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DOI: 10.1002/ckon.201310206 Chemische Schalter als potenzielle Lernschalter Fachdidaktische Begleitung eines Sonderforschungsbereichs Stefan Schwarzer,* Julian Rudnik* und Ilka Parchmann* [a] Zusammenfassung: Eine stȨrkere Verknɒpfung von Fachforschung, Bildung und Ȕffentlichkeitsarbeit bietet vielfȨltige Potenziale. Dieser Beitrag stellt die fachdidaktische Begleitung des Sonderforschungsbereichs 677 „Funktion durch Schalten“ vor, der molekulare Maschinen im Bereich der Nanowissenschaften beforscht. Es wird ein Schɒlerlaborkonzept fɒr die Oberstufe, basierend auf dem Modell der Didaktischen Rekonstruktion, praxisnah erlȨutert. Fɒr die Vorbereitung und Integration eines Schɒlerlaborbesuchs in den Unterricht werden entsprechende Materialien vorgestellt. Abschließend wird ein Ausblick auf empirische Untersuchungen, zu Forschungsfragen wie Erwartungen und Bewertungen des Schɒlerlaborbesuchs durch Schɒlerinnen und Schɒ- ler, gegeben. Stichworte: chemische Schalter · Nanowissenschaft · Outreach · Struktur-Eigenschafts-Beziehungen Chemical switches as the potential learning switch Abstract: Linking disciplinary research, education and public relations in a better way offers manifold potenti- als. This contribution illustrates the educational support given by the Collaborative Research Center SFB 677 “Function by Switching”, which investigates molecular machines in the field of nano-sciences. Based on the Model of Educational Reconstruction, we present a student-lab concept for upper secondary classes. We also describe experiments suitable for school lessons and preparation of the lab visit. Finally we give an overview about empirical investigations, ranging from research studies to expectations and ratings of high school students who visited the lab. Keywords: chemical switches · nano-science · outreach · structure-property relationships 1. Einleitung Seit dem Jahr 2006 fçrdert die Deutsche Forschungsgemein- schaft verstȨrkt den „Outreach“ bzw. den Dialog zwischen einer breiten Ȕffentlichkeit und den in Sonderforschungsbe- reichen (SFB) interdisziplinȨr tȨtigen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern. Hierfɒr wurden eigens Teilprojekte fɒr Ȕffentlichkeitsarbeit (TPȔ) eingerichtet. Ziel soll es sein, die Sichtbarkeit interdisziplinȨr tȨtiger Forschungsprogramme zu erhçhen und einen Einblick in den Arbeitsalltag von Wissen- schaftlerinnen und Wissenschaftlern zu geben. Nicht zuletzt erhofft man sich dadurch eine grçßere Sichtbarkeit fɒr den po- tenziellen wissenschaftlichen Nachwuchs, d.h. auch Schɒlerin- nen und Schɒler sowie Studierende fɒr das eigene Forschungs- feld begeistern zu kçnnen [1]. Der SFB 677 „Funktion durch Schalten“ an der UniversitȨt zu Kiel [2] forscht an molekularen Schaltern und Maschinen im Bereich der Nanowissenschaften und wird seit Mitte 2011 vom IPN Kiel fachdidaktisch begleitet. Das breite naturwissen- schaftliche Forschungsfeld des SFB soll in diesem Artikel am Beispiel eines Schɒlerlaborkonzepts dargelegt werden. Die Outreachmaßnahmen knɒpfen dabei an das weite Gebiet der Nanotechnologie an, das interessante Perspektiven fɒr die Schule bietet und bereits Eingang in die Fachdidaktik gefun- den [3–6] sowie verschiedene experimentelle Unterrichtsma- terialien [z.B. 7] hervorgebracht hat. Spezifisch werden darauf aufbauend Schaltprozesse und schaltbare Verbindungen erar- beitet, die hȨufig in nanodimensionierte Umgebungen einge- bettet sind und durch externe Stimuli funktionalisiert werden kçnnen. Nachfolgend werden zunȨchst die Schwerpunkte und Ziele des Teilprojekts Ȕffentlichkeitsarbeit des SFB 677 vorgestellt. Als konkretes Projekt wird das Konzept des Schɒlerlabors „Klick!“ dargestellt, das nicht nur im Rahmen der Kieler For- schungswerkstatt [8], sondern auch anderenorts genutzt werden kann. 2. Funktion durch Schalten – ein Thema fɒr Forschung, Entwicklung und Bildung Die Untersuchung und Nachbildung von Schaltmechanismen sind in den letzten Jahren zunehmend in das Interesse der Wis- senschaft und Technik gerɒckt, der Sonderforschungsbereich 677 ist ein Beispiel dafɒr. Ziel dieses interdisziplinȨren For- schungsverbunds ist es, technische Funktionseinheiten auf mo- lekularer Ebene in artifiziellen Systemen zu realisieren (mole- kulare Maschinen), um neue Anwendungen zu ermçglichen. Um die molekulare Antwort auf einen externen Reiz in eine Funktion umsetzen zu kçnnen, mɒssen diese Verbindungen in eine wohl definierte Umgebung eingebracht sein und mit ihr kontrolliert wechselwirken. Diese Umgebung kann eine Lçsung, eine OberflȨche oder ein Funktionsmaterial sein. An diesem ɒbergreifenden Ziel arbeiten im SFB 677 Wissen- schaftlerinnen und Wissenschaftler aus der Chemie, Physik, Materialwissenschaften, Biologie und Medizin fȨcherɒbergrei- fend zusammen. Diese Breite und Vernetzung untereinander soll auch in den fachdidaktischen Projekten gezeigt und ver- mittelt werden. Ziel ist eine Umsetzung in verschiedene Lern- umgebungen und Lernangebote. Seit Mitte 2012 werden ein Konzept fɒr ein thematisches Schɒlerlabor „Klick!“ erprobt sowie eine Wissenschaftsausstellung „Nanoforschung in Kiel“, [a] Dr. S. Schwarzer, J. Rudnik, Prof. Dr. I. Parchmann Leibniz-Institut fɒr die PȨdagogik der Naturwissenschaften und Mathematik Olshausenstr. 62 24118 Kiel * E-Mail: [email protected] [email protected] [email protected] CHEMKON 2013, 20, Nr. 4, 175 – 181 # 2013 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim 175 ARTIKEL CHEMKON

