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Br ¨ uckenkurs Mathematik Vorlesung Folgen und Stetigkeit Kai Rothe Technische Universit¨ at Hamburg

Br uckenkurs Mathematik Vorlesung Folgen und Stetigkeit · 10 Br uckenkurs Mathematik, c K.Rothe, Vorlesung Folgen und Stetigkeit Eine Folge (a n) n2IN konvergiert gegen einen Grenz-wert

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Bruckenkurs Mathematik

Vorlesung

Folgen und Stetigkeit

Kai Rothe

Technische Universitat Hamburg

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0 Bruckenkurs Mathematik, c©K.Rothe, Vorlesung Folgen und Stetigkeit

Zahlenfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1

Direkte Berechnungsvorschriften . . . . . . . . . . 2

Rekursive Berechnungsvorschriften . . . . . . . 5

ε-Umgebung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9

Grenzwert einer Zahlenfolge, Konvergenz . 10

Divergenz, uneigentliche Konvergenz . . . . . . 11

Elementare Grenzwerte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13

Rechenregeln fur konvergente Zahlenfolgen 14

Reihen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18

Geometrische Reihe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19

Grenzwerte bei Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . 20

Stetigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29

ε-δ Kriterium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30

Zwischenwertsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31

Beispiele stetiger Funktionen . . . . . . . . . . . . . 34

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Bruckenkurs Mathematik, c©K.Rothe, Vorlesung Folgen und Stetigkeit 1

Zahlenfolgen:

Definition:

Unter einer reellen Zahlenfolge (an)n∈IN versteht maneine Abbildung (Funktion) der Form

IN → IRn 7→ an .

Bemerkung:

Eine Menge reeller Zahlen, die mit Hilfe der naturli-chen Zahlen durchnummeriert wird, kann also als reelleZahlenfolge aufgefasst werden.

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2 Bruckenkurs Mathematik, c©K.Rothe, Vorlesung Folgen und Stetigkeit

Direkte Berechnungsvorschrift:

n 1 2 3 4 5 6 · · ·

an =1

n1

1

2

1

3

1

4

1

5

1

6· · ·

n

an

1

0.5

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10

r

rr

r r r r r r r-

6

bzw.an

0 0.1 0.5 1.0rrrrrrrrrrrrrrrrrrrr

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Bruckenkurs Mathematik, c©K.Rothe, Vorlesung Folgen und Stetigkeit 3

n 1 2 3 4 5 6 · · ·

an =(−1)n(n + 1)

n2 + 1−1

3

5− 4

10

5

17− 6

26

7

37· · ·

n

an

1

0

−1

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10

r

r

r

r

r

rr

rr

r-

6

bzw.an

−1 0 1r rr rr rr rr rrrrrrrrrr

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4 Bruckenkurs Mathematik, c©K.Rothe, Vorlesung Folgen und Stetigkeit

n 1 2 3 4 5 6 · · ·

an = (−1)n −1 1 −1 1 −1 1 · · ·

n

an

1

0

−1

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10

r

r

r

r

r

r

r

r

r

r

-

6

bzw.an

−1 0 1r rr

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Bruckenkurs Mathematik, c©K.Rothe, Vorlesung Folgen und Stetigkeit 5

Rekursive Berechnungsvorschrift:

Fibonacci-Zahlen

1 2 n 3 4 5 6 7 8 · · ·

1 1 an = an−1 + an−2 2 3 5 8 13 21 · · ·

n

an

100

50

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10r r r r r

rr

r

r

r

-

6

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6 Bruckenkurs Mathematik, c©K.Rothe, Vorlesung Folgen und Stetigkeit

Berechnung von√

2

x =√

2 erfullt folgende Gleichungen fur x > 0:

x2 = 2 ⇔ x =2

x⇔ 2x = x+

2

x⇔ x =

1

2

(x +

2

x

)

0.5 1.0 1.5 2.0 2.5 3.0x

0.5

1.0

1.5

2.0

2.5

3.0

3.5

4.0

y

Schnittpunkt von h(x) = x und g(x) =1

2

(x +

2

x

)

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Bruckenkurs Mathematik, c©K.Rothe, Vorlesung Folgen und Stetigkeit 7

Rekursive Folge zur Berechnung von x =√

2

xn+1 = g(xn) =1

2

(xn +

2

xn

)mit Startwert x1

n xn1 22 1.53 1.41 674 1.41421 575 1.41421356237 46906 1.41421356237309504880168 962350... ...√

2 = 1.41421356237309504880168 872421

Beobachtung:

Die Folge xn nahert sich ’schnell’ dem ’Grenzwert’ x =√

2 an.

