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DOI 10.1007/s11573-011-0439-x Z Betriebswirtsch (2011) 81:327–349 FORSCHUNG Arbeitgebermarkenaufbau durch informelle Hochschul-Personalmarketingmaßnahmen: Eine empirische Analyse im deutschen Mittelstand Matthias Baum Rüdiger Kabst Zusammenfassung: Unternehmen setzen Personalmarketingmaßnahmen ein, um ihreArbeitgeber- attraktivität zu steigern und in Folge hochqualifizierte Bewerber zu attrahieren. Besonders für die gewöhnlich eher weniger bekannten mittelständischen Unternehmen („hidden champions“) stellt sich die Frage, wie diese ihre Arbeitgeberattraktivität steigern können. Diese Studie untersucht em- pirisch, wie sich der Einsatz zweier Personalmarketingmaßnahmen (Unternehmenspräsentation und universitätsinterne Karrieremesse) auf die Arbeitgebermarkenstärke und, dadurch mediiert, auf die Bewerbungsabsicht auswirkt. Die Ergebnisse zeigen, dass beide Maßnahmen zur Steigerung der Ar- beitgebermarkenstärke im deutschen Mittelstand beitragen. Allerdings weist die Unternehmensprä- sentation eine leicht bessere Wirkung auf. Zudem zeigt sich, dass die Interaktion beider Maßnahmen zusätzliche positive Effekte auf die Arbeitgebermarkenstärke bewirkt. Die Karrieremesse entfaltet dabei erst ihre gänzliche Wirkung, wenn sie in Verbindung mit einer Unternehmenspräsentation lanciert wird. Schlüsselwörter: Mittelständische Unternehmen · Arbeitgebermarke · Personalmarketing · Strukturgleichungsmodelle · Moderatoranalyse JEL Classification: M12 · M31 · M50 Eingegangen: 05.06.2010 / Online publiziert: 11.02.2011 © Gabler-Verlag 2011 Dipl.-Kfm. M. Baum () · Prof. Dr. R. Kabst Fachbereich für Wirtschaftswissenschaften, Justus-Liebig-Universität Gießen, Licher Str. 62, 35394 Gießen, Deutschland E-Mail: [email protected] Prof. Dr. R. Kabst E-Mail: [email protected]

Arbeitgebermarkenaufbau durch informelle Hochschul-Personalmarketingmaßnahmen: Eine empirische Analyse im deutschen Mittelstand

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DOI 10.1007/s11573-011-0439-xZ Betriebswirtsch (2011) 81:327–349

FORSCHUNG

Arbeitgebermarkenaufbau durch informelleHochschul-Personalmarketingmaßnahmen:Eine empirische Analyse im deutschen Mittelstand

Matthias Baum • Rüdiger Kabst

Zusammenfassung: Unternehmen setzen Personalmarketingmaßnahmen ein, um ihreArbeitgeber-attraktivität zu steigern und in Folge hochqualifizierte Bewerber zu attrahieren. Besonders für diegewöhnlich eher weniger bekannten mittelständischen Unternehmen („hidden champions“) stelltsich die Frage, wie diese ihre Arbeitgeberattraktivität steigern können. Diese Studie untersucht em-pirisch, wie sich der Einsatz zweier Personalmarketingmaßnahmen (Unternehmenspräsentation unduniversitätsinterne Karrieremesse) auf die Arbeitgebermarkenstärke und, dadurch mediiert, auf dieBewerbungsabsicht auswirkt. Die Ergebnisse zeigen, dass beide Maßnahmen zur Steigerung der Ar-beitgebermarkenstärke im deutschen Mittelstand beitragen. Allerdings weist die Unternehmensprä-sentation eine leicht bessere Wirkung auf. Zudem zeigt sich, dass die Interaktion beider Maßnahmenzusätzliche positive Effekte auf die Arbeitgebermarkenstärke bewirkt. Die Karrieremesse entfaltetdabei erst ihre gänzliche Wirkung, wenn sie in Verbindung mit einer Unternehmenspräsentationlanciert wird.

Schlüsselwörter: Mittelständische Unternehmen · Arbeitgebermarke · Personalmarketing ·Strukturgleichungsmodelle · Moderatoranalyse

JEL Classification: M12 · M31 · M50

Eingegangen: 05.06.2010 / Online publiziert: 11.02.2011© Gabler-Verlag 2011

Dipl.-Kfm. M. Baum (�) · Prof. Dr. R. KabstFachbereich für Wirtschaftswissenschaften,Justus-Liebig-Universität Gießen,Licher Str. 62, 35394 Gießen, DeutschlandE-Mail: [email protected]

Prof. Dr. R. KabstE-Mail: [email protected]

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1 Einleitung

Unternehmen streben im Rahmen der Rekrutierung danach, hochqualifizierte und für dasUnternehmen geeignete Bewerber zu finden (vgl. Lado und Wilson 1994; Backhaus undTikoo 2004; Barber 1998), um dem Ziel der nachhaltigen Generierung von Wettbewerbs-vorteilen (vgl. Priem und Butler 2001; Collins und Han 2004) durch überlegene Hu-manressourcen näher zu kommen (vgl. Wright et al. 1995). Breaugh und Starke (2000),Breaugh (2008) sowie Rynes (1991) weisen jedoch darauf hin, dass großer Nachholbe-darf bei der Erforschung des Rekrutierungsprozesses und einzelner Personalmarketing-maßnahmen besteht. Besonders mittelständische Unternehmen wurden hinsichtlich dieserFragestellungen meist außer Acht gelassen, obwohl sie in Deutschland das Rückgrat derWirtschaft bilden (Audretsch und Elston 1997; Kayser 2006).

Aufbauend auf der Signaling Theorie, der Theorie des Markenwerts, sowie der Me-dia Richness Theorie ist das Ziel dieser Arbeit die empirische Analyse der Wirksamkeitzweier Hochschul-Personalmarketingaktivitäten eines wenig bekannten mittelständischenUnternehmens. Die untersuchten Maßnahmen sind die Unternehmenspräsentation wäh-rend einer Universitätsvorlesung (kurz: Unternehmenspräsentation) und die Präsenz aufeiner universitären Karrieremesse (kurz: Career Day). Diese werden hinsichtlich ihresBeitrags zum Aufbau einer Arbeitgebermarke und der damit verbundenen Steigerung derBewerbungsabsicht untersucht.

Die untersuchten Maßnahmen wurden aus zwei zentralen Gründen unter der Viel-zahl an möglichen Rekrutierungspraktiken ausgewählt. Zum einen zeigen vorherigeStudien, dass Rekrutierungsbestrebungen im universitären Umfeld durch informellePersonalmarketingaktivitäten wie Unternehmenspräsentationen und die Teilnahme an Kar-rieremessen eine hohe Relevanz für die Personalbeschaffung aufweisen (vgl. Breaugh2008; Breaugh und Starke 2000; Collins 2007; Turban 2001). So verwenden über 40 %der KMUs informelle Personalmarketingmaßnahmen an Hochschulen, welche durch einhohes Maß an persönlicher Interaktion und direkter Kommunikation geprägt sind (vgl.Heneman und Berkley 1999). Zum anderen wurden diese spezifischen Maßnahmen derdirekten Kommunikation bislang kaum bezüglich ihrer Wirksamkeit für den Arbeitge-bermarkenaufbau oder den Rekrutierungserfolg von mittelständischen Unternehmen un-tersucht.Vergleichbare Untersuchungen umfassten meist formelle Rekrutierungspraktikenwelche eher zur indirekten Kommunikation gezählt werden können, wie z. B. formale Stel-lenanzeigen oder Rekrutierungsbroschüren (vgl. u. a. Allen et al. 2004; Perkins et al. 2000;Williamson und Robinson 2008). Daher ist insbesondere für die verwendeten Maßnahmeneine Lücke zwischen praktischer Relevanz und empirischer Forschung festzustellen.

Ein zentraler Beitrag dieser Forschungsarbeit stellt die Fokussierung auf Personalmar-ketingaktivitäten im deutschen Mittelstand dar. Die meisten Studien im ForschungsfeldRekrutierung untersuchen große Unternehmen mit einer starken Bekanntheit und Reputa-tion (vgl. u. a. Dougherty et al. 1994; Liden und Parsons 1986; Lievens et al. 2007; Rynesund Boudreau 1986; Rynes et al. 1997; Turban 2001; Turban et al. 1995). Allerdingssind es gerade mittelständische Unternehmen, deren Überleben stark von der Innovativi-tät und der Leistungsfähigkeit ihrer Humanressourcen abhängt (vgl. Rauch et al. 2005).Es bleibt daher zu klären, ob die bisher generierten Forschungsergebnisse bezüglich desArbeitgebermarkenaufbaus auch auf mittelständische Unternehmen zutreffen oder nur für

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Großunternehmen Gültigkeit besitzen. Diese Studie versucht die skizzierten Forschungs-lücken zu schließen und damit einen Beitrag für Forschung und Praxis gleichermaßen zuliefern.

Die Arbeit ist wie folgt aufgebaut: Im nächsten Kapitel werden basierend auf derMarkenwerttheorie und der Signaling Theorie die relevanten Konstrukte abgegrenzt underste Hypothesen abgeleitet. Darauf aufbauend werden anhand des Konzepts der MediaRichness weitere Hypothesen zum Einsatz von Personalmarketingmaßnahmen aufgestellt.Im empirischen Teil der Arbeit werden mit Hilfe von Strukturgleichungsmodellen dieWirkung von Unternehmenspräsentation und Career Day auf dieArbeitgebermarkenstärkeuntersucht. Abschließend werden die generierten Ergebnisse unter Einbezug bisherigerStudien diskutiert und Implikationen für zukünftige Forschung und die unternehmerischePraxis abgeleitet.

