigtwird. Der Vorteil wird allerdings durch die Erhohung der Modellordnung und den Sach-verhalt, dass zwei von vier Zustanden nicht mehr direkt messbar sind, erkauft.Die lokalen Zustandsmodelle setzten sich aus einer Ubertragungsfunktion mit der Steu-erspannung des Servoventils als Eingang und der Druckdifferenz ohne statischen Anteilmit pL = pL − pL0 als Ausgang

GpLi(s) =

PL(s)

Uv(s)=

b1is+ b2i

s2 + a1is+ a2i(6.33)

und der schon behandelten Differentialgleichung der Kolbenmechanik (6.21) zusammen.Die Modellordnung von (6.33) entspricht hierbei der Ordnung der Ubertragungsfunkti-on, die aus dem Einsetzen von (6.21) in (6.20a) bei Vernachlassigung des Reibkraftan-teils Fc und der statischen Druckdifferenz berechnet wird.Aus der Ubertragungsfunktion (6.33) und der Bewegungsgleichung (6.22) lasst sich,unter Ausnutzung der Zerlegung des Coulomb’schen Reibanteils nach (6.24), ein lo-kales Zustandsmodell (2.21) mit affinem Anteil erstellen. Zunachst wird (6.33) in eineRegelungsnormalform mit der Realisierung[

x1

x2

]=

[ −a1i −a2i

1 0

] [x1

x2

]+

[10

]uv

pL =[ b1i b2i ]

[x1

x2

] (6.34)

uberfuhrt. Mit der Definition von zwei weiteren Zustanden x3 := xK und x4 := xK

ergibt sich die Bewegungsgleichung (6.22) des Kolbens zu

mi x3 + dFfx3 + Fci

= AK pL (6.35)

unter Ausnutzung der Zerlegung des Coulomb’schen Reibanteils nach (6.24). Die i linea-ren Zustandsmodelle vierter Ordnung werden gebildet, indem die Ausgangsgleichungvon (6.34)

pL = b1i x1 + b2i x2

in (6.35) eingesetzt wird und die Zustande in x = [ x1 x2 x3 x4 ]T zusammengefasstwerden:

x1

x2

x3

x4

=

−a1i −a2i 0 0

1 0 0 0b1i

miAK

b2i

miAK −dFf

mi0

0 0 1 0

︸ ︷︷ ︸

Ai

x1

x2

x3

x4

+

1000

︸ ︷︷ ︸B=Bi ∀i

uv +

00

−Fci

mi

0

︸ ︷︷ ︸

ai

y = [0 0 0 1]︸ ︷︷ ︸C=Ci ∀i

x1

x2

x3

x4

.

(6.36)

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6.4. LOKALE SYSTEMIDENTIFIKATION 149

74

76

78

80

82

84

86

88

90

92

94

1 10

|GpL

|(dB

)

f / [Hz]

GpL1GpL2GpL3GpL4

Bild 6.12: Betragskennlinien der identifizierten Ubertragungsfunktion (6.33) bei Varia-tion der Lastmasse von mL = 0 kg bis 9 kg und einer mittleren Kolbenposition von 0.0m

Parameterschatzung

Die Schatzung der unbekannten Parameter a1i, a2i, b1i und b2i erfolgt im Frequenzbe-reich. Wie im Abschnitt 6.3 werden aus experimentell gewonnenen Ein-/Ausgangsdatendie Ubertragungsfunktionen um die verschiedenen Kolbenpositionen bei Variation derLastmassen identifiziert. In diesem Fall ist uv der Eingang und pL der Ausgang. Die Er-gebnisse der Schatzungen sind am Beispiel der Modellnummern i = 1, 2, 3, 4 in Bild 6.12und i = 1, 5, 9, 13, 17 in Bild 6.13 dokumentiert.Mit Hilfe der Tabelle 6.3 ist der Einfluss der Lastvariation in Bild 6.12 und der Ein-fluss der mittleren Kolbenposition in Bild 6.13 ablesbar. Man erkennt eine deut-liche Verschiebung der naturlichen Eigenfrequenzen und der Dampfung des Druck-aufbaus im Antrieb. Rein qualitativ werden die Ergebnisse der vorhergehenden Ein-/Ausgangsschatzung mit uv und xK bestatigt, vgl. Bild 6.7, 6.8 und 6.10. Das heißt, dasbei Erhohung der Lastmasse die Eigenfrequenz abnimmt. Im Wesentlichen ist zu erken-nen, dass im Vergleich zur Betragskennlinie in Bild 6.10, die Dampfung bei Erhohungder Lastmasse abnimmt. Ebenfalls ablesbar ist der Einfluss der Anderung der mittlerenKolbenposition. Die Verschiebung der mittleren Kolbenposition gegenuber der Kolben-mittelstellung bewirkt eine leichte Erhohung der Eigenfrequenz und Verringerung derDampfung, vgl. Bild 6.13. Auch hierbei ist, wie schon in Bild 6.7 und Bild 6.8, eineleichte Asymmetrie zwischen der Schatzung um die mittlere Sollposition rm = −0.05m (GpL9

(s)) und rm = 0.05 m (GpL5(s)), sowie zwischen der Schatzung um rm = −0.08

m (GpL17(s)) und rm = 0.08 m (GpL13

(s)) zu verzeichnen.Die restlichen unbekannten Parameter des Reibmodells werden wie im vorhergehen-den Abschnitt 6.4.1 mit der Schatzfunktion (6.26a) aus den Messungen der Kolbenge-schwindigkeit, Kolbenbeschleunigung und den Kammerdrucken geschatzt.

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150 KAPITEL 6. SYSTEMIDENTIFIKATION

74

76

78

80

82

84

86

88

90

92

94

1 10

|GpL

|(dB

)

f / [Hz]

GpL1GpL5GpL13

74

76

78

80

82

84

86

88

90

92

94

1 10

|GpL

|(dB

)

f / [Hz]

GpL1GpL9GpL17

Bild 6.13: Betragskennlinien der identifizierten Ubertragungsfunktion (6.33) ohne Last(mL = 0 kg) bei Variation der mittleren Kolbenposition von 0.0 m bis 0.08 m (linkesBild) und von 0.0 m bis -0.08 m (rechtes Bild)

6.4.3 Modell zur Reibkraftkompensation

Experimentelle Untersuchungen haben gezeigt, dass die Kolbenbewegung bei servo-pneumatischen Antrieben unterhalb einer Geschwindigkeiten von ca. |xK | < 0.05 m/smit der bisher angesetzten Gleichung (6.21) nicht ausreichend modellierbar ist, vgl. [123,159]. Denn die Kolbenbewegung wird bei kleinen Verfahrgeschwindigkeiten erheblichdurch den Stribeck-Effekt der Reibung zwischen Kolben und Zylinderwand beeinflusst,wodurch sogenannte Stick-Slip Schwingungen angeregt werden. Dieser Effekt wird in(6.21) bisher nicht berucksichtigt. Anhand der Messungen der Kolbenposition und -geschwindigkeit, aufgezeichnet am Versuchsstand B (siehe Anhang F.2), dargestelltin Bild 6.14, wird dies deutlich. Zum Beispiel sind die gut sichtbaren periodisch wie-derkehrenden Geschwindigkeitsimpulse in Bild 6.14 auf diesen Effekt zuruckzufuhren,vgl. [15]. Die dargestellten Messverlaufe konnen wie folgt beschrieben werden: Die be-weglichen Massen des Antriebs werden bei t = 1.2 s aus dem Stillstand beschleunigt,da die Haftkraft Fs aufgrund einer ansteigenden Antriebskraft, verursacht durch dieDruckdifferenz am Kolben, uberwunden wird. Aufgrund des Stribeck-Effekts verringertsich die Reibkraft zunachst bei kleinen Geschwindigkeiten, die nach dem Erreichen desMinimums wieder solange ansteigt, bis die Summe aus Antriebskraft und Reibkraft zuNull wird und die beweglichen Massen bei t ≈ 1.25 s zur Ruhe kommen. Aufgrundder kontinuierlichen Anderung der Antriebskraft wiederholt sich der Vorgang wahrendder Messung, sichtbar an den sinusformigen positiven und negativen Halbwellen derKolbengeschwindigkeit, vgl. Bild 6.14.Die Stick-Slip Schwingung kann durch den Stribeck-Anteil in der Reibkennlinie model-liert werden. Die Reibkennlinie ist bereits im Kapitel 4 am Fallbeispiel Mechanischer

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6.4. LOKALE SYSTEMIDENTIFIKATION 151

0.5 1 1.5 2 2.5 3 3.5 4 4.5 5−0.015

−0.01

−0.005

0

0.005

0.01

0.015

0.5 1 1.5 2 2.5 3 3.5 4 4.5 5−0.2

−0.1

0

0.1

0.2

t/[s]

xK/[m]

xK

r

Kolbenposition mit Sollposition

Kolbengeschwindigkeit

xK/[m/s]

.

Bild 6.14: Gemessene Kolbenposition xK und -geschwindigkeit xK bei geringer Sollge-schwindigkeit

Oszillator mit Reibkontakt vorgestellt und der Ansatz (4.46)

FfTS(xK) =

r∑i=1

αi(xK) fi(xK) , fi(xK) = afixK + bfi

, z = z1 := xK (6.37)

mit

αi(xK) =Mi(xK)

r∑i=1

Mi(xK)(6.38)

zur approximativen Reibkraftmodellierung untersucht worden. In dieser Anwendung istx := xK . Jetzt soll aus Messdaten mit Hilfe des gewichteten Least-Squares Schatzers(5.28) ein statisches Reibmodell identifiziert werden. Ziel ist die Bereitstellung einesModells fur eine modellbasierte Reibkraftkompensation, die noch in Kapitel 8 behandeltwird.Zur Festlegung der Modellanzahl r und anschließenden Schatzung der lokalen Modell-parameter mussen die Messdaten vorverarbeitet werden. Das heißt, um mit dem Ansatz(6.37) ein statisches Reibmodell identifizieren zu konnen, mussen zunachst Datensatzeder Form

ZN = xK(t), Ff (t) , t = 1, . . . , N (6.39)

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152 KAPITEL 6. SYSTEMIDENTIFIKATION

−0.15 −0.1 −0.05 0 0.05 0.1 0.15−40

−30

−20

−10

0

10

20

30

40

dxK/dt / [m/s]

Ff / [N]

Bild 6.15: Schatzdaten ZN = xK(t), Ff (t) , t = 1, . . . , 500 ermittelt mit (6.40)

ermittelt werden. Aus dem Kraftegleichgewicht am Kolben folgt analog zu (4.39) dieBeziehung

Ff (xK(t)) = AK ( pI(t)− pII(t) )−mi xK(t)−mi g . (6.40)

Die Reibkraft Ff kann somit aus den Messdaten xK(t), pI(t), pII(t) berechnet und dersimultan gemessenen Kolbengeschwindigkeit xK(t) zugeordnet werden. Zu beachten isthier, dass nach der Fallunterscheidung (4.40) nur der erste Fall xK 6= 0, d.h. Ff = Ff ,mit dem Ansatz (6.37) modelliert wird. Der statische Fall ist nicht eingeschlossen. InBild 6.15 wird zur Veranschaulichung Ff aus N = 500 Messdaten mit (6.40) bestimmtund uber xK aufgetragen. Erfasst wurden die Daten bei einer langsamen Kolbenbe-wegung beim Auftreten von Stick-Slip Schwingungen, wie sie in Bild 6.14 dargestelltsind.Basierend auf der nichtparametrischen Darstellung des geschwindigkeitsabhangigenReibkraftverlaufs in Bild 6.15 mussen nun die Zugehorigkeitsfunktionen Mi aus (6.38)vor der eigentlichen Schatzung festgelegt werden. Denn diese werden schon bei der lo-kalen Schatzung benotigt. Im Gegensatz zur Identifikation der lokal linearen Zustands-modelle im Abschnitt 6.4.1 und 6.4.2 konnen die Messdaten nicht durch eine lokaleAnregung des Systems gewonnen werden. Aufgrund des standigen Ubergangs zwischenden einzelnen Bereichen der Reibkraftanteile ist eine Zerlegung von ZN nicht sinnvoll.Stattdessen wird die Relevanz der einzelnen Datenpaare der globalen Messdaten ZN furdie Schatzung der lokalen Modelle fi (6.37) uber die Zugehorigkeitsfunktionen quanti-fiziert, indem die Mi(xK(t)) Funktionswerte die geschwindigkeitsabhangigen Gewichte

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6.4. LOKALE SYSTEMIDENTIFIKATION 153

der i = 1, . . . , r lokalen Least-Square Schatzfunktionen

θi =

[N∑

t=1

Mi(xK(t))ϕ(t)ϕT (t)

]−1 N∑t=1

Mi(xK(t))ϕ(t) y(t) (6.41a)

bilden. Der Regressionsvektor in (6.41a) setzt sich hierbei aus

ϕT (t) = [ xK(t) 1 ] (6.41b)

zusammen. Der Ausgang ist dabei

y(t) = Ff (t) (6.41c)

und die Vektoren θi enthalten die Parameter der Geradengleichungen (6.37), d.h. esgilt

θi = [ afibfi

]T . (6.41d)

Im Experiment hat sich gezeigt, dass die Modellierung verbessert wird wenn anstattvier, wie im Fallbeispiel Mechanischer Oszillator mit Reibkontakt, sechs Zugehorig-keitsfunktionen festgelegt werden. Dies ist unmittelbar anhand der nichtparametri-schen Darstellung des geschwindigkeitsabhangigen Reibkraftverlaufs in Bild 6.15 nach-vollziehbar: Die festgelegten Zugehorigkeitsfunktionen zeigt Bild 6.16. Hierbei sind diebeiden außeren Zugehorigkeitsfunktionen M1 und M6, basierend auf (2.27a), so gewahltworden, dass diese denjenigen Bereich uberdecken, dessen Anderung nur noch von dergeschwindigkeitsproportionalen Gleitreibung abhangt. Die Lage und die schmalen Be-reiche der inneren Funktionen M3 und M4 basierend auf (2.27b) sind gewahlt worden,um einen steilen Ubergang bei Vorzeichenumkehr modellieren zu konnen. Aufgrund derglatten Charakteristik des Funktionsansatzes kann jedoch, im Vergleich zur bekanntennicht glatten statischen Reibkennlinie (4.41) aus [25], nur eine endliche Steigung erzieltwerden. Fur die in dieser Arbeit verfolgte Zielstellung der modellbasierten Reibkraft-kompensation wirkt sich dies aber nicht nachteilig aus. Es ergibt sich vielmehr derVorteil, dass im Gegensatz zu (4.41) die Parameter der lokalen Modelle nur linear indie Schatzfunktionen (6.41a) eingehen. Mit den restlichen Funktionen M2, M5 undden zugeordeneten Geradengleichungen f2, f5 wird der Stribeck-Anteil berucksichtigt.Dieser Ansatz mit der Vorgabe von festen Zugehorigkeitsfunktionen und freien lokalenParametern basiert auf dem in den Arbeiten [12, 111, 123] experimentell bestatigtenSachverhalt, dass die Bereiche der einzelnen Reibanteile (Haftreibung, Stribeckuber-gang und Gleitreibung) in erster Naherung zeitinvariant sind, die absoluten Werte wieHaftkraft, Anstieg der Gleitreibung und Abfall und Anstieg des Uberganges dagegenzeitvariant sein konnen.Abschließend betrachten wir die Ergebnisse der lokalen Schatzung fi fur i = 1, . . . , 6und den damit gebildeten Verlauf des Reibmodells (6.37) im unteren Diagramm vonBild 6.16. Man sieht, dass bei negativen Kolbengeschwindigkeiten nur in der linken

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154 KAPITEL 6. SYSTEMIDENTIFIKATION

−0.05 −0.04 −0.03 −0.02 −0.01 0 0.01 0.02 0.03 0.04 0.05

0

0.2

0.4

0.6

0.8

1

1.2

z := dxK/dt

−0.05 −0.04 −0.03 −0.02 −0.01 0 0.01 0.02 0.03 0.04 0.05−40

−20

0

20

40

dxK/ dt / [m/s]

Zugehörigkeitsfunktionen Mi

M1

M2

M3

M4

M5

M6

Ff TS

/ [N] geschätzter Reibkraftverlauf Ff TS

f1

f6

f2

f5

f3

Ff TS

f4

Bild 6.16: Lage der Zugehorigkeitsfunktionen Mi, geschatzte Geraden fi des Modellan-satzes (6.37) und damit berechnete Funktionswerte FfTS

(xK)

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6.5. EXPERIMENTELLE GLOBALE MODELLVALIDIERUNG 155

Halfte ein deutlich sichtbarer Stribeck-Anteil aus den Messdaten identifiziert werdenkonnte. Bei positiven Kolbengeschwindigkeiten wird der Ubergang nicht durch eineausreichende Messwertanzahl reprasentiert, vgl. Bild 6.15, wodurch lediglich ein flacherVerlauf von FfTS

(xK) identifiziert wurde. Weitere Untersuchungen zu dem identizifier-ten Modell erfolgen im Abschnitt 6.5. Experimentelle Ergebnisse zur modellbasiertenReibkraftkompensation anhand dieses Modells werden in Kapitel 8 diskutiert.

6.5 Experimentelle globale Modellvalidierung

Nachdem in den Abschnitten 6.3, 6.4.1 und 6.4.2 die lokalen Modellansatze vorgestelltund aus Messdaten identifiziert wurden, mussen nun die globalen Modelle als gewich-tete Kombination dieser lokalen Modelle durch neue Messdaten im gesamten Arbeits-raum bestatigt werden, vgl. hierzu die allgemeinen Hinweise aus dem vorhergehendenKapitel des Abschnitts 5.3. Anhand der identifizierten lokal linearen Modelle vierterOrdnung (6.14) (Black-Box), dritter Ordnung (6.25) (Grey-Box) und der in Bild 6.17und Bild 6.18 dargestellten Zugehorigkeitsfunktionen Mij(zj) wird die experimentelleglobale Modellvalidierung ausfuhrlich diskutiert. Es muss betont werden, dass das Ver-fahren ebenso auf eine globale Modellstruktur anwendbar ist, die mit den lokal linearenModellen vierter Ordnung (6.36) gebildet wird.Im Einzelnen ergeben sich nun zwei verschiedene gewichtete Kombinationen der obengenannten lokalen Modelle: Erstens folgt aus (6.14) mit a4i = 0 realisiert in der Re-gelungsnormalform basierend auf (2.15) fur eine Modellanzahl von r = 20 das globaleModell

x1

x2

x3

x4

=20∑i=1

αi(z)

−a1i −a2i −a3i 0

1 0 0 00 1 0 00 0 1 0

︸ ︷︷ ︸

Ai

x1

x2

x3

x4

+

1000

︸ ︷︷ ︸B

uv (6.42a)

bei gemeinsamer Eingangsmatrix Bi = B fur alle i und der Ausgangsgleichung

y =20∑i=1

αi(z)[

0 0 0 b0i

]︸ ︷︷ ︸Ci

x1

x2

x3

x4

(6.42b)

mit x4 := xK . Hierbei sind die Gewichtsfunktionen

αi(z) =

2∏j=1

Mij(zj)

20∑i=1

[2∏

j=1

Mij(zj)

] (6.42c)

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156 KAPITEL 6. SYSTEMIDENTIFIKATION

wobei z = [ z1 z2 ]T mit den Scheduling-Variablen

z1 := mL , z2 := xK (6.42d)

ist.

Zweitens ergibt sich aus (6.25) basierend auf (2.16) das globale Modell

x1

x2

x3

=40∑i=1

αi(z)

QLi

0 Qdxi

0 0 1AK

mi0 −dFf

mi

︸ ︷︷ ︸

Ai

x1

x2

x3

+

Qxvikv

00

︸ ︷︷ ︸

Bi

uv +

00

−Fci

mi

︸ ︷︷ ︸

ai

(6.43a)

mit r = 40 lokalen Modellen und der gemeinsamen Ausgangsgleichung

y = [0 1 0]︸ ︷︷ ︸C

x1

x2

x3

, (6.43b)

d.h. C = Ci fur alle i und den Gewichtsfunktionen

αi(z) =

3∏j=1

Mij(zj)

40∑i=1

[3∏

j=1

Mij(zj)

] (6.43c)

wobei z = [ z1 z2 z3 ]T mit den Scheduling-Variablen

z1 := mL , z2 := xK , z3 := xK (6.43d)

ist. Die Modellanzahl von r = 40 bei (6.43) ergibt sich aus der Kombination der20 lokalen Modelle der Druckaufbaugleichung (6.20a) mit den zwei lokalen Modellen,welche den Coulomb’schen Reibverlauf naherungsweise fur xK 6= 0 beschreiben. Derdiskontinuierliche Verlauf wird hierbei durch die Uberlagerung von zwei kontinuierli-chen Zugehorigkeitsfunktionen (6.24) mit großer aber endlicher Steigung um xK = 0approximiert, siehe Bild 6.18.Zum Bestimmen der globalen Modellgute von (6.42) und (6.43) werden die Modell-zustande mit Hilfe von mainSim WCAS.m (Appendix D) berechnet. Dieses Programmwurde bereits im ersten Teil dieser Arbeit in Kapitel 4 in den Fallbeispielen 1 bis 4eingesetzt. Zusammen mit den gemessenen Zustanden werden so die Modellfehler mit(5.48) und (5.51) ermittelt. Dabei werden im ersten Schritt die Uberlappungsberei-che der lokalen Modelle durch eine heuristische Wahl der γ2 und γ3 Parameter der

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6.5. EXPERIMENTELLE GLOBALE MODELLVALIDIERUNG 157

Zugehorigkeitsfunktionen, die in den Tabellen 6.5, 6.6, und 6.7 aufgefuhrt sind, fest-gelegt und im zweiten Schritt, mit Ausnahme der Parameterwerte des Coulomb’schenReibmodells, variiert. Da die γ1 Parameterwerte die Lage der Zugehorigkeitsfunktio-nen, also die Position im Scheduling-Raum, bestimmen, werden diese nicht optimiert,da aufgrund der vorangehenden lokalen Systemidentifikation die Lage durch die mitt-leren Positionen rm = −0.08 , −0.05 , 0.0 , 0.05 , 0.08 m der Sollsignale und durchdie Testgewichte mit den Massen mL = 0 , 3 , 6 , 9 kg bereits festgelegt ist. EineVariation wurde die Voraussetzung, unter denen die Parameter der lokalen Model-le identifiziert wurden, verandern, wodurch eine nicht zulassige Inkonsistenz entsteht.Aus Grunden der Ubersichtlichkeit sind zu den Mi1, Mi2 Funktionen die Parameterfur die Modelle i = 21, . . . , 40 nicht auch noch in den oben genannten Tabellen auf-gefuhrt. Diese ergeben sich aufgrund der z3-Unabhangigkeit analog zu den Modelleni = 1, . . . , 20.Die eigentliche Modellvalidierung erfolgt im einschleifigen Regelkreis mit dem Lead-Glied

KLead(s) =3.113 s+ 150

0.0083 s+ 1(6.44)

als Positionsregler. Basierend auf dem identifizierten Frequenzgang der Strecke furmL = 0 kg (vgl. Gl. (6.14) und Bild 6.10) wurde der Regler nach dem Frequenzkennli-nienverfahren entworfen. Das Sollsignal in Bild 6.19 zur Validierung wurde so gewahlt,dass das System den gesamten Scheduling-Raum fur z2 und z3 kontinuierlich durchlauft.Da im Experiment die Testgewichte nur schrittweise verandert werden konnen, erfolgtdie Validierung mit diskreten Lastmassenanderungen, d.h. hintereinander fur diskreteWerte der z1 Variablen. Weitergehende Untersuchungen zu zeitkontinuierlichen Ande-rungen von z1 werden noch im Rahmen der Reglervalidierung mittels simulierter Datenin Kapitel 9 diskutiert. In Bild 6.20 sind die simulierten Ein-/Ausgangsverlaufe des An-

Tabelle 6.5: Typen und Parameterwerte θMi von Mi1 aus (6.42c) und (6.43c)

Modell i Funktionstyp Parameterwerte θMi

k = 0, . . . , 4 γ1 γ2 γ3

i = 1 + 4 k Mf sig nach (2.27a) 1.5 3.3

i = 2 + 4 k Mf bell2 nach (2.27c) 3 1.2 1.2

i = 3 + 4 k Mf bell2 nach (2.27c) 6 1.2 1.2

i = 4 + 4 k Mf sig nach (2.27a) 7.5 3.3

triebs basierend auf der globalen Modellstruktur (6.42) und den identifizierten Modell-parametern sowie die gemessenen Verlaufe bei gleicher Sollposition (vgl. Bild 6.19) dar-gestellt. Im Einzelnen werden die Ausschnitte innerhalb von t = [6, 9] s und t = [18, 21] s

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158 KAPITEL 6. SYSTEMIDENTIFIKATION

11

13

201917 18

15 16

10

321 4

6 7 8

9 12

14

5

Arbeitspunkt deridentifiziertenlokalen Modelle

0.08

0.05

0.0

-0.05

-0.08

1 0

Mi1

1

0

Zugehörigkeits-funktionen

Zugehörigkeits-funktionen

Arbeitsbereich

Mi2

z2

z10 3 6 9

Bild 6.17: Verlauf der Zugehorigkeitsfunktionen Mi1(z1) und Mi2(z2) der globalen Mo-delle (6.42) und (6.43). Die Zugehorigkeitsfunktionen Mij fur j = 1, 2 sind den Modell-nummern zugeordnet, die jeweils auf den Koordinaten z1,2 mit Mij(zj) = 1 liegen. Sowerden z.B. dem Funktionsverlauf unten links die Nummern i = 13, 5, 1, 9, 17 undsomit die Funktionen M13,1, M5,1, M1,1, M9,1 und M17,1 zugeordnet.

