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2011 nov magazin-city.at Verstehen Sie Bahnhof? Ob Wien-Mitte, Westbahnhof, Haupt- bahnhof Wien oder Berlin – die Verkehrs- gebäude mutieren zu Wirtschaftsstandorten Schön aber teuer Paris lockt seit jeher internationale Architekturstars in die schicken Stadtzentren. Konzepte für die Vororte und leistbaren Wohnbau hingegen entstehen erst langsam. C´est chic! Ob aus Wien oder Paris – mit gutem Design lässt es sich leichter überleben im Urban Jungle Wien-Mitte Tour Carpe Diem - Paris BahnhofCity Wien West Fußgängerbrücke Simone de Beauvoir - Paris 21er Haus

city - das magazin für urbane gestaltung

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Ausgabe November 2011

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2011nov

magazin-city.at

Verstehen Sie Bahnhof?

Ob Wien-Mitte, Westbahnhof, Haupt-bahnhof Wien oder Berlin – die Verkehrs-

gebäude mutieren zu Wirtschaftsstandorten

Schön aber teuer Paris lockt seit jeher internationale Architekturstars in die

schicken Stadtzentren. Konzepte für die Vororte und leistbaren Wohnbau hingegen entstehen erst langsam.

C´est chic!Ob aus Wien oder Paris – mit gutem Design

lässt es sich leichter überleben im Urban Jungle

Wien-Mitte

Tour Carpe Diem - Paris

BahnhofCity Wien West Fußgängerbrücke Simone de Beauvoir

- Paris

21er Haus

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02 | Editorial

liebe leserinnen und leser!

Wir machen großen Bahnhof. Auf mehr als zehn Seiten geht es in dieser Ausgabe um Bahnhöfe. Während sich Ar-

chitekt Eric Steiner, der den zur Bahnhofcity mutierten Westbahnhof geplant hat, im Inter-view mit Barbara Jahn fragt, wohin die Ent-wicklung der Bahnhöfe geht, hat Ilse Huber die Antwort darauf gefunden: Das reine Ver-kehrsgebäude Bahnhof hat ausgedient, der Hybridbahnhof von heute muss Hotels, Shop-ping Malls und Büros bieten und drängt die Reiseinformationen an den Rand. Beim zu-künftigen neuen Hauptbahnhof wird das nicht anders werden, wie Manuela Prusa re-cherchiert hat, und auch der Bahnhof Wien-Mitte bekommt einen stolzen Überbau mit Mischnutzung. Aber bei diesem Projekt ist man ja schon froh, dass es überhaupt reali-siert wird, nachdem beinahe zehn Jahre lang

daran herumgeplant und gestritten wurde. Auf einen Architektur-Rundgang zu histori-schen und zeitgenössischen Bahnhöfen lädt unsere Architekturexpertin Iris Meder ein und sie stellt sich die Frage, was eigentlich aus den klassischen Bahnhofsrestaurants ge-worden ist. Paris – die Stadt der Liebe? Nicht nur. Paris ist auch eine Stadt, deren Bewohner unter den stark steigenden Mietpreisen leiden und die sie zur Abwanderung in die Vorstädte zwingt, wo sozialer Wohnbau kaum ein Thema ist. Die Banlieues sollen nun von ihrem schlech-ten Image loskommen und städtebaulich auf-gewertet sowie infrastrukturell an das Stadt-zentrum angeschlossen werden, wie Irene Mayer-Kilani und Ilse Huber berichten. Dass die französische Hauptstadt über eine spannende Designszene verfügt, hat Barbara Jahn auf ihrem Streifzug entdeckt. Apropos

Barbara Jahn: Wir sind stolz, mit ihr die Ge-winnerin eines von der italienischen Kerami-kindustrie verliehenen Journalistenpreises in unserem Team zu haben. Was beweist, dass city – das magazin für urbane gestaltung für Qualität bürgt!

Viel Freude beim Lesen wünscht Ihnen

Roland Kanfer

Arc

hiv

01 Ilse Huber

bahnhof inkognito

Längst hat der individuelle Personenkraftverkehr den Zug als Reisemittel überholt und auch bei

den Gütern verlagert sich das Transportaufkommen vermehrt auf den LKW. Obwohl Österreich europaweit die meisten Güterter-minals betreibt, wurden aufgrund roter Zahlen einige Standorte ge-schlossen und die Container wer-den wieder auf Sattelschlepper gehoben. Das ist nicht einmal ein nationales Phänomen, die Euro-päische Union hat schon vor Jah-ren das Ziel gekippt, Schienen-wege vorrangig auszubauen. Die Erhaltung des Netzes, die War-tung der Bahnkörper, Erneuerung der Waggons und Lokomotiven ist

aufwendig, ebenso die Energie-versorgung. Dort, wo lukrative Aussichten locken, sind die Bahn-höfe.

Plätze der InvestitionenSeit den 1990er rücken die Bahn-hofsstandorte europaweit in den Fokus vieler Interessen, nicht zu-letzt deshalb, um den Immobili-enbesitz der Bahn zu verwerten. Wenn schon der Bahnbetrieb kaum Gewinne abwirft, dann sol-len doch die Bahnhofsgebiete Geld in die Kassen spülen. Die Städte erfreuen sich reger Zuwan-derung, da sind die zentral gelege-nen Bahnhofsareale gerade mal recht für ‚multifunktionale Nut-zungen“. Speziell die Kategorie

„Kopfbahnhof“ hat ausgedient. Große Umplanungen wie der Ber-liner Lehrter Bahnhof, der Stutt-garter Hauptbahnhof, der ehema-lige Wiener Südbahnhof – nun Hauptbahnhof – sind bzw. werden Durchgangsbahnhöfe: Die Züge sollen rasch und ohne Verschu-baufwand weiterfahren. Daraus resultiert ein Paradigmenwechsel. Der Bahnhof mutiert vom städti-schen Wahrzeichen zum Tran-sitort. Aus einst massiven, unübersehbaren, eindeutig er-kennbaren Orientierungspunkten in der Stadt werden diffi zil lesbare Baukörper. Denn oft verschwin-den die Geleise, das Herz des Bahnbetriebs, aus dem Stadtbild, sie werden nach unten verlegt

oder überbaut. Der Bahnhof er-füllt zwar nach wie vor seinen Zweck, er ist aber, wenn man sich die jüngsten Beispiele ansieht, im innerstädtischen Gefüge nicht pri-mär als solches zu erkennen.

Städtisches Aushängeschild oder Hybrid?Das reine Verkehrsgebäude Bahn-hof hat ausgedient. Man nutzt nur seinen Namen, seinen Be-kanntheitsgrad, aber in Wirklich-keit forciert man andere Funktio-nen: Hybridbahnhof nennt man das jetzt. Das heißt Hotels, Shop-ping Malls, Büros unterminieren den Ort, schieben die An- und Abreiseaktivitäten in den Hinter-

DA STEHEN SIE NUN zuhauf, die ehemaligen ‚Paläste der Industrie’ als Zei-chen des einst aufstrebenden Eisenbahnwesens. Heute, 150 Jahre nach dem Durchbruch des Schienenverkehrs, sind weniger dessen Gleisanlagen interessant als vielmehr die Standorte seiner Stationen. I ilse huber