2 Theoretische Grundlagen und Hypothesenbildung

Die Forschungsfelder zur Arbeitgebermarke und zur Wirksamkeit von Rekrutierungsmaß-nahmen in mittelständischen Unternehmen wurden bislang kaum empirisch untersucht.Der Mittelstand umfasst einen Großteil der Unternehmen und mehr als 70 % der beschäf-tigten Mitarbeiter in Deutschland (Kayser 2006). Dies führt dazu, dass sich die unterdiesem Begriff zusammengefassten Unternehmen teilweise stark voneinander unterschei-den. Zwei Charakteristika haben die meisten mittelständischen Unternehmen allerdingsgemein: Die vergleichsweise geringe Ressourcenausstattung und den geringen Bekannt-heitsgrad (vgl. Collins und Han 2004). Daher stellt sich die Frage, wie Mittelständler ihreknappen Mittel zielführend und effizient einsetzen können, um ihre Arbeitgeberattraktivi-tät aufzubauen.

Bisherige Studien zur Personalbeschaffung in mittelständischen Unternehmen sindmeist deskriptiver Natur, ohne die Wirkung von einzelnen Rekrutierungspraktiken zuermitteln. So untersuchen Hornsby und Kuratko (1990) die Ausprägung von Personal-managementpraktiken in amerikanischen kleineren und mittleren Unternehmen (KMUs).Die Ergebnisse zeigen, dass vor allem kostengünstige und von persönlicher Kommu-nikation geprägte Maßnahmen verwendet werden. Auch Deshpande und Golhar (1994)verwenden keine Wirkungsanalyse, sondern ermitteln nur deskriptiv signifikante Unter-schiede zwischen Großunternehmen und KMUs. Sie zeigen in ihrer Studie auf, dass KMUsPromotion-Aktionen (z. B. der Besuch von Karrieremessen oder Vorträgen an Universi-täten) als zweithäufigstes Rekrutierungsmittel hinter Stellenanzeigen verwenden und sichKMUs hinsichtlich der Verwendung der meisten Rekrutierungspraktiken nicht stark vonGroßunternehmen unterscheiden.

Empirische Studien zur Wirksamkeit von Personalmarketingaktivitäten zum Arbeit-gebermarkenaufbau beziehen sich meist auf Großunternehmen. Collins (2007) untersuchtdie Wirksamkeit von verschiedenen Rekrutierungspraktiken für den Aufbau der Arbeit-gebermarke in großen amerikanischen Unternehmen und findet dabei, dass die Produkt-bekanntheit die Wirksamkeit einzelner Personalmarketingmaßnahmen moderiert. Collinsund Stevens (2002) evaluieren die Wirksamkeit von verschiedenen Personalmarketing-praktiken (u. a. PR-Aktivitäten, Imageanzeigen, Sponsoring) auf die Arbeitgebermarke.

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Dabei finden sie neben direkten Effekten auch heraus, dass sich verschiedene Maßnah-men gegenseitig verstärken, sprich in Interaktion miteinander eine größere Wirkung aufdie Arbeitgebermarke erzielen als bei alleiniger Darbietung. Turban (2001) zeigt in seinerStudie über ein großes Chemieunternehmen, dass Rekrutierungspraktiken, wie Campus-Aktivitäten, mit dem Unternehmensimage korrelieren und dieses wiederum positiv aufdie Arbeitgeberattraktivität wirkt. Damit unterstellt er eine Mediatorstruktur, ohne dieseallerdings explizit statistisch zu testen.

Auch wenn diese Arbeiten wertvolle Beiträge zur Rekrutierungsforschung leisten sobleibt bislang ungeklärt, ob die generierten Forschungsergebnisse bezüglich des Arbeitge-bermarkenaufbaus auch auf mittelständische Unternehmen zutreffen oder nur für Großun-ternehmen Gültigkeit besitzen. Weiterhin untersuchen Beiträge im Bereich der Rekrutie-rung in mittelständischen Unternehmen meist die Unternehmensebene und schließen nichtdie Bewerbersicht mit ein. Eine auf die individuelle Wahrnehmung fokussierte Perspektivedes Personalmarketings wird durch die Verwendung der Markenwerttheorie ermöglicht,welche im Folgenden beschrieben wird.

Markenwerttheorie: Marken sind ein Teil der Ressourcen einer Unternehmung und kön-nen alsVorstellungen undAssoziationen im Hinblick auf ein Unternehmen oder ein Produktbeschrieben werden (vgl. Aaker 1992). Der Markendefinition nach Kotler folgend (1991,S. 442) wirken Marken durch ihre Identifikations- und Differenzierungsfunktion. StarkeMarken schaffen es durch diese Wirkungsmechanismen Präferenzen zu einem Unterneh-men oder einem Produkt aufzubauen, die dazu führen, dass Unternehmen komparativeWettbewerbsvorteile im Vergleich zu ihren Konkurrenten generieren können (vgl. Ewinget al. 2002). Die Wirkungen von Marken lassen sich durch deren Markenstärke messen(vgl. Leone et al. 2006).

Traditionell wird das Markenwertkonzept auf die Verbindung von Produzent und Kon-sument bezogen. In der Rekrutierungsforschung findet es aber mittlerweile ebenso Ver-wendung, um Bewerbungsprozesse zu beschreiben (vgl. Barber 1998; Collins 2007;Collins und Stevens 2002). Dabei bleibt festzuhalten, dass sich Konsumenten- und Be-werberverhalten bezüglich mehrerer Aspekte unterscheiden.

So erfolgen Markenkäufe in den meisten Produktkategorien weit häufiger als Bewer-bungen, was mit einer gewissen Unerfahrenheit und einer starken Aktivierung der Be-werber einhergeht und die Arbeitgeberwahl dementsprechend mit einem vergleichsweisehohen Involvement abläuft (vgl. Cable undTurban 2001).Weiterhin laufen Entscheidungenim Bewerbungsprozess nicht nur auf Seiten des Bewerbers, sondern auch auf Unterneh-mensseite ab. Eine Bewerbung ist damit nur erfolgreich, wenn sowohl das Unternehmenfür den Bewerber, als auch der Bewerber für das Unternehmen Relevanz besitzt (vgl.Maurer et al. 1992).

Es ist jedoch möglich, das Konzept auf den für diese Arbeit relevanten Kontext derRekrutierung zu übertragen, da die zugrundeliegenden Bewertungsprozesse starke Paral-lelen aufweisen (vgl. Backhaus und Tikoo 2004; Maurer et al. 1992; Rynes und Barber1990). Dies ist in besonderem Maße zutreffend, da sich der untersuchte Kontext im frühenStadium des Bewerbungsprozesses befindet, es also noch um Wahrnehmungen und Inten-tionen und weniger um die konkrete beidseitige Entscheidungsfindung geht. In diesemProzessabschnitt bilden sich Einschätzungen des Arbeitssuchenden über einen möglichen

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Arbeitgeber genauso wie ein Kunde die Produkte eines Unternehmens beurteilt (vgl. Col-lins und Stevens 2002). Diese Einschätzungen und Beurteilungen bilden die Basis für dieEntscheidungen des Arbeitssuchenden, sich bei einem bestimmten Arbeitgeber zu bewer-ben oder dies zu unterlassen (vgl. Barber 1998).

Aufbauend auf dem Konzept des Markenwertes, welcher sich primär aus den mit einerMarke verbundenenAssoziationen oder dem Markenwissen speist (vgl.Aaker 1992), kannauch der Wert einer Arbeitgebermarke spezifiziert werden. Als Proxy für diesen Wertkann das mit der Arbeitgebermarke verbundene Wissen gesehen werden (vgl. Collins2007). DieArbeitgebermarkenstärke wird mit Hilfe von drei Konstrukten operationalisiert:Vertrautheit, Reputation und Jobinformation. Diese Faktoren gelten als die Haupttreiberdafür, ob eine Bewerbungsabsicht entsteht, ihr nachgegangen wird und ob letztendlich einJobangebot akzeptiert wird (vgl. Backhaus und Tikoo 2004; Collins 2007).

Die Vertrautheit wird als die Wahrnehmung und die Fähigkeit bezeichnet, eine Unter-nehmung als potentiellen Arbeitgeber auszumachen und zu entscheiden, ob dieser einenfür sich in Frage kommenden Arbeitgeber darstellt. Die Reputation drückt sich in denEinschätzungen des Arbeitssuchenden aus, wie andere Individuen das Unternehmen be-urteilen. Im Gegensatz dazu beschreibt die Jobinformation die Vorstellungen des Arbeit-suchenden hinsichtlich der Attribute eines bestimmten Arbeitsplatzes (vgl. Collins 2007;Cable und Turban 2001).

Signalfunktion der Arbeitgebermarke: Der Arbeitsmarkt ist in Anbetracht der Bezie-hung potentieller Arbeitnehmer und Arbeitgeber unvollkommen, da beiderseits ein Infor-mationsdefizit existiert (vgl. Spence 1973). Arbeitgeber können keine genauen Progno-sen bezüglich der Qualität der Arbeitssuchenden anstellen, wohingegen die potentiellenArbeitnehmer lediglich oberflächliche Vorstellungen hinsichtlich des tatsächlichen Auf-gabenfeldes und der Arbeitsumwelt besitzen (vgl. Spence 1973). Die kommuniziertenAktivitäten und Informationen mit Bezug auf die Gegebenheiten innerhalb einer Unter-nehmung werden als Signale verstanden, die diese Diskrepanz vermindern (vgl. Turbanund Greening 1996) sowie schlussendlich Unsicherheit reduzieren sollen (vgl. Daft undLengel 1986).

