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Ausgabe Herbst 2012 Das bildungspolitische Magazin des VBE-Bundesverbandes Verband Bildung und Erziehung V BE Freundschaft ...

B&E Magazin - Ausgabe Herbst 2012 - Freundschaft

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Das bildungspolitische Magazin des VBE Verband Bildung und Erziehung berichtet 4x im Jahr vielfältig über ein aktuelles Bildungsthema.

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Ausgabe Herbst 2012

Das bildungspolitische Magazin

des VBE-Bundesverbandes

Verband Bildung und Erziehung

V B E

Freundschaft ...

3

Liebe Leserinnen und Leser, Freundschaft ist – bei allem privaten Anschein – ein urpäda-gogisches Thema. Mit Freundschaft meinen wir eine positive, vertrauensvolle Beziehung und Empfindung, die es als an-thropologische Sonderheit offensichtlich nur unter Menschen gibt. Schon allein deshalb ist Freundschaft ein Thema für Schule und Bildung. Ohne Freundschaft(en) kann niemand ein normales soziales Leben entwickeln.

Aber welche Freundschaft meinen wir in Zeiten der „sozialen Netzwerke“, die menschliche Beziehungen bis auf den tech-nischen Austausch von Informationen reduzieren? „Facebook hilft, mit Leuten in Kontakt zu bleiben, die wir auch im echten Leben kennen. Mehr nicht. Wer glaubt, dass jeder Facebook-Kontakt ein Freund ist, der weiß nicht was Freundschaft bedeutet“, das sagt Mark Zuckerberg, der Facebook-Erfinder.Unser Autor Martin Hecht ist ein Kenner der Materie. Für ihn ist Freundschaft ein Stück Lebensqualität.

Im „Blickpunkt“ geht es in diesem Heft um den Europäischen Qualifikationsrahmen(EQR), um den Versuch der EU also, die völlig unterschiedlichen Lernwege und Schul- bzw. Bildungsabschlüsse in Europa auf einen Nenner zu bringen. Ist der EQR – und sein deutsches Gegenstück, der „DQR“ , – ein Instrument, dessen Entwicklung man mit Begeisterung beobachten kann? Die Antwort steht in dieser B&E-Ausgabe.

Wir freuen uns über Ihr Interesse und sind gespannt auf Ihre Anregungen.

Ihre B&E-Redaktion

B & E 1| 2009

Inhalt

B & E 3| 2012

34 Vom Fachwerk zum Netzwerk

Chancen und Risiken der Freundschaft im 21. Jahrhundert von Martin Hecht

9 Meinung: U3-Rechtsanspruch 1:1 umsetzen von Udo Beckmann

10 Praxis: Mit Freunden lernt es sich besser Interview mit Monika Keller

13 Praxistipp: Sich für Freundlichkeit einsetzen von Matthias Kürten

14 Blickpunkt: EQR – Übersetzungsprobleme und Steuerungsfragen von Heinz-Elmar-Tenorth

16 VBE-Magazin

18 VBE in den Ländern

24 Die Kehrseite

Aus der Verwandtschaft kann man Wohlwollen entfernen, aus der Freundschaft nicht – so wie Cicero kann man es natürlich auch sagen. Freunde lassen sich aussuchen ...

Ein gute Freundschaft gehört ohne Zweifel zu den besten Lebenserfahrungen. Aber ent-stehen solche Freundschaften nur schicksalhaft, aufgrund zufälliger zeitlicher und per- soneller Konstellationen? Oder lässt sich so etwas wie die Fähigkeit zur Freundschaft auch erlernen?

Ist Freundschaft, dieseWahl verwandtschaft,

vielleicht sogar ein soziales Lernziel ...?

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Liebe Leserinnen und Leser, Freundschaft ist – bei allem privaten Anschein – ein urpäda-gogisches Thema. Mit Freundschaft meinen wir eine positive, vertrauensvolle Beziehung und Empfindung, die es als an-thropologische Sonderheit offensichtlich nur unter Menschen gibt. Schon allein deshalb ist Freundschaft ein Thema für Schule und Bildung. Ohne Freundschaft(en) kann niemand ein normales soziales Leben entwickeln.

Aber welche Freundschaft meinen wir in Zeiten der „sozialen Netzwerke“, die menschliche Beziehungen bis auf den tech-nischen Austausch von Informationen reduzieren? „Facebook hilft, mit Leuten in Kontakt zu bleiben, die wir auch im echten Leben kennen. Mehr nicht. Wer glaubt, dass jeder Facebook-Kontakt ein Freund ist, der weiß nicht was Freundschaft bedeutet“, das sagt Mark Zuckerberg, der Facebook-Erfinder.Unser Autor Martin Hecht ist ein Kenner der Materie. Für ihn ist Freundschaft ein Stück Lebensqualität.

Im „Blickpunkt“ geht es in diesem Heft um den Europäischen Qualifikationsrahmen(EQR), um den Versuch der EU also, die völlig unterschiedlichen Lernwege und Schul- bzw. Bildungsabschlüsse in Europa auf einen Nenner zu bringen. Ist der EQR – und sein deutsches Gegenstück, der „DQR“ , – ein Instrument, dessen Entwicklung man mit Begeisterung beobachten kann? Die Antwort steht in dieser B&E-Ausgabe.

Wir freuen uns über Ihr Interesse und sind gespannt auf Ihre Anregungen.

Ihre B&E-Redaktion

B & E 1| 2009

Inhalt

B & E 3| 2012

34 Vom Fachwerk zum Netzwerk

Chancen und Risiken der Freundschaft im 21. Jahrhundert von Martin Hecht

9 Meinung: U3-Rechtsanspruch 1:1 umsetzen von Udo Beckmann

10 Praxis: Mit Freunden lernt es sich besser Interview mit Monika Keller

13 Praxistipp: Sich für Freundlichkeit einsetzen von Matthias Kürten

14 Blickpunkt: EQR – Übersetzungsprobleme und Steuerungsfragen von Heinz-Elmar-Tenorth

16 VBE-Magazin

18 VBE in den Ländern

24 Die Kehrseite

Aus der Verwandtschaft kann man Wohlwollen entfernen, aus der Freundschaft nicht – so wie Cicero kann man es natürlich auch sagen. Freunde lassen sich aussuchen ...

Ein gute Freundschaft gehört ohne Zweifel zu den besten Lebenserfahrungen. Aber ent-stehen solche Freundschaften nur schicksalhaft, aufgrund zufälliger zeitlicher und per- soneller Konstellationen? Oder lässt sich so etwas wie die Fähigkeit zur Freundschaft auch erlernen?

Ist Freundschaft, dieseWahl verwandtschaft,

vielleicht sogar ein soziales Lernziel ...?

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B & E 2| 2011

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B & E 3| 2012

54Freiwillig – und doch verbindlich?Vor allem unsere Ansprüche an die Freunde sind ge-stiegen. Freundschaft muss heute mehr aushalten als früher einmal. Netzwerk, damit ist aber nicht so sehr „networking“ gemeint, jenes heutzutage viel beschwo-rene Ta lent zur sozialen Vernetzung, um in der globali-sierten Welt zu überleben oder um die eigene Karriere zu beschleunigen. Wenn es um Freundschaft geht, dann sind moderne Netzwerke vor allem Gebilde, die uns emotionalen Halt liefern sollen. Das Problem: der freie Wille ist oft eine treulose Seele.

Anders ausgedrückt: Tradition gewährte Bindungs-sicherheit, Freundschaft in der Fachwerkepoche war gleichsam eine vorgegebene Institution. Seit aber der freie Wille als Beziehungsgründer auftritt, hat sich diese Sicherheit merklich verringert. Die Fachwerk-Heimat von früher war immer da, die heutigen Netzwerke ver-ändern sich unaufhörlich, Freunde kommen und gehen. Keine unauflösliche gegenseitige Beistandsgarantie in Notlagen, kein un-bedingtes Treueversprechen rettet eine Freundschaft, wenn sie ins Schlingern kommt.

Mit der Freundschaft ist es nicht einfach in unseren Zeiten. Je mobiler und beschleunigter unsere Existenz wird, desto gefährdeter sind unsere Beziehungen. Gleichzeitig wächst in der allgemeinen Haltlosigkeit der Moderne der Wunsch nach Verbindlichkeit. Deswegen „vernetzen“ wir uns – so eng wie irgendwie möglich. Das Internet, Foren wie facebook und all die anderen modernen Kommunikationsmittel scheinen es möglich zu machen. Eigenartigerweise erleben dabei viele Menschen ein Paradox: immer mehr und neue Sozial-kontakte bedeuten so viel Erfahrungsquantität wie nie zuvor, allerdings scheint dabei nur allzu oft die Bezie-hungsqualität auf der Strecke zu bleiben. Erfüllende Freundschaften zu pflegen, ist heute tatsächlich eine hohe Kunst geworden.

Jahrtausende lang verstand man unter einem „Freund“ vor allem jemand, der einem schlicht noch einmal nützlich sein konnte, im Wirtschaftsleben, in der Politik oder beim Verfolgen anderer eigener Zielen. Der alte Cicero hat Freundschaft so verstanden und viele nach ihm, auch wenn sie keine Machtpoliti-ker waren. Michel de Montaigne war vielleicht der erste, der bemerkt hat, dass das zu wenig ist. Für ihn ist eine gute Freundschaft „eine auf wechselseitigem Verständnis beruhende innige Beziehung“. „Innig“. Ein schönes Wort. Das heißt zunächst: Freundschaft ist zuallererst eine Sache des Herzens, erst dann eine des Hirns. Aber erst in der Romantik wird bald breitenwirksam entdeckt, was Freundschaft wirklich ist, wirklich sein kann.

Wahre Freundschaft entscheidet sich am Gefühl, das zwei für einander hegen und pflegen. Tatsächlich, zu verkopft oder nutzenorientiert geht die Sache auf Dauer schief. Nur, mit Gefühlen ist es ja so eine Sache. Bekanntlich kommen und gehen sie. Nichts kann sie halten. Oder doch? Wir haben es alle schon erlebt: Freundschaft ist ein sensibles Gebilde. Jeder kennt wohl gleich viele Geschichten von beglückenden Freundschaften wie von solchen, die sang- und klang-los – oder nach dem berühmten letzten Krach – in die Brüche gingen. Das Schiff der Freundschaft durchs wilde Wasser des Lebens zu steuern, scheint alles andere als einfach zu sein. Warum ist das so?

Was ist denn Freundschaft überhaupt? Scheinbar alles – und nichts. Das ödeste Bratkartoffelverhältnis, die oberfläch-liche Alltagsbekanntschaft, die Kumpa-nei korrupter Politiker. Man hat schon allen diesen Typen dieses Etikett ver-passt. Der Begriff wird oft gebraucht, oft missbraucht. Umso wichtiger ist es, sich darüber zu verständigen, was man unter „Freundschaft“ versteht.

Blickt man zurück in die Kulturgeschichte hat sich das Verständnis von Freundschaft stark gewandelt. Wenn man auf eine Formel bringen will, was mit der guten, alten Freundschaft im Laufe der Zeit geworden ist, dann fällt mir keine prägnantere ein als diese: Vom Fachwerk zum Netzwerk. Fachwerk – das steht für die traditionelle Epoche, in der vor allem unsere Blutsverwandtschaften die Gemeinschaften festlegte, in denen wir mit anderen freundschaftlich verbunden waren. Ein „Netzwerk“ ist das, was die moderne Zeit geschaffen hat: Verbindun-gen zu anderen, die wir eigenmächtig und vor allem frei-willig geknüpft haben. Nicht, weil wir unsere Freunde für irgendeinen Zweck nötig hätten, sondern schlicht: weil wir sie mögen.

Vom Fachwerk zum NetzwerkChancen und Risiken der Freundschaft im 21. Jahrhundert Martin Hecht

Wer Freunde hat ...

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54Freiwillig – und doch verbindlich?Vor allem unsere Ansprüche an die Freunde sind ge-stiegen. Freundschaft muss heute mehr aushalten als früher einmal. Netzwerk, damit ist aber nicht so sehr „networking“ gemeint, jenes heutzutage viel beschwo-rene Ta lent zur sozialen Vernetzung, um in der globali-sierten Welt zu überleben oder um die eigene Karriere zu beschleunigen. Wenn es um Freundschaft geht, dann sind moderne Netzwerke vor allem Gebilde, die uns emotionalen Halt liefern sollen. Das Problem: der freie Wille ist oft eine treulose Seele.

Anders ausgedrückt: Tradition gewährte Bindungs-sicherheit, Freundschaft in der Fachwerkepoche war gleichsam eine vorgegebene Institution. Seit aber der freie Wille als Beziehungsgründer auftritt, hat sich diese Sicherheit merklich verringert. Die Fachwerk-Heimat von früher war immer da, die heutigen Netzwerke ver-ändern sich unaufhörlich, Freunde kommen und gehen. Keine unauflösliche gegenseitige Beistandsgarantie in Notlagen, kein un-bedingtes Treueversprechen rettet eine Freundschaft, wenn sie ins Schlingern kommt.

Mit der Freundschaft ist es nicht einfach in unseren Zeiten. Je mobiler und beschleunigter unsere Existenz wird, desto gefährdeter sind unsere Beziehungen. Gleichzeitig wächst in der allgemeinen Haltlosigkeit der Moderne der Wunsch nach Verbindlichkeit. Deswegen „vernetzen“ wir uns – so eng wie irgendwie möglich. Das Internet, Foren wie facebook und all die anderen modernen Kommunikationsmittel scheinen es möglich zu machen. Eigenartigerweise erleben dabei viele Menschen ein Paradox: immer mehr und neue Sozial-kontakte bedeuten so viel Erfahrungsquantität wie nie zuvor, allerdings scheint dabei nur allzu oft die Bezie-hungsqualität auf der Strecke zu bleiben. Erfüllende Freundschaften zu pflegen, ist heute tatsächlich eine hohe Kunst geworden.

Jahrtausende lang verstand man unter einem „Freund“ vor allem jemand, der einem schlicht noch einmal nützlich sein konnte, im Wirtschaftsleben, in der Politik oder beim Verfolgen anderer eigener Zielen. Der alte Cicero hat Freundschaft so verstanden und viele nach ihm, auch wenn sie keine Machtpoliti-ker waren. Michel de Montaigne war vielleicht der erste, der bemerkt hat, dass das zu wenig ist. Für ihn ist eine gute Freundschaft „eine auf wechselseitigem Verständnis beruhende innige Beziehung“. „Innig“. Ein schönes Wort. Das heißt zunächst: Freundschaft ist zuallererst eine Sache des Herzens, erst dann eine des Hirns. Aber erst in der Romantik wird bald breitenwirksam entdeckt, was Freundschaft wirklich ist, wirklich sein kann.

Wahre Freundschaft entscheidet sich am Gefühl, das zwei für einander hegen und pflegen. Tatsächlich, zu verkopft oder nutzenorientiert geht die Sache auf Dauer schief. Nur, mit Gefühlen ist es ja so eine Sache. Bekanntlich kommen und gehen sie. Nichts kann sie halten. Oder doch? Wir haben es alle schon erlebt: Freundschaft ist ein sensibles Gebilde. Jeder kennt wohl gleich viele Geschichten von beglückenden Freundschaften wie von solchen, die sang- und klang-los – oder nach dem berühmten letzten Krach – in die Brüche gingen. Das Schiff der Freundschaft durchs wilde Wasser des Lebens zu steuern, scheint alles andere als einfach zu sein. Warum ist das so?

Was ist denn Freundschaft überhaupt? Scheinbar alles – und nichts. Das ödeste Bratkartoffelverhältnis, die oberfläch-liche Alltagsbekanntschaft, die Kumpa-nei korrupter Politiker. Man hat schon allen diesen Typen dieses Etikett ver-passt. Der Begriff wird oft gebraucht, oft missbraucht. Umso wichtiger ist es, sich darüber zu verständigen, was man unter „Freundschaft“ versteht.

Blickt man zurück in die Kulturgeschichte hat sich das Verständnis von Freundschaft stark gewandelt. Wenn man auf eine Formel bringen will, was mit der guten, alten Freundschaft im Laufe der Zeit geworden ist, dann fällt mir keine prägnantere ein als diese: Vom Fachwerk zum Netzwerk. Fachwerk – das steht für die traditionelle Epoche, in der vor allem unsere Blutsverwandtschaften die Gemeinschaften festlegte, in denen wir mit anderen freundschaftlich verbunden waren. Ein „Netzwerk“ ist das, was die moderne Zeit geschaffen hat: Verbindun-gen zu anderen, die wir eigenmächtig und vor allem frei-willig geknüpft haben. Nicht, weil wir unsere Freunde für irgendeinen Zweck nötig hätten, sondern schlicht: weil wir sie mögen.

