Biotechnologische Energieumwandlung_ Gegenwartige Situation, Chancen Und Kunftiger Forschungs

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  • 7/23/2019 Biotechnologische Energieumwandlung_ Gegenwartige Situation, Chancen Und Kunftiger Forschungs

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    acatech DISKUTIERT

    > BIOTECHNOLOGISCHE

    ENERGIEUMWANDLUNGGEGENWRTIGE SITUATION, CHANCEN UND

    KNFTIGER FORSCHUNGSBEDARF

    THOMAS BLEY (Hrsg.)

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    Professor Dr.-Ing. Thomas BleyTU DresdenInstitut fr Lebensmittel- und Bioverfahrenstechnik01062 Dresden

    acatech Deutsche Akademie der Technikwissenschaften, 2009

    GeschftsstelleResidenz MnchenHofgartenstrae 280539 Mnchen

    T +49(0)89/5203090F +49(0)89/5203099

    E-Mail: [email protected]: www.acatech.de

    ISBN 978-3-642-01114-6 e-ISBN 978-3-642-01115-3

    DOI 10.1007/978-3-642-0115-3

    Mathematics Subjects Classification 92-xx

    Bibliografische Information der Deutschen NationalbibliothekDie Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie;detaillierte bibliografische Daten sind im Internet ber http://dnb.d-nb.de abrufbar.

    Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2009

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    Redaktion: Dr. Holger Jens Schnell, Dr. Marc-Denis WeitzeKoordination: Dr. Marc-Denis WeitzeLayout-Konzeption: acatechKonvertierung und Satz: Fraunhofer-Institut fr Intelligente Analyse- und Informationssysteme IAIS,Sankt AugustinEinbandgestaltung: WMX Design GmbH, Heidelberg

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    acatech HauptstadtbroE-WerkMauerstrae 7910117 Berlin

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    acatech DISKUTIERT

    > BIOTECHNOLOGISCHE

    ENERGIEUMWANDLUNGGEGENWRTIGE SITUATION, CHANCEN UND

    KNFTIGER FORSCHUNGSBEDARF

    THOMAS BLEY (Hrsg.)

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    INHALT>

    Vorwor> tThomas Bley 91 Potenzial der biotechnologischen Energieumwandlung in Deutschland 92 Biotechnologische Energieumwandlung 103 Das acatech Projekt 104 Literatur 11

    Bioenergie in Deutschlan> dThomas Bley/Claudia Kirsten/Marc-Denis Weitze 131 Grundlegende Aspekte der Bioenergie 13 1.1 Primrenergieverbrauch und Erneuerbare Energien 13 1.2 Potenziale und politische Optionen 14 1.3 Allgemeine Biokraftstoffbewertung 162 Biokraftstoffe der 1. Generation 17

    2.1 Bioethanol der 1. Generation 18 2.1.1 Technische Anforderungen an den Biokraftstoff 18 2.1.2 Biologisch-chemischer Hintergrund von Bioethanol 18 2.1.3 Aktuelle Situation Bioethanol 18 2.2 Biodiesel und Pflanzenlkraftstoffe 19 2.2.1 Technische Anforderungen an Biodiesel 19 2.2.2 Biologisch-chemischer Hintergrund von Biodiesel 19 2.2.3 Pflanzenlkraftstoffe 20 2.2.4 Aktuelle Situation Biodiesel und Pflanzenlkraftstoffe 20

    3 Biokraftstoffe der 2. Generation 20 3.1 Bioethanol der 2. Generation 21 3.2 Biobutanol der 2. Generation 23 3.4 BtL-Kraftstoffe 234 Biogenes Methan 24 4.1 Biogaserzeugung biologisch-chemischer Hintergrund 24 4.2 Biogasanlagen: viele verschiedene Verfahren 25 4.3 Aktuelle Situation Biogas 25

    5 Biowasserstoff 27 5.1 Erzeugung von Biowasserstoff 27 5.2 Forschung auf dem Gebiet Biowasserstoff 28 5.3 Forschungsgruppen auf dem Gebiet Biowasserstoff 296 Zusammenfassung 307 Literatur 32

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    Erfolgsfaktoren der Bioethanolproduktio> nMurillo Villela Filho 371 Bioethanol ergnzt und ersetzt Benzin 372 Erfolgsfaktoren 38 2.1 Rohstoffauswahl 38 2.1.1 Pflanzenart und biochemische Faktoren 38 2.1.2 Landwirtschaftliche Faktoren 40 2.1.3 Logistikkosten 40 2.1.4 Bestimmung des Produktionsprozesses 41 2.1.5 Mgliche Energiequellen fr die Produktionsanlagen 42

    2.1.6 Rohstoffbedingte Produktionskosten 42 2.2 Niedrige Energiekosten 43 2.3 Maximierung der Raum-Zeit-Ausbeute 44 2.3.1 Maximierung der Raum-Zeit-Ausbeute durch

    Hefe-Rckfhrung 44 2.4 Produktverbund 45 2.5 Robustheit der Fermentation 47 2.5.1 Reaktionsfhrung 48

    2.5.2 Wahl des Produktionsorganismus 48 2.5.3 Anpassung des Produktionsorganismus 48 2.6 Freie marktgetriebene Nachfrage 49 2.7 Nachhaltigkeit 513 Zusammenfassung und Schlussfolgerung 52 3.1 Bioethanol ist bereits ein erfolgreicher Ottokraftstoff 52 3.2 Potenzial fr Deutschland 534 Literatur 53

    Bioethanol der 2. Generatio> nAndre Koltermann 571 Einleitung 572 Potenziale einer Energiepolitik auf Basis nachwachsender Rohstoffe 573 Politische Initiativen und Erfordernisse fr eine Frderung von

    Biokraftstoffen der 2. Generation 584 Fazit 59

    Verbesserung der Effizienz und Umweltvertrglichkeit von Biogasanlage> nPeter Weiland 611 Einleitung 612 Aktueller Entwicklungsstand und gegenwrtige Probleme 63

    INHALT

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    3 Zuknftige Entwicklungen 65 3.1 Substrate 65 3.2 Grprozess 67 3.3 Anlagentechnik 67 3.4 Gasverwertung 68 3.5 Grrestverwertung 694 Forschungsbedarf 695 Fazit 696 Literatur 70

    Brennstoffzellen fr Biogas: Aufbau und Betrieb eines SOFC-System> sMatthias Jahn/Marc Heddrich 731 Einleitung 732 Motivation und Zielsetzung 733 Systemkonzept und konstruktive Umsetzung 754 Experimentelle Ergebnisse 785 Ausblick und weiteres Vorgehen 806 Wirtschaftliche Umsetzung 80

    7 Zusammenfassung 818 Literatur 82

    Biomasse Hol> zAndr Wagenfhr 831 Ausgangssituation und Problemstellung 832 Potenziale und Lsungsanstze 833 Fazit 844 Literatur 85

    Mikroalgen als Energietrger der Zukunf> tOtto Pulz 871 Einleitung 872 Mikroalgen 873 Biotechnologische Nutzung 894 Industrielle Produktion von Treibstoffen 91 4.1 Algenkultivierungssysteme 91

    4.2 Neue Systeme in der Erprobungsphase 935 Aktueller Stand der Technik 956 Fazit 95

    INHALT

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    INHALT

    Biomassenutzung in Mitteldeutschland: Ein Projekt der Schsischen>Akademie der WissenschaftenUlrich Stottmeister 971 Ziele des Projektnetzwerkes 972 Handlungsbedarf und Potenziale 973 Kooperationen und regionale Verankerung des Projektnetzwerkes 984 Zukunftsweisende Fragestellungen 99

    Potenzial der biotechnologischen Energieumwandlung in Deutschland:>ein Resmee der Diskussion

    Thomas Bley 101

    Autorenverzeichnis 105>

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    Der Sauerstoff in der Erdatmosphre ist das Ergebnis des Stoffwechsels von Mikro-organismen vor etwa 700 Millionen Jahren. Die fossilen Rohstoffe, die den berwie-

    genden Teil des Energiebedarfs der Menschheit decken, sind gewandelte Biomassen, imWesentlichen pflanzlichen und mikrobiellen Ursprungs. Bis vor etwa 200 Jahren, also

    vor vergleichsweise kurzer Zeit, waren Biomassen als nachwachsende Rohstoffe die wich-tigste Quelle fr die Energieversorgung der Menschheit zum Heizen, zum Kochen, bei derMetallgewinnung und als Treibstoff fr die Arbeitstiere. Wenn wir heute einen Anteilder erneuerbaren Energien am gesamten Primrenergieverbrauch von ca. fnf Prozenterreichen und davon wiederum nur 25 Prozent auf eine biotechnologisch gewandelteBiomasse entfallen (der Rest wird schlicht im Ofen verbrannt), so ist das verbleibende

    eine Prozent zunchst wohl als vernachlssigbare Gre anzusehen.1

    1 POTENZIAL DER BIOTECHNOLOGISCHEN ENERGIEUMWANDLUNG IN DEUTSCH-

    LAND

    Eine Diskussion, die sich noch nicht einmal mit der energetischen Nutzung von Biomasseinsgesamt beschftigen will, sondern nur mit einem Teil davon, nmlich jenem, der nocheine biotechnologische Energieumwandlung erfhrt ist das relevant?

    Tatschlich spielt die biotechnologische Energieumwandlung (Bioethanol, Biogas)gegenwrtig eine wichtige Rolle. In der ffentlichen Wahrnehmung handelt es sich

    dabei um eine CO2-neutrale, kologisch wertvolle Art der Energie- und insbesondereauch der Kraftstoffbereitstellung. Die gegenwrtige Situation bei der Beurteilung derbiotechnologischen Energieumwandlung ist, besonders auch in Deutschland, durcheine Vielzahl von Partikularinteressen (Landwirtschaft, Automobilwirtschaft, Energie-wirtschaft) geprgt. Hohe Erwartungen vonseiten der Politik und widersprchliche Fr-derprogramme fhren seit einiger Zeit freilich dazu, dass Bewertungen der Entwicklungder Preise und Mrkte sowie der Nachhaltigkeit dieser Bioenergien sehr unterschiedlich,zum Teil sogar gegenstzlich ausfallen.

    Eine realistische Bewertung (bio-) technologischer Mglichkeiten und Erfordernissefehlt und ist doch dringend erforderlich. Welche biotechnologischen Entwicklungensind fr eine verstrkte Nutzung pflanzlicher Biomasse fr die Energie- und Rohstoff-

    1 Vgl. Behrendt/Dinjus 2006.

    VORWORT>

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    gewinnung mglich und welche wirtschaftlich sinnvoll, insbesondere mit Blick auf denTechnologiestandort Deutschland? Welche Vernderungen bestehender Ausbildungs-wege und welche neuen Studiengnge knnen daraus resultieren? ThermodynamischeBerechnungen, eine Bilanzierung von Stoffstrmen, die Diskussion relevanter Techno-logien und zuknftiger Entwicklungsmglichkeiten sind hier zugrunde zu legen.

    2 BIOTECHNOLOGISCHE ENERGIEUMWANDLUNG

    Welche Prozesse sind nun als biotechnologische Energieumwandlung zu verstehen?Biotechnologie ist die Anwendung von Wissenschaft und Technik auf lebende Organis-men, Teile von ihnen, ihre Produkte oder Modelle von ihnen zwecks Vernderung von

    lebender oder nichtlebender Materie zur Erweiterung des Wissensstandes, zur Herstel-lung von Gtern und zur Bereitstellung von Dienstleistungen. Energietrger, die nachdieser Definition durch biotechnologische Energieumwandlung erzeugt wurden, sinddemnach Biogas/Biomethan, Biowasserstoff, Bioethanol und -butanol sowie Elektrizi-tt aus mikrobiellen Brennstoffzellen. Durch die biotechnologische Energieumwandlungentstehen also hherwertige Energieformen, die insbesondere als Treibstoffe eine zu-nehmende Bedeutung gewinnen. Eine wichtige Rolle kann die Biotechnologie zudembeim Aufschluss von Pflanzenmaterial in Form der enzymatischen Hydrolyse spielen.