Durch die kommunizierten Informationen sieht sich der Arbeitssuchende einem an-dauernden Prozess des Lernens bzw. der neuerlichen Informationsaufnahme gegenüber-gestellt. Forschungen im Bereich des Marketings und der Psychologie haben sich zumbesseren Verständnis des Lernprozesses mit Modellen assoziierten (kognitiven) Denkensauseinandergesetzt (vgl. Srull und Wyer 1989; Anderson 2001). Diese Modelle postulie-ren, dass Informationen in Form von sogenannten „nodes“ (spezifischen Informationen) imGedächtnis gespeichert werden. Die gespeicherten Informationen führen durch Verknüp-fungen, die in ihrer Stärke variieren, zum Abruf weiterer, einem Kontext zuzuordnenderInformationen (vgl. Keller 1993).

Die kommunizierten Signale eines Unternehmens helfen den potenziellen Bewerbernzu erahnen, wie es sein könnte, bei einem bestimmten Arbeitgeber zu arbeiten. So wirdim Sinne des dargelegten Images bereits ex-ante ein Bild vom Unternehmen als Arbeitge-ber aufgebaut, durch das sich Vorstellungen in Bezug auf den Arbeitsalltag, das -umfeldund den -umfang ergeben. Sollten sich bei erfolgreicher Rekrutierung diese Erwartungen

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nicht bestätigen, so kann dies jedoch auch zu Unzufriedenheit und daraus resultierenderKündigung seitens des Arbeitnehmers führen (vgl. Cable et al. 2000).

Die Wichtigkeit des Signalings und des damit kommunizierten Images aus der Sichtdes Arbeitssuchenden kann unterschiedlich ausfallen. Liegt ein geringer Kenntnisstand inBezug auf ein Unternehmen vor, so steigt der Stellenwert des Signalings. Reziprok sinktder Einfluss des Signalings, wenn bereits umfangreiche Kenntnisse über eine Unterneh-mung vorhanden sind (vgl. Rynes et al. 1991; Erhart 2006). Daher sollte besonders beieinem wenig bekannten Mittelständler die Wirksamkeit von zusätzlichen Signalen gege-ben sein. Weiterhin geben bisherige Studien aus dem Forschungsfeld Hinweise darauf,dass die Bewerbungsabsicht eines Arbeitssuchenden in hohem Maße von dem kommuni-zierten organisatorischen Image abhängt (vgl. Gatewood et al. 1993; Tom 1971; Belt undPaolillo 1982; Knox und Freeman 2006). Den Theorien und bisherigen Studienergebnissenfolgend, ist anzunehmen, dass der Arbeitgebermarkenwert auch bei mittelständischen Un-ternehmen zur Entscheidungsfindung und -fundierung beiträgt (vgl. Collins und Stevens2002). Dementsprechend wird folgende Hypothese abgeleitet:

H1: Je höher die Arbeitgebermarkenstärke eines mittelständischen Unternehmens, destohöher ist die Wahrscheinlichkeit der Bewerbungsabsicht bei diesem Unternehmen.

Media Richness Theorie: Die dominierende Theorie in Bezug auf die Übermittlung einesorganisatorischen Images und der Minimierung des bestehenden Informationsdefizites istdie sog. „Media Richness Theory“ (MRT). Kommunikationskanäle (in dieser Arbeit Per-sonalmarketingmaßnahmen) variieren dabei in ihrer Eignung, Informationen effektiv zuvermitteln. Elementarer Bestandteil der Theorie ist dieAusprägung des Informationsreich-tums, der in der Informationsvermittlungsfähigkeit des genutzten Kanals begründet liegt(vgl. Daft et al. 1987; Allen et al. 2004).

Zeitnahes Feedback und persönliche Interaktion sind Kernelemente des Informations-reichtums (vgl. Allen et al. 2004). Informationsreichere Medien wie z. B. Vis-à-Vis Kom-munikation wirken bei der Übermittlung eines Images effektiver als informationsärmereMedien wie z. B. Broschüren (vgl. Daft und Lengel 1986; Daft et al. 1987).

Allen et al. (2004) führten in ihrer Studie die MRT in den Kontext der Rekrutierungein. Bisherige Forschungen haben die Relevanz der Kommunikation in der Rekrutierungerkannt, den Fokus der Untersuchungen aber auf die Rolle des Kommunikators und desNachrichteninhalts gelegt; die analytische Auswertung der Effekte unterschiedlich starkerKanäle im Zusammenhang mit einer erfolgreichen Rekrutierung wurden dagegen vernach-lässigt. Aus diesem Grunde untersuchten Allen et al. (2004) die Reaktionen von Studentenauf die Ansprache durch ein großes Militärunternehmen anhand unterschiedlicher Kom-munikationskanäle (Vis-à-Vis, Video, Audio und Literatur). Die Ergebnisse verdeutlich-ten, dass der Kommunikationskanal Auswirkungen auf die Einstellung und eine möglicheBewerbungsabsicht in Bezug auf die Unternehmung hat.

Informationsreichtum im Kontext von Personalmarketingmaßnahmen: Zu beset-zende Arbeitsplätze werden als Ware angesehen, die an Kunden, d. h. an Arbeitssuchende,deren Wünsche und Bedürfnisse es zu berücksichtigen gilt, verkauft werden (vgl. Rastet-ter 1996). Das Personalmarketing ist hierbei „[…] die Orientierung der gesamten Perso-nalpolitik eines Unternehmens an den Bedürfnissen von zukünftigen und gegenwärtigen

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Mitarbeitern mit dem Ziel, gegenwärtige Mitarbeiter zu halten, zu motivieren und neueMitarbeiter zu gewinnen“ (Simon 1995, S. 13). Das externe Personalmarketing beinhaltetMaßnahmen, die darauf ausgerichtet sind, die Attraktivität eines Unternehmens poten-ziellen Mitarbeitern gegenüber zu steigern und verfolgen das Ziel, beim Bewerber dieBereitschaft der Kontaktaufnahme zu schaffen (Süß 1996).

Collins (2007) und Collins und Han (2004) verweisen diesbezüglich mit Rücksichtauf die eingesetzten Instrumente auf sog. informationsärmere und informationsreiche-re Maßnahmen. Informationsärmere Maßnahmen verfolgen das Ziel, eine Wahrnehmungdes betrachteten Unternehmens zu schaffen, die zur Entstehung positiver Assoziationenführt. Die Beeinflussung erfolgt imAllgemeinen unterbewusst und mit geringemAufwand.So findet eine Marke zwar Beachtung, obwohl mitunter Erfahrungen im Umgang mit denProdukten fehlen. Insofern gilt diese Form als besonders gut geeignet für verhältnismäßigunbekannte Unternehmen, da es als Substitut für die fehlende Produktwahrnehmung fun-giert. Bei bekannten Unternehmen gilt diese Form eher als wenig erfolgversprechend, umden Prozess der Meinungsbildung hinsichtlich der Jobinformation signifikant zu beein-flussen. Der Arbeitssuchende hat sich unter normalen Umständen schon eine umfassendeMeinung gebildet (vgl. Collins 2007; Collins und Han 2004).

Demgegenüber stehen die sog. informationsreicheren Maßnahmen, die sich in Formeiner detaillierten Stellenbeschreibung und umfangreicher Informationen über das Unter-nehmen präsentieren. So werden z. B. spezifischeAngaben über das Gehalt,Aufstiegschan-cen und Unternehmenskultur durch intensive persönliche Interaktion u. a. bei Arbeitge-bermessen vermittelt (vgl. Collins 2007; Collins und Han 2004). InformationsreichereMaßnahmen sind in der Lage, faktenorientiertere und affektivere Informationen zu kom-munizieren. Die bisherigen Forschungsergebnisse in Bezug auf die MRT geben die Vis-à-Vis-Kommunikation als reichsten Kanal an, nachfolgendVideo, nurAudio und nur Text. InAnbetracht dieser Auswertungen und der Theorie folgend wird ein Stand auf dem CareerDay das „reichere“ Medium darstellen. Die Interaktionsmöglichkeiten dieses persönlichenGesprächs sind im Vergleich zur Unternehmenspräsentation durch den genannten direk-teren Vis-à-Vis Charakter generell größer. Aus der Sicht des Arbeitssuchenden bestehtdie Option, detaillierte Fragen zu stellen und etwaige Fragestellungen direkt auf sich zubeziehen. Das Unternehmen ist reziprok in der Lage, für sich relevantere Informationenzu gewinnen. Demgegenüber ist die Unternehmenspräsentation weniger „reich“ an Infor-mationen; die soziale Nähe und der persönliche Fokus sind geringer einzuschätzen. DerEinteilung in Informationsklassen folgend ist diese Maßnahme eher im Videobereich an-zusiedeln; das rekrutierende Unternehmen kann die Maßnahme weitestgehend „nur“ alsPlattform für eine einseitige Kommunikation (Vortragender und Powerpoint Präsentation)nutzen. Die Möglichkeit, Informationen über die Arbeitssuchenden zu sammeln, ist sehreingeschränkt (Daft und Lengel 1986, S. 560; Allen et al. 2004, S. 148 f.).