Aus dem Inhalt talk

Bahnhof inkognito 2Eric Steiner zum Westbahnhof 4

architecture

Die neue BahnhofCity Wien West 5Bahnhöfe – Kathedralen des Verkehrs 7

planning

Jahrhundertprojekt Hauptbahnhof 12

life

Urbane Mobilität 14Überleben im Urban Jungle 16

international

Paris – schön, aber teuer 19Architekturstars in Paris 20Im Schatten von La Défénse 21Pariser Designer-Nachwuchs 22

events 24

City Nov-2011.indd 02City Nov-2011.indd 02 02.11.11 10:1402.11.11 10:14

grund, so dass die Reiseinformati-onen an den Rand gedrängt wer-den. Große Uhren, überkopfgroße Anzeigetafeln, Kassenschalter – alles Schall und Rauch von ges-tern. Beim Hauptbahnhof Berlin, den Meinhard von Gerkan ge-meinsam mit Volkwin Marg ge-plant hat, entstanden in einem Zug Büro- und Gewerbegebiete, die die Gunst der Lage nützen. Ei-nen Schritt weiter geht das nach wie vor umstrittene Projekt Stutt-gart 21. Da wurden die denkmal-geschützten Seitenteile abgeris-sen, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts vom Architekten Paul Bongatz geplant wurden und dessen Bau als Teil der Moderne gilt, nur der Turm blieb erhalten. Die Bahneinrichtungen wandern unter die Erde, das 110 Hektar große Areal wird großräumig um-gestaltet. Das hat weitreichende Folgen für die Stadt und die Menschen. In dem Projekt prallen die Erwar-tungshaltungen an den Ort der Zukunft offen aufeinander. Wie schon Wolfgang Kos, Direktor des Wien Museums, in seiner Einlei-tung zum Katalog der Ausstellung „Großer Bahnhof“ schreibt, wo-nach „der Bahnhof zwei Sphären angehört, der des Transportsys-tems Eisenbahn und der des städ-tischen Organismus“, fährt hier die sprichwörtliche Eisenbahn drüber. Die Stuttgarter identifi zie-ren sich mit dem alten Haupt-bahnhof, wollten weder Teile des anschließenden Parks gerodet ha-ben, noch die Bonatztrakte ver-nichtet sehen und schon gar nicht 4,6 Milliarden Euro dafür bezah-len. Eine Schlichtungsperiode und einen Ministerpräsidentenwechsel später soll am 27. November 2011 das Volk abstimmen.

Der Bahnhof – Ort permanenter VeränderungAnders erging es dem Bahnhof Li-ège-Guillemins in Belgien. Hier wurde extra für den Hochge-schwindigkeitszug TGV eine völlig neue Station errichtet, die im Jahr 2009 eingeweiht wurde. Der spa-nische Architekt Santiago Calat-

rava drückt dem Ort seine Note auf, mit der die Stadt Lüttich erst zurechtkommen muss. Denn das markante geschwungene Dach schwebt förmlich über den Gelei-sen – auf Außenfassaden wurde verzichtet. Die Anbindung des Baukörpers an das regionale Um-feld, also wie man urbanistisch damit umgeht, ist noch ungeklärt. Dafür fährt man hochgeschwind von hier nach Paris, Brüssel, Amsterdam.

Vorhof zum FlugsteigHochgeschwindigkeitszüge sind ein Versuch dem Flugverkehr, dem anderen Konkurrenten nebst der Straße, Paroli zu bieten. Dass dabei das aeronautische Design bei der Bahn Einzug hält, passiert fast en passant. Leitsysteme, Raumkonzepte werden fast an-satzlos übernommen. Ob Köln oder Wien Schwechat, die Zug-Haltestellen am Flughafen sind der Vorhof zum Gate. Umgekehrt protzt der CAT (City Airport Train) in Wien Landstraße - par-don Bahnhof Wien Mitte - mit ei-nem Terminal auf Geleisen. Wie das Buhlen um die Aufmerksam-keit die privat geführte WEST-bahn lösen wird, bleibt abzuwar-ten. Ab 13.  Dezember startet sie am Westbahnhof ihre Karriere.

Mehr als ein Bahnhof – ein Grund zur Freude?Noch werden am Westbahnhof internationale Züge abgefertigt, noch ist er eine Drehscheibe zwi-schen Ost und West, aber sobald der Wiener Hauptbahnhof in Be-trieb geht, ist das vorbei. Auf die post-internationale Zeit haben sich die neuen Gebäudetypen ne-ben dem denkmalgeschützten Bahnhofsbau aus den 1950er Jah-ren, geplant von den Architekten Robert Hartinger, Sepp Wöhnhart und Franz Xaver Schlarbaum, schon eingerichtet: Sie überragen das dezente Haus um Stockwerke und spiegeln es nicht einmal in seinen Lochfassaden. Die Perioden mit den alten Bahn-höfen respektvoll umzugehen, waren nie sehr ausgeprägt. Die

Zeichen der Zeit und seiner Ge-sellschaften manifestieren sich nach wie vor sehr deutlich an den Bahnhöfen. Allein beim entste-henden Wiener Hauptbahnhof wird das Areal zum vierten Mal

innerhalb von 160 Jahren völlig neu strukturiert. „Mehr als ein Bahnhof“ soll es werden, ver-spricht der ÖBB Werbefolder. Ein Grund zur Freude?

talk 01 Symbol für die post-internationale

Zeit: die BahnhofCity Wien West über-ragt den alten Westbahnhof

02 Geleise, das Herz des Bahnbetriebs, verschwinden aus dem Stadtbild, sie werden nach unten verlegt oder über-baut

03 Beim geplanten Neubau Stuttgart 21 prallen die Erwartungshaltungen an den Ort der Zukunft offen aufeinan-der

04 Bahnhof Liège-Guillemins: Die An-bindung des Baukörpers (Architekt: Santiago Calatrava) an das Umfeld ist noch ungeklärt

05 Bahnhöfe (im Bild: Lehrter Bahnhof Berlin) mutieren vom städtischen Wahrzeichen zum Transitort

04 iStockphoto

05 iStockphoto

02 Iris Meder

03 Iris Meder

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04 | talk

„der westbahnhof hat eine fassung bekommen“

Wie es scheint, gibt es den klassi-schen Bahnhof nicht mehr. Woher kommt diese starke Veränderung?Steiner: Das Reisen hat sich in der Nachkriegszeit ungeheuer verän-dert. Zur Zeit der großen, räum-lich wirklich beeindruckenden Bahnhofshallen des 19. Jahrhun-derts war das Reisen mit der Bahn noch von großer Bedeutung, auch mit sehr umfangreichen Vorbereitungen verbunden. Zu-dem war es ziemlich kostspielig und im Wesentlichen der gesell-schaftlichen Elite vorbehalten. Das Ankommen und Abfahren wurde architektonisch inszeniert. Heute bucht man ganz improvi-siert, schnell entschlossen und online. Mit der Bahn fahren heute die Pendler zur Arbeit, die Manager zur Besprechung am Laptop arbeitend, und Schüler zur Schule. Diese gravierenden Ver-änderungen haben die Aura des Reisens zerstört.

Das hört sich nach einem Lust und Laune-Prinzip an….Richtig. Heute hat man diese wunderbaren großen Hallen, in welchen sich, mehr oder weniger unkontrolliert, sekundäre, parasi-täre Einbauten einquartieren, bauliche Zufälligkeiten stören das Gesamtbild – das ist jene Realität, mit der es nun gilt umzugehen.

Sie haben 2002 den internationalen Wettbewerb gewonnen. Mit welchen gestalterischen Ansätzen sind Sie an den Entwurf herangegangen?Es handelt sich dabei nicht nur um den Westbahnhof, sondern um einen insgesamt 1,5 Kilome-ter langen Streifen bis zur John-straße. Beiderseits der Bahntrasse stagniert die städtische Entwick-lung, „Glasscherbenviertel“ sind die Folge. Interessanterweise ist in der Ausschreibung nahegelegt worden, einen großen Teil des Bauvolumens in Hochhäusern unterzubringen. Dieser Empfeh-lung sind fast alle gefolgt in Kom-bination mit Überbauungen, Vor-dächern auf dem Europaplatz etc..

Wir nicht. Für uns war die alte Halle des Westbahnhofes ein wichtiger Nukleus, um den he-rum etwas Neues passiert. Wir wollten daraus das Zentrum einer neuen Konfi guration machen. Zwar haben wir uns auch eine Variante mit einem Hochhaus an der Mariahilfer Straße überlegt, aber der Untergrund ist geradezu perforiert von der U-Bahn und macht an dieser Stelle – aus unse-rer Sicht die städtebaulich einzig sinnvolle – die Errichtung eines Hochhauses unrealistisch.