    Auch die Vermehrung von Zellen (Algen) in technischen Systemen zur Treibstoffsyntheseist nach der angefhrten Definition eine biotechnologische Energieumwandlung. DerEinsatz gentechnischer Methoden zur Zchtung von neuen Energiepflanzen mit hherenErtrgen, verbesserter Anpassung an ungnstige klimatische Bedingungen und Bden(Trockenheit, Salzgehalt) beziehungsweise vernderter Zusammensetzung (Verringerungdes Ligningehaltes) sind in diesem Kontext mit zu diskutieren.

    3 DAS acatech PROJEKT

    acatech hat bereits eine grundlegende Einschtzung zur Energieversorgung in Deutsch-

    land vorgelegt.2Es ist deshalb sinnvoll, nun die Bedeutung der Biotechnologie auf die-sem Gebiet zu diskutieren. Um angesichts der aktuellen Diskussion zum verstrktenEinsatz von Biomasse fr die Energiegewinnung die zahlreichen sich daraus ergebendenFragen hinsichtlich Umsetzbarkeit und Kostenkalkulation zu thematisieren, hat das aca-tech Themennetzwerk Biotechnologie Ende 2007 die Projektgruppe Potenzial derbiotechnologischen Energieumwandlung in Deutschland initiiert.

    Ein erster Workshop dieser Gruppe wurde am 22. Oktober 2008 in Berlin veran-staltet und sollte auf dem Gebiet der biotechnologischen Energieumwandlung gegen-

    wrtige Probleme und knftige Entwicklungen beschreiben sowie den daraus resul-tierenden Forschungsbedarf bestimmen. Die Workshop-Beitrge sind in diesem Banddokumentiert.

    2 Hillemeier 2006.

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    4 LITERATUR

    Behrendt/Dinjus 2006Behrendt, Frank/Dinjus, Eckard: Die Bedeutung der regenerativen Energien fr dieEnergieversorgung, in: Hillemeier, Bernd (Hrsg.): Die Zukunft der Energieversorgung inDeutschland. Herausforderungen Perspektiven Lsungswege, Stuttgart: FraunhoferIRB Verlag, 2006 (acatech diskutiert), S. 79-90.

    Hillemeier 2006Hillemeier, Bernd (Hrsg.): Die Zukunft der Energieversorgung in Deutschland. Heraus-forderungen Perspektiven Lsungswege, Stuttgart: Fraunhofer IRB Verlag, 2006

    (acatech diskutiert).

    VORWORT

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    1 GRUNDLEGENDE ASPEKTE DER BIOENERGIE

    Die Flche der Bundesrepublik Deutschland umfasst 35,7 Mio. ha. Von den heute

    ca. 16,8 Mio. ha landwirtschaftlicher Nutzung1werden bestimmte Anteile zum Anbaunachwachsender Rohstoffe genutzt waren es 1993 nur knapp 300.000 ha, so sindes gegenwrtig ber 2 Mio. ha (2007). Die stoffliche Nutzung des Pflanzenanbausist dabei in den letzten Jahren anteilig zurckgegangen. Wurden 1993 noch 84 Pro-zent der nachwachsenden Rohstoffe als Industriepflanzen stofflich verwertet, waren es2007 nur noch 13 Prozent der Rest wird energetisch genutzt.2Bei der Holznutzung(11 Mio. ha Wald in Deutschland) liegen die Verhltnisse anders: hier wird knapp ein

    Viertel energetisch genutzt, der berwiegende Teil stofflich.3

    1.1 PRIMRENERGIEVERBRAUCH UND ERNEUERBARE ENERGIEN

    Abbildung 1 zeigt die Struktur des Primrenergieverbrauchs hinsichtlich ErneuerbarerEnergien in Deutschland, Europa und weltweit.

    1 11,8 Mio. ha Ackerflche und 5 Mio. ha Grnflche.2 FNR 2007a, S. 11.3 FNR 2007a, S. 13.

    BIOENERGIE IN DEUTSCHLAND>

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    Abbildung 1: Struktur des Primrenergieverbrauchs 20054

    Die Bedeutung der Bioenergie in Deutschland ist in den letzten Jahren betrchtlichgestiegen und nimmt mit rund 70 Prozent den grten Anteil unter den erneuerbaren

    Energien ein. Wie bereits von Behrendt und Dinjus (2006, S. 82) beschrieben, wird dieHerkunft der Kraftstoffe in den nchsten Jahren vom Erdl weg verlagert werden.

    1.2 POTENZIALE UND POLITISCHE OPTIONEN

    Die derzeit zur Verfgung stehenden Potenziale an Energiepflanzen werden aktuelldurch Zahlen und Prognosen verschiedener Ministerien, Behrden und Fachverbndediskutiert. Eine Vielzahl von Studien hat sich in den letzten Jahren thematisch mit Ein-zelpotenzialgebieten wie Holz8, biogenen Abfllen9und Getreide10, aber auch mit demGesamtpotenzial in Deutschland11beschftigt.

    So empfiehlt der Wissenschaftliche Beirat Agrarpolitik, die Erzeugung von Bioener-gie (a) in wrmegefhrten KWK-Anlagen bzw. Heizanlagen auf Basis von Hackschnit-zeln sowie (b) auf Basis von Biogas aus Glle und Reststoffen in den Mittelpunkt derdeutschen Bioenergie-Politik zu stellen (WBA 2007, S. iii).

    Auch eine auf die Schweiz bezogene kologische Bewertung von Biotreibstoffenkommt zu dem Schluss, dass vor allem die Verwertung biogener Abfallstoffe eine Reduk-tion der Umweltauswirkungen gegenber Benzin zeigt (Zah et al. 2007).

    4 BMU 2008, BMWi 2008, UBA 2007.5 OECD: nur biogener Anteil des Abfalls; weitere Regionen: auch nicht biogene Anteile enthalten.6 Geothermie, Sonnenenergie, Wind, Meeresenergie.7 Biokraftstoffe, biogene Brennstoffe fr Strom und Wrme.8 Mantau 2004.9 Leible et al. 2003.10Krber 2005.11Fritsche et al. 2004.

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    PEV IN PJ DAVONANTEIL EE

    IN PJ

    ANTEIL DER WICHTIGSTEN EE AM GESAMTANTEIL EE IN %

    WASSER BIOMASSE/ABFLLE5 SONSTIGE6

    DEUTSCHLAND 14.236 655 13,0 67,67 19,4

    EU-27 76.200 5.181 21,4 67,8 10,8

    AFRIKA 25.268 12.372 2,6 97,0 0,3

    LATEINAMERIKA 21.592 6.544 34,1 64,5 1,4

    ASIEN 53.844 15.328 5,2 90,8 4,0

    CHINA 72.651 10.794 13,2 86,8 0,0

    MITTLERER OSTEN 21.073 155 49,5 28,7 21,8

    BERGANGSLNDER 45.248 1.725 63,4 35,2 1,4

    OECD 232.272 13.695 33,4 54,5 12,1

    GLOBAL 479.103 60.610 17,4 78,6 4,1

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    Der Fortschrittsbericht Biokraftstoffe des Europischen Wirtschafts- und Sozialaus-schusses versucht ebenfalls, einen ganzheitlichen Ansatz bei der kobilanzierungdurchzufhren. Insbesondere stelle sich die Frage der Ergiebigkeit der fr die Gewin-nung von Biokraftstoffen verwendeten Rohstoffe (EWSA 2007, S. 2). Zudem gibt esin diesem Feld bislang noch zu wenig beachtete Faktoren. So seien die Verbrennungs-

    vorgnge genauer zu analysieren: Es lgen nur wenige einschlgige Daten hierzuvor12(EWSA 2007, S. 3).

    Der Wissenschaftliche Beirat der Bundesregierung Globale Umweltvernderungensieht angesichts der Komplexitt der Bioenergie die Notwendigkeit, dieses Feld ininternationaler Kooperation zu adressieren. Weltweit vorhandene Potenziale der Bio-

    energie sollten genutzt werden, solange Gefhrdungen der Nachhaltigkeit ausgeschlos-sen werden knnen, insbesondere der Ernhrungssicherheit sowie der Ziele von Natur-und Klimaschutz (WBGU 2008).

    Abbildung 2 stellt das Gesamtpotenzial der Bioenergie in Deutschland bezogen aufeinzelne Biomasse-Energietrger bis 2020 dar. Das Gesamtenergiepotenzial fr 2020liegt demnach etwa doppelt so hoch wie die in Abbildung 1 angegebene tatschlicheHhe der eingesetzten Bioenergie im Jahr 2005.13

    Abbildung 2: Potenzial der Energie aus Biomasse in Deutschland14

    12So ist zu prfen, ob bei Verbrennungsvorgngen, an denen andere Molekle als Kohlenwasserstoff beteiligtsind, freie Radikale entstehen oder freigesetzt werden, die fr oxidativen Stress in Organismen verantwort-lich sein knnen und zu schweren Erkrankungen fhren knnen.

    13 Nach Schtzungen fr das Jahr 2030, die neben technischen auch strukturelle und konomische Aspektebercksichtigen, knnten 17 Prozent der bentigten Energie in Deutschland aus heimischen nachwachsen-den Rohstoffen stammen (Festel 2007).

    14Faulstich et al. 2006, S. 4.

    BIOENERGIE IN DEUTSCHLAND

    0

    200

    400

    600

    800

    1000

    20102000

    Energiepotenzial in PJ/a

    2020

    Deponiegas (Herkunft: Abfalldeponie)

    Klrgas (Herkunft: Klrgas/Klarschlamm)

    Biogas/Ethanol (Herkunft: Ernterckstnde, Grnlandflchen)

    Biogas (Herkunft: Exkrete der Landwirtschaft)

    Festbrennstoff (Herkunft: Energiepflanzen)

    Festbrennstoff (Herkunft: Holzreste, Stroh,Sonstiges)

    Gesamtpotenzial

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    Die gegenwrtige energetische Nutzung von nachwachsenden Rohstoffen wird ge-nauestens verfolgt und dokumentiert,15doch die Zukunft gestaltet sich unsicher. Die

    Verwendung von Biomasse zur Energieerzeugung kann schwerwiegende kologischeund soziale Folgen mit sich bringen. Die Energiegewinnung aus Pflanzen steht in einemSpannungsverhltnis zum Nahrungsmittelanbau und zum Natur- und Landschaftsschutz.Whrend die Vergrung von landwirtschaftlichen Rest- und Abfallstoffen in Biogasan-lagen als unproblematisch gilt, gert der Anbau von Energiepflanzen zur Herstellung

    von Treib- und Kraftstoffen wegen der begrenzten Kapazitt der Agrarflchen oft in dieKritik (Teller vs. Tank).

    Von groer Bedeutung ist die Entwicklung von Verfahren zur Produktion von Bio-

    kraftstoffen der 2.Generation, bei denen die ganze Pflanze biotechnologisch oder ther-misch in Treibstoffe umgewandelt wird. Diese Kraftstoffe stellen sowohl konomisch alsauch kologisch eine neue Option dar.

    1.3 ALLGEMEINE BIOKRAFTSTOFFBEWERTUNG

    Zahlreiche Einflussfaktoren knnen fr eine effektive Bewertung von Biokraftstoffenherangezogen werden. Neben der angewandten Technologie sind auch wirtschaftlicheund kologische bzw. politische Faktoren von groer Bedeutung. Diese komplexen Zu-

    sammenhnge gilt es auf die wesentlichen Einflsse zu reduzieren, um Biokraftstoffequalitativ miteinander vergleichen zu knnen. Folgende Faktoren spielen dabei eineentscheidende Rolle:16

    Technische Faktoren: Rohstoffversorgung, Herstellverfahren, Motoren- /Antriebs-technologie, Infrastrukturanforderung/InvestitionenWirtschaftliche Faktoren: Kraftstoffkosten (inklusive Subventionen und Steuern), Mo-torumrstungskosten, Infrastruktur-/Verfgbarkeitskosten, Handelsbilanzeffektekologische /politische Faktoren: Treibhausgasemissionen und Reduktionskosten,

    Untersttzung lokaler Bauern, Effiziente Landnutzung/Nutzung fr Lebensmittelversus Kraftstoff, Geringe Abhngigkeit vom Erdl

    Aus der bersicht in Abbildung 3 gehen Eigenschaften, Rohstoffeinsatz und Verfahrenzur Herstellung ausgewhlter Biokraftstoffe hervor.

