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Berechnung und Optimierung des Venturi-Waschers Heinz Haller, Edgar Muschelknautz und Tilman Schultz* Der Venturi-Wascher ist ein Abscheider, der hauptsachlich bei der Entstaubung von Gasen und in einigen Fdlen auch zur gleichzeitigen Gasabsorption von z. B. Schwefeldioxid Anwendung findet. Er zlihlt zu den besten Waschern und scheidet noch Staube mit Korndurch- messern von 0,l pm ab. Auf Vorschlagvon E. Muschelknautz wurde in den 60er Jahren begon- nen, die verschiedenen Waschertypen zu klassifizieren und in fiinf Gruppen einzuordnen: die Waschtiirme, die Strahl- oder Injektonva- scher, die Wirbler, die Rotationszerstauber und die Venturi-Wascher. Die von Wicke und Holzer [l, 21 durchgefiihrten Untersuchungen von fast 30 Waschern verschiedener Hersteller hinsichtlich ihres Entstau- bungsgrades und der dam notwendigen Energie ermoglichten zum ersten Ma1 einen Vergleich. Uberraschend zeigte sich, daB der Ventu- ri-Wascher mit vergleichsweise geringem Energie-Aufwand sehr fei- ne Staubteilchen abscheiden kann. Es sind jedoch bis heute keine we- sentlichen Optimierungen hinsichtlich des Energie-Aufwands be- kannt. Die Berechnungsmodelle zur Auslegung von Venturi-Waschern ge- hen in ihrem physikalischen Gehalt auf die Vorstellung von Barth [3] und Culvert [4] zuriick. Sie beschranken sich auf die Berechnung von Abscheidegraden und Druckverlusten unter der Annahme gleichma- Biger Wasserverteilung in der Venturi-Kehle. Duse N Kehle mit Wasserbehalter : j Diffusor - 4 0 i Ill I 1 Versuchsaufbau Der klassische Venturi-Wascher, wie er auch in dieser Arbeit [5] ver- wendet wurde, Abb. 1, ist aufgebaut wie ein Venturi-Rohr. In der Dii- se wird das staubbeladene Rohgas auf hohe Geschwindigkeiten vK zwischen 50 und 100 mls beschleunigt und passiert dann die Kehle. Dort wird die Waschfliissigkeit eingediist. Ublich sind Wasserbela- dungenp zwischen 0,5 und 2,5 kg Wasser pro kg Luft. Im anschlieBen- den Diffusor wird die Stromung verlangsamt, so daB ein Teil der Be- schleunigungsenergie zuriickgewonnen werden kann. Bei Druckver- lusten von ca. 10 000 Pa lassen sich Mediantrenngrenzen d&o = 0,l pm erzielen. 2 Experimentelle Ergebnisse Die maBgebende GroBe fur den Energieverbrauch eines Waschers ist sein Druckverlust. Abb. 2 zeigt den Verlauf des statischen Drucks in einem Venturi-Wascher bei verschiedenen Wasserbeladungen. Er wird bestimmt durch Beschleunigungs- und Bremsvorgange von Gas und Tropfen. Es lassen sich im wesentlichen drei Bereiche erkennen. Zunachst wird in der Diise des Venturi-Waschers Druckenergie in ki- netische Energie des Gases umgesetzt, so daB der statische Druck fallt. Ein weiterer drastischer Druckabfall tritt in der Beschleuni- gungsstrecke der Tropfen unterhalb der Wassereinspritzebene auf. Bei einer mittleren Wasserbeladung von p = 2 betragt er das Zweifa- che des Druckabfalls in der Diise. Im sich anschlieBenden Diffusor steigt der statische Druck der Zweiphasenstromung wieder an. Je- doch verbleibt am Diffusorende ein deutlicher Druckverlust, der durch ein entsprechendes Geblase kompensiert werden muB. Durch 60 80 100 cm 120 20 LO -L -6 -0 3 N rn - 12 P 10 7 I I I I I I I I Abb. 1. 'Qpischer Venturi-Wascher, wie er bei den experimentellen Untersuchungen verwendet wurde. * Prof. Dr.-Ing. E. Muschelknautz, Dr.-Ing. H. Huller (jetzt: WKP Wiirttemberg. Kunststoffplattenwerke GmbH + Co. KG, Unteren- singen) und DipL-Ing. T. Schultz, Institut fur Mechanische Verfah- renstechnik, Univ. Stuttgart, Boblinger Str. 72, 7000 Stuttgart 1. Abb. 2. Gemessene Verlaufe des statischen Drucks bei verschiede- nen Wasserbeladungen. geeignete Diffusor-Geometrie und Ausnutzung der kinetischen Energie der Tropfen 1aBt sich der Druckriickgewinn gegeniiber dem hier gezeigten 7O-Diffusor steigern [5]. Der Abscheidegrad des Venturi-Waschers steht in engem Zusam- menhang zum Druckverlust. Eine Erhohung der Kehlengeschwindig- keit oder der Wasserbeladung resultiert in erhohtem Druckverlust und bis zu einer gewissen Grenze auch in verbessertem Abscheide- grad. Wie die Messungen zeigten, laBt sich jedoch bei unveranderter Apparate-Geometrie der Gesamtabscheidegrad durch eine Erho- hung der Wassermenge nur bis zu einer gewissen Grenze steigern und kann dann wieder abnehmen. Zur Beurteilung des hier untersuchten Waschers im Vergleich mit an- deren Waschern wurde in dieser Arbeit aus der Fraktionsabscheide- gradkurve diejenige KorngroBe als Grenzkorn 4,90 herangezogen, 572 Chem.-1ng.-Tech. 61 (1989) Nr. 7, S. 572-573 0 VCH Verlagsgesellschaft mbH, D-6940 Weinheim, 1989 0009-286Xl8910707-0572 $ 02.50/0