War es ein großes Anliegen, auch den Platz, an den man ja schon gewöhnt war, komplett „umzukrempeln“?Das ist unser zweiter Denkansatz: Die Fläche, an der die Mariahilfer Straße in den Gürtel einmündet, war charakterisiert von grünen Restfl ächen und willkürlicher Be-pfl anzung, ein Aufenthaltsort für Stadtstreicher und Hunde. Außer-dem ist der Gürtel geprägt von beiderseits geschlossener Bebau-ung, die an dieser Stelle auf einer Länge von über 300 Metern un-terbrochen war, wo sich einfach nichts außer ein paar Straßen-bahngleisen befand. Das ent-spricht einfach nicht dem Stadt-raum Gürtel. Aus diesem Grund wollten wir mit den Baukörpern wieder an den Gürtel herankom-men. Dadurch entstand die u-för-mige Vorplatzsituation vor der denkmalgeschützten Halle. Ein wichtiger Punkt des Entwurfs und Teil der Ausschreibung war auch nach einer Lösung zu suchen, den Westbahnhof funktional und ge-stalterisch näher an die Mariahil-fer Straße heranzubringen, denn die Verbindung erfolgte früher praktisch nur unterirdisch. Wir wollten deshalb ein deutliches Si-gnal an diese Ecke setzen, einen Attraktor am Eingang zu etwas Neuem. Von dort aus soll eine In-itialzündung stattfi nden für die zukünftige Entwicklung der Ge-biete beiderseits der Bahntrasse.Was war für Sie die größte Her-ausforderung bei diesem Projekt?

Wir wollten die alte Bahnhofs-halle zum attraktiven Zentrum ei-nes multifunktionalen Komplexes machen. Nur dann, wenn diese Halle Funktionen hat, die man auch tatsächlich braucht, wird diese später nicht wieder von pa-rasitären Einrichtungen verun-staltet werden. Man musste also ein potentes Zentrum daraus ma-chen, ein engmaschiges Gefl echt aus U-Bahn-Station, Verkehrssta-tion, Einkaufszentrum, Hotel, Bü-ros und einem attraktiven Vor-platz an der Mariahilfer Straße mit Cafés – kurz: einen städtisch verdichteten, wirklich lebendigen Ort für Arbeit, Verkehr und Frei-zeit. Mit dem markanten, bügel-förmigen Gebäude haben wir ei-nen neuen Eingang geschaffen als sichtbares Signal für den Beginn einer Neuentwicklung auf diesem Areal entlang der Bahntrasse. Na-türlich war uns klar, dass die na-hezu vollfl ächige Unterbauung durch die U-Bahn es schwierig machen würde, an dieser Stelle ein markantes Objekt zu installie-ren. Dieses sollte aber einen atri-umartigen Binnenraum schaffen, einen Platz, der zu den Verkehrs-fl ächen hin mit gefi lterter Trans-parenz abgeschlossen und doch offen ist. Die Herausforderung, ein solches Gebäude an den Gür-tel zu stellen, das einerseits die Baulinie wieder heranrückt und andererseits den Gürtel zu einem erlebbaren Raum macht, der nun wieder eine klare Begrenzung und Raumkante hat, war sicher-lich die größte.

Haben Sie versucht, die denkmalge-schützte Halle wie ein Schmuckstück einzupacken?Die Westbahnhofhalle ist in die-sem Sinne nicht der Hauptdarstel-ler, funktional aber der Kern, um den sich alles andere herum ent-wickelt. Damit kann man das große räumliche Potenzial auch wirklich nutzen.

In welcher Weise hat die Architektur der Halle dann noch eine Rolle ge-spielt?Eine sehr große. Weil wir der Meinung sind, dass der West-bahnhof vorher als Einzelobjekt irgendwo in der Gegend herum-gestanden ist. Jetzt aber hat er mit den beiden Flanken eine klare räumliche Fassung bekommen. Auch in der Fassadengestaltung der neuen Objekte haben wir ver-sucht, jeden Anklang zu vermei-den und ziemlich neutrale Fassa-den auszubilden, die sich vom Westbahnhof völlig unterschei-den. Als Übergang zwischen Alt und Neu haben wir niedrige Ver-

bindungsglieder eingefügt. Im In-nenraum haben wir durch sorg-fältige Eingriffe die Erlebbarkeit des Hallenraumes erweitert. Hier haben wir einiges geändert, so etwa die beidseitigen Galerien als ein Ort, an dem man wartet, sich trifft, einkaufen geht oder einfach nur dem Treiben zusieht. Mit un-seren Einbauten haben wir ver-sucht, möglichst neutral zu blei-ben, um die Architektur am Beginn der 50er Jahre zur Wir-kung kommen zu lassen.

Wie stehen Sie Stadtentwicklungen in diesem Maßstab generell gegenüber?Sehr positiv. Städte baut man weiter. Brauchbare Bausubstanz muss erhalten werden und be-kommt neue Nutzungen. Städte sind lebendige Organismen wie auch so große Hallen, die teil-weise umgenutzt werden, aber in ihrem Potenzial erhalten bleiben. Man muss immer vom Großen ins Kleine hineingehen. Der Städ-tebau kam auch beim Wettbewerb zuerst. Die erste Aufgabe war, den Stadtraum zu sanieren. So breite Bahntrassen mitten im Stadtge-biet ziehen Entwicklungen und Funktionen an, die man sich nicht unbedingt wünscht. Sie wir-ken wie ein eiserner Vorhang, dort stagniert die Entwicklung, „Glasscherbenviertel“ entstehen. Der Gebäudekomplex rund um den neuen Westbahnhof wird diese Stagnation aufl ösen. Wir sprechen von einer Bahntrasse mit 200 Metern Breite, die trotz Brückenverbindungen derzeit praktisch nie überquert wird. An strategisch wichtigen Punkten könnte man mit Nutzungen be-setzte Verbindungen schaffen, um die beiden Bezirksteile miteinan-der zu vernetzen. Es werden spä-ter auch nicht mehr 200 Meter zu überwinden sein, denn die Be-zirke werden durch wegfallende Bahntrassen zusammenwachsen. Der Westbahnhof als Anziehungs-punkt, als Knotenpunkt, an dem sich täglich 45.000 Menschen be-wegen, wird ausstrahlen. Es wer-den derzeit entlang der Bahn-trasse 300 Wohnungen gebaut, dort, wo vorher niemals jemand im Traum daran gedacht hätte. Am Bahnhof entstehen jetzt viele Arbeitsplätze und Büros, und das wird auch auf der Felberstraße passieren. Die Grundstücke wer-den aufgewertet, und in 20 – 25 Jahren wird man diese „Scher-benviertel“ nicht mehr wiederer-kennen. Das ist etwas, was mich ganz besonders freut. Der Start-schuss ist mit dem Projekt am Gürtel gefallen. Die Wunde in der Stadt verheilt.

01 Neumann + Steiner

02 beyer.co.at

WESTBAHNHOF 2.0. Architekt Eric Steiner, ge-meinsam mit Heinz Neu-mann Planer der Bahn-hofCity Wien West, macht sich im im Interview mit barbara jahn Gedanken über die Wandlung des klassischen Bahnhofs und die neue Rolle der alten Westbahnhofshalle.

01 Architekt Eric Steiner hat sich auch persönlich sehr stark mit dem alten Westbahnhof auseinander gesetzt.

02 Ein wesentlicher Punkt des Entwurfs war das Heranrücken des Westbahn-hofes an die Mariahilfer Straße in Form eines Attraktors zu etwas voll-kommen Neuem.