    15BMU 2008.16Festel 2007.

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    Abbildung 3: bersicht der Biokraftstoffe17

    2 BIOKRAFTSTOFFE DER 1. GENERATION

    Alle Biokraftstoffe, die derzeit nach dem Stand der Technik zur Verfgung stehen undweitestgehend in energetischer Verwertung getestet wurden, gehren zu den Biokraft-stoffen der 1. Generation. Dazu zhlen aus zuckerhaltigen (zum Beispiel Zuckerrbe

    17 Nach Schaub/Vetter 2007.

    BIOENERGIE IN DEUTSCHLAND

    BIOKRAFTSTOFFE REFERENZ

    BIO-ETHANOL

    BIODIESEL(FAME)

    BIO-BUTANOL

    SYNTHET.DIESEL-KRAFTSTOFF

    BIOGAS(SNG)

    BIO-WASSER-STOFF

    ERDL-DIESEL-KRAFTSTOFF

    GENERATION 1. bzw. 2. 1. 2. 2.

    KAPITEL 2.1 bzw. 3.1 2.2 3.2 3.3 4 5

    CHEM.

    STOFFKLASSE

    Alkohol

    (bzw. Ether)

    C2H

    5OH

    (bzw. ETBE)

    Fettsure-

    ester

    CnH

    xnO

    2CH

    3

    n = 14 18x = 2

    Alkohol

    C4H

    9OH

    Kohlen-

    wasserstoffe

    CnH

    2n+2

    n = 10 20

    Kohlen-

    wasser-

    stoffe

    CH4

    moleku-

    larer

    H2

    Kohlen-

    wasserstoffe

    CnH

    xn

    n = 10 20x = 0,5 2

    ENERGIE-DICHTE

    (MJ/L)(15 C)

    21,2 32,6 29,2 34,3 6,4

    (bei

    200 bar)

    1,9

    (bei

    200 bar)

    35

    EINSATZ Ottomotor Dieselmotor Ottomotor Dieselmotor Dieselmotor,Brennstoff-

    zelle

    Dieselmotor,

    Brennstoff-

    zelle

    Dieselmotor

    ROHSTOFFE Kohlen-hydrat-

    Biomasse

    (Zucker,

    Strke,

    Lignocellu-

    lose)

    lsaaten

    (Raps, Soja,

    Palm u. a.)

    Kohlen-

    hydrate

    Alle

    Biomassen

    a) fermen-

    tierbare

    b) alle Bio-

    massen

    a) alle

    b) fermen-

    tierbare

    Bio-

    massen

    c) Mikro-

    algen

    Erdl

    VERFAHREN Fermen-tation

    (vorher

    Auf-

    schluss, Hy-

    drolyse bei

    polymerenKohlen-

    hydraten)

    Umesterung Vergasung Vergasung

    und katalyt.

    Synthese

    (Fischer-

    Tropsch,

    Methanol,DME)

    a) Fermen-

    tation

    b) Verga-

    sung und

    katalyt.

    Synthese

    a) Vergasung

    b) Fotofer-

    mentation

    c) biolog.

    H2O-

    Spaltung

    Destillation,

    Hydro-

    treating

    DMEETBEFAMESNG

    DimethyletherEthyl-tertir-Butyl-Etherfatty acid methyl estersubstitute natural gas

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    oder Zuckerrohr) bzw. strkehaltigen Rohstoffen (zum Beispiel Getreide oder Mais) her-gestellter Bioethanol, Biodiesel sowie Pflanzenlkraftstoffe. Der Kraftstoffverbrauch inDeutschland lag 2006 bei fast 54 Mio. Tonnen. Davon waren 4 Mio. Tonnen Biokraft-stoffe (Bioethanol, Biodiesel und Pflanzenl), der Rest fossilen Ursprungs.18

    2.1 BIOETHANOL DER 1. GENERATION

    2.1.1 TECHNISCHE ANFORDERUNGEN AN DEN BIOKRAFTSTOFF

    Bioethanol kann als reiner Kraftstoff oder als Beimischung von Ottokraftstoffen An-wendung finden. Ausgehend von Ethanol kann ferner Ethyl-tertir-Butyl-Ether (ETBE)

    produziert werden, welches zur verbesserten Klopffestigkeit von Ottokraftstoffen fhrtund das erdlstmmige MTBE (Methyl-tertir-Butyl-Ether) ablst. Reines Ethanol (soge-nanntes E-100) wird heute unter anderem in Brasilien eingesetzt. Dort erfolgt auch eineBenzinbeimischung von 25 Prozent (E-25).19In Deutschland erfolgt nach DIN EN 228lediglich eine 5-prozentige Beimischung (E-5).20

    2.1.2 BIOLOGISCH-CHEMISCHER HINTERGRUND VON BIOETHANOL

    Biogenes Ethanol wird durch anaeroben Abbau von Kohlenhydraten mittels Mikro-

    organismen wie Hefen gewonnen (Grung). Durch eine mehrstufige Destillation undEntwsserung kann der Alkohol auf bis zu 99,9 Prozent angereichert werden.21Aus-gangsstoffe fr den Grungsprozess sind vor allem landwirtschaftliche Erzeugnisse.Neben strkehaltigen Pflanzen wie Mais, Weizen und Roggen finden hufig auch Zu-ckerrohr und Zuckerrben als Ausgangsmaterialien Verwendung. Zuckerhaltige Pflan-zen unterliegen einer Direktvergrung; whrenddessen muss bei Getreide und Mais dieStrke erst in Zucker umgewandelt werden. Bei der Herstellung von Bioethanol entstehtals Nebenprodukt Schlempe bzw. Vinasse. Dies kann als Dnge- oder Futtermittel undals Substrat fr Biogasanlagen eingesetzt werden.

    2.1.3 AKTUELLE SITUATION BIOETHANOL

    Der Kraftstoffertrag aus Zuckerrben ist hher als bei Getreide und auch mehr alsdoppelt so hoch wie die Produktivitt von Pflanzenl oder Biodiesel.22Der Absatz frBioethanol lag in Deutschland 2007 bei 460.000 t, whrend er drei Jahre davor erst65.000 t betrug (Abbildung 4).

    18FNR 2007a19Zah et al. 2007.20FNR 2007b, Zah et al. 2007.21FNR 2007b.22 Festel 2007.

    THOMAS BLEY/CLAUDIA KIRSTEN/MARC-DENIS WEITZE

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    Abbildung 4: Entwicklung von Bioethanol in Deutschland23

    Trotz der begrenzten landwirtschaftlich genutzten Flche in Deutschland knnte dieBioethanolproduktion weiter gesteigert werden. Das grte Potenzial liegt bei der Pro-

    zessoptimierung. Neben einer verbesserten Zerkleinerung der Pflanzen wird an der enzy-matischen Behandlung und der Beimischung anderer Zusatzstoffe gearbeitet.

    Die USA und Brasilien sind die grten Bioethanolproduzenten. Dort ist im Ver-gleich zu Deutschland die Anbauflche (Mais bzw. Zuckerrohr) freilich viel grer. DieProduktionsmengen messen sich dort nach mehreren Millionen Tonnen, die Produktions-kosten liegen um 0,20 Euro/Liter.

    2.2 BIODIESEL UND PFLANZENLKRAFTSTOFFE

    Vor allem Biodiesel konnte sich in den vergangenen Jahren auf dem Kraftstoffmarkt gutetablieren. In den folgenden Abschnitten werden Biodiesel und andere Pflanzenlkraft-stoffe kurz vorgestellt.

    2.2.1 TECHNISCHE ANFORDERUNGEN AN BIODIESEL

    Technisch gesehen hneln sich die Produktion von konventionellem Diesel und Biodie-sel sehr. Somit kann Biodiesel herkmmlichen Diesel ersetzen oder diesem in jedemMischungsverhltnis von 0 bis 100 Prozent beigegeben werden, ohne dass Dieselmo-toren modifiziert werden mssen. Laut der EN 590 ist seit 2004 eine fnfprozentige

    Beimischung von Biodiesel zulssig.24Die Kraftstoffqualitt muss aber bestimmte An-forderungen erfllen, welche durch DIN EU 14214 geregelt werden.25Dagegen ist derEinsatz von 100 Prozent Dieselsubstitut rcklufig, da Fahrzeuge mit reinem Biodieselaufgrund der hohen Partikelemissionen ohne Umbau die Euro IV- und V-Normen nichterfllen knnen.26

    2.2.2 BIOLOGISCH-CHEMISCHER HINTERGRUND VON BIODIESEL

    Biodiesel (Fettsuremethylester) wird aus der Veresterung verschiedener le und Fette

    gewonnen. Dabei bentigt die Umwandlung von Pflanzenlen zu Biodiesel weniger En-

    23FNR 2008a.24Zah et al. 2007.25FNR 2007b.26Festel 2007.

    BIOENERGIE IN DEUTSCHLAND

    2004 2005 2006 2007

    ABSATZ IN T 65.000 226.000 478.000 460.000

    ERFORDERLICHEBIOMASSEGETREIDE IN T

    212.550 739.000 1.563.000 1.500.000

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    ergie als das Destillieren von vergorenem Mais zu Bioethanol. In Deutschland findetvorwiegend Rapsl als Rohstoff Anwendung. Bei der Herstellung von Rapslmethyl-ester (REM) werden die im l vorliegenden drei Fettsuren mithilfe eines Katalysators

    vom Glycerin abgespalten und anschlieend mit Methanol verestert. Bei Biodiesel ausRaps entsteht aus drei Tonnen Rapskorn eine Tonne Biodiesel.27Die nutzbare Energie-menge (Output) im Verhltnis zur eingesetzten Energiemenge bei der Produktion (Input)betrgt 2,5:1.

    2.2.3 PFLANZENLKRAFTSTOFFE

    Bei Pflanzenlkraftstoffen handelt es sich vorwiegend um le aus Raps, Sonnenblu-

    men, Erdnuss und Soja, aber auch Altspeisel kann Verwendung finden. Diese le sinddie Vorstufe zu Biodiesel und knnen ohne Veresterung in Dieselmotoren eingesetztwerden. Allerdings wird eine Umrstung des Motors notwendig zumindest ein soge-nanntes Zweitanksystem, das heit ein Kaltstart und eine Splung vor dem Abschaltenmit normalem Diesel.28

    2.2.4 AKTUELLE SITUATION BIODIESEL UND PFLANZENLKRAFTSTOFFE

    2006 wurden in Deutschland etwa 1 Mio. Tonnen Pflanzenle als Kraftstoff genutzt.