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6.5. EXPERIMENTELLE GLOBALE MODELLVALIDIERUNG 159

−0.01 −0.005 0 0.005 0.01

0

0.2

0.4

0.6

0.8

1

1.2

z3

Mi3

i = 1, ... , 20 i = 21, ... , 40

Bild 6.18: Ausschnitt aus dem Verlauf der Zugehorigkeitsfunktionen Mi3 derScheduling-Variable z3 fur (6.43). Der gesamte zulassige z3-Bereich liegt zwischen±1.2 m/s.

0 5 10 15 20 25 30−0.1

−0.08

−0.06

−0.04

−0.02

0

0.02

0.04

0.06

0.08

0.1r / [m]

t / [s]

Bild 6.19: Sollposition r(t) fur die globale Modellvalidierung im Regelkreis mitKLead(s),vgl. (6.44)

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160 KAPITEL 6. SYSTEMIDENTIFIKATION

Tabelle 6.6: Typen und Parameterwerte θMi von Mi2 aus (6.42c) und (6.43c)

Modell i Funktionstyp Parameterwerte θMi

γ1 γ2 γ3

i = 1, . . . , 4 Mf bell2 nach (2.27c) 0.0 0.02 0.02

i = 5, . . . , 8 Mf bell2 nach (2.27c) 0.05 0.02 0.012

i = 9, . . . , 12 Mf bell2 nach (2.27c) −0.05 0.012 0.02

i = 13, . . . , 16 Mf sig nach (2.27a) 0.065 0.012

i = 17, . . . , 20 Mf sig nach (2.27a) −0.065 0.02

Tabelle 6.7: Typen und Parameterwerte θMi von Mi3 aus (6.43c)

Modell i Funktionstyp Parameterwerte θMi

γ1 γ2 γ3

i = 1, . . . , 20 Mf sig nach (2.27a) 0.0 −2500

i = 1, . . . , 40 Mf sig nach (2.27a) 0.0 2500

untersucht. In den beiden oberen Diagrammen von Bild 6.20 sind die Eingangsspan-nung des Servoventils und in den beiden unteren die Kolbenposition zu sehen. DieSimulation sowie das Experiment sind fur den Leerlauffall berechnet bzw. im Leerlaufam Versuchstand A gemessen worden (mL = 0 kg).Ein weiterer Vergleich zwischen Simulation und Experiment ist in Bild 6.21 zu sehen.Der Simulation liegt jetzt das globale Modell (6.43) zugrunde. Es wird der berechneteSystemzustand x1 = pL mit derjenigen Druckdifferenz verglichen, die aus den gemes-senen Kammerdrucken pI,II reduziert um die statische Druckdifferenz pL0 im Leerlauf(vgl. 6.20b) mit

pL = pI − pII − mK g

AK︸ ︷︷ ︸pL0

(6.45)

ermittelt wird. Hierbei wird der Abschnitt t = [1, 8] s mit der Sollposition (vgl. Bild 6.19)untersucht. Die gemessene Position und die Sollposition sind im ersten Diagramm vonBild 6.21 dargestellt. Im zweiten Diagramm sind die einzelnen Kammerdrucke pI undpII und im dritten die mit (6.45) ermittelte Druckdifferenz dargestellt. Zum Vergleichist im vierten Diagramm die simulierte Druckdifferenz zu sehen. Die Unterschiede der

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6.5. EXPERIMENTELLE GLOBALE MODELLVALIDIERUNG 161

Druckdifferenz in der Simulation und im Experiment sind zum großten Teil auf dievereinfachte Reibkraftmodellierung zuruckzufuhren. Das heißt, dass der Ubergang vomHaften zum Gleiten nicht berucksichtigt wird und der nicht stetige Verlauf der Cou-lomb’schen Reibung durch die stetige Kombination von (6.24) approximiert wird. Esmuss jedoch bedacht werden, dass der dargestellte Leerlauffall (mL = 0 kg) aufgrunddes affinen Anteils Fci

/mi in (6.43) den fehlerbehaftesten Fall wiedergibt. Bei steigenderBelastung nimmt insgesamt der Einfluss der Reibkraft ab, wodurch der Modellfehlerinsgesamt verringert wird.Wie bereits erwahnt werden nun im zweiten Schritt der globalen Modellvalidierungdie Uberlappungsbereiche der lokalen Modelle durch Variation der Parameter der Zu-gehorigkeitsfunktionen untersucht. Zur Vereinfachung dieser Aufgabenstellung wird(zur Parametervariation) ein gemeinsamer Faktor β eingefuhrt. Da die Anderung vonγ2 im Einzelnen von der Art der Zugehorigkeitsfunktion abhangt, muss zum Einstel-len der Parameter in Abhangigkeit von β folgende Fallunterscheidung berucksichtigtwerden:

γ2(β) =

γ2ini

· β−1 falls Zugehorigkeitsfunktion vom Typ Mfsig

γ2ini· β falls Zugehorigkeitsfunktion vom Typ Mfbell2

. (6.46a)

Der Parameter γ3 ist dagegen nur in Mfbell2 (2.27c) enthalten, somit ist

γ3(β) = γ3ini· β . (6.46b)

Die Ausgangswerte γ2iniund γ3ini

entsprechen in dieser Anwendung den Werten derTabellen 6.5 und 6.6, d.h. γ2ini

:= γ2 und γ3ini:= γ3. In Bild 6.22 ist in Abhangigkeit von

den β Werten mit 0.6, 0.7, . . . , 1.6 der Modellfehler der identifizierten Modellstruktur(6.43) nach (5.51) bezogen auf die Ausgangskonfiguration mit γ2ini

und γ3ini(β = 1)

dargestellt. Speziell fur diesen Anwendungsfall ergibt sich fur (5.51) der Fehler proAbtastung nach (5.50) zu

|ex(t)| =( pL(t)− ˆpL(t)

max|pL(t)|

)2

+

(xK(t)− xK(t)

max|xK(t)|)2

+

(xK(t)− ˆxK(t)

max|xK(t)|

)21/2

(6.47)

fur t = 1, . . . , N mit N = T/Ts. Der Modellfehler bezieht sich auf eine gesamte Mess-zeit von T = 30 s mit einer Abtastzeit bzw. Schrittweite von Ts = 0.002 s, siehe diezugehorige Sollposition in Bild 6.19. Zur Berechnung von ˆpL, xK und ˆxK wurden die βWerte schrittweise variiert. Jede Simulation wurde mit einer festen Uberlappungsbrei-te ausgefuhrt und mit den Versuchsdaten pL, xK und xK , wie sie bereits zum Teil inBild 6.21 dargestellt wurden, verglichen. Die Ergebnisse sind in Bild 6.22 eingezeich-net. Es ist eine leichte Verbesserung der Modellqualitat bei β < 1.0 gegenuber denAusgangsparametern (β = 1) zu erkennen. Dagegen bewirkt eine Vergroßerung derUberlappungsbreite (β > 1) der lokalen Modellzugehorigkeiten im Scheduling-Raumeine Verschlechterung der globalen Modellgute.Zusammengefasst ist der Einfluss der Parameter der Zugehorigkeitsfunktionen weitaus

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162 KAPITEL 6. SYSTEMIDENTIFIKATION

geringer als zunachst angenommen, da die Uberlappung der lokalen Modellzugehorig-keiten durch die Normierung in den α Funktionen, siehe (2.14a), ebenfalls beinflusstwird. Dadurch wird ein bestimmtes Maß nicht unterschritten.

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6.5. EXPERIMENTELLE GLOBALE MODELLVALIDIERUNG 163

6 6.5 7 7.5 8 8.5 9

−5

0

5

Steuerspannung des Servoventils (Experiment/Simulation)

18 18.5 19 19.5 20 20.5 21

−5

0

5

Steuerspannung des Servoventils (Experiment/Simulation)

uv / [v]

uv / [v]

t / [s]

t / [s]

Experiment

Experiment

Simulation

Simulation

6 6.5 7 7.5 8 8.5 9

−0.04

−0.02

0

0.02

0.04

0.06

0.08

Kolbenposition (Experiment/Simulation)

18 18.5 19 19.5 20 20.5 21

−0.04

−0.02

0

0.02

0.04

0.06

0.08

Kolbenposition (Experiment/Simulation)

xK / [m]

xK / [m]

t / [s]

t / [s]

Simulation

Simulation

Experiment

Experiment

Bild 6.20: Vergleich von simulierten Ein-/Ausgangsverlaufen der Strecke basierend aufdem globalen Modell (6.42) mit experimentellen Daten (Versuchsstand A) fur denLeerlauffall mL = 0 kg.

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164 KAPITEL 6. SYSTEMIDENTIFIKATION

1 2 3 4 5 6 7 8−0.1

−0.05

0

0.05

0.1Ist− und Sollposition (Experiment)

1 2 3 4 5 6 7 83

3.5

4

4.5

5x 10

5 Kammerdrücke (Experiment)

xK / [m]

r / [m]

pI / [N/m2]

pII / [N/m2] p

II

pI

t / [s]

t / [s]

1 2 3 4 5 6 7 8−1

−0.5

0

0.5

1x 10

5 Druckdifferenz (Experiment)

1 2 3 4 5 6 7 8−1

−0.5

0

0.5

1x 10

5 Druckdifferenz (Simulation)

pL / [N/m2]

pL / [N/m2]

~

~

t / [s]

t / [s]

Bild 6.21: Vergleich der simulierten Druckdifferenz basierend auf dem globalen Modell(6.43) mit experimentellen Daten (Versuchsstand A) fur den Leerlauffall mL = 0 kg.

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6.5. EXPERIMENTELLE GLOBALE MODELLVALIDIERUNG 165

0.6 0.8 1 1.2 1.4 1.60.9

0.95

1

1.05

1.1EXrms β

EXrms β=1

_______

β

Bild 6.22: Modellfehler (5.51) der Modellstruktur (6.43) mit den identifizierten Para-metern aus Tabelle 6.4 bzw. Tabelle G.1 in Abhangigkeit vom Uberlappungsfaktorβ bezogen auf die Anfangsparameter der Zugehorigkeitsfunktionen (β = 1), vgl. dieTabellen 6.5 und 6.6.

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166 KAPITEL 6. SYSTEMIDENTIFIKATION

6.6 Vergleich der identifizierten Modelle mit einem

bekannten nichtlinearen Zustandsraummodell

Zur Verbesserung der Bewertung der bisherigen Modellierung und Systemidentifikationwird nun ein nichtlineares Zustandsraummodell 6. Ordnung aus [68] als Referenzmodellangegeben. Zunachst werden die Modellgleichungen, die aus

1. der Kontinuitatsgleichung der Massenflusse durch den Arbeitszylinder,

2. der Enthalpiegleichung dieser Massenflusse,

3. der Impulsbilanzgleichung des Servoventilschiebers und des Zylinderkolbens mitder Lastmasse und

4. der Zustandsgleichung des Arbeitsmediums Luft

u.a. in [6, 18, 66] abgeleitet wurden, zusammengestellt. Die nichtlineare Zustands-raumdarstellung dieser Modellgleichungen wird anschließend mit der in dieser Arbeitabgeleiteten WCAS-Modellstruktur (6.43) verglichen. Im Einzelnen lauten die Mo-dellgleichungen dabei wie folgt: Die Dynamik der Bewegung des Langsschiebers imServoventil (vgl. Bild 6.1) wird durch

xv + 2 ζv ωv xv + ω2v xv = kv ω2

v uv (6.48)

beschrieben. Zur Modellierung der gesteuerten Massenflusse uber die vier Steuerkantendes Ventils (vgl. Bild 6.1) werden die vier Relationen

m1(xv, pI) = m′1(xv, pI) (xv + xu1) ,

m2(xv, pI) = m′2(xv, pI) (xv − xu2) ,

m3(xv, pII) = m′3(xv, pII) (xv + xu3) ,

m4(xv, pII) = m′4(xv, pII) (xv − xu4)

(6.49)

mit den Definitionen

m′1(xv, pI) := −αD1 σ1(xv) π d1 ψ

(PR

pI

)pI

√2

Rg TI,

m′2(xv, pI) := αD2 σ2(xv) π d2 ψ

(pI

PS

)PS

√2

Rg TS,

m′3(xv, pII) := −αD3 σ3(xv) π d3 ψ

(pII

PS

)PS

√2

Rg TS,

m′4(xv, pII) := αD4 σ4(xv) π d4 ψ

(PR

pII

)pII

√2

Rg TII,

(6.50)

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6.6. VERGLEICH DER IDENTIFIZIERTEN MODELLE 167

σj(xv) :=

1 fur xv ≥ xuj

0 for xv < xuj

fur j = 2, 4 ,

σj(xv) :=

1 for xv ≤ −xuj

0 for xv > −xuj

fur j = 1, 3

(6.51)

sowie der Flussfunktion

ψ

(pa

pb

)=

ψ0

√1−

(papb−pkrit

1−pkrit

)2

fur pa

pb≥ pkrit

ψ0 fur pa

pb< pkrit

(6.52)

angegeben. Ein zusatzlicher Bypassfluss

mBP (pI , pI) =

αBP ABP ψ(

pII

pI

)pI

√2

Rg TIfur pI ≥ pII

−αBP ABP ψ(

pI

pII

)pII

√2

Rg TIIfur pI < pII

(6.53)

fasst all die parasitaren Massenflusse6 zusammen, die durch Leckagen zwischen denKammern im Antriebszylinder und Servoventil entstehen. Die Drucke in den Zylinder-kammern werden bei isentroper Prozessfuhrung durch die folgenden Differentialglei-chungen mit xK0 als Anfangsposition des Antriebskolbens beschrieben:

pI [V0 + AK (xK − xK0)] = κ [ Rg TI ( m2 − m1 − mBP )− AK pI xK ] ,

pII [V0 − AK (xK − xK0)] = κ [−Rg TII ( m4 − m3 − mBP ) + AK pII xK ] .

(6.54)

Im Gegensatz zur allgemeinen Formulierung in [68] beziehen sich die Gleichungen (6.54)auf Antriebe mit gleichen Kolbenflachen AKI = AKII = AK und gleichen Kammervo-lumina bei Kolbenmittelstellung V0I = V0II = V0 (vgl. Bild 6.1). Nach dem Einsetzender Massenflussbeziehungen (6.49) in (6.54) erhalt man mit den Abkurzungen

qpI(xv, pI , pII) := −[m′

2(xv, pI) xu2 + m′1(xv, pI) xu1 + mBP (pI , pII)] ,

qpII(xv, pI , pII) := m′

4(xv, pII) xu4 + m′3(xv, pII) xu3 + mBP (pI , pII) ,

qxI(xv, pI) := m′

2(xv, pI) − m′1(xv, pI) ,

qxII(xv, pII) := − m′

4(xv, pII) + m′3(xv, pII)

nach kurzer Umrechnung die Gleichungen

pI =κ

V0 + AK (xK − xK0)[Rg TI ( qxI

(xv, pI) xv + qpI(xv, pI , pII) )− AK pI xK ] und

pII =κ

V0 −AK (xK − xK0)[Rg TII ( qxII

(xv, pII) xv + qpII(xv, pI , pII) ) + AK pII xK ] ,

(6.56)

die aufgrund der Zusammenfassung der Variablenabhangigkeiten ubersichtlicher sindals (6.54). Die bisher aufgefuhrten Modellgleichungen (6.48) bis (6.56) enthalten diebereits bezeichneten Variablen pI , pII , pL, uv, xK , xK , xv und die Variablen

6Massenflusse, die nicht zum Aufbau von pL im Antriebszylinder beitragen.

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168 KAPITEL 6. SYSTEMIDENTIFIKATION

mj als Massenflusse uber die j = 1, ..., 4 Steuerkanten im Servoventil in [kg/s],

PS als Versorgungsdruck in [N/m2],

PR als Umgebungsdruck in [N/m2],pa

pbals Druckquotient aus (6.52) mit pa als Druck hinter und mit pb als Druck vorden j = 1, ..., 4 Steuerkanten,

TI , TII als Temperaturen in den Zylinderkammern I, II in [K],

TS als Temperatur in der Versorgungsleitung am Ventileingang in [K] und

TR als Umgebungstemperatur in [K].

Die Modellparameter sind dabei

kv als statische Verstarkung des Servoventils in [m/V],

ωv als Eigenfrequenz des Servoventils (Langsschieber) in [rad/s],

ζv als Dampfungsfaktor des Servoventils (Langsschieber),

αDjals Durchflusskoeffizienten der Steuerkanten j = 1, ..., 4 im Servoventil,

dj als Schieberdurchmesser an den j = 1, ..., 4 Steuerkanten im Servoventil in[m],

Rg als Gaskonstante von Luft in [Nm/(kg K)],

κ als Adiabatenexponent,

pkrit als kritisches Druckverhaltnis der Flussfunktion (6.52),

xujals Steuerkantenuberdeckung im Servoventil in [m],

ψ0 als Maximalwert der Flussfunktion (6.52),

αBP als Durchflusskoeffizient des Bypassflusses und

ABP als wirksame Flache des Bypassflusses in [m2].

Zur Vorbereitung einer kompakten Zustandsraumdarstellung werden einzelne Termeaus (6.56) zusammengefasst:

anpI(xK , xK , pI , pII , xv) :=

κ

V0 + AK (xK − xK0)[Rg TI qpI

(xv, pI , pII)− AK pI xK ] ,

anpII(xK , xK , pI , pII , xv) :=

κ

V0 − AK (xK − xK0)[Rg TII qpII

(xv, pI , pII) + AK pII xK ] ,

(6.57)

bnpI:=

κ

V0 + AK (xK − xK0)[Rg TI qxI

(xv, pI) ] ,

bnpII:=

κ

V0 −AK (xK − xK0)[Rg TII qxII

(xv, pII) ] .(6.58)

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6.6. VERGLEICH DER IDENTIFIZIERTEN MODELLE 169

Somit folgen aus (6.56) mit den Abkurzungen (6.57), und (6.58), die Modellgleichungen

pI = anpI(xK , xK , pI , pII , xv) + bnpI

(xK , pI , xv) xv ,

pII = anpII(xK , xK , pI , pII , xv) + bnpII

(xK , pII , xv) xv .(6.59)

Die Bewegungsgleichung des Kolbens

(mK +mL) xK + (mK +mL) g + Ff (xK) = AK (pI − pII) (6.60a)

entspricht mit Ausnahme der Reibkraft der bereits genannten Beziehung (6.21), denn

Ff (xK) = dFfxK + Fc sgn(xK) + Fstri(xK) (6.60b)

wird um den statischen Anteil

Fstri(xK) =

sgn(xK) Fs

(|xK |−xK,g

xK,g

)4

fur|xK | ≤ xK,g undsgn(xK) = sgn(xK)

0 sonst

(6.60c)

mit

Fs als Betrag der Haftkraft [N],

Fc als Koeffizient der Coulomb’schen Reibung [N] und

xK,g als Grenzwert fur den Geschwindigkeitsbereich des Stribeckanteils Fstri

erweitert. Der Anteil (6.60c) reprasentiert den Ubergang der Reibkraft vom Haften zumGleiten. Mit Hilfe der Fallunterscheidung wird die Hysterese bei der geschwindigkeits-abhangigen Reibung im Kennlinienverlauf berucksichtigt, da der Ubergang vom Haftenzum Gleiten nur in eine Richtung erfolgt, d.h. nur fur den Fall sgn(xK) = sgn(xK) undnicht in umgekehrter Richtung. Der Verlauf der Kennlinien ist in [68] dargestellt. Einnichtlineares Zustandsraummodell servopneumatischer Antriebe lasst sich nun basie-rend auf den Modellgleichungen von (6.48) bis (6.60) fur den Zustandsvektor x ∈ R

6

mit

x1 := xK , x2 := xK , x3 := pI , x4 := pII , x5 := xv , x6 = xv (6.61a)

und der Steuerspannung des Servoventils als Eingang u := uv angeben:

x1

x2

x3

x4

x5

x6

︸ ︷︷ ︸

x

=

x2

anm(x2) + bnm (x3 − x4)anpI

(x1, x2, x3, x4, x5) + bnpI(x1, x3, x5) x5

anpII(x1, x2, x3, x4, x5) + bnpII

(x1, x4, x5) x5

x6

−ω2v x5 − 2 ζv ωv x6

︸ ︷︷ ︸

f(x)

+

00000

kv ω2v

︸ ︷︷ ︸

B

u (6.61b)

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170 KAPITEL 6. SYSTEMIDENTIFIKATION

mit den Abkurzungen

anm(x2) := − Ff (x2)

mK +mL− g

bnm :=AK

mK +mL.

(6.62)

Um das nichtlineare Zustandsmodell (6.61) mit der gewichteten Kombination der loka-len Zustandsmodelle (6.43) systematisch vergleichen zu konnen, wird die Strukturkom-plexitat und der Aufwand der Identifikation der unbekannten Parameter beider Modellegegenubergestellt. Dabei wird die Strukturkomplexitat durch die Anzahl der Zustande,der statischen Funktionen, der Scheduling-Variablen und der unbekannten Parameterquantifiziert. Der Aufwand der Systemidentifikation bzw. Parameterschatzung wirduber die Mindestanzahl der notwendigen Messkanale bzw. Sensoren und die Anzahlder unabhangigen Identifikationsgleichungen, die der Schatzung zugrunde liegen, be-wertet. Die einzelnen Punkte sind in der Tabelle 6.8 zusammengefasst.

Tabelle 6.8: Ein quantitativer Modellvergleich zwischen dem nichtlinearen Zustands-modell (6.61) und der gewichteten Kombination der lokalen Zustandsmodelle (6.43).

(6.43) (6.61)

Anzahl der Zustande 3 6Anzahl der Scheduling-Variablen 3 −Anzahl der statischen Funktionen 1 5Anzahl der unbekannten Parameter 62 20Anzahl der Identifikationsgleichungen 2 6Anzahl der Sensoren zur Identifikation 5 13

Die hohere Anzahl der Zustande in (6.61) im Vergleich zu (6.43) ergibt sich aus demhoheren Modellierungsaufwand der Servoventildynamik und der getrennten Modellie-rung des Druckaufbaus in den beiden Zylinderkammern. Zu den statischen Funktionenin (6.61) zahlen die vier Massenflussrelationen (6.50) und das Reibmodell (6.60c). Furdie Schatzung der unbekannten Parameter in (6.61) mussen im Vergleich zur Parame-terschatzung in Abschnitt 6.4.1 acht zusatzliche Sensoren zur Identifikation eingesetztwerden [68]:

1. zwei Massenflusssensoren zum Erfassen der Massenflusse in die Zylinderkammern,vgl. Anhang F.1.3,

2. vier Sensoren zur Messung der Temperaturen in den Zylinderkammern (TI,II),der Lufttemperatur der Versorgung (TS) und der Umgebung (TR),

3. zwei Drucksensoren zur Erfassung von PS und PR.