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architecture

ein abschied für immerDER ZUG IST ABGEFAHREN. Fast sechzig Jahre nach seiner Errichtung weicht der Westbahnhof geduldig einer neuen Ära und trägt sein Schicksal mit Würde. Ein Nachruf. I barbara jahn

Seit ich denken kann, habe ich eine besondere Bezie-hung zum Westbahnhof gehabt. Die Freude, auf

Sommerfrische zu fahren, die Ab-schiedstränen meiner Mutter und die Gewissheit, dass meine Groß-mutter mir all die vielen Statio-nen vorhersagen würde, um mir die dreistündige Fahrzeit zu ver-kürzen. Diese Idylle wurde erst ei-nige Jahre später zerstört, als in unmittelbarer Umgebung kein Stein mehr auf dem anderen blieb. Das alte Hotel Wimberger musste das Feld räumen zuguns-ten einer neuen „Bettenburg“, die so anonym und nichtssagend ist, wie alle anderen Hotels, die suk-zessive in der Nähe des Bahnhofs entstanden. Das Schicksal nahm seinen Lauf.

Kein Platz für NostalgieSelbst wenn man nicht der größte Freund der Nachkriegsarchitektur ist: Für viele war der alte West-bahnhof etwas ganz Besonderes – so auch für mich. Das geschäftige Treiben, das Ankommen und Wegfahren, die Emotionen, die durch die Luft fl ogen, all das er-füllte die denkmalgeschützte Halle, die heute nur noch ein Schatten ihrer selbst ist. Fast hängt der Denkmalschutz wie ein Fluch über ihr, denn der einstige Monolith, der den Europaplatz vor sich dominierte und das Tor in Richtung Westen bedeutete, wirkt heute wie ein Überbleibsel, das eigentlich keiner haben wollte. Als die Architekten Heinz Neumann und Eric Steiner Ende 2002 den internationalen Pla-nungswettbewerb gewannen, of-fenbarte sich das bevorstehende Ausmaß, jedoch nicht die gesamte Tragweite, die sich erst jetzt – fast zehn Jahre später – erkennen lässt. 2008 rollten die Bagger an, hernach würde nichts mehr so sein, wie es einmal war.Die Medaille hat natürlich auch in diesem Fall ihre beiden Seiten: Ei-nerseits ist der Westbahnhof und

sein Rundum seit den 1990er Jahren von Unruhe gebeutelt. Al-lein schon die Umgestaltung der Mariahilfer Straße – und die ist eines der wenigen positiven Bei-spiele urbaner Qualität in Wien – die bereits damals auch im Be-reich Gürtel für mächtig viel Diskussionsstoff sorgte. Wir erin-nern uns auch an das Dimensio-nen und Vorstellungskraft spren-gende Projekt von Coop Himmelb(l)au, die ihrerseits mit dem liegenden und stehenden Turm an der triangelförmigen Mündung in den Europaplatz ein neues Wahrzeichen setzen sollten. Nähert man sich nun der Realität, sprich dem Projekt aus der Feder Neumann + Steiner an, werfen sich erneut viele Fragen auf. Doch das „Wieso“ und „Warum“ kann man nicht in drei Sätzen beant-worten. Fakt ist, dass das Projekt stark polarisiert und nicht immer nur auf wohlwollende Meinun-gen stößt. Der Westbahnhof – so scheint es – ist von der Bildfl äche

verschwunden. Aber nur schein-bar. Auch wenn man ihm seine Prominenz gestohlen hat, so bleibt er der pulsierende Herz-schlag inmitten einer komplett veränderten Landschaft.

Vom Bahnhof zur ganzen StadtUnd so wird auch er Teil einer Po-litik von Angebot und Nachfrage. Ein eindeutiger Trend bei der

Konzeption von Bahnhöfen ist die Umkehrung der Funktionen. Sämtliche Projekte, die in den letzten Jahren in Angriff genom-men wurden, sind in Wirklichkeit keine Bahnhöfe mehr, sondern ein mehr oder weniger kleines oder großes Shopping-Center mit der Option, wegfahren zu kön-nen. Dieses Phänomen macht sich in ganz Europa breit, ein Strick-muster, das leider – wie bei den Einkaufsstrassen in den Städten –

jegliche Individualität verblassen lässt. Die historischen Bahnhöfe sind mittlerweile gezählt, die viel verehrte Bahnhofsarchitektur des 19. und 20. Jahrhunderts ist akut vom Aussterben bedroht (siehe auch Seite 7). Ähnlich wie die be-mannten Bahnhofsschalter. Statt-dessen gestaltet man noch mehr Konsumtempel, einer prachtvol-ler als der andere, und betrachtet man es ganz nüchtern und sach-lich – einer sinnloser als der an-dere. Doch der Rubel rollt, und man stützt sich auf Erhebungen, wie viel Kaufkraft und wie viel Frequenzpotenzial in einem Ge-biet steckt. Zugegeben, auf einem Bahnhof tut sich immer was. Doch ist der Westbahnhof nach der Fertigstellung des Zentral-bahnhofes erst einmal zum Regio-nalbahnhof degradiert, könnte man ein bisschen skeptisch wer-den. Die Entwickler – die deut-sche ECE, der europäische Markt-führer auf dem Gebiet innerstädtischer Shopping-Center

– geht von einem großen Erfolg aus. Das Unternehmen, das sich im Besitz der Familie Otto befi n-det, hat etwa 17.000 Quadratme-ter mit 90 Shops auf drei Ebenen und 29.000 Quadratmeter für Büro- und Hotelfl äche konzipiert. Das Konzept ist gut, macht aber Wien und seinen Westbahnhof nicht unverwechselbar, sondern viel mehr austauschbar.

Ein Stück vom KuchenAuch inhaltlich hat man die Seele des Westbahnhofes vorsorglich fi -letiert. Zusammengefasst unter dem Dach der Westbahnbetreiber-unternehmen Rail Holding AG, die etwa 130 Millionen Euro in-vestiert hat, wurden sorgsam die Anteile geviertelt: Strabag-Chef Hans-Peter Haselsteiner, der frü-here ÖBB-Manager Stefan Wehinger und die französische Staatsbahn SNCF halten jeweils 26 Prozent an der Unterneh-mung, die Schweizer Augusta-Holding ist mit den verbleibenden 22 Prozent daran beteiligt. Bri-sant, denn mit Luxus in Form von sieben barrierefreien, doppelstö-ckigen Zügen, ausgestattet mit je-weils 500 Ledersitzen, freiem W-Lan und jeder Menge Personal werden die Privaten der ÖBB or-dentlich einheizen. Auch, weil die Strecke Wien-Salzburg in rekord-verdächtigen zwei Stunden und 57 Minuten bewältigt werden soll. Bezahlt wird, wie von den anderen Streckennutzern auch, eine Schienenmaut pro gefahre-nem Kilometer. Es wird also ein heißer Advent: Wenn alles glatt geht, stehen am 11. Dezember 2011 die Signale auf Grün. Der Westbahnhof und seine un-mittelbare Entourage haben eine lange und schwierige Reise ange-treten. Ob sie jemals wirklich an-kommen werden, bleibt zurzeit noch unbeantwortet. Jedoch ei-nes kann man schon jetzt mit Si-cherheit sagen: Es wird eine Reise mit vielen Stationen, aber hof-fentlich mit wenigen Haltesigna-len.

01 Eine Lücke wird geschlossen: Durch die neue, nach vor gerückte Architek-tur wird der Stadtraum Gürtel wieder ein Stück homogener.

02 Neu neben Alt: Die neuen Baukörper verzichten absichtlich auf eine archi-tektonische Fortsetzung der Fünfziger-Jahre-Architektur.