Berechnung und Optimierung des Venturi-Wäschers

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Page 1: Berechnung und Optimierung des Venturi-Wäschers

Berechnung und Optimierung des Venturi-Waschers

Heinz Haller, Edgar Muschelknautz und Tilman Schultz*

Der Venturi-Wascher ist ein Abscheider, der hauptsachlich bei der Entstaubung von Gasen und in einigen Fdlen auch zur gleichzeitigen Gasabsorption von z. B. Schwefeldioxid Anwendung findet. Er zlihlt zu den besten Waschern und scheidet noch Staube mit Korndurch- messern von 0,l pm ab. Auf Vorschlag von E. Muschelknautz wurde in den 60er Jahren begon- nen, die verschiedenen Waschertypen zu klassifizieren und in fiinf Gruppen einzuordnen: die Waschtiirme, die Strahl- oder Injektonva- scher, die Wirbler, die Rotationszerstauber und die Venturi-Wascher. Die von Wicke und Holzer [l, 21 durchgefiihrten Untersuchungen von fast 30 Waschern verschiedener Hersteller hinsichtlich ihres Entstau- bungsgrades und der dam notwendigen Energie ermoglichten zum ersten Ma1 einen Vergleich. Uberraschend zeigte sich, daB der Ventu- ri-Wascher mit vergleichsweise geringem Energie-Aufwand sehr fei- ne Staubteilchen abscheiden kann. Es sind jedoch bis heute keine we- sentlichen Optimierungen hinsichtlich des Energie-Aufwands be- kannt. Die Berechnungsmodelle zur Auslegung von Venturi-Waschern ge- hen in ihrem physikalischen Gehalt auf die Vorstellung von Barth [3] und Culvert [4] zuriick. Sie beschranken sich auf die Berechnung von Abscheidegraden und Druckverlusten unter der Annahme gleichma- Biger Wasserverteilung in der Venturi-Kehle.