    Die Entwicklung von Biodiesel in Deutschland ist in den letzten Jahren stetig gestiegen.2007 lagen die Produktionskapazitten bei 4,4 Mio. t, die Produktion bei 2,8 Mio. t undder Absatz bei 3,3 Mio. t.29

    Die grte Menge an Biodiesel verbrauchten mit 1,25 Mio. t 2006 die LKW imTransportgewerbe.30Zwar ist Biodiesel an ber 1.900 ffentlichen Tankstellen erhlt-lich; dennoch ist eine flchendeckende PKW-Nutzung nicht zu erwarten. Neben den

    Transportunternehmen knnen aber auch andere Nischen wie landwirtschaftliche Nutz-fahrzeuge davon profitieren.31

    3 BIOKRAFTSTOFFE DER 2. GENERATIONRohstoffe fr Biokraftstoffe der 2. Generation sind Ganzpflanzen. Die Verarbeitungdes Lignocellulosegersts steht dabei im Mittelpunkt. Neben Stroh, Restholz und an-deren biogenen Reststoffen werden schnell wachsende Energiepflanzen mit hoher

    Anbaurate verwendet. Zwar steht die Technologie noch am Anfang der Entwicklung,jedoch ergeben sich durch den Einsatz verschiedener Rohstoffe viele Mglichkeiten,Biokraftstoffe aus Lignocellulose zu erzeugen. Lignocellulose besteht aus Cellulose

    27 Festel 2007.28 Zah et al. 2007.29 FNR 2008a.30 FNR 2007a.31 Faulstich et al. 2006.

    THOMAS BLEY/CLAUDIA KIRSTEN/MARC-DENIS WEITZE

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    (einem aus Glucose aufgebauten linearen Polymer), Hemizellulose (Polysaccharid, ent-weder aus Pentosen wie Xylose und Arabiose oder Hexosen wie Mannose aufgebaut)und Lignin (dreidimensionales Makromolekl mit einem Phenylpropangerst).

    3.1 BIOETHANOL DER 2. GENERATION

    Bioethanol der 1. Generation wird ausschlielich aus dem strkehaltigen Korn (zum Bei-spiel von Getreide) hergestellt, steht also in direkter Konkurrenz zur Nahrungsmittelpro-duktion. Im Gegensatz zu diesen Prozessen wird Ethanol der 2. Generation aus pflanz-lichen Abfllen wie Holz, Stroh oder Ganzpflanzen produziert. Ethanol der 2. Generationsteht damit nicht in Konkurrenz zur Nahrungsmittelproduktion, da die verwendeten

    Rohstoffe nicht fr die menschliche Ernhrung geeignet sind. Ausgehend von einemmikrobiologischen Fermentationsprozess muss vor der eigentlichen Ethanolproduktioneine enzymatische Umwandlung der Lignocellulose in Zucker durchgefhrt werden. Dieserzustzliche Verfahrensschritt konnte technologisch bereits von verschiedenen Gruppenbis zur Pilotanlage entwickelt werden; eine Umsetzung in die kommerzielle Produktionist in den nchsten Jahren zu erwarten.

    Aufgrund der komplexeren Struktur der Lignocellulose (Cellulose, Hemicelluloseund Lignin) verluft deren Umwandlung in Zucker im Gegensatz zur Umwandlung von

    Strke langsamer. In diesem Verzuckerungsschritt werden Cellulose und Hemicellulosein vergrbaren Zucker umgewandelt und knnen von Hefen direkt in Ethanol umgesetztwerden. Die Nutzung der Pentosen (Xylose und Arabinose) stellt eine neue Herausforde-rung an die Vergrung zu Ethanol dar. Neben natrlichen Hefen knnte die Gentechnikeine wichtige Rolle spielen, indem sie Hefen derart modifiziert, dass diese neben Gluco-se auch Xylose und Arabinose in Ethanol umwandeln knnen. Das in Pflanzen enthal-tene Lignin knnte als Brennstoff den Energiebedarf des Prozesses selbst liefern.32

    Am ATZ Entwicklungszentrum in Sulzbach-Rosenberg wurde ein Konzept zur kombi-nierten Produktion von Bioethanol und Biogas entwickelt. Hier werden vor allem grne

    Ganzpflanzen verwendet. Vor dem eigentlichen Verzuckerungs- und Fermentationspro-zess werden die Pflanzen einer thermischen Hydrolyse (TDH-Verfahren) unterzogen. Beidiesem Verfahren wird die chemische Struktur der Lignocellulose gelockert und aufge-schlossen. Damit kann die im anschlieenden Grprozess erzielte Ethanolausbeute ge-steigert werden. Aus der zurckbleibenden Schlempe und den entstehenden Grrestenwird gleichzeitig Biogas gewonnen und zur Erzeugung von Wrme und/oder elektrischerEnergie herangezogen. Eine erste Demonstrationsanlage wurde bereits errichtet undzeigte eine Erhhung des Biogasertrages um bis zu 30 Prozent gegenber dem Stand

    der Technik.33

    32 Festel 2007.33 Faulstich et al. 2006.

    BIOENERGIE IN DEUTSCHLAND

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    Ebenfalls hat die Sd-Chemie AG ein enzymatisches Umwandlungsverfahren entwickelt,in dem Agrarreststoffe wie zum Beispiel Stroh zu Bioethanol verarbeitet werden. Dieentsprechende Anlage wurde gemeinsam mit der Linde AG konzipiert und wird amForschungsstandort der Sd-Chemie in Mnchen betrieben. Eine Demonstrationsanlageist in Planung (vgl. Beitrag Koltermann in diesem Band).

    Fr die Bioethanolerzeugung aus lignocellulosehaltiger Biomasse existiert eineVielzahl von Verfahren; dennoch gibt es noch keine marktfhige Anlagentechnologie. InAbbildung 5 sind einige Demonstrations- bzw. Pilotanlagen sowie Forschungsgruppenund Unternehmen, die sich mit dieser Thematik befassen, aufgelistet.

    Abbildung 5: Einige Akteure auf dem Gebiet Bioethanol der 2. Generation

    THOMAS BLEY/CLAUDIA KIRSTEN/MARC-DENIS WEITZE

    FORSCHUNGSGRUPPE/FIRMEN KOOPERATION VERFAHREN BZW. PILOTANLAGE

    Abengoa Bioenergywww.abengoabioenergy.com

    Novozymeswww.novozymes.comDyadicwww.dyadic-group.com

    Pilotanlage in York, Nebraska mit einem Outputvon ca. 500 m3/aPlanung einer Anlage auf Basis von Weizenstrohmit 5.000 m3/a

    ATZ Entwicklungszentrum,Sulzbach-Rosenberg

    www.atz.de

    FNR Thermodruckhydrolyse-Verfahren (TDH-Verfahren)

    Broin, USA (heute POET)www.broin.com

    DuPontwww.dupont.comNovozymeswww.novozymes.com

    Anlagenkonzept fr die Umwandlung von Kleieaus der Maisverarbeitung Ertragssteigerung um27 Prozent je haPilotanlage fr Bioethanol der 2. Generation inScotland, South Dakota

    DuPontwww.dupont.com

    Michigan State UniversityNational RenewableEnergy Laboratory (NREL)Diversawww.diversa.com

    Konzept zur Entwicklung einer Bioraffinerie Chemikalien und Kraftstoffe der 2. Generation aufBasis der gesamten Maispflanze

    Iogen Corporation, Kanadawww.iogen.ca Shell, Petro-Canada,kanadische Regierung Demonstrationsanlage in Ottawa Produktionseit 2004

    Sekab, Schwedenwww.sekab.com

    Pilotanlage in rnskldsvik, Produktion von300-400 l/d, Rohstoff sind Holzhackschnitzel

    Sd-Chemie AG, Germanywww.sud-chemie.com

    Linde Group, Germanywww.linde.com

    Entwicklung des sunliquid Prozesses und derdarauf abgestimmten Anlagen zur Herstellungvon Bioethanol der 2. Generation; Pilotanlage inMnchen

    SunOpta, Kanadawww.sunopta.com

    erste Demonstrationsanlage in Frankreich, vor etwa20 Jahren,plant in China erste konventionelle Anlage

    Verenium, USA Demoanlage in Jennings, Louisiana zur Herstellungvon Bioethanol der 2. Generation aus Zuckerrohr-Bagasse

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    Bei effizienter Verarbeitung von Cellulose zu Ethanol kann ein Drittel des Benzinver-brauchs in der EU allein aus berschssigem Getreidestroh der EU gewonnen werden(vgl. Beitrag Koltermann in diesem Band). Die Energiebilanz, sprich die Produktions-energiemenge (Input) im Verhltnis zur nutzbaren Energiemenge (Output) betrgt1:2-36 je nach Produktionsmethode.

    3.2 BIOBUTANOL DER 2. GENERATION

    Butanol hat hinsichtlich der chemischen und physikalischen Eigenschaften Vorteileals Treibstoff im Vergleich zu Ethanol. Butanol ist in seinen Eigenschaften dem Benzinhnlicher und kann herkmmlichen Kraftstoffen ohne Beschrnkung und Motorenum-

    rstung zugesetzt werden.34Zudem hat Butanol eine hhere Energiedichte als Ethanol.Viele Bakterien der Gattung Clostridium stellen bei der Buttersuregrung auf Ne-

    benwegen aus Brenztraubensure auer Aceton (A) auch Butanol (B) und Ethanol (E)her. Dies wird besonders bei niedrigen pH-Werten realisiert. Die Ausbeute der sogenann-ten ABE-Fermentation ist allerdings noch sehr gering und bedarf erheblicher Optimie-rung.35Wie beim Bioethanol der 2. Generation bleibt freilich auch bei der Herstellung

    von Biobutanol der 2. Generation der Aufschluss der Lignocellulose der entscheidendeVerfahrensschritt.

    3.4 BTL-KRAFTSTOFFE

    Ausgangsstoffe fr die Herstellung von BtL-Kraftstoffen sind Stroh, Holz und Energie-pflanzen. Diese werden ber eine Pyrolyse zu Synthesegas umgewandelt. Das Gas bildetwiederum den Ausgang fr die Dieselproduktion. Biomass-to-Liquid- (BtL-) Kraftstoffehaben Vorteile bezglich konventioneller Antriebe. Ohne Umrstung knnen sie in her-kmmlichen Dieselmotoren eingesetzt werden. Ein Vertrieb im bestehenden Tankstellen-netz ist somit als unproblematisch anzuerkennen.36

    Eine der weltweit ersten Pilotanlagen zur Herstellung von synthetischem Biokraft-

    stoff wurde im April 2008 im schsischen Freiberg von dem Unternehmen Choren fertiggestellt. Die sogenannte Beta-Anlage soll unter Normalauslastung rund 18 Mio. LiterBtL pro Jahr erzeugen. Das entspricht etwa dem Jahresbedarf von 15.000 PKW. Der Bio-massebedarf von rund 65.000 t Trockenmasse pro Jahr soll durch Waldrest- und Altholzrealisiert werden.37

    34 Freilich zeigt das Beispiel Brasilien, dass auch Bioethanol als Treibstoff fr die Autoindustrie in der prakti-schen Umsetzung unproblematisch sein kann.

    35 Festel 2007.36 FNR 2007b.37 www.choren.de.

    BIOENERGIE IN DEUTSCHLAND

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    4 BIOGENES METHAN

    4.1 BIOGASERZEUGUNG BIOLOGISCH-CHEMISCHER HINTERGRUND

    Biogas entsteht durch die Vergrung organischer Stoffe unter Lichtabschluss. Haupt-bestandteile sind Methan, Kohlendioxid und Wasser (siehe Abbildung 6).

    Abb. 6: Chemische Zusammensatzung von Biogas(Durchschnittswerte)38

    Je nach Substrat variieren die Biogasertrge; bezogen auf eine Tonne Frischsubstrat ent-stehen aus Rinder- oder Schweineglle rund 30 Kubikmeter Biogas, aus Schweinemistrund 60 Kubikmeter. Substrat aus der Biotonne bringt rund 100 und Maissilage sowieGrnschnitt bis zu 200 Kubikmeter pro Tonne.

    Die Umwandlung biogener Roh-/Reststoffe erfolgt im Wesentlichen in vier Stufen,wobei mehrere Bakteriengruppen beteiligt sind.

    Whrend der ersten Phase, der Hydrolyse, verbrauchen aerobe Bakterien den imAusgangsstoff enthaltenen Sauerstoff und spalten hochmolekulare organische

    Bestandteile wie Fette, Eiweie und Kohlenhydrate in niedermolekulare Verbin-dungen (Fett- und Aminosuren, Einfachzucker und Wasser).In der zweiten Phase sinkt der pH-Wert, denn Sure bildende Bakterien wandelndie entstandenen Molekle in organische Suren, Alkohole und Gase wie CO

    2,

    H2, H

    2S und NH

    3um.