Frühere Forschungen suggerieren, dass sowohl informationsärmere und informations-reichere Maßnahmen signifikant positive Ergebnisse auf die Bewerbungsabsicht vermit-teln. Es entstehen positive Meinungen in Bezug auf die Jobattribute und die Darstellung derUnternehmung (vgl. Barber und Roehling 1993; Gatewood et al. 1993). Diese Wirkungs-zusammenhänge werden hier auf mittelständische Unternehmen übertragen und folglichangenommen, dass beide Maßnahmen positiv auf die Arbeitgeberattraktivität eines mit-telständischen Unternehmens wirken.

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H2: Der Career Day (a) und die Unternehmenspräsentation (b) wirken sich positiv aufdie Arbeitgebermarkenstärke eines mittelständischen Unternehmens aus.

Dem Rational der MRT folgend, kann angenommen werden, dass informationsreicheMaßnahmen stärker auf die Arbeitgebermarkenstärke einzahlen als informationsärmereMaßnahmen. Informationsreichere Maßnahmen (Career Day) weisen ein höheres Maß anInteraktion zwischen potenziellem Bewerber und Unternehmen auf (vgl.Allen et al. 2004).Im Rahmen dieser intensiven Kommunikation ist es möglich, spezifischere Inhalte zu ver-mitteln und auf Rückfragen direkt zu reagieren. Dadurch wird das Maß an vermittelterInformation maximiert. Bei Maßnahmen, die ein geringeres Maß an Interaktion zulassen(Unternehmenspräsentation) ist dementsprechend anzunehmen, dass weniger Informatio-nen und weniger spezifische Informationen übermittelt werden können und folglich dieArbeitgebermarkenstärke nicht so stark beeinflusst wird wie beim Career Day. Daher bleibtzu testen, ob der vermeintlich informationsstärkere Kanal (Career Day) auch faktisch inder vorliegenden Studie die wirkungsvollere Maßnahme darstellt, dementsprechend alsopositivere Effekte auf die untersuchten Dimensionen bedingt (vgl. Collins 2007).

H3: Der Career Day wirkt sich positiver auf die Arbeitgebermarkenstärke eines mittel-ständischen Unternehmens aus als die Unternehmenspräsentation.

Durch die isolierte Betrachtung der Maßnahmen ist es durchaus sinnvoll, den Wirkungs-grad der Personalmarketingmaßnahmen in Kombination gegenüber einer einzelnen Maß-nahme zu analysieren. Breaugh und Starke (2000) haben in ihrer Arbeit bereits auf dasDefizit hingewiesen, dass die Maßnahmenbetrachtung in den bisherigen Forschungen nurisoliert erfolgte und folglich Forschungsbedarf vorliegt.

Ein geeignetes Instrument zum besseren Verständnis, dass durch eine Maßnahmen-kombination stärkere Effekte erzielt werden können, liefern die Modelle des kognitivenDenkens. Im Falle des Vorliegens signifikanter Ergebnisse einzelner Maßnahmen rufenkombinierte Maßnahmen einen entsprechend stärkeren Effekt hervor: Wiederholtes Nach-denken und die ständige Konfrontation mit einem Sachverhalt (Übungseffekt) steigern dieStärke der hervorgerufenen Assoziationen (vgl. Keller 1993; Anderson 2001). Beispiels-weise zeigte Rundus (1971), dass eine Information mit wachsender Anzahl an Wiederho-lungen auch besser erinnert wird. Informationen müssen eine gewisse Verweildauer imKurzzeitgedächtnis haben. Je länger diese Verweildauer ist, desto größer die Erinnerung.Demgegenüber argumentierten Craik und Lockhart (1972) mit dem „Verarbeitungsgradoder -tiefe“ bzw. „Levels of Processing“ Ansatz. Dieser stellt zu diesem Kontext die An-nahme auf, dass die Gedächtnisleistung nur dann verbessert wird, wenn das dargeboteneMaterial in einer tiefen und bedeutungsvollen Art und Weise gespeichert wird (vgl. Craikund Lockhart 1972; Craik und Tulving 1975). Dies zusammenfassend lässt sich Folgendesannehmen:

H4: Die Kombination aus Career Day und Unternehmenspräsentation wirkt sich zusam-men durchgeführt stärker als die einzelnen Maßnahmen alleinig auf die Arbeitge-bermarkenstärke eines mittelständischen Unternehmens aus.

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3 Methode

Stichprobenbeschreibung: Das betrachtete Unternehmen der Studie ist ein mittelständi-sches deutsches Technologieunternehmen, schwerpunktmäßig im Bereich der ressourcen-schonenden Heizungsprodukte und Warmwassertechnologie tätig und nachfolgend HeizGmbH genannt.

Die Datenerfassung der Studie erfolgte anhand eines schriftlichen Fragebogens imRahmen verschiedener Vorlesungen an der wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät einerdeutschen Universität. Die Befragung erfolgte mehrstufig. Zuerst wurde ein Pretest durch-geführt, um zu ermitteln, ob die Heiz GmbH tatsächlich über eine geringe Bekanntheitund Arbeitgeberattraktivität verfügt. Diese Stichprobe wurde Anfang Mai 2009 erhobenund umfasste N = 203 Studenten der Wirtschaftswissenschaften aus dem Diplom- undBachelor-Studiengang. Die Befragten waren im Alter zwischen 20 und 28 Jahren. Dasdurchschnittliche Alter der Studenten betrug 23,76 Jahre (SD = 2,05). 44,2 % der Stu-denten befanden sich in den letzten zwei Semestern vor Abschluss ihres Studiums. DieErhebung setzte sich zu 39,9 % aus männlichen und 60,1 % aus weiblichen Teilnehmernzusammen. Es zeigte sich, dass die Heiz GmbH spontan nur bei 5 % der Befragten be-kannt war und nur bei 0,9 % zu den Top-Arbeitgebern zählte und dadurch die von unserwarteten Kriterien eines wenig bekannten Unternehmens erfüllt. Die Heiz GmbH führteim Juni 2009 beide Personalmarketingmaßnahmen, die Unternehmenspräsentation wäh-rend einer Universitätsvorlesung und die Präsenz auf einer universitären Karrieremesse(Career Day), durch. Anfang Juli wurde eine Stichprobe von insgesamt N = 268 Studentenbefragt, welche Teilnehmer des Vorlesungsbesuchs (n = 81), Teilnehmer des Career Days(n = 31), Teilnehmer beider Veranstaltungen (n = 23) und nicht-Teilnehmer (n = 133) um-fasste. Die Teilnahme wurde dichotom (teilgenommen vs. nicht teilgenommen) gemessen.Um sicherzustellen, dass die Teilnehmer des Career Days auch wirklich in Interaktion mitden Angestellten der Heiz GmbH getreten sind, wurde diesbezüglich eine Kontrollfra-ge gestellt. Insgesamt wurde die Frage von fünf Teilnehmern des Career Days negativbeantwortet. Diese wurden in der weiteren Analyse nicht weiter berücksichtigt.

Anhand dieser zweiten Stichprobe wurden der Beitrag der Personalmarketingmaß-nahmen zum Aufbau einer Arbeitgebermarke und der damit verbundenen Steigerung derBewerbungsabsicht untersucht. Das durchschnittliche Alter betrug 23,9 Jahre (SD = 1,78),wobei hier das Alter zwischen 20 und 30 Jahren lag. In diesem Fall befanden sich 60,7 %der befragten Studenten in den letzten beiden Semestern ihres Studiums. Die Zusammen-setzung der Studenten in dieser zweiten Erhebung änderte sich lediglich marginal. 40,5 %männliche und 59,5 % weibliche Teilnehmer partizipierten zu diesem Erhebungszeitpunktan der Studie.

Operationalisierung der Variablen: Die Operationalisierung der Konstrukte Arbeitge-bermarkenstärke und Bewerbungsabsicht erfolgte in Anlehnung an die Studie von Collins(2007). Zur Sicherstellung der Skalenreliabilität wurde Cronbachs’ Alpha für jede Skalaausgewiesen. Arbeitgebermarkenstärke wurde durch die drei Subdimensionen Vertraut-heit, Reputation und Jobinformation operationalisiert. Die Bewertung der einzelnen Itemserfolgte über eine Rating-Skala (von 0 = Stimme gar nicht zu, bis 6 = Stimme voll und ganzzu). Die Dimensionen Reputation und Vertrautheit setzten sich aus jeweils drei gleichge-

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wichteten Items zusammen. Jobinformation ermöglichte einen umfassenden Ausblick aufdie Einschätzungen der Arbeitssuchenden hinsichtlich der betrachteten Unternehmung alsArbeitgeber. Das Konstrukt wurde aus 17 Items gebildet, die in Anlehnung an Collinsund Stevens (2002) übernommen wurden. Alle Dimensionen wiesen eine gute Reliabilitätim Hinblick auf Cronbachs’ Alpha auf (Reputation: α = 0,90; Jobinformation: α = 0,94;Vertrautheit: α = 0,85) und waren somit für das Modell als geeignet anzusehen.

Die Bewerbungsabsicht wurde anhand von vier Items (u. a. „Ich würde ein Jobangebotvon der Unternehmung annehmen“), die angelehnt an eineArbeit vonTaylor und Bergmann(1987) übernommen wurden, operationalisiert. Auch diese Dimension wies hinsichtlichCronbachs’ Alpha (α = 0,85) insgesamt eine gute Reliabilität auf (Collins und Stevens2002; Collins 2007).