Vom Fachwerk zum NetzwerkChancen und Risiken der Freundschaft im 21. Jahrhundert Martin Hecht

Wer Freunde hat ...

B & E 2| 2011

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B & E 3| 2012

7Freundschaften zu führen ist heute riskanter geworden als früher, dafür aber umso erfüllender, wenn es gelingt. Denn die alten Pflichten und Zwänge, von denen es so viel noch in den „traditionellen Sozialbeziehungen“ gab, sie haben sich in ihr aufgelöst. Nicht mehr mit den an-deren, mit denen wir zufällig am selben Ort zur selben Zeit geboren werden, müssen wir uns ein Leben lang abfinden, sondern mit denen, die wir uns dafür erwäh-len: Wahl-Verwandtschaften. Oder ist das zu verklärt? Tatsächlich schleichen sich ja auch in Freundschaften irgendwann mehr oder weniger „objektive“ Zwänge ein. Jeder kennt solche Textbeiträge beim Abendessen: „Wir sollten Thomas und Karin mal wieder einladen, wir haben uns lange nicht mehr bei denen gemeldet…“ Und dennoch stimmt der Satz. In guten Freundschaften muss keiner müssen.

Das ist die Dialektik der moder-nen Netzwerke. Freiheit in der Beziehungswahl ist ein Segen, Enge und Zwänge der alten Form sind überwunden, aber dieselbe Freiwilligkeit kann sich eben auch, zumal in Krisenpha-sen, schnell als destruktiv erweisen. Wo mich keine Regel in einer Beziehung hält, kann ich schon morgen „Adieu!“ sagen, nichts zwingt mich län-ger in dieser Beziehung zu ver-harren, wenn ich darauf keine Lust mehr habe. Anders ausge-drückt: wo es freiwillig zugeht, ist schnell die Verbindlichkeit gefährdet, eine Qualität, die ganz wesentlich zur Freund-schaft gehört. Beides unter einen Hut zu bekommen, darauf kommt es heute an, so sehr wie noch nie. Aber es ist möglich: in Freundschaften gibt es eine Verbindlichkeit, die auf dem freien Willen beruht. Das erleben Freunde immer wieder, vor allem in Krisenzeiten, in denen wir Beistand brauchen und in denen sich bekanntlich die Spreu vom Weizen trennt.

„Da hocken die, die immer da hocken“ war der Schrift-zug, der auf ein Schild in Holz geschnitzt über dem Stammtisch baumelte. Stammtischbrüder wie die Ver-wandten: sie bleiben ein Leben Verwandte und Stamm-tischbrüder. Und die Freunde in der Netzwerkzeit? Wir sind in ständiger Bewegung. Aber auch, wenn wir am selben Ort bleiben: Freundschaft ist immer in Bewe-gung. Menschen, Freunde selbst verändern sich und damit auch die Art der Beziehung, die sie pflegen. Das Problem ist aber oft, dass viele ihre geschätzten Freunde am liebsten ein Leben lang genauso bewahren wollen, wie sie damals waren, als man sich zum ersten Mal begegnete und lieb gewann. Wer sich verändert, seine Weltanschauungen, Überzeugungen oder auch nur sei-nen Lebensstil, macht oft die Erfahrung, dass Freunde das nicht gern sehen. Und das, obwohl es im Grunde ein Segen ist, wenn sich Menschen weiter entwickeln – anstatt stehen zu bleiben. Die Freundschaft unserer Zeit ist auch hier anspruchsvoller: sie entscheidet sich an der Bereitschaft, sich auf Entwicklung des anderen einzulas-sen. Wer von einem fest gefügten Bild des Freundes nicht ablassen will, wird ihn bald verlieren.

Der Nähe-Distanz-KomplexEin anderer Punkt, der Freundschaften in der Netzwerk-Ära regelmäßig auf die Probe stellt, ist das Halten der heiklen Balance von eigenen Erwartungen und Enttäu-schungen durch den anderen. In der Fachwerkzeit waren die Freizeitphasen vorgeben, die Inszenierung stand fest: meinetwegen Skat klopfen nach Feierabend, einen Schoppen trinken, am Sonntag mal ein Tänzchen auf der Kirmes. Heute sind wir selbst die Regisseure. Keine ein-fache Sache. Was man zusammen unternimmt, wann man es tut – wie ausgedehnt und intensiv, darüber gibt es sehr unterschiedliche Vorstellungen. Wenn Freund-schaft gelingen soll, muss die Distanz genauso austa-riert werden – wie die Nähe, ohne welche alles ober-flächlich bliebe. Zu viel Distanz gefährdet, oft aber ist gerade zu viel an Nähe der ultimative Freundschaftskil-ler. Wir leben in Zeiten einer nie da gewesenen All-Erreichbarkeit, ja Unentrinnbarkeit durch Mobiltelefone, SMS, E-Mails etc. Drängeln törnt ab und Freundschaft braucht Pausen. Auch hier ist weniger oft mehr. Das ist wie unter sich liebenden Paaren: Auf den Freund oder die Freundin freut man sich umso mehr, wenn man sich auch einmal längere Zeit nicht gesehen hat. Freund-schaften, die am besten gelingen, sind tatsächlich jene, in denen es kaum Erwartungen gibt und in denen die Beteiligten gleichzeitig eine hohe Frustrationstoleranz, ein funktionierendes „individuelles Enttäuschungsma-nagement“ mitbringen. Wer es einmal erlebt hat, wie destruktiv es ist, wenn einer Druck ausübt, der weiß: nur locker klappt die Chose. Wer Druck ausübt, auch mit durch und durch hehren Motiven, nervt bald und wird bald aussortiert.

Freundschaften updaten„Wirklich gute Freunde sind Menschen, die uns genau kennen und dennoch zu uns halten.“ Dieser schöne Aphorismus stammt von der scharfsinnigen Marie von Ebner-Eschenbach. Sie will damit sagen, Freunde sind Menschen, die sich für uns mit allen – oder besser: trotz aller – Spleens, Meisen und Marotten interessieren und uns schätzen, weil sie ein persönliches Interesse an uns haben. Als Freunde werden wir geliebt und ange-nommen – so wie wir eben sind, mit allen unseren Eigenheiten. Nur ist es so, dass sich diese verändern. Ein drittes Problemfeld hat daher mit der „Beziehungs-dynamik“ zu tun, die uns immer wieder zu schaffen macht. Nicht dass sich nicht auch schon früher Men-schen über ihre Lebensspanne hinweg verändert hätten, aber in der Fachwerkwelt waren unsere Pappenheimer noch wesentlich berechenbarer.

... hat mehr vom Leben!Freundschaft in der Single-GesellschaftUnsere Zeit erlebt tatsächlich einen Epo-chenwandel: Die Garantiegemeinschaften der Fachwerkzeit sind in der Auflösung begriffen und zerbrechen immer öfter: Gemeinde, Großfamilie, Verwandtschaft, Familie, Ehe. Jahrtausende lang waren diese starren, zwanghaften Institutionen stärker als der Wille der Einzelnen, heute haben sie ihre innere Bindekraft weitge-hend verloren. Was bleibt uns Netzwer-kern? Wir schieben unsere Kugel immer öfter allein – um auf den Titel Bowling Alone der us-amerikanischen Soziologen Robert Putnam anzuspielen. Der Gewinn, der am Ende dieses Prozesses steht, ist eine nie erlebte persönliche Autonomie, das eigene Leben, die eigenen Bezie-hungen zu gestalten. Das Risiko: es droht uns der Verlust einer beschützten Exi-stenz. Wir reduzieren unsere Bindungen, wir verlieren soziales Kapital, das wir aber irgendwann brauchen, wenn wir Schutz, Trost, Heilung oder Aufbau nach Krisen brauchen – das dann aber vielleicht nicht mehr verfügbar ist.

B & E 2| 2011

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B & E 3| 2012

7Freundschaften zu führen ist heute riskanter geworden als früher, dafür aber umso erfüllender, wenn es gelingt. Denn die alten Pflichten und Zwänge, von denen es so viel noch in den „traditionellen Sozialbeziehungen“ gab, sie haben sich in ihr aufgelöst. Nicht mehr mit den an-deren, mit denen wir zufällig am selben Ort zur selben Zeit geboren werden, müssen wir uns ein Leben lang abfinden, sondern mit denen, die wir uns dafür erwäh-len: Wahl-Verwandtschaften. Oder ist das zu verklärt? Tatsächlich schleichen sich ja auch in Freundschaften irgendwann mehr oder weniger „objektive“ Zwänge ein. Jeder kennt solche Textbeiträge beim Abendessen: „Wir sollten Thomas und Karin mal wieder einladen, wir haben uns lange nicht mehr bei denen gemeldet…“ Und dennoch stimmt der Satz. In guten Freundschaften muss keiner müssen.

Das ist die Dialektik der moder-nen Netzwerke. Freiheit in der Beziehungswahl ist ein Segen, Enge und Zwänge der alten Form sind überwunden, aber dieselbe Freiwilligkeit kann sich eben auch, zumal in Krisenpha-sen, schnell als destruktiv erweisen. Wo mich keine Regel in einer Beziehung hält, kann ich schon morgen „Adieu!“ sagen, nichts zwingt mich län-ger in dieser Beziehung zu ver-harren, wenn ich darauf keine Lust mehr habe. Anders ausge-drückt: wo es freiwillig zugeht, ist schnell die Verbindlichkeit gefährdet, eine Qualität, die ganz wesentlich zur Freund-schaft gehört. Beides unter einen Hut zu bekommen, darauf kommt es heute an, so sehr wie noch nie. Aber es ist möglich: in Freundschaften gibt es eine Verbindlichkeit, die auf dem freien Willen beruht. Das erleben Freunde immer wieder, vor allem in Krisenzeiten, in denen wir Beistand brauchen und in denen sich bekanntlich die Spreu vom Weizen trennt.

„Da hocken die, die immer da hocken“ war der Schrift-zug, der auf ein Schild in Holz geschnitzt über dem Stammtisch baumelte. Stammtischbrüder wie die Ver-wandten: sie bleiben ein Leben Verwandte und Stamm-tischbrüder. Und die Freunde in der Netzwerkzeit? Wir sind in ständiger Bewegung. Aber auch, wenn wir am selben Ort bleiben: Freundschaft ist immer in Bewe-gung. Menschen, Freunde selbst verändern sich und damit auch die Art der Beziehung, die sie pflegen. Das Problem ist aber oft, dass viele ihre geschätzten Freunde am liebsten ein Leben lang genauso bewahren wollen, wie sie damals waren, als man sich zum ersten Mal begegnete und lieb gewann. Wer sich verändert, seine Weltanschauungen, Überzeugungen oder auch nur sei-nen Lebensstil, macht oft die Erfahrung, dass Freunde das nicht gern sehen. Und das, obwohl es im Grunde ein Segen ist, wenn sich Menschen weiter entwickeln – anstatt stehen zu bleiben. Die Freundschaft unserer Zeit ist auch hier anspruchsvoller: sie entscheidet sich an der Bereitschaft, sich auf Entwicklung des anderen einzulas-sen. Wer von einem fest gefügten Bild des Freundes nicht ablassen will, wird ihn bald verlieren.

Der Nähe-Distanz-KomplexEin anderer Punkt, der Freundschaften in der Netzwerk-Ära regelmäßig auf die Probe stellt, ist das Halten der heiklen Balance von eigenen Erwartungen und Enttäu-schungen durch den anderen. In der Fachwerkzeit waren die Freizeitphasen vorgeben, die Inszenierung stand fest: meinetwegen Skat klopfen nach Feierabend, einen Schoppen trinken, am Sonntag mal ein Tänzchen auf der Kirmes. Heute sind wir selbst die Regisseure. Keine ein-fache Sache. Was man zusammen unternimmt, wann man es tut – wie ausgedehnt und intensiv, darüber gibt es sehr unterschiedliche Vorstellungen. Wenn Freund-schaft gelingen soll, muss die Distanz genauso austa-riert werden – wie die Nähe, ohne welche alles ober-flächlich bliebe. Zu viel Distanz gefährdet, oft aber ist gerade zu viel an Nähe der ultimative Freundschaftskil-ler. Wir leben in Zeiten einer nie da gewesenen All-Erreichbarkeit, ja Unentrinnbarkeit durch Mobiltelefone, SMS, E-Mails etc. Drängeln törnt ab und Freundschaft braucht Pausen. Auch hier ist weniger oft mehr. Das ist wie unter sich liebenden Paaren: Auf den Freund oder die Freundin freut man sich umso mehr, wenn man sich auch einmal längere Zeit nicht gesehen hat. Freund-schaften, die am besten gelingen, sind tatsächlich jene, in denen es kaum Erwartungen gibt und in denen die Beteiligten gleichzeitig eine hohe Frustrationstoleranz, ein funktionierendes „individuelles Enttäuschungsma-nagement“ mitbringen. Wer es einmal erlebt hat, wie destruktiv es ist, wenn einer Druck ausübt, der weiß: nur locker klappt die Chose. Wer Druck ausübt, auch mit durch und durch hehren Motiven, nervt bald und wird bald aussortiert.

Freundschaften updaten„Wirklich gute Freunde sind Menschen, die uns genau kennen und dennoch zu uns halten.“ Dieser schöne Aphorismus stammt von der scharfsinnigen Marie von Ebner-Eschenbach. Sie will damit sagen, Freunde sind Menschen, die sich für uns mit allen – oder besser: trotz aller – Spleens, Meisen und Marotten interessieren und uns schätzen, weil sie ein persönliches Interesse an uns haben. Als Freunde werden wir geliebt und ange-nommen – so wie wir eben sind, mit allen unseren Eigenheiten. Nur ist es so, dass sich diese verändern. Ein drittes Problemfeld hat daher mit der „Beziehungs-dynamik“ zu tun, die uns immer wieder zu schaffen macht. Nicht dass sich nicht auch schon früher Men-schen über ihre Lebensspanne hinweg verändert hätten, aber in der Fachwerkwelt waren unsere Pappenheimer noch wesentlich berechenbarer.

... hat mehr vom Leben!Freundschaft in der Single-GesellschaftUnsere Zeit erlebt tatsächlich einen Epo-chenwandel: Die Garantiegemeinschaften der Fachwerkzeit sind in der Auflösung begriffen und zerbrechen immer öfter: Gemeinde, Großfamilie, Verwandtschaft, Familie, Ehe. Jahrtausende lang waren diese starren, zwanghaften Institutionen stärker als der Wille der Einzelnen, heute haben sie ihre innere Bindekraft weitge-hend verloren. Was bleibt uns Netzwer-kern? Wir schieben unsere Kugel immer öfter allein – um auf den Titel Bowling Alone der us-amerikanischen Soziologen Robert Putnam anzuspielen. Der Gewinn, der am Ende dieses Prozesses steht, ist eine nie erlebte persönliche Autonomie, das eigene Leben, die eigenen Bezie-hungen zu gestalten. Das Risiko: es droht uns der Verlust einer beschützten Exi-stenz. Wir reduzieren unsere Bindungen, wir verlieren soziales Kapital, das wir aber irgendwann brauchen, wenn wir Schutz, Trost, Heilung oder Aufbau nach Krisen brauchen – das dann aber vielleicht nicht mehr verfügbar ist.

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B & E 3| 2012

9

Udo Beckmann, Bundesvorsitzender des Verbandes Bildung und Erziehung (VBE)

Meinung

Bildung für die Jüngsten – Rechtsanspruch 1:1 umsetzen

Es steht außer Zweifel: Der beschlossene Rechtsanspruch zum August kommenden Jahres auf einen Kindergarten- oder Kitaplatz der Unter-Dreijährigen (U3) ist nicht hoch genug einzustufen. Die Erziehung im U3-Bereich ist das grundlegende Fundament, auf dem eine Bildungsbiographie auf baut. Dieses Fundament muss deshalb bestmöglich und gesichert stehen. Umso mehr muss in den Ländern genau hingesehen werden, was geschieht. Leider sieht es ganz danach aus, nur noch auf Quantität zu dringen und die Qualität als lästig hinzustellen.

Das beginnt mit der Aufweichung bestehender gesetzlicher Bestimmungen. Der gravierende Mehrbedarf an Erzieherinnen und Erziehern soll noch auf die Schnelle abgemildert werden, indem die Zulassungs-voraussetzungen für die Ausbildung vereinfacht, die Ausbildungsverordnung für berufsbegleitende Teilzeitausbildung geöffnet und die Akkreditierungspflicht für Fachschulen und -akademien aufgeho-ben werden. Statt also endlich die Professionalität der Erzieherinnenausbildung an die höheren euro-päischen Standards anzugleichen, passiert das Gegenteil.