Chemische Schalter als potenzielle Lernschalter

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Page 1: Chemische Schalter als potenzielle Lernschalter

DOI: 10.1002/ckon.201310206

Chemische Schalter als potenzielle LernschalterFachdidaktische Begleitung eines Sonderforschungsbereichs

Stefan Schwarzer,* Julian Rudnik* und Ilka Parchmann*[a]

Zusammenfassung: Eine st�rkere Verkn�pfung von Fachforschung, Bildung und �ffentlichkeitsarbeit bietetvielf�ltige Potenziale. Dieser Beitrag stellt die fachdidaktische Begleitung des Sonderforschungsbereichs 677„Funktion durch Schalten“ vor, der molekulare Maschinen im Bereich der Nanowissenschaften beforscht. Eswird ein Sch�lerlaborkonzept f�r die Oberstufe, basierend auf dem Modell der Didaktischen Rekonstruktion,praxisnah erl�utert. F�r die Vorbereitung und Integration eines Sch�lerlaborbesuchs in den Unterricht werdenentsprechende Materialien vorgestellt. Abschließend wird ein Ausblick auf empirische Untersuchungen, zuForschungsfragen wie Erwartungen und Bewertungen des Sch�lerlaborbesuchs durch Sch�lerinnen und Sch�-ler, gegeben.

Stichworte: chemische Schalter · Nanowissenschaft · Outreach · Struktur-Eigenschafts-Beziehungen

Chemical switches as the potential learning switch

Abstract: Linking disciplinary research, education and public relations in a better way offers manifold potenti-als. This contribution illustrates the educational support given by the Collaborative Research Center SFB 677“Function by Switching”, which investigates molecular machines in the field of nano-sciences. Based on theModel of Educational Reconstruction, we present a student-lab concept for upper secondary classes. We alsodescribe experiments suitable for school lessons and preparation of the lab visit. Finally we give an overviewabout empirical investigations, ranging from research studies to expectations and ratings of high school studentswho visited the lab.

Keywords: chemical switches · nano-science · outreach · structure-property relationships

1. Einleitung

Seit dem Jahr 2006 fçrdert die Deutsche Forschungsgemein-schaft verst�rkt den „Outreach“ bzw. den Dialog zwischeneiner breiten �ffentlichkeit und den in Sonderforschungsbe-reichen (SFB) interdisziplin�r t�tigen Wissenschaftlerinnenund Wissenschaftlern. Hierf�r wurden eigens Teilprojekte f�r�ffentlichkeitsarbeit (TP�) eingerichtet. Ziel soll es sein, dieSichtbarkeit interdisziplin�r t�tiger Forschungsprogramme zuerhçhen und einen Einblick in den Arbeitsalltag von Wissen-schaftlerinnen und Wissenschaftlern zu geben. Nicht zuletzterhofft man sich dadurch eine grçßere Sichtbarkeit f�r den po-tenziellen wissenschaftlichen Nachwuchs, d.h. auch Sch�lerin-nen und Sch�ler sowie Studierende f�r das eigene Forschungs-feld begeistern zu kçnnen [1].Der SFB 677 „Funktion durch Schalten“ an der Universit�t zuKiel [2] forscht an molekularen Schaltern und Maschinen imBereich der Nanowissenschaften und wird seit Mitte 2011 vomIPN Kiel fachdidaktisch begleitet. Das breite naturwissen-schaftliche Forschungsfeld des SFB soll in diesem Artikel amBeispiel eines Sch�lerlaborkonzepts dargelegt werden. DieOutreachmaßnahmen kn�pfen dabei an das weite Gebiet derNanotechnologie an, das interessante Perspektiven f�r dieSchule bietet und bereits Eingang in die Fachdidaktik gefun-den [3–6] sowie verschiedene experimentelle Unterrichtsma-terialien [z.B. 7] hervorgebracht hat. Spezifisch werden darauf

aufbauend Schaltprozesse und schaltbare Verbindungen erar-beitet, die h�ufig in nanodimensionierte Umgebungen einge-bettet sind und durch externe Stimuli funktionalisiert werdenkçnnen.Nachfolgend werden zun�chst die Schwerpunkte und Zieledes Teilprojekts �ffentlichkeitsarbeit des SFB 677 vorgestellt.Als konkretes Projekt wird das Konzept des Sch�lerlabors„Klick!“ dargestellt, das nicht nur im Rahmen der Kieler For-schungswerkstatt [8], sondern auch anderenorts genutztwerden kann.