4 Analyse

Qualitätssicherung der Analyse: Um die Qualität der verwendeten Messkonstrukte si-cherzustellen, wurden eingangs konfirmatorische Faktoranalysen (CFAs) berechnet. MitHilfe von CFAs sollte sichergestellt werden, dass das implizierte 4-Faktormodell (Jobin-formation, Reputation, Vertrautheit und Bewerbungsabsicht) die höchste Güte aufweist,und nicht andere Faktorlösungen vorzuziehen sind. Um Mess- und Strukturmodelle hin-sichtlich ihrer Modellgüte zu evaluieren, setzen wir, Bollen (1990) folgend, verschiedeneMaße an. Dies ist auch dem Umstand geschuldet, dass die weit verbreitete Fit-Kennzahl,die Chi-Quadrat Statistik, stark anfällig auf die Stichprobengröße reagiert (vgl. Cudeckund Henly 1991). Wir berichten daher neben der Chi-Quadrat Statistik den ConfirmatoryFit Index (CFI), den Tucker-Lewis Index (TLI), und den Root-Mean-Squared-Error ofApproximation (RMSEA).

Es konnte durch die CFAs bestätigt werden, dass die unterstellte 4-Faktorlösungden höchsten Fit aufweist. Alle Faktorladungen von den latenten Konstrukten auf diejeweiligen Items liegen über 0,7 und haben dementsprechend ausreichende Werte. Zu-dem sind alle Faktorladungen signifikant (T-Wert ≥ 8,89). Die 4-Faktorlösung wies einenausreichenden Modell-Fit auf (χ2(df) = 59,67(55) p = 0.31; CFI: 0,99; TLI: 0,99; RM-SEA: 0,02). Um überlegene Modelle auszuschließen, wurden sowohl ein 5-Faktor-Modell(χ2(df) = 58,88 (53) p = 0.19; CFI: 0,98; TLI: 0,98; RMSEA: 0,03), als auch ein 3-Faktor-Modell (χ2(df) = 128,41(58) p < 0.05; CFI: 0,95; TLI: 0,92; RMSEA: 0,09) getestet. Kei-nes der Alternativmodelle generierte bessere Gütemaße als das Ursprungsmodell, wasunsere 4-Faktorlösung weiter absichert.

Das Messmodell wurde noch weitergehend auf Konvergenz- und Diskriminanzvali-dität überprüft. Zwar haben die verwendeten Skalen schon in mehreren PublikationenVerwendung gefunden (vgl. u. a. Collins und Stevens 2002; Highhouse et al. 2003), aller-dings wurden die Skalen vorher nicht ins Deutsche übersetzt. Es ist daher möglich, dassdie verwendeten Items nicht unmittelbar in Deutschland anwendbar sind, oder durch dieÜbersetzung an Validität einbüßen. Um die Validität der Messungen zu evaluieren wurdedie von Fornell und Larcker (1981) vorgeschlagene Prozedur und Grenzwerte angewandt.

Die Konvergenzvalidität wurde durch die Berechnung der average variance extracted(AVE) überprüft. Die AVE lag für alle Konstrukte über dem Grenzwert von 0,5 (AVEs:

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Arbeitgebermarkenaufbau durch informelle Hochschul … 337

Tab. 1: Mittelwerte, Standardabweichungen, Durchschnittliche Erklärte Varianz (AVE) und Korre-lationen

Variablen Mittel- S. D. AVE Bewerbungs Job- Reputation Vertrautheitwert absicht information

Bewerbungsabsicht 3.05 1.34 0.86 0.931

Jobinformation 3.30 0.90 0.66 0.53** 0.81Reputation 2.73 1.37 0.68 0.65** 0.65** 0.82Vertrautheit 1.68 1.41 0.67 0.60** 0.62** 0.64** 0.82

**Korrelation ist signifikant auf dem 0.01 Level (2-seitig)1Werte auf der Diagonalen sind Quadratwurzeln der jeweiligen AVEs

Bewerbungsabsicht = 0,86; Jobinformation = 0,66; Reputation = 0,68; Vertrautheit = 0,67).Damit kann Konvergenzvalidität angenommen werden (vgl. Fornell und Larcker 1981).Die Diskriminanzvalidität wurde durch den Vergleich der Quadratwurzel der einzelnenAVEs mit den Inter-Faktorkorrelationen der latenten Variablen ermittelt. Damit Diskri-minanzvalidität gewährleistet ist, müssen die Quadratwurzeln der AVEs größer sein alsdie Inter-Faktorkorrelationen (vgl. Chin 1998). In Tab. 1 sind diese Werte abgebildet. Wiezu sehen ist, übersteigt die Inter-Faktorkorrelation nicht einmal die einfachen AVEs, wasdie Annahme der Diskriminanzvalidität weiter stützt (vgl. Fornell und Larcker 1981). Umweiterhin die Diskriminanzvalidität zu gewährleisten, wurde eine Reihe von Chi-Quadrat-Differenztests durchgeführt, wobei die latenten Konstrukte jeweils paarweise (bei vierKonstrukten insgesamt sechs paarweise Vergleiche) untersucht wurden (vgl. Andersonund Gerbing 1988). Dabei wurde zunächst ein 2-Faktormodell angenommen (also jederFaktor anhand der unterstellten Faktorstruktur aufgebaut) und dagegen ein 1-Faktormodellgetestet. Bei allen Vergleichen hatte das 2-Faktormodell einen signifikant niedrigeren Chi-Quadrat-Wert (niedrigster �χ2(df) = 61,7(1)). Damit war jede 1-Faktorlösung signifikantschlechter (p < 0.001) als die jeweilige 2-Faktorlösung, was die Annahme der Diskrimi-nanzvalidität weiter untermauert (vgl. O’Leary-Kelly und Vokurka 1998).

Um Multikollinearität auszuschließen, wurden „Variance Inflation Factor“ (VIF) undbivariate Korrelationen (Tab. 1) berechnet.Auch wenn die Korrelationen relativ hoheWerteaufweisen, übersteigt keine Korrelation das kritische Maß von 0,7 (vgl. Anderson et al.1996). Weiterhin übersteigt keiner der VIFs den Wert von 2,5 (höchster VIF = 1,93) undist damit unterhalb von kritischen Grenzwerten (vgl. Neter et al. 1983).

Da abhängige und unabhängige Variablen zu einem Zeitpunkt und mit derselben Me-thode gewonnen wurden, wurde zudem auf „Common Method Bias“ (CMB) kontrolliert.CMB kann Messungen von abhängigen und unabhängigen Variablen in die gleiche Rich-tung verzerren und damit zu systematischen Fehlern in den Daten führen (vgl. Brannicket al. 2010). Um mögliche Probleme durch CMB zu identifizieren wurden in Anlehnungan Chang et al. (2010) mehrere statistische Verfahren angewendet.

Wie von Podsakoff und Organ (1986) vorgeschlagen, wurde Harman’s One-Factor Testverwendet. Unter Verwendung einer nicht rotierten Hauptkomponentenanalyse mit allenverwendeten Variablen zeigte sich, dass insgesamt drei Faktoren mit einem Eigenwert >1existieren, die zusammen 67 % der Varianz der Variablen erklären. Da zum einen mehrereFaktoren existieren und zum anderen keiner der Faktoren alleinig für einen Großteil der

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erklärten Varianz verantwortlich ist (Faktor 1: 28 %; Faktor 2: 23 %; Faktor 3: 16 %),kann angenommen werden, dass CMB hier kein ernstzunehmendes Problem darstellt (vgl.Podsakoff und Organ 1986).

Weiterhin wurde eine von Hult et al. (2006) vorgeschlagene Prozedur verwendet, beiwelcher im Messmodell ein Methodenfaktor auf alle Items der latenten Variablen hinzu-gefügt wird, um die durch diesen Faktor bedingte Varianz zu extrahieren (vgl. MacKenzieet al. 1993). Es werden dabei zwei Modelle miteinander verglichen: Im ersten Modellwerden die Faktorladungen des Methodenfaktors frei geschätzt, wohingegen im zweitenModell die Ladungen des Methodenfaktors auf null restringiert werden. Wenn sich imzweiten Modell die Modellgüte signifikant verschlechtert und sich die Signifikanz vonKoeffizienten verändert, deutet dies auf CMB hin. Weder hatte Modell 1 einen signifikantbesseren Fit, noch haben sich durch die Hinzunahme eines Methodenfaktors die Faktor-ladungen der Items verändert. Dies indiziert, dass CMB kein gravierendes Problem fürunsere Analysen darstellt.