Zweitens werden nicht die Bedingungen den Kindern angepasst, sondern der Statistik. Kinder brau-chen Platz. Sie brauchen Platz zum Spielen und Toben. Je mehr Platz, desto besser – das leuchtet wohl jedem ein. Was soll man also davon halten, wenn wie in NRW die Rahmenbedingungen für die U3-Betreuung heruntergefahren werden sollen? Künftig nur noch 10 bis 12 Quadratmeter statt der bishe-rigen 30, dazu eine Erhöhung der Gruppengröße auf 15 Kinder pro Gruppe plus eine zusätzliche Stelle. Das Gesetz besagt, dass eine Gruppe auch größer sein darf als 10 Kinder, wenn die personellen und räumlichen Bedingungen stimmen. Stimmige Bedingungen sehen anders aus. Daher brauchen Kinder unter 3 Jahren auch eine besondere emotionale Zuwendung. Sie brauchen je-mand, der sie individuell betreut, sich um sie kümmert und sie fördert. Das wird unmöglich, wenn sich eine oder zwei Betreuerinnen auf 15 Kinder verteilen müssen. Wer jedoch bereits in diesem jungen Alter anfängt, die indi viduelle Förderung auszuhöhlen, wird die Quittung ein paar Jahre später bekommen: Dann, wenn er zusätzliche Stellen in Sozialarbeit und Strafvollzug braucht, weil diese Kinder im frühen Alter nicht gelernt haben, mit anderen umzugehen.

Dem VBE ist es elementar wichtig, dass das Wohl der Kinder nicht verramscht wird.

Udo [email protected]

8Was oft vergessen wird, wenn wir an die alte heile Fach-werkwelt denken: Die Sicherheit, die sie verströmte, hatte einen hohen Preis. Für den einzelnen lag darin immer auch verhasstes Gefangensein, Unfreiheit. Die Gefahr der alten Lebensweise bestand in einem Zuviel an Nähe, Behütetsein, in der Einengung, ja im Einge-sperrtsein. Die Gefahr der neuen Lebensweise besteht darin, im offenen Meer der Möglichkeiten verloren zu gehen, einsam zu bleiben, ohne die Freuden der neuen Freiheit kosten zu können. Freundschaft ist das Konzept, das uns Haltlose wieder verbindet. Autonomie und Verbrüderung – sie sind in ihr gewahrt. Nur, um neue Brücken zu schlagen, brauchen wir heute mehr denn je Beziehungskompetenz – auch als ein neues, umfang-reiches pädagogisches Ziel.

Freunschaftsfähigkeit als soziales LernzielFreundschaften zu gründen und zu pflegen ist eine hohe Kunst. Eine Kunst auch, auf die es heute in der modernen Welt mehr denn je ankommt. Vielleicht wird uns über kurz oder lang gar nichts anderes mehr übrig bleiben, als diese Art der Lebenskunst zu erler-nen. Denn in der Zukunft scheinen die vereinzelnden Gesellschaftstendenzen eher noch zuzunehmen. Und es wird es ohnehin noch viel mehr auf die Gestaltung unserer Wahlbeziehungen ankommen.

Aber wir sind doch längst dabei – und machen unsere Erfahrungen. Warum sollte das nicht gelingen? Die tra-ditionelle Gesellschaft erfordert von ihren Mitgliedern das Talent, ihre spezifischen Verkehrsformen zu erler-nen. Also, sich in Institutionen zu bewegen. Sich fügen, Autoritäten zu akzeptieren, zu funktionieren – und im besten Fall: wenigstens dabei innerlich frei zu bleiben. Heute ist die Gesellschaft ebenfalls längst dabei, die neuen Verkehrsformen zu erlernen. Und wir haben guten Grund zum Optimismus: denn man kann tatsäch-lich behaupten, wir haben heute eine höhere Bezie-hungsmündigkeit oder -fähigkeit erreicht als noch vor zwei, drei Generationen. Das ist eine Errungenschaft der Psychologisierung der Gesellschaft seit 1968, eine Gesellschaft, die gelernt hat, über Beziehungen zu reden, und es ist eine Errungenschaft der empathischen humanen Art, wie wir heute unsere Kinder erziehen.

Letzten Endes ist diese Freundschaftskunst gekop-pelt an das Vermögen, das richtige Maß zu finden: an Distanz und Nähe, an Dominanz und Unterordnung, an Vertrautheit und Respekt, an Toleranz und Kritik, an Individuation und Symbiose. Wer nichts gibt, ver-liert und wer alles will genauso. Eine Freundschaft zu gründen und sie sich zu bewahren, die nicht zwischen diesen Polen zerrissen wird, sondern sich in ihrem Spannungsfeld flexibel zeigt und diese Ambivalenzen aushält, ist eine reife Freundschaft – als solche tat-sächlich eine seltene, kostbare Gabe. Übrigens immer auch eine, für deren Gewinn man etwas Glück braucht. Aber wer sie gewonnen hat, kann sich glücklich schät-zen. Denn wer Freunde hat, hat mehr vom Leben. Freundschaft ist vor allem eins: Lebensqualität.

Dr. Martin Hecht (47) ist Autor, Publizist und Schriftsteller. Er lebt in Mainz. 2006 veröf-fentlichte er sein Buch „Wahre Freunde. Von der hohen Kunst der Freundschaft“ bei der DVA in München. Das Buch erschien zuletzt 2009 in der zweiten Taschenbuchauflage bei Goldmann.

Freundschaftskunst

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Udo Beckmann, Bundesvorsitzender des Verbandes Bildung und Erziehung (VBE)

Meinung

Bildung für die Jüngsten – Rechtsanspruch 1:1 umsetzen

Es steht außer Zweifel: Der beschlossene Rechtsanspruch zum August kommenden Jahres auf einen Kindergarten- oder Kitaplatz der Unter-Dreijährigen (U3) ist nicht hoch genug einzustufen. Die Erziehung im U3-Bereich ist das grundlegende Fundament, auf dem eine Bildungsbiographie auf baut. Dieses Fundament muss deshalb bestmöglich und gesichert stehen. Umso mehr muss in den Ländern genau hingesehen werden, was geschieht. Leider sieht es ganz danach aus, nur noch auf Quantität zu dringen und die Qualität als lästig hinzustellen.

Das beginnt mit der Aufweichung bestehender gesetzlicher Bestimmungen. Der gravierende Mehrbedarf an Erzieherinnen und Erziehern soll noch auf die Schnelle abgemildert werden, indem die Zulassungs-voraussetzungen für die Ausbildung vereinfacht, die Ausbildungsverordnung für berufsbegleitende Teilzeitausbildung geöffnet und die Akkreditierungspflicht für Fachschulen und -akademien aufgeho-ben werden. Statt also endlich die Professionalität der Erzieherinnenausbildung an die höheren euro-päischen Standards anzugleichen, passiert das Gegenteil.

Zweitens werden nicht die Bedingungen den Kindern angepasst, sondern der Statistik. Kinder brau-chen Platz. Sie brauchen Platz zum Spielen und Toben. Je mehr Platz, desto besser – das leuchtet wohl jedem ein. Was soll man also davon halten, wenn wie in NRW die Rahmenbedingungen für die U3-Betreuung heruntergefahren werden sollen? Künftig nur noch 10 bis 12 Quadratmeter statt der bishe-rigen 30, dazu eine Erhöhung der Gruppengröße auf 15 Kinder pro Gruppe plus eine zusätzliche Stelle. Das Gesetz besagt, dass eine Gruppe auch größer sein darf als 10 Kinder, wenn die personellen und räumlichen Bedingungen stimmen. Stimmige Bedingungen sehen anders aus. Daher brauchen Kinder unter 3 Jahren auch eine besondere emotionale Zuwendung. Sie brauchen je-mand, der sie individuell betreut, sich um sie kümmert und sie fördert. Das wird unmöglich, wenn sich eine oder zwei Betreuerinnen auf 15 Kinder verteilen müssen. Wer jedoch bereits in diesem jungen Alter anfängt, die indi viduelle Förderung auszuhöhlen, wird die Quittung ein paar Jahre später bekommen: Dann, wenn er zusätzliche Stellen in Sozialarbeit und Strafvollzug braucht, weil diese Kinder im frühen Alter nicht gelernt haben, mit anderen umzugehen.

Dem VBE ist es elementar wichtig, dass das Wohl der Kinder nicht verramscht wird.

Udo [email protected]

8Was oft vergessen wird, wenn wir an die alte heile Fach-werkwelt denken: Die Sicherheit, die sie verströmte, hatte einen hohen Preis. Für den einzelnen lag darin immer auch verhasstes Gefangensein, Unfreiheit. Die Gefahr der alten Lebensweise bestand in einem Zuviel an Nähe, Behütetsein, in der Einengung, ja im Einge-sperrtsein. Die Gefahr der neuen Lebensweise besteht darin, im offenen Meer der Möglichkeiten verloren zu gehen, einsam zu bleiben, ohne die Freuden der neuen Freiheit kosten zu können. Freundschaft ist das Konzept, das uns Haltlose wieder verbindet. Autonomie und Verbrüderung – sie sind in ihr gewahrt. Nur, um neue Brücken zu schlagen, brauchen wir heute mehr denn je Beziehungskompetenz – auch als ein neues, umfang-reiches pädagogisches Ziel.

Freunschaftsfähigkeit als soziales LernzielFreundschaften zu gründen und zu pflegen ist eine hohe Kunst. Eine Kunst auch, auf die es heute in der modernen Welt mehr denn je ankommt. Vielleicht wird uns über kurz oder lang gar nichts anderes mehr übrig bleiben, als diese Art der Lebenskunst zu erler-nen. Denn in der Zukunft scheinen die vereinzelnden Gesellschaftstendenzen eher noch zuzunehmen. Und es wird es ohnehin noch viel mehr auf die Gestaltung unserer Wahlbeziehungen ankommen.

Aber wir sind doch längst dabei – und machen unsere Erfahrungen. Warum sollte das nicht gelingen? Die tra-ditionelle Gesellschaft erfordert von ihren Mitgliedern das Talent, ihre spezifischen Verkehrsformen zu erler-nen. Also, sich in Institutionen zu bewegen. Sich fügen, Autoritäten zu akzeptieren, zu funktionieren – und im besten Fall: wenigstens dabei innerlich frei zu bleiben. Heute ist die Gesellschaft ebenfalls längst dabei, die neuen Verkehrsformen zu erlernen. Und wir haben guten Grund zum Optimismus: denn man kann tatsäch-lich behaupten, wir haben heute eine höhere Bezie-hungsmündigkeit oder -fähigkeit erreicht als noch vor zwei, drei Generationen. Das ist eine Errungenschaft der Psychologisierung der Gesellschaft seit 1968, eine Gesellschaft, die gelernt hat, über Beziehungen zu reden, und es ist eine Errungenschaft der empathischen humanen Art, wie wir heute unsere Kinder erziehen.

Letzten Endes ist diese Freundschaftskunst gekop-pelt an das Vermögen, das richtige Maß zu finden: an Distanz und Nähe, an Dominanz und Unterordnung, an Vertrautheit und Respekt, an Toleranz und Kritik, an Individuation und Symbiose. Wer nichts gibt, ver-liert und wer alles will genauso. Eine Freundschaft zu gründen und sie sich zu bewahren, die nicht zwischen diesen Polen zerrissen wird, sondern sich in ihrem Spannungsfeld flexibel zeigt und diese Ambivalenzen aushält, ist eine reife Freundschaft – als solche tat-sächlich eine seltene, kostbare Gabe. Übrigens immer auch eine, für deren Gewinn man etwas Glück braucht. Aber wer sie gewonnen hat, kann sich glücklich schät-zen. Denn wer Freunde hat, hat mehr vom Leben. Freundschaft ist vor allem eins: Lebensqualität.

Dr. Martin Hecht (47) ist Autor, Publizist und Schriftsteller. Er lebt in Mainz. 2006 veröf-fentlichte er sein Buch „Wahre Freunde. Von der hohen Kunst der Freundschaft“ bei der DVA in München. Das Buch erschien zuletzt 2009 in der zweiten Taschenbuchauflage bei Goldmann.

Freundschaftskunst

... sich gegenseitig akzeptieren lernen10

...sich gegenseitig akzeptieren lernen11

B & E 3| 2012

Bildungspraxis

Durch das Zusammentreffen der Jugendlichen aus aller Welt im Netz erkennen sie, wie viele Ähnlichkeiten es zwischen ihnen gibt. Findet ein Jugendlicher im wirk-lichen Leben keine Freunde, ist eine gewisse Kompen-sation durch das Netz denkbar.

Muss man Freundschaft lernen? Ja. Vor allem, wenn man nicht freundschaftsfähig ist, bekäme man sonst (erst recht) Probleme. Menschen sind kooperationsfähig und auf Kooperation angewie-sen, auch wenn der Grad der Nähe, den sie zu anderen Menschen brauchen, sich unterscheidet.

Die Schule ist neben Familie und Peergroup das dritte wichtige Übungsfeld von Kindern und Jugendlichen für soziale Beziehungen. Soll Schule auch noch für Freundschaften zuständig sein? Das soziale Gefüge ist die Grundlage für Leistungs-erwerb. Dieser Zusammenhang ist umso stärker, wenn die Identität des Jugendlichen noch ganz stark über die Integration in die Gruppe vermittelt wird. Es ist deshalb auch in der Schule entscheidend, in einen so-zialen Rahmen eingebunden zu sein. Eine Klasse sollte ein gewisses Freundschaftsgefüge darstellen und es liegt auch in der Verantwortung des Lehrers, auf das Gruppengefüge zu schauen und darauf Einfluss zu nehmen. Sind die sozialen Beziehungen nicht gut, so kann man auch nicht so gut lernen.

Deshalb ist die Beziehungsdi -men sion genauso wichtig wie die Leistungsdimension. Schule muss dabei nicht wissen, wer mit wem eine enge Freund-schaft hat, sie muss sich aber um das Beziehungsgefüge kümmern. Deshalb ist auch soziales Lernen so wichtig: Wie geht man miteinander um und wie löst man Kon-flikte? Wie kann man autonom bleiben, ohne egoistisch zu sein oder sich unterzuordnen?

Soziale Kompetenzen zu erwerben heißt, Interaktions-fähigkeiten zu entwickeln, zu lernen, sich einander gegenseitig zu akzeptieren, sich an gemeinsamen Auf-gaben zu erproben. Es kann in der Schule nicht nur um Stoffvermittlung gehen, auch wenn soziale Kompeten-zen schwerer messbar sind. Soziales Lernen ist außeror-dentlich wichtig, weil Freundschaftsfähigkeit ein wich-tiger Inhalt des Lebens auch in der Schule ist. Jeder muss anerkannt sein, Liebe erfahren, sonst kommt es zu Fehl-entwicklungen. Letztlich kann Freundschaft Probleme verhindern oder sogar Therapie ersetzen.

Für das Gespräch bedankt sich Mira Futász.

Prof. Dr. Monika Keller, Psychologin, ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung Berlin und Honorarprofessorin an der FU Berlin. Forschungs-schwerpunkte sind u.a. moralische und sozial-kognitive Dimensionen des Freundschaftsverständnisses sowie soziale und moralische Kompetenz in Erziehungsprozessen im Kinder-garten und der Schule.

[email protected] www.mpib-berlin.mpg.de/de/mitarbeiter/monika-keller

Bildungspraxis

Ganz wesentlich ist, alles, was in der Freundschaft getan wird, tut man freiwillig. Freundschaft ist eine Beziehung, die daher ganz besonders wichtig für die Entwicklung der Persönlichkeit und der moralischen Entwicklung ist. In der Freundschaft wird auch in gewisser Weise geübt, wie man sich später in Partnerschaften verhält. Auf-fällig ist, dass bei Jungen die Beschreibung von Freund-schaften sachlicher klingt und mehr auf gemeinsame Interessen bezogen ist. Für Mädchen ist eher typisch, dass sie enge und gefühlsmäßig intime Beziehungen betonen.

Das Internet/Facebook transportiert wie selbstverständlich die verschiedenen kulturellen Prägungen. Das betrifft auch den Begriff von Freundschaft. Kommt man jetzt schneller zu Freunden?Freundschaft ist in der Kultur verankert; von daher gibt es neben Gemeinsamkeiten auch unterschiedliche Freundschaftskonzepte. Chinesische Kinder sprechen sehr früh davon, dass ein Freund jemand ist, der bei Hausaufgaben hilft, und später davon, dass er sich zu einem wertvollen Mitglied der Gesellschaft entwickelt. In westlichen Gesellschaften ist die Freundschaft dage-gen vielmehr im Persönlichen und Intimen angesiedelt. Freundschaft wird auch von der Mobilität einer Gesell-schaft beeinflusst. Wenn wir unsere Lebenswelten ändern, ändern wir auch unsere Freundschaften. Wir finden „Lebensabschnittsfreunde“ im Unterschied zu Freunden, die uns lange begleiten.