2. Funktion durch Schalten – ein Themaf�r Forschung, Entwicklung und Bildung

Die Untersuchung und Nachbildung von Schaltmechanismensind in den letzten Jahren zunehmend in das Interesse der Wis-senschaft und Technik ger�ckt, der Sonderforschungsbereich677 ist ein Beispiel daf�r. Ziel dieses interdisziplin�ren For-schungsverbunds ist es, technische Funktionseinheiten auf mo-lekularer Ebene in artifiziellen Systemen zu realisieren (mole-kulare Maschinen), um neue Anwendungen zu ermçglichen.Um die molekulare Antwort auf einen externen Reiz in eineFunktion umsetzen zu kçnnen, m�ssen diese Verbindungen ineine wohl definierte Umgebung eingebracht sein und mit ihrkontrolliert wechselwirken. Diese Umgebung kann eineLçsung, eine Oberfl�che oder ein Funktionsmaterial sein.An diesem �bergreifenden Ziel arbeiten im SFB 677 Wissen-schaftlerinnen und Wissenschaftler aus der Chemie, Physik,Materialwissenschaften, Biologie und Medizin f�cher�bergrei-fend zusammen. Diese Breite und Vernetzung untereinandersoll auch in den fachdidaktischen Projekten gezeigt und ver-mittelt werden. Ziel ist eine Umsetzung in verschiedene Lern-umgebungen und Lernangebote. Seit Mitte 2012 werden einKonzept f�r ein thematisches Sch�lerlabor „Klick!“ erprobtsowie eine Wissenschaftsausstellung „Nanoforschung in Kiel“,

[a] Dr. S. Schwarzer, J. Rudnik, Prof. Dr. I. ParchmannLeibniz-Institut f�r die P�dagogik der Naturwissenschaften undMathematikOlshausenstr. 6224118 Kiel* E-Mail: [email protected]

[email protected]@ipn.uni-kiel.de

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ARTIKEL CHEMKON

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multimediale Tools wie z.B. Podcasts und Inhalte f�r das Wis-senschaftsmagazin Spektrum neo in Kooperation mit demSpektrum Verlag erarbeitet. Weiterhin wurde eine Smartpho-ne Applikation „nanotçrn“ in Kooperation mit der Rijksuni-versit�t Groningen entwickelt. Wichtig f�r alle diese Projekteist die stete Verkn�pfung von Forschung und Entwicklung indoppelter Hinsicht: Als Ausgangslage werden einerseits Inhal-te aus der naturwissenschaftlichen Forschung, sowie anderer-seits aus der empirischen und didaktischen Forschung betrach-tet und hieraus die Entwicklung von Outreachaktivit�ten vor-angetrieben. Die Verkn�pfung beider Perspektiven erfolgt,wie unten dargestellt, entlang des Modells der DidaktischenRekonstruktion.F�r die Konzeption von Outreachmaßnahmen muss nat�rlichzun�chst begr�ndet werden, weshalb ein Forschungsthema f�rBildungsprozesse aufbereitet werden soll. Die F�lle bereitsvorhandener Themen verlangt gute Argumente f�r die Aus-weitung dieses Spektrums. Solche Gr�nde kçnnen sowohl inder Relevanz der wissenschaftlichen Forschung und Entwick-lung, aber auch in der mçglichen Verbesserung des Verst�nd-nisses f�r grundlegende Konzepte und Arbeitsweisen gesehenwerden. Welche Relevanz haben Schaltvorg�nge, die sich aufnaturwissenschaftliche Kenntnisse und Konzepte zur�ckf�h-ren lassen, im Alltag der Lernenden?Schalter kommen dort oftmals unbemerkt vor. W�hrendLichtschalter wenig spektakul�r sind, bieten funktionalisierteMolek�le oder Salze, die man zum Beispiel in sich verdun-kelnden Sonnenbrillen oder auch in zahlreichen biochemi-schen Prozessen im menschlichen Kçrper findet, ein grçßeresMotivationspotenzial. Tab. 1 gibt einen �berblick �ber ver-schiedene chemische, physikalische und biologische Schalter.Das fachdidaktische Potenzial, das durch die Aufarbeitungdieses Themenfeldes entsteht, schließt an Ans�tze und Befun-de f�r den Nanotechnologiebereich (siehe 1. Einleitung) an.Farbschalter sind auch f�r den Chemieunterricht bereits expe-rimentell zug�nglich gemacht worden, zum Beispiel durch daselektrochemische Schalten von Berliner Blau [14] oder denphotochromen Farbstoff Spiropyran [10,11].