Ab n = 3 ’verdoppelt’ sich ungefahr je Schritt die An-zahl der gultigen Nachkommastellen.

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8 Bruckenkurs Mathematik, c©K.Rothe, Vorlesung Folgen und Stetigkeit

Intervallhalbierung zur Berechnung von x =√

2

0.5 1.0 1.5 2.0 2.5 3.0x

-2

2

4

6

y

n an bn1 1 22 1 1.53 1.25 1.54 1.375 1.55 1.375 1.43756 1.40625 1.4375... ...

Berechnet wird die po-sitive Nullstelle

√2 von

f (x) = x2− 2, d.h. x >0.

1. Schritt:Suche Intervall mit

√2 ∈ [a1, b1], (⇐ f (a1)f (b1) < 0).

n+1. Schritt:Berechne m = (an+bn)/2 und teste f (m)f (bn) < 0⇒[an+1, bn+1] := [m, bn] andernfalls [an+1, bn+1] := [an,m]

Beobachtung:Die Folgen an und bn nahern sich ’langsam’ dem ’Grenz-wert’ x =

√2 an.

Je Schritt halbiert sich die Lange des Intervalls in demsich√

2 befindet.

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Bruckenkurs Mathematik, c©K.Rothe, Vorlesung Folgen und Stetigkeit 9

ε-Umgebung von a ∈ IR

Fur ε > 0 wird die ε-Umgebung einer Zahl a ∈ IRuber den Abstand |x− a| festgelegt:

Uε(a) := {x ∈ IR | |x− a| < ε}

= {x ∈ IR | − ε < x− a < ε}

= {x ∈ IR | a− ε < x < a + ε}

= ]a− ε, a + ε[ .

Umgebungen von a fur ε ,ε

2,ε

4

a]

a− ε[

a + ε

u

a]

a− ε

2

[

a +ε

2

u

a]

a− ε

4

[

a +ε

4

u

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10 Bruckenkurs Mathematik, c©K.Rothe, Vorlesung Folgen und Stetigkeit

Eine Folge (an)n∈IN konvergiert gegen einen Grenz-wert a, wenn sich anschaulich gesprochen die Folgen-glieder mit wachsendem n beliebig gut an a annahern.

Definition:

Eine reelle Zahlenfolge (an)n∈IN konvergiert gegenden Grenzwert a ∈ IR, man schreibt dann

limn→∞

an = a oder ann→∞−→ a ,

falls fur alle (insbesondere beliebig kleine) ε > 0 einN(ε) ∈ IN existiert, mit

|an − a| < ε, fur alle n ≥ N(ε) .

Beispiel: Konvergenz

an =1

n⇒ lim

n→∞an = lim

n→∞

1

n= 0 = a

a

a + εa− ε6 6

an

0 0.5 1.0rrrrrrrrrrrrrrrrrrrr

ε-Umgebung um a = 0

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Bruckenkurs Mathematik, c©K.Rothe, Vorlesung Folgen und Stetigkeit 11

Fur die Konvergenz einer Folge mussen sichalle Folgenglieder an fur n ≥ N(ε) in der ε-Umgebungum a befinden:

|an − a| < ε ,

d.h. sie mussen sich beliebig nahe an a annahern.

Beispiel: Divergenz

an = (−1)n

⇒ limn→∞

a2n = limn→∞

(−1)2n = 1

∧ limn→∞

a2n+1 = limn→∞

(−1)2n+1 = −1

a2n+1 a2n

−1 0 1a + εa− ε

6 6r rr

ε-Umgebung um a = 1

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12 Bruckenkurs Mathematik, c©K.Rothe, Vorlesung Folgen und Stetigkeit

Definition:

Eine reelle Zahlenfolge heißt divergent, wenn sie nichtkonvergiert.

Definition:

Eine reelle divergente Zahlenfolge heißt uneigentlichkonvergent, falls gilt

limn→∞

an =∞ ∨ limn→∞

an = −∞ .

Beispiel: uneigentliche Konvergenz

an = n

a1 a2 a3 a4 an−1 an an+1· · · · · ·

1 2 3 4 na + εa− ε

6 6r r r r r r r r r r

Diese Folge divergiert. Man erhalt offenbar:

limn→∞

an = limn→∞

n =∞

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Bruckenkurs Mathematik, c©K.Rothe, Vorlesung Folgen und Stetigkeit 13

Elementare Grenzwerte:

1. konstante Folge: limn→∞

c = c mit c ∈ IR

2. limn→∞

1

n= 0

3. limn→∞

1

nk= 0 , k = 2, 3, 4, ...