Im Internet kommt es zu Beziehungsnetzwerken, über die man sehr viele Leute kennenlernen und Anteil neh-men kann. Aber das kann nie eine tiefe Freundschafts-beziehung sein. Das Zentrale der Freundschaft ist es, sich nahe zu fühlen, sich gegenseitig zu verstehen, sich in Konflikten auszutauschen und sich zu vertrauen. Kinder bilden solche Beziehungen in der Peergroup und in der Schule.

Kann der Mensch ohne Freundschaft leben?Ich denke, nein. Man kann ohne Feindschaft leben, aber Freundschaft und Familie sind entscheidende Bezugs-gruppen. Je älter man wird, begibt man sich in Freund-schaftsbeziehungen, die auf eigener Wahl beruhen.

Wie entwickelt sich bei Kindern und Jugendlichen das Verständnis von Freundschaft?Freundschaft entwickelt sich schon ganz frühzeitig. Bereits im Kindergarten ist beobachtbar, zu wem sich ein Kind hingezogen fühlt. Da existieren starke Sympa-thiebeziehungen, die die Forschung lange unterschätzt hatte. Kleine Kinder leben Freundschaftsbeziehungen, im gemeinsamen Spiel. Wenn sie älter werden und erkennen wollen, wer bin ich, kommt als neue Dimen-

sion der Freundschaft das Vertrauen hinzu. Das ist ganz besonders in der Adoleszenz so wichtig, wenn sie sich von der Familie ablösen. Gegen-über Freunden können sie sich öffnen. Am Ende des Jugendalters kommt das Bewusstsein hinzu, dass man ganz enge und nicht so enge Freunde haben kann, also genau weiß, was die Freund-schaft für jeden einzel-nen bedeutet.

B & E im Gespräch

Mit Freunden lernt es sich besser

... sich gegenseitig akzeptieren lernen10

...sich gegenseitig akzeptieren lernen11

B & E 3| 2012

Bildungspraxis

Durch das Zusammentreffen der Jugendlichen aus aller Welt im Netz erkennen sie, wie viele Ähnlichkeiten es zwischen ihnen gibt. Findet ein Jugendlicher im wirk-lichen Leben keine Freunde, ist eine gewisse Kompen-sation durch das Netz denkbar.

Muss man Freundschaft lernen? Ja. Vor allem, wenn man nicht freundschaftsfähig ist, bekäme man sonst (erst recht) Probleme. Menschen sind kooperationsfähig und auf Kooperation angewie-sen, auch wenn der Grad der Nähe, den sie zu anderen Menschen brauchen, sich unterscheidet.

Die Schule ist neben Familie und Peergroup das dritte wichtige Übungsfeld von Kindern und Jugendlichen für soziale Beziehungen. Soll Schule auch noch für Freundschaften zuständig sein? Das soziale Gefüge ist die Grundlage für Leistungs-erwerb. Dieser Zusammenhang ist umso stärker, wenn die Identität des Jugendlichen noch ganz stark über die Integration in die Gruppe vermittelt wird. Es ist deshalb auch in der Schule entscheidend, in einen so-zialen Rahmen eingebunden zu sein. Eine Klasse sollte ein gewisses Freundschaftsgefüge darstellen und es liegt auch in der Verantwortung des Lehrers, auf das Gruppengefüge zu schauen und darauf Einfluss zu nehmen. Sind die sozialen Beziehungen nicht gut, so kann man auch nicht so gut lernen.

Deshalb ist die Beziehungsdi -men sion genauso wichtig wie die Leistungsdimension. Schule muss dabei nicht wissen, wer mit wem eine enge Freund-schaft hat, sie muss sich aber um das Beziehungsgefüge kümmern. Deshalb ist auch soziales Lernen so wichtig: Wie geht man miteinander um und wie löst man Kon-flikte? Wie kann man autonom bleiben, ohne egoistisch zu sein oder sich unterzuordnen?

Soziale Kompetenzen zu erwerben heißt, Interaktions-fähigkeiten zu entwickeln, zu lernen, sich einander gegenseitig zu akzeptieren, sich an gemeinsamen Auf-gaben zu erproben. Es kann in der Schule nicht nur um Stoffvermittlung gehen, auch wenn soziale Kompeten-zen schwerer messbar sind. Soziales Lernen ist außeror-dentlich wichtig, weil Freundschaftsfähigkeit ein wich-tiger Inhalt des Lebens auch in der Schule ist. Jeder muss anerkannt sein, Liebe erfahren, sonst kommt es zu Fehl-entwicklungen. Letztlich kann Freundschaft Probleme verhindern oder sogar Therapie ersetzen.

Für das Gespräch bedankt sich Mira Futász.

Prof. Dr. Monika Keller, Psychologin, ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung Berlin und Honorarprofessorin an der FU Berlin. Forschungs-schwerpunkte sind u.a. moralische und sozial-kognitive Dimensionen des Freundschaftsverständnisses sowie soziale und moralische Kompetenz in Erziehungsprozessen im Kinder-garten und der Schule.

[email protected] www.mpib-berlin.mpg.de/de/mitarbeiter/monika-keller

Bildungspraxis

Ganz wesentlich ist, alles, was in der Freundschaft getan wird, tut man freiwillig. Freundschaft ist eine Beziehung, die daher ganz besonders wichtig für die Entwicklung der Persönlichkeit und der moralischen Entwicklung ist. In der Freundschaft wird auch in gewisser Weise geübt, wie man sich später in Partnerschaften verhält. Auf-fällig ist, dass bei Jungen die Beschreibung von Freund-schaften sachlicher klingt und mehr auf gemeinsame Interessen bezogen ist. Für Mädchen ist eher typisch, dass sie enge und gefühlsmäßig intime Beziehungen betonen.

Das Internet/Facebook transportiert wie selbstverständlich die verschiedenen kulturellen Prägungen. Das betrifft auch den Begriff von Freundschaft. Kommt man jetzt schneller zu Freunden?Freundschaft ist in der Kultur verankert; von daher gibt es neben Gemeinsamkeiten auch unterschiedliche Freundschaftskonzepte. Chinesische Kinder sprechen sehr früh davon, dass ein Freund jemand ist, der bei Hausaufgaben hilft, und später davon, dass er sich zu einem wertvollen Mitglied der Gesellschaft entwickelt. In westlichen Gesellschaften ist die Freundschaft dage-gen vielmehr im Persönlichen und Intimen angesiedelt. Freundschaft wird auch von der Mobilität einer Gesell-schaft beeinflusst. Wenn wir unsere Lebenswelten ändern, ändern wir auch unsere Freundschaften. Wir finden „Lebensabschnittsfreunde“ im Unterschied zu Freunden, die uns lange begleiten.

Im Internet kommt es zu Beziehungsnetzwerken, über die man sehr viele Leute kennenlernen und Anteil neh-men kann. Aber das kann nie eine tiefe Freundschafts-beziehung sein. Das Zentrale der Freundschaft ist es, sich nahe zu fühlen, sich gegenseitig zu verstehen, sich in Konflikten auszutauschen und sich zu vertrauen. Kinder bilden solche Beziehungen in der Peergroup und in der Schule.

Kann der Mensch ohne Freundschaft leben?Ich denke, nein. Man kann ohne Feindschaft leben, aber Freundschaft und Familie sind entscheidende Bezugs-gruppen. Je älter man wird, begibt man sich in Freund-schaftsbeziehungen, die auf eigener Wahl beruhen.

Wie entwickelt sich bei Kindern und Jugendlichen das Verständnis von Freundschaft?Freundschaft entwickelt sich schon ganz frühzeitig. Bereits im Kindergarten ist beobachtbar, zu wem sich ein Kind hingezogen fühlt. Da existieren starke Sympa-thiebeziehungen, die die Forschung lange unterschätzt hatte. Kleine Kinder leben Freundschaftsbeziehungen, im gemeinsamen Spiel. Wenn sie älter werden und erkennen wollen, wer bin ich, kommt als neue Dimen-

sion der Freundschaft das Vertrauen hinzu. Das ist ganz besonders in der Adoleszenz so wichtig, wenn sie sich von der Familie ablösen. Gegen-über Freunden können sie sich öffnen. Am Ende des Jugendalters kommt das Bewusstsein hinzu, dass man ganz enge und nicht so enge Freunde haben kann, also genau weiß, was die Freund-schaft für jeden einzel-nen bedeutet.

B & E im Gespräch

Mit Freunden lernt es sich besser

Praxistipp: 12

Praxistipp: 13

B & E 3| 2012

Bildungspraxis

Es ist nicht ganz leicht, einen Praxistipp zu geben, der Schülern hilft Freundschaften zu entwickeln. Wenn wir es aber schaffen, ein Klassen- und Schulklima zu entwi-ckeln, wo Dinge wie Freundlichkeit, Respekt, Einfüh-lungsvermögen Selbstverständlichkeiten sind, dann ist dies sicher ein guter Nährboden für echte Freund-schaften. Der folgende Praxistipp soll hier eine Hilfe-stellung geben und ist angelehnt an die Übung „Sich für Freundlichkeit einsetzen“ entnommen aus: Mobbing-Prävention in der Grundschule – 120 Spiele, Übungen und Arbeitsblätter“, ISBN 978-3-8346-0937-3 (mit freundlicher Genehmigung des Verlags an der Ruhr)

EinleitungDie Kinder sollen sich an eine Situation erinnern, in der man zu jemandem, den sie kennen, gemein war. Fragen Sie nach Beispielen, aber weisen Sie die Schüler darauf hin, keine echten Namen oder andere eindeutige Details zu verwenden. Fragen Sie die Kinder, was sie selbst hätten tun können, um zu helfen.

DiskussionSchreiben Sie als Überschrift an die Tafel, Flipchart oder Ähnlichem: „Sei ein Helfer“ Fragen Sie die Kinder, was sie tun oder sagen können, um jemanden zu helfen, der gehänselt wird. Schreiben Sie die Vorschläge auf. Führen Sie die Kinder zu der Erkenntnis, dass ein Helfer respektvoll und direkt ist. Er passt auf, dass er denjeni-gen, der die verletzenden Dinge tut, nicht selbst mobbt. Geben Sie den Kindern das folgende Beispiel für einen angemessenen Kommentar, den sie verwenden können, um einzugreifen: „Hey, das ist uncool, jemanden so zu behandeln.“ Fragen Sie die Kinder nach weiteren Vorschlägen, und schreiben Sie diese an die Tafel. Sagen Sie ihnen, dass es in Ordnung ist, die gehänselte Person direkt anzusprechen, statt denjenigen, der selbst gemein ist. Ein Beispiel für einen Satz, den sie anwenden können, wäre: „Brauchst du Hilfe? Komm doch mit uns mit.“ Fragen Sie nach weiteren möglichen Sätzen, und schreiben Sie diese an die Tafel.

Die Übung Die Kinder finden sich zu 4er-Gruppen zusammen und spielen ein Rollenspiel, in dem ein Kind auf dem Schul-hof hinfällt und ein anderes Kind darüber lacht, gemeine Kommentare abgibt und versucht, die anderen Beo-bachter zum Mitmachen zu bewegen. Ein Kind spielt denjenigen, der hinfällt, ein anderes den gemeinen Kommentator und die übrigen zwei spielen die Rolle der Helfer, die zusammen eingreifen. Gehen Sie während der Rollenspiele von Gruppe zu Gruppe und helfen Sie, wo nötig. Anschließend kommen die Kinder wieder im Kreis zusammen. Fragen Sie, wie die Rollenspiele gelaufen sind: „Was haben die Helfer gemacht? Was haben sie gesagt? Hat das, was sie getan und gesagt haben, geholfen? Wenn das gemeine Kind etwas Fieses zu den Helfern gesagt hat, wie haben diese reagiert?“ Betonen Sie, dass Helfer manchmal einfach sagen sollen, was sie zu sagen haben, und dann weitergehen. Wenn sie vor Ort bleiben und sich mit demjenigen streiten, der gemein ist, gießt das nur Öl ins Feuer. Am besten spre-chen die Helfer fest und selbstsicher und gehen dann zusammen mit dem Kind weiter, dem sie geholfen haben. Sie könnten so etwas sagen wie „So was hören wir uns nicht an“. Diskutieren Sie mit den Kindern darü-ber, und lassen Sie dieses Prinzip durch einige von ihnen demonstrieren. Betonen Sie, dass sie aufrecht, mit ‚erhobenem Kopf und selbstbewusst weggehen sollten. (Dies ist sehr wichtig, weil viele Kinder glauben, wegzu-gehen, bedeute, Schwäche zu zeigen. Es ist von großer Bedeutung, ihnen klarzumachen, dass Weggehen Stärke zeigt. Ein Beispiel dafür ist Martin Luther King Junior, der erhobenen Hauptes wegging, als er von Leuten mit rassistischen Kommentaren und Drohungen beschimpft wurde. King ist ein Musterbeispiel dafür, wie man erho-benen Hauptes und mit Würde, nicht Schwäche, weg-geht.) Fragen Sie die Kinder, warum es Mut braucht, um ein Helfer zu sein, besonders wenn andere gemein sind. Fragen Sie nun: „Wenn ihr in Betracht zieht, jemandem zu helfen, der gehänselt wird, welche Schwierigkeiten könnten auftauchen?“ Diskutieren Sie mit den Kindern kurz darüber, und betonen Sie, dass es einfacher wird, je mehr sie das Helfen üben. Hinweis: Helfer sollten nie-mals physisch eingreifen. Stellen Sie sicher, dass den Kindern klar ist, dass sie sofort einen Erwachsenen um Hilfe bitten müssen, wenn eine Prügelei stattfindet oder ein Kind von anderen physisch angegriffen wird. Legen Sie besonderen Wert darauf, dass Hilfesuchen nichts mit Verrat oder Petzen zu tun hat, sondern das Recht eines jeden Menschen auf körperliche Unversehrtheit zu schützen versucht.

Achtung: Lithozeile druckt nicht mit. 1400401-036 • DBV Image-Anzeige Motiv Lehrerin+dbb StörerFormat 210 x 297 mm + 3 mm Beschnitt • 4c • 11.04.11 • mrB&E Bildung und Erziehung Nr. 4-5, OF, ET 23.05.11 • Elaan Nr. 2, OF, ET 03.05.11

Ein Unternehmen der AXA Gruppe

Sie geben alles.Wir geben alles für Sie.

* 9 Cent aus dem deutschen Festnetz, Mobilfunk maximal 42 Cent, jeweils je angefangene Minute.

Spezialist für den Öffentlichen Dienst.

Im Schuldienst geben Sie täglich alles und zeigen dabei immer vollen Einsatz. Gut, dass es jemanden gibt, der auch alles für Sie gibt: die DBV Deutsche Beamtenversicherung. Der Versicherungsspezialist im Öffentlichen Dienst, der exklusiv nur für Sie da ist. Und das schon seit 140 Jahren. Kommen Sie zu Ihrem persönlichen Betreuer ganz in Ihrer Nähe und lassen Sie sich in einer der über 4000 AXA Agenturen beraten. Wir freuen uns auf Sie. Mehr Informationen erhalten Sie unter www.DBV.de oder unter Telefon 0 180 3 - 00 57 57*.

Sich für Freundlichkeit einsetzen Matthias Kürten

Praxistipp: 12

Praxistipp: 13

B & E 3| 2012

Bildungspraxis

Es ist nicht ganz leicht, einen Praxistipp zu geben, der Schülern hilft Freundschaften zu entwickeln. Wenn wir es aber schaffen, ein Klassen- und Schulklima zu entwi-ckeln, wo Dinge wie Freundlichkeit, Respekt, Einfüh-lungsvermögen Selbstverständlichkeiten sind, dann ist dies sicher ein guter Nährboden für echte Freund-schaften. Der folgende Praxistipp soll hier eine Hilfe-stellung geben und ist angelehnt an die Übung „Sich für Freundlichkeit einsetzen“ entnommen aus: Mobbing-Prävention in der Grundschule – 120 Spiele, Übungen und Arbeitsblätter“, ISBN 978-3-8346-0937-3 (mit freundlicher Genehmigung des Verlags an der Ruhr)

EinleitungDie Kinder sollen sich an eine Situation erinnern, in der man zu jemandem, den sie kennen, gemein war. Fragen Sie nach Beispielen, aber weisen Sie die Schüler darauf hin, keine echten Namen oder andere eindeutige Details zu verwenden. Fragen Sie die Kinder, was sie selbst hätten tun können, um zu helfen.