Stefan Schwarzer studierte Chemie an derUniversit�t Oldenburg (Diplom 2007).Seine Promotionsarbeit in der Anorganikwurde von der Heinz-Neum�ller-Stiftunggefçrdert und an der Universit�t Oldenburgund der Monash University in Melbourne,Australien angefertigt. Seit Juli 2010 arbeiteter als wissenschaftlicher Mitarbeiter in derAbteilung Didaktik der Chemie am Leibniz-Institut f�r die P�dagogik der Naturwissen-schaften und Mathematik an der Universi-t�t Kiel.

Julian Rudnik studierte Chemie an derChristian-Albrechts-Universit�t zu Kiel(Diplom 2012). Seit Oktober 2012 promo-viert er in der Abteilung Didaktik derChemie am Leibniz-Institut f�r die P�dago-gik der Naturwissenschaften und Mathema-tik an der Universit�t Kiel. Das Themaseiner Arbeit lautet „Entwicklung konzeptio-neller Bildungsangebote im Bereich moleku-larer Schalter f�r den �bergang Schule –Studium“.

Ilka Parchmann ist seit Oktober 2009 Direk-torin der Abteilung Didaktik der Chemie amIPN und Professorin f�r Chemiedidaktik ander Universit�t Kiel. Sie hat das 1. und 2.Staatsexamen f�r das Lehramt an Gymnasi-en in den F�chern Biologie und Chemie ander Universit�t Oldenburg abgelegt. Nachder Promotion habilitierte sie sich in Didak-tik der Chemie. Ihre Hauptarbeitsgebietesind das kontextbasierte Lernen und Lehren,Fragen der Zielsetzung und Modellierungvon Kompetenzen in der Chemie, Konzep-tionen zur Lehreraus- und -fortbildung sowieMaßnahmen zur schulischen und außer-schulischen Talentfçrderung.

Tab. 1: �bersicht verschiedenartiger Schalter im Alltag

Thema Kontext Unterrichtsbezug

Metalle: Schaltbarer Magnetis-mus

Entmagnetisierung von magneti-schen Gegenst�nden z.B. Schiffs-r�mpfen oder Bauteilen von Uhren

Magnetismus als „verleihbare“ Eigenschaft, Hysteresekurve,Nagel verliert bei Schlag oder nach Erhitzen in der Brennerflam-me seinen Magnetismus und erh�lt ihn mittels Dauermagnetenzur�ck. Chemie/Physik, Sek. I (Idee: Sabine Nick)

Halbmetalle: (Schaltbare) Leit-f�higkeit als Stoffeigenschaft

�berhitzungsschutz in elektrischenGer�ten, PTC-Thermistoren alsF�llstandsanzeiger f�r �llager

Messung des Ohmschen Widerstandes verschiedener Metalle inAbh�ngigkeit der Temperatur, Chemie/Physik, Sek. I

Sehpurpur: Schaltbares Rho-dopsin bzw. Retinal

Rhodopsin als lichtsensitives Prote-in im menschlichen Auge. An Rho-dopsin gebundenes Retinal isomeri-siert unter Lichteinfluss [9]

Cis-trans-Isomerie mithilfe von Modellsystemen, wie einem pho-tochromen Spiropyran mit wellenl�ngenabh�ngiger reversiblerSchaltung, Chemie/Biologie, Sek. II [10,11]

Silberhalogenide und Wolfram-bronzen: Schaltbare anorgani-sche Redoxsysteme

Intelligente Gl�ser, wie photochro-me Brillengl�ser der 1. Generation,elektrochrome Scheiben [12] alsSonnenschutz in Fenstern von Ge-b�uden oder Raumteilern in Hotels

Silbernitratlçsung wird dem Sonnenlicht ausgesetzt; RedoxsystemHydrochinon/p-Benzochinon [13], Modellexperiment schaltbaresBerliner Blau bzw. Berliner Weiß, Chemie, Sek. II [14]

Spiropyrane und Azobenzole:Schaltbare organische Systeme

Intelligente Gl�ser, wie photochro-me Brillengl�ser der 2. Generationmit schnelleren Schaltzeiten [15]

Temperaturabh�ngige Gleichgewichtsreaktionen einer Spiropy-ranlçsung, Ringschluss, (nicht) konjugierte p-Systeme, Solvato-chromie, Chemie, Sek. II [10,11]

Schaltbare Indikatoren „Magic Straws“ als thermochromeSysteme im Alltag

Thermochromer „Babylçffel“ wird in eiskaltes oder heißes Wassergetaucht, Chromie durch S�ure-Base Reaktionen von Indikatoren,Chemie, Sek. I und II [16]

176 � 2013 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim CHEMKON 2013, 20, Nr. 4, 175 – 181

ARTIKEL Schwarzer, Rudnik, Parchmann

Page 3: Chemische Schalter als potenzielle Lernschalter

Es wird im Folgenden exemplarisch f�r das Sch�lerlabor„Klick!“ ausgef�hrt, wie auf Basis des Modells der Didakti-schen Rekonstruktion weitere Grundlagen und Schalter f�rLernprozesse entwickelt wurden und weiter untersuchtwerden.