03 Die Architekten Neumann und Steiner haben auf drei Ebenen eine Welt des „S“ geschaffen – Sehen, Staunen, Shoppen. 03 beyer.co.at

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01 beyer.co.at

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06 | architecture

modernisierungsschub für bahnhöfeMIT DEM NEUEN WESTBAHNHOF, DEM HAUPTBAHNHOF WIEN UND DEM 2010 FERTIG GESTELLTEN HAUPTBAHN-HOF St. Pölten setzen die ÖBB ihre Bahnhofsoffensive im Raum Wien und im angrenzenden Niederösterreich fort.. I anna klerdorf

Mit der Um- und Neugestaltung des Westbahnhofs ha-ben die ÖBB ei-

nen zentralen Verkehrsknoten-punkt Wiens auf den neuesten technischen und architektoni-schen Stand gebracht. Der Bahn-hof wird zum multifunktionalen Raum mit optimaler Verkehrsan-bindung und bietet Reisen, Shop-ping, Büros und ein Hotel. Seit Mitte September 2008 wurde die-

ser Bau aus der Nachkriegszeit bei laufendem Betrieb einer Moder-nisierung unterzogen.

Hauptbahnhof St. PöltenAuch der Hauptbahnhof St. Pöl-ten wurde bei laufendem Betrieb und unter besonderer Berücksich-tigung des Denkmalschutzes um-gebaut. 28 Millionen Euro wur-den für den vor etwas mehr als einem Jahr abgeschlossenen Um-bau des Bahnhofsgebäudes in die

Hand genom-men. Das histo-rische Bahn-hofsgebäude aus dem Jahr 1880 gehört zu den wenigen erhal-tenen Beispielen der Bahnhofsarchitektur aus der Gründerzeit. Im Zuge der Umbau-arbeiten wurde der Innenbereich grundlegend umgestaltet und um eine moderne Einkaufspassage er-

gänzt. Eine helle, Licht durchfl u-tete Halle, zahlreiche Einkaufs-möglichkeiten, Lifte und Rolltreppen machen das Reisen noch angenehmer.

ÖBB/Gregor Ecker

Die Bahnhofsoffensive

Seit 2001 modernisieren die ÖBB im Rahmen der Bahnhofsoffensive ihre frequenzstärksten Bahnhöfe. Nach den Bahnhöfen Feldkirch, Innsbruck, Graz, Baden, Krems, Linz, Wiener Neu-stadt, Leoben, Wels und Klagenfurt läuft die Bahnhofsoffensive seit 2005 auch in Wien auf Hochtouren. Der Bahnhof Wien Heiligenstadt ist der zweite Wiener Bahnhof, nach dem Bahnhof Wien Praterstern, der im Rah-men der Bahnhofsoffensive komplett modernisiert wurde. Weitere Projekte in Wien: der West-bahnhof, der Bahnhof Wien Meidling und der Hauptbahnhof.

01 Auf dem Westbahnhof wird man künftig auch shoppen können, Büros und ein Hotel runden das Angebot abseits des Reisens ab.

02 Das äußere Erscheinungsbild des Bahnhofs St. Pölten wurde aus Denkmalschutzgründen beibehalten. 02 ÖBB/Robert Deopito 01 Neumann + Steiner

würstel, bücher, haarschnittBAHNHÖFE, früher auch Heimstätte eleganter Restaurants, bieten heute gastronomisch gesehen immergleiche Asia-Schnitzel-Pizza-Döner-Schnellback-Ketten. I iris meder

Le Train Bleu“: Auch so kann ein Bahnhofsbuffet sein. Das 1901 eröffnete Restaurant im Pariser

Gare de Lyon überwältigt mit ei-ner Belle-Epoque-Opulenz, die den Vergleich mit Opernhäusern und Kursalons nicht scheuen muss. Hat man seine herunterge-fallene Kinnlade wieder unter Kontrolle, bietet ein Kaffee auf Polsterbänken, die schon die Ge-säße von Coco Chanel, Salvador Dalí und Jean Cocteau beehrten, Gelegenheit und Muße, über das Wesen des Konsumierens in Bahnhöfen zu räsonieren.Bahnhofsgastronomie verbindet man heute eher mit Branntwei-ner, Würstelstand, Stehbuffet, Sportwetten-Café und anderen dunstigen Etablissements, die im Zuge der aktuellen Renovierun-gen meist durch Filialen der im-mergleichen Asia-Schnitzel-Pizza-Döner-Schnellback-Ketten ersetzt werden. Ein plausibler Grund liegt natürlich im Zeitmangel, der an Bahnhöfen per se herrscht. Demgemäß erfolgte in der Früh-zeit der Eisenbahn die Essensver-sorgung durch fl iegende Händler,

die zu den Coupés kamen. Mit der Etablierung von Bahnhofsres-taurants wurden Zughalte oft auf die Dauer eines Essens abge-stimmt – man denke an Roda Ro-das Erzählung „Die Gans von Po-dwolotschyska“, in der der Bahnhofswirt, als Schaffner ver-kleidet, die Reisenden immer noch vor dem Hauptgang des vor-ausbezahlten Menus in den Zug drängt.

Nahversorgung statt OpulenzAls Brennpunkte urbanen Lebens wurden Bahnhöfe zu Dienstleis-tungszentren, die auch außerhalb der Ladenöffnungszeiten Notwen-diges wie Lebensmittel („Reise-proviant“), Lektüre, Blumen und Haarschnitte bereithielten. Eine Renaissance des Sozialzentrums Bahnhof brachten die 1960er Jahre für Gastarbeiter, die sich am Ankunfts-, Abfahrts-und Heim-weh-Ort Sonntag früh bei heimi-schen Tageszeitungen mit Lands-leuten trafen.Aufenthalt ohne Konsumation ist an Bahnhöfen heute uner-wünscht – Wartesäle und sogar

Sitzbänke wurden fast überall ab-geschafft, „Lounges“ gibt es nur für VIP-Reisende. Dass die Funk-tion des Nahversorgers wichtiger denn je ist, weiß jeder, der einmal versucht hat, sonntags im Super-markt am Praterstern einzukau-fen. Auch die übel beleumundete Bahnhofsgastronomie kann, wie der Train Bleu zeigt, ein hohes Ni-veau haben. So wurde die New Yorker Grand Central Station, als Bahnhof nur noch von provinzi-eller Bedeutung, als Gastronomie-zentrum nicht nur für Reisende neu defi niert. Im Budapester Westbahnhof fand sich als neuer Mieter für das his-torische Restaurant nur eine Bur-gerkette. Immerhin versuchte man, in dem Lokal eine gewisse Kaffeehaus-Atmosphäre aufkom-men zu lassen. Was Hoffnung gibt: Kuchen und Torten werden vom berühmten Café Gerbeaud geliefert. Auf einen neuen „Train Bleu“ warten wir noch...

www.le-train-bleu.com

01 le train bleu

01 Auf Belle-Epoque-Opulenz wie im Restaurant le train bleu am Gare de Lyon müssen wir heute noch warten.

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kathedralen des verkehrsBAHNHÖFE HABEN ALS BRENNPUNKTE öffentlichen Lebens einen Status ähnlich dem großer Hotels: Schicksale kreuzen einander, fl üchtige Begegnungen lassen Lebensgeschichten aufblitzen, Wege treffen und trennen sich. I iris meder

Leo Tolstois „Anna Kare-nina“ war einer der ers-ten Romane, in denen der Schauplatz Bahnhof

eine entscheidende Rolle spielt. An den Gleisen beginnt die Lie-besgeschichte der Titelheldin mit Graf Wronskij, ebendort endet sie auch. 1927 ließ der Wiener Kom-ponist Ernst Krenek die Schluss-szene seiner Jazz-Oper „Jonny spielt auf“ auf einem Bahnhof spielen, 1953 siedelte der italieni-sche Regisseur Vittorio de Sica seinen Film „Roma, Stazione Ter-mini“ auf dem gleichnamigen Bahnhof an. Die monumentale Architektur der „Kathedralen des Verkehrs“ eignet sich perfekt als Bühne für zwischenmenschliche Begegnungen. Hat jemals jemand versucht, große Literatur an der Schnellbahnstation Matzleinsdor-fer Platz oder im Bahnhof Wien-Simmering spielen zu lassen? Hätte Agatha Christie „Mord im IC betriebliche-altersvorsorge.at“ geschrieben?