    Essigsurebakterien produzieren dann in der dritten Phase die Ausgangsverbin-dungen der Methanbildung Acetate, Kohlendioxid und Wasserstoff.Whrend der vierten Phase entsteht schlielich das Methan.

    Bis heute sind etwa zehn verschiedene Arten von Methanococcus und Methanobac-terium bekannt, die in der Lage sind, Methan zu produzieren.39

    38 Nach FNR 2007b, S. 20.39 Renneberg 2007, Eder/Schulz 2006.

    THOMAS BLEY/CLAUDIA KIRSTEN/MARC-DENIS WEITZE

    Methan

    Kohlendioxid

    Wasser

    weitere60 %

    30 %

    5 %5 %

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    4.2 BIOGASANLAGEN: VIELE VERSCHIEDENE VERFAHREN

    Biogasanlagen unterscheiden sich je nach den Einsatzstoffen, der verwendeten Technikund der Arbeitstemperatur. In Deutschland werden die meisten Biogasanlagen bei einerFermentertemperatur von 38-42 C betrieben. Es gibt gegenwrtig eine groe Anzahl

    verschiedener Biogasverfahren, doch lassen sie sich in typische verfahrenstechnischeVarianten zusammenfassen. Prinzipiell gibt es folgende Unterscheidungsmerkmale: Artder Bestickung (Batch- oder Durchflussverfahren), Art der Mischung (volldurchmischtoder Pfropfenstrom), ein- oder mehrstufiges Verfahren, Konsistenz der Substrate (festoder flssig).40Abbildung 7 zeigt eine schematische bersicht der genannten Prozess-fhrungen.

    Abbildung 7: bersicht mglicher Biogas-Verfahren41

    4.3 AKTUELLE SITUATION BIOGASDie gegenwrtige Forschung beschftigt sich zum einen mit der technischen Optimie-rung der Biogasproduktion; neben einer verbesserten Verbrennung in Gas-, Otto- undZndstrahlmotoren werden hier auch verschiedene Reaktormaterialien untersucht. Zumanderen geht es um die Verbesserung des Grprozesses. Der Einsatz von geeignetenEnzymen spielt dabei eine groe Rolle. Die Polysaccharide der eingesetzten Biomasseknnen enzymatisch gespalten werden und sind somit fr die am Grprozess beteiligtenBakterien besser zugnglich.

    Biogas wird vorwiegend ber KWK-Anlagen (Kraftwrmekopplung) umgesetzt.Vor einer energetischen Biogasnutzung erfolgt zunchst die Reinigung. Neben derEntschwefelung werden unerwnschte Gasbestandteile wie Wasser, Kohlendioxid und

    40 Eder/Schulz 2006.41 Eder/Schulz 2006.

    BIOENERGIE IN DEUTSCHLAND

    BIOGAS-VERFAHREN

    Feststoff-Vergrung Nass-Vergrung

    kontinuierlich

    Folienschlauch-,Tunnel-Verfahren

    diskontinuierlich

    Perkolations-Verfahren

    Wechselbehlter-Verfahren

    Speicher-Durchfluss-Verfahren

    Durchfluss-Speicher-Verfahren

    Durchfluss-Verfahren

    kontinuierlich

    Wechselbehlter-Verfahren

    Batch-Verfahren

    Speicher-Verfahren

    diskontinuierlich

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    Staub abgeschieden. Aufbereitungsverfahren wie zum Beispiel Druckwechsel-Adsorpti-onsverfahren (PSA) und Duckwasserwschen (DWW) haben sich in der Praxis bishergut bewhrt.42Anschlieend wird das gereinigte Biogas beispielsweise in einem Block-heizkraftwerk (BHKW) zu Strom umgewandelt. Die dabei entstehende Wrme kannzur Beheizung des Fermenters und/oder von Wohn- und Wirtschaftsanlagen genutztwerden. Mit Technologien nach dem Stand der Technik lassen sich allerdings nur etwa35 Prozent der im Biogas enthaltenen Energie verstromen. Nach Meinung verschiedenerWissenschaftler kann ein elektrischer Wirkungsgrad von 50 Prozent durch den Einsatz inBrennstoffzellen erreicht werden.43Dank des seit 2000 gltigen Erneuerbare Energien-Gesetzes (EEG) besteht groes Interesse an der Einspeisung von Biogas ins Erdgasnetz.44

    In den letzten Jahren gab es eine deutliche Zunahme an Biogasanlagen und installierterLeistung (siehe Abbildung 8). Ein weiterer Anstieg wird prognostiziert.45

    Abbildung 8: Anlagenbestand und installierte elektrische Leistung von Biogasanlagen46

    42 Faulstich et al. 2006.43 FNR 2007b.44 Dieses Gesetz wurde 2004 durch eine hhere Vergtung erneuert. So bekommen zum Beispiel Betreiber

    von Kleinanlagen (bis 150 kW) 10,83 ct/kWh, wohingegen der Strom von Grobetrieben (5-20 MW) nurmit 7,91 ct/kWh vergtet wird (Stand 2008). Die Grundvergtung ist im Vergleich zum letzten Jahr leichtgesunken (FNR 2008b). Blockheizkraftwerke, die am Erdgasnetz hngen, erzielen einen Nutzungsgrad vonetwa 80 Prozent (Burmeister 2007).

    45 Eder/Schulz 2006.46 FNR 2008b.

    THOMAS BLEY/CLAUDIA KIRSTEN/MARC-DENIS WEITZE

    4.000

    Anlagenanzahl

    InstallierteelektrischeLeistung

    (MW

    el)

    1999

    247

    2010

    2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007

    3.000

    2.000

    EEG

    1.000

    200

    400

    600

    800

    1.000

    1.200

    1.400

    0

    1. Novelle EEG

    850

    49

    1043

    7811

    1360

    160

    1608

    190

    1780

    665

    2690 949

    32791270

    3711

    Anlagenanzahl installierte elektrische Leistung

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    Neben der Verstromung, die wegen der erforderlichen Reinigung und Aufbereitung desBiogases freilich sehr teuer ist, kann Biogas auch in Erdgasfahrzeugen zum Einsatz kom-men. 2006 wurde in Deutschland die erste Biogastankstelle erffnet.47

    Die weltweit grte und modernste Biogasfabrik soll knftig in Gstrow ent-stehen.48Neben der Biogaserzeugung werden die anfallenden Grreste in einem eige-nen BHKW verstromt. Mit dieser Anlage knnen ca. 46 Mio. m3Biogas mit Erdgasqua-litt erzeugten werden das entspricht ca. 160 Mio. kWh Strom und 180 Mio. kWhWrme pro Jahr.

    5 BIOWASSERSTOFF

    Wasserstoff (H2) gilt als ein Energietrger der Zukunft. Wasserstoff ist energiereich, effi-zient, ungiftig, gut speicherbar und sauber. Er kann aber nur dann als sauber bezeich-net werden, wenn er regenerativ zum Beispiel durch Elektrolyse von Wasser mithilfe vonsauber gewonnenem Strom, Fotovoltaik (solarbetriebene Fotolyse von Wasser) oderdurch biologische Prozesse erzeugt wird. Bei seiner Verbrennung in Brennstoffzellen(Knallgasreaktion) entstehen reines Wasser und Energie. Wasserstoff besitzt als Ener-gietrger mit 142 MJ/t den hchsten massenbezogenen Brennwert, doch die volumen-bezogene Energiedichte ist recht gering. Der bisher aus fossilen Energiequellen durch

    bewhrte Reformierungs- und Vergasungsverfahren erzeugte Wasserstoff bringt gra-vierende Nachteile mit sich: Neben den nur endlich verfgbaren fossilen Rohstoff-quellen, dem hohen technischen und apparativen Aufwand (Prozesse mit hohen Tem-peraturen und hohen Drcken) entstehen bei der H

    2-Erzeugung hohe Schadstoffemis-

    sionen bei der Produktion von einer Tonne H2werden drei Tonnen CO

    2frei.49

    5.1 ERZEUGUNG VON BIOWASSERSTOFF

    Die Erzeugung von Biowasserstoff stellt dagegen eine alternative und CO2-neutrale Me-

    thode dar. Folgende drei Anstze spielen dabei eine Rolle:50

    Bestimmte Mikroalgen und Cyanobakterien sind von Natur aus in der Lage,1.mittels Fotosynthese Wasserstoff zu produzieren. Durch gentechnische Vern-derungen dieser Organismen kann deren Effizienz gesteigert werden.

    47 FNR 2007b.48 http://nawaro.ag.49 Happe 2006.50 Donner 2007.

    BIOENERGIE IN DEUTSCHLAND

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    Fr die Spaltung von Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff sind in den Mikro-2.organismen bestimmte Enzyme verantwortlich. Die Isolierung dieser Substan-zen aus den Zellen und Immobilisierung auf geeignete Membranen stellt dasKonzept einer Biobatterie dar.Eine biomimetische Wasserstoffproduktion knnte anstatt durch ursprngliche3.Zellbestandteile durch die Verwendung chemisch hnlicher Verbindungenrealisiert werden.

    5.2 FORSCHUNG AUF DEM GEBIET BIOWASSERSTOFF

    Die meisten aktuellen Forschungen beschftigen sich mit dem gesamten Mikroorganis-

    mus und der fotobiologischen Wasserstoffgewinnung. Dafr kommen grundstzlich dreiStoffwechselprozesse infrage:51

    Grung: Geeignete Bakterien verarbeiten unter anaeroben Bedingungen or-1.ganisches Material zu H

    2, CO

    2und oxidierten organischen Verbindungen. Die

    Energie stammt dabei aus dem organischen Rohstoff.Anoxygene Fotosynthese: Fototrophe Bakterien bilden mithilfe von Sonnen-2.energie aus organischen Substanzen oder reduzierenden Schwefelverbindungen

    H2und CO2oder oxidierte S-Verbindungen.Oxygene Fotosynthese: Algen oder Cyanobakterien sind in der Lage, Wasser3.unter Verwendung von Sonnenenergie enzymatisch in H

    2und O

    2zu spalten.

    Schwerpunkt vieler aktueller Forschungen ist der dritte Stoffwechselprozess. Schon voretwa 70 Jahren entdeckte man, dass einzellige Grnalgen die Fhigkeit besitzen, Was-serstoff zu produzieren:52Im Rahmen der Fotosynthese wird enzymatisch die Pyrolysedes Wassers angeregt, wobei Sauerstoff entsteht. Die verbleibenden Wasserstoffionenwerden durch spezielle Enzyme, sogenannte Hydrogenasen, aus molekularem Wasser-

    stoff umgewandelt.Hydrogenasen besitzen in zahlreichen Prokaryonten eine wichtige Funktion im

    Energiehaushalt. Eine Vielzahl fermentativer Bakterien ist nur unter anaeroben Be-dingungen in der Lage, den Wasserstoffmetabolismus durchzufhren. Die Vielfalt bio-logischer Prozesse mit Vor- und Nachteilen und Beispiele fr Wasserstoff erzeugendeMikroorganismen sind in der Abbildung 9 aufgelistet.

    51 Happe 2006.52 Gaffron 1939.

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    Abbildung 9: Vor- und Nachteile diverser Prozesse zur Biowasserstoffproduktion53

    5.3 FORSCHUNGSGRUPPEN AUF DEM GEBIET BIOWASSERSTOFF

    Das Team von Olaf Kruse an der Fakultt fr Biologie der Universitt Bielefeld arbeitetin Kooperation mit Ben Hankammer von der University of Brisbane in Australien an dergentechnischen Vernderung von Grnalgen. Objekt der Forschung ist hierbei vor allemChlamydomonas reinhardtii. Diese mutierte Alge Stm6 kann achtmal so viel Wasser-stoff erzeugen wie in natura. In Hchstzeiten liefert der Einzeller fr vier bis fnf Tage7 ml H

    2/h/l Nhrlsung.54

    Die Arbeitsgruppe Bioenergie der RWTH Aachen befasste sich in frheren For-schungsarbeiten unter anderem mit der fermentativen Wasserstoffproduktion mit Clo-stridium butyricum.55Derzeitige Arbeiten beschftigen sich neben der Prozessoptimie-

    rung, Immobilisierung von Mikroorganismen auf porsen Trgermaterialien und Testsverschiedener organisch belasteter Abwsser auch mit der Weitervergrung der Haupt-nebenprodukte Butter- und Essigsure in einer zweiten Verfahrensstufe. Im Rahmeneines Verbundkonzeptes sollen kontinuierlich Wasserstoff und Methan zur Steigerungder Gesamtenergie erzeugt werden.