DiskussionSchreiben Sie als Überschrift an die Tafel, Flipchart oder Ähnlichem: „Sei ein Helfer“ Fragen Sie die Kinder, was sie tun oder sagen können, um jemanden zu helfen, der gehänselt wird. Schreiben Sie die Vorschläge auf. Führen Sie die Kinder zu der Erkenntnis, dass ein Helfer respektvoll und direkt ist. Er passt auf, dass er denjeni-gen, der die verletzenden Dinge tut, nicht selbst mobbt. Geben Sie den Kindern das folgende Beispiel für einen angemessenen Kommentar, den sie verwenden können, um einzugreifen: „Hey, das ist uncool, jemanden so zu behandeln.“ Fragen Sie die Kinder nach weiteren Vorschlägen, und schreiben Sie diese an die Tafel. Sagen Sie ihnen, dass es in Ordnung ist, die gehänselte Person direkt anzusprechen, statt denjenigen, der selbst gemein ist. Ein Beispiel für einen Satz, den sie anwenden können, wäre: „Brauchst du Hilfe? Komm doch mit uns mit.“ Fragen Sie nach weiteren möglichen Sätzen, und schreiben Sie diese an die Tafel.

Die Übung Die Kinder finden sich zu 4er-Gruppen zusammen und spielen ein Rollenspiel, in dem ein Kind auf dem Schul-hof hinfällt und ein anderes Kind darüber lacht, gemeine Kommentare abgibt und versucht, die anderen Beo-bachter zum Mitmachen zu bewegen. Ein Kind spielt denjenigen, der hinfällt, ein anderes den gemeinen Kommentator und die übrigen zwei spielen die Rolle der Helfer, die zusammen eingreifen. Gehen Sie während der Rollenspiele von Gruppe zu Gruppe und helfen Sie, wo nötig. Anschließend kommen die Kinder wieder im Kreis zusammen. Fragen Sie, wie die Rollenspiele gelaufen sind: „Was haben die Helfer gemacht? Was haben sie gesagt? Hat das, was sie getan und gesagt haben, geholfen? Wenn das gemeine Kind etwas Fieses zu den Helfern gesagt hat, wie haben diese reagiert?“ Betonen Sie, dass Helfer manchmal einfach sagen sollen, was sie zu sagen haben, und dann weitergehen. Wenn sie vor Ort bleiben und sich mit demjenigen streiten, der gemein ist, gießt das nur Öl ins Feuer. Am besten spre-chen die Helfer fest und selbstsicher und gehen dann zusammen mit dem Kind weiter, dem sie geholfen haben. Sie könnten so etwas sagen wie „So was hören wir uns nicht an“. Diskutieren Sie mit den Kindern darü-ber, und lassen Sie dieses Prinzip durch einige von ihnen demonstrieren. Betonen Sie, dass sie aufrecht, mit ‚erhobenem Kopf und selbstbewusst weggehen sollten. (Dies ist sehr wichtig, weil viele Kinder glauben, wegzu-gehen, bedeute, Schwäche zu zeigen. Es ist von großer Bedeutung, ihnen klarzumachen, dass Weggehen Stärke zeigt. Ein Beispiel dafür ist Martin Luther King Junior, der erhobenen Hauptes wegging, als er von Leuten mit rassistischen Kommentaren und Drohungen beschimpft wurde. King ist ein Musterbeispiel dafür, wie man erho-benen Hauptes und mit Würde, nicht Schwäche, weg-geht.) Fragen Sie die Kinder, warum es Mut braucht, um ein Helfer zu sein, besonders wenn andere gemein sind. Fragen Sie nun: „Wenn ihr in Betracht zieht, jemandem zu helfen, der gehänselt wird, welche Schwierigkeiten könnten auftauchen?“ Diskutieren Sie mit den Kindern kurz darüber, und betonen Sie, dass es einfacher wird, je mehr sie das Helfen üben. Hinweis: Helfer sollten nie-mals physisch eingreifen. Stellen Sie sicher, dass den Kindern klar ist, dass sie sofort einen Erwachsenen um Hilfe bitten müssen, wenn eine Prügelei stattfindet oder ein Kind von anderen physisch angegriffen wird. Legen Sie besonderen Wert darauf, dass Hilfesuchen nichts mit Verrat oder Petzen zu tun hat, sondern das Recht eines jeden Menschen auf körperliche Unversehrtheit zu schützen versucht.

Achtung: Lithozeile druckt nicht mit. 1400401-036 • DBV Image-Anzeige Motiv Lehrerin+dbb StörerFormat 210 x 297 mm + 3 mm Beschnitt • 4c • 11.04.11 • mrB&E Bildung und Erziehung Nr. 4-5, OF, ET 23.05.11 • Elaan Nr. 2, OF, ET 03.05.11

Ein Unternehmen der AXA Gruppe

Sie geben alles.Wir geben alles für Sie.

* 9 Cent aus dem deutschen Festnetz, Mobilfunk maximal 42 Cent, jeweils je angefangene Minute.

Spezialist für den Öffentlichen Dienst.

Im Schuldienst geben Sie täglich alles und zeigen dabei immer vollen Einsatz. Gut, dass es jemanden gibt, der auch alles für Sie gibt: die DBV Deutsche Beamtenversicherung. Der Versicherungsspezialist im Öffentlichen Dienst, der exklusiv nur für Sie da ist. Und das schon seit 140 Jahren. Kommen Sie zu Ihrem persönlichen Betreuer ganz in Ihrer Nähe und lassen Sie sich in einer der über 4000 AXA Agenturen beraten. Wir freuen uns auf Sie. Mehr Informationen erhalten Sie unter www.DBV.de oder unter Telefon 0 180 3 - 00 57 57*.

Sich für Freundlichkeit einsetzen Matthias Kürten

Europäischer Qualifikationsrahmen Europäischer Qualifikationsrahmen

14

B & E 3| 2012

15

Blickpunkt

Aber in der Beschäftigungsstruktur von Jugendlichen, gemessen an der Beschäftigungsquote, werden solche Defizite nicht bestätigt. Schlechte Werte, nämlich sehr hohe Quoten der Jugendarbeitslosigkeit, finden sich dort, wo man das Heil der Bildungspolitik im Primat des Hochschulzugangs sucht. Im EQR kehrt das Dilemma wieder, schon in der Zuordnung von Berufen und Kom-petenzen: Der Optiker z.B. ist in Deutschland ein Lehr-beruf (EQR-Stufe 3 und 4), außerhalb eine hochschulisch zu erwerbende Kompetenz (EQR-Stufe 6), mit Erziehe-rinnen und Erziehern geht es ähnlich. Probleme werfen auch das Abitur und die spezifische Funktion der allge-meinen Hochschulreife auf.

Durchlässigkeit und Mobilität geraten zu LeerformelnWie sehen die Lösungen aus? Das Abiturproblem wird erst einmal ausgeblendet, das duale System der Berufs-ausbildung bleibt Problem, anerkannt im Meister, der innerhalb der Stufung der Niveaus als Berechtigung zur Aufnahme von BA-Studien interpre-tiert wird (Stufe 6). Allerdings ohne dass überzeugend gezeigt würde, dass sich die Kompetenzdimensionen von Hochschulstudium und Meisterpraxis als äquivalente Fähigkeitsstrukturen bezeichnen ließen, obwohl man vermeintlich an „Kom-petenzen“ orientiert arbeitet. Aber ob das den Meister tröstet, der in der Universität in eine völlig andere Lern-welt eintritt, mit anderen Standards und Erwartungen? Öffnung der Hochschulen ist ein hehres Ziel, mit Über-setzungsvorgaben allein erzeugt man aber nicht äquiva-lente Kompetenzstrukturen.

Warum machen die Politiker angesichts so offenkun-diger Schwierigkeiten dennoch mit? Gibt es einen Zwang zur Teilhabe an EQR und zur Entwicklung eines DQR? Solchen Zwang gibt es nicht, aber es gibt europapoli-tische Implikationen: Wer in Deutschland Rahmen erzeugt, muss den europäischen Rahmen beachten. Auch wenn die Europäische Bildungspolitik im Grund-satz in die nationalen Bildungssysteme nicht eingreifen darf, führen die mit dem EQR/DQR verbundenen Aner-kennungserwartungen zu selbstständigen Effekten:

Strukturen von Ausbildung, wie im dualen System, dro-hen zugunsten informeller Beliebigkeit des Erwerbs von Kenntnissen, Fähigkeiten und Kompeten-zen entwertet zu werden. „Durchlässigkeit“ und „Mobilität“, auch hier wieder als Ziele beschworen, werden zu Leerformeln, wenn in Anerkennungsverfahren von Berufen Unver-gleichbares gleichgeordnet wird. Zumindest betonen jetzt die Experten von KMK und BMBF, vom DGB bis zum Handwerk, von der Wirtschaftsministerkonferenz bis zum BDA, die am 31. Januar 2012 eine gemeinsame „Vereinba-rung“ zum DQR beschlossen haben, dass die Überset-zungsleistungen „Gemeinsamkeiten und Unterschiede von Qualifikationen [in Europa] transparent“ machen sollen, aber wie die operative Umset-zung dann aussehen soll, das steht dahin. „Arbeitskreise“ werden gebildet, mehr Forschung wird gefordert, schon wegen der Berücksichtigung der nichtformalen und informellen Bildungsprozesse – und auf die Ergebnisse darf man gespannt sein. Vielleicht wird es ja doch mehr als ein Beschäftigungsprogramm für Berufsforscher und eine Bedrohung für tradierte und bewährte Ausbildungsstruk-turen. Stärkung der kulturellen Vielfalt wäre ja auch ein schönes Ziel. Heinz-Elmar Tenorth, Berlin, ist Prof. (i.R.) am Institut für Erziehungswissenschaften der Humboldt Universität zu Berlin. Sein Arbeitsschwerpunkt ist Historische Bildungsforschung, v.a. Disziplingeschichte und Kanonisierungsproblem im Bildungswesen.

[email protected]

Europa hat keinen guten Ruf mehr, auch nicht in der Bildungspolitik. Mit PISA und Bologna ist die Skepsis gewachsen, ob die Wahrheit der Bildungspolitik unbedingt aus Brüssel oder Paris zu erwarten ist. Steht es mit dem „EQR“ besser? Ist der Europäische Qualifikations-rahmen – und sein deutsches Gegenstück, der „DQR“ (Deutscher Qualifikationsrahmen für lebenslanges Lernen), - ein Instrument, dessen Entwicklung man mit Begeisterung beobachten kann?

Auch hier geht es, wie schon beim ECTS (European Credit Transfer System) im Bologna-Prozess um ein Instrument, das die Arbeit im Bil-dungssystem einer Kultur, vor allem ihre Ergebnisse, in eine andere übersetzen soll. Der EQR verfolgt dabei „das Ziel, einen gemeinsamen Referenzrahmen als Übersetzungsinstrument zwischen verschiedenen Qualifikationssystemen und deren Niveau zu schaffen und zwar sowohl für die allgemeine und Hochschulbildung als auch für die berufliche Bildung.“ Das kann man als Empfehlung des Europäischen Parlaments und des Europäischen Rates vom 28. April 2008 zur Errichtung des EQR in der „Begründungserwägung Nr. 12“ lesen.

EQR – Übersetzungsprobleme und Steuerungsfragen Heinz-Elmar-Tenorth

Duales System ohne Gegenstück außerhalb der deutschsprachigen LänderKonkret wird dabei durchaus Anspruchsvolles erwartet, nämlich die „Validierung“ von Lernprozessen, und zwar genau so von formalen Prozessen als auch „von nicht-formalem und informellem Lernen“, und dann sogar nach „Niveaustufen“, die in den Dimensionen der „Kennt-nisse“, „Fertigkeiten“ und – jetzt auch hier – der „Kompe-tenzen“ abgebildet werden. Kann man das, valide und objektiv?

Betrachtet man, nur zum Vergleich, die Schwierigkeiten, die der Nationale Bildungsbericht bis heute hat, die „nichtformalen und informellen“ Bildungsprozesse auch nur begrifflich präzise zu fassen, angemessen empirisch zu identifizieren, in Indikatoren möglichst quantifiziert abzubilden und schließlich auch noch vergleichend auf formale, meist schulisch basierte, Bildungsprozesse und ihre Ergebnisse zu beziehen, dann ist man nicht gerade euphorisch, ja wohl nicht einmal ein wenig optimistisch. Auch eine andere Schwierigkeit, die Übersetzer kennen, dass es nämlich mit der Sprache nicht getan ist, sondern darum geht, den kulturellen, politischen, ökonomischen Bedeutungshorizont angemessen zu erfassen und in einen anderen Bedeutungshorizont zu transferieren, dann vermutet man noch mehr Probleme. Bei der Arbeit am EQR ist das auch gleich sichtbar geworden, z.B. beim Ver-such, die besonderen Strukturen der Sekundarstufe II in Deutschland in ein internationales Vergleichssystem zu transferieren: Für das deutsche duale System, die erste Schwierigkeit, gibt es kein Gegenstück außer-halb der deutschsprachigen Länder.

Das erzeugt Verständnisprobleme, wie die OECD-Analy-sen immer neu bestätigen, wenn sie locker-kritisch aus den wiederkehrenden Daten in Education at a Glance ihre Hilflosigkeit darin zeigen, dass sie erfolgreiche Bildungs-prozesse nach der Pflichtschulzeit nur am Indikator der Akademisierung und des Hochschulzugangs messen können und dann Deutschland immer wieder Defizite bescheinigen.

Europäischer Qualifikationsrahmen Europäischer Qualifikationsrahmen

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Blickpunkt

Aber in der Beschäftigungsstruktur von Jugendlichen, gemessen an der Beschäftigungsquote, werden solche Defizite nicht bestätigt. Schlechte Werte, nämlich sehr hohe Quoten der Jugendarbeitslosigkeit, finden sich dort, wo man das Heil der Bildungspolitik im Primat des Hochschulzugangs sucht. Im EQR kehrt das Dilemma wieder, schon in der Zuordnung von Berufen und Kom-petenzen: Der Optiker z.B. ist in Deutschland ein Lehr-beruf (EQR-Stufe 3 und 4), außerhalb eine hochschulisch zu erwerbende Kompetenz (EQR-Stufe 6), mit Erziehe-rinnen und Erziehern geht es ähnlich. Probleme werfen auch das Abitur und die spezifische Funktion der allge-meinen Hochschulreife auf.

Durchlässigkeit und Mobilität geraten zu LeerformelnWie sehen die Lösungen aus? Das Abiturproblem wird erst einmal ausgeblendet, das duale System der Berufs-ausbildung bleibt Problem, anerkannt im Meister, der innerhalb der Stufung der Niveaus als Berechtigung zur Aufnahme von BA-Studien interpre-tiert wird (Stufe 6). Allerdings ohne dass überzeugend gezeigt würde, dass sich die Kompetenzdimensionen von Hochschulstudium und Meisterpraxis als äquivalente Fähigkeitsstrukturen bezeichnen ließen, obwohl man vermeintlich an „Kom-petenzen“ orientiert arbeitet. Aber ob das den Meister tröstet, der in der Universität in eine völlig andere Lern-welt eintritt, mit anderen Standards und Erwartungen? Öffnung der Hochschulen ist ein hehres Ziel, mit Über-setzungsvorgaben allein erzeugt man aber nicht äquiva-lente Kompetenzstrukturen.

Warum machen die Politiker angesichts so offenkun-diger Schwierigkeiten dennoch mit? Gibt es einen Zwang zur Teilhabe an EQR und zur Entwicklung eines DQR? Solchen Zwang gibt es nicht, aber es gibt europapoli-tische Implikationen: Wer in Deutschland Rahmen erzeugt, muss den europäischen Rahmen beachten. Auch wenn die Europäische Bildungspolitik im Grund-satz in die nationalen Bildungssysteme nicht eingreifen darf, führen die mit dem EQR/DQR verbundenen Aner-kennungserwartungen zu selbstständigen Effekten:

Strukturen von Ausbildung, wie im dualen System, dro-hen zugunsten informeller Beliebigkeit des Erwerbs von Kenntnissen, Fähigkeiten und Kompeten-zen entwertet zu werden. „Durchlässigkeit“ und „Mobilität“, auch hier wieder als Ziele beschworen, werden zu Leerformeln, wenn in Anerkennungsverfahren von Berufen Unver-gleichbares gleichgeordnet wird. Zumindest betonen jetzt die Experten von KMK und BMBF, vom DGB bis zum Handwerk, von der Wirtschaftsministerkonferenz bis zum BDA, die am 31. Januar 2012 eine gemeinsame „Vereinba-rung“ zum DQR beschlossen haben, dass die Überset-zungsleistungen „Gemeinsamkeiten und Unterschiede von Qualifikationen [in Europa] transparent“ machen sollen, aber wie die operative Umset-zung dann aussehen soll, das steht dahin. „Arbeitskreise“ werden gebildet, mehr Forschung wird gefordert, schon wegen der Berücksichtigung der nichtformalen und informellen Bildungsprozesse – und auf die Ergebnisse darf man gespannt sein. Vielleicht wird es ja doch mehr als ein Beschäftigungsprogramm für Berufsforscher und eine Bedrohung für tradierte und bewährte Ausbildungsstruk-turen. Stärkung der kulturellen Vielfalt wäre ja auch ein schönes Ziel. Heinz-Elmar Tenorth, Berlin, ist Prof. (i.R.) am Institut für Erziehungswissenschaften der Humboldt Universität zu Berlin. Sein Arbeitsschwerpunkt ist Historische Bildungsforschung, v.a. Disziplingeschichte und Kanonisierungsproblem im Bildungswesen.