Historismus und MonumentalitätDer älteste erhaltene Kopfbahn-hof der Welt, der Bayerische Bahnhof in Leipzig, datiert aus den Jahren 1842-52. Nach Kriegs-schäden und einem Dornröschen-schlaf in DDR-Zeiten wird der zu seiner Zeit wegweisende Bau

heute als Restaurant und auch wieder als S-Bahn-Station ge-nutzt. Wie häufi g bei den Bahn-gesellschaften des 19. Jahrhun-derts trägt er den Namen der Ziele seiner Schienenwege, ähnlich etwa dem 1845-47 gebauten Hamburger Bahnhof in Berlin, der heute ein Museum aufnimmt.Ein besonders prachtvoller histo-ristischer Bau im Stil der Tudorgo-tik ist der gut zehn Jahre später entstandene Hauptbahnhof von Breslau, dem auch der alte Wie-ner Nordbahnhof ähnelte. Der Bahnhof, der derzeit massiv um-gebaut wird, gibt sich selbstbe-wusst und weltgewandt – das Bahnreisen war damals eine so noble Sache wie hundert Jahre später das Fliegen. Die 200 Meter lange Halle mit Glasdach war die größte ihrer Art in Europa. Ein gesonderter Eingang mit eigenen Räumlichkeiten für Angehörige des Hofes war bis zum Ersten Weltkrieg in größeren Stationen selbstverständlich.Ab der Mitte des 19. Jahrhunderts bildete sich der Großstadtbahnhof als eigener Bautypus heraus. Wichtig war wegen des Rauches der Dampfl okomotiven eine seitli-che Abschirmung von Halle und Gleisanlagen gegen die Umge-bung. Aus diesem Grund hatten die Hallen eine große Höhe, was zusätzlich zu ihrer Monumentali-

tät beitrug. Oft wurden die Gleis-anlagen gegenüber der Halle um eine Etage erhöht und über Frei-treppen erschlossen. Für große Volumina bewährte sich der Rückgriff auf die römische Antike, vor allem auf die Bauform der Ba-silika.

Faszination EisenbahnDie Gleishallen waren meist leichte Gusseisenkonstruktionen – solche Bahnhöfe aus der Mitte des 19. Jahrhunderts sind heute noch beeindruckend, etwa die großen Pariser Kopfbahnhöfe Gare de l‘Est, Gare du Nord und der Gare St. Lazare, den Claude Monet in mehreren Gemälden verewigte. Paris hatte schließlich sechs Kopfbahnhöfe: Neben dem Gare d‘Austerlitz und dem Gare de Lyon wurde für die Weltaus-stellung 1900 der Gare d‘Orsay gebaut, der seit 1986 die Impressi-onisten-Sammlung des Louvre aufnimmt – passenderweise auch Monets Bahnhofsbilder.Auch in dem Land, in dem Wil-liam Turner mit seinem epochalen Gemälde „Regen, Dampf und Ge-schwindigkeit“ bereits 1844 einen Markstein für die künstlerische Umsetzung der Faszination Eisen-bahn setzte, haben sich zahlreiche historische Bahnhöfe erhalten. Zur Londoner Weltausstellung 1851 wurden Victoria Station und

King‘s Cross gebaut – dort hat man mittlerweile sogar das fi ktive Gleis 9 ¾ installiert, von dem Harry Potter mit dem Hogwarts Express ins Internat fährt.Außerdem ist die mächtige neo-gotische Burg des ab 1865 nach Plänen des Architekten George Gilbert Scott mit dem Ingenieur William Henry Barlow gebauten Bahnhofs St. Pancras erwähnens-wert. Die Halle mit einer stützen-freien Spannweite von 74 m war zu ihrer Zeit die weltgrößte Eisen-konstruktion. Seit seiner Renovie-rung ist St. Pancras der glanzvolle Londoner Endpunkt der Eurostar-Züge. Überfl üssig wurde hier-durch die elegante, gekrümmte Glaskonstruktion, die der Archi-tekt Nicholas Grimshaw 1994 für den Eurostar neben die histori-sche Waterloo Station gebaut hatte.Englische Bahntechnologie expor-tierte man auch in die Länder des Commonwealth, wovon noch heute der sichtlich von St. Pan-cras inspirierte, in pompösem Ek-lektizismus erstrahlende einstige Victoria Terminus, heute Chhatra-pati Shivaji Terminus, in Mumbai zeugt. Als nach dem Krimkrieg eine Zugverbindung von Westeu-ropa in die Türkei geschaffen wurde, entstand in Istanbul 1888-90 der Bahnhof Sirkeci, die wür-dige Endstation des Orient Ex-press.

Technisch progressiv, architektonisch konservativAuch auf dem Kontinent wurden Schlag auf Schlag ältere Bahnhöfe durch mächtige neue Anlagen er-setzt. Besonders schöne Glas-Ei-sen-Überdachungen haben sich in Budapest mit dem 1882 gebauten Ostbahnhof (Keleti pályaudvar) und vor allem dem 1873-77 vom Büro Gustave Eiffel geplanten

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Albert Wimmer: Wenn wir über Wien sprechen, schweifen die Gedan-ken von der urbanen Metropole, vom historischen Erbe hin zu den Weinber-gen und Schutzhäusern. Die Stadt ist geprägt von der Auseinandersetzung mit unterschiedlichsten Kulturen und hat sich einem gesellschaftlich höchst ausgewogenen System verpfl ichtet.Wenn wir über die Zukunft von Wien sprechen, ist das, was Wien ausmacht und was hier einem so gerne Zuhause fühlen lässt, kompromisslos zu formu-lieren, zu kommunizieren und zu ent-wickeln. Nicht Konzepte anderer Städte – diese mögen bereits überal-tert sein – sind zu übernehmen, son-dern selbstbewusst sind eigene Ideen, die auf Pfeilern wie Bildung, Kunst und Kultur, Forschung, Innovation und dem Verständnis von sozialer Ge-

rechtigkeit ruhen, umzusetzen.Von Wien ver-lange ich über-zeugend die großartigen eige-nen Leistungen darzustellen. Dies bedeutet auch hervorragende Bauten mit Mut zu Neuem zu realisieren und das nicht Bebaute – den öffentlichen Raum – für alle auf höchstem Niveau zu ge-stalten. Wien trifft Zukunft.

Albert Wimmer, Architekt aus Wien, plant derzeit unter anderem den neuen Wiener Hauptbahnhof, das Krankenhaus Wien Nord oder den Wohnpark Heller.

Foto: Hu

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01 Moderne Bahnhöfe (im Bild der Lehr-ter Bahnhof, Berlin) erstrecken sich über mehrere ober- und unterirdische Geschoße.