3. Didaktische Rekonstruktionvon Lernangeboten f�r das Sch�lerlabor„Klick!“

Das Modell der Didaktischen Rekonstruktion [17] sieht vor,fach(wissenschaft)liche Perspektiven Lernerperspektiven ge-gen�berzustellen und beide so in Verbindung zu bringen, dasssie zur Gestaltung von Lernangeboten genutzt werdenkçnnen. Abb. 1 zeigt mçgliche Fragestellungen und Zielset-zungen f�r die Konzeption von Outreachmaßnahmen auf, dienicht nur Lernangebote, sondern auch verschiedene Lernum-gebunden einbeziehen.

Die inhaltliche Konzeption des Teilprojekts folgt im Prinzipder Struktur des SFB 677. Angeboten werden Themen zu dendrei Gebieten (1) Nano-Grundlagen, (2) Methoden und Ver-fahren und (3) Schalter (Abb. 2). Aufgeschl�sselt werdendiese durch folgende Leitfragen: (1) Was bedeutet Nano-Wis-senschaft, wie lassen sich die besonderen Eigenschaften derNano-Welt erkl�ren? Welche Chancen und Risiken gibt es?(2) Mit welchen Methoden und Verfahren lassen sich Nano-strukturen und Funktionen untersuchen? Wie kçnnen Wissen-schaftlerinnen und Wissenschaftler z.B. Oberfl�chen modifi-zieren? (3) Welche Prinzipien des chemischen und physikali-schen Schaltens von Materie werden zur Konstruktion von

(Nano)Schaltern ausgenutzt? Welche Alltagsprodukte gibt esin diesem Bereich bereits?Das Sch�lerlabor „Klick!“ bietet den Lernenden auch mitein-ander verkn�pfte methodische Zug�nge: (a) ExperimentelleUntersuchungen, (b) multimediale Modellbetrachtungen zurAuswertung der Experimente und zur Deutung der Ph�nome-ne sowie (c) Anregungen zum Vergleich der eigenen Experi-mente und Modelle mit authentischen Arbeiten der Fachwis-senschaftler im SFB 677. Die Lernenden sollen Einblicke indie Deutung von Struktur-Eigenschafts-Beziehungen verschie-dener Niveaus (unterschiedlich f�r verschiedene Altersgrup-pen, siehe Ausblick) erhalten, moderne Charakterisierungs-methoden kennen lernen (vgl. [18]) und die vielf�ltigen Mçg-lichkeiten der Gestaltung von Schaltern exemplarisch untersu-chen. Neben den bereits erw�hnten Farbschaltern werdenauch Oberfl�chenph�nomene (Hydrophilie/-phobie) betrach-tet. Tab. 2 gibt einen �berblick �ber die drei Themenfelderund dazugehçrigen Stationen, die in enger Zusammenarbeitmit Kolleginnen und Kollegen der Fachwissenschaften konti-nuierlich erweitert werden.Nachfolgend wird f�r drei Stationen erl�utert, wie das Modellder Didaktischen Rekonstruktion konkret genutzt wurde, um

Abb. 2: Exemplarische Verkn�pfung von Forschungsprojekten desSFB mit Anwendungskontexten und Schulexperimenten (Fotos imUhrzeigersinn zu 1: Seifenblase, Ferrofluid, Goldnanopartikel; zu 2 :Kontaktwinkelmessung, Mitglieder des SFB 677, AFM-Aufnahmeeines Haares, zu 3 : schaltbare Benetzungsf�higkeit einer Oberfl�che,thermo- und photochrome Verbindungen)

Abb. 1: Nutzung des Modells der Didaktischen Rekonstruktion zumKonzipieren von Outreachmaßnahmen

Tab. 2: �bersicht derzeitiger Themen und Experimente im Sch�lerlabor „Klick!“

Experimente

1. Nano- Grundlagen – Schichtdickenbestimmung einer Seifenblase [19]– Interferenzbetrachtung einer Seifenblase [19]– Herstellung und Charakterisierung von Gold-Nanopartikeln [20]– Herstellung und Charakterisierung von Zinkoxid-Nanopartikeln [21]

2. Methoden und Verfahren – Arbeiten am Rasterkraftmikroskop– Kontaktwinkelmessung an verschiedenen Oberfl�chen mit unterschiedlichen Fl�ssigkeiten [22]– Auswertungen am Computer

3. Schalter – Thermisches Schalten eines Kupferkomplexes hinsichtlich seiner Farbigkeit [23]– Thermisches Schalten eines Eisenkomplexes hinsichtlich seiner Farbigkeit und seines magnetischen

Verhaltens [24]– Photoschaltbares Spiropyran hinsichtlich seiner Farbigkeit [10,11]– Elektrochromes Schalten von Berliner-Blau hinsichtlich seiner Farbigkeit [14]

CHEMKON 2013, 20, Nr. 4, 175 – 181 � 2013 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim www.chemkon.wiley-vch.de 177

Chemische Schalter CHEMKON

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wissenschaftliche Themen mit Lernerperspektiven zu ver-kn�pfen und anvisierte Lernprozesse nachfolgend weiter zuuntersuchen.