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6.7. MODELLANSATZ FUR SERVOHYDRAULISCHE ANTRIEBE 171

Dagegen ist die Anzahl der Modellparameter von (6.43) wesentlich großer als bei (6.61).Jedoch ist der Aufwand zum Bestimmen dieser Parameter geringer, da lediglich zweiIdentifikationsgleichungen zur Schatzung notwendig sind und die Parameter nur linearin die Schatzfunktionen eingehen.

Abschließend wird die Dynamik der beiden Antriebsmodelle (6.43) und (6.61) im Re-gelkreis fur eine Belastung von mL = 3 kg anhand der berechneten Verlaufe vergli-chen. In den Rechnersimulationen werden fur (6.43) die identifizierten Parameter ausAbschnitt 6.4.1 und fur (6.61) die geschatzten nominalen Parameterwerte aus [135]eingesetzt. Wie bei der experimentellen globalen Modellvalidierung wird zur Positions-regelung eine einschleifige Regelung mit dem Lead-Glied (6.44) und der SollpositionBild 6.19 verwendet. Im Einzelnen sind in Bild 6.23 fur t = [8.5, 14.5] s die simuliertenVerlaufe der Steuerspannungen des Servoventils und die Kolbenpositionen dargestellt.Modell a) entspricht hierbei der gewichteten Kombination der lokalen Modelle nach(6.43) und Modell b) dem System (6.61). Weiterhin sind in dem folgenden Bild 6.24die berechnete Druckdifferenz aus dem Modell (6.43) im ersten Diagramm (Modell a)und die mit (6.61) aus den einzelnen Kammerdrucken pI,II ermittelte Druckdifferenzim zweiten Diagramm (Modell b) eingezeichnet.

6.7 Modellansatz fur servohydraulische Antriebe

Die bisher vorgestellten anwendungsorientierten Verfahren zur Systemidentifikationund Modellvalidierung sind nicht beschrankt auf servopneumatische Antriebe. Fur ser-vohydraulische Antriebe, die wie die hier behandelten servopneumatischen Antriebeaufgebaut sind, sind die Methoden direkt ubertragbar. Naturlich ergeben sich auf-grund der speziellen Eigenschaften der Antriebsmedien (Druckluft/Hydraulikol) unter-schiedliche Parametersensitivitaten. Bekannt ist, dass der Einfluss der Lastmasse (auchbezeichnet als Lastsensitivitat, siehe [113]) und der Kolbenposition auf die Dynamikhydraulischer Antriebe im Vergleich zu pneumatischen Antrieben gleicher Baugroße ge-ringer ist [113]. Betrachtet man jedoch praxisrelevante Konstruktionen hydraulischerAntriebe in Werkzeug- und Prufmaschinen mit einem Kolbenhub von bis zu 3 m, dannist der Einfluss der Kolbenposition auf die Systemdynamik auch hier von Bedeutung.Dies ist z.B. in den Arbeiten [112, 198] nachgewiesen worden.In diesem Abschnitt wird daher ein Modellansatz vorgestellt, mit dem servohydrauli-sche Antriebe mittels gewichteter Kombination lokaler Zustandsmodelle beschreibbarsind. Um den Umfang dieser Arbeit nicht zu sprengen, kann jedoch eine experimentelleIdentifikation und Modellvalidierung nicht zusatzlich durchgefuhrt werden. Der Mo-dellansatz besteht aus einer gewichteten Kombination lokaler Zustandsmodelle dritterOrdnung. Die Herleitung der lokalen Modelle erfolgt analog zum Abschnitt 6.4.1. Wiebei servopneumatischen Antrieben gehen wir von zwei Teilmodellen aus: Einer Relationzur Beschreibung des Druckaufbaus in den Zylinderkammern und einer Relation zur Be-schreibung der Bewegung des Kolbens und der Lastmasse. Die arbeitspunktabhangige

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172 KAPITEL 6. SYSTEMIDENTIFIKATION

9 9.5 10 10.5 11 11.5 12 12.5 13 13.5 14−8

−6

−4

−2

0

2

4

6

8

9 9.5 10 10.5 11 11.5 12 12.5 13 13.5 14

−0.1

−0.05

0

0.05

0.1

0.15

Modell b)

Modell b)

Modell a)

Modell a)

uv / [V]

xK / [m]

t / [s]

t / [s]

Bild 6.23: Vergleich der simulierten Ein-/Ausgangsverlaufen der Strecke basierend auf(6.43) gekennzeichnet als Modell a) und (6.61) gekennzeichnet als Modell b) fur denLastfall mL = 3 kg

Beschreibung des Druckaufbaus basiert auch hier auf der Annahme, dass die Kolben-flachen und Kammervolumina bei Kolbenmittelstellung gleich sind. Hierbei wird dieBeschreibung der Antriebsdynamik um die Mittelstellung nach [67, S.53, Annahme 2]erweitert, indem auch Kolbenbewegungen weit entfernt von der Mittelstellung (kurz vorden Endanschlagen) zugelassen werden. Die dabei entstehende Anderung der Antriebs-dynamik, siehe die Untersuchungsergebnisse aus [112, 198], wird in dieser Arbeit durcheine positionsabhangige Gewichtung der lokal linearen Modelle berucksichtigt, wodurchdie Parameteranderungen in der folgenden Relation ebenfalls einbezogen werden. Dielokale Modellstruktur entspricht hierbei der Beziehung aus [67], die basierend auf einerreduzierten Druckaufbaugleichung durch Linearisierung um die Gleichgewichtslagen er-mittelt wurde:

pL = −AK

CHxK +

Qpi

CHpL +

Qxi

CHxv (6.63a)

mit pL = pI − pII (6.19) und der Anfangsbedingung bei senkrecht stehendem Zylinder

pL(t = 0) = pL0 =mi g

AKmit mi = mK +mLi

. (6.63b)

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6.7. MODELLANSATZ FUR SERVOHYDRAULISCHE ANTRIEBE 173

9 9.5 10 10.5 11 11.5 12 12.5 13 13.5 14−1

−0.5

0

0.5

1x 10

5

9 9.5 10 10.5 11 11.5 12 12.5 13 13.5 14−1

−0.5

0

0.5

1x 10

5

Modell a)

Modell b)

t / [s]

t / [s]

pL / [N/m2]~

pL / [N/m2]~

Bild 6.24: Vergleich der simulierten Druckdifferenzen pL basierend auf (6.43) ge-kennzeichnet als Modell a) und (6.61) gekennzeichnet als Modell b) fur den LastfallmL = 3 kg

Die Beziehungen (6.63) enthalten die bereits bezeichneten physikalischen Großen bzw.Variablen pL, xK , xK , xv und die Modellparameter

QPials Druckdifferenzkoeffizient von (6.63a),

Qxials Ventilkoeffizient von (6.63a) und

CH als hydraulische Kapazitat.

Die hydraulische Kapazitat [67] ergibt sich aus

CH =AK LK

4B(6.64)

mit

LK als Hublange des Antriebs [m] und

B als stromungsmechanische Kompressibilitat von Ol in [N/m2] .

Aufgrund der Annahme, dass die zu modellierenden servohydraulischen Antriebe wiedie servopneumatischen Antriebe einen identischen Aufbau der Kolben-/Zylinder-Me-

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174 KAPITEL 6. SYSTEMIDENTIFIKATION

chanik besitzen, werden nun die notwendigen restlichen Beziehungen aus dem Ab-schnitt 6.4.1 ubernommen. Zusammen mit der Annahme, dass die Servoventildynamikgegenuber der Antriebsdynamik vernachlassigbar ist (d.h. xv = kv uv), ergibt sich dannaus (6.22) bis (6.24) und den i = 1, . . . , r lokalen Druckaufbaugleichungen (6.63a) daslokale Zustandsmodell dritter Ordnung x1

x2

x3

=

Qpi

CH0 −AK

CH

0 0 1AK

mi0 −dFf

mi

︸ ︷︷ ︸

Ai

x1

x2

x3

+

Qxi

CHkv

00

︸ ︷︷ ︸

Bi

uv +

00

−Fci

mi

︸ ︷︷ ︸

ai

y = [0 1 0]︸ ︷︷ ︸Ci=C

x1

x2

x3

(6.65)

mit den Zustandsvariablen x1 := pL, x2 := xK , x3 := xK . Erwahnenswert ist, dass imGegensatz zum Modell der Servopneumatik (6.25) der Koeffizient a13 = −AK

CHin Ai

(6.65) fur alle i konstant bleibt. Dies basiert auf der physikalischen Annahme, dass diehydraulische Kapazitat (6.64) und damit die stromungsmechanische Kompressibilitatunabhangig von der Zylinderposition und der Lastmasse ist.Die globale Beschreibung der Dynamik servohydraulischer Antriebe kann somit ana-log zum Vorgehen in Abschnitt 6.5 als eine gewichtete Kombination der abgeleitetenlokalen Zustandsmodelle x1

x2

x3

=r∑

i=1

αi(z)

Qpi

CH0 −AK

CH

0 0 1AK

mi0 −dFf

mi

x1

x2

x3

+

Qxi

CHkv

00

uv +

00

−Fci

mi

(6.66a)

mit der gemeinsamen Ausgangsgleichung

y = [0 1 0]

x1

x2

x3

(6.66b)

und den Gewichtsfunktionen

αi(z) =

3∏j=1

Mij(zj)

r∑i=1

[3∏

j=1

Mij(zj)

] (6.66c)

formuliert werden, wobei z = [ z1 z2 z3 ]T mit den Scheduling-Variablen

z1 := mL , z2 := xK , z3 := xK (6.66d)

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6.7. MODELLANSATZ FUR SERVOHYDRAULISCHE ANTRIEBE 175

ist. Die Modellanzahl r, Lage und Uberlappungsbreite der ZugehorigkeitsfunktionenMij(zj) fur j = 1, 2, 3 im Scheduling-Raum ist von der jeweiligen Anwendung abhangig.Im Prinzip entsprechen diese aber derjenigen Konfiguration, die fur den servopneuma-tischen Antrieb gewahlt und validiert worden ist, vgl. hierzu die Anordnung in derz1/z2-Ebene in Bild 6.17 und fur die z3-Koordinate die Anordnung in Bild 6.18.

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176 KAPITEL 6. SYSTEMIDENTIFIKATION

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Teil III

Gain-Scheduling Reglerentwurf

177

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Kapitel 7

Stabilitatsanalyse

7.1 Motivation

In diesem Kapitel werden die Stabilitatskriterien und numerischen Verfahren vorge-stellt, die bei dem Reglerentwurf in Kapitel 9 angewandt werden. Eine wichtige Eigen-schaft eines Systems ist sein Stabilitatsverhalten. In der Systemtheorie wird u.a. zwi-schen der asymptotischen Stabilitat und der Eingangs-Ausgangsstabilitat eines Systemsunterschieden. Fur die Klasse der linearen zeitinvarianten Systeme sind Kriterien zumNachweis der Stabilitat eines Systems wohlbekannt, siehe z.B. [33, 72, 201]. Jedochlassen sich die Stabilitatskriterien nicht auf die Klasse der gewichteten Kombinationlinearer Systeme ubertragen, indem ausschließlich die Eigenwerte der SystemmatrizenAi der linearen zeitinvarianten Teilsysteme untersucht werden. Denn obwohl samtlicheEigenwerte aller Ai negative Realteile haben, d.h. die Teilsysteme asymptotisch stabilsind, kann diese Aussage nicht auf das Gesamtsystem ubertragen werden. Dies wirdam folgenden Beispiel verdeutlicht:

Beispiel: Gegeben seien die Matrizen Ai ∈ R2×2 fur i = 1, 2 mit

A1 =

[a b0 a

], A2 =

[c 0d c

]. (7.1)

Ferner sind die Einzelsysteme

x1(t) = A1 x1(t) , x2(t) = A2 x1(t) (7.2)

und das zusammengesetzte System (2.16) mit Bi = 0 und ai = 0 durch

x(t) =

2∑i=1

αi Ai x(t) = [α1(η)A1 + α2(η)A2 ] x(t) (7.3)

gegeben. In diesem Fall bezeichnet η ∈ ηa, ηb, ηc (vgl. 2.13) eine von außen diskret ein-stellbare Scheduling-Variable, die vom Systemeingang und den Zustanden unabhangig

179

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180 KAPITEL 7. STABILITATSANALYSE

ist. Die Gewichte αi(η), i = 1, 2 sollen durch die Werte ηa, ηb und ηc wie folgt festgelegtwerden:

η = ηa : α1(ηa) = 1 , α2(ηa) = 0

η = ηb : α1(ηb) =1

2, α2(ηb) =

1

2η = ηc : α1(ηc) = 0 , α2(ηc) = 1

Betrachten wir zunachst die Einzelsysteme (7.2). Dann sind diese stabil, falls alle Ei-genwerte Eig[Ai] der Matrizen Ai fur i = 1, 2 einen negativen Realteil besitzen. Indiesem Fall ist

Eig[A1] = a , Eig[A2] = c .

Somit sind die Einzelsysteme stabil, falls a < 0 bzw. c < 0 gilt. Beim zusammenge-setzten System (7.3) mussen aufgrund der moglichen η Werte drei Falle unterschiedenwerden: Die Falle

• η = ηa : (7.3) ist stabil falls Eig[A1] = a < 0

• η = ηc : (7.3) ist stabil falls Eig[A2] = c < 0

ergeben sich direkt aus den Einzelsystemen. Fur den Fall mit η = ηb ergibt sich aus(7.3) das System

x(t) =

[A1 +A2

2

]x(t) = Ag x(t) , (7.4)

dass stabil ist, falls die Eigenwerte Eig[Ag]

λ1,2 =a+ c

2± 1

2

√b d

einen negativen Realteil besitzen. Somit gilt fur

• η = ηb : (7.3) ist stabil, falls a+c2

+ 12

√b d < 0 und a+c

2− 1

2

√b d < 0

ist. Das heißt, das zusammengesetzte System ist instabil, wenn entweder nur die Ein-zelsysteme instabil sind oder wenn die Ungleichung√

b d > |a|+ |c|erfullt ist. Weil jedoch im allgemeinen Fall fur die reellwertigen z-Komponenten un-endlich viele Falle auftreten, sind in den letzten Jahren in [179, 180, 196, 204] furdie hier behandelte Systemklasse allgemeine Stabilitatskriterien entwickelt worden, dieim nachsten Abschnitt vorgestellt werden. Allen Ansatzen ist gemein, dass der Stabi-litatsnachweis durch die Berechnung zulassiger Losungen (falls es eine Losung gebensollte) von linearen Matrixungleichungen (LMI’s) erfolgen kann. Es wird gezeigt, dassdurch das Ausnutzen der Lokalitat in konkreten Anwendungen die Anzahl der linearenMatrixungleichungen reduziert werden kann.

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7.2. STABILITATSKRITERIEN 181

7.2 Stabilitatskriterien

7.2.1 Stabilitatssatze fur die Klasse der gewichteten Kombi-

nation lokal linearer Modelle

Im Folgenden werden Stabilitatssatze fur die Modellstruktur der gewichteten Kombi-nation lokal linearer Modelle nach (2.15) mit der Gewichtsfunktion (2.14) unter denVoraussetzungen

∑ri=1 αi(z) = 1, ∀ z und αi(z) > 0, ∀ z formuliert.

Satz 7.1. Das System

x(t) =

r∑i=1

αi(z(t))Ai x(t) (7.5)

ist asymptotisch stabil, wenn eine gemeinsame, symmetrisch positiv definite Matrix Pfur alle Ai und fur i = 1, ..., r symmetrisch positiv definite Matrizen Qi existiert, sodass die Gleichungen

ATi P + PAi = −Qi fur i = 1, . . . , r

erfullt sind.

Beweis von Satz 7.1. Zum Nachweis der asymptotischen Stabilitat setzt man zunachstdie quadratische positiv definite Funktion

V (x) = xTPx (7.6)

an, wobei die Matrix P symmetrisch und positiv definit ist, d.h. es ist V (x) > 0 furalle x 6= 0 erfullt. Die totale zeitliche Ableitung von V (x) ist

V (x) = xTP x+ xTP x . (7.7)

Nach dem Einsetzen von (7.5) ergibt sich nun

V (x) = xTP x+ xTP x

=

(r∑

i=1

αi(z)Ai x

)T

P x+ xTP

r∑i=1

αi(z)Ai x

=

r∑i=1

αi(z)xTAT

i P x+

r∑i=1

αi(z)xTP Ai x

=r∑

i=1

αi(z)[xT (AT

i P + PAi)x].

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182 KAPITEL 7. STABILITATSANALYSE

Nach dem Satz uber die asymptotische Stabilitat von Ljapunov (vgl. [145]) liegt asymp-totische Stabilitat vor, wenn V (x) > 0 und V (x) < 0 fur alle x 6= 0 gilt. Die erstge-nannte Bedingung ist bereits durch den Ansatz (7.6) erfullt, die zweite gilt, falls derAusdruck AT

i P + PAi fur alle i = 1, . . . , r negativ definit ist bzw. positiv definiteMatrizen Qi mit AT

i P + PAi = −Qi existieren.

Zu beachten ist, dass die negative Definitheit von ATi P +PAi ein hinreichendes, aber

kein notwendiges Kriterium fur die Stabilitat des Gesamtsystem ist. Denn, dass furalle i = 1, . . . , r negative Definitheit erfullt sein muss, ist nicht notwendig, da nur diegesamte Summe negativ definit sein muss, um Stabilitat zu gewahrleisten. Das heißt imUmkehrschluss, einzelne Summanden durfen positiv definit sein, ohne dass das Systeminstabil wird. Ansatze zur Abschwachung der Stabilitatsbedingungen sind ein aktuel-les Forschungsgebiet der Kontrolltheorie und werden z.B. im Rahmen der Theorie vonTakagi-Sugeno Fuzzy Systemen in [62, 63, 178, 204] untersucht.

Im Rahmen der Stabilitatsanalyse wird nun das Regelgesetz (vgl. [196])

u(t) =r∑

i=1

αi(z(t))F i x(t) = F (z)x(t) (7.8)

mit F i ∈ Rm×n eingefuhrt mit dem zugehorigen Streckenmodell (vgl. (2.15))

x(t) =

r∑i=1

αi(z(t))Ai x(t) +

r∑i=1

αi(z(t))Bi u(t) (7.9a)

y(t) =r∑

i=1

αi(z(t))Ci x(t) . (7.9b)

Das Regelgesetz (7.8) wird gebildet aus einer gewichteten Kombination konstanterKoeffizientenmatrizen F i. Die Gewichtsfunktionen αi in (7.8) entsprechen denen desStreckenmodells (7.9) und legen in Abhangigkeit von den Scheduling-Variablen dieAnteile der einzelnen F i am Gesamtausgabevektor u des Reglers fest. Die Berechnungder Koeffizientenmatrizen wird in Kapitel 9 behandelt. Diese entsprechen aufgrunddes Entwurfs mittels lokal linearer Streckenmodelle (2.18) linearen Zustandsreglern.Zunachst sind wir aber nur an der Stabilitatsanalyse interessiert. Es wird vorausgesetzt,dass die Zustande x und Scheduling-Variablen z in (7.9) messbar sind.

Satz 7.2. Gegeben sei das Regelgesetz u(t) =r∑

j=1

αj(z(t))F j x(t) und ein System

(Modell der Strecke) in Form von

x(t) =

r∑i=1

αi(z(t))Ai x(t) +

r∑i=1

αi(z(t))Bi u(t)

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7.2. STABILITATSKRITERIEN 183

dessen Zustande x alle messbar sind. Dann ist der von außen nicht angeregte geschlos-sene Kreis asymptotisch stabil, wenn eine gemeinsame, symmetrisch positiv definiteMatrix P fur alle Ai,Bi mit i = 1, . . . , r und alle F j mit j = 1, . . . , r und furi, j = 1, ..., r symmetrisch positiv definite Matrizen Qij existieren, so dass die Glei-chungen

(Ai +BiF j)TP + P (Ai +BiF j) = −Qij fur i, j = 1, . . . , r

erfullt sind [204].

Beweis von Satz 7.2. Zum Nachweis der asymptotischen Stabilitat des geschlossenenKreises wird zunachst (7.8) mit dem Index j (zur Unterscheidung gegenuber i) in (7.9)eingesetzt

x(t) =

r∑i=1

αi(z(t))Ai x(t) +

r∑i=1

αi(z(t))

[Bi

r∑j=1

αj(z(t))F j x(t)

]

und wie folgt umgeformt zu

x(t) =

[r∑

i=1

αi(z(t))Ai +

r∑i=1

αi(z(t))Bi

r∑j=1

αj(z(t))F j

]x(t)

=

[r∑

i=1

αi(z(t))r∑

j=1

αj(z(t))︸ ︷︷ ︸=1 (Erweiterung)

Ai +r∑

i=1

αi(z(t))r∑

j=1

αj(z(t)) BiF j

]x(t) .

Daraus folgt

x(t) =

r∑i=1

r∑j=1

αi(z(t))αj(z(t)) [Ai +BiF j ] x(t) . (7.10)

Analog zum Beweis des Satzes 7.1 wird auch hier die quadratische positiv definite Funk-tion (7.6) angesetzt. Anschließend wird (7.10) in V (x) = xTP x+ xTP x (vgl. (7.7))eingesetzt und man erhalt nach kurzer Umformung

V (x) =r∑

i=1

r∑j=1

αi(z)αj(z)xT[(Ai +BiF j)

TP + P (Ai +BiF j)]x. (7.11)

Der geschlossene Kreis ist asymptotisch stabil, wenn V (x) > 0 und V (x) < 0 fur allex 6= 0 gilt. Die erstgenannte Bedingung ist bereits durch den Ansatz mit der quadratischpositiv definiten Funktion (7.6) erfullt, die zweite gilt, falls der Ausdruck

(Ai +BiF j)TP + P (Ai +BiF j)

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184 KAPITEL 7. STABILITATSANALYSE

fur alle i, j = 1, . . . , r negativ definit ist bzw. positiv definite Matrizen Qij mit

(Ai +BiF j)TP + P (Ai +BiF j) = −Qij (7.12)

existieren.

Im vorangehenden Regelgesetz (7.8) wurde vorausgesetzt, dass alle Zustandsvariablenvon x messbar sind. Ist dies nicht der Fall, wie z.B. beim servopneumatischen Antriebs-modell 4. Ordnung (6.36), ergibt sich die Problemstellung der Rekonstruktion des Zu-standsvektors aus den messbaren Großen der Strecke. Fur lineare Systeme kann hierzuein dynamisches System, der sogenannte Luenberger-Beobachter auch bekannt als Zu-standsbeobachter, angegeben werden [54]. Es wird zunachst der vollstandige Zustands-beobachter behandelt. Bezogen auf das Antriebsmodell (6.36) mit x = [ x1 x2 xK xK ]T

ist es spater jedoch sinnvoll, nur die Zustande x1 und x2 der Black-Box Teilubertra-gungsfunktion (6.33), die den Druckaufbau im Antriebszylinder beschreibt, aus dengemessenen Großen zu rekonstruieren. Darauf wird spater noch kurz eingegangen.