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Westbahnhof (Nyugati pályaud-var) erhalten. In Madrid entstand 1888-92 der Kopfbahnhof Ato-cha. Hundert Jahre später wurde er nach Plänen des Architekten Rafael Moneo teilweise unter die Erde verlegt. Die riesige Gussei-sen-Glas-Halle gestaltete man zum tropischen Gewächshaus mit Gastronomie und Geschäften um. 2004 wurde der Pendlerbahnhof – wie auch 1980 der von Bologna – Schauplatz terroristischer An-schläge, bei denen 191 Menschen starben.Die Faszination des Bahnreisens hielt auch im 20. Jahrhundert an. Im bayerischen Murnau ver-ewigte Wassily Kandinsky die Aussicht aus seinem Atelierfens-ter vorzugsweise just in dem Mo-ment, als der Zug vorbeifuhr. Im Gegensatz zur Malerei hielt die architektonische Moderne im technisch immer progressiven Bahnhofsbau eher spät Einzug. Die Jahre 1890-1914 kennzeich-nete eine Phase der Megalomanie. Hier beeindruckt z. B. der 1895-99 gebaute pompöse Antwerpen-Centraal – der sich gegen den nach Anzahl der Gleise größten Bahnhof der Welt (67 auf zwei Stockwerken), New Yorks 1913 eröffnete Grand Central Station, allerdings nachgerade bescheiden ausnimmt. Ein letzter Dinosaurier der Riesenbahnhöfe ist die von

Ulisse Stacchini 1913-31 gebaute Stazione Centrale von Mailand, ein gigantisches Reise-Mauso-leum aus weißem Marmor.Bahnhöfe waren und blieben eine Bauaufgabe für Superlative. In Leipzig bauten die Architekten

Lossow & Kühne 1915 die viel-leicht eleganteste, jedenfalls aber größte Bahnhofshalle der Welt –

deren Wirkung stark eingeschränkt ist, seit sie für ein mehrstöcki-ges Shopping Center ausgehöhlt wurde. Der 1901-09 von Heinrich Fanta ent-worfene Jugendstil-bau des Prager Haupt-bahnhofes wurde 1970 im Rahmen der Anbindung an die U-Bahn um ein Tiefge-schoß mit neuer Auf-nahmehalle erweitert, die, jüngst restauriert, bereits wieder ein ge-schätztes Zeugnis der Pop-Ära ist.Zunehmend schrie-ben Bahnhöfe nicht nur Technik-, son-dern auch Architek-turgeschichte. Etwa

der 1910-19 nach Entwürfen des Architekten Eliel Saarinen reali-sierte Kopfbahnhof von Helsinki, der, vielfach publiziert, weltweit einfl ussreich war. Saarinen emig-rierte später in die USA und wurde dort ein Vorreiter des Art-Déco-Stils, für den neben Bauten wie der heute museal genutzten Cincinnati Union Station auch die berühmten Eisenbahn-Plakate des Grafikers Cassandre für den „Nord Express“ und den „Etoile du Nord“ stehen.

Der Krieg macht Bahnhöfe zu SchicksalsortenAls letzter großer Bau der Mo-derne, bevor die Traditionalisten im faschistischen Italien die Ober-hand gewannen, gilt der 1932-34 realisierte Bahnhof S. Maria No-vella in Florenz mit seinem kaska-denartigen Glasdach. Der in Vitto-rio de Sicas Film verewigte Bahnhof Roma Termini, so ge-

nannt nach den benachbarten Di-okletiansthermen, wurde 1938 begonnen, aber erst 1951 mit neuer architektonischer Konzep-tion inklusive gewelltem Flugdach über dem Eingang fertiggestellt. Dazwischen lag das Grauen des Zweiten Weltkrieges – Bahnhöfe wurden Schicksalsorte für Solda-ten, Hinterbliebene und für viele Emigranten. „Der Westbahnhof war schwarz von Menschen, die abreisen wollten. Angst, Schre-cken, Hast, Wut und Verzweifl ung verzerrten die Gesichter. Der langsam einfahrende Pariser Zug wurde gestürmt. […] Mütter schrien nach ihren Kindern, Män-ner kämpften um die Waggonein-gänge, dreitausend Menschen suchten verzweifelt Platz im Zuge“, erinnert sich der Wiener Regisseur Ernst Neubach an den Tag des „Anschlusses“.Den Zerstörungen des Krieges fi e-len fast alle großen Bahnhöfe in Deutschland und Österreich, dar-

unter auch die großen Wiener Fernbahnhöfe, zum Opfer. Den Wiederaufbau übertrug man be-amteten Bahn-Architekten wie Robert Hartinger, der bis 1951 den heute denkmalgeschützten Westbahnhof neu baute, und Heinrich Hrdlicka, dem der Neu-bau des leicht beschädigten, 1956 abgebrochenen und in der Folge mit dem Ostbahnhof in einem ge-meinsamen Gebäude mit zwei Gleisebenen zusammengefassten neoklassizistischen Südbahnhofes oblag. 2009 ereilte Hrdlickas Bau das gleiche Schicksal wie seinem Vorgänger – er wurde nach der Entscheidung für einen Neubau abgebrochen.

Der Bahnhof als umsatz-förderndes AnhängselEine gewisse Renaissance des Bau-typs Bahnhof brachte die Entwick-lung neuer Hochgeschwindigkeits-züge wie des französischen TGV. Hier entwarf der spanische Archi-tekt Santiago Calatrava u. a. die hellen, organisch geschwungenen Stationen von Lyon sowie – jüngst eröffnet – Lüttich. In Berlin nutzte man die wiedergewonnene Ein-heit der Stadt, um ihr anstelle des zerstörten Lehrter Bahnhofs einen neuen gläsernen Hauptbahnhof auf mehreren teils ober-, teils un-terirdischen Ebenen einzupfl an-zen. Eigenmächtige Änderungen an den Bahnsteigdächern führten zu einer erfolgreichen Urheber-rechtsklage des Architekten Mein-hard von Gerkan gegen die Deut-sche Bahn.Heute sollen sich Bahnhöfe fi nan-ziell rentieren. Ihre Infrastruktur wird daher oft eher als umsatzför-derndes Anhängsel an Shopping- und Bürozentren gesehen. Auch vor diesem Hintergrund sind ge-genwärtige Planungen wie das vorrangig auf Immobilienverwer-tung ausgerichtete gigantische Projekt der unterirdischen Gleis-führung des Stuttgarter Haupt-bahnhofes zu sehen, für das be-reits ein Teil des nach Plänen von Paul Bonatz 1914-27 gebauten, denkmalgeschützten Bahnhofs abgerissen wurde. Mit Frei Otto, dem Pionier leichter Tragwerks-konstruktionen, hat sich mittler-weile einer der beiden Neubau-planer vom Projekt distanziert, während der Architekt Christoph Ingenhoven es nach wie vor ver-tritt. Unterdessen ist bereits die Landesregierung über das Mons-terprojekt gestürzt, allwöchentlich demonstrieren Tausende für den Erhalt des Bonatz-Baus. Bahn-höfe haben, so scheint es, wohl nach wie vor viel Identifi kations-potenzial. Bereits 1963, als die neoklassizistische New Yorker Pennsylvania Station abgerissen und komplett unter die Erde ver-legt wurde, bemerkte die Kritik, man schleiche sich hier in die Stadt wie eine Ratte – früher da-gegen sei man mit dem Zug hin-eingefahren wie ein Gott.

02 Bahnhof Liège-Guillemins (Architekt: Santiago Calatrava)

03 Die Jahre 1890-1914 kennzeichnete eine Phase der Megalomanie, wie der 1895-99 gebaute Bahnhof Antwer-pen-Centraal.

04 In Madrid entstand 1888-92 der Kopf-bahnhof Atocha. Hundert Jahre spä-ter wurde er nach Plänen des Archi-tekten Rafael Moneo teilweise unter die Erde verlegt.

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04 Iris Meder

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sprung ins 21. jahrhundertDer von Karl Schwanzer 1958 entworfene Österreich-Pavillon für die Brüsseler Weltausstellung wurde 1962 als Museum für die Kunst des 20. Jahrhunderts in Wien eröffnet - jetzt erhält das von Adolf Krischanitz sanierte Architekturjuwel ein neues Profi l. I iris meder

Das Ziel einer „mensch-licheren Welt“ ver-folgte die Brüsseler Weltausstellung von

1958 – auch mit Architektur. So spricht man in Tschechien noch heute vom „Brüsseler Stil“: der Aufbruchstimmung einer Zeit, in der alles möglich schien. Dafür standen das Atomium, der Phi-lips-Pavillon von Le Corbusier und Yannis Xenakis, der bundes-deutsche von Egon Eiermann und Sep Ruf, der halbringförmige der Tschechoslowakei und eben auch der österreichische, nach einem Wettbewerb entworfen von Karl Schwanzer. Auf nur vier Stützen ruhend, schien das aufgeständerte Obergeschoß über dem offenen Erdgeschoß zu schweben.