Analyseprozedere: Zur Überprüfung der Hypothesen wurde ein Strukturgleichungsmo-dell mit Hilfe des Statistikprogramms MPLUS in der Version 5 erstellt. MPLUS wurdeu. a. als Software gewählt, da es eine Kontrolle der nicht-Normalverteilung des getestetenInteraktionseffekts erlaubt (vgl. Klein und Moosbrugger 2000). Ein Strukturgleichungs-modell bietet die Möglichkeit, ein komplexes Untersuchungskonstrukt abzubilden und dieZusammenhänge der beinhalteten Variablen zu erklären (vgl. Maruyama 1998). Gegen-über gewöhnlichen multivariaten Analyseverfahren bietet ein Strukturgleichungsmodelleine Vielzahl an Vorteilen, wodurch sich u. a. die Aussagekraft des zu testenden Modellserhöht. Abbildung 1 zeigt das Strukturgleichungsmodell zur Prüfung der abgeleiteten Hy-pothesen. In einem zweiten Schritt wurde dieses Strukturgleichungsmodell um den Inter-aktionseffekt zwischen Career Day und Unternehmenspräsentation erweitert (Abb. 2), umHypothese 4 testen zu können. Dieses hierarchische Vorgehen erlaubt die Interpretationvon direkten Effekten als auch von Interaktionseffekten (vgl.Aiken und West 1991). Daherwurden die direkten Effekte (Hypothesen 1–3) im Modell 1 interpretiert und Hypothese4 gesondert in Modell 2 aus den Effekten der multiplikativen Verknüpfung der beidenPersonalmarketingmaßnahmen untersucht.

Um Hypothese 3 statistisch zu testen, wurde ein Chi-Quadrat Differenztest durchge-führt. Die Ergebnisse sind in Tab. 3 abgebildet. Mit Hilfe dieses Tests ist es möglich zu

Abb. 1: Darstellung der Wir-kungsbeziehungen im Struktur-gleichungsmodelle(Modell 1)

Personalmarketing-maßnahmen

Career Day

Unternehmens-präsentation

Arbeitgebermarke

Job-information

Reputation

Vertrautheit

Bewerbungs-absicht

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Abb. 2: Darstellung der Wir-kungsbeziehungen mit Interakti-onseffekt (Modell 2)

Personalmarketing-maßnahmen

Arbeitgebermarke

Career Day

Unternehmens-präsentation

Job-information

Reputation

Vertrautheit

Bewerbungs-absicht

Career Day XUnt. Präsentation

überprüfen, ob Effektstärken signifikant unterschiedlich sind. Somit kann man die einzel-nen Koeffizienten nicht nur als standardisierte Koeffizienten der Höhe nach vergleichen,sondern auch auf statistisch signifikante Unterschiede testen.

Beim Chi-Quadrat Differenztest werden Modelle paarweise miteinander verglichen.Bei dem restringierten Modell werden die zu vergleichenden Effekte (z. B. der Effekt vomVorlesungsbesuch auf die Reputation gegenüber dem Effekt vom Career Day auf die Re-putation) gleichgesetzt, wohingegen bei dem nicht restringierten Modell beide Effektstär-ken frei geschätzt werden. Beim Chi-Quadrat Differenztest wird nun die Null-Hypothesegetestet, dass sich die beiden Modelle nicht hinsichtlich ihrer Modellgüte signifikant von-einander unterscheiden. Wenn die Null-Hypothese nicht widerlegt wird, gibt es keinesignifikanten Unterschiede in den Effektstärken zwischen den untersuchten Effekten (vgl.Homburg et al. 2007). Übertragen auf diesen Fall bedeutet dies, dass Hypothese 3 bestätigtwäre, wenn die Null-Hypothese des Chi-Quadrat Differenztests widerlegt würde, es alsosignifikante Unterschiede zwischen restringierten und nicht restringierten Modellen gäbeund dazu noch die Effekte vom Career Day positiver ausfallen würden als vom Vorlesungs-besuch. Ein signifikanter Unterschied auf dem 5 %-Signifikanzniveau besteht, wenn dieChi-Quadrat Differenz >3,84 beträgt, da sich die einzelnen getesteten Modellpaare jeweilsum einen Freiheitsgrad unterscheiden.

5 Ergebnisse

Bevor es möglich ist, Hypothesen anhand der Strukturgleichungsmodelle zu testen, ist esnotwendig, den Modell-Fit zu evaluieren. Ein Modell hat eine ausreichende Güte, wennder Chi-Quadrat Test nicht signifikant ist, wenn CFI > 0,95, TLI > 0,95 und/oder RMSEA≤ 0,06 ist. Die Ergebnisse beider Strukturgleichungsmodelle zeigen ausreichende Fit-Werte (Tab. 2). Anerkannte Grenzwerte werden über alle Fitindizes hinweg eingehalten(vgl. Hu und Bentler 1999). Der hohe Modell-Fit unterstützt damit die folgendenAussagenzur Hypothesenprüfung bzw. zeigt die Robustheit der Ergebnisse.

Hypothese 1 unterstellte, dass die Entstehung einer Bewerbungsabsicht durch die Di-mensionen der Arbeitgebermarkenstärke, sprich die Einschätzungen im Hinblick auf Job-information, Reputation und Vertrautheit, vorhergesagt werden kann. Die Jobinformation(β = 0,14; p ≤ 0,001), die Reputation (β = 0,39; p ≤ 0,001) und die Vertrautheit (β = 0,28;

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Tab. 2: Ergebnisse der Strukturgleichungsmodelle

Unabhängige Variable Abhängige Variable β

Job Information → Bewerbungsabsicht 0.14***H1 Reputation → Bewerbungsabsicht 0.39***

Vertrautheit → Bewerbungsabsicht 0.28***Career Day → Job Information 0.23*

Modell 1 H2a Career Day → Reputation 0.05Career Day → Vertrautheit 0.02Unternehmenspräsentation → Job Information 0.39***

H2b Unternehmenspräsentation → Reputation 0.14†

Unternehmenspräsentation → Vertrautheit 0.18*Career Day X Unternehmenspräsentation → Job Information 0.06

Modell 2 H4 Career Day X Unternehmenspräsentation → Reputation 0.12Career Day X Unternehmenspräsentation → Vertrautheit 0.28*

Standardisierte Koeffizienten werden berichtet

***Koeffizient ist signifikant auf dem 0.001 level (2-seitig)

*Koeffizient ist signifikant auf dem 0.05 level (2-seitig)†Koeffizient ist signifikant auf dem 0.10 level (2-seitig)

Modell 1: Modell-Fit (χ2(df) = 94.32(76) p = 0.08; CFI = 0.99; TLI = 0.98; RMSEA = 0.04)

Modell 2: Modell-Fit (χ2(df) = 113.71(86) p = 0.07; CFI = 0.98; TLI = 0.97; RMSEA = 0.05)

Tab. 3: Ergebnisse des Chi-Quadrat Differenztests

Career Day vs. UnternehmenspräsentationChi-Quadrat Differenztest1

Jobinformation 2,96†

H3 Reputation 2,67Vertrautheit 3,40†

1Werte sind Chi-Quadrat Unterschiede zwischen dem Modell mit frei†Koeffizient ist signifikant auf dem 0.10 level (2-seitig)

p ≤ 0,001) weisen einen signifikanten Einfluss auf die Bewerbungsabsicht auf, weshalbHypothese 1 als bewährt gelten kann.

Die Hypothesen H2a und H2b sollten überprüfen, ob (a) die Unternehmenspräsentationund (b) der Career Day einen signifikanten Einfluss auf die Arbeitgebermarkenstärkeentfalten. Hypothese 2a wird nur teilweise bestätigt, da sich der Career Day nur auf dieJobinformation signifikant auswirkt (β = 0,23; p ≤ 0,05), wohingegen die anderen beidenDimensionen keine signifikante Verbesserung aufweisen. Hypothese 2b kann bestätigtwerden, da die Unternehmenspräsentation im Rahmen eines Vorlesungsbesuchs auf alledrei Arbeitgebermarken Dimensionen, Jobinformation (β = 0,39; p ≤ 0,001), Reputation(β = 0,14; p ≤ 0,10) und Vertrautheit (β = 0,18; p ≤ 0,05) positive Auswirkungen hat.

Hypothese 3 unterstellte, dass der Career Day eine stärkere Wirkung auf die Arbeit-gebermarke entfalten müsste als die Unternehmenspräsentation. Dies kann nicht bestätigt

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werden (Tab. 3). Im Gegenteil zeigt sich sogar, dass die Unternehmenspräsentation ten-denziell besser wirkt als der Career Day. Mit Hinblick auf die Jobinformation und dieVertrautheit ist der Wirkungsunterschied sogar signifikant auf dem 10 % Niveau. Dahermuss Hypothese 3 verworfen werden.

In Hypothese 4 wurde unterstellt, dass die Kombination beider Personalmarketing-maßnahmen eine zusätzliche Steigerung der Arbeitgebermarkenstärke bedeutet, sprich,dass beide Maßnahmen einen positiven Interaktionseffekt ausweisen. Diese Annahmewurde teilweise bestätigt. Auch wenn hinsichtlich der Jobinformation (β = 0,06; n. s.) undReputation (β = 0,12; n. s.) keine signifikanten Interaktionseffekte der Personalmarketing-maßnahmen gefunden wurden, so ist die Wirkungsrichtung positiv und damit entspre-chend unserer Annahmen. Mit Hinblick auf die Vertrautheit ist die Interaktion zwischenden Personalmarketingmaßnahmen positiv und signifikant (β = 0,28; p ≤ 0,05), was Hy-pothese 4 unterstützt.

6 Diskussion der Ergebnisse

Ziel dieser Arbeit war es zu untersuchen, ob und wie sich unterschiedliche Personalmar-ketingmaßnahmen auf die Arbeitgebermarke und auf die Bewerbungsabsicht bei einemmittelständischen Unternehmen auswirken.

Bisherige Studien zur Personalbeschaffung in mittelständischen Unternehmen warenmeist deskriptiver Natur, ohne die Wirkung von einzelnen Rekrutierungspraktiken zu er-mitteln, wohingegen sich empirische Studien zur Wirksamkeit von Personalmarketingak-tivitäten meist auf Großunternehmen bezogen (Collins 2007).