Ubertragen auf die r linearen Teilsysteme der Strecke (7.9)

x(t) = Ai x(t) + Bi u(t)

y = C i x(t)

wird nun ein dynamisches System wie folgt eingefuhrt:

˙x(t) = Ai x(t) + Bi u(t)−Li(y(t)− y(t))

y(t) = C i x(t) .(7.13)

Die Matrix Li ∈ Rn×p ist dabei so zu wahlen, dass der Fehler

e(t) = x(t)− x(t) (7.14)

fur beliebige Anfangszustande x0 und x0 fur t→ +∞ gegen Null strebt. Dies ist genaudann der Fall, wenn die Eigenwerte der Matrix Ai +LiCi in der linken Halbebene lie-gen. Im Rahmen dieser Untersuchung interessiert nun, ob ebenfalls fur die Systemklasseder gewichteten Kombination lokal linearer Zustandsmodelle ein Zustandsbeobachtermit den oben genannten Eigenschaften existiert. Dazu wird analog zum Regelgesetz(7.8) ein L(z) mit

L(z) =r∑

j=1

αj(z(t))Lj (7.15)

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7.2. STABILITATSKRITERIEN 185

angesetzt (vgl. [204]) und die r Teilsysteme (7.13) zu einem Gesamtsystem kombiniert:

˙x(t) =r∑

i=1

αi(z(t)) [Ai x(t) + Bi u(t) ]−r∑

j=1

αj(z(t))Lj (y(t)− y(t)) (7.16a)

y(t) =

r∑i=1

αi(z(t))Ci x(t) . (7.16b)

Druckt man nun e(t) = x(t)− ˙x(t) mit Hilfe der Gleichungen (7.9a) und (7.16a) aus,so erhalt man nach kurzer Umformung

e(t) =r∑

i=1

αi(z(t))Ai (x(t)− x(t)) +r∑

j=1

αj(z(t))Lj (y(t)− y(t))

und mit

y(t)− y(t) =

r∑i=1

αi(z(t))Ci (x(t)− x(t)) =

r∑i=1

αi(z(t))Ci e(t)

basierend auf (7.9b), (7.16b) und (7.14), ergibt sich die Fehlerdifferentialgleichung zu

e(t) =r∑

i=1

αi(z(t))r∑

j=1

αj(z(t))︸ ︷︷ ︸=1 (Erweiterung)

Ai e(t) +r∑

i=1

αi(z(t))r∑

j=1

αj(z(t))Lj Ci e(t)

e(t) =

r∑i=1

r∑j=1

αi(z(t))αj(z(t)) [Ai +Lj Ci] e(t) . (7.17)

In [204] wird zu diesem Fehlersystem sinngemaß der folgender Satz angegeben:

Satz 7.3. Gegeben seien die Matrizen Lj fur j = 1, . . . , r, das Streckenmodell (7.9) unddas System zur Rekonstruktion der Zustande (7.16). Dann ist fur beliebige Anfangs-zustande x0 ∈ Rn und x0 ∈ Rn das Fehlersystem (7.17) asymptotisch stabil, wenn einegemeinsame, symmetrisch positiv definite Matrix P fur alle Ai,Bi mit i = 1, . . . , r,alle Lj mit j = 1, . . . , r und fur i, j = 1, ..., r symmetrisch positiv definite Matrizen Qij

existiert, so dass die Gleichungen

(Ai +Lj Ci)TP + P (Ai +Lj Ci) = −Qij fur i, j = 1, . . . , r

erfullt sind.

Beweis von Satz 7.3. Der Beweis folgt der Argumentation zum Beweis des Satzes7.2.Sei V (e) = eTP e eine quadratisch positiv definite Funktion mit

V (x) = eTP e+ eTP e . (7.18)

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186 KAPITEL 7. STABILITATSANALYSE

Nach dem Einsetzen von (7.17) in (7.18) erhalt man

V (e) =r∑

i=1

r∑j=1

αi(z)αj(z)eT[(Ai +Lj Ci)

TP + P (Ai +Lj C i)]e. (7.19)

Wie zuvor ist das Fehlersystem asymptotisch stabil, wenn V (e) > 0 und V (e) < 0 furalle e 6= 0 gilt. Die erstgenannte Bedingung ist bereits durch V (e) erfullt, die zweitegilt, falls der Ausdruck

(Ai +Lj C i)TP + P (Ai +Lj C i)

fur alle i, j = 1, . . . , r negativ definit ist bzw. positiv definite Matrizen Qij mit

(Ai +Lj C i)TP + P (Ai +Lj Ci) = −Qij .

existieren.

Bemerkung 7.1. In konkreten Anwendungen kommt es haufig vor, dass nicht alleKomponenten des Zustandsvektors aus messbaren Großen rekonstruiert werden mussen.Bei linearen Systemen wird daher der Zustandsvektor zerlegt in messbare xa und zuschatzende Zustande xb, vgl. [55]. Zum Beispiel ist bei dem lokalen Modell 4. Ordnungdes servopneumatischen Antriebs xa = [ xK xK ]T und xb = [ x1 x2 ]T , vgl. (6.36). Auf-grund der strukturellen Gleichheit des reduzierten zum vollstandigen Beobachter beimlinearen Fall [55] lasst sich auch hierfur, analog zur vorhergehenden Untersuchung, einFehlersystem basierend auf der hier behandelten Modellklasse ableiten. Da aber beider hier behandelten Anwendung bereits in lokalen Bereichen die experimentell ermit-telten Regelguten mit dem Zustandsregler zusammen mit dem reduzierten Beobachterbasierend auf dem Modell 4. Ordnung nicht den festgelegten Anforderungen genugten,wurde dieser Ansatz zur globalen Stabilitatsanalyse nicht weiter verfolgt. Hier bestehtnach Meinung des Autors noch Forschungsbedarf.

7.2.2 Stabilitatskriterien mittels linearer Matrixungleichun-gen

Aus den zuvor behandelten Stabilitatssatzen ergeben sich Stabilitatskriterien, die aufder Existenz einer gemeinsamen, positiv definiten Matrix P , bezeichnet mit P > 0,basieren. Die Satze sowie die zugehorigen Beweise enthalten keinen Hinweis darauf,wie ein zulassiges P gefunden werden kann. Die Frage der Existenz der Matrix P kannjedoch mittels linearer Matrixungleichungen (engl. linear matrix inequalities) formuliertwerden [196].Die allgemeine Problemstellung in der Theorie der linearen Matrixungleichungen lautetwie folgt [30, 146]: Gegeben sei eine symmetrische Matrix H(χ), deren Koeffizienten

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7.2. STABILITATSKRITERIEN 187

affin von freien Parametern abhangen mit χ ∈ Rn·n als Vektor der freien Parameter.Die Frage lautet: Kann man die freien Parameter so wahlen, dass die symmetrischeMatrix negativ definit wird ? Existiert also ein Vektor χ, fur den

H(χ) < 0 (7.20)

gilt ? Dies soll nun am folgenden Zahlenbeispiel naher erlautert werden.

Zahlenbeispiel:Gegeben ist eine blockdiagonale Matrix der Form

H(χ) =

χ1 − χ2 0 0

0 χ2 − 1 χ1

0 χ1 −1

(7.21)

mit χ = [χ1 χ2 ]T wobei χ1, χ2 ∈ R. Bestimmt werden soll, fur welche Werte von χ1, χ2

die MatrixH(χ) negativ definit ist. Allgemein gilt, dass blockdiagonale Matrizen genaudann negativ sind, wenn das fur ihre Blocke zutrifft. Das heißt in diesem Fall fur (7.21)

H(χ) < 0 ⇔ χ1 − χ2 < 0 ,

χ2 − 1 χ1

χ1 −1

< 0 . (7.22)

Mit Anwendung des Hauptminorenkriteriums [33] zum Test der negativen Definitheitder zweiten Untermatrix erhalt man das folgende Ungleichungssystem

χ1 − χ2 < 0 ∧χ2 − 1 < 0 ∧

(χ2 − 1) + χ21 < 0 .

(7.23)

Die Losungsmenge von (7.23), welche nur die Werte von χ1, χ2 enthalt bei der H(χ)negativ definit ist, lasst sich fur dieses Beispiel grafisch in der Ebene konstruieren. DieLosungsmenge hat dabei eine konvexe Form.

Allgemein ist aufgrund der Affinitat von H(χ) bezogen auf χ die Losungsmenge furχ immer konvex [146] und somit ein konvexes Optimierungsproblem, welches sich mit,,Innere-Punkt-Methoden” [61, 127] effizient losen lasst. Implementiert sind diese Me-thoden u.a. in der Matlab LMI-Toolbox [56], die bei dieser Untersuchung eingesetztwird. Mit diesem Programmpaket kann getestet werden ob es eine Losung χ der LMI(7.20) gibt oder ob diese unlosbar ist. Falls (7.20) eine Losung besitzt wird diese auchberechnet und vom Programm ausgegeben.Ubertragt man nun das bisher gesagte auf das Stabilitatskriterium des Satzes 7.1, so

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188 KAPITEL 7. STABILITATSANALYSE

wird aus den r Matrixgleichungen ATi P + PAi = −Qi mit Qi < 0 offensichtlich r

Matrixungleichungen

H i(χ) = ATi P + PAi < 0 fur i = 1, . . . , r . (7.24)

Die Koeffizienten von P bilden dabei den Vektor χ der gesuchten freien Parameter,wobei die Koeffizienten von H i linear (der konstante Anteil der affinen Terme ist indiesem Fall Null) von diesen Parametern abhangen. Analog erhalt man zum Satz 7.2das Stabilitatskriterium in Form von linearen Matrixungleichungen

H ij(χ) = (Ai +BiF j)TP + P (Ai +BiF j) < 0 fur i, j = 1, . . . , r . (7.25)

Das heißt, der geschlossene Kreis ist asymptotisch stabil, falls eine gemeinsame MatrixP > 0 gefunden werden kann, so dass alle Ungleichungen (7.25) erfullt sind. Fast mandie Matrizen aus (7.24) in einer Blockmatrix zusammen mit

H(χ) = diag[H1(χ), . . . ,Hr(χ)] (7.26)

bzw. aus (7.25) mit

H(χ) = diag[H11(χ), . . . ,H1r(χ),H21(χ), . . . ,Hrr(χ)] , (7.27)

so ist das System endlich vieler linearer Matrixungleichungen (7.24) bzw. (7.25) zu(7.20) aquivalent [146].

7.2.3 Reduktion der Anzahl der verkoppelten linearen Ma-trixungleichungen

Die Anzahl der linearen Matrixgleichungen, fur die ein zulassiges P beim Stabilitats-nachweis gefunden werden muss, lasst sich reduzieren, wenn die lokale Gultigkeit derTeilmodelle ausgenutzt wird. Das heißt, betrachtet man nochmals die Herleitung derMatrixgleichung (7.12) ausgehend von der quadratischen Ljapunovfunktion und derenAbleitung (7.11), so ist offensichtlich, dass nur die Gleichungen bzw. Ungleichungenmit den Indexpaaren (i, j) berucksichtigt werden mussen fur die

αi(z)αj(z) 6= 0 fur i, j = 1, . . . , r (7.28)

gilt. Denn sowohl die Teilmodelle (Ai,Bi) als auch die Teilregler F j und TeilbeobachterLj sind in dem hier betrachteten Fall in einer lokalen Umgebung gultig. Dies wird imEinzelnen im ubernachsten Kapitel im Abschnitt 9.3.2 untersucht.

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7.2. STABILITATSKRITERIEN 189

11

13

201917 18

15 16

10

0 3 6 9

321 4

6 7 8

9 12

14

5

Arbeitsbereich

0.08

0.05

0.0

-0.05

-0.08

1

0

1 0

Mi1

Mi2

Zugehörigkeits-funktion M 21

i1Zugehörigkeits-funktion M

z2

z1

Bild 7.1: Ein Beispiel zur Anordnung lokaler Modelle im zweidimensionalen Scheduling-Raum mit z = [ z1 z2 ]T .

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190 KAPITEL 7. STABILITATSANALYSE

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Kapitel 8

Reibkraftkompensation

8.1 Einleitung

In diesem Kapitel wird die Methode der Storgroßenaufschaltung zur aktiven Kompensa-tion von reibungsinduzierten Schwingungen, in diesem Fall von sogenannten Stick-SlipSchwingungen, experimentell untersucht. Die Storgroßenaufschaltung enthalt das iden-tifizierte Reibmodell fur xK 6= 0 aus Abschnitt 6.4.3 und die identifizierte lokal lineareUbertragungsfunktion GpLi

(6.33) aus Abschnitt 6.4.2.Bekannt ist, dass in servopneumatischen Antrieben Stick-Slip Schwingungen bei Ver-fahrgeschwindigkeiten von ca. |xK | < 0.05 m/s durch die Reibung zwischen Kolbenund Zylinderinnenwand induziert werden [123]. Dies ist von Nachteil, da bei niedrigenVerfahrgeschwindigkeiten hierdurch die maximal mogliche Positioniergenauigkeit vonServoantrieben stark herabgesetzt wird. Dieses Phanomen tritt auch bei anderen An-triebsarten wie elektromagnetischen und hydraulischen Antrieben auf [12]. Grund istder im Experiment zu beobachtende Abfall der Reibkraft beim Ubergang vom Haftenzum Gleiten, vom Stillstand in die Bewegung. Zur Erhohung der Genauigkeit von Ser-voantrieben mussen daher besondere Maßnahmen ergriffen werden.Eine Moglichkeit zur Kompensation der Reibung und somit der induzierten Schwin-gungen ist die Methode der Storgroßenaufschaltung. Diese Methode basiert auf derAnnahme, dass die Storgroße, in diesem Fall die Reibkraft, aus messbaren Zustandenberechenbar ist und in den Bereich des Stellgroßeneingangs so zuruckgefuhrt werdenkann, dass die Wirkung der Storgroße im Idealfall vollstandig kompensiert wird [54].Die Methode der Storgroßenaufschaltung zur Reibungskompensation wurde u.a. in denArbeiten [59, 73, 87] untersucht. Allerdings wird dort nur der Coulomb’sche Reibanteileinbezogen. In der folgenden Untersuchung soll daher zusatzlich die Stribeck-Reibung(Ubergang vom Haften zum Gleiten) berucksichtigt werden. Erstmals wird dazu einModell verwendet, welches auf gewichteten Kombinationen von Geradengleichungenbasiert.

191

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192 KAPITEL 8. REIBKRAFTKOMPENSATION

8.2 Struktur der Storgroßenaufschaltung

Das Bestimmen der Struktur einer Storgroßenaufschaltung ist ein von der eigentlichenRegelungsaufgabe entkoppeltes Problem. In diesem Fall gehen wir von einem Servo-antrieb aus, der mit einem P-Glied Kp positionsgeregelt betrieben wird. Aufgabe istdie Regelgute mit Hilfe einer Reibkraftkompensation zu verbessern. Im Einzelnen sollhierbei zum Ausgang des linearen Reglers, im Folgenden ufb genannt, ein Signal uFf

derart addiert werden, dass der Einfluss der Reibung im Antrieb kompensiert wird.Das Stellsignal am Eingang des Servoventils setzt sich somit zusammen aus

uv = ufb + uFf. (8.1)

Um mit uFfden Reibeinfluss moglichst vollstandig kompensieren zu konnen muss zum

einen ein Reibmodell und zum anderen ein geeignetes Modell der Antriebsdynamikvorliegen. Dies wird im Folgenden naher erlautert. Ausgangspunkt ist die Bewegungs-gleichung des Kolbens und der Last, vgl. (6.35),

miXK s2 + Ff = AK PL (8.2)

mit der geschwindigkeitsabhangigen aber statischen Reibkraftfunktion Ff . Die Druck-differenz PL wird durch das Teilmodell des Antriebs in Form der Ubertragungsfunktion(6.33) ersetzt. Somit ist

miXK s2 + Ff = AK GpLiUv . (8.3)

Das Einsetzen von (8.1) ergibt

miXK s2 + Ff = AK GpLiUfb + AK GpLi

UFf . (8.4)

Im Idealfall lasst sich dann nach (8.4) die Reibkraft durch das aufgeschaltete Signal

UFf = G−1pLi

A−1K Ff (Vk) (8.5)

mitXK = VK/s kompensieren. Allerdings mussen hierbei zwei Punkte beachtet werden:Erstens liegt das Reibmodell nur in Form eines approximativen Modells vor. Dieses wirdaus Messdaten basierend auf der Struktur (6.37) identifiziert und wird im Folgendenals Ff bezeichnet. Zweitens ist

G−1pLi

=Uv(s)

PL(s)=s2 + a1is+ a2i

b1is+ b2i=s2 + a1is+ a2i

b1is2 + b2iss , (8.6)

vgl. (6.33), aufgrund des D-Glieds nicht realisierbar, denn das unvermeidbare Rauschendes Geschwindigkeitssensors wird in unzulassiger Weise verstarkt. Die Verstarkung desRauschens lasst sich reduzieren, indem das D-Glied durch das Ubertragungsglied

G(s) =s

τ s+ 1(8.7)

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8.3. EXPERIMENTELLE UNTERSUCHUNGEN 193

üü

Ff

servopneumatischer Antrieb

XKXK.

Ff^-1 1

0.01s+1

Kpr uvufb

uFf

--

++

AK

AK

1

G1

pL

G1

pL

Störgrößenaufschaltung

mK

1 üü

Bild 8.1: Blockschaltbild der Storgroßenaufschaltung im Regelkreis zur Reibkraftkom-pensation eines servopneumatischen Antriebs fur den Arbeitsbereich um die Kolben-mittelstellung bei Leerlauf (d.h. m = mK , mL = 0 kg und GpLi

nach (6.33) fur i = 1).

mit der Zeitkonstante τ = 0.01 ersetzt wird, die im Vergleich zu den Zeitkonstanten derStrecke klein ist. Abschließend lasst sich das Stellsignal am Eingang des Servoventilsmit der Storgroßenaufschaltung im geschlossenen Kreis zu

Uv = Kp (R−XK) +G−1pLi

1

AK(τ s+ 1)Ff(VK) (8.8)

berechnen. Die gesamte Struktur zusammen mit der Positionsregelung und der ange-setzten Streckendynamik fur den lokalen Arbeitsbereich i = 1 (gilt fur Kolbenbewe-gungen bei Leerlauf um die Kolbenmittelstellung) ist in Bild 8.1 dargestellt.

8.3 Experimentelle Untersuchungen

Bevor die gesamte Signalkette der Storgroßenaufschaltung aus Bild 8.1 im geschlosse-nen Kreis experimentell untersucht wird, vergleichen wir zunachst nur die mit (6.37)geschatzten mit der gemessenen Reibkraft. Letztere wird aus den gemessenen Kam-merdrucken und der gemessenen Kolbenbeschleunigung nach

Ff (t) = AK ( pI(t)− pII(t) )−mi xK(t)−mi g (8.9)

mit mi = mK bestimmt. Ein Vergleich der Reibkrafte in Verbindung mit der Kol-bengeschwindigkeit ist in Bild 8.2 dargestellt. Die Messdaten wurden wahrend einersinusformigen Sollposition von r(t) = r sin(2π f t) mit f = 2 Hz und r = 0.05 m erfasst.Die großten Abweichungen zwischen gemessener Ff und geschatzter Reibkraft Ff er-kennt man wahrend des Kolbenstillstands xK = 0. Der nicht approximierte Sprung des

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194 KAPITEL 8. REIBKRAFTKOMPENSATION

0 0.2 0.4 0.6 0.8 1 1.2 1.4 1.6 1.8 2

−40

−20

0

20

40

gemessene Reibkraft

0 0.2 0.4 0.6 0.8 1 1.2 1.4 1.6 1.8 2

−40

−20

0

20

40

geschätzte Reibkraft

0 0.2 0.4 0.6 0.8 1 1.2 1.4 1.6 1.8 2

−0.1

−0.05

0

0.05

0.1

Kolbengeschwindigkeit

t / [s]

t / [s]

t / [s]

Ff / [N]

Ff / [N]

/\

xK / [m/s]

.

Bild 8.2: Vergleich der gemessenen Reibkraft, vgl. (8.9), mit der geschatzten nach (6.37)zusammen mit der gemessenen Kolbengeschwindigkeit. Die Messwerterfassung erfolgteim Regelkreis bei einer sinusformigen Sollposition von r(t) = r sin(2π f t) mit f = 2 Hzund r = 0.05 m.

Coulomb’schen Anteils, siehe Bild 6.16, und die fehlende Fallunterscheidung zwischenHaften und Gleiten verursachen ein rauschahnliches Ausgangssignal aufgrund des Rau-schens im Geschwindigkeitssensor. Ein heuristischer Schwellwert, zur Unterscheidungzwischen Gleiten und Haften, wie dies in [111] vorgeschlagen wird, kann jedoch durchdas nachgeschaltete PT1-Glied, siehe Bild 8.1, vermieden werden.Die positive Auswirkung der Storgroßenaufschaltung im geschlossenen Kreis nach (8.8)ist in Bild 8.3 dokumentiert. Zu sehen ist der Vergleich der gemessenen Kolbenposi-tion xK(t) und -geschwindigkeit xK(t) mit und ohne Reibkraftkompensation bei ram-penformiger Sollposition r(t) fur ein Kp = 150. Eine Verbesserung ist deutlich zu er-kennen. Allerdings wird die Reibkraft nicht vollstandig kompensiert und die damitverursachte Schwingung in der Kolbengeschwindigkeit nicht vollstandig verhindert.Der Grund liegt hierbei in der Totzeit zwischen der Steuerspannung des Servoventilsund dem Aufbau der erforderlichen Kammerdrucke. Nach [166] ist selbst bei idealerStorgroßenaufschaltung eine vollstandige Kompensation nicht moglich, da die Zeitdau-er des Aufbaus der zur Schwingungsdampfung erforderlichen Gegendrucke im Vergleichzu den aufgetretenen Frequenzen der Stick-Slip Schwingungen zu groß ist.

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8.3. EXPERIMENTELLE UNTERSUCHUNGEN 195

0.5 0.55 0.6 0.65 0.7 0.75 0.8 0.85 0.9 0.95 1

−0.05

0

0.05

0.1

mit Störgrößenaufschaltung

0.5 0.55 0.6 0.65 0.7 0.75 0.8 0.85 0.9 0.95 1

−0.05

0

0.05

0.1

ohne Störgrößensaufschaltung

xk / [m]

xk / [m]

xk / [m/s]

.

xk / [m/s]

.

t / [s]

t / [s]

xk

xk

xk

xk

.

.

r

r

Bild 8.3: Vergleich der gemessenen Kolbenposition xK und -geschwindigkeit xK beirampenformiger Sollposition mit und ohne Reibkraftkompensation mittels Storgroßen-aufschaltung.

Nach Meinung des Autors ist das vorgestellte Konzept jedoch gerade fur elektromagne-tische Aktuatoren aufgrund kleinerer Zeitkonstanten viel versprechend. Ebenso kanndie Eigenschaft des Reibmodells, deren zu schatzende Parameter (der lokalen Gera-dengleichungen) linear in (6.41a) eingehen, ausgenutzt werden zur rekursiven Parame-terschatzung [107], womit man die in der Praxis haufig auftretenden zeitvariablen Cou-lomb’schen Anteile berucksichtigt. Weiterhin kann bei servopneumatischen Antriebendurch das Uberfuhren der r lokalen Ubertragungsfunktionen (8.6) in eine Zustands-raumdarstellung und der gewichteten Kombination derselben die Reibkraftkompensa-tion auf den gesamten Arbeitsbereich erweitert werden.

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196 KAPITEL 8. REIBKRAFTKOMPENSATION

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Kapitel 9

Reglerentwurf am Beispielservopneumatischer Antriebe

Wir kehren nun zur anfanglichen Fragestellung zuruck. Im Hinblick auf die vorherge-henden Ergebnisse aus Kapitel 6 und 7 lasst sich diese konkretisieren: Ist die appro-ximative identifikationsgestutzte Modellbeschreibung mittels gewichteter Kombinationlokaler Zustandsmodelle fur eine Reglersynthese ausreichend ? Sind die Forderungen andie Positions- bzw. Lageregelung eines fluidischen Antriebs, wie Stabilitat, genugendestationare Genauigkeit und schnelles Fuhrungsverhalten im gesamten Arbeitsbereicherfullbar ? Neben dem Entwurf der einzelnen lokalen Regler und dem Nachweis derStabilitat im gesamten Arbeitsgebiet kann diese Frage abschließend nur durch expe-rimentelle Validierung beantwortet werden. Dies wird in diesem Kapitel im Einzelnenam Beispiel eines servopneumatischen Antriebs untersucht.Hierbei beschranken wir uns auf den Reglerentwurf basierend auf dem Modell 3. Ord-nung (6.43) bei dem alle Zustande messbar sind. Im Vorfeld ist ein einschleifiger Posi-tionsregler basierend auf dem Black-Box Modell 4. Ordnung (6.42) mit vollstandigemBeobachter nach (7.15) und (7.16) untersucht worden. Die Ergebnisse sind in [155]dokumentiert. Es konnte gezeigt werden, dass damit jedoch nicht die Anforderungenerfullbar sind, die nun im folgenden Abschnitt zur Positionsregelung definiert werden.