Themenfeld 1: Grçßenvorstellungen und Nano-Grundlagen

Wie vielfach in der fachdidaktischen Literatur beschrieben[25], haben Sch�ler oftmals Schwierigkeiten mit Grçßenvor-stellungen, insbesondere in unvorstellbar kleinen bzw. großenDimensionen. Diese kçnnen nur sehr mittelbar erfasstwerden, z. B. �ber grçßenabh�ngige Ph�nomene. Im „Klick!“wird dazu ein Experiment zur Ermittlung der Schichtdickeeiner Seifenblase eingesetzt, das bereits in CHEMKON be-schrieben wurde [19] und an den �lfleckversuch der Schulche-mie ankn�pfen kann. Ausgangspunkt ist eine Beobachtungaus dem Alltag hinsichtlich des schillernden, farbigen Erschei-nungsbildes von Seifenblasen. Dieses l�sst sich �ber Interfe-renzerscheinungen deuten, die wiederum mit unterschiedli-chen Schichtdicken an verschiedenen Stellen der Seifenblasezusammenh�ngen. Der Zugang f�hrt zu der Frage, wie dickeine Seifenblase denn eigentlich ist.Wie in Abb. 3 aufgezeigt, wird in dieser Station die eigene Un-tersuchung einer wissenschaftlichen Methode und deren Be-deutung in der Forschung gegen�bergestellt. Auch in derFachwissenschaft werden Ger�te zur Schichtdickenbestim-mung, wie beispielsweise ein Ellipsometer, eingesetzt, umSchichtdicken verschiedener Materialien und damit deren Ei-genschaften besser zu charakterisieren und verstehen zu

kçnnen. Sch�ler- und Fachperspektive werden somit in Ver-bindung gebracht. Die eigene Bestimmung der Schichtdickeeiner Seifenblase kann einfach durch die Sch�lerinnen undSch�ler durchgef�hrt werden. In einem Anschlussversuchlernen sie, die Farberscheinung der Interferenzringe zudeuten. Auf diese Weise wird ein Bezug zu nanodimensionier-ten Systemen einerseits durch die zu bestimmende Schicht-dicke (~500 nm) und anderseits durch die Wellenl�nge desLichts, das in grober N�herung der Interferenzringfarbe ent-spricht, hergestellt. Beides kann, wie in [19] beschrieben, auchin der Schule umgesetzt werden.

Themenfeld 2: Methoden und Verfahren

Im Themenfeld Methoden und Verfahren wird wiederum voneiner bekannten Schwierigkeit ausgegangen. Diese besteht inder Interpretation von Darstellungen, die f�r das menschlicheAuge nicht sichtbare Dimensionen zeigen: Sieht man auf

einer Aufnahme eines Rastertunnelmikroskops Atome? [26]Forschungsmethoden, z.B. ein professionelles Rasterkraftmi-kroskop (AFM), werden auch in diesem Themenfeld Vorstel-lungen von Sch�lerinnen und Sch�lern gegen�bergestellt unddurch den Einsatz von Modell, Animation, Experiment undAufgaben erarbeitet (Abb. 4). Die Sch�ler lernen Ger�tekennen, die in der (Nano)forschung zur Strukturaufkl�rungund -manipulation eingesetzt werden. Aus Gr�nden der Er-kl�rbarkeit wird dabei ein Rasterkraftmikroskop anstelleeines Rastertunnelmikroskops (vgl. [18]) eingesetzt. DemScanvorgang des AFM liegen u.a. Van-der-Waals-Wechselwir-kungen zugrunde, die bereits im Chemieunterricht eingef�hrtwerden. Die Sch�ler kçnnen selbst an einem AFM Probenvermessen und mit Hilfe einer Simulation und Software aus-werten. Das Messprinzip wird mit Hilfe eines einfachen Ana-logiemodells [27] gezeigt, das verdeutlicht, wie die Bilder ent-stehen. Unterschiede zwischen Modell und realem Messprin-zip – die Wechselwirkungen – werden jedoch ebenfalls deut-lich herausgestellt. In einer aktuell laufenden Masterarbeitwird untersucht, inwiefern Sch�lerinnen und Sch�ler tats�ch-lich ein Verst�ndnis dieser Technik entwickeln und dabeiGrundlagen aus dem Chemieunterricht �ber Wechselwirkun-gen anwenden.