    Das Schlsselenzym Hydrogenase in Grnalgen katalysiert den Wasserstoffmetabo-lismus nur unter anaeroben Bedingungen. Daher beschftigt sich die Abteilung Physio-logie und Biotechnologie der Pflanzlichen Zelle der Christian-Albrechts-Universitt Kiel

    mit dem Potenzial der Wasserstoffproduktion durch Cyanobakterien. Diese Hydroge-nase ist gegenber Sauerstoff stabiler.

    53 Fritsch 2009.54 Donner 2007.55 Fritsch 2008.

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    PROZESS MIKROORGANISMEN VORTEILE NACHTEILE

    Direkte Biofotolyse Grnalgen(Chlamydomonas sp.)

    H2aus Wasser und

    Sonnenlichthohe Lichtintensittwird bentigt, geringefotochemische Effizienz

    Indirekte Biofotolyse Cyanobakterien(Anabena sp.)

    H2aus Wasser,

    Mglichkeit der Stickstoff-fixierung aus Atmosphre

    H2-Verbrauch durch Uptake-

    Hydrogenasen, gebildetesGas enthlt O

    2(inhibiert

    Nitrogenase)

    Fotofermentation Fotosynthetische Bakterien(Rhodobacter sp.,Rhodopseudomonas sp.)

    breites Lichtspektrum ver-wertbar, Abbau von organ.Suren, Zuckern, potenziellenAbwssern

    Lichtumwandlungseffizienzgering (1-5 Prozent),Hydrogenasen stark O

    2-

    inhibiert

    Dunkelfermentation FermentativeBakterien(Clostridium sp., Enterobactersp., E. coli)

    kein Licht zur H2-Bildung

    bentigt, viele C-Quellenverwertbar hchste H

    2-

    Bildungsraten, wertvolleNebenprodukte (Butter-,Milch-, Essigsure)

    geringe H2-Ertrge,

    H2-Inhibierung/H

    2-Bildung

    thermodynamisch nur beigeringen H

    2-Konzentrationen

    viel CO2im Abgas

    ("Abtrennung)

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    Die AG Photobiotechnologie von Prof. Thomas Happe und der Lehrstuhl Biochemieder Pflanzen (Prof. Matthias Rgner) der Ruhr-Universitt Bochum arbeiten unter an-derem an der technischen Realisierung. Die Wasserstoffproduktion durch Algen wurdebislang im Labormastab (10 l-Reaktoren) unter Schwefelmangel etabliert. Dabei wur-den durchschnittlich 1 l H

    2/Tag und 4 l Algenkultur erzeugt. Durch die erhhte Algen-

    produktion kann dieses System nicht ohne Weiteres in den grotechnischen Mastabberfhrt werden. Der Wasserstoff muss somit in einem zweistufigen Verfahren gebildetwerden: Phase 1 stellt die Wachstumsphase der Grnalge dar (kleiner Bioreaktor frdie Anzucht). Wenn der anfnglich zugegebene, zum Wachstum notwendige Schwefel

    verbraucht ist, wird das Wachstum eingestellt und die Produktionsphase (Phase 2, Re-

    aktor zur Wasserstofferzeugung) beginnt. Durch diese Selbstentschwefelung konnte dieWasserstoffproduktion um bis zu 30 Prozent gesteigert werden. Die Beleuchtung desGesamtsystems besitzt hierbei zudem groes Optimierungspotenzial. Die Verwendung

    von Tageslicht hat den groen Vorteil, dass es kostenlos ist und nahezu grenzenlos zurVerfgung steht. Dennoch wurde bei einer Beleuchtung mit rotem und blauem Lichtwhrend der Wasserstoffproduktionsphase eine gesteigerte Enzymaktivitt und somiteine erhhte H

    2-Menge festgestellt. Neben der Bildung von Wasserstoff direkt im Orga-

    nismus untersucht die Arbeitsgruppe auch zellfreie Systeme. Zwar stellt sich eine Sepa-

    ration des Enzyms Hydrogenase aus Grnalgen in groen Mengen noch als schwierigdar; dennoch gelang eine heterologe Expression des Enzyms in einen anderen Wirt, zumBeispiel einem bestimmten Bakterium. Dies knnte in naher Zukunft zur Produktion vonHydrogenasen in ausreichend groer Menge fhren. Das aufgereinigte Enzym knntein bioanalogen Membranen (mobile Brennstoffzelle) eingebaut werden. Bei optimaler

    Versorgung mit Protonen und Elektronen kann ein Molekl Hydrogenase 5.000 Mole-kle H

    2je Sekunde umsetzen.56

    6 ZUSAMMENFASSUNG

    Erneuerbare Energien sind derzeit ein wichtiges Investitionsthema. Im Zuge steigenderlpreise und Klimaschutzbemhungen erlangen Biokraftstoffe immer grere Bedeu-tung. Deutschland hat sich durch eine frhe Frderung des Sektors Bioenergie einen

    Vorsprung gegenber anderen Lndern verschafft. Die Politik untersttzt innovativeVorschlge zur Entwicklung und Umsetzung neuer Verfahren zur Herstellung Biomasse-basierter Kraftstoffe. Unter dem Gesichtspunkt des Rohstoffwandels kann geschluss-folgert werden:57

    Biokraftstoffe aus nachwachsenden Rohstoffen sind regional verfgbar. ber geeignete Rohstoffe und technische Wandlungsverfahren besitzen sie Eigen-schaften, die denen fossiler Kraftstoffe sehr hneln.

    56 Happe/Mllner 2006.57 Vgl. Pfennig 2007, Schaub/Vetter 2007.

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    Hinsichtlich ihrer CO2-Bilanz unterstreichen sie den bergang von nicht-nach-

    haltiger (fossiler) zu nachhaltiger Rohstoff-Wirtschaft (im Bereich der organischenRohstoffe).Die Produktion von Biokraftstoffen ist mengenmig begrenzt und kann deshalbErdl nicht vollstndig ersetzen. Ursachen fr die Begrenzung finden sich beson-ders in den Anbauflchen, der Nettoproduktion der Fotosynthese, den Verlustenbei der Rohstoffumwandlung und der Verfgbarkeit von Wasser.Es besteht Optimierungsbedarf in Bezug auf die Biomasse-Ertrge. Durch fort-schreitende Verbesserung der landwirtschaftlichen Ertrge, neue Zweikultur-nutzungssysteme und Einhaltung von weiten Fruchtfolgen kann die Nachhaltig-

    keit sichergestellt werden. Die Konkurrenz zur Nahrungsmittelproduktion darfdabei nicht auer Acht gelassen werden.Viele Forschungsvorhaben beschftigen sich heutzutage mit der Weiterentwick-lung der Biokraftstoffe von der 1. zur 2. Generation. Besonders auf dem Gebietder enzymatischen Aufspaltung von Lignocellulose muss die Forschung vorange-trieben werden.Biomasse-basierende Kraftstoffe bilden fr sich allein nur eine Teillsung derRohstoffsicherheit. Durch Effizienzsteigerung, Anpassung der Konsumgewohn-

    heiten und Einschrnkung im Bereich Mobilitt knnen langfristig Rohstoffesichergestellt werden.

    Das Interesse an biogenem Methan ist in letzter Zeit wieder stark gewachsen. Seitder Novellierung des EEG 2004 und den damit verbundenen erhhten Stromeinspei-sungstarifen boomt der Biogasanlagenbau in Deutschland. Durch den Bonus fr dieFermentation von nachwachsenden Rohstoffen arbeiten Wissenschaftler und Landwirteeng zusammen. Kontrollierter Anbau von Energiepflanzen oder die Verwertung vonErnterckstnden und biogenen Abfllen knnen regionale und nachhaltige Quellen

    zur Biogaserzeugung bereitstellen. Die technische Optimierung des Prozesses, aberauch biologische Aspekte der Vergrung werden in der aktuellen Forschung diskutiertund bieten noch viel Potenzial.

    Die Produktion von Biowasserstoff durch Bakterien und Grnalgen befindet sichnoch am Anfang der Entwicklung. Zwar wurden bereits verschiedene Scale Up-Versuche(Reaktoren mit 1-10 l) erfolgreich getestet, doch trotz allem ist es zur grotechnischenRealisierung noch ein groer Schritt. Grundlegende Parameter wie zum Beispiel dieBeleuchtung der Algen sind entscheidend fr die Auslegung von Reaktormodulen. Zell-

    freie Systeme bieten aufgrund hoher Enzymaktivitten ein erhebliches biotechnologi-sches Nutzungspotenzial. Durch gentechnisch vernderte Mikroorganismen knnte dieWasserstofferzeugung in zellulren wie auch zellfreien Systemen betrchtlich gesteigertwerden. Mit diesem Thema befasst sich zunehmend die Grundlagenforschung.

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    BIOENERGIE IN DEUTSCHLAND

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    1 BIOETHANOL ERGNZT UND ERSETZT BENZIN

    Bioethanol wird als Kraftstoff fr Ottomotoren verwendet. Langfristig ist die Bioetha-

    nolproduktion erfolgreich, wenn sie einen niedrigeren Ethanol- als Benzinpreis erlaubt.Bioethanol kann als Kraftstoffbeimischung zu Benzin oder als Hauptbestandteil vonOttokraftstoff eingesetzt werden. Bioethanol ermglicht eine sauberere Verbrennungals Benzin und besitzt dabei 60 Prozent der Energiedichte von Benzin. Als Beimischungfungiert Bioethanol als Antiklopfmittel und erhht als Sauerstofftrger die Oktanzahl.Beimischungen mit Volumenverhltnissen von bis zu 10 Prozent bewirken dadurch keineEinschrnkung der Eigenschaften von Benzin. Bioethanol wird deswegen in den USAals Ersatz fr das Antiklopfmittel MTBE benutzt. Die Beschaffung von Bioethanol ber

    Produzenten mit einer durchschnittlichen Jahresproduktion von 100.000 Tonnen erfor-dert allerdings einen zustzlichen logistischen Aufwand fr die lindustrie. Wenn derBioethanolpreis niedriger ist als der Benzinpreis, wird die Beimischung trotzdem ren-tabel und damit attraktiv. Motiviert durch diese wirtschaftliche Attraktivitt, setzt sichdie lindustrie freiwillig fr die Beimischung von Bioethanol ein. Die Erfllung vonQuoten wird dadurch auf eine wirtschaftliche Basis gestellt. Sie bringt auerdem durchniedrigere Kraftstoffkosten Vorteile fr die Konsumenten. In diesem bereits beobach-teten Szenario wird Umweltschutz durch Vorteile fr die Volkswirtschaft finanziert undnicht auf Kosten der Volkswirtschaft erzwungen.1

    Als Hauptbestandteil von Ottokraftstoffen kann Bioethanol in sogenannten Flex-Fuel-Vehicles (FFV) benutzt werden. Die Flex-Fuel-Technologie erlaubt Ottomotoren,Bioethanol-Benzin-Gemische in jedem Verhltnis zu verbrennen. Auch das reine Bio-ethanol kann getankt werden. Diese Technologie wurde von der Firma Bosch entwickelt.2Es handelt sich dabei um eine seit 2003 erfolgreich vermarktete Technologie. 2007wurden zwei Millionen Autos mit Flex-Fuel-Technologie verkauft.3

    Wenn Bioethanol als im Vergleich zu Benzin gnstigerer Kraftstoff vermarktet wird,bietet er einen Vorteil fr den Autofahrer. Der finanzielle Vorteil, einen billigeren Kraft-

    stoff tanken zu knnen, motiviert Autofahrer, Flex-Fuel-Vehicles zu kaufen. Denn sie