9.1 Anforderung an die Positionsregelung

Der Gain-Scheduling Zustandsregelung mit vollstandiger Ruckfuhrung soll folgendenAnforderungen genugen, die als Spezifikation im Zeitbereich formuliert wird:

Unabhangig von der aktuellen Last, die im Intervall von mL = [ 0 , 9 ] kg liegen darfund einer zulassigen Kolbenposition von xK 6 ±0.12 m (vgl. Bild 6.1) wird gefordert,dass

1. die stationare Regelabweichung unterhalb von 0.2 mm liegen muss (e∞ 6 0.2 mm),

197

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198 KAPITEL 9. REGLERENTWURF SERVOPNEUMATISCHER ANTRIEBE

2. ein Uberschwingen des Servoantriebs bei einer maximal zulassigen Sollgeschwin-digkeit von xKmax = 0.6 m/s auf jeden Fall vermieden werden muss, d.h. dieUberschwingweite ist zu allen Zeiten Null (Mp = 0),

3. die Ausregelzeit (settling time) bei maximaler Positionsanderung von 0.06 m un-terhalb von 0.3 s liegen muss, um eine Verbesserung gegenuber einschleifigen Reg-lern um mindestens 40 % zu erzielen (ts 6 0.3 s),

4. die Sollposition r(t) beliebig innerhalb des zulassigen Bereichs von ±0.1 m beieiner maximalen Kolbengeschwindigkeit von 0.6 m/s vorgegeben werden darf.

9.2 Gain-Scheduling Zustandsregler mit I-Anteil

Zunachst wird das lokale Regelgesetz basierend auf dem lokalen Streckenmodell (6.25)mit

u(t) = F1j

t∫0

e(τ) dτ + F 0jx(t) , e(t) = xK(t)− r(t) (9.1)

eingefuhrt, wobei x = [ x1 x2 x3 ]T ist mit den Zustanden

x1 := pL , x2 := xK , x3 := xK

nach (6.25) mit

pL = pI − pII − pL0 mit pL0 =(mK +mL) g

AK

(vgl. (6.20b)) und F1i∈ R und F 0i

∈ R1×3. Hierbei setzt sich das Regelgesetz (9.1)zusammen aus einem integrierenden Anteil mit r(t) als Sollposition und einem Anteilmit Zustandsruckfuhrung. Fuhrt man nun den neuen Zustand (vgl. [55])

xI(t) =

t∫0

xK(τ) dτ (9.2)

ein, der sich aus der Differentialgleichung

xI = Ci x = xK mit C i = [ 0 1 0 ] (9.3)

ergibt, lasst sich das Regelgesetz (9.1) auch schreiben als

u(t) = F j x(t)− F1j

t∫0

r(τ) dτ (9.4a)

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9.2. GAIN-SCHEDULING ZUSTANDSREGLER MIT I-ANTEIL 199

mit den Abkurzungen

F j :=[F1j

F 0j

], x :=

[xI

x

]. (9.4b)

Ebenso wird das lokale Zustandsmodell der Strecke (6.25) um xI erweitert und wirerhalten unter Berucksichtugung von (9.3) bei Vernachlassigung des Anteils ai =[ 0 , 0 , −Fci

/mi ]T fur alle i = 1, . . . , r[xI

x

]=

[0 C i

0 Ai

]︸ ︷︷ ︸

=:Ai

[xI

x

]+

[0Bi

]︸ ︷︷ ︸

=:Bi

u

y = [ 0 C i ]︸ ︷︷ ︸=:Ci

[xI

x

] (9.5)

mit u := uv und den Abkurzungen Ai, Bi und Ci als Matrizen des um xI erweitertenTeilsystems. Die Vernachlassigung der Komponente −Fci

/mi ist in Bezug auf die ge-forderte Regelgute zulassig. Denn einerseits muss beachtet werden, dass die Regelungfur einen Geschwindigkeitsbereich von bis zu ±0.6 m/s und Beschleunigungsbereichvon bis zu ±40 m/s2 ausgelegt wird und andererseits der Coulomb’sche ReibkraftanteilFc nur bei niedrigen Verfahrgeschwindigkeiten unterhalb von ±0.1 m/s relevante Aus-wirkungen auf die Antriebsdynamik hat, vgl. hierzu die Untersuchungen in Kapitel 8.Weiterhin muss beachtet werden, dass der stationare Regelfehler, der durch die Ver-nachlassigung der Reibkraft bei reiner Zustandsruckfuhrung nicht ausgeregelt wurde,durch den im Regelgesetz enthaltenden I-Anteil kompensiert wird.Nach dieser Vorarbeit im Lokalen kann nun das Regelgesetz des Gain-Scheduling Zu-standsreglers mit vollstandiger Ruckfuhrung wie folgt als gewichtete Kombination von(9.4) fur j = 1, . . . , 20 angegeben werden:

u(t) =

20∑j=1

αj(z(t)) F j x(t)−20∑

j=1

αj(z(t))F1j

t∫0

r(τ) dτ (9.6)

mit z = [ z1 z2 ]T und den Scheduling-Variablen

z1 := mL , z2 := zK . (9.7)

Das Gesetz (9.6) enthalt die PDC Struktur aus [196] (siehe auch (7.8)) und zusatz-lich eine gewichtete Kombination der integralen Anteile. Es basiert auf dem folgendenglobalen Zustandsmodell der Strecke:[

xI

x

]=

20∑i=1

αi(z(t))

[0 Ci

0 Ai

]︸ ︷︷ ︸

Ai

[xI

x

]+

20∑i=1

αi(z(t))

[0Bi

]︸ ︷︷ ︸Bi

u (9.8a)

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200 KAPITEL 9. REGLERENTWURF SERVOPNEUMATISCHER ANTRIEBE

mit r = 20 lokalen Modellen wobei

Ai =

QLi0 Qdxi

0 0 1AK

mi0 −dFf

mi

, Bi =

Qxvikv

00

und Ci = C = [ 0 1 0 ] (9.8b)

fur i = 1, . . . , 20 ist. Die gemeinsame Ausgangsgleichung lautet

y = [ 0 Ci ]

[xI

x

]= C i x = xK (9.8c)

mit Ci = [ 0 0 1 0 ] fur alle i. Die Gewichte αi im Regelgesetz (9.6) und der Zustands-gleichung der Strecke (9.8a) sind identisch und werden gebildet durch

αi(z(t)) =

2∏j=1

Mij(zj(t))

20∑i=1

[2∏

j=1

Mij(zj(t))

] (9.9)

mit z = [ z1 z2 ]T und den Scheduling-Variablen z1 := mL , z2 := zK . Die Anordnungund der Verlauf der Zugehorigkeitsfunktionen ist in Bild 6.17 dargestellt und wurdebereits im Kapitel 6 festgelegt.

Das Einsetzen von (9.6) in (9.8a) ergibt nun mit den Abkurzungen (9.4b) die Zustands-gleichung der Dynamik des geschlossenen Kreises

˙x =

20∑i=1

αi(z) Ai x+

20∑i=1

αi(z) Bi

20∑j=1

αj(z) F j x

−20∑i=1

αi(z) Bi

20∑j=1

αj(z)F1j

t∫0

r(τ) dτ .

(9.10)

Durch das Zusammenfassen einiger Terme erhalt man

˙x =

20∑i=1

αi(z) Ai x +

20∑i=1

20∑j=1

αi(z)αj(z) Bi

(F 0j

x+ F1j

t∫0

( xK(τ)− r(τ) ) dτ

).

Zerlegt man anschließend den Zustandsvektor x in xI und x so ergibt sich wiederumdie Zustandsgleichung von x

x =

20∑i=1

αi(z) Ai x +

20∑i=1

αi(z)Bi

20∑j=1

αj(z)

(F 0j

x+ F1j

t∫0

( xK(τ)− r(τ) ) dτ

),

(9.11)

die zur Veranschaulichung der Reglerstruktur als Blockschaltbild in Bild 9.1 dargestelltist.

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9.3. BESTIMMUNG DER REGLERKOEFFIZIENTEN 201

x (t)KC-

r(t)

FS zz)(aj j0j=1

20

BS zz)(aii=1

20

i

AS zz)(aii=1

20

i

FS zz)(aj j1j=1

20

+ ++ ++

x(t)

Bild 9.1: Blockschaltbild des Gain-Scheduling Zustandsreglers mit der Modellvorstel-lung der Strecke

9.3 Bestimmung der Reglerkoeffizienten

9.3.1 Lokale Reglersynthese

Die Koeffizienten des Gain-Scheduling Zustandsreglers (vgl. Bild 9.1) der VektorenF j = [F1j

F 0j] ∈ R

1×4 fur j = 1, . . . , 20 werden nun mittels Polvorgabe bestimmt.

Jedem F j wird zunachst genau ein Streckenmodell (Ai , Bi) mit j = i zugeordnet.Hierbei wird wie beim linearen Reglerentwurf fur jedes i’te lineare Teilmodell (9.5)durch die Vorgabe der Pole bzw. Eigenwerte des geschlosssenen Kreises ein F i berech-net, um die gewunschte Dynamik zu erzielen. Basierend auf den zuvor festgelegtenAnforderungen (Abschnitt 9.1), die in diesem Fall unabhangig von der jeweiligen Kol-benposition und aktuellen Last erfullt sein mussen, wird eine identische Vorgabe derPole fur alle i angesetzt. Zur Wahl der Pole pcl des geschlossenen Kreises

Acli :=[Ai + Bi F i

](9.12)

werden Pollagen aus [55] verwendet, die nach dem ITAE-Kriterium (integral of timemultiplied by the absolute values of error) berechnet werden und sich auf generalisierteRegelkreise mit einer Eckfrequenz (cut-off frequency) von fc = 1/(2π) Hz beziehen. Furein System 4. Ordnung mit einem fc ∈ R∗

+ werden daraus die zu wahlenden Pollagenmit

pcl = 2 π fc

−0.4240 + i 1.2630−0.4240− i 1.2630−0.6260 + i 0.4141−0.6260− i 0.4141

(9.13)

bestimmt. In diesem Fall liefert die identische Polvorgabe fur alle r Teilsysteme mitdem ITAE-Kriterium ein fur den Anwender nachvollziehbares Werkzeug um die Spe-zifikation im Zeitbereich direkt umsetzen zu konnen. Syntheseverfahren, die auf LMI-Methoden basieren, sind zwar aus theoretischer Sicht eleganter, da mit ihnen der globale

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202 KAPITEL 9. REGLERENTWURF SERVOPNEUMATISCHER ANTRIEBE

Stabilitatsnachweis (vgl. Abschnitt 9.3.2) und die lokale Synthese in einem Berech-nungsschritt1 erfolgen kann, liefern jedoch ein oft zu konservatives Ergebnis [41]. Auchin der hier behandelten Anwendung konnte damit nicht die geforderte Ausregelzeit beiuberschwingungsfreier Positionierung erzielt werden.Dagegen liefern die gewahlten Pollagen nach dem ITAE-Kriteriums zusammen mit derAnwendung der Ackermann-Formel [54] Reglerkoeffizienten, die bei einer zulassigenBegrenzung der Sollgeschwindigkeit von 0.6 m/s, die geforderte uberschwingungsfreiePositionierung des Antriebs theoretisch garantieren. Weiterhin wird sichergestellt, dassmit der gewahlten Eckfrequenz fc = 8 Hz eine mit Hilfe von [55, Bild 6.16] ermitteltemaximale Ausregelzeit von ts ≈ 0.23 s in den lokalen Arbeitsbereichen erzielbar ist. DerNachweis der globalen Stabilitat erfolgt im folgenden Abschnitt und die experimentelleUntersuchung der stationaren Genauigkeit und des Fuhrungsverhaltens im gesamtenArbeitsbereich erfolgt im Abschnitt 9.5.Exemplarisch werden noch gesondert die berechneten Koeffizienten der Zustandsruck-fuhrung F 0i

und des I-Anteils F1ifur i = 2, 3, 4 angegeben:

i = 2 : F12 = −1.409× 104 , F 02 = [−7.814× 10−5 , −7.567× 102 , −5.623× 100 ] ,

i = 3 : F13 = −1.856× 104 , F 03 = [−7.828× 10−5 , −9.968× 102 , −1.252× 101 ] ,

i = 4 : F14 = −2.411× 104 , F 04 = [−7.599× 10−5 , −1.295× 103 , −2.023× 101 ] .

Diese basieren auf den lokal gultigen Streckenmodellen (9.5) mit den identifiziertenStreckenparametern aus dem Anhang G.2.

9.3.2 Globaler Stabilitatsnachweis

Basierend auf den Beschreibungen der Zustandsgleichung des geschlossenen Kreisesaus Abschnitt 9.2 wird nun mit Hilfe der Erweiterung

∑20i=j αi(z(t)) = 1 die Gleichung

(9.10) nach kurzer Umformung auf die Form

˙x =r∑

i=1

r∑j=1

αi(z)αj(z)[Ai + Bi F j

]x−

r∑i=1

r∑j=1

αi(z)αj(z) Bi F1j

t∫0

r(τ) dτ

(9.14)

gebracht, die nun zum Nachweis der asymptotischen Stabilitat der Eigenbewegung desgeschlossenen Kreises dient. Zum Nachweis wird der Satz 7.2 angewandt und als Ma-trixungleichung (7.25) formuliert:(

Ai + Bi F j

)T

P + P(Ai + Bi F j

)< 0 , P > 0 , (9.15)

1Die mittels numerischer Optimierung berechnete Losung P wird hierbei weiter verwendet, umaus P und der lokalen Modelle die F i fur i = 1, . . . , r zu ermitteln, siehe z.B. [63].

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9.3. BESTIMMUNG DER REGLERKOEFFIZIENTEN 203

wobei fur die verkoppelten lokalen Modelle mit αi(z) · αj(z) > 0 eine gemeinsamesymmetrische positiv definite Matrix P existieren muss. Fur die Konfiguration ausBild 7.1 muss fur n = 130 + 1 Matrixungleichungen eine Losung P gefunden wer-den. Diese Anzahl ergibt sich aus den folgenden Uberlegungen: Die vier Modelle inden Ecken des Scheduling-Gebiets bezeichnet mit i = 13, 16, 17, 20 sind jeweils mitsich selbst und drei Nachbarn verkoppelt. Die Modelle am Rand bezeichnet mit i =1, 4, 5, 8, 9, 12, 14, 15, 18, 19 die nicht in einer Ecke liegen, sind mit sich selbst und funfNachbarn verkoppelt. Die sechs restlichen Modelle bezeichnet mit i = 2, 3, 6, 7, 10, 11 ,die nicht am Rand liegen, sind jeweils mit acht und naturlich auch mit sich selbst ver-koppelt. Dieser Sachverhalt ist ubersichtlich in der Tabelle 9.1 dargestellt. Die zusatz-

Tabelle 9.1: Anzahl der verkoppelten Modelle fur die Konfiguration aus Bild 7.1

Lage im Scheduling-Gebiet Anzahl der Nachbarn Verkopplungen

Ecke (#4) 3 4 · (3 + 1)

Rand (#10) 5 10 · (5 + 1)

Mitte (#6) 8 6 · (8 + 1)∑130

liche Matrixungleichung (+1) ergibt sich aus der Forderung P > 0.Um bestimmen zu konnen, ob eine zulassige Losung von (9.15) fur die n = 131 Ma-trixungleichungen existiert, wird in dieser Arbeit die Funktion feasp aus der MatlabLMI-Toolbox [56] verwendet. Fur das gesamte Scheduling-Gebiet konnte jedoch kei-ne zulassige Losung berechnet, d.h. es konnte keine gemeinsame Ljapunov-Funktion(7.6) basierend auf der gemeinsamen positiv definiten Matrix P bestimmt werden.Nur durch systematische Reduktion der Modellanzahl sind fur verschiedene Teilgebie-te Stabilitatsnachweise erbracht worden.Im Einzelnen wurden hierzu zunachst diejenigen Falle betrachtet, bei denen der Antriebuber den gesamten Stellbereich mit konstanten Lastmassen von mL = 0, 3, 6, 9 kgbetrieben wird. Die Anzahl der Matrixungleichungen in (9.15) reduziert sich dann aufn = 14 + 1. Fur diese relativ geringe Anzahl konnte z.B. fur den Fall mL = 3 kg mitder Funktion feasp eine zulassige Losung von

P =

4.6249e+ 019 8.7838e+ 008 6.2979e+ 017 1.7234e+ 0168.7838e+ 008 6.0873e+ 002 3.4631e+ 009 1.8140e+ 0076.2979e+ 017 3.4631e+ 009 6.1426e+ 016 4.5358e+ 0141.7234e+ 016 1.8140e+ 007 4.5358e+ 014 1.6613e+ 013

berechnet werden. Das bedeutet aber, daß die Stabilitat im gesamten Stellbereich nurfur konstante Lasten, nicht aber fur Lastanderungen garantiert ist.Will man jedoch Lastanderungen zulassen, so hat sich gezeigt, dass der globale Sta-bilitatsnachweis nur durch eine Einschrankung des zulassigen Stellbereichs und des

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204 KAPITEL 9. REGLERENTWURF SERVOPNEUMATISCHER ANTRIEBE

zulassigen Lastintervalls gefuhrt werden kann. Fur den eingeschrankten Bereich derLastmassenanderung von mL = 3 kg bis mL = 6 kg im eingeschrankten Stellbereichvon xK = −0.05 m bis xK = 0.05 m erhalten wir fur die resultierenden n = 28 + 1Matrixungleichungen eine zulassige Losung von

P =

1.7830e+ 020 1.0694e+ 011 3.7007e+ 018 7.4886e+ 0161.0694e+ 011 1.8696e+ 003 1.3487e+ 010 1.7647e+ 0083.7007e+ 018 1.3487e+ 010 2.6259e+ 017 3.1330e+ 0157.4886e+ 016 1.7647e+ 008 3.1330e+ 015 7.6066e+ 013

.

Das heißt, die Stabilitat ist im Stellbereich von xK 6 |0.05|m fur Anderungen derLastmasse zwischen 3 kg und 6 kg garantiert.

9.4 Reglerimplementierung

9.4.1 Schatzung der aktuellen Last

Bisher sind wir davon ausgegangen, dass die Scheduling-Variablen z im Regelgesetz(9.6) bekannt bzw. messbar sind. Dies trifft fur z2 := xK zu, fur z1 := mL jedochnicht. Die als zeitvariabel angenommene Massenlast mL(t) des Antriebs lasst sich imlaufenden Betrieb allerdings aus den messbaren Großen xK , xK , xK , pI und pII undder bekannten beweglichen Masse des Antriebs mK schatzen. Die hierzu verwendetenSensoren sind im Anhang F.2.2 aufgefuhrt. Zur Losung dieses Problems wurde dasbekannte rekursive Least-Squares Verfahren mit einem konstanten Vergessensfaktor λ,welches u.a. in [107] beschrieben ist, angesetzt. In dieser Arbeit beschranken wir unsauf die zugrundeliegende Modellhypothese und den experimentellen Nachweis.Die Modellhypothese des Schatzers basiert auf der bereits eingefuhrten Bewegungsglei-chung (6.60) bei Vernachlassigung des Stribeckanteils Fstri(xK)

(mK +mL) xK + (mK +mL) g + dFfxK + Fc sgn(xK) = AK (pI − pII) . (9.16)

Neben der Masse werden zusatzlich die Reibkraftparameter dFfund Fc geschatzt. Es

hat sich gezeigt, dass damit eine Robustheit der Massenschatzung gegenuber Reibkraft-schwankungen erzielt werden kann. Aus (9.16) sind direkt die Vektoren zum Aufstellender rekursiven Schatzfunktion nach [107, Gl. (11.12)] ablesbar:

θ(t) =

mL(t) +mK

Fc(t)dFf(t)

, ϕ(t) =

xK(t) + gsgn(xK(t))xK(t)

, y(t) = ( pI(t)− pII(t) )AK .

Die restlichen zu wahlenden Parameter der Schatzfunktion sind wie folgt gewahlt wor-den:

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9.4. REGLERIMPLEMENTIERUNG 205

0.5 1 1.5 2 2.5 3 3.5

2

4

6

8

10

12

Schätzung der Gesamtmasse m = mK + m

L

t / [s]

Bild 9.2: Zeitlicher Verlauf der RLS-Schatzung bei einem Lastsprung von 3 kg

1. Ein Kompromiss zwischen schneller Erfassung von Lastanderungen und Robust-heit gegenuber Reibparameterschwankungen stellt der gewahlte Vergessensfaktorvon λ = 0.998 dar.

2. Der Anfangswert der Regressionsmatrix der Schatzfunktion lautet

R(0) = α

1 0 00 1 00 0 1

mit α = 1 · 105, wodurch der Einfluss des Anfangswerts auf die Schatzung verrin-gert wird, vgl. [107].

Das Ergebnis einer experimentellen Untersuchung ist in Bild 9.2 dargestellt. Mit demAnfangswert des Parameters θ1(0) = mK = 3.4 kg (Kolbenmasse plus Kolbenstangen-masse plus Sensormasse) wird die Lastmasse mit der Schatzung von mL = m−mK ≈3 kg nach ca. t = 1.2 s ermittelt. Die Schwankungen nach diesem Zeitpunkt sindzuruckzufuhren auf Storungen, die durch Reibkraftanderungen verursacht werden.

9.4.2 Anmerkung zur diskreten Realisierung des Reglers

Naturlich stellt sich bei einem Reglerentwurf mit zeitkontinuierlichen Modellen immerdie Frage, ob die Systemdynamik durch die Realisierung des Reglers als Abtastsystemnicht unzulassig verfalscht wird, da der Entwurf auf unzulassigen Modellvorstellungen

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206 KAPITEL 9. REGLERENTWURF SERVOPNEUMATISCHER ANTRIEBE

basiert. Zur Klarung dieses Sachverhalts kann folgende Abschatzung fur die zulassi-ge Abtastfrequenz fs basierend auf der identifizierten naturlichen Eigenfrequenz desAntriebs mit fn = [ 6 , 14 ] Hz (vgl. Bild 6.9 und 6.11) aus [55] angegeben werden:

fs > 20 fn = 20 · 14 = 280 Hz . (9.17)

Am Versuchsstand B (Anhang F.2) konnen zur Reglervalidierung simultan bis zu 32Messkanale pro A/D Karte abgetastet und ebenso viele uber eine D/A Karte ausgege-ben werden. Zur Regelung des servopneumatischen Antriebs werden simultan 5 Kanalemit fs = 1 · 103 Hz abgetastet und mit der gleichen Frequenz eine Stellspannung furdas Servoventil ausgegeben. Gemessen werden simultan die Kolbenposition, Kolbenge-schwindigkeit, Kolbenbeschleunigung und die beiden Kammerdrucke des Antriebs. Dieeingestellte Abtastfrequenz wird in den Experimenten, die im Folgenden beschriebenwerden, zu keinem Zeitpunkt unterschritten. Somit ist der Nachweis erbracht, dass einEntwurf im zeitkontinuierlichen Bereich zulassig ist.