[email protected]

Europa hat keinen guten Ruf mehr, auch nicht in der Bildungspolitik. Mit PISA und Bologna ist die Skepsis gewachsen, ob die Wahrheit der Bildungspolitik unbedingt aus Brüssel oder Paris zu erwarten ist. Steht es mit dem „EQR“ besser? Ist der Europäische Qualifikations-rahmen – und sein deutsches Gegenstück, der „DQR“ (Deutscher Qualifikationsrahmen für lebenslanges Lernen), - ein Instrument, dessen Entwicklung man mit Begeisterung beobachten kann?

Auch hier geht es, wie schon beim ECTS (European Credit Transfer System) im Bologna-Prozess um ein Instrument, das die Arbeit im Bil-dungssystem einer Kultur, vor allem ihre Ergebnisse, in eine andere übersetzen soll. Der EQR verfolgt dabei „das Ziel, einen gemeinsamen Referenzrahmen als Übersetzungsinstrument zwischen verschiedenen Qualifikationssystemen und deren Niveau zu schaffen und zwar sowohl für die allgemeine und Hochschulbildung als auch für die berufliche Bildung.“ Das kann man als Empfehlung des Europäischen Parlaments und des Europäischen Rates vom 28. April 2008 zur Errichtung des EQR in der „Begründungserwägung Nr. 12“ lesen.

EQR – Übersetzungsprobleme und Steuerungsfragen Heinz-Elmar-Tenorth

Duales System ohne Gegenstück außerhalb der deutschsprachigen LänderKonkret wird dabei durchaus Anspruchsvolles erwartet, nämlich die „Validierung“ von Lernprozessen, und zwar genau so von formalen Prozessen als auch „von nicht-formalem und informellem Lernen“, und dann sogar nach „Niveaustufen“, die in den Dimensionen der „Kennt-nisse“, „Fertigkeiten“ und – jetzt auch hier – der „Kompe-tenzen“ abgebildet werden. Kann man das, valide und objektiv?

Betrachtet man, nur zum Vergleich, die Schwierigkeiten, die der Nationale Bildungsbericht bis heute hat, die „nichtformalen und informellen“ Bildungsprozesse auch nur begrifflich präzise zu fassen, angemessen empirisch zu identifizieren, in Indikatoren möglichst quantifiziert abzubilden und schließlich auch noch vergleichend auf formale, meist schulisch basierte, Bildungsprozesse und ihre Ergebnisse zu beziehen, dann ist man nicht gerade euphorisch, ja wohl nicht einmal ein wenig optimistisch. Auch eine andere Schwierigkeit, die Übersetzer kennen, dass es nämlich mit der Sprache nicht getan ist, sondern darum geht, den kulturellen, politischen, ökonomischen Bedeutungshorizont angemessen zu erfassen und in einen anderen Bedeutungshorizont zu transferieren, dann vermutet man noch mehr Probleme. Bei der Arbeit am EQR ist das auch gleich sichtbar geworden, z.B. beim Ver-such, die besonderen Strukturen der Sekundarstufe II in Deutschland in ein internationales Vergleichssystem zu transferieren: Für das deutsche duale System, die erste Schwierigkeit, gibt es kein Gegenstück außer-halb der deutschsprachigen Länder.

Das erzeugt Verständnisprobleme, wie die OECD-Analy-sen immer neu bestätigen, wenn sie locker-kritisch aus den wiederkehrenden Daten in Education at a Glance ihre Hilflosigkeit darin zeigen, dass sie erfolgreiche Bildungs-prozesse nach der Pflichtschulzeit nur am Indikator der Akademisierung und des Hochschulzugangs messen können und dann Deutschland immer wieder Defizite bescheinigen.

B & E 3| 2012

VBE-MagazinIm Bund und über Grenzen

17„Deutschland zum Leseland machen“Die weitere Zusammenarbeit zwischen VBE und der Stiftung Lesen berieten am 21. September in Berlin der VBE-Bundesvorstand und der Hauptgeschäftsführer der Stiftung Lesen Dr. Jörg F. Maas.

Der VBE, der selbst Herausgeber erfolgreicher Kinder- und Jugendzeitschriften ist, setzt nicht erst seit PISA auf wirksame Sprach- und Leseförderung. Lesekompe-tenz müsse so früh wie möglich und in der Breite der Familien gefördert werden, stellte der Bundesvorstand klar. Die Lesefitness-Initiative der Stiftung Lernen der Schul-Jugendzeitschriften Flohkiste/Floh, die in vielen deutschen Grundschulklassen aufgenommen wurde, bewies nachdrücklich, wie sich durch regelmäßiges Lesen Sprach-fähigkeiten und Lesekompetenz der Kin-der entwickelten und auch die Leseaktivitäten in den Familien angeregt wurden.

Die Stiftung Lesen habe sich dem Ziel verschrieben, Deutschland zum Leseland zu machen, betonte Dr. Maas. Es gehe um eine systematische Leseför-derung, um vor allem auch Kinder und Familien zu erreichen, in denen es noch kaum Leseaktivitäten gebe.

Im Rahmen der diesjährigen Stiftungsversammlung in Baierbrunn/München, auf der der VBE durch Johannes Müller (VBE Rheinland-Pfalz) vertreten war, standen die Aufstellung einer Zukunftsstrategie, die Festschreibung von Leitbild und Vision sowie die Programmziele der Stiftung Lesen bis 2020 im Fokus.

Schwerpunkte der künftigen Arbeit sollen eine noch stär-kere Vernetzung mit bestehenden und neuen Partnern sowie die intensivere Einbindung der Gremien von Stif-tung Lesen sein. Die bereits bestehenden erfolgreichen Aktivitäten (ca. 140 Projekte) werden weiter ausgebaut; die zentralen Programme in alle Bundesländer implemen-tiert. Alle relevanten gesellschaftlichen Gruppen sollen einbezogen werden. Das Ziel „Deutschland zum Leseland zu machen“, wird im Vordergrund aller Bemühungen ste-hen. Als Leuchtturmprojekt sieht die Stiftung das Pro-gramm „Lesestart“ an.

Deutscher Schulleiter- kongress 2013 Vom 7. bis 9. März 2013 findet in Düsseldorf wieder der Deutsche Schulleiterkongress statt. Das umfangreiche Programm wird von über 70 nationalen und internatio-nalen Referentinnen und Referenten getragen – aus dem deutschsprachigen Europa, aus Finnland und Frankreich. Nach der erfolgreichen Premiere des Kongresses 2012 erwarten die Veranstalter, der Verband Bildung und Erziehung (VBE) sowie der Carl Link Verlag, diesmal bis zu 2.000 Teilnehmer.

Das detaillierte Programm und Informationen zur Anmeldung stehen auf www.deutscher-schulleiterkongress.de

Wer Mitglied in einem Landesverband des VBE ist, kann den Frühbucherrabatt bis zum 30. November 2012 in Anspruch nehmen.

Empfehlungen des Runden Tisches gegen Missbrauch umsetzenDer VBE-Bundesvorstand sprach sich klar für die Unter-stützung der Arbeit des Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs aus. Es sei wichtig, die Prävention gegen sexuelle Gewalt an Kindern und Jugendlichen in die Lehrerbildung und Schulentwicklung fest einzubinden.

Im Mittelpunkt des Gesprächs zwischen dem VBE- Bundesvorstand und dem Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs Johannes- Wilhelm Rörig am 21. September standen die vom Run-den Tisch gegen sexuellen Kindesmissbrauch vor einem Jahr beschlossenen Leitlinien zu Prävention, Interven-tion und Aufarbeitung. Johannes-Wilhelm Rörig mach-te deutlich, dass es wichtig sei, keinen Bereich unter Generalverdacht zu stellen. Es gehe um Prävention im schulischen Bereich und die Entwicklung von Schutz-kon zepten und Notfallplänen. Zur Unterstützung der Einführung und Weiterentwicklung von Schutzkonzep-ten in Bildungsinstitutionen, Kinder- und Jugendeinrich-tungen startet der Unabhängige Beauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs 2013 die Kampagne „Kein Raum für Missbrauch“.

VBE begrüßt EP-Entschließung zur schulischen Bildung

Am 11. September ver-abschiedete das Europä-ische Parlament eine bildungspolitische Ent-schließung, mit der es die Mitgliedstaaten zu mehr Investitionen in die schulische Bildung auffordert. „Das Euro-päische Parlament setzt die richtigen Akzente“, sagte dazu VBE-Bundesvorsitzen-der Udo Beckmann.

„Straßburg gibt einen wichtigen Fingerzeig, vor allem was die Problematik abgebrochener Schullaufbahnen anbelangt“, so Beckmann. Der VBE spreche sich klar für mehr Investitionen in die allgemeinbildenden Schulen aus. Es sei gut, wenn Europa die auch in Deutschland nach wie vor zu hohe Zahl von Schulabbrechern themati-siere.

Die EU sei zwar nicht für die Bildungssysteme zustän-dig. „Das regeln die Mitgliedstaaten aus gutem Grund selbst. Die EU kann aber bei der Suche nach Verbesse-rungen helfen. In diesem Sinne leistet das Europäische Parlament mit seiner Entschließung einen wichtigen Beitrag“, stellte Beckmann fest.

Für schulischen Erfolg oder Misserfolg sei neben der frühkindlichen Erziehung auch die Qualität der Grund-schulen und des Übergangs in die Sekundarstufe aus-schlaggebend. „Das Parlament hat Recht, wenn es auf die Verantwortung der Mitgliedstaaten verweist, für eine angemessene Ausstattung der Schulen zu sorgen. Das Ziel einer wissensbasierten europäischen Gesell-schaft, die im Zeitalter der Globalisierung und des demografischen Wandels bestehen kann, rückt sonst in weite Ferne.“

Die Entschließung sei, anders als mancher Text aus Brüssel, von großem Realitätssinn geprägt. Das Parla-ment mache deutlich, dass für das lebenslange Lernen, das Brüssel mindestens seit der Jahrtausendwende fortwährend propagiert, vielfach die grundlegendsten Voraussetzungen fehlen würden. So sei die Zahl der Schulabbrecher in Europa nach wie vor viel zu hoch. „Auch wir können uns nicht auf dem Erreichten ausru-hen“, unterstrich Beckmann. Mit der Benachteiligung der Primarstufe bei der Bildungsfinanzierung müsse in Deutschland endlich Schluss gemacht werden. Mit Blick auf den leichten Rückgang der Schulabbruchsquote, der in den vergangenen Jahren in Deutschland zu verzeich-nen war, betont der VBE-Bundesvorsitzende: „Auch 6,5 Prozent eines Jahrgangs sind angesichts der Chancenlo-sigkeit der Betroffenen und der daraus resultierenden sozialen Kosten zu viel. Schulabbruch erfolgreich zu ver-hindern, ist ein wichtiger Beitrag im Kampf gegen die Jugendarbeitslosigkeit.“ Wie jedoch der aktuelle OECD-Bildungsbericht „Bildung auf einen Blick“ aufzeige, müsse zur Senkung der Schulabbruchsquote notwendig der aktive Beitrag der Wirtschaft gehören, den jungen Menschen adäquate Ausbildungs- und Arbeitsplätze zu sichern.

www.europarl.europa.eu

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VBE-MagazinIm Bund und über Grenzen

17„Deutschland zum Leseland machen“Die weitere Zusammenarbeit zwischen VBE und der Stiftung Lesen berieten am 21. September in Berlin der VBE-Bundesvorstand und der Hauptgeschäftsführer der Stiftung Lesen Dr. Jörg F. Maas.

Der VBE, der selbst Herausgeber erfolgreicher Kinder- und Jugendzeitschriften ist, setzt nicht erst seit PISA auf wirksame Sprach- und Leseförderung. Lesekompe-tenz müsse so früh wie möglich und in der Breite der Familien gefördert werden, stellte der Bundesvorstand klar. Die Lesefitness-Initiative der Stiftung Lernen der Schul-Jugendzeitschriften Flohkiste/Floh, die in vielen deutschen Grundschulklassen aufgenommen wurde, bewies nachdrücklich, wie sich durch regelmäßiges Lesen Sprach-fähigkeiten und Lesekompetenz der Kin-der entwickelten und auch die Leseaktivitäten in den Familien angeregt wurden.

Die Stiftung Lesen habe sich dem Ziel verschrieben, Deutschland zum Leseland zu machen, betonte Dr. Maas. Es gehe um eine systematische Leseför-derung, um vor allem auch Kinder und Familien zu erreichen, in denen es noch kaum Leseaktivitäten gebe.

Im Rahmen der diesjährigen Stiftungsversammlung in Baierbrunn/München, auf der der VBE durch Johannes Müller (VBE Rheinland-Pfalz) vertreten war, standen die Aufstellung einer Zukunftsstrategie, die Festschreibung von Leitbild und Vision sowie die Programmziele der Stiftung Lesen bis 2020 im Fokus.

Schwerpunkte der künftigen Arbeit sollen eine noch stär-kere Vernetzung mit bestehenden und neuen Partnern sowie die intensivere Einbindung der Gremien von Stif-tung Lesen sein. Die bereits bestehenden erfolgreichen Aktivitäten (ca. 140 Projekte) werden weiter ausgebaut; die zentralen Programme in alle Bundesländer implemen-tiert. Alle relevanten gesellschaftlichen Gruppen sollen einbezogen werden. Das Ziel „Deutschland zum Leseland zu machen“, wird im Vordergrund aller Bemühungen ste-hen. Als Leuchtturmprojekt sieht die Stiftung das Pro-gramm „Lesestart“ an.

Deutscher Schulleiter- kongress 2013 Vom 7. bis 9. März 2013 findet in Düsseldorf wieder der Deutsche Schulleiterkongress statt. Das umfangreiche Programm wird von über 70 nationalen und internatio-nalen Referentinnen und Referenten getragen – aus dem deutschsprachigen Europa, aus Finnland und Frankreich. Nach der erfolgreichen Premiere des Kongresses 2012 erwarten die Veranstalter, der Verband Bildung und Erziehung (VBE) sowie der Carl Link Verlag, diesmal bis zu 2.000 Teilnehmer.

Das detaillierte Programm und Informationen zur Anmeldung stehen auf www.deutscher-schulleiterkongress.de

Wer Mitglied in einem Landesverband des VBE ist, kann den Frühbucherrabatt bis zum 30. November 2012 in Anspruch nehmen.

Empfehlungen des Runden Tisches gegen Missbrauch umsetzenDer VBE-Bundesvorstand sprach sich klar für die Unter-stützung der Arbeit des Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs aus. Es sei wichtig, die Prävention gegen sexuelle Gewalt an Kindern und Jugendlichen in die Lehrerbildung und Schulentwicklung fest einzubinden.

Im Mittelpunkt des Gesprächs zwischen dem VBE- Bundesvorstand und dem Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs Johannes- Wilhelm Rörig am 21. September standen die vom Run-den Tisch gegen sexuellen Kindesmissbrauch vor einem Jahr beschlossenen Leitlinien zu Prävention, Interven-tion und Aufarbeitung. Johannes-Wilhelm Rörig mach-te deutlich, dass es wichtig sei, keinen Bereich unter Generalverdacht zu stellen. Es gehe um Prävention im schulischen Bereich und die Entwicklung von Schutz-kon zepten und Notfallplänen. Zur Unterstützung der Einführung und Weiterentwicklung von Schutzkonzep-ten in Bildungsinstitutionen, Kinder- und Jugendeinrich-tungen startet der Unabhängige Beauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs 2013 die Kampagne „Kein Raum für Missbrauch“.

VBE begrüßt EP-Entschließung zur schulischen Bildung

Am 11. September ver-abschiedete das Europä-ische Parlament eine bildungspolitische Ent-schließung, mit der es die Mitgliedstaaten zu mehr Investitionen in die schulische Bildung auffordert. „Das Euro-päische Parlament setzt die richtigen Akzente“, sagte dazu VBE-Bundesvorsitzen-der Udo Beckmann.