Themenfeld 3: Chemische Schalter

Im dritten Themenfeld Schalter werden verschiedene Schalt-vorg�nge initiiert und auf struktureller Basis erkl�rt. Hiersteht folglich das Basiskonzept der Struktur-Eigenschafts-Be-ziehungen im Fokus, das unter anderem verschiedene Bin-dungstypen und Strukturen vertieft oder erweitert, bspw. orga-nische Farbstoffmolek�le oder Komplexverbindungen. DieSFB relevante Verbindungsklasse der Azoverbindungen, dief�r Schulversuche nicht eingesetzt werden kann, wird imSinne einer Ersatzstoffpr�fung durch ein ungef�hrlicheres Spi-ropyran [10,11] substituiert.F�r die Didaktische Rekonstruktion wurde die Sch�lervorstel-lung zur Farbigkeit aufgegriffen (Abb. 5), die unter Umst�n-den auf eine scheinbare Eigenschaft einzelner Atome zur�ck-gef�hrt wird [28]. Durch das Schalten wird der Fokus jedochauf die Strukturen der Verbindungen gelenkt, da sich beimSchaltvorgang die Art und Anzahl der Atome nicht ver�ndert.Schaltbare Molek�le werden im SFB 677 mit unterschiedli-chen Zielen hergestellt [29–31]. Die Vielzahl von bereits vor-handenen chemischen Schaltern im Alltag, chromophoreTrinkbecher, „Babylçffel“ [16], Aquarienthermometer oder

Abb. 3: Grçßenabh�ngige Ph�nomene am Beispiel einer Seifenblase(Foto oben: Vermessung einer Seifenblase im „Klick!“, unten rechts:Interferenz an einer Seifenblase, unten links: Ellipsometer aus demSFB 677, AG Faupel)

Abb. 4: Grçßenvorstellung und Abbildungsmçglichkeiten kleinerStrukturen unter Zuhilfenahme eines Rasterkraftmikroskops (Fotooben: Rasterkraftmikroskop der Fa. Nanosurf, Modell eines Raster-kraftmikroskops nach [27], unten links Rasterkraftmikroskop aus demSFB 677, AG Berndt)

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Scheiben, zeigt aber auch, dass die Forschungsrelevanz engmit Anwendungen verkn�pft ist. Ebenfalls kçnnen in diesemThemenbereich grçßenabh�ngige Farberscheinungen im Ta-geslicht f�r Gold-Nanopartikel oder unter UV-Licht f�r Zink-oxid-Nanopartikel beobachtet werden. Dies bietet einenAnsatz zur Fçrderung des Konzeptverst�ndnisses, durch er-g�nzende Betrachtungen von Struktur-Eigenschafts-Bezie-hungen und daf�r nutzbaren Modellen.Als weiterf�hrender Einblick in aktuelle Forschungen undThemen der Universit�t wird derzeit die temperaturinduziertezeitgleiche �nderung von Farbe und magnetischem Zustandam Beispiel eines Eisen(II)-Spin-Crossover-Komplexes inte-griert, das als Ph�nomen auch außerhalb des Labors betrach-tet und zum Beispiel im Rahmen von fachlich anspruchsvollenFacharbeiten erschlossen werden kann (Abb. 6, Erl�uterungenzum Experiment finden sich in [24]).

�bergreifendes Themenfeld: Vorstellungen vonWissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern

Neben fachlichen Inhalten und Konzepten erscheint es nichtminder wichtig, auch die Personen selbst vorzustellen. Wassind Naturwissenschaftler f�r Menschen? Wie arbeiten sie,w�re das auch eine Perspektive f�r mich?Diese Reflektion beinhaltet das t�gliche Arbeiten im Labor,den Ideenaustausch und die Ideenfindung von Personen imDiskurs, im Arbeitsseminar oder auf Konferenzen. StereotypeVorstellungen [32] vom naturwissenschaftlichen Arbeitenwerden durch eigenes Experimentieren auf der einen und di-rektem und indirektem Kontakt zu Forscherinnen und For-schern auf der anderen Seite hinterfragt (Abb. 7). Realisiert

wird dieses durch Podcasts [33] und andere Medien, wie eineKooperation mit der Wissenschaftszeitschrift Spektrum neo,die den Vergleich des eigenen Handelns im Sch�lerlabor mitdem in der Fachwissenschaft ermçglichen. Weiterf�hrendsollen auch direkte Kontakte zwischen interessierten Sch�ler-gruppen und Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus-gebaut sowie Liveschaltungen in Labore integriert werden.

Vorbereitung im Unterricht

Werden Sch�lerlaborbesuche enger an den Unterricht ange-bunden, so kann nach dem derzeitigen Stand der Forschungdas aktuelle Interesse der Sch�lerinnen und Sch�ler an natur-wissenschaftlichen Themen l�ngerfristig konstant gehaltenwerden [34–37]. Hierzu werden die von einer Lehrkraft ent-wickelten Stationsarbeiten „Nanotechnologie im Alltag“ [38]eingesetzt. In einer schulischen Doppelstunde wird in den ent-sprechenden Teilaspekt des Sch�lerlabors „Klick!“ eingef�hrt.Nachbereitend stellen sich Sch�lerinnen und Sch�ler, die �berden Tag erzielten Ergebnisse in Form einer Pr�sentationspha-se untereinander vor. Die Lehrkraft bekommt Handreichun-gen zu allen Versuchen und Aufgaben, um diese, falls ge-w�nscht, sp�ter in der Schule diskutieren zu kçnnen.