Duse N

Kehle mit Wasserbehalter : j

Diffusor -

4 0

i I l l I

1 Versuchsaufbau

Der klassische Venturi-Wascher, wie er auch in dieser Arbeit [5 ] ver- wendet wurde, Abb. 1, ist aufgebaut wie ein Venturi-Rohr. In der Dii- se wird das staubbeladene Rohgas auf hohe Geschwindigkeiten vK zwischen 50 und 100 mls beschleunigt und passiert dann die Kehle. Dort wird die Waschfliissigkeit eingediist. Ublich sind Wasserbela- dungenp zwischen 0,5 und 2,5 kg Wasser pro kg Luft. Im anschlieBen- den Diffusor wird die Stromung verlangsamt, so daB ein Teil der Be- schleunigungsenergie zuriickgewonnen werden kann. Bei Druckver- lusten von ca. 10 000 Pa lassen sich Mediantrenngrenzen d&o = 0 , l pm erzielen.

2 Experimentelle Ergebnisse

Die maBgebende GroBe fur den Energieverbrauch eines Waschers ist sein Druckverlust. Abb. 2 zeigt den Verlauf des statischen Drucks in einem Venturi-Wascher bei verschiedenen Wasserbeladungen. Er wird bestimmt durch Beschleunigungs- und Bremsvorgange von Gas und Tropfen. Es lassen sich im wesentlichen drei Bereiche erkennen. Zunachst wird in der Diise des Venturi-Waschers Druckenergie in ki- netische Energie des Gases umgesetzt, so daB der statische Druck fallt. Ein weiterer drastischer Druckabfall tritt in der Beschleuni- gungsstrecke der Tropfen unterhalb der Wassereinspritzebene auf. Bei einer mittleren Wasserbeladung von p = 2 betragt er das Zweifa- che des Druckabfalls in der Diise. Im sich anschlieBenden Diffusor steigt der statische Druck der Zweiphasenstromung wieder an. Je- doch verbleibt am Diffusorende ein deutlicher Druckverlust, der durch ein entsprechendes Geblase kompensiert werden muB. Durch

60 80 100 cm 120 20 LO

- L

- 6

- 0 3 N

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P

10 7

I I I I I I I I

Abb. 1. 'Qpischer Venturi-Wascher, wie er bei den experimentellen Untersuchungen verwendet wurde.

* Prof. Dr.-Ing. E. Muschelknautz, Dr.-Ing. H. Huller (jetzt: WKP Wiirttemberg. Kunststoffplattenwerke GmbH + Co. KG, Unteren- singen) und DipL-Ing. T. Schultz, Institut fur Mechanische Verfah- renstechnik, Univ. Stuttgart, Boblinger Str. 72, 7000 Stuttgart 1.

Abb. 2. Gemessene Verlaufe des statischen Drucks bei verschiede- nen Wasserbeladungen.

geeignete Diffusor-Geometrie und Ausnutzung der kinetischen Energie der Tropfen 1aBt sich der Druckriickgewinn gegeniiber dem hier gezeigten 7O-Diffusor steigern [5] . Der Abscheidegrad des Venturi-Waschers steht in engem Zusam- menhang zum Druckverlust. Eine Erhohung der Kehlengeschwindig- keit oder der Wasserbeladung resultiert in erhohtem Druckverlust und bis zu einer gewissen Grenze auch in verbessertem Abscheide- grad. Wie die Messungen zeigten, laBt sich jedoch bei unveranderter Apparate-Geometrie der Gesamtabscheidegrad durch eine Erho- hung der Wassermenge nur bis zu einer gewissen Grenze steigern und kann dann wieder abnehmen. Zur Beurteilung des hier untersuchten Waschers im Vergleich mit an- deren Waschern wurde in dieser Arbeit aus der Fraktionsabscheide- gradkurve diejenige KorngroBe als Grenzkorn 4,90 herangezogen,

572 Chem.-1ng.-Tech. 61 (1989) Nr. 7, S. 572-573 0 VCH Verlagsgesellschaft mbH, D-6940 Weinheim, 1989 0009-286Xl8910707-0572 $ 02.50/0

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Abb. 3. Gemessene Wasserverteilung in der Venturi-Kehle (Keh- lengeschwindigkeit vK = 70 m/s, mittlere Wasserbeladung ji = 1); a: in 6 Ebenen quer zur Whcherachse, x = Abstand zur Einspritzebe- ne; b: in einer achsparallelen Schnittebene.

die noch zu 90 % abgeschieden wird. Die Messungen wurden mit ei- nem Quarzstaub mit einer mittleren Korngroae von 1 pm durchge- fiihrt.