„Straßburg gibt einen wichtigen Fingerzeig, vor allem was die Problematik abgebrochener Schullaufbahnen anbelangt“, so Beckmann. Der VBE spreche sich klar für mehr Investitionen in die allgemeinbildenden Schulen aus. Es sei gut, wenn Europa die auch in Deutschland nach wie vor zu hohe Zahl von Schulabbrechern themati-siere.

Die EU sei zwar nicht für die Bildungssysteme zustän-dig. „Das regeln die Mitgliedstaaten aus gutem Grund selbst. Die EU kann aber bei der Suche nach Verbesse-rungen helfen. In diesem Sinne leistet das Europäische Parlament mit seiner Entschließung einen wichtigen Beitrag“, stellte Beckmann fest.

Für schulischen Erfolg oder Misserfolg sei neben der frühkindlichen Erziehung auch die Qualität der Grund-schulen und des Übergangs in die Sekundarstufe aus-schlaggebend. „Das Parlament hat Recht, wenn es auf die Verantwortung der Mitgliedstaaten verweist, für eine angemessene Ausstattung der Schulen zu sorgen. Das Ziel einer wissensbasierten europäischen Gesell-schaft, die im Zeitalter der Globalisierung und des demografischen Wandels bestehen kann, rückt sonst in weite Ferne.“

Die Entschließung sei, anders als mancher Text aus Brüssel, von großem Realitätssinn geprägt. Das Parla-ment mache deutlich, dass für das lebenslange Lernen, das Brüssel mindestens seit der Jahrtausendwende fortwährend propagiert, vielfach die grundlegendsten Voraussetzungen fehlen würden. So sei die Zahl der Schulabbrecher in Europa nach wie vor viel zu hoch. „Auch wir können uns nicht auf dem Erreichten ausru-hen“, unterstrich Beckmann. Mit der Benachteiligung der Primarstufe bei der Bildungsfinanzierung müsse in Deutschland endlich Schluss gemacht werden. Mit Blick auf den leichten Rückgang der Schulabbruchsquote, der in den vergangenen Jahren in Deutschland zu verzeich-nen war, betont der VBE-Bundesvorsitzende: „Auch 6,5 Prozent eines Jahrgangs sind angesichts der Chancenlo-sigkeit der Betroffenen und der daraus resultierenden sozialen Kosten zu viel. Schulabbruch erfolgreich zu ver-hindern, ist ein wichtiger Beitrag im Kampf gegen die Jugendarbeitslosigkeit.“ Wie jedoch der aktuelle OECD-Bildungsbericht „Bildung auf einen Blick“ aufzeige, müsse zur Senkung der Schulabbruchsquote notwendig der aktive Beitrag der Wirtschaft gehören, den jungen Menschen adäquate Ausbildungs- und Arbeitsplätze zu sichern.

www.europarl.europa.eu

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VBE in den Ländern

Neues aus den LandesverbändenHessen

Wahlfreiheit für Gymnasien Für den VBE Hessen ist es erfreulich, dass auch Gymna-sien zukünftig zwischen G 8 und G 9 wählen können. Bisher war diese Wahlmöglichkeit nur für Gesamtschu-len eingeführt worden, was nach Meinung des VBE zu einem Zwei-Klassen-Schulen-Zustand geführt hat.

„Die jetzt vorgestellten Umsetzungspläne von Kultus-ministerin Beer sind allerdings ein Einstieg ins Schul-Chaos“, kommentierte der hessische VBE-Landesvorsit-zende Helmut Deckert. „Zugleich dokumentieren sie die Halbherzigkeit, mit der die Regierungskoalition das angeht.“Das entsprechende Änderungsgesetz zum Schulgesetz könne frühestens im Dezember verabschiedet werden.

„Dummerweise laufen aber im November und Dezember die Vorstellungsrunden an den Grundschulen. Wir stellen also einen Bildungsgang vor, dessen mög-liche geänderte Ausgestaltung an G 9 – Schulen und Modellschulen mit beiden Möglichkeiten gar nicht vor-liegt. Wie sollen Eltern auf dieser Basis verantwortlich entscheiden?“ fragte Deckert. Dies sei wieder einmal ein Beispiel, dass alles in Hessen sofort und gleich und ohne nötige Vorlaufzeit erfolgen müsse. Die Hetze bei der Umsetzung sei nichts anderem als dem bevorstehenden Landtagswahlkampf geschuldet. „Sie schadet aber der Gründlichkeit und der Diskussion möglicher vernünf-tiger Alternativen“, schloss der VBE-Vorsitzende.

www.vbe-he.de

Niedersachsen

355 offene Schulleiter-Stellen „Das Problem der offenen Schulleitungs-Stellen hat die Schmerzgrenze überschritten. Durch die Untätigkeit der Landesregierung wird die Situation weiter eskalieren.“ So schätzt die Landesvorsitzende des VBE Niedersach-sen die durch eine GRÜNEN-Initiative in den Fokus gerückte Entwicklung an den Grundschulen ein.

Franke-Zöllmer fordert: „Das Rektoren-Amt muss von der Vergütung her umgehend aufgewertet werden. Die Besoldungs-Stufe muss mindestens A 13 betragen, damit auch eine spätere Auswirkung auf das Ruhegehalt erreicht wird. Geht nicht? -- Geht doch! Rheinland-Palz hat es vorgemacht. Für jede Schulleiterin/jeden Schul-leiter muss eine ständige Vertretung in Form eines Konrektors/einer Konrektorin zur Verfügung stehen. Die Unterrichtsverpflichtung an den Grundschulen ist generell zu senken damit die Rektorinnen/Rektoren auch mehr Leitungszeit zur Verfügung haben.

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B & E 3| 2012

Bayern

Grundschulkinder leiden unter absurdem DruckDer Anfang Oktober vorgestellte KMK-Vergleich der Grundschulleistungen in den Ländern sollte aus Sicht des Präsidenten des Bayerischen Lehrer- und Lehre-rinnenverbandes (BLLV), Klaus Wenzel, auch dazu genutzt werden, über die Arbeitsbedingungen der Lehrkräfte sowie die Lern- und Lebensbedingungender Grundschüler nachzudenken: „Es ist der Öffentlich-keit zu wenig bekannt, dass viele Grundschullehrkräfte einer Dauerbelastung ausgesetzt sind, die oft nicht mehr erträglich ist“, sagte er in München.

Zu große Klassen, eine immense Spreizung bezüglich des Verhaltens und der Leistungen der Kinder sowie steigende Erwartungen seitens vieler Eltern erschwer-ten ihre Arbeit. „Dazu kommt gerade bei den engagier-ten Lehrern eine große Unzufriedenheit, weil sie nicht alle Schüler so fördern können, wie sie es gerne wollten. Das führt schließlich dazu, dass gerade die Schwächsten auf der Strecke bleiben. Diese Ausgrenzung hat leider auch die aktuelle Studie bestätigt“.

Wenzel monierte, dass die Studie den wachsenden Übertrittsdruck, der an Grundschulen herrsche, unbe-rücksichtigt lasse. „Er wirkt sich auf das Verhalten vieler Kinder aus, bremst ihre Lern- und Leistungsbereitschaft und macht viele krank. So gut das Abschneiden Bayerns beim Ländervergleich auch ist, der Preis, den Kinder, Eltern und Lehrer dafür zahlen müssen, ist hoch.“

Grundsätzlich sei die Aussagekraft von Studien infrage zu stellen, die lediglich auf die Messung kognitiver Leistung abzielten, wiederholte Wenzel seine Kritikam Ländervergleich. Er regte zudem erneut an, künftig nicht mehr ganze Bundesländer miteinander zu verglei-chen, sondern wirtschaftlich und soziokulturellähnliche Regionen.

www.bllv.de

Baden-Württemberg

Männer in die Schulen Die Frauenquote in Aufsichtsräten ist nun auch Thema im Bundesrat. Mehr Männer wünscht man sich dagegen in die Kindertagesstätten und Schulen – und bekommt sie nicht. Selbst eine Männerquote würde den Schulen nicht mehr männliche Lehrkräfte bescheren, weiß man beim Verband Bildung und Erziehung (VBE) Baden-Württemberg, denn es studieren schlichtweg zu wenig Männer aufs Lehramt, vor allem spürbar im Grund-schulbereich, wo ein Frauenanteil von über 90 Prozent erreicht wird.

Mittlerweile gelten Jungen als die neuen Verlierer im Schulwesen. Sie sind überrepräsentiert bei den Sitzen-bleibern und Schulabbrechern, bei den Sonderschülern und Schulschwänzern. Jungen lesen nicht nur schlechter als Mädchen, sondern mit deutlich weniger Begeiste-rung. Selbst beim Abitur bleiben die Jungen zahlen-mäßig hinter den Mädchen zurück.

Der vergleichsweise geringe Verdienst und kaum vorhandene Aufstiegsmög-lichkeiten sind nach Ansicht des VBE mit ein Grund dafür, dass Erzieher(in) ein klassischer Frauenberuf geblieben ist. Als alleiniger Ver diener vom schmalen Erziehergehalt eine mehrköpfige Familie ernähren zu wollen, sei schon eine echte Her ausforderung, betont VBE-Chef Gerhard Brand. Männer sind deshalb in Kindertages-stätten Exoten, haben in Grundschulen Seltenheitswert. Abschreckend wirkt, dass die Arbeit mit Kindern gesell-schaftlich kaum An sehen genießt.

„Wer mehr Männer als ,Kindergärtner‘ oder Grundschullehrer gewinnen will, muss für ein anderes Image des Berufsbildes und für bessere Arbeits-bedingungen sorgen“, sagt Brand.

www.vbe-bw.de

18Und schließlich muss das Kultusministerium dafür Sorge tragen, dass eine umfassende Qualifizierung für Schulleitungstätigkeiten bereits im Vorfeld der Amts-übernahme geschieht.“

„Der jetzige Zustand ist durch zu langes Aussitzen heraufbeschworen worden. Bereits zum Schuljahr-sende 2009 waren viele Schulleiter-Stellen unbesetzt bzw. mussten mangels Bewerber zum wiederholten Mal ausgeschrieben werden,“ so Franke-Zöllmer. Primär seien die Bedingungen für die landesweit etwa 1.800 Grundschulen absolut unattraktiv.

www.vbe-nds.de

Nordrhein-Westfalen

Kinder brauchen Bewegung Auf dem Weg zur Schule wird nicht nur eine bestimmte Strecke zurückgelegt. Vielmehr werden auf dem Schul-weg auch Freundschaften geschlossen und Verhaltens-weisen im Straßenverkehr gelernt und gelebt. Beides ist für die Entwicklung von Kindern wichtig“, so der VBE-Landesvorsitzende Udo Beckmann. Deswegen rät er davon ab, dass Eltern ihr Kind jeden Tag mit dem Auto zur Schule bringen:

„Das ist Stress für Eltern und Kinder gleichermaßen: Park-platz suchen, Verkehrschaos, Hektik – das Kind wird darauf gedrillt, schnell aus- und wieder einzusteigen – Kontakte zu Gleichaltrigen bleiben so außen vor.“

Deshalb unterstützt der VBE ausdrücklich die Aktion „Zu Fuß zur Schule“, zu der das Deutsche Kinderhilfs-werk gemeinsam mit dem Verkehrsclub VCD aufge-rufen hat. In der Woche vom 17. – 23. September 2012 sollen Eltern ihre Kinder verstärkt selbst zur Schule bringen oder in einer gemeinsamen Aktion mit ande-ren Eltern den Schulweg organisieren. So soll die Wahr-nehmung der Eltern und Kinder dafür sensibler werden, dass weniger Autos vor der Schule der Kinder auch die Sicherheit erhöhen. „Außerdem bewegen sich die Kinder mehr und tun mit dem einfachen Schulweg auch etwas für ihre eigene Gesundheit“, so Beckmann.

www.vbe-nrw.de

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VBE in den Ländern

Neues aus den LandesverbändenHessen

Wahlfreiheit für Gymnasien Für den VBE Hessen ist es erfreulich, dass auch Gymna-sien zukünftig zwischen G 8 und G 9 wählen können. Bisher war diese Wahlmöglichkeit nur für Gesamtschu-len eingeführt worden, was nach Meinung des VBE zu einem Zwei-Klassen-Schulen-Zustand geführt hat.

„Die jetzt vorgestellten Umsetzungspläne von Kultus-ministerin Beer sind allerdings ein Einstieg ins Schul-Chaos“, kommentierte der hessische VBE-Landesvorsit-zende Helmut Deckert. „Zugleich dokumentieren sie die Halbherzigkeit, mit der die Regierungskoalition das angeht.“Das entsprechende Änderungsgesetz zum Schulgesetz könne frühestens im Dezember verabschiedet werden.

„Dummerweise laufen aber im November und Dezember die Vorstellungsrunden an den Grundschulen. Wir stellen also einen Bildungsgang vor, dessen mög-liche geänderte Ausgestaltung an G 9 – Schulen und Modellschulen mit beiden Möglichkeiten gar nicht vor-liegt. Wie sollen Eltern auf dieser Basis verantwortlich entscheiden?“ fragte Deckert. Dies sei wieder einmal ein Beispiel, dass alles in Hessen sofort und gleich und ohne nötige Vorlaufzeit erfolgen müsse. Die Hetze bei der Umsetzung sei nichts anderem als dem bevorstehenden Landtagswahlkampf geschuldet. „Sie schadet aber der Gründlichkeit und der Diskussion möglicher vernünf-tiger Alternativen“, schloss der VBE-Vorsitzende.

www.vbe-he.de

Niedersachsen

355 offene Schulleiter-Stellen „Das Problem der offenen Schulleitungs-Stellen hat die Schmerzgrenze überschritten. Durch die Untätigkeit der Landesregierung wird die Situation weiter eskalieren.“ So schätzt die Landesvorsitzende des VBE Niedersach-sen die durch eine GRÜNEN-Initiative in den Fokus gerückte Entwicklung an den Grundschulen ein.

Franke-Zöllmer fordert: „Das Rektoren-Amt muss von der Vergütung her umgehend aufgewertet werden. Die Besoldungs-Stufe muss mindestens A 13 betragen, damit auch eine spätere Auswirkung auf das Ruhegehalt erreicht wird. Geht nicht? -- Geht doch! Rheinland-Palz hat es vorgemacht. Für jede Schulleiterin/jeden Schul-leiter muss eine ständige Vertretung in Form eines Konrektors/einer Konrektorin zur Verfügung stehen. Die Unterrichtsverpflichtung an den Grundschulen ist generell zu senken damit die Rektorinnen/Rektoren auch mehr Leitungszeit zur Verfügung haben.

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B & E 3| 2012

Bayern

Grundschulkinder leiden unter absurdem DruckDer Anfang Oktober vorgestellte KMK-Vergleich der Grundschulleistungen in den Ländern sollte aus Sicht des Präsidenten des Bayerischen Lehrer- und Lehre-rinnenverbandes (BLLV), Klaus Wenzel, auch dazu genutzt werden, über die Arbeitsbedingungen der Lehrkräfte sowie die Lern- und Lebensbedingungender Grundschüler nachzudenken: „Es ist der Öffentlich-keit zu wenig bekannt, dass viele Grundschullehrkräfte einer Dauerbelastung ausgesetzt sind, die oft nicht mehr erträglich ist“, sagte er in München.

Zu große Klassen, eine immense Spreizung bezüglich des Verhaltens und der Leistungen der Kinder sowie steigende Erwartungen seitens vieler Eltern erschwer-ten ihre Arbeit. „Dazu kommt gerade bei den engagier-ten Lehrern eine große Unzufriedenheit, weil sie nicht alle Schüler so fördern können, wie sie es gerne wollten. Das führt schließlich dazu, dass gerade die Schwächsten auf der Strecke bleiben. Diese Ausgrenzung hat leider auch die aktuelle Studie bestätigt“.

Wenzel monierte, dass die Studie den wachsenden Übertrittsdruck, der an Grundschulen herrsche, unbe-rücksichtigt lasse. „Er wirkt sich auf das Verhalten vieler Kinder aus, bremst ihre Lern- und Leistungsbereitschaft und macht viele krank. So gut das Abschneiden Bayerns beim Ländervergleich auch ist, der Preis, den Kinder, Eltern und Lehrer dafür zahlen müssen, ist hoch.“

Grundsätzlich sei die Aussagekraft von Studien infrage zu stellen, die lediglich auf die Messung kognitiver Leistung abzielten, wiederholte Wenzel seine Kritikam Ländervergleich. Er regte zudem erneut an, künftig nicht mehr ganze Bundesländer miteinander zu verglei-chen, sondern wirtschaftlich und soziokulturellähnliche Regionen.

www.bllv.de

Baden-Württemberg

Männer in die Schulen Die Frauenquote in Aufsichtsräten ist nun auch Thema im Bundesrat. Mehr Männer wünscht man sich dagegen in die Kindertagesstätten und Schulen – und bekommt sie nicht. Selbst eine Männerquote würde den Schulen nicht mehr männliche Lehrkräfte bescheren, weiß man beim Verband Bildung und Erziehung (VBE) Baden-Württemberg, denn es studieren schlichtweg zu wenig Männer aufs Lehramt, vor allem spürbar im Grund-schulbereich, wo ein Frauenanteil von über 90 Prozent erreicht wird.