DieseArbeit liefert einen Beitrag zur bestehenden Rekrutierungsforschung, da sie dieseForschungslücke zu schließen versucht und empirisch ermittelt, ob bisherige Forschungs-ergebnisse bzgl. Großunternehmen auch auf wenig bekannte mittelständische Unterneh-men zutreffen. Dabei konnte gezeigt werden, dass informationsreiche Maßnahmen (wiez. B. ein Stand auf einer universitären Karrieremesse) besonders dann ihre Wirkung ent-falten können, wenn sie in Kombination mit weiteren informationsärmeren Maßnahmendurchgeführt werden.

Weiterhin leistet die Arbeit einen theoretischen Beitrag, da gezeigt werden konnte,dass die verwendeten Theorien maßgeblich zum Verständnis der Bewerbungsabsicht beimittelständischen Unternehmen beitragen.Arbeitgebermarkenstärke bildet das Fundamentfür den Grad der Attraktivität eines potentiellen Arbeitgebers. Das Signaling und die MRTbestätigen die Relevanz der Kommunikation für eine erfolgreiche Rekrutierung. Zudemwerden vorherige Studienergebnisse gestützt, welche die Arbeitgebermarke als Media-tor zwischen Personalmarketingmaßnahmen und der Bewerbungsabsicht aufführen (vgl.Collins 2007).

Hypothese 1 setzte sich mit dem Sachverhalt auseinander, dass durch die Bildung einerstarken Arbeitgebermarke die Intention, sich bei einem Unternehmen zu bewerben, steigt.Die drei Dimensionen (Jobinformation, Reputation und Vertrautheit) der Arbeitgeber-markenstärke konnten signifikante und unabhängige Verbindungen zur Bewerbungsin-tention aufweisen, so dass Hypothese 1 als bewährt gelten kann. Um diese Ergebnisse zubekräftigen, sollten zukünftige Forschungen die kombinierteAnalyse der Dimensionen der

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Arbeitgebermarkenstärke weiterverfolgen. So wird dem Ziel nachgegangen, ein besseresVerständnis hinsichtlich der Entstehung einer Bewerbungsabsicht durch die gegenseitigeBeeinflussung der einzelnen Dimensionen der Arbeitgebermarkenstärke zu erlangen.

Die Hypothesen 2a und 2b können äquivalent zu den Forschungsergebnissen von Cableund Turban (2001) sowie Collins und Han (2004) aufzeigen, dass Unternehmen systema-tisch in der Lage sind, durch verschiedene Kanäle bzw. gezielte Personalmarketingmaß-nahmen die Einschätzungen der Arbeitssuchenden zu optimieren, um sich dem Ziel ei-ner erfolgreichen Rekrutierung zu nähern. Die Unternehmenspräsentation und der CareerDay implizieren diesbezüglich unterschiedliche Wirkungsgrade. Beide Maßnahmen wir-ken sich positiv auf die Dimensionen Jobinformation der Arbeitgebermarkenstärke aus,wohingegen nur bei der Unternehmenspräsentation signifikante Ergebnisse auf Reputa-tion und Vertrautheit entfallen. Dies impliziert, dass beide Maßnahmen unterschiedlichwirken.

Die Unternehmenspräsentation ist eher als der Career Day dazu geeignet, ein unspezi-fisches Gefühl der Bekanntheit bzw. Vertrautheit mit dem Unternehmen aufzubauen. DerCareer Day entfaltet dagegen sein höchstes Wirkungspotenzial hinsichtlich der Vermitt-lung von spezifischen Informationen. Die Reputation konnte auch nur schwach von derUnternehmenspräsentation gesteigert werden. Dies könnte darin begründet liegen, dassReputation innerhalb eines langwierigen Prozesses entsteht und nur sehr schwer durchad-hoc Personalmarketingmaßnahmen aufgebaut werden kann. Die Ergebnisse deuten al-lerdings darauf hin, dass die Unternehmenspräsentation prinzipiell ein geeignetes Vehikeldarstellt, um langfristig auch positive Reputationseffekte zu erzielen. Im Hinblick auf künf-tige Forschungen erscheint es wichtig, den Rekrutierungsprozess zu nuancieren, d. h. z. B.die Maßnahmen noch differenzierter zu betrachten. So würde ein wichtiger Beitrag zumbesseren Verständnis der Effekte einzelner Variablen der Rekrutierung geleistet werden.

Hypothese 3 unterstellt, dass sich der Career Day stärker als die Unternehmens-präsentation auf die Arbeitgebermarkenstärke auswirkt. Es zeigte sich allerdings, dassder Career Day konträr zu den Erwartungen kaum Signifikanz im Hinblick auf die einzel-nen Dimensionen der Arbeitgebermarkenstärke aufzeigt, wohingegen die Unternehmens-präsentation signifikante Ergebnisse hinsichtlich der Arbeitgebermarkenstärke erkennenlässt. Der Befund aus Hypothese 3 ist insofern überraschend, als dass die MRT auf eingegenteiliges Bild schließen lassen. Der Definition zufolge stellt der Career Day als dieinformationsreichere Maßnahme den effektiveren Kanal dar.

Eine mögliche Ursache für dieses unerwartete Resultat kann laut Collins (2007), dersich auf eine Studie von Collins und Han (2004) bezieht, die Verwendung eines „falschen“Kanals sein. Bezugnehmend auf die Umfrageergebnisse des ersten Erhebungszeitpunk-tes wird deutlich, dass lediglich ein Bruchteil der Studenten das betrachtete Unternehmenkennt und dementsprechend wenig vertraut im Umgang mit deren Produkten ist. Weiterhinist es denkbar, dass unerfahrene Arbeitssuchende (hier: Studenten) diesen direkten For-men der Rekrutierung bzw. Meinungsbeeinflussung keine Beachtung schenken. Es musszunächst einmal eine Schwelle der „Vertrautheit“ überschritten werden, sprich das rekrutie-rende Unternehmen muss einen gewissen Grad anVertrautheit aufweisen, um mit sehr „rei-chen“ Informationskanälen durchschlagenden Erfolg zu generieren. Insofern bleibt festzu-halten, dass bei einer schwachen (Arbeitgeber-) Marke (das betrachtete Unternehmen stellteine solche dar) vor allem Maßnahmen von geringerem Informationsreichtum wirken.

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Das rekrutierende Unternehmen muss demzufolge entsprechend umsichtig bei derAuswahl der Rekrutierungsstrategie vorgehen, indem es die Maßnahme auswählt, die best-möglich mit dem Rekrutierungsziel und der Zielgruppe harmoniert. Eine weitere denk-bare Ursache für dieses Phänomen könnte die Teilnehmerzahl der einzelnen Personal-marketingmaßnahmen (Career Day: n = 31; Unternehmenspräsentation: n = 81) darstel-len. Demzufolge sollte die künftige Forschung diese Problematik adressieren und größereStichproben realisieren, um Methodenprobleme auszuschließen.

Die Ergebnisse zeigen weiterhin, dass sich die Wirkungen der einzelnen Maßnah-men gegenseitig verstärken. So hat sich die Unternehmenspräsentation primär auf diewahrgenommenen Informationen und auf die Vertrautheit zum betrachteten Unternehmenausgewirkt, wobei der singuläre Effekt auf die Vertrautheit zwar signifikant, aber relativschwach ist. Die Betrachtung von Interaktionseffekten zeigt, dass die Wirksamkeit aufdie Vertrautheit durch gemeinsame Darbietung der Maßnahmen zusätzlich erhöht werdenkann. Der Career Day ist daher durchaus in der Lage die Vertrautheit zu erhöhen, aller-dings nicht isoliert, sondern nur, wenn zusätzlich auch eine Unternehmenspräsentationdargeboten wurde. Dies unterstützt die These, dass informationsreichere Kanäle erst dannihre volle Wirkung entfalten, wenn schon ein gewisses Maß an Unternehmensbekanntheitdurch informationsärmere Kanäle aufgebaut wurde (vgl. Collins 2007).

Die Annahmen des „Levels of Processing“ Ansatzes von Craik und Lockhart (1972)sowie die Forschungen von Anderson (2001) und Rundus (1971), die sich mit dem Lern-prozess auseinandersetzen, bieten für diese Resultate ebenfalls adäquate Erklärungen.Offenkundig hat sich durch die Konfrontation mit mehreren Maßnahmen der Lernerfolg(hier: Employer Knowledge) verbessert. Um die Effekte der einzelnen Personalmarketing-maßnahmen besser nachzuvollziehen, sollte die zukünftige Forschung die von Breaugh(2008) aufgegriffene Abkehr von der isolierten Maßnahmenbetrachtung weiterverfolgen.Lerntheorien könnten dabei einen nutzbringenden Rahmen zum besseren Verständnis derKomplexität dieses Sachverhaltens bieten.