4. Ausblick auf empirische UntersuchungenSo wie Naturwissenschaftler die Wirkungen ihrer Schalter un-tersuchen, sind auch die Autoren der �berzeugung, dass eineempirische �berpr�fung der Erreichbarkeit der von uns anvi-sierten Ziele im Sinne von „Lernschaltern“ unerl�sslich ist.Wir mçchten Einblicke in die an den Stationen initiiertenLernprozesse und Lernergebnisse erhalten. Das Teilprojekt�ffentlichkeit beinhaltet daher im nun folgenden Schritt auchempirische Untersuchungen. Sowohl Erwartungen und Bewer-tungen des Sch�lerlaborbesuchs (und analog der anderen An-gebote) als auch das fachinhaltliche Lernen sowie die Vorstel-lungen �ber die Naturwissenschaften und die dort arbeitendenPersonen werden einbezogen. Mit diesem Ziel werden aktuellverschiedene Verfahren und Instrumente wie Fragebçgen, In-terviews und Teaching Experiments [39] entwickelt und er-probt.Den theoretischen Rahmen bilden Modelle zu Interessen undVorstellungen [40], ein erarbeitetes Modell zur Authentizit�tsowie eine postulierte Struktur des Struktur-Eigenschafts-Konzepts (Abb. 8) f�r Lernprogressionen von Sch�lerinnenund Sch�lern (vgl. [3,41]).

Abb. 5: Farbigkeit als Eigenschaft nanodimensionierter Partikel undals Antwort auf Struktur�nderung (Abbildungen oben: Goldnanopar-tikel, Strukturformeln Spiropyran [vgl. 10,11], unten links Strukturfor-meln Azobenzol und photosensitive Folie aus dem SFB 677, AGHerges)

Abb. 6: Durch Abk�hlung mit fl�ssigem Stickstoff induzierter Spin-�bergang zwischen High- und Low-Spin eines Eisen(II)-Komplexes(links). �ber QR-Code beziehbares Video zum Spin-Crossover Schau-experiment (rechts) [2,24]

Abb. 7: Natur der Wissenschaft – Kommunikations- und For-schungsprozesse im Forschungslabor (Abbildungen oben links:Spektrum neo, Ausschnitt Podcast, oben rechts: Sch�lerinnen undSch�ler arbeiten im „Klick!“, unten rechts: surrealer Wissenschaftler,links unten: wissenschaftlicher Diskurs)

CHEMKON 2013, 20, Nr. 4, 175 – 181 � 2013 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim www.chemkon.wiley-vch.de 179

Chemische Schalter CHEMKON

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5. Fazit

Den sich rasant entwickelnden Naturwissenschaften und dendamit einhergehenden gesellschaftsrelevanten Forschungser-gebnissen und -diskursen kann ein Schulcurriculum alleinkaum mehr Rechnung tragen. Sch�lerlabore und andere au-ßerschulische Lernangebote stellen erg�nzende potenzielle,aber hinsichtlich ihrer Wirksamkeit noch besser zu untersu-chende Lernorte dar. Fachdidaktische Begleitprojekte vonfachlichen Forschungsprogrammen bieten Lehrkr�ften sowieSch�lerinnen und Sch�lern daf�r die Mçglichkeit, sich �berneue Technologiefelder zu informieren, die Natur der Wissen-schaft zu ergr�nden, bei der Berufsorientierung zu helfen, In-teresse an Naturwissenschaften zu wecken und unzureichendeKonzeptvorstellungen aufzubrechen. Sicherlich nicht �berall,aber gerade deswegen erscheint es umso wichtiger, eine Kl�-rung des Erreichens der intendierten Verst�ndnisprozesse inAbh�ngigkeit von der Lernumgebung Sch�lerlabor oderSchule zu untersuchen. �ndern sich Sch�lervorstellungen hin-sichtlich des Konzeptverst�ndnisses oder dem vorherrschen-den engen linearen Bild von Wissenschaft? Bereits jetztwerden die angebotenen Sch�lerversuche laufend weiterent-wickelt und die R�ckmeldungen aller Beteiligten mit einbezo-gen.

6. DankDie Autoren danken der DFG f�r die finanzielle Unterst�t-zung im Rahmen des Teilprojekts �ffentlichkeitsarbeit desSFB 677, Dr. Katharina Hickmann f�r die �berlassung derStationsarbeit „Nanotechnologie im Alltag“, Sonja Dierk f�rdie Anfertigung der Abbildungen, allen SFB 677 Mitarbeite-rinnen und Mitarbeitern f�r die vielf�ltige Kooperationsbe-reitschaft, insbesondere Holger Naggert f�r die Erstellung desVideos zum Eisen(II)-Spin-Crossover-Komplex, sowie Dr.Nadine Hauptmann, Mehdi Keshavarz Hedayati und UsmanAhnaf Zillohu f�r die Bereitstellung von Bildmaterial.

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Abb. 8: Postulierte Struktur des Struktur-Eigenschafts-Konzepts f�r Lernprogressionen von Sch�lerinnen und Sch�lern, erweitert nach [42]

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ARTIKEL Schwarzer, Rudnik, Parchmann

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Eingegangen am 14. M�rz 2013Angenommen am 13. August 2013Online verçffentlicht am 29. August 2013

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