4. geometrische Folge: limn→∞

qn = 0 fur |q| < 1

Beispiel: limn→∞

(3

4

)n= 0 , beachte

∣∣∣∣34∣∣∣∣ < 1

5. Exponentialfunktionsfolge: limn→∞

(1 +

x

n

)n= ex

Beispiel: limn→∞

(1 +

1

n

)n= e1 = e = 2.7182818284590...

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14 Bruckenkurs Mathematik, c©K.Rothe, Vorlesung Folgen und Stetigkeit

Rechenregeln fur konvergente Zahlen-folgen

Es seien (an)n∈IN und (bn)n∈IN konvergente Zahlen-folgen, dann gilt:

1. limn→∞

(an ± bn) = limn→∞

an ± limn→∞

bn,

Beispiel:

limn→∞

(1 +

1

n

)= lim

n→∞1 + lim

n→∞

1

n= 1 + 0 = 1

2. limn→∞

(λan) = λ · limn→∞

an, fur λ ∈ IR,

Beispiel:

limn→∞

2

n= lim

n→∞2 · 1

n= 2 lim

n→∞

1

n= 2 · 0 = 0

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Bruckenkurs Mathematik, c©K.Rothe, Vorlesung Folgen und Stetigkeit 15

3. limn→∞

(anbn) = limn→∞

an · limn→∞

bn,

Beispiel:

limn→∞

1

n2= lim

n→∞

1

n· 1

n= lim

n→∞

1

n· limn→∞

1

n= 0 · 0 = 0

4. limn→∞

(anbn

)=

limn→∞

an

limn→∞

bn, falls bn 6= 0 und lim

n→∞bn 6= 0,

Beispiel:

limn→∞

n2 + 3n

n3= lim

n→∞

n3

n3· 1/n + 3/n2

1

= limn→∞

1/n + 3/n2

1=

limn→∞

1/n + 3/n2

limn→∞

1

=0 + 3 · 0

1= 0

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16 Bruckenkurs Mathematik, c©K.Rothe, Vorlesung Folgen und Stetigkeit

Beispiel:

limn→∞

n2 + 5

4n2 − 2n= lim

n→∞

n2

n2· 1 + 5/n2

4− 2/n

= limn→∞

1 + 5/n2

4− 2/n=

limn→∞

1 + 5/n2

limn→∞

4− 2/n

=1 + 5 · 0

4− 0=

1

4

5. limn→∞|an| =

∣∣∣ limn→∞

an

∣∣∣,Beispiel:

limn→∞−(

1 +1

n

)= −(1 + 0) = −1

limn→∞

∣∣∣∣−(1 +1

n

)∣∣∣∣ = limn→∞

(1 +

1

n

)= 1 + 0 = 1

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Bruckenkurs Mathematik, c©K.Rothe, Vorlesung Folgen und Stetigkeit 17

6. limn→∞

(an)k = ( limn→∞

an)k, fur festes k ∈ IN ,

Beispiel:

limn→∞

(1− 2

n

)3n

= limn→∞

((1 +

(−2)

n

)n)3

=

(limn→∞

(1 +

(−2)

n

)n)3

= (e−2)3 = e−6

7. limn→∞

m√an = m

√limn→∞

an,

mit an ≥ 0 und festes m ∈ IN.

Beispiel:

limn→∞

√1 + 5/n2

4− 2/n=

√limn→∞

1 + 5/n2

4− 2/n=

√1

4=

1

2

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18 Bruckenkurs Mathematik, c©K.Rothe, Vorlesung Folgen und Stetigkeit

Reihen:

Gegeben sei eine Folge (an)n∈IN.

Daraus wird jetzt eine weitere Folge (Sn)n∈IN folgen-dermaßen konstruiert:

Sn := a1 + a2 + a3 + · · · + an−1 + an =

n∑k=1

ak .

Sn ist also die Partialsumme der ersten n Gliederder Folge an.

Die Partialsummenfolge (Sn)n∈IN heißt Reihe.

Im Falle der Konvergenz, d.h. falls

S := limn→∞

Sn = limn→∞

n∑k=0

ak =:

∞∑k=0

ak

existiert, nennt man S auch Wert der unendlichenReihe.