9.5 Experimentelle Reglervalidierung

Zur experimentellen Reglervalidierung wird das Regelgesetz (9.6) auf einer digitalenHardware der Firma dSpace implementiert. Die einzelnen Komponenten sind im An-hang F.2.3 beschrieben. Hierbei werden folgende Experimente durchgefuhrt, um denEinfluss von Last- und Positionsanderungen auf die Regelgute bewerten zu konnen:

1. bei identischer Vorgabe der Sollposition werden die Lastmassen nacheinandervariiert,

2. bei konstanter Lastmasse wird der Sollpositionsbereich des Antriebs von −0.03 mbis 0.11 m variiert indem verschiedene Positionen nacheinander angefahren wer-den,

3. zum Vergleich wird eine lineare Zustandsreglung mit konstanten Koeffizienten mitden gleichen Lastvariationen (entsprechend Punkt 1) und Sollpositionen (entspre-chend Punkt 2) untersucht.

Zur Uberprufung der geforderten stationaren Genauigkeit des Gain-Scheduling Reglerswerden die Positionen, die nacheinander angefahren werden, eine Sekunde gehalten.Dabei wird darauf geachtet, dass diese nicht den z2 Komponenten der Arbeitspunkteder linearen Streckenmodelle entsprechen, vgl. Tabelle 6.3. Damit soll erreicht werden,dass das stationare Verhalten von mindestens zwei verkoppelten Teilreglern experimen-tell untersucht wird.

9.5.1 Untersuchungen mit diskreten Lastanderungen

Die erste Versuchsreihe zur Validierung des Gain-Scheduling Reglers (9.6) wird mitLastanderungen von mL = 0, 3, 6, 9 kg bei identischer Vorgabe der Sollposition

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9.5. EXPERIMENTELLE REGLERVALIDIERUNG 207

durchgefuhrt. Die experimentellen Ergebnisse sind in Bild 9.3 und Bild 9.4 zusam-mengefasst. In Bild 9.3 sind die Sollpositionen und die Istpositionen fur die verschiede-nen Lastfalle dargestellt. Die Druckdifferenz in den Zylinderkammern des Antriebs inAbhangigkeit von der aktuellen Last stellt Bild 9.4 dar. Weiterhin sind zur besseren Be-wertung der Regelgute zwei Ausschnitte der Positionsverlaufe aus Bild 9.3 in Bild 9.5und Bild 9.6 zu sehen. Hierbei erkennt man, dass die Lageregelung die Spezifikationim Zeitbereich erfullt, vgl. Abschnitt 9.1. Bei allen Lastfallen wird ein Uberschwingenvermieden sowie die maximale Ausregelzeit von ts = 0.3 s nicht uberschritten. DieVerlaufe der gemessenen Kolbenpositionen mit den Testgewichten mL = 3, 6, 9 kgunterscheiden sich nur minimal. Lediglich im Leerlaufbetrieb (mL = 0 kg) bedingtdurch den starkeren Einfluss der Reibung erkennt man einen unregelmaßigen Verlaufder Kolbenposition, der sich deutlich von den anderen Lastfallen unterscheidet, sieheBild 9.6. Jedoch wird auch hierbei die geforderte Spezifikation nicht verletzt.

In der zweiten Versuchsreihe wird zum Reglervergleich der lineare Zustandsregler (9.1)mit I-Anteil verwendet. Dieser wird basierend auf dem linearen Modell (9.5) exem-plarisch fur i = 2 entworfen und nacheinander mit den Lastanderungen von mL =0, 3, 6, 9 kg bei gleicher Sollposition wie in der ersten Testreihe untersucht. Die expe-rimentellen Ergebnisse fur mL = 3, 6, 9 kg sind in Bild 9.7 und Bild 9.8 zusammen-gefasst. Im Leerlaufbetrieb wird die Postionsregelung jedoch instabil. Dieser Fall istin Bild 9.7 nicht eingezeichnet, da der Kolben bereits nach 1.5 s den Endanschlag er-reicht. Offensichtlich ist es mit dem entworfenen linearen Zustandsregler nicht moglich,die Anforderungen fur alle Lastfalle zu erfullen.

Bemerkung 9.1. Sicherlich kann ein stabilisierender linearer Regler fur alle Lastfalle,z.B. mit LMI-Methoden entworfen werden [30]. Damit wird jedoch, wie erste Expe-rimente im Rahmen dieser Arbeit gezeigt haben, bei servopneumatischen Antriebenaufgrund ihrer hohen Lastsensitivitat und schwachen Dampfung nicht die gewunschteDynamik fur den gesamten Arbeitsbereich erzielt.

9.5.2 Untersuchungen bei Anderung der mittleren Position

In der dritten Versuchsreihe wird die Kolbenpostion uber den gesamten Hub des An-triebs variiert. Exemplarisch werden zwei Ausschnitte aus einer langeren Sequenz vonPunkt-zu-Punkt Bewegungen diskutiert. Die Ergebnisse, die mit dem Gain-SchedulingZustandsregler als Lageregler erzielt werden, sind in Bild 9.9 in zwei einzelne Diagram-me aufgeteilt. Zu sehen sind links die Bewegung des Kolbens xK von −0.03 m nach0.03 m und rechts von 0.05 m nach 0.11 m mit einer Last von mL = 6 kg. Man er-kennt auch hier, dass, wie in der ersten Versuchsreihe, die Gain-Scheduling Regelungdie Spezifikation im Zeitbereich, in diesem Fall bei Variation der Kolbenposition uberden gesamten Hub, erfullt. Hierbei wird bei den dargestellten Positionsbereichen einUberschwingen vermieden sowie die maximale Ausregelzeit von ts = 0.3 s nicht uber-schritten.

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208 KAPITEL 9. REGLERENTWURF SERVOPNEUMATISCHER ANTRIEBE

-0.04

-0.03

-0.02

-0.01

0

0.01

0.02

0.03

0.04

0.8 1 1.2 1.4 1.6 1.8 2 2.2 2.4 2.6

xK /

[m]

t / [s]

xK mit mL = 0 kg3 kg6 kg9 kg

r

Bild 9.3: Experimentelle Ergebnisse mit dem Gain-Scheduling Zustandsregler (9.6):Sollposition r und Verlauf der Kolbenposition xK bei Variation von mL

-40000

-20000

0

20000

40000

60000

80000

100000

120000

0.8 1 1.2 1.4 1.6 1.8 2 2.2 2.4 2.6

pL /

[N/m

*m]

t / [s]

pL mit mL = 0 kg3 kg6 kg9 kg

Bild 9.4: Experimentelle Ergebnisse mit dem Gain-Scheduling Zustandsregler (9.6):Verlauf der Druckdifferenz pL bei Variation von mL

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9.5. EXPERIMENTELLE REGLERVALIDIERUNG 209

-0.005

0

0.005

0.01

0.015

0.02

0.025

0.03

0.035

0.85 0.9 0.95 1 1.05 1.1 1.15 1.2

xK /

[m]

t / [s]

xK mit mL = 0 kg3 kg6 kg9 kg

r

Bild 9.5: Experimentelle Ergebnisse mit dem Gain-Scheduling Zustandsregler (9.6):Ausschnitt vom Bild 9.3

-0.04

-0.03

-0.02

-0.01

0

0.01

0.02

0.03

0.04

1.95 2 2.05 2.1 2.15 2.2 2.25 2.3

xK /

[m]

t / [s]

xK mit mL = 0 kg3 kg6 kg9 kg

r

Bild 9.6: Experimentelle Ergebnisse mit dem Gain-Scheduling Zustandsregler (9.6):Ausschnitt vom Bild 9.3

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210 KAPITEL 9. REGLERENTWURF SERVOPNEUMATISCHER ANTRIEBE

-0.04

-0.03

-0.02

-0.01

0

0.01

0.02

0.03

0.04

0.8 1 1.2 1.4 1.6 1.8 2 2.2 2.4 2.6

xK /

[m]

t / [s]

xK mit mL = 3 kg6 kg9 kg

r

Bild 9.7: Experimentelle Ergebnisse mit dem linearen Zustandsregler (9.1): Sollpositionr und Verlauf der Kolbenposition xK bei Variation von mL

-60000

-40000

-20000

0

20000

40000

60000

80000

100000

120000

140000

0.8 1 1.2 1.4 1.6 1.8 2 2.2 2.4 2.6

pL /

[N/m

*m]

t / [s]

pL mit mL = 3 kg6 kg9 kg

Bild 9.8: Experimentelle Ergebnisse mit dem linearen Zustandsregler (9.1): Verlauf derDruckdifferenz pL bei Variation von mL

Page 229: Approximative Modellierung, Systemidentifikation und ......Skalar kleiner Buchstabe Vektor fetter kleiner Buchstabe Matrix fetter großer Buchstabe Mengen großer Buchstabe mit doppeltem

9.5. EXPERIMENTELLE REGLERVALIDIERUNG 211

Zum Vergleich wird in der vierten und letzten Versuchsreihe wieder der lineare Zu-standsregler (9.1) mit I-Anteil basierend auf dem linearen Modell (9.5) mit i = 2verwendet. Zusatzlich werden fur die Feinjustierung der Regelkreisdynamik wahrendder Synthese mit dem Polvorgabeverfahren zwei verschiedene Pole mit den Eckfrequen-zen fc = 6 Hz und fc = 8 Hz nach (9.13) angesetzt. Jedoch erfullt keines der beidenRegler die Anforderungen, wie man in Bild 9.10 erkennen kann: Der Zustandsreglermit fc = 6 Hz liegt mit einem ts von ca. 0.38 s in beiden Positionsbereichen uber derzulassigen Ausregelzeit. Obwohl der Zustandsregler mit fc = 8 Hz in dem Bereich umxK = 0.03 m unterhalb der zulassigen Ausregelzeit liegt (linkes Diagramm), erreichtman mit diesem in dem Bereich um xK = 0.11 m ab ca. t = 7.8 s (rechtes Diagramm)nicht den stationaren Wert, wobei das System sogar um die Sollposition zu schwingenbeginnt.

Page 230: Approximative Modellierung, Systemidentifikation und ......Skalar kleiner Buchstabe Vektor fetter kleiner Buchstabe Matrix fetter großer Buchstabe Mengen großer Buchstabe mit doppeltem

212 KAPITEL 9. REGLERENTWURF SERVOPNEUMATISCHER ANTRIEBE

-0.03

-0.02

-0.01

0

0.01

0.02

0.03

0.04

0.05

2.8 2.9 3 3.1 3.2 3.3 3.4 3.5 3.6

xK /

[m]

t / [s]

rxK mit mL = 6 kg

0.05

0.06

0.07

0.08

0.09

0.1

0.11

0.12

0.13

7.3 7.4 7.5 7.6 7.7 7.8 7.9 8 8.1xK

/ [m

]t / [s]

rxK mit mL = 6 kg

Bild 9.9: Experimentelle Ergebnisse mit dem Gain-Scheduling Zustandsregler (9.6) zurUntersuchung der positionsabhangigen Dynamik: Sollposition r und Verlauf der Kol-benposition xK fur die Abschnitte t = [2.8, 3.6] s und t = [7.3, 8.1] s mit konstanterLast mL = 6 kg

-0.03

-0.02

-0.01

0

0.01

0.02

0.03

0.04

0.05

2.8 2.9 3 3.1 3.2 3.3 3.4 3.5 3.6

xK /

[m]

t / [s]

rxK mit mL = 6 kg, fc = 6 HzxK mit mL = 6 kg, fc = 8 Hz

0.05

0.06

0.07

0.08

0.09

0.1

0.11

0.12

0.13

7.3 7.4 7.5 7.6 7.7 7.8 7.9 8 8.1

xK /

[m]

t / [s]

rxK mit mL = 6 kg, fc = 6 HzxK mit mL = 6 kg, fc = 8 Hz

Bild 9.10: Experimentelle Ergebnisse mit dem linearen Zustandsregler (9.1) mit denEckfrequenzen fc = 6 Hz und fc = 8 Hz zur Untersuchung der positionsabhangigenDynamik: Sollposition r und Verlauf der Kolbenposition xK fur die Abschnitte t =[2.8, 3.6] s und t = [7.3, 8.1] s mit konstanter Last mL = 6 kg

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Kapitel 10

Zusammenfassung und Ausblick

10.1 Zusammenfassung

Im ersten Teil (Analyse und Interpretation gewichteter Kombination lokaler Zustands-modelle) wurde die zu untersuchende Modellstruktur eingefuhrt. Die in der Literaturuneinheitlich behandelten und fur die unterschiedlichen Zwecke formulierten Darstel-lungen wurden fur die industrielle Anwendung in Identifikations- und Reglerentwurfs-verfahren aufbereitet.

Es wurden zunachst bekannte Varianten dieser Modellstruktur vereinheitlicht und imWeiteren drei Modellansatze fur die anschließende Untersuchung festgelegt:

1. die gewichtete Kombination statischer Funktionen,

2. die gewichtete Kombination der linearen Zustandsmodelle (WCLS) und

3. die gewichtete Kombination der affinen Zustandsmodelle (WCAS).

Fur die Modellansatze wurde eine gemeinsame Funktionsklasse zur lokalen Gewichtungder Teilmodelle angegeben. Diese setzt sich aus dem Produkt von parametrisierten Zu-gehorigkeitsfunktionen zusammen, die entweder einen stuckweise linearen oder glattenVerlauf in Abhangigkeit von jeweils einer Scheduling-Variable besitzen.

Anschließend wurde die Approximationseigenschaft der gewichteten Kombination sta-tischer Funktionen und affiner Zustandsmodelle untersucht. Dabei wurden mathemati-sche Satze aus der Literatur zum Abschatzen der notwendigen Modellanzahl bei einervorgegebenen oberen Fehlerschranke vorgestellt und, soweit es fur das Verstandnis not-wendig war, bewiesen. Allerdings ergibt sich bei steigender Anzahl der Zustande undSystemeingange durch die konservative Abschatzung mit der aquidistanten Verteilungder lokalen Modelle eine nicht-polynominale Zunahme der Modellanzahl. Es wurde ge-zeigt, dass die Modellanzahl zum Teil erheblich reduziert werden kann, wenn das zuapproximierende System zuvor in einen linearen und nichtlinearen Anteil zerlegbar ist.

213

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214 KAPITEL 10. ZUSAMMENFASSUNG UND AUSBLICK

Abschließend wurde im ersten Teil die Anwendbarkeit des Modellansatzes anhand vonpraxisrelevanten Fallbeispielen untersucht. Jedes dieser Beispiele reprasentiert als soge-nanntes Ersatzmodell einzelne Nichtlinearitaten, die in Fluidantrieben auftreten. Diezu approximierenden Ersatzsysteme werden hierbei aus konzentrierten nichtlinearenoder zeitvariablen Elementen in Form von Massen-, Feder-, Dampfer- und Reibelemen-ten gebildet. Durch die Vorgabe zulassiger oberer Fehlerschranken bezogen auf ein zuapproximierendes Gebiet ergaben sich in Abhangigkeit vom Grad der NichtlinearitatenModellansatze unterschiedlichster Komplexitat. Es wurden Modellstrukturen mit ei-ner, zwei oder drei Scheduling-Variablen mit bis zu 54 lokalen Modellen abgeleitet undderen Dynamik mittels numerischer Integration mit dem Originalsystem verglichen. Inkeinem Beispiel uberstieg der berechnete Fehlerverlauf die vorgegebene Fehlerschranke,auf deren Basis die Modellanzahl berechnet wurde.

Im zweiten Teil (Nichtlineare Systemidentifikation) wurde ein Systemidentifikations-verfahren fur die industrielle Praxis, mit dem die positions- und lastabhangige Dynamikfluidischer Antriebe aus Messdaten bestimmt werden kann, vorgestellt.

Am Beispiel eines servopneumatischen Antriebs wurde zunachst die notwendige Mo-dellanzahl mittels experimenteller Sensitivitatsanalyse abgeschatzt. Im Gegensatz zurMethode des ersten Teils setzt dieses nicht die Kenntnis eines zu approximierendennichtlinearen Zustandsmodells voraus.

Anschließend wurden zwei gewichtete Kombinationen lokal linearer Zustandsmodelle 3.und 4. Ordnung mit bis zu drei Scheduling-Variablen zur Beschreibung der Dynamikservopneumatischer Antriebe angesetzt. Es konnte gezeigt werden, dass damit, nacheiner geringfugigen Anpassung der Druckaufbaugleichung, auch das dynamische Ver-halten hydraulischer Antriebe modellierbar ist. Weiterhin wurde ein geschwindigkeits-abhangiges Reibmodell vorgestellt, dass auf einer gewichteten Kombination statischerFunktionen basiert.

Abschließend wurde aus Messdaten, die mittels lokaler Anregung der Antriebe am Ver-suchsstand erfasst worden sind, die Parameter der Teilmodelle geschatzt. Die globaleModellvalidierung und die Anpassung der Uberlappung der Zugehorigkeitsfunktionenmit dem Ziel der Verbesserung der Modellgute basierte auf globalen neuen Testda-tensatzen. Zur weiteren Bewertung wurden die identifizierten Modelle mit einem be-kannten nichtlinearen Zustandsraummodell mittels Simulation im Regelkreis quantita-tiv und durch Untersuchung der strukturellen Unterschiede qualitativ verglichen.

Im dritten Teil (Gain-Scheduling Reglerentwurf) wurde, basierend auf den identifi-zierten Antriebsmodellen, ein Gain-Scheduling Zustandsregler mit I-Anteil abgeleitet,entworfen und im Experiment validiert.

Dabei wurden zunachst Stabilitatskriterien und numerische Verfahren aufbereitet, die

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10.2. AUSBLICK 215

im Anschluss an die lokale Reglersynthese zum Nachweis der globalen Stabilitat desRegelkreises verwendet wurden. Hierbei wurden wiederum spezielle Stabilitatskrite-rien genutzt, die auf der Existenz einer gemeinsamen (bezogen auf die verkoppeltenTeilmodelle), positiv definiten Matrix P basieren. Die Frage der Existenz der MatrixP wurde in dieser Arbeit mittels linearer Matrixungleichungen formuliert. Es wurdegezeigt, dass abhangig vom Anwendungsfall die Anzahl der linearen Matrixungleichun-gen reduziert werden kann.

Zur Problematik von reibungsinduzierten Schwingungen in mechanischen Systemenwurde eine Methode zur Storgroßenaufschaltung mittels lokal gewichteter Kombina-tion statischer Funktionen vorgestellt und experimentell untersucht. Dies wurde imEinzelnen betrachtet fur einen servopneumatischen Antrieb bei niedrigen Verfahrge-schwindigkeiten von ca. |xK | < 0.05 m/s . Als vorlaufiges Ergebnis ist festzuhalten,dass bei diesem Anwendungsfall die reibungsinduzierten Schwingungen unterdrucktaber nicht vollstandig verhindert werden konnten.

Im Hauptabschnitt des dritten Teils wurde ein Gain-Scheduling Zustandsregler mit I-Anteil und vollstandiger Ruckfuhrung vorgestellt und in den Rahmen der behandeltenModellklasse integriert. Zur objektiven Bewertung der erzielbaren Regelkreisdynamikwurden Anforderungen an die Positionsregelung in Bezug auf Stabilitat, stationare Ge-nauigkeit und schnelles Fuhrungsverhalten formuliert, die unabhangig von der aktuel-len Last und im gesamten Positionsbereich des Antriebs gelten mussen. Die eigentlicheReglersynthese bestand in dieser Arbeit aus dem lokalen Entwurf mittels Polvorgabeund globaler Stabilitatsanalyse des geschlossenen Kreises mittels linearer Matrixunglei-chungen. Zur experimentellen Untersuchung wurde das Regelgesetz auf einem digitalenEchtzeitsystem implementiert. Es konnte gezeigt werden, dass unabhangig von der Kol-benposition und diskreten Lastanderungen die geforderten Spezifikationen eingehaltenwerden und signifikante Verbesserungen gegenuber linearen Zustandsreglern erzielbarsind.

10.2 Ausblick

Im Folgenden werden einige Erweiterungen und Anwendungen zur behandelten Modell-klasse und dem vorgestellten Reglerentwurfsverfahren skizziert. Die Reihenfolge stelltdabei keine Wertung da:

1. Untersuchung der Robustheit bezuglich unsicherer Scheduling-Variablen:

Auswirkungen von Unsicherheiten in den Scheduling-Variablen, z.B. hervorgeru-fen durch rekursive Parameterschatzung (zj = zj + ∆zj), wurden bislang nichtuntersucht. In [37, 99] werden Moglichkeiten aufgezeigt, wie sich Parameterun-sicherheiten der Teilmodelle im Reglerentwurf berucksichtigen lassen. Es muss

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216 KAPITEL 10. ZUSAMMENFASSUNG UND AUSBLICK

gepruft werden, ob eine Erweiterung dieses Ansatzes auf unsichere Scheduling-Variablen moglich und praktikabel ist.

2. Erweiterung der Stabilitatskriterien auf die gewichtete Kombination affiner Zu-standsmodelle:

In [93] wird gezeigt, wie sich konstante Anteile in der Zustandsdifferenzenglei-chung zeitdiskreter Systeme in Stabilitatskriterien berucksichtigen lassen. ErsteErfahrungen zeigen, dass eine Ubertragung auf zeitkontinuierliche Systeme nichttrivial aber durchfuhrbar ist.

3. Anwendung des Modellierungs- und Regelungskonzepts auf einen Roboterarmangetrieben durch pneumatische Aktuatoren:

In [160] wird als weiterfuhrende Arbeit ein Modell eines Roboters mit einer spe-ziellen pneumatischen Antriebskonstruktion aus [148] untersucht. Bisher konntein Simulationslaufen gezeigt werden, dass mit dem vorgestellten Gain-SchedulingAnsatz trotz dynamischer Verkopplung zwischen der Robotermechanik und denschwach gedampften Antrieben ein gutes Fuhrungsverhalten erzielt wird, wiees z.B. in Anwendungen im Bereich der medizinischen Rehabilitation gefordertwird. Als erster Schritt wurde zur Bereitstellung der lastabhangigen Scheduling-Variable eine rekursive Schatzfunktion in [161] experimentell an einem Parallel-roboter [129] untersucht.

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Anhang A

Definitionen und Hilfssatze

A.1 Hessesche Matrix

Die Hessesche Matrix wird gebildet aus den einzelnen Komponenten fj(x,u), j =1, . . . , n der vektorwertigen Funktion f(x,u) am Linearisierungspunkt i

H ij(ϑ,ψ) := H ij(ψi + ϑ(ψ −ψi) ) , fj(ϑ,ψ) := fj(ψi + ϑ(ψ −ψi) )

H ij(ϑ,ψ) =

∂2fj(ϑ,ψ)

∂ψ21

∂2fj(ϑ,ψ)

∂ψ2 ∂ψ1

· · · ∂2fj(ϑ,ψ)

∂ψn+m ∂ψ1

∂2fj(ϑ,ψ)

∂ψ1 ∂ψ2

∂2fj(ϑ,ψ)

∂ψ22

· · · ∂2fj(ϑ,ψ)

∂ψn+m ∂ψ2

......

. . ....

∂2fj(ϑ,ψ)

∂ψ1 ψn+m

∂2fj(ϑ,ψ)

∂ψ2 ∂ψn+m· · · ∂2fj(ϑ,ψ)

∂ψ2n+m

(A.1)

mit den unabhangigen Variablen

ψ = [ ψ1 ψ2 . . . ψn+m ]T = [ x1 x2 . . . xn u1 u2 . . . um ]T .

A.2 Hilfssatze zur Fehlerabschatzung

Satz A.1. Sei A ∈ Rn×n eine reellwertige symmetrische Matrix, dann gilt, mit demmaximalen Eigenwert

λ = maxi

[λi] , λi = Eig[A] ,

die Abschatzung

xTA x 6 λ xTx fur x ∈ Rn .

217

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218 ANHANG A. DEFINITIONEN UND HILFSSATZE

Beweis von Satz A.1. Jeder beliebige Vektor x ∈ Rn kann als Linearkombinationder Eigenvektoren xi dargestellt werden [52]:

x =

n∑i=1

pi xi , pi ∈ Rn

Dann ist

xTA x = xTA

(n∑

i=1

pi xi

)= xT

n∑i=1

piAxi ,

und aus der Eigenwertgleichung Axi = λi xi folgt mit λ = maxi

[λi] die Abschatzung

xTA x = xT

n∑i=1

pi λi xi 6 xT λ

n∑i=1

pi xi ,= λ xTx .