    1 Macedo 2005.2 Vgl. Bosch 2008.3 UNICA 2008.

    ERFOLGSFAKTOREN DER BIOETHANOLPRODUKTION>

    MURILLO VILLELA FILHO

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    MURILLO VILLELA FILHO

    besitzen mit diesem Auto immer die Flexibilitt, den gnstigsten Kraftstoff tanken zuknnen. Der gnstigere Kraftstoff wird nach Preis und Energiegehalt ermittelt. Bei demmomentanen durchschnittlichen Preisverhltnis von Bioethanol zu Benzin von 0,53 ander brasilianischen Zapfsule ist Bioethanol dort vorteilhaft.4Dieser Vorteil amortisiertin kurzer Zeit die Mehrkosten fr das Flex-Fuel-Vehicle. Dadurch entsteht Nachfragefr Autos mit der Flex-Fuel-Technologie. Auf diese Nachfrage hat die Automobilindus-trie schnell reagiert. Die absolute Zahl der bioethanolfhigen Autos stellt ein groesNachfragepotenzial dar, von dem jede Tankstelle profitieren will. Das ermglicht dieUmrstung auf den Verkauf eines zustzlichen Kraftstoffes. Bioethanolproduzenten pro-fitieren ebenfalls von der Nachfrage. Sie ermglicht eine Vergrerung des Produktions-

    mastabs und damit eine bessere Rentabilitt der Anlagen. Fr Landwirte bedeutet derErfolg dieser Wertschpfungskette die Sicherheit, ohne Abhngigkeit von Subventionenproduzieren zu knnen. Fr die Volkswirtschaft bedeutet dieses Szenario eine Entlastungder ffentlichen Hand durch Abbau von Subventionen. 89 Prozent Flex-Fuel-Markanteilin Brasilien bei Neuzulassungen fnf Jahre nach der Markteinfhrung und 52 ProzentBioethanolanteil auf dem Ottokraftstoffmarkt belegen den Erfolg dieses Modells.5

    2 ERFOLGSFAKTOREN

    Welches sind die Faktoren, die eine Bioethanolproduktion sowie dessen Vertrieb unter-halb des Benzinpreises ermglichen?

    2.1 ROHSTOFFAUSWAHL

    Wichtigster Erfolgsfaktor der Bioethanolproduktion ist die Rohstoffauswahl. Weltweitwerden unterschiedliche Rohstoffe fr die Produktion von Bioethanol als Treibstoff ver-wendet: Zuckerrohr in tropischen Lndern wie beispielsweise Brasilien, Mais in den USA,

    Teilen von Europa (zum Beispiel Spanien und Ungarn) und Asien, Zuckerrben ebensowie Weizen und weitere Getreide in Europa (unter anderem Deutschland). Zustzlich

    startet die Cassava-basierte Bioethanolproduktion in Asien (zum Beispiel Thailand undChina). Gebunden an die Wahl der Pflanzenart sind die Vergtung fr die Landwirt-schaft, die Festlegung der Logistikkosten und die Bestimmung des Produktionsprozessessowie der mglichen Energiequellen. Damit wird die gesamte Kostenstruktur entschei-dend von der Rohstoffauswahl diktiert.

    2.1.1 PFLANZENART UND BIOCHEMISCHE FAKTOREN

    In allen Pflanzen wird whrend der Fotosynthese die Sonnenenergie unter Einbindung

    von CO2aus der Luft in Form von Kohlenhydraten gespeichert. Diese Kohlenhydratedienen als Rohstoffe fr die Bioethanolproduktion. Fr die CO2-Fixierung gibt es

    4 Stand: November 2008 in Sao Paulo, Brasilien.5 Jank 2008.

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    ERFOLGSFAKTOREN DER BIOETHANOLPRODUKTION

    unterschiedliche Mechanismen. Je nach Mechanismus werden die Pflanzen in C3- und

    C4-Pflanzen unterteilt. Pflanzenarten aus gemigten Klimazonen wie zum Beispiel Wei-

    zen (Triticum aestivum) und Roggen (Secale cereale) gehren zu den C3-Pflanzen. Pflan-

    zenarten, die an hohe Temperaturen und an die intensive Lichteinstrahlung der Tropenangepasst sind, gehren zu den C

    4-Pflanzen. Beispiele fr C

    4-Pflanzen sind Zuckerrohr

    (Saccharum officinarum) und Mais (Zea mays). Der C4-Mechanismus ermglicht Fotosyn-

    theseraten, die zwei- bis dreimal grer sind als bei C3-Pflanzen.6Die Geschwindigkeit

    der CO2-Fixierung, und damit auch der Kohlenhydrateproduktion, ist zusammen mit der

    Vegetationsperiode mageblich fr die Produktivitt von Bioethanol aus einer Pflan-zenart. Die Produktivitt wird hier als Ertrag von Bioethanol pro angebaute Flche

    definiert. Faktoren, die die Produktivitt beeinflussen, sind Lichteinstrahlung, Wetter,Wasserverfgbarkeit etc.

    Abbildung 1 zeigt die Produktivitt der am hufigsten eingesetzten Pflanzenarten.7Ihr ist zu entnehmen, dass die C

    4-Pflanzen eine hhere Produktivitt ermglichen als die

    C3-Pflanzen. Auerdem ist eine hhere Produktivitt der Zuckerpflanzen (Zuckerrohr und

    Zuckerrben) im Vergleich mit den strkehaltigen Pflanzen (Mais, Cassava und Weizen)zu beobachten. Der CO

    2-Fixierungsweg, die lngere Vegetationsperiode und die hohe

    Lichteinstrahlung bewirken, dass Zuckerrohr die hchste Produktivitt aufweist.

    Abbildung 1: Produktivitt (L/ha) der in der Bioethanolproduktion am hufigsten eingesetztenPflanzenarten

    6 Raven 1992.7 Vgl. Pastrello 2006 und FAOSTAT 2007.

    Zuckerrohr

    0

    1.000

    2.000

    3.000

    4.000

    5.000

    6.000

    7.000

    L/ha

    Mais Zuckerrben Cassava Weizen

    5.823

    3.418

    5.570

    3.100

    1.772

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    MURILLO VILLELA FILHO

    2.1.2 LANDWIRTSCHAFTLICHE FAKTOREN

    Die landwirtschaftliche Phase macht bei Zuckerrohr mindestens 61 Prozent der Bioetha-nolproduktionskosten aus.8Fr andere Pflanzenarten sind die Werte hher. Die wich-tigsten Kosten fr die landwirtschaftliche Phase der Bioethanolproduktion setzen sichaus den Kosten fr die Agrarflche (zum Beispiel Pacht), den Anbau, die Dngung, dieErnte und den Transport zu dem verarbeitenden Betrieb zusammen. Die Kosten fr die

    Agrarflche werden ber die Produktivitt bestimmt. Die Kosten fr den Anbau sindber die gesamte Lebensdauer der Pflanze zu verteilen; bei ausdauernden Pflanzen sinddie effektiven Kosten daher geringer als bei einjhrigen Kulturen. Zuckerrben, Mais,Weizen und Cassava werden jhrlich gest bzw. angebaut. Bei wirtschaftlichem Anbau

    kann Zuckerrohr dagegen je nach Region ber sechs Jahre in Folge geerntet werden, be-vor die Pflanze ersetzt werden muss. Dadurch sind die Anbaukosten fr diese Pflanzen-art substanziell geringer. Die Dngung ist stark von der spezifischen Bodenbeschaffen-heit abhngig. Sie wird daher in diesem Beitrag nicht als kulturspezifisch betrachtet. Essei trotzdem darauf hingewiesen, dass eine Integration der Bioethanolproduktion in die

    Agrarlandschaft eine nachhaltige Rckfhrung von Mineralien erlaubt (siehe 2.4). Aufdiese Weise ist eine starke Verringerung der Dngungskosten erreichbar.

    Die Bioethanolproduktion erfordert eine effiziente Landwirtschaft. Diese ist mit

    maschineller Ernte verbunden. Teilweise sind die spezifischen Erntekosten bei Einsatzvon Handarbeit bei der Ernte geringer, aber in der Gesamtbetrachtung der Bioetha-nolproduktion fhrt Handarbeit zu hheren Kosten. Wesentlicher Kostenfaktor bei dermaschinellen Ernte ist die Abschreibung der Erntegerte. Diese Abschreibung lsst sichber die Dauer der Ernte verteilen. Damit ist die Erntedauer entscheidend fr die Hheder Abschreibungskosten. Whrend Getreide (Mais und Weizen) eine konzentrierte Ern-tezeit verlangt, verteilt sich die Ernte von Zuckerrben ber ca. drei Monate. Je nachRegion wird Zuckerrohr bis zu acht Monate lang geerntet. Damit ist die Abschreibungder Erntemaschinen bei Zuckerrohr am gnstigsten. Cassava wird ber das ganze Jahr

    geerntet. Fr die empfindliche Arbeit gibt es noch keine geeignete Maschine. Die Erntewird meistens in Familienbetrieben und berwiegend in Handarbeit durchgefhrt; sieweist deswegen die geringeren Erntekosten auf.9

    2.1.3 LOGISTIKKOSTEN

    Die Logistikkosten werden in zwei Gruppen unterteilt: Transport- und Lagerkosten. DieTransportkosten wirken sich auf die wirtschaftliche, industrielle Verwertung einer Pflanzelimitierend aus. Sie bestimmen heute die obere Mastabgrenze der wirtschaftlichen

    Bioethanolproduktion.10

    Dagegen spielen die Lagerkosten eine untergeordnete Rolleund werden in dieser Betrachtung nicht bercksichtigt.

    8 Vgl. Consecana 2008.9 Vgl. Thai Tapioca Trade Association 2008.10Die untere Grenze ergibt sich aus der Kostendegression fr die Produktion von Commodities und liegt bei

    ca. 80.000 t/a.

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    ERFOLGSFAKTOREN DER BIOETHANOLPRODUKTION

    Die Transportkosten ergeben sich aus der Produktivitt pro Flche und der Belegungs-dichte der die verarbeitende Anlage umgebenden Lndereien. Die Belegungsdichtewird durch die Fruchtwechsel bestimmt. Whrend die Belegungsdichte bei Graspflanzen(Zuckerrohr, Mais und Weizen) und Cassava wegen der Fruchtfolge nicht limitiert ist,werden Zuckerrben in einer Dreifeldwirtschaft angebaut. Das bedeutet, dass lediglichein Drittel der Flche um die verarbeitende Anlage mit Zuckerrben bestellt werdenkann. Dies ist ein stark einschrnkender Nachteil fr die rbenbasierte Bioethanolpro-duktion. Entweder werden die Transportkosten durch eine Einschrnkung der Produk-tionskapazitt wettbewerbsfhig gehalten oder hohe Transportkosten werden zugun-sten einer wettbewerbsfhigen Produktionskapazitt in Kauf genommen.

    2.1.4 BESTIMMUNG DES PRODUKTIONSPROZESSES

    Die Art des Rohstoffs bestimmt den Bioethanol-Produktionsprozess.11 Bei Zuckerrohrhandelt es sich um einen dreistufigen Prozess: Auspressen, Fermentieren, Destillieren.Die Zuckerrbenverarbeitung nimmt bereits an Komplexitt zu. Die Zuckerrbe wirdzuerst in Schnitzel zerteilt, anschlieend wird der Rohsaft unter Nutzung des Diffu-sionsprozesses durch heies Wasser extrahiert. Es folgen Fermentation und Destillation.Cassava wird ebenfalls zuerst in Schnitzel zerteilt. Die Strke aus den Schnitzeln wird

    verflssigt und verzuckert. Es folgt die Fermentation und die Destillation. Weizen wirdvermahlen, die enthaltene Strke wird verflssigt, verzuckert und anschlieend fermen-tiert. Das Bioethanol wird destilliert. Verzuckerung und Fermentation knnen gleichzei-tig geschehen. In diesem Fall wird von Simultaneous Saccharification and Fermenta-tion gesprochen. Die Rckstnde der Verzuckerung bleiben im Fermentationsgefund werden nach der Destillation mit der gebildeten Hefe als Futtermittel verwertet(siehe 2.4). Mais kann ebenfalls auf diese Weise zu Bioethanol verarbeitet werden. DerProzess wird Trockenmahlverfahren genannt und kommt in den USA am hufigsten

    vor. Alternativ wird Mais verquollen, gemahlen und in die verschiedenen Fraktionen

    getrennt. Die strkehaltige Fraktion wird verzuckert und fermentiert; der Bioethanolwird destilliert. Es handelt sich dabei um das sogenannte Nassmahlverfahren. Die ent-stehenden Produkte werden unabhngig voneinander vermarktet. Dieser Prozess wirdbei greren Anlagen bevorzugt.