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Bruckenkurs Mathematik, c©K.Rothe, Vorlesung Folgen und Stetigkeit 19

Beispiel: geometrische Reihe

Fur an = qn mit n ∈ IN0 und q ∈ IR erhalt man diegeometrische Reihe:

Sn := 1 + q + q2 + · · · + qn−1 + qn =

n∑k=0

qk .

Die Partialsummen lassen sich auch folgendermaßen be-rechnen:

Sn =1− qn+1

1− q.

Aus |q| < 1 folgt limn→∞

qn = 0.

Daher konvergiert die geometrische Reihe fur |q| < 1und es gilt

∞∑k=0

qk =1

1− q.

Beispiel:

∞∑k=0

1

2k=

1

1− 1/2= 2 .

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20 Bruckenkurs Mathematik, c©K.Rothe, Vorlesung Folgen und Stetigkeit

Grenzwerte bei Funktionen

Gegeben seien die Funktion f mit a, b ∈ IR

f : [a, b] → IR ,

x 7→ f (x)

und ein festes x0 ∈ [a, b].

Definitionsbereich:Betrachte konvergente Folgen xn ∈ [a, b]\{x0}mit Grenz-wert x0, d.h.:

limn→∞

xn = x0 ⇔ xnn→∞−→ x0 .

Wertebereich:Was lasst sich uber die zugehorigen Funktionswertfolgenf (xn) aussagen?

limn→∞

f (xn) = ? ⇔ f (xn)n→∞−→ ?

1. Konvergiert die Folge der f (xn) fur jede Folge xn?

2. Haben alle Folgen f (xn) zu verschiedenen Folgen xnden gleichen Grenzwert y0?

Gilt also: xnn→∞−→ x0 ⇒ f (xn)

n→∞−→ y0 .

3. Gilt y0 = f (x0)?

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Bruckenkurs Mathematik, c©K.Rothe, Vorlesung Folgen und Stetigkeit 21

Folgen im Definitionsbereich [a, b] von f

Betrachtet werden konvergente Folgen xn ∈ [a, b]\{x0}mit Grenzwert x0, also:

limn→∞

xn = x0 .

Man erhalt solche Folgen beispielsweise durch

xn = x0 + an mit einer Nullfolge an, d.h. limn→∞

an = 0:

limn→∞

xn = limn→∞

x0+an = limn→∞

x0+ limn→∞

an = x0+0 = x0.

Beispiele:

1. xn = x0 +5

2n⇒ lim

n→∞xn = lim

n→∞x0 + lim

n→∞

5

2n= x0

x0ssssss �

xn- x

6

y

Die Folge xn nahert sich x0 von rechts.

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22 Bruckenkurs Mathematik, c©K.Rothe, Vorlesung Folgen und Stetigkeit

2. xn = x0 −6

n⇒ lim

n→∞xn = lim

n→∞x0 − lim

n→∞

6

n= x0

x0s s s s s ssssssssss-

xn- x

6

y

Die Folge xn nahert sich x0 von links.

3. xn = x0 + 3(−1)n

n⇒ lim

n→∞xn = lim

n→∞x0 + 3 lim

n→∞

(−1)n

n= x0

x0s ss ss ss ss ss ss ss �

xn-

xn- x

6

y

Die Folge xn nahert sich x0 von links und rechts.

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Bruckenkurs Mathematik, c©K.Rothe, Vorlesung Folgen und Stetigkeit 23

Funktionswertfolgen im Wertebereich f ([a, b])

Zu einer (beliebigen) im Definitionsbereich konvergen-ten Folge mit xn ∈ [a, b]\{x0} und Grenzwert x0, also

limn→∞

xn = x0 ,

wird jetzt die zugehorige Funktionswertfolge f (xn) imWertebereich auf Konvergenz untersucht.

x0

f (x0)

f

a b��������������������

s s ssssss6�

6�

s

sssssss

-

xn

6

f (xn)

- x

6y

limn→∞

f (xn) =?

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24 Bruckenkurs Mathematik, c©K.Rothe, Vorlesung Folgen und Stetigkeit

Beispiel 1:Im Intervall [3, 10] sei die Funktion f gegeben mit

f (x) =

x− 4 , fur 3 ≤ x < 7

3.5 , fur x0 = 7

x− 3 , fur 7 < x ≤ 10 .