Satz A.2. Sei

‖rfi(ψ)‖2 =

1

2

√√√√ n∑j=1

([ψ −ψi]T H ij(ϑ,ψ) [ψ −ψi])

2

wobeirfi

(ψ) = [ rfi1(ψ) . . . rfij

(ψ) . . . rfin(ψ) ]T

bestehend aus den Komponenten

rfij(ψ) =

1

2[ψ −ψi ]

T H ij(ϑ,ψ) [ψ −ψi ] , ϑ ∈ [0, 1] ⊂ R

mit ψ :=[xT uT

]Tund der Hesseschen Matrix H ij(ϑ,ψ) nach (A.1). Dann gilt

‖rfi(ψ)‖2 6 1

2

√√√√ n∑j=1

λ2Hij

( [ψ −ψi]T [ψ −ψi] )2 . (A.2)

Hierbei bezeichnet λHijden maximalen Wert des großten Eigenwerts von H ij uber alle

ϑ ∈ [0, 1]λHij

= maxϑ

[max [ Eig (H ij(ϑ,ψ)) ] ] .

Beweis von Satz A.2. Aus der Anwendung von Satz A.1 folgt die Gultigkeit derUngleichungen

ψTH ij ψ 6 λHij

ψTψ fur j = 1, . . . , n

mit ψ = ψ − ψi als eine gliedweise Abschatzung aller Summenterme in (A.2). Diesimpliziert die Gultigkeit von Satz A.2.

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Anhang B

Approximative Modellierung

B.1 Abschatzung des Approximationsfehlers

(i) Die Ableitung des Approximationsfehlers sei definiert durch

eξ := ˙ξ − ξ .Mit

Ai := A(xi,ui) , Bi := B(xi,ui) ,

A(t) := A(xs(t),us(t)) , B(t) := B(xs(t),us(t)) .

und (3.3a), (3.11) erhalt man

˙ξ(t)− ξ(t) =

r∑i=1

αi(ξ(t),u(t))[Ai (ξ(t)− xi) +Bi (u(t)− ui)

]+

r∑i=1

αi(ξ(t),u(t)) f(xi,ui)− f (xs(t),us(t))

−A(t) (ξ(t)− xs(t))−B(t) (u(t)− us(t)) .

(B.1)

Die Erweiterung um f (ξ(t),u(t)) fuhrt zu

˙ξ(t)− ξ(t) =r∑

i=1

αi(ξ(t),u(t))[Ai (ξ(t)− xi) +Bi (u(t)− ui)

]+

r∑i=1

αi(ξ(t),u(t)) f(xi,ui) + f(ξ(t),u(t))− f (xs(t),us(t))

− f(ξ(t),u(t))−A(t) (ξ(t)− xs(t))−B(t) (u(t)− us(t)) .

(B.2)

Nach der Anwendung des Satzes von Taylor

f (ξ(t),u(t)) = f (xs(t),us(t)) +A(t) (ξ(t)− xs(t))

+B(t) (u(t)− us(t)) + rf(ξ(t),u(t),xs(t),us(t))

219

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220 ANHANG B. APPROXIMATIVE MODELLIERUNG

wird in (B.2) die Differenz zwischen der Approximation f(ξ(t),u(t)) und derLosung f(xs(t),us(t)) ersetzt und man erhalt nach kurzer Umformung

˙ξ(t)− ξ(t) =r∑

i=1

αi(ξ(t),u(t))[Ai (ξ(t)− xi) +Bi (u(t)− ui)

]+

r∑i=1

αi(ξ(t),u(t)) f(xi,ui) +A(t) (ξ(t)− xs(t))

+ rf(ξ(t),u(t),xs(t),us(t))− f (ξ(t),u(t))−A(t) (ξ(t)− xs(t))

und im nachsten Schritt

˙ξ(t)− ξ(t) = A(t) (ξ(t)− ξ(t)) +

r∑i=1

αi(ξ(t),u(t))[Ai(ξ(t)− xi) +Bi(u(t)− ui)

]+

r∑i=1

αi(ξ(t),u(t))f (xi,ui)− f(ξ(t),u(t)) + rf(ξ(t),u(t),xs(t),us(t)) .

Mit der Einfuhrung der folgenden Abkurzung

εt(ξ,u,xs,us) =

r∑i=1

αi(ξ(t),u(t))f (xi,ui)− f (ξ(t),u(t))

+r∑

i=1

αi(ξ(t),u(t))[Ai (ξ(t)− xi) +Bi (u(t)− ui)

]+ rf(ξ(t),u(t),xs(t),us(t))

(B.3)

fur die gewichteten Kombinationen der lokalen Fehler erhalten wir die Fehlerglei-chung

eξ(t) = A(t) eξ(t) + εt(ξ,u,xs,us) , (B.4)

die im Folgenden weiter untersucht wird.

(ii) Bildet man nun die euklidische Norm von (B.3), dann folgt aus der Anwendungder Dreiecksungleichung ‖x+ y‖ 6 ‖x‖+ ‖y‖

‖εt(ξ,u,xs,us)‖2 6r∑

i=1

∥∥∥αi(ξ(t),u(t))f (xi,ui)− f(ξ(t),u(t))∥∥∥

2

+

r∑i=1

∥∥∥∥αi(ξ(t),u(t)) [Ai Bi]

[ξ(t)− xi

u(t)− ui

]∥∥∥∥2

+∥∥∥rf (ξ(t),u(t),xs(t),us(t))

∥∥∥2

6∥∥∥f(xk,uk)− f(ξ(t),u(t))

∥∥∥2

+

∥∥∥∥[A(xm,um) B(xm,um)]

[ξ(t)− xm

u(t)− um

]∥∥∥∥2

+∥∥∥rf(ξ(t),u(t),xs(t),us(t))

∥∥∥2.

(B.5)

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B.1. ABSCHATZUNG DES APPROXIMATIONSFEHLERS 221

Der letzte Teil dieser Abschatzung leitet sich aus der allgemeinen Beziehung

r∑i=1

‖αi(z)χi‖2 =

r∑i=1

αi(z) ‖χi‖2 6 maxi=1,...,r

[χi] , χi ∈ Rn

ab, wobei αi(z) > 0, ∀z gilt (vgl. Satz 2.1). Damit lassen sich speziell∥∥∥f (xk,uk)− f (ξ(t),u(t))∥∥∥

2= max

i=1,...,r

∥∥∥f (xi,ui)− f (ξ(t),u(t))∥∥∥

2,

und∥∥∥∥[A(xm,um) B(xm,um)]

[ξ(t)− xm

u(t)− um

]∥∥∥∥2

= maxi=1,...,r

∥∥∥∥[Ai Bi]

[ξ(t)− xi

u(t)− ui

]∥∥∥∥2

mit k ∈ 1, . . . , r und m ∈ 1, . . . , r als maximale Approximationsfehler derModelle i = 1, . . . , r bestimmen. Das Supremum von (B.5) uber G ⊆ X × Ylautet

sup(ξ,u),(xs,us)∈G

∥∥∥εt(ξ,u,xs,us)∥∥∥

26 sup

(ξ,u)

∥∥∥f(xk,uk)− f (ξ(t),u(t))∥∥∥

2

+ sup(ξ,u)

∥∥∥∥[A(xm,um) B(xm,um)]

[ξ(t)− xm

u(t)− um

]∥∥∥∥2

+ sup(ξ,u),(xs,us)

∥∥∥rf (ξ(t),u(t),xs(t),us(t))∥∥∥

2.

(B.6)

Im folgenden Schritt wird die Dehnungsbeschranktheit von f ausgenutzt. Es kannfur den ersten Term der rechten Seite von (B.6) die obere Schranke

sup(ξ,u)

∥∥∥f(xk,uk)− f (ξ(t),u(t))∥∥∥

26 sup

(ξ,u)

L

∥∥∥∥[xk − ξ(t)uk − u(t)

]∥∥∥∥2

= L sup(ξ,u)

∥∥∥∥[xk − ξ(t)uk − u(t)

]∥∥∥∥2

= L maxi=1,...,r

[sup(ξ,u)

∥∥∥∥[ ξ(t)− xi(t)u(t)− ui(t)

]∥∥∥∥2

]= L δ

(B.7)

mit der konstanten Dehnungsschranke L ∈ R und dem Abstandsmaß δ aus [85]angegeben werden. Analog ergibt sich fur den zweiten Term der rechten Seite von(B.6) die folgende Abschatzung:

sup(ξ,u)

∥∥∥∥[A(xm,um) B(xm,um)]

[ξ(t)− xm

u(t)− um

]∥∥∥∥2

6 sup(ξ,u)

L

∥∥∥∥[ξ(t)− xm

u(t)− um

]∥∥∥∥2

= L sup(ξ,u)

∥∥∥∥[ξ(t)− xm

u(t)− um

]∥∥∥∥2

= L maxi=1,...,r

[sup(ξ,u)

∥∥∥∥[ ξ(t)− xi(t)u(t)− ui(t)

]∥∥∥∥2

]= L δ .

(B.8)

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222 ANHANG B. APPROXIMATIVE MODELLIERUNG

Die Abschatzung des dritten Terms der rechten Seite von (B.6) kann mittelsder Ungleichung ‖x‖2 6 √

n ‖x‖∞ , die fur alle Vektoren x ∈ Rn gilt und der

Restgliedabschatzung (3.5a) hergeleitet werden:

sup(ξ,u),(xs,us)

∥∥∥rf(ξ(t),u(t),xs(t),us(t))∥∥∥

26 sup

(ξ,u),(xs,us)

√n∥∥∥rf(ξ(t),u(t),xs(t),us(t))

∥∥∥∞

6 sup(ξ,u),(xs,us)

√n

2Mf

∥∥∥∥[ ξ(t)− xs(t)u(t)− us(t)

]∥∥∥∥2

∞=

√n

2Mf sup

(ξ,u),(xs,us)

∥∥∥∥[ ξ(t)− xs(t)u(t)− us(t)

]∥∥∥∥2

6√n

2Mf δ

2 .

(B.9)

Aus (B.6) und den drei vorhergehenden Abschatzungen (B.7), (B.8) und (B.9)folgt die Abschatzung des Stormterms aus (B.4)

sup(ξ,u),(xs,us)∈G

‖εt(ξ,u,xs,us)‖2 6 2L δ +

√n

2Mf δ

2 . (B.10)

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Anhang C

Begriffe der konvexen Analysis

Definition C.1 (konvexe Menge). Eine Menge C ⊂ Rd von Punkten der Dimensiond mit d ∈ N heißt konvex, falls folgende Aussage erfullt ist:Fur jede endliche Anzahl von k Punkten p1,p2, ...,pk ∈ C und k positiven Gewichtenα1, α2, ..., αk ∈ R+ mit

∑ki=1 αi = 1 gilt

p := α1p1 + α2p2 + ... + αkpk ∈ C .

Dies lasst sich anhand einer Verbindungsstrecke (k = 2), die mit

[p1,p2 ] := (1− λ)p1 + λp2 : λ ∈ [0, 1]

definiert ist, zeigen: Eine Menge C ist konvex, falls mit zwei beliebig gewahlten Punktenp1,p2 ∈ C auch stets die gesamte Strecke [p1,p2 ] in C enthalten ist, d.h. es gilt

p1,p2 ∈ C ⇒ [p1,p2 ] ∈ C .

Dieser Sachverhalt wird in Bild C.1 veranschaulicht:

Bild C.1: Die linke Figur reprasentiert eine konvexe Menge im R2, die rechte Figurreprasentiert dagegen eine nicht-konvexe Menge.

223

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224 ANHANG C. BEGRIFFE DER KONVEXEN ANALYSIS

Definition C.2 (konvexe Kombination). Sei C ⊂ Rd eine Menge von Punktender Dimension d mit d ∈ N, sei p1,p2, ...,pk ∈ C und sei α1, α2, . . . , αr ∈ R+ mit∑r

i=1 αi = 1 dann wird

p =

r∑i=1

αi pi (C.1)

als konvexe Kombination von p1,p2, . . . ,pr bezeichnet.

Satz C.1. Die konvexe Hulle co(C) von C ⊂ Rd besteht aus allen konvexen Kombina-tionen der Elemente von C.Beweis von Satz C.1. Der Beweis wird in [140, S.11, Theorem 2.2] erbracht.

Definition C.3 (Polyeder und Polytop). Eine polyedrische Menge im Rd, kurz Po-

lyeder genannt, ist der Schnitt einer endlichen Menge geschlossener Halbraume. EinHalbraum ist dabei ein Teil des Rd auf einer Seite einer Hyperebene. Im weiteren be-zeichne ein konvexes d-Polytop (oder einfach Polytop) ein beschranktes d-dimensionalesPolyeder.

Mit der Definition C.3 ergibt sich die Charakterisierung der konvexen Hulle einer end-lichen Menge von Punkten im Rd als ein konvexes Polytop (vgl. Bild C.1). Umgekehrtist ein konvexes Polytop die konvexe Hulle einer endlichen Menge von Punkten. EinPolytop im R

2 wird Polygon genannt. Die Definitionen C.1 bis C.3 und der Satz C.1sind den Arbeiten [140, 147, 199] entnommen und beziehen sich auf endliche Punkt-mengen im R

d. Diese werden nun direkt auf endliche Matrizenmengen im VektorraumR

d1×d2 erweitert. Hierbei bilden die (d1 × d2)-Matrizen

Eji =

0...0

0 · · · 0 1 0 · · · 00...0

mit einer Eins in der i-ten Zeile und j-ten Spalte und im weiteren Nullen die Standard-basis, vgl. [52, S.81]. Eine allgemeine Definition des Vektorraumes kann ebenfalls demLehrbuch [52, S.70] entnommen werden.

Definition C.4 (konvexe Matrizenmenge). Eine Menge Ω ⊂ Rd1×d2 von Matrizender Dimension d1 × d2 mit d1, d2 ∈ N heißt konvex, falls folgende Aussage erfullt ist:Fur jede endliche Anzahl von r Matrizen Y 1,Y 2, . . . ,Y r ∈ Ω und r positiven Gewich-ten β1, β2, . . . , βr ∈ R+ mit

∑ri=1 βi = 1 gilt

Y = β1Y 1 + β2Y 2 + · · ·+ βrY r ∈ Ω .

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225

Definition C.5 (konvexe Kombination von Matrizen). Sei Ω ⊂ Rd1×d2 eineMenge von Matrizen der Dimension d1 × d2 mit d1, d2 ∈ N, sei Y 1,Y 2, . . . ,Y r ∈ Ωund sei β1, β2, . . . , βr ∈ R+ mit

∑ri=1 βi = 1 dann wird

Y =

r∑i=1

βi Y i (C.2)

als konvexe Kombination von Y 1,Y 2, . . . ,Y r bezeichnet.

In [147, S.4] wird der folgende Satz (ohne Beweis) angegeben:

Satz C.2. Die konvexe Hulle co(Ω) von Ω ⊂ Rd1×d2 mit d1, d2 ∈ N besteht aus allenkonvexen Kombinationen der Elemente von Ω.

Der folgende Beweis basiert auf den Betrachtungen in [140, S.11] zu konvexen Punkt-mengen:

Beweis von Satz C.2. Gegeben seien n ∈ N Matrizen Y 1 ∈ Rd1×d2 , . . . ,Y n ∈ Rd1×d2.Betrachten wir die konvexe Kombination (C.2) fur r = 2. Eine Menge Ω ist nachDefinition C.4 konvex, falls und nur falls

β1 Y 1 + β2 Y 2 ∈ Ω

gilt, wobei Y 1 ∈ Ω, Y 2 ∈ Ω, β1 > 0, β2 > 0 und β1 + β2 = 1 ist. Die Menge ist somitabgeschlossen unter der konvexen Kombination (C.2) mit r = 2. Es ist zu zeigen, dassΩ ebenfalls unter der konvexen Kombination mit 2 < r 6 n abgeschlossen ist.Gegeben ist eine konvexe Kombination

Y = β1 Y 1 + · · ·+ βr Y r (C.3)

von Elementen aus Ω. Angenommen wird, dass fur r > 2 mindestens ein βj ausβ1, · · · , βr von eins verschieden ist (z.B. der Wert von β1, dies ist aufgrund derBedingung

∑ri=1 βi = 1 aus Definition C.4 immer erfullt). Sei

X = β ′2 Y 2 + · · ·+ β ′r Y r , β ′i =βi

1− β1fur i = 2, . . . , r . (C.4)

Mit der Bedingung βi > 0 (vgl. Definition C.4) fur i = 2, . . . , r ist, unter Ausnutzungvon

∑ri=1 βi = 1,

β ′2 + · · ·+ β ′r =β2

1− β1+ · · ·+ βr

1− β1=β2 + · · ·+ βr

r∑i=1

βi − β1

= 1 .

Daraus folgt zusammen mit der Definition C.5, dass X eine konvexe Kombination vonr − 1 Elementen aus Ω ist, wobei X ∈ Ω gilt. Aus (C.3) und (C.4) erhalten wir dieBeziehung

Y = (1− β1)X + β1 Y 1 , (C.5)

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226 ANHANG C. BEGRIFFE DER KONVEXEN ANALYSIS

die wiederum eine konvexe Kombination aus dem Element Y 1 und der konvexen Kom-bination X ist. Somit ist Y ∈ Ω. Unter Ausnutzung des Beweisprinzips der vollstandi-gen Induktion [34] ist unter der Voraussetzung, dass die konvexe Kombination mit r−1Elementen in Ω enthalten ist, auch die mit r Elementen in Ω enthalten. Damit ist dieAussage richtig, dass die konvexe Kombination von allen n Elementen (2 6 r 6 n) inΩ enthalten ist bzw. aus diesen Elementen besteht.

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Anhang D

Programmbeschreibung zurSimulation

Die Modellstrukturen der WCLS (2.15) bzw. WCAS (2.16) sind in der Programmier-sprache C [91] implementiert und als sogenannte S-Funktionen (engl. S-Functions) inMatlab/Simulink [2] integriert worden. Sie stehen dem Anwender als Simulink-Blockzur Verfugung und konnen in jedes Simulink-Modell (ab Version 2.0) integriert werden.Jeder Block besitzt, in Ubereinstimmung mit der mathematischen Struktur der lokalgewichteten Zustandsmodelle (2.15), (2.16), die Eingange u1, . . . , um und Ausgangey1, . . . , yp. Die Scheduling-Variablen z1, . . . , zl sind durch l zusatzliche Eingange flexi-bel in bestehende Simulink-Modelle integrierbar. Dies ist exemplarisch im Bild D.1 mitdem Simulink-Modell des im Abschnitt 4.2 hergeleiteten Approximationsmodells dar-gestellt. Das eigentliche mathematische Modell (4.21) ist in dem S-Function Block mitder Bezeichnung tsMexCfunc2 affine enthalten. Ein mit dem Eingang u verbundenerSignalgenerator liefert die Anregung des Systems.Der Programmablauf mit den wesentlichen Programmteilen ist im Bild D.2 skizziert.Gestartet wird die Simulation auf der sogenannten Kommandozeilenebene von Matlabdurch das Matlab-Script mainSim WCAS.m. In diesem werden zu Beginn die Simula-tionsparameter, wie die Werte der Anfangszustande x(t0), die Werte des Scheduling-Vektors z(t0) (zum Zeitpunkt t0), die Simulationsdauer Td, die Schrittweite Ts und dasIntegrationsverfahren festgelegt. Nach dem Aufruf des Simulinkmodells, vgl. Bild D.1,werden die Modellparameter, welche in verschiedenen Dateien mit der Endung mat zurVerfugung stehen mussen1 (vgl. Bild D.2), eingelesen. Ein vollstandiger Parametersatzenthalt die Koeffizienten der lokalen Modelle und die Parameter der Zugehorigkeits-funktionen. Die Koeffizienten sind den Matrizen Ai, Bi, Ci, Di und den Kompo-nenten der Vektoren ai und ci mit i = 1, . . . , r zugeordnet. Die Anzahl der lokalenModelle r wird implizit durch die Lange der einzelnen Matrixfelder festgelegt. Matri-zen bzw. Vektoren die nicht im Modell enthalten sind, wie z.B. die fehlenden Durch-gangsmatrizen in den Fallbeispielen des 4. Kapitels, mussen nicht als nicht vorhanden

1Die Parameterdateien werden vom Anwender mit Hilfe zusatzlicher Matlab-Programme erzeugt,auf die aber nicht naher eingegangen wird, da sie keinen Beitrag zum weiteren Verstandnis liefern.

227

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228 ANHANG D. PROGRAMMBESCHREIBUNG ZUR SIMULATION

u

z1

z2

x1

x2

signalgenerator

y

x2

x1

tsMexCfunc2_affine

S−Function

Bild D.1: Simulink-Modell mit dem als S-Function implementierten Approximations-modell (4.21) aus Abschnitt 4.2.

definiert werden. Die Parameter der Zugehorigkeitsfunktionen definieren die Lage undden Gultigkeitsbereich im Scheduling-Raum, sowie die verwendeten Funktionstypenbezogen auf die Menge der moglichen Funktionen aus (2.25a) bis (2.25d) und (2.27a)bis (2.27c) fur jedes i’te Modell.Fur jeden Integrationsschritt werden die gewichteten Matrizensummen aus den Matri-zen der lokalen Zustandsmodelle mit

A(z(t)) =

r∑i=1

αi(z(t))Ai , B(z(t)) =

r∑i=1

αi(z(t))Bi ,

C(z(t)) =r∑

i=1

αi(z(t))Ci , D(z(t)) =r∑

i=1

αi(z(t))Di

(D.1)

berechnet, wobei t ∈ 0, Ts, 2 Ts, ...., Td ist. Ebenso werden die gewichteten Summen

a(z(t)) =r∑

i=1

αi(z(t))ai , c(z(t)) =r∑

i=1

αi(z(t)) ci , (D.2)

bestehend aus den Vektoren ai und ci, vgl. (2.15), (2.16) ermittelt. Die so berechne-ten Matrizen und Vektoren werden in die Zustandsdifferentialgleichung und Ausgangs-gleichung eingesetzt (vgl. Bild D.2) und dem Integrationsalgorithmus der S-Functionubergeben. Uberschreitet die Integrationszeit die zuvor festgelegte SimulationsdauerTd, wird die Schleife verlassen (vgl. Bild D.2) und die Simulationsergebnisse werden inForm von Zeitreihen mit allen Systemeingangen, -ausgangen, den Systemzustanden undden pro Zeitschritt berechneten Gewichten αi in der Datei simTs.mat abgespeichert.

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229

0

Modellparameter einlesen:- Anzahl lokaler Modelle: r- lokale Matrizenkoeffizienten- Parameter der Zugehörigkeitsfunk. Parameter der Zuge-

hörigkeitsfunktionentsGpzMfTyp.mattsGpzCenter.mattsGpwidthLow.mattsGpwidthUp.mat

t := t +Ts

Stop

t < Td

t := 0 setzen

Simulationsergebnisse speichern

ja

nein

lokale KoeffiziententsGpA.mattsGpB.mattsGpC.mattsGpai.mat

simTs.mat

Zeitreihen der Ein-,Ausgänge, der Zu-stände und der Ge-wichte a (z(t))

S-Function

i

Berechnen der Gewichtswertea (z(t)) für i=1,...,r

Berechnen der aktuellen Matrixeinträgefür A(z(t)), B(z(t)), C(z(t)), D(z(t)) undVektoreinträge für a(z(t)), c(z(t)) ausden Summen nach Gl.(D.1) und (D.2)

Integration der Zustandsdifferentialgl.mit x = A(z(t)) x + B(z(t)) u + a(z(t))

Berechnen der Ausgangsgl. mity =C(z(t)) x + D(z(t)) u + c(z(t))

.

i

Start

Simulinkmodell aufrufen

0

Simulations-Parameter definieren:- Anfangszustände x(t )- Schedulingvektor z(t )- Simulationsdauer Td- Schrittweite Ts- Integrationsverfahren festlegen

Bild D.2: Programmablaufdiagramm

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230 ANHANG D. PROGRAMMBESCHREIBUNG ZUR SIMULATION

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Anhang E

Programmbeschreibungen zurSystemidentifikation

E.1 Lokale Schatzung im Frequenzbereich

In dieser Arbeit wird zur lokalen Schatzung im Frequenzbereich die Funktion ELiS ausder Matlab Frequency Domain System Identification Toolbox [98] verwendet. Fur einebessere Handhabung wurde hierzu das Hilfsprogramm FrameELiS entwickelt, mit demdie notwendige Datenvorverarbeitung ausgefuhrt und die Parameter des Schatzalgo-rithmus eingestellt werden. Der Programmablauf mit den wesentlichen Programmteilenist im Bild E.1 skizziert.