Mittlerweile gelten Jungen als die neuen Verlierer im Schulwesen. Sie sind überrepräsentiert bei den Sitzen-bleibern und Schulabbrechern, bei den Sonderschülern und Schulschwänzern. Jungen lesen nicht nur schlechter als Mädchen, sondern mit deutlich weniger Begeiste-rung. Selbst beim Abitur bleiben die Jungen zahlen-mäßig hinter den Mädchen zurück.

Der vergleichsweise geringe Verdienst und kaum vorhandene Aufstiegsmög-lichkeiten sind nach Ansicht des VBE mit ein Grund dafür, dass Erzieher(in) ein klassischer Frauenberuf geblieben ist. Als alleiniger Ver diener vom schmalen Erziehergehalt eine mehrköpfige Familie ernähren zu wollen, sei schon eine echte Her ausforderung, betont VBE-Chef Gerhard Brand. Männer sind deshalb in Kindertages-stätten Exoten, haben in Grundschulen Seltenheitswert. Abschreckend wirkt, dass die Arbeit mit Kindern gesell-schaftlich kaum An sehen genießt.

„Wer mehr Männer als ,Kindergärtner‘ oder Grundschullehrer gewinnen will, muss für ein anderes Image des Berufsbildes und für bessere Arbeits-bedingungen sorgen“, sagt Brand.

www.vbe-bw.de

18Und schließlich muss das Kultusministerium dafür Sorge tragen, dass eine umfassende Qualifizierung für Schulleitungstätigkeiten bereits im Vorfeld der Amts-übernahme geschieht.“

„Der jetzige Zustand ist durch zu langes Aussitzen heraufbeschworen worden. Bereits zum Schuljahr-sende 2009 waren viele Schulleiter-Stellen unbesetzt bzw. mussten mangels Bewerber zum wiederholten Mal ausgeschrieben werden,“ so Franke-Zöllmer. Primär seien die Bedingungen für die landesweit etwa 1.800 Grundschulen absolut unattraktiv.

www.vbe-nds.de

Nordrhein-Westfalen

Kinder brauchen Bewegung Auf dem Weg zur Schule wird nicht nur eine bestimmte Strecke zurückgelegt. Vielmehr werden auf dem Schul-weg auch Freundschaften geschlossen und Verhaltens-weisen im Straßenverkehr gelernt und gelebt. Beides ist für die Entwicklung von Kindern wichtig“, so der VBE-Landesvorsitzende Udo Beckmann. Deswegen rät er davon ab, dass Eltern ihr Kind jeden Tag mit dem Auto zur Schule bringen:

„Das ist Stress für Eltern und Kinder gleichermaßen: Park-platz suchen, Verkehrschaos, Hektik – das Kind wird darauf gedrillt, schnell aus- und wieder einzusteigen – Kontakte zu Gleichaltrigen bleiben so außen vor.“

Deshalb unterstützt der VBE ausdrücklich die Aktion „Zu Fuß zur Schule“, zu der das Deutsche Kinderhilfs-werk gemeinsam mit dem Verkehrsclub VCD aufge-rufen hat. In der Woche vom 17. – 23. September 2012 sollen Eltern ihre Kinder verstärkt selbst zur Schule bringen oder in einer gemeinsamen Aktion mit ande-ren Eltern den Schulweg organisieren. So soll die Wahr-nehmung der Eltern und Kinder dafür sensibler werden, dass weniger Autos vor der Schule der Kinder auch die Sicherheit erhöhen. „Außerdem bewegen sich die Kinder mehr und tun mit dem einfachen Schulweg auch etwas für ihre eigene Gesundheit“, so Beckmann.

www.vbe-nrw.de

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VBE-Nachrichten Landesverbände

Rheinland-Pfalz

Inklusion: Wir brauchen einen Masterplan!

„Mit der Umsetzung der Inklusion stellt sich nicht die Frage nach einer Abschaffung der Förderschulen. Förderschulen wird es auch weiterhin geben müssen. Sie sollten zu Förderzentren in einem inklusiven Schul-netzwerk weiterentwickelt werden.Aber noch immer fehlen klare Vorgaben und Ziele zur Umsetzung der Inklusion in Rheinland-Pfalz“, so der rheinland-pfälzi-sche VBE-Landeschef Gerhard Bold aus Anlass einer Debatte im Mainzer Landtag. Deshalb fordere der VBE Rheinland-Pfalz von der Landesregierung einen bil-dungspoliti-schen Masterplan zur Umsetzung der Inklusion, der die zeitlichen, finanziellen und struktu-rellen Eckpunkte festlege.

„Inklusion geht alle Schulen an. Alle Schulen bzw. Schularten müssen in das gemeinsame Leben und Lernen beeinträchtigter bzw. von Beeinträchtigung bedrohter Schülerinnen und Schüler einbezogen werden. Der Ansicht mancher Eltern, das gemein-same Lernen behindere möglicherweise das Fort-kommen des eigenen Kindes, muss offensiv entge-gengetreten werden. Das tun wir als Gewerkschaft, das erwarten wir aber auch von der Politik.“

„Wenn das große gesellschaftliche Projekt Inklusion in den vor uns liegenden Jahren eine ernst zu nehmende schulpolitische Chance haben soll, dann muss mehr Fachpersonal an den Schulen bereit stehen“, so Gerhard Bold. „Der VBE Rheinland-Pfalz schlägt deshalb vor, aus-gebildete Lehrkräfte in Vertretungsverträgen zu Förder-schullehrkräften weiterzubilden, und zwar im Rahmen ihrer Beschäftigung. Das beendet die z.T. unwürdige Praxis der Zeitarbeit, gibt den Betroffenen eine beruf-liche Perspektive und fördert die Inklusion an den Schulen im Land.“

www.vbe-rp.de

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● Weltliteratur in mitreißenden Bildergeschichten

● Viele Infos zu Autoren, Werken und Entstehungszeit

● In den Literaturempfehlungslisten für die Sekundarstufen I und II empfohlen

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Rheinland-Pfalz

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„Mit der Umsetzung der Inklusion stellt sich nicht die Frage nach einer Abschaffung der Förderschulen. Förderschulen wird es auch weiterhin geben müssen. Sie sollten zu Förderzentren in einem inklusiven Schul-netzwerk weiterentwickelt werden.Aber noch immer fehlen klare Vorgaben und Ziele zur Umsetzung der Inklusion in Rheinland-Pfalz“, so der rheinland-pfälzi-sche VBE-Landeschef Gerhard Bold aus Anlass einer Debatte im Mainzer Landtag. Deshalb fordere der VBE Rheinland-Pfalz von der Landesregierung einen bil-dungspoliti-schen Masterplan zur Umsetzung der Inklusion, der die zeitlichen, finanziellen und struktu-rellen Eckpunkte festlege.

„Inklusion geht alle Schulen an. Alle Schulen bzw. Schularten müssen in das gemeinsame Leben und Lernen beeinträchtigter bzw. von Beeinträchtigung bedrohter Schülerinnen und Schüler einbezogen werden. Der Ansicht mancher Eltern, das gemein-same Lernen behindere möglicherweise das Fort-kommen des eigenen Kindes, muss offensiv entge-gengetreten werden. Das tun wir als Gewerkschaft, das erwarten wir aber auch von der Politik.“

„Wenn das große gesellschaftliche Projekt Inklusion in den vor uns liegenden Jahren eine ernst zu nehmende schulpolitische Chance haben soll, dann muss mehr Fachpersonal an den Schulen bereit stehen“, so Gerhard Bold. „Der VBE Rheinland-Pfalz schlägt deshalb vor, aus-gebildete Lehrkräfte in Vertretungsverträgen zu Förder-schullehrkräften weiterzubilden, und zwar im Rahmen ihrer Beschäftigung. Das beendet die z.T. unwürdige Praxis der Zeitarbeit, gibt den Betroffenen eine beruf-liche Perspektive und fördert die Inklusion an den Schulen im Land.“

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B & E 2| 2011

B&EBildungspolitisches Magazindes Verbandes Bildungund Erziehung (VBE)

Redaktion: Hjalmar Brandt (br), verantwortlichMira Futász (fu)Matthias Kürten (kue)

Redaktionsanschrift: Verband Bildung und Erziehung (VBE), Redaktion B&E Behrenstraße 23/24, 10117 BerlinT. 030-726 19 66 0, F. 030-726 19 66 19www.vbe.de, [email protected]

B&E wird herausgegeben vomVerband Bildung und Erziehung (VBE),Behrenstraße 23/24, 10117 Berlin

Bundesvorsitzender: Udo Beckmann

Titelfoto: Jan Roeder Fotos: Jan Roeder 2 – 8, 10 – 23); Jesper Balleby (9); Karikatur: BECK (24)

Gestaltung & Bildbearbeitung: www.typoly.de(Inken Greisner & Theres Weishappel)

Anzeigenverwaltung und Herstellung:Gebrüder Wilke GmbH, Oberallener Weg 1, 59069 Hamm, Telefon 0 23 85 / 4 62 90-0

B & E erscheint viermal im Jahr.

Mitglieder des VBE erhalten die Zeit-schrift als Verbandsorgan, der Bezugs-preis ist im Mitgliedsbeitrag enthalten. Mitglieder richten Bestellungen an die Redaktion.

Bestellungen für Nichtmitglieder an: VBE-Bundesgeschäftsstelle,Behrenstraße 23/24, 10117 Berlin.Die offizielle Meinung des VBE geben nur gekennzeichnete Verlautbarungen der satzungsgemäßen Organe des VBE wieder.

Für unverlangte Manuskripte wird keine Gewähr übernommen. Rücksendung unverlangt zugesandter Bücher und deren Besprechung bleibt vorbehalten. Nachdrucke nur mit schriftlicher Geneh-migung der Redaktion.

Die Artikel werden nach bestem Wissen veröffentlicht und erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Die Redaktion behält sich Kürzungen vor. Rechtsansprüche können aus der Infor-mation nicht hergeleitet werden.

ISSN 1869-2788Redaktionsschluss für Heft 1/2013: 8. Januar 2013

ImpressumVBE-Nachrichten Landesverbände

B & E 3| 2012

23Darüber hinaus fehlten aber auch zahlreiche Förderschul-Lehrkräfte, um die in den Regelschulen genehmigten Integrations-Maßnahmen sinnvoll perso-nalisieren zu können. Letztlich sei ernsthaft zu überle-gen, ob das Saarland nicht auch wieder selbst Förder-schul-Lehrer/innen ausbilden solle, um dem akuten Lehrermangel in dieser Schulform zu begegnen, meint die größte Interessen-Vertretung der Lehrer/innen im Saarland.

www.vbe-sllv.de

Saarland

Mehr Planstellen an Förderschulen!Auf akuten Lehrermangel im Bereich der Förderschulen hat der Saarländische Lehrerinnen- und Lehrer-Verband (SLLV) in einer Presseerklärung aufmerksam gemacht. Darin fordert er die Landesregierung nachdrücklich auf, mehr Planstellen an den Förderschulen selbst zu schaffen.

Thüringen

Unterrichtsversorgung in akuter GefahrDas neue Schuljahr begann in Thüringen mit einer Überraschung. Erstmals hat das Kultusministerium alle Schulen aufgefordert, die Anzahl der ausscheidendenLehrer zu ermitteln.

Bis zum 29.08.2012 mussten die Zahlen sowohl für daszweite Schulhalbjahr 2012/13 als auch für das kommende Schuljahr 2013/14 an die Schulämter gemeldet werden. Der tlv thüringer lehrerverband fordert eine rasche Ver-öffentlichung dieser Ergebnisse. Denn die Zahlen, die der tlv erwartet, geben Anlass zu großer Sorge. Dem-nach scheiden bis zum Sommer 2013 rund 1.000 Lehrer aus dem Schuldienst aus. „Dass so frühzeitig eine sol-che Erfassung der ausscheidenden Lehrer durchgeführt wurde, ist ein Erfolg unserer beharrlichen Arbeit.“, so Rolf Busch, Landesvorsitzender des tlv. „Die Ergebnisse belegen leider unsere Befürchtung, dass die Unter-richtsversorgung in naher Zukunft akut gefährdet ist.“

In seinem 10-Punkte-Programm zur Kampagne „Stoppt den Lehrerkollaps“ hatte der tlv die Erhebung aktueller Zahlen gefordert. Die Erarbeitung eines langfristigenPersonalkonzeptes muss auf verlässlichen Bedarfspro-gnosen basieren. Es gilt, den zahllosen engagierten Lehrpersonen auch durch Arbeitszeit- sowie Besol-dungsgerechtigkeit endlich Wertschätzung zuteilwer-den zu lassen. Das Schließen personeller Lücken auf der Basis von Abordnungen ist keine Lösung. Die Vertreter des tlv werden dies in der bestehenden Arbeitsgruppe beim TMBWK weiter einfordern.

www.tlv.de

Möchten Sie die PÄDAGOGIK kennenlernen?Dann bestellen Sie das besonders günstige Test-Abonnement: Die nächsten Hefte für nur 10 € (portofrei)� Beltz-Medienservice

Postfach 10 05 65D - 69445 Weinheim

� Telefon: +49 (0)6201/6007-330� Fax: +49 (0)6201/6007-331� E-Mail: [email protected]

www.beltz.de/paed-testabowww.beltz-paedagogik.de

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Anregungen für guten Unterricht, Konferenzen und Schulentwicklung

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B & E erscheint viermal im Jahr.

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Die Artikel werden nach bestem Wissen veröffentlicht und erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Die Redaktion behält sich Kürzungen vor. Rechtsansprüche können aus der Infor-mation nicht hergeleitet werden.

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23Darüber hinaus fehlten aber auch zahlreiche Förderschul-Lehrkräfte, um die in den Regelschulen genehmigten Integrations-Maßnahmen sinnvoll perso-nalisieren zu können. Letztlich sei ernsthaft zu überle-gen, ob das Saarland nicht auch wieder selbst Förder-schul-Lehrer/innen ausbilden solle, um dem akuten Lehrermangel in dieser Schulform zu begegnen, meint die größte Interessen-Vertretung der Lehrer/innen im Saarland.

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Saarland

Mehr Planstellen an Förderschulen!Auf akuten Lehrermangel im Bereich der Förderschulen hat der Saarländische Lehrerinnen- und Lehrer-Verband (SLLV) in einer Presseerklärung aufmerksam gemacht. Darin fordert er die Landesregierung nachdrücklich auf, mehr Planstellen an den Förderschulen selbst zu schaffen.

Thüringen

Unterrichtsversorgung in akuter GefahrDas neue Schuljahr begann in Thüringen mit einer Überraschung. Erstmals hat das Kultusministerium alle Schulen aufgefordert, die Anzahl der ausscheidendenLehrer zu ermitteln.

Bis zum 29.08.2012 mussten die Zahlen sowohl für daszweite Schulhalbjahr 2012/13 als auch für das kommende Schuljahr 2013/14 an die Schulämter gemeldet werden. Der tlv thüringer lehrerverband fordert eine rasche Ver-öffentlichung dieser Ergebnisse. Denn die Zahlen, die der tlv erwartet, geben Anlass zu großer Sorge. Dem-nach scheiden bis zum Sommer 2013 rund 1.000 Lehrer aus dem Schuldienst aus. „Dass so frühzeitig eine sol-che Erfassung der ausscheidenden Lehrer durchgeführt wurde, ist ein Erfolg unserer beharrlichen Arbeit.“, so Rolf Busch, Landesvorsitzender des tlv. „Die Ergebnisse belegen leider unsere Befürchtung, dass die Unter-richtsversorgung in naher Zukunft akut gefährdet ist.“

In seinem 10-Punkte-Programm zur Kampagne „Stoppt den Lehrerkollaps“ hatte der tlv die Erhebung aktueller Zahlen gefordert. Die Erarbeitung eines langfristigenPersonalkonzeptes muss auf verlässlichen Bedarfspro-gnosen basieren. Es gilt, den zahllosen engagierten Lehrpersonen auch durch Arbeitszeit- sowie Besol-dungsgerechtigkeit endlich Wertschätzung zuteilwer-den zu lassen. Das Schließen personeller Lücken auf der Basis von Abordnungen ist keine Lösung. Die Vertreter des tlv werden dies in der bestehenden Arbeitsgruppe beim TMBWK weiter einfordern.

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