Gegeben seien die Folgen xn und xn:

3 ≤ xn < 7 mit limn→∞

xn = 7⇒ limn→∞

f (xn) = 3.0

7 < xn ≤ 10 mit limn→∞

xn = 7⇒ limn→∞

f (xn) = 4.0

7

3

3.5

4

f

3 10

��������

e

������������

eu

s s ssssss6�

6�

ssssssss

ssssss ss

6�

6�

ssssssss

xn�-

xn

6

f (xn)

?

f (xn)

- x

6y

Verschiedene Folgen xn mit limn→∞

xn = 7 besitzen also

unterschiedliche Grenzwerte limn→∞

f (xn) oder konvergie-

ren nicht.

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Bruckenkurs Mathematik, c©K.Rothe, Vorlesung Folgen und Stetigkeit 25

Beispiel 2:

Im Intervall [3, 10] sei die Funktion f gegeben mit

f (x) =

{x− 4 , fur x 6= 7

6.5 , fur x0 = 7 .

7

3

6.5f

3 10

��������

������������

e

u

s s ssssss6�

6�

ssssssss

ssssss ss

6�

6�

ssssssss

xn�-

xn

6

f (xn)

?

f (xn)

- x

6y

Gegeben sei eine beliebige Folge xn mit limn→∞

xn = 7,

dann gilt

limn→∞

f (xn) = 3 6= 6.5 = f (7) .

Zu allen gegen 7 konvergenten Folgen im Definitionsbe-reich konvergieren die zugehorigen Funktionswertfolgenalle gegen den Wert 3, jedoch nicht gegen den Funktion-wert bei x = 7.

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26 Bruckenkurs Mathematik, c©K.Rothe, Vorlesung Folgen und Stetigkeit

Beispiel 3:

Gegeben sei f : IR\{0} → [−1, 1] mit

x 7→ f (x) = sin

(1

x

).

-2 -1 1 2x

-2

-1

1

2

y

f (x) = sin(1/x) mit Definitionslucke in x0 = 0

Frage:Kann in der Definitionslucke x0 = 0 ein Funktionswerty0 so erganzt werden, dass fur alle Folgen xn

n→∞−→ x0gilt

f (xn)n→∞−→ y0 ?

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Bruckenkurs Mathematik, c©K.Rothe, Vorlesung Folgen und Stetigkeit 27

Antwort: Nein

Wir definieren die Nullfolgen

xn =1

π/4 + 2nπ, xn =

1

π/2 + 2nπ,

die verschiedene Funktionsgrenzwerte nach sich ziehen

limn→∞

f (xn) = limn→∞

sin

(1

1/(π/4 + 2nπ)

)

= limn→∞

sin (π/4 + 2nπ) = limn→∞

sin(π/4) =1√2,

limn→∞

f (xn) = limn→∞

sin

(1

1/(π/2 + 2nπ)

)= lim

n→∞sin (π/2 + 2nπ) = lim

n→∞sin(π/2) = 1 .

Bemerkung:

Mit entsprechenden Folgen xn kann sogar jeder Funkti-onsgrenzwert zwischen -1 und 1 erzeugt werden.

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28 Bruckenkurs Mathematik, c©K.Rothe, Vorlesung Folgen und Stetigkeit

Definition

Gegeben seien die Funktion f mit a, b ∈ IR

f : [a, b] → IR ,

x 7→ f (x)

mit festem x0 ∈ [a, b].Betrachet werden alle konvergentenFolgen im Definitionsbereich

xn ∈ [a, b]\{x0} mit limn→∞

xn = x0 .

Gilt fur alle zugehorigen Funktionswertfolgen

limn→∞

f (xn) = y0 ,

dann konvergiert f fur x → x0 gegen den Grenz-wert y0. (Es muss nicht notwendig y0 = f (x0) gelten.)

Die Kurzschreibweise lautet:

limx→x0

f (x) = y0 .

Mit der Bezeichnung x → x0 erfasst man die Gesamt-heit aller Folgen, fur die lim

n→∞xn = x0 gilt.

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Bruckenkurs Mathematik, c©K.Rothe, Vorlesung Folgen und Stetigkeit 29

Stetigkeit:

f heißt stetig in x0, falls gilt

limx→x0

f (x) = f (x0) .

f heißt stetig in [a, b], falls f fur alle Werte x0 ∈ [a, b]stetig ist.

Stetigkeit von f in x0 als Vertauschung von Grenzwert-bildung und Funktionsauswertung: fur lim

n→∞xn = x0

⇒ limn→∞

f (xn)f stetig= f (x0) = f

(limn→∞

xn

).