Die Funktionsschnittstelle von ELiS lautet

[pvect,Cp,CR,cfv]=elis(Fdat,vdat,rppar,fixp,rpalg,rppl,rpFileName)

mit den Ubergabeparametern

Fdat: enthalt Fourierkoeffizienten der transformierten Ein-/Ausgangsdaten mit

Fdat = [f ,U ,Y ] , f = [f1, . . . , fF ]T ∈ RF ,

U = [U1, . . . , UF ]T ∈ CF ,

Y = [Y1, . . . , YF ]T ∈ CF ,

vdat: enthalt die frequenzabhangigen Varianzen der nichtparametrischen Stormo-delle, vgl. (5.13), (5.16), mit

vdat = [Var(NU),Var(NY )] , Var(NU) = [Var(NU(1)), . . . ,Var(NU(F ))],

Var(N y) = [Var(NY (1)), . . . ,Var(NY (F ))],

rppar: legt die Modellstruktur fest mit

231

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232 ANHANG E. PROGRAMMBESCHREIBUNGEN ZUR IDENTIFIKATION

1. rppar(1) ∈ s, z : Modell im s- oder z-Bereich,

2. rppar(2) ∈ N : Ordnung des Zahlers,

3. rppar(3) ∈ N : Ordnung des Nenners,

fixp: definiert die Werte im Parametervektor θi, die nicht geschatzt werden sollen,

rpalg: enthalt Steuerzeichen fur die Algorithmen der numerischen Optimierung(Details siehe [98, S.3-13]),

rppl: Parametervektor zur Plotsteuerung wahrend der iterativen Berechnung(Details siehe [98, S.3-13]),

rpFileName: Name der Reportdatei .

Die Funktion ELiS liefert

pvect: geschatzter Parametervektor θi, vgl. (5.10),

Cp: Approximation der Kovarianzmatrix der geschatzten Parameter,siehe [98, S.2-8],

CR: Approximation der Cramer-Rao Schranke1 der Kovarianzmatrix,

cfv: Wert der Kostenfunktion pro Iterationsschritt .

E.2 Lokale Schatzung im Zeitbereich

Der Programmablauf zur Schatzung der Reibmodellparameter df und Fc mit (6.26)und der Q-Parameter der lokal linearen Druckaufbaugleichung (6.20a) mit (6.31) ist imBild E.2 skizziert.

1Die Cramer-Rao Schranke ist die kleinstmogliche Varianz eines erwartungstreuen Schatzers [27,S.75].

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E.2. LOKALE SCHATZUNG IM ZEITBEREICH 233

Start

Stop

Laden der Messdaten zur Schätzung

kk

Laden der Varianzen der Ein- Ausgangs-störungen(nur das Amplitudenspektrum)

Z Ni

Berechnung der Ein- und Ausgangs-fourierkoeffizienten für 2,...,M Perioden

Mittelung über M-1 Perioden => U ,Y

Festlegen der Modellstruktur mitfixp und rppar (siehe die Parameter-beschreibung von ELiS)

Var(N )Y

Var(N )U

Einstellen der Steuerparameter rpalgund rppl (siehe Beschreibung)

Aufruf der Funktion ELiS

Berechnung der Fehlerschranken derPol- und Nullstellen in der s-Ebene

Plotten des Pol-Nullstellendiagrammsmit Konfidenzbereichen

Abspeichern der geschätzten Para-meter und der Kovarianzmatrix C

qip

Cp

Bild E.1: Ablaufdiagramm vom Hilfsprogramm FrameELiS

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234 ANHANG E. PROGRAMMBESCHREIBUNGEN ZUR IDENTIFIKATION

Start

Stop

Laden der Messdaten zur Schätzung

Messdatenvorverarbeitung: Bereinigungder Daten um den- Einfluss der Coulombschen Reibung- statischen Differenzdruckanteil

Verbesserung der Konditionierungder Schätzung durch Normierungder Regressionsmatrix

Least-Squares Schätzung

Z Ni = .vxuv , PIIPI ,, , Kx , ,Kx ..

Kx

Erstellen des Vektors y(t) und derRegressionsmatrix R aus den DatenN

, ,QLiQdxi

Qx iv^ ^ ^

dFf ,Fc^ ^ ,

Bild E.2: Ablaufdiagramm des Programms zur lokalen Schatzung im Zeitbereich

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Anhang F

Technische Daten

F.1 Versuchsstand A

F.1.1 Antriebsdaten

Die Daten des servopneumatischen Antriebs vom Versuchsstand A (Bild F.1) sind inder Tabelle F.1 zusammengefasst.

Tabelle F.1: Antriebsdaten vom Versuchsstand A (vgl. [135])

Kolbenflache (Stirnflachen) AK = 2.803 · 10−3 [m2]

Zylinderinnendurchmesser Dzyl = 63 [mm]

Kolbenstangendurchmesser DK = 20 [mm]

Hublange LK = 300 [mm]

Kammervolumen I, II bei Kolbenmittelstellung V0 = 0.5 · 10−3 [m3]

Gesamtmasse Kolben und Kolbenstange mK = 2.9 [kg]

Nennversorgungsdruck PS = 6 · 105 [N/m2]

Bei der Systemidentifikation und Validierung der Regler werden kalibrierte Testgewich-te (Bild F.2) senkrecht auf die Kolbenstange des Antriebs montiert. Die Steuerung derMassenflusse erfolgt uber ein elektrisch ansteuerbares Servoventil (Bild F.1) mit vierstetig verstellbaren Offnungsquerschnitten, siehe Abschnitt F.1.2.

235

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236 ANHANG F. TECHNISCHE DATEN

Bild F.1: Versuchsstand A mit Rahmen, Sensoren und servopneumatischem Antrieb.

Bild F.2: Kalibrierte Testgewichte zur Variation der Lastmasse

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F.1. VERSUCHSSTAND A 237

F.1.2 Servoventil

Hersteller : BOSCH GmbH, StuttgartHerstellerbezeichnung : Pneumatik-Regelventil 0820040011Bauart : 5/3-Wegecharakteristik, Steuerelement ist als metal-

lisch dichtende Schieber/Hulse-Paarung ausgefuhrtBetatigungsart : elektromagnetisch mit Ruckstellfeder und

lagegeregelter Langsschieberposition xv

Steuerspannung : uv = ± 10 VNenndurchfluss/Steuerkante : 700 l/min bei PS = 6 · 105 N/m2

Nenndruck : PN = 10 · 105 N/m2

statische Verstarkung : kv = 1.0 · 10−4 m/VSteuerkantenuberdeckung : xuj

= 0 fur j = 1, . . . , 4 (Nulluberdeckung)Steuerschieberdurchmesser : dj = 9.5 mm fur j = 1, . . . , 4Stellzeit : ≤ 12 ms bei Eingangsspannungssprung von ±10 VFrequenzgang : siehe Datenblatt [1]

F.1.3 Sensoren

1. Beschleunigungssensor

Messgroße : xK (Beschleunigung des Kolbens und der Lastmasse)Hersteller : BURSTER Prazisionsmeßtechnik GmbH, GernsbachHerstellerbezeichnung : Sensor: 89010-5, Messverstarker: SEMMEG 9000/93217Messprinzip : Messung der Verformung mittels Metall-DMS, welche

durch die Beschleunigung einer seismischen Masseverursacht wird.

Messbereich : ±5 gFrequenzbereich : 0 Hz bis 250 Hzmaximaler Messfehler : 2 % vom EndwertMessposition : mittels Anschlussblech an die Kolbenstange montiert

2. Drucksensoren (in den Zylinderkammern)

Messgroße : pI,II (absolute Zylinderkammerdrucke)Hersteller : Messfuhler: AKTIV SENSOR GmbH, Stahnsdorf

Auswertelektronik: Eigenbau im Fachgebiet RTS [135]Herstellerbezeichnung : Druckaufnehmer der AT-ReiheMessprinzip : piezoresistive Halbleiter-DMS

(druckproportionale Widerstandsanderung)Messbereich : 0 N/m2 bis 10× 105 N/m2

Frequenzbereich : 0 Hz bis 25 Hz mit Phasenverschiebung von |ϕ| ≤ 5 [135]maximaler Messfehler : 2 % vom EndwertMesspositionen : auf den Stirnflachen des Kolbens [135, Bild 5.7]

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238 ANHANG F. TECHNISCHE DATEN

3. Drucksensor (in der Versorgungsleitung)

Messgroße : PS (Versorgungsdruck)Hersteller : HBM Messtechnik GmbH, DarmstadtHerstellerbezeichnung : Sensortyp: P31AP, Messverstarker: AE 101Messprinzip : resistiv, Dehnungsmessstreifen (Metall-DMS) in

VollbruckenschaltungMessbereich : 0 N/m2 bis 10× 105 N/m2

Frequenzbereich : 0 Hz bis 25 Hz mit Phasenverschiebung von |ϕ| ≤ 5 [135]maximaler Messfehler : 0.1 % vom EndwertMessposition : in der Versorgungsleitung vor dem

Servoventileingang

4. Geschwindigkeitssensor

Messgroße : xK (Kolbengeschwindigkeit)Hersteller : BURSTER Prazisionsmeßtechnik GmbH, GernsbachHerstellerbezeichnung : Typ 89124-001Messprinzip : elektrodynamisch (geschwindigkeitsproportionales

Spannungssignal)Messbereich : ±5 m/smaximaler Messfehler : 1 % vom EndwertMessposition : parallel zur Kolbenstange

5. Massenfluss-Sensoren

Messgroße : mI,II (Zylinderkammer-Massenflusse)Hersteller : Sensoren und Auswertelektronik: Eigenbau im FG

Regelungstechnik [135] unter Verwendung von Platin-Heißfilmsonden (Hersteller: TSI GmbH-Aachen)

Messprinzip : HitzedrahtanemometrieMessbereich : bis 3.8× 10−3 kg/sFrequenzbereich : 0 Hz bis 25 Hz mit Phasenverschiebung von |ϕ| ≤ 5 [135]maximaler Messfehler : 10 % vom EndwertMessposition : in den Zu- und Abflussleitungen der Zylinderkammern

6. Positionssensor

Messgroße : xK (Kolbenposition bezogen auf Kolbenmittelstellung)Hersteller : BURSTER Prazisionsmeßtechnik GmbH, GernsbachHerstellerbezeichnung : Typ 8718-300Messprinzip : potentiometrisch (wegproportionales Spannungssignal)Messbereich : 0.305 mAuflosung : 0.01 mmmaximaler Messfehler : 1 % vom EndwertMessposition : siehe Bild F.1

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F.1. VERSUCHSSTAND A 239

7. Temperatursensoren

Messgroße : TI,II (Druckluft-Temperatur in den Zylinderkammern)Hersteller : Widerstandsmessfuhler: MURATA Elektronik GmbH, Munchen

Auswertelektronik: Eigenbau im Fachgebiet Regelungstechnikund Systemdynamik [135]

Messpositionen : in den Zu- und Abflussleitungen der Kammern, 0.2 m entferntvon den Leitungsanschlussen der Zylinderkammern

Messprinzip : Temperaturabhangige Widerstandsmessung mitKonstantstromquelle

Messbereich : 0 C bis 100 CFrequenzbereich : 0 Hz bis 1000 Hz [135]

F.1.4 Reglerhardware

Die Reglerhardware setzt sich aus drei PC-Einsteckkarten zusammen, die durch einTransputernetzwerk (sogenannte Transputer-Links) miteinander verbunden und me-chanisch in einem Personalcomputer integriert sind. Der PC dient als Host-Rechner,mit dem die Reglerprogramme erstellt, compiliert und in einen RISC-Prozessor geladenwerden. Im einzelnen besteht die Reglerhardware aus einer

• Transputerkarte TMS B008 (Hersteller: MSC GmbH) mit zwei Transputern T805/25 zur Datenkommunikation zwischen Mess- und Reglerkarte und zur Daten-eingabe/-ausgabe zum Host-Rechner

• Messkarte ADWIN (Hersteller: JAGER ELECTRONIC GmbH) mit einem Trans-puter T805/25

• Reglerkarte DSM-860/16 mit einem i860-RISC-Prozessor und einem TransputerT220/20 (Hersteller: DSM Computer AG)

Neben dem Hardwarekonzept ist im Fachgebiet Regelungstechnik und Systemdyna-mik, FB Maschinenbau der Universitat Kassel eine Programmierumgebung entwickeltworden, die in dieser Arbeit zur Messdatenvorverarbeitung und zur Erstellung derReglersoftware eingesetzt wird [76, 135].

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240 ANHANG F. TECHNISCHE DATEN

F.2 Versuchsstand B

F.2.1 Antriebsdaten

Die Daten des servopneumatischen Antriebs vom Versuchsstand B (Bild F.3) sind inder Tabelle F.2 zusammengefasst. Das Servoventil entspricht dem in Versuchstand Averwendeten, vgl. Abschnitt F.1.2.

Tabelle F.2: Antriebsdaten vom Versuchsstand B (vgl. [128])

Kolbenflache (Stirnflachen) AK = 2.803 · 10−3 [m2]

Zylinderinnendurchmesser Dzyl = 63 [mm]

Kolbenstangendurchmesser DK = 20 [mm]

Hublange LK = 220 [mm]

Kammervolumen I, II bei Kolbenmittelstellung V0 = 0.34 · 10−3 [m3]

Gesamtmasse Kolben und Kolbenstange mK = 3.2 [kg]

Nennversorgungsdruck (absolut) PS = 9 · 105 [N/m2]

Bei der Systemidentifikation und Reglervalidierung werden die kalibrierten Testgewich-te (Bild F.2) senkrecht am unteren Ende der Kolbenstange montiert. Beispiele fur denEinsatz des servopneumatischen Antriebs in einem Parallelroboter [128] zeigt Bild F.4.

F.2.2 Sensoren

1. Beschleunigungssensor

Messgroße : xK (Beschleunigung des Kolbens und der Lastmasse)Hersteller : BURSTER Prazisionsmeßtechnik GmbH, GernsbachHerstellerbezeichnung : Sensor: 89010-10

Messverstarker: SEMMEG 9000 Typ 93217Messprinzip : Messung der Verformung mittels Metall-DMS, welche

durch die Beschleunigung einer seismischen Masseverursacht wird.

Messbereich : ±10 gFrequenzbereich : 0 Hz bis 250 Hzmaximaler Messfehler : 2 % vom EndwertMessposition : an die Kolbenstange montiert,

siehe Bild F.3

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F.2. VERSUCHSSTAND B 241

Bild F.3: Versuchsstand B mit Sensoren und pneumatischem Antrieb an einen festste-henden Rahmen montiert.

Bild F.4: Beispiele fur den Einsatz des Antriebs im Parallelroboter des FG Regelungs-technik und Systemdynamik (RTS) der Universitat Kassel [128]

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242 ANHANG F. TECHNISCHE DATEN

2. Drucksensoren

Messgroße : pI,II (absolute Zylinderkammerdrucke)Hersteller : Messfuhler, -verstarker: AKTIV SENSOR GmbHHerstellerbezeichnung : Messfuhler: ATA 10.00 C01 EG,

Messverstarker: AUA 10.00 YV0 PE K0327Messprinzip : piezoresistive Halbleiter-DMS

(druckproportionale Widerstandsanderung)Messbereich : 0 N/m2 bis 10× 105 N/m2

Frequenzbereich : 0 Hz bis 25 Hz mit Phasenverschiebung von |ϕ| ≤ 5 [135]maximaler Messfehler : 0.5 % vom EndwertMesspositionen : Zylinderstirnflachen im Antriebszylinder

3. Positions-/Geschwindigkeitssensor

Messgroße : xK , xK (Kolbenposition u. Kolbengeschwindigkeit)Hersteller : MTS Systems Corp., Eden Prairie, MN, USAHerstellerbezeichnung : Temposonics III Analog, Baureihe RH StabMessprinzip : magnetostriktiv; eine Beschreibung des Prinzips

findet der interessierte Leser in [42]Positionsbereich : 0 m bis 0.275 mAuflosung : 10 µm bei 16 bitGeschwindigkeitsbereich : ± 2 m/sGeschwindigkeitsabweichung : < 2 %Messposition : Wellenleiter ist in die Kolbenstange integriert, Po-

sitionsgeber (Permanentmagnet) ist an der oberenStirnseite des Antriebszylinders montiert, Wandlerund Auswertelektronik ist am oberen Ende derKolbenstange montiert, siehe Bild F.3

F.2.3 Reglerhardware

Die Reglerhardware ist Teil einer Robotersteuerung und -regelung, die im FachgebietRegelungstechnik und Systemdynamik, FB Maschinenbau der Universitat Kassel konzi-piert und projektiert wurde [70, 128]. Die Hardware zur Regelung eines Einzelantriebs,die in dieser Arbeit eingesetzt wird, setzt sich aus folgenden Komponenten zusammen:

• Reglerkarte DS1004 und DSP-Karte DS1003 (Hersteller: dSPACE GmbH), dabeiwerden die Daten uber ein Dual-ported RAM ausgetauscht.

• A/D Wandlerkarte DS2003 (Hersteller: dSPACE GmbH) mit 32 Eingangen,

• D/A Wandlerkarte DS2103 (Hersteller: dSPACE GmbH) mit 32 Ausgangen

Ein PC dient als Host-Rechner mit dem die Reglerprogramme erstellt, compiliert undin die Reglerkarte geladen werden.

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Anhang G

Geschatzte Modellparameter

G.1 Versuchsstand A

G.1.1 Parameter der lokal linearen Druckaufbaugleichung

Tabelle G.1: Geschatzte Parameterwerte der lokal linearen Druckaufbaugleichung(6.20a) der Modellnummern 1 - 15

Modellnr. QLiQdxi

Qxvi

i = 1 −5.28 −1.38× 107 1.15× 1010

i = 2 −3.43 −1.23× 107 1.16× 1010

i = 3 −2.55 −1.23× 107 1.16× 1010

i = 4 −1.99 −1.21× 107 1.16× 1010

i = 5 −5.92 −1.46× 107 1.22× 1010

i = 6 −3.92 −1.37× 107 1.23× 1010

i = 7 −2.93 −1.35× 107 1.24× 1010

i = 8 −2.32 −1.34× 107 1.24× 1010

i = 9 −5.39 −1.44× 107 1.23× 1010

i = 10 −3.23 −1.34× 107 1.25× 1010

i = 11 −2.07 −1.32× 107 1.26× 1010

i = 12 −1.94 −1.30× 107 1.26× 1010

i = 13 −7.75 −1.78× 107 1.51× 1010

i = 14 −5.21 −1.76× 107 1.54× 1010

i = 15 −3.84 −1.76× 107 1.57× 1010

243

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244 ANHANG G. GESCHATZTE MODELLPARAMETER

Tabelle G.2: Geschatzte Parameterwerte der lokal linearen Druckaufbaugleichung(6.20a) der Modellnummern 16 - 20

Modellnr. QLiQdxi

Qxvi

i = 16 −2.95 −1.76× 107 1.57× 1010

i = 17 −7.05 −1.78× 107 1.47× 1010

i = 18 −3.18 −1.81× 107 1.53× 1010

i = 19 −0.28 −1.80× 107 1.55× 1010

i = 20 −0.036 −1.75× 107 1.56× 1010

G.1.2 Parameter der Bewegungsgleichung

Geschatzte intervallwertige Parameter (6.27) der mechanischen Bewegungsgleichung(6.22) vom Versuchstand A

dFf= [ 152.0 , 160.5 ] Ns/m , Fc = [ 41.2 , 43.8 ] N (G.1)

G.1.3 Parameter der nichtlinearen Druckaufbaugleichung

Die in dieser Arbeit geschatzten Durchflusskoeffizienten der nichtlinearen Druckaufbau-gleichung (Versuchstand A) sind in der Tabelle G.3 aufgefuhrt. Die restlichen Parameterκ, pkrit und R sind der Arbeit [135] entnommen.

Tabelle G.3: Geschatzte Durchflusskoeffizienten (intervallwertig) des Servoventils

αD1 = [ 0.51 , 0.65 ]

αD2 = [ 0.43 , 0.54 ]

αD3 = [ 0.47 , 0.66 ]

αD4 = [ 0.49 , 0.58 ]

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G.2. VERSUCHSSTAND B 245

G.2 Versuchsstand B

G.2.1 Parameter der lokal linearen Druckaufbaugleichung

Tabelle G.4: Geschatzte Parameterwerte der lokal linearen Druckaufbaugleichung(6.20a) der Modellnummern 1 - 20

Modellnr. QLiQdxi

Qxvi

i = 1 −2.6× 101 −8.7× 106 1.10 ×1010

i = 2 −1.0× 101 −8.89× 106 9.69 ×109

i = 3 −9.94 −8.98× 106 1.11 ×1010

i = 4 −8.3 −9.26× 106 1.28 ×1010

i = 5 −2.8× 101 −9.1× 106 1.15 ×1010

i = 6 −9.7 −1.0× 107 1.09 ×1010

i = 7 −1.1× 101 −9.9× 106 1.06 ×1010

i = 8 −8.8 −1.0× 107 1.22 ×1010

i = 9 −2.85× 101 −9.2× 106 1.17 ×1010

i = 10 −1.4× 101 −9.9× 106 1.11 ×1010

i = 11 −1.05× 101 −9.9× 106 1.28 ×1010

i = 12 −6.9 −1.0× 107 1.21 ×1010

i = 13 −3.3× 101 −9.7× 106 1.21 ×1010

i = 14 −1.7× 101 −9.85× 106 1.22 ×1010

i = 15 −1.4× 101 −1.06× 107 1.24 ×1010

i = 16 −7.6 −1.1× 107 1.25 ×1010

i = 17 −3.3× 101 −1.0× 107 1.26 ×1010

i = 18 −1.75× 101 −1.2× 107 1.26 ×1010

i = 19 −1.3× 101 −1.3× 107 1.28 ×1010

i = 20 −8.2 −1.35× 107 1.29 ×1010

G.2.2 Parameter der Bewegungsgleichung

• Geschatzte intervallwertige Parameter (6.27) der mechanischen Bewegungsglei-chung (6.22) vom Versuchstand B

dFf= [ 131.2 , 141.0 ] Ns/m , Fc = [ 15.9 , 21.1 ] N (G.2)

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246 ANHANG G. GESCHATZTE MODELLPARAMETER

• Parameter des Modells zur Reibkraftkompensation (Versuchstand B) (6.37)

Tabelle G.5: Geschatzte Parameterwerte der lokalen statischen Modelle 1 bis 6

Modellnummer afibfi

i = 1 1.306× 102 -21.04

i = 2 4.418× 103 -11.50

i = 3 1.546× 104 1.12

i = 4 1.016× 104 -4.02

i = 5 2.864× 103 4.27

i = 6 1.409× 102 16.02

G.2.3 Parameter der nichtlinearen Druckaufbaugleichung

Die in dieser Arbeit geschatzten Durchflusskoeffizienten der nichtlinearen Druckaufbau-gleichung (Versuchstand B) sind in der Tabelle G.6 aufgefuhrt. Die restlichen Parameterκ, pkrit und R sind der Arbeit [135] entnommen.

Tabelle G.6: Geschatzte Durchflusskoeffizienten (intervallwertig) des Servoventils

αD1 = [ 0.79 , 0.84 ]

αD2 = [ 0.79 , 0.86 ]

αD3 = [ 0.82 , 0.89 ]

αD4 = [ 0.81 , 0.86 ]

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