    Die Komplexitt des Verfahrens korreliert nicht gezwungenermaen mit der Wirt-schaftlichkeit des Prozesses, jedoch mit dem gebundenen Kapital und den damit ver-bundenen Verzinsungskosten und Risiken. Auerdem erfordern komplexere Anlagenmehr Know-how und besser ausgebildetes Personal.

    11Paul 1980.

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    MURILLO VILLELA FILHO

    2.1.5 MGLICHE ENERGIEQUELLEN FR DIE PRODUKTIONSANLAGEN

    Die Produktion von Commodities erfordert hocheffiziente Anlagen. Dort mssen alleMassenstrme optimal verwertet werden. Entsprechend mssen die Nebenprodukte derPflanzenverarbeitung ebenfalls verwertet werden (vgl. 2.4). Sie bestehen in der Regelaus pflanzlichen Fasern und knnen zum Beispiel als Futtermittel verkauft werden. Gibtes keinen Abnahmemarkt, werden sie energetisch verwertet. So werden die Zuckerrohr-rckstnde (Bagasse genannt) als Treibstoff fr die kostengnstige Dampf- und Strom-erzeugung genutzt12(dieser Aspekt wird in 2.2 behandelt). Entstehendes Abwasser inder Strkeverarbeitung von Cassava wird zur Biogasproduktion verwendet und kannebenfalls als Energiequelle fr die Anlage dienen.

    2.1.6 ROHSTOFFBEDINGTE PRODUKTIONSKOSTEN

    Aus den beschriebenen Grnden werden die Produktionskosten von der Rohstoffaus-wahl bestimmt. So ist es mglich, die durchschnittlichen Produktionskosten von Bio-ethanol in Abhngigkeit vom Rohstoff zu ermitteln. Dieser Wert erlaubt einen objektiven

    Vergleich der Wettbewerbsfhigkeit einzelner Rohstoffe. Aus klimatischen und landwirt-schaftlichen Grnden unterscheidet sich die Kostensituation zwischen den Kontinenten.

    Auch whrungskursbedingte Einflsse sind zu beobachten. Deswegen werden Referenz-

    regionen nach ihrer Bedeutung fr diese Darstellung ausgesucht. Fr Zuckerrohr wirddie Kostensituation in Brasilien, fr Mais in den USA, fr Zuckerrben in Europa und frWeizen ebenfalls in Europa abgebildet. Cassava wird erst seit Kurzem wieder zur Pro-duktion von Bioethanol unter marktwirtschaftlichen Bedingungen in Asien genutzt. Die

    vorhandene Datenbasis erlaubt noch keine brauchbare Auswertung. Die Werte wurdenfr das Erntejahr 2006/2007 bestimmt. Abbildung 2 zeigt das Ergebnis.

    12Chen/Chou 1993.

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    ERFOLGSFAKTOREN DER BIOETHANOLPRODUKTION

    Abbildung 2: Bioethanol-Produktionskosten (Euro/t Ethanol) in Abhngigkeit von der Rohstoffart.

    Die gnstigste Variante der Bioethanolproduktion ist die Gewinnung aus Zuckerrohr inBrasilien (85 Euro/t). Die Produktionskosten fr Bioethanol aus Mais in den USA (135Euro/t) und aus Zuckerrben in der EU (142 Euro/t) sind miteinander vergleichbar.Die europische Bioethanolproduktion aus Weizen ist dagegen mit 182 Euro/t kaumwettbewerbsfhig. Daraus wird deutlich: Der Rohstoff ist der Schlssel zur erfolgreichenBioethanolproduktion.

    2.2 NIEDRIGE ENERGIEKOSTEN

    Bioethanol wird aus einer Fermentationsbrhe ber Destillation gewonnen. Es handelt

    sich um eine sehr energieintensive Aufarbeitung. Damit die Energiekosten so geringwie mglich gehalten werden knnen, wurde die Endkonzentration von Ethanol stndigerhht. 1985 erreichte die durchschnittliche Bioethanolkonzentration am Ende einerFermentation bereits 9,5 Prozent.

    Bei dieser Entwicklung wurde nicht beachtet, dass Bioethanol durch lebende Orga-nismen produziert wird, auf die es toxisch und damit inhibierend auf die Fermentationwirkt. In der Folge wird die spezifische Bioethanolbildungsgeschwindigkeit im Verlaufder Fermentation geringer; die sogenannte Produktinhibierung tritt ein.13Damit eine

    effektive Auslastung der Anlage erreicht wird (vgl. 2.3), ist es erforderlich, eine geringe

    13Hagen 1993.

    Zuckerrohr

    0

    20

    40

    60

    80

    100

    120

    140

    160

    180

    200

    Euro/t

    Mais Weizen

    85

    135

    Zuckerrben

    142

    182

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    MURILLO VILLELA FILHO

    Ethanolkonzentration whrend der Produktion zu halten. Eine geringe Produktkonzen-tration hat einen hohen Energieverbrauch whrend der Aufarbeitung zur Folge. Diese lsstsich unter wirtschaftlichen Aspekten nur mit sehr geringen Energiepreisen verwirklichen.

    Bei der Bioethanolproduktion aus Zuckerrohr wird der anfallende holzartige Rck-stand von Zuckerrohr, die Bagasse, als Treibstoff fr die Dampf- und Energieerzeugung

    verwendet (siehe 2.1.5). Die thermische Verwertung eines ohnehin anfallenden Neben-produktes ist eine sehr gnstige Energiequelle. Eine Tonne Zuckerrohr liefert 150 kgBagassefasern. Der Energieinhalt der Bagasse betrgt 17,9 MJ/kg Fasern. Die erzeugteEnergiemenge reicht aus, um die Bioethanolanlage zu versorgen.14Es bleibt noch einberschuss brig, der gewinnbringend ins Netz eingespeist werden kann. Der erzielte

    Erls wird zur Finanzierung der Dampf- und Stromerzeugungsanlage verwendet. Mitdieser preisgnstigen Energiequelle ist es mglich, die Endkonzentration der Bioetha-nolfermentation auf ein wirtschaftliches Optimum zu vermindern. Heute betrgt diedurchschnittliche Endkonzentration 8,5 Prozent. Damit verknpft ist eine Verkrzungder durchschnittlichen Fermentationsdauer von 13 Stunden im Jahr 1985 auf gegen-wrtig 8,5 Stunden.15

    Wenn fr die Produktion keine kostengnstige Energie zur Verfgung steht, ver-langt die Wirtschaftlichkeit Bioethanol-Endkonzentrationswerte von ber 10 Prozent.

    Die Folge ist eine niedrigere Produktivitt der Anlage und, damit verbunden, ein Verlustan Wettbewerbsfhigkeit. Niedrige Energiekosten sind bei der Produktion von Energie-trgern ein entscheidender Faktor.

    2.3 MAXIMIERUNG DER RAUM-ZEIT-AUSBEUTE

    Aus der Marktperspektive kann Bioethanol als Commodity betrachtet werden. Eine Folgedavon ist die sehr geringe Marge pro Einheit. Unter diesen Bedingungen mssen ausbetriebswirtschaftlichen Grnden die Fixkosten ber ein groes Produktionsvolumen

    verteilt werden, um eine gute Rentabilitt zu ermglichen. Um dieses Ziel erreichen

    zu knnen, ist eine maximale Produktbildung pro Zeit- und Reaktoreinheit erforderlich.Diese Gre wird als Raum-Zeit-Ausbeute definiert.16 Ihre Maximierung ist entschei-dend fr den Erfolg der Bioethanolproduktion.

    2.3.1 MAXIMIERUNG DER RAUM-ZEIT-AUSBEUTE DURCH HEFE-RCKFHRUNG

    Fermentationsverfahren beinhalten zwei Phasen: die Wachstumsphase und die Pro-duktionsphase. In der Wachstumsphase erhht sich die Zellzahl unter Verbrauch vonSubstrat. In der Produktionsphase wird das Substrat von den vorhandenen Zellen zur

    Produktbildung verbraucht. Die beiden Phasen knnen gleichzeitig oder voneinanderentkoppelt ablaufen.

    14de Camargo 1990.15Finguerut 2005.16Levenspiel 1999.

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    ERFOLGSFAKTOREN DER BIOETHANOLPRODUKTION

    Am Ende der Wachstumsphase erlaubt die hhere Zellzahl eine hhere Produktbildungs-geschwindigkeit. Im Satzbetrieb kann dieser Effekt im Fall einer Produktinhibierung teil-weise aufgehoben werden. Das ist bei der Bioethanolproduktion der Fall. Gleichzeitigbedeutet die Bildung von Biomasse eine Verringerung der Produktausbeute, weil das

    verbrauchte Substrat nicht in Bioethanol umgesetzt wird.Bei der Bioethanolproduktion aus Getreide wird die gebildete Biomasse als Futter-

    mittel verkauft (siehe 2.4).17Das hat einen positiven Effekt auf den Deckungsbeitrag,erfordert aber eine gekoppelte Wachstums- und Produktionsphase. Das limitiert aus denerwhnten Grnden die Raum-Zeit-Ausbeute.

    Eine effizientere Konfiguration wird durch eine Weiterentwicklung des Belle-Moinot-

    Verfahrens erreicht.18In diesem Verfahren werden die Zellen am Ende einer Fermenta-tion durch Zentrifugation von der Fermentationsbrhe getrennt, durch chemische Be-handlung rekonditioniert und erneut in einen Fed-Batch-Betrieb eingesetzt. So werdenWachstums- und Produktionsphasen entkoppelt. Die Produktionsphase verluft stndigunter hoher Zellzahl. Die Produktbildungsgeschwindigkeit wird dadurch maximiert. Voraus-setzung fr die Anwendung des Verfahrens ist eine niedrige Bioethanolkonzentrationam Ende der Fermentation. Hohe Bioethanolkonzentrationen schdigen die Hefezellenund machen die Rckfhrung unmglich. Ein wichtiger Nebeneffekt der Zellrckfhrung

    ist die Unterdrckung des Hefewachstums. Damit kann mehr Substrat in Bioethanol um-gewandelt werden, was eine Erhhung des Ertrags zur Folge hat. Die erreichte Verbes-serung der Raum-Zeit-Ausbeute ermglicht die hchstmgliche Rentabilitt.19

    2.4 PRODUKTVERBUND

    Die Verarbeitung von Agrarrohstoffen liefert neben dem fermentierbaren Zucker vieleNebenprodukte. Sie bestehen in der Regel aus pflanzlichen Fasern, Eiweien und len.Die Zusammensetzung der Produkte, ihr Verhltnis und ihre Qualitt sind pflanzen-artspezifisch. Selbst der Zucker kann in unterschiedlichen Qualitten anfallen und da-

    her zu unterschiedlichen Zwecken verwendet werden. Auch die fermentative Produktionvon Bioethanol liefert verschiedene Nebenprodukte. Die industrielle Ausbeute der Bio-ethanolproduktion liegt zwischen 90 und 92 Prozent der theoretischen Maximalaus-beute. Die wichtigsten Nebenprodukte sind Glycerin, organische Suren und Hefe. DieErlse aus der Nebenpr