7 Implikationen und Limitationen

Theoretische Implikationen und Limitationen: Aus Forschungssicht bestätigen sichzum einen die Theorien des Markenwerts und des Signalings im Hinblick auf die Erklä-rung der Bewerbungsabsicht bei wenig bekannten mittelständischen Unternehmen. Damitzeigt sich, dass diese Theorien auch dazu geeignet sind, den Rekrutierungsprozess bei mit-telständischen Unternehmen zu untersuchen und nicht nur, wie vormals meist der Fall, beigroßen und bekannten Unternehmen. Weiterhin kann gezeigt werden, dass die MRT nichtunmittelbar auf den Rekrutierungskontext von mittelständischen Unternehmen transferier-bar ist, sondern eine differenzierte Analyse erfordert. Während das unterstellte Rational,dass informationsreiche Kanäle die Arbeitgebermarkenstärke stärker befördern könnenals informationsschwache Kanäle, durchaus bei starken Arbeitgebermarken zutrifft (vgl.Collins 2007), so gilt dies nicht für schwache, nur wenig bekannte Arbeitgebermarken.Zudem unterstützen die hier vorliegenden Ergebnisse lerntheoretische Argumentationen:Um einen stärkeren Lerneffekt und damit einen effizienteren Arbeitgebermarkenaufbauzu gewährleisten, ist es von Vorteil, mehrere Informationskanäle zu verwenden.

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Für zukünftige Forschungen wäre es weiterhin sinnvoll, diese Argumentationslinienweiter zu untersuchen und damit die hier verwendeten Theorien zu fundieren bzw. zudifferenzieren. Eine weitere Implikation für zukünftige Forschung ergibt sich aus einerLimitation dieser Studie. Es wurde nur ein Unternehmen hinsichtlich seiner Maßnahmenevaluiert. Es wäre wünschenswert, in zukünftigen Forschungsarbeiten mehrere Unterneh-men miteinander zu vergleichen. Besonders der direkte Vergleich von starken Arbeitge-bermarken und weniger bekannten und attraktiven Arbeitgebern wäre mit Hinblick auf diehier gefundenen Zusammenhänge wissenschaftlich ein interessanter Weg.

Es wäre auch denkbar, weitere Rekrutierungsmaßnahmen in die Untersuchung mit ein-zubeziehen. Besonders die Gegenüberstellung von informellen und formellen Praktikenhat sich in der KMU Literatur bewährt (vgl. Heneman et al. 2000; Heneman und Berkley1999; Williamson und Robinson 2008). In dieser Studie wurden zwei Praktiken untersucht,welche eher bei den informellen Praktiken einzuordnen wären. Formelle Praktiken, wiez. B. Stellenanzeigen oder die Verwendung von Werbeflächen an Universitäten haben al-lerdings schon mehrfach ihre Wirksamkeit für die Rekrutierungsbestrebungen von KMUsunter Beweis gestellt. Daher wäre es für kommende Forschungsarbeiten insbesondere vonInteresse zu ermitteln, inwiefern diese Praktiken auf die Arbeitgebermarke von KMUswirken und wie stark die Wirkung im Vergleich zu informellen Maßnahmen ist.

Weiterhin wäre die Untersuchung von neueren Medien, wie z. B. die Verwendung vonRekrutierungs-Websites oder Karriereportalen im mittelständischen Kontext eine sinnvol-le Erweiterung aktueller Forschung. Diese Rekrutierungspraktiken gewinnen nicht nurschnell an Bedeutung (vgl. Allen et al. 2007), sondern wurden bislang nur rudimentär imBezug auf mittelständische Unternehmen untersucht.

Neben der eingehenden Untersuchung zusätzlicher Rekrutierungspraktiken wäre essinnvoll, in zukünftiger Forschung über die Rekrutierung bei mittelständischen Unterneh-men stärker den „Fit“ von Bewerbern und Job (Person-Job-Fit) und oder der Organisa-tion (Person-Organization-Fit) zu beachten. Bisherige Studien zur Personalbeschaffungin mittelständischen Unternehmen messen Rekrutierungserfolg zumeist durch die Anzahlder Bewerber oder die Zeit bis zum Besetzen einer Stelle (vgl. Williamson und Robinson2008). Allerdings ist nicht nur die Anzahl der Bewerber, sondern auch deren „Fit“ zumUnternehmen von höchster Relevanz, sowohl für die Arbeitsleistung als auch für die Ver-weildauer im Unternehmen. Daher wäre eine stärkere Betonung des „Fits“ für zukünftigeForschung erwägenswert (vgl. Heneman et al. 2000).

Die Fokussierung auf ein einzelnes Unternehmen stellt eine Limitation der Daten dar.Ein direkter Vergleich zu Unternehmen aus anderen Branchen oder anderen Größen- undBekanntheitsverhältnissen lässt sich daher nur im Vergleich zu anderen Studien herstel-len. Allerdings zeigen vorherige Studien aus dem Bereich Rekrutierung, dass trotz derUntersuchung eines Unternehmens wertvolle Implikationen für andere Unternehmen mitähnlichen Charakteristiken abgeleitet werden können (vgl. Allen et al. 2004; Doughertyet al. 1994; Liden und Parsons 1986; Lievens et al. 2007; Perkins et al. 2000; Turban2001; Turban et al. 1995). Eine weitere Limitation stellt das Querschnittsdesign unse-rer Erhebung dar. Wie bei allen Studien, die kein Paneldesign aufweisen, lässt sich dieKausalität der Wirkungsbeziehungen nur theoretisch begründen, aber nicht abschließendempirisch belegen. Eine Längsschnittbetrachtung würde es zudem ermöglichen, Aussagenüber die Langfristigkeit der gefundenen Effekte zu treffen und Implikationen abzuleiten,

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welche Maßnahmen nachhaltig wirken und in welchem Abstand nachfolgende Stimuliplatziert werden sollten, um die Effekte der vorhergehenden Maßnahmen aufrechtzuer-halten. Längsschnittanalysen sind daher für zukünftige Forschungsarbeiten ein gangbaresVehikel um einen signifikanten Erkenntnisbeitrag zu stiften.

Weiterhin kann die Selbstzuordnung der Studenten bzw. die freiwillige Teilnahme anden einzelnen Maßnahmen Selbstselektionsprozesse fördern, die die Ergebnisse verzerren.So wäre es z. B. möglich, dass besonders engagierte und „gute“ Studenten die Karriere-messe besuchen oder sich intensiver mit den dargebotenen Inhalten auseinandersetzen.Um für dieses Problem zu kontrollieren wurden T -Tests zwischen Teilnehmern der Maß-nahmen und nicht-Teilnehmern der Maßnahmen durchgeführt. Dabei wurden zum einendemographische Daten (Alter, Studiendauer, Geschlecht), sowie Leistungsvariablen (Vor-diplomsnote bzw. aktueller Notendurchschnitt und Selbsteinschätzung der Jobchancenim Vergleich zu den Kommilitonen) verglichen. Es zeigten sich keine signifikanten Unter-schiede auf dem 5 %-Niveau zwischen den Gruppen, weder bei demographischen noch beiden Leistungsdaten. Daher sind Probleme durch Selbstselektion weniger wahrscheinlich,wenn auch nicht 100 %ig auszuschließen. Eine weitere Limitation der Studie stellt die Fo-kussierung auf Studenten dar. Insofern ist es für zukünftige Forschungen wünschenswertden Studienaufbau zu differieren, indem die Stichprobe aus Teilnehmern zusammenge-stellt wird, die sich in unterschiedlichen Lebenssituationen befinden. Es sollten nicht nurStudenten, sondern auch u. a. bereits im Berufsleben tätige Menschen bei den Erhebungenberücksichtigt werden.

Implikationen für die Praxis: Diese Arbeit leistet auch Implikationen für die unterneh-merische Praxis. Die Ergebnisse zeigen, dass sowohl Unternehmenspräsentation, als auchder Career Day gangbare Vehikel für Mittelständler darstellen können, um ihre Arbeitge-bermarke zu stärken und damit subsequent ihren Rekrutierungserfolg zu erhöhen. BeideMaßnahmen erhalten damit für die praktische Arbeit Legitimation. Weiterhin zeigt sich,dass es sinnvoll ist, beide Maßnahmen zusammen umzusetzen, da sich die Wirkungengegenseitig steigern. Besonders interessant ist die Erkenntnis, dass der alleinige Einsatzdes Career Days Wirkungspotenzial verspielt. Wenn nur eine Maßnahme avisiert wird,so ist die Unternehmenspräsentation im Rahmen einer universitären Vorlesung die ef-fizientere Maßnahme für unbekannte Mittelständler, um sich als attraktiver Arbeitgeberzu positionieren. Die Teilnahme auf einer universitären Karrieremesse kann dann beson-ders gut wirken, wenn schon vorab Informationen zu dem betreffenden Unternehmenvermittelt wurden, z. B. im Rahmen einer Unternehmenspräsentation. In diesem Fall istes möglich, dass sich schon vorher gebildetes Wissen verfestigt, zusätzliche Informatio-nen besser aufgenommen und gelernt werden können und folglich die Arbeitgebermarkeassoziationsreicher wird.

Literatur

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Building employer brands with campus-recruitment practices: An empiricalanalysis in the German ‘Mittelstand’

Abstract: Firms use HR marketing practices in order to enhance organizational attractiveness andconsequently to attract highly qualified applicants. This issue is of particular importance for ratherunknown small and medium-sized firms from the German Mittelstand which still need to buildtheir employer brand. In this paper we empirically observe the impact of two campus-recruitmentpractices (company presentation during lecture and participation at an university internal career fair)on employer brand equity and subsequently on application intention. Our results suggest that bothpractices account for building an employer brand.Yet, the company presentation showed marginallygreater effect sizes. Additionally, we found that both practices interact with each other, elevatingeach other’s impact. Thus, the career fair only showed its full potential, when further HR marketingpractices were conducted.

Keywords: SMEs · Employer Brand · HR Marketing · Structural Equation Modeling ·Moderator Analysis