3 Wasserverteilung in der Venturi-Kehle

Messungen und Beobachtungen zeigten, daB die Wasserverteilung in der Venturi-Kehle die Staubabscheidung stark beeinfluSt. In Abb. 3a ist die gemessene Wasserverteilung in mehreren Ebenen unterhalb der Einspritzebene dargestellt. Die durchgezogenen Linien zeigen die ortliche Wasserbeladung im Bereich des Wasserstrahls, die gestri- chelten Linien diejenigen im Zwickelbereich zwischen den Einspritz- bohrungen. Das Wasser wurde aus 12 in einer Ebene angeordneten Dusen konzentrisch eingespritzt. Deutlich erkennbar wird die ungleichmaSige Wasserverteilung in

I I I 1

kWh 1 0 ~ ~ ~

1

E S P

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0.01 0.1 1 Pm 10

Abb. 4. Der spezifische Energie-Aufwand ESP optimaler Venturi- Wascher als Funktion der GrenzkorngroBe d&.

Abb. 3b. Besonders im Kern der Stromung, aber auch in Wandnahe, stromt das staubbeladene Rohgas praktisch am Tropfenvorhang vor- bei, was die zunachst nur visuellen Eindrucke quantitativ bestatigt.

4 Modellrechnung und Optimierung

Um trotz einer ungleichmaBigen Tropfenverteilung eine Berechnung des Venturi-Waschers zu ermoglichen, wurde das 2-Zonen-Model1 entwickelt. Es beriicksichtigt die Existenz tropfenbeladener und trop- fenfreier Stromungsbereiche. Die so berechneten Druckverlaufe und Abscheidegrade zeigen eine gute Ubereinstimmung mit gemessenen Werten. Die Modellrechnungen zeigten auch, wie sehr die spezifische Ab- scheideleistung des Venturi-Waschers von der Geometrie bzw. von der Tropfenverteilung abhangig ist. Es wurde deshalb eine Venturi- Kehle entwickelt, die aufgrund ihrer Einspritzgeometrie eine gleich- maSige Tropfenverteilung in der Waschzone gewahrleistet. Da sich aus den Modellrechnungen ergab, daS bei einer gleichmaBigen Trop- fenverteilung die Staubabscheidung hauptsachlich in den ersten 20 mm nach der Einspritzung erfolgt, wurde die Kehlenlange gekurzt. Der spezifische Energie-Aufwand konnte dadurch um z. T. iiber 30 % verringert werden. SchlieSlich wurde unter Annahme idealer Bedingungen, namlich gleichmaaige Wasserverteilung, eine vollstiindige Umsetzung der ki- netischen Energie des Gasstroms in Druckenergie und eine vollstan- dige Nutzung der Waschfliissigkeit, die Optimallinie des idealen Ven- turi-Waschers berechnet, Abb. 4. Besonders im Bereich der Nieder- druck-Venturi-Wascher ergibt sich eine Ersparnis von annahernd 50 % gegeniiber der aus den Ergebnissen von W i c k und Holzer ermit- telten Linie minimalen Energie-Verbrauchs. Damit ist das Ziel fur zu- kiinftige Optimierungen gesteckt. Eingegangen am 6. Mai 1988

Literatur

[l] Wick , M.: Fortschrittsber. VDI-Z., Reihe 3, Nr. 33.,

[2] Holzer, K.: Chem.-1ng.-Tech. 51 (1979) Nr. 3, S. 200/207. [3] Burth, W.: Staub 19 (1959) Nr. 5, S. 175/180. [4] Culvert, S.: AIChE J. 16 (1970) Nr. 3, S. 392/396. [5] Huller, H.: Dissertation, Univ. Stuttgart 1986.

Schliisselworte: Abscheider, Venturi-Wascher, Gasreinigung, Absorp- tion, Berechnung, Optimierung.

Nov. 1970.

Chem.-1ng.-Tech. 61 (1989) Nr. 7, S. 572-573 573