1 2 3 4 5 6x

-1

-0.5

0.5

1

y

stetige Funktion sinx , x ∈ [0, 2π]

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30 Bruckenkurs Mathematik, c©K.Rothe, Vorlesung Folgen und Stetigkeit

Bemerkungen:

• Die Stetigkeit wurde uber den Grenzwert von Folgendefiniert.

Deshalb wird diese Definition der Stetigkeit auch alsFolgenkriterium bezeichnet.

• Die Stetigkeit von f in x0 kann auch aquivalent uberdas ε-δ Kriterium definiert werden:

Fur alle (insbesondere sehr kleine) ε > 0 existiertein δ > 0, so dass fur alle x ∈ [a, b] gilt:

|x− x0| < δ ⇒ |f (x)− f (x0)| < ε .

x0 − δ

6x0x0 + δ

6

f (x0) + ε

f (x0)

f (x0)− ε

a b

f

s

��������������������������

fe��

����

6�

- x

6y

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Bruckenkurs Mathematik, c©K.Rothe, Vorlesung Folgen und Stetigkeit 31

• Der Funktionsgraph einer in [a, b] stetigen Funktionenthalt keine Sprunge.

Diese Eigenschaft fuhrt auf den

Zwischenwertsatz:

Sei f : [a, b]→ IR eine stetige Funktion, dann gilt

f (a)·f (b) < 0 ⇒ ∃ x0 ∈]a, b[ mit f (x0) = 0.

f

u

��������������������

f

f

e���������

u

������

- x

6y

a b0

0 > f (a)

0 < f (b)

x0x

Bemerkung:

Bei x ist f unstetig, springt von negativen zu posi-tiven Funktionswerten und besitzt damit keine Null-stelle in [a, b].

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32 Bruckenkurs Mathematik, c©K.Rothe, Vorlesung Folgen und Stetigkeit

Beispiel einer unstetigen Funktion:

f : IR → IR ,

x 7→ f (x) =

{x + 1 , x < 1 ,

−(x− 1)2 + 3 , x ≥ 1

f ist in x0 = 1 unstetig, denn es gilt

limx→1x<1

f (x) = limx→1x<1

(x + 1) = 2 6= f (1) = 3 .

-4 -2 2 4x

-3

-2

-1

1

2

3

4

y

f (x) ist unstetig in x0 = 1

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Bruckenkurs Mathematik, c©K.Rothe, Vorlesung Folgen und Stetigkeit 33

Beispiel:

f : IR → IR ,

x 7→ f (x) =

{x + 1 , x < 1 ,

−(x− 1)2 + b , x ≥ 1

Wahle b ∈ IR so, dass f in x0 = 1 stetig wird.

Stetigkeitsforderung:

limx→1x<1

f (x) = limx→1x<1

(x + 1) = 2!

= f (1) = b

-2 -1 1 2 3x

-2

-1

1

2

3

y

f (x) ist stetig in x0 = 1 mit b = 2

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34 Bruckenkurs Mathematik, c©K.Rothe, Vorlesung Folgen und Stetigkeit

Beispiele fur stetige Funktionen:

Gegebenenfalls sind die bekannten Einschrankungen imDefinitionsbereich zu beachten.

• Polynome: p(x) = anxn + · · · a1x + a0

•Rationale Funktionen:p(x)

q(x)=anx

n + · · · a1x + a0bmxm + · · · b1x + b0

• Betragsfunktion: f (x) = |x|

• Trigonometrische Funktionen:

sin(x) , cos(x) , tan(x) , cot(x)

sowie deren Umkehrfunktionen.

• Exponentialfunktion und Logarithmus:

exp(x) , ln(x)

•Hyperbelfunktionen:

sinh(x) , cosh(x) , tanh(x) , coth(x)

sowie deren Umkehrfunktionen.

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Bruckenkurs Mathematik, c©K.Rothe, Vorlesung Folgen und Stetigkeit 35

Zusammensetzung stetiger Funktionen:

Sind die Funktionen f (x) und g(x) stetig,dann sind auch die folgenden Funktionen stetig:

• f (x) + g(x) ,

• c · f (x) , mit c ∈ IR ,

• f (x) · g(x) ,

• f (x)

g(x)fur g(x) 6= 0 ,

• f (g(x)) (Definitionsbereich beachten).

Beispiel:

f (x) = sin

(3 cos(x)− 4

(x2 + 1) exp(x)

)ist stetig.