Zu gut für SchrottZu schön, zu gut, um ihn nach Ausstellungsende zu verschrotten. Wie die Tschechoslowakei und Jugoslawien sorgte auch Öster-reich für eine Nachnutzung des Pavillons. Er wurde zum Wiener Museum für zeitgenössische Kunst – dabei allerdings nicht, wie es Schwanzer favorisierte, im Stadtpark gegenüber dem MAK, sondern im Schweizergarten. Nach Plänen Schwanzers wurde dafür das Erdgeschoß verglast und der zentrale Lichthof geschlossen. Nach dem Auszug der Sammlung in das Museumsquartier wurde 2003 ein Wettbewerb zu Restau-rierung und Erweiterung ausge-schrieben, dessen Siegerprojekt nach Plänen des Schwanzer-Schülers Adolf Krischanitz reali-siert wurde und ab Mitte Novem-ber als Plattform für österreichi-sche Kunst von 1945 bis heute genutzt wird.Schwierig, so Krischanitz, war bei der Sanierung des denkmalge-schützten Pavillons zum einen die Umsetzung heutiger feuerpolizei-licher Vorschriften, denen der schwebende Charakter der einst frei im Raum stehenden Treppen so wenig wie möglich zum Opfer fallen sollte, und zum anderen der Umgang mit der energetisch problematischen Glashaut.

Kein Schwanzer-ZubauWährend der Skulpturengarten zum Schweizergarten erhalten blieb, tiefte Krischanitz zwei be-stehende kleinere Höfe zusätzlich ein, um die Räume im Unterge-schoß besser zu belichten. Der Rhythmus der Schwanzer‘schen Tragstruktur ist dort mit einem Wechsel von vertikalen Glasstrei-fen und Betonwandscheiben neu instrumentiert.

Ein unterirdisch mit dem Altbau verbundener sechsstöckiger Büro-turm ist mit seiner dunklen Qua-dratrasterung eine klar zeitgenös-sische Struktur neben dem fi ligranen Schwanzer-Bau mit sei-nem rostrot gestrichenen Tragge-

rüst, bezieht sich aber zum Bei-spiel mit den von Stützen freien offenen Ecken auch auf den Alt-bau. Krischanitz: „Es sollte eine deutliche Trennschärfe geben. Schwanzer weiterbauen – das geht nicht.“

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transparenz und leichtigkeitDAS NEUE HEADQUARTER der ÖBB Infrastruktur AG am Praterstern ist ein anspruchsvolles Projekt in puncto Architektur wie auch Konstruktion – mit einem spektakulären Membrandach, das Energie sparen hilft. I gisela gary

Rund 1000 Mitarbeiter der ÖBB Infrastruktur AG bezogen ihr neues Bürogebäude am Pra-

terstern 3. Am Rand des Prater-sterns wurden dafür zwei paral-lele Baukörper errichtet: entlang der Gleisanlagen und entlang der Nordbahnstraße. Diese wurden durch Erschließung- und Bespre-chungsraumtrakte zu einem Bau-körperensemble verbunden. Die neue Konzernzentrale besteht aus einem Untergeschoß und acht Obergeschoßen. Der Innenhof stellt das Herzstück des neuen

Headquarters dar und wird mit einem transpa-renten, 1.000 m2 großen Mem-brandach ge-schützt. Das Foli-enkissendach wurde wie auch das restliche Ge-bäude von den Architekten Till-ner & Willinger auf Basis eines gewonnenen Architektur wett-bewerbes ent-worfen, geplant und umgesetzt. Die Tragwerkspla-nung für das Folienkissendach wurde in Zusammenarbeit mit Vasko+Partner bzw. der Firma Vektor Foiltec entwickelt.Ergänzend zu den durch Tillner & Willinger erbrachten Genaralpla-ner- und Architekturleistungen, zeichnete Vasko+Partner für die Generalkonsulentenleistungen gesamtheitlich verantwortlich: für die ergänzenden Planungsleistun-gen (u. a. Ausschreibung, Kosten-

management), die örtliche Bau-aufsicht und Teile der Projektsteu-erung, die Statik, die Haustechnik wie auch die Bauphysik. Eine se-mitransparente Fassade ermög-licht Blickbeziehungen zwischen innen und außen. Das Membran-dach hilft zudem die Energieko-sten niedrig zu halten. Thomas Wetzstein, Projektleiter von Vasko+Partner, bezeichnet das Bürogebäude Praterstern als Mus-terbeispiel für das Know-how und

den gesamtheitlichen Ansatz von Vasko+Partner: „Ein planerisch anspruchsvolles Projekt, dessen Herausforderung darin bestand, die wesentlichen Versorgungslei-tungen des Bezirkes am Grund-stück einzubinden, konnte mit innovativen Methoden, unter an-derem mit Hilfe von Bauteilakti-vierung, unter Einhaltung sowohl des Termins- als auch des Kosten-ziels zur vollsten Zufriedenheit des Bauherrn abgewickelt werden.“

01 ÖBB/Julius Silver

02 ÖBB/Julius Silver

Zahlen I Daten I Fakten

Auftraggeber: ÖBB ImmoGeneralplaner: Tillner&Willinger/ Vasko+PartnerBruttogrundrissfl äche: ca. 30.000 m²Nettonutzfl äche: ca. 23.000 m²

Informationen:www.vasko-partner.at

bonbons mit stilDIE UMWANDLUNG der ehemaligen Heller-Fabrik in einen architek tonisch anspruchsvollen Wohnpark ist ab-geschlossen. I anna klerdorf

Im vergangenen September hat der Wohnbauträger BU-WOG auf dem Gelände der ehemaligen Heller-Zuckerl-

fabrik in der Davidgasse 79 in Wien-Favoriten das größte Bau-vorhaben seiner Geschichte abge-schlossen. Der „Heller Park“ ent-stand im Spannungsfeld zwischen historischer Bedeutung, altem Be-stand und moderner Wohnquali-

tät als Gebäude-ensemble mit Raum für Assozia-tionen.Viele verschiedene Aspekte waren zu berücksichtigen: Denkmalschutz und Integration der alten Bausub-stanz auf der ei-nen, moderne Wohnkonzepte mit vielfältigen, individuell gestal-teten Wohnein-heiten und groß-zügigen Erholungsräumen auf der anderen

Seite. Die Forderung architektoni-scher Qualität und gestalterischer Vielfalt musste mit der Optimie-rung der Wohnfl ächen, der Integ-ration von Geschäftslokalen und einer überschaubaren Kosten-struktur in Einklang gebracht werden.Ein vielschichtiges Projekt wie der Heller Park war auch für die Architekturpartner der BUWOG eine spannende Aufgabe. Die vier renommierten Wiener Architek-turbüros querkraft architekten, Hermann & Valentiny, lautner + kirisits und Albert Wimmer realisierten fünf außergewöhnli-che Bauteile, die durch Grün-räume miteinander verbunden sind.

Bauteil A – „Am Platzl“Im Anschluss an das Heller-Back-steingebäude haben die Architek-ten querkraft entlang der In-zersdorferstraße 34 Eigentums-wohnungen geschaffen. Rankhil-fen für Grünpfl anzen schaffen ein grünes Wohngefühl mitten in der Stadt.

Bauteil B – „An der Promenade“Architektonischer Blickfang der von den Architekten Hermann & Valentiny und Partner geplanten 57 Eigentumswohnungen inmit-ten des Heller Parks ist eine spek-takuläre Wölbung des Gebäudes.

Bauteil C – „Das Passivhaus“Das moderne Passivhaus der Ar-chitekten lautner + kirisits mit 87 Mietwohnungen liegt an der Guß-riegelstraße. Geschäftsfl ächen im Erdgeschoß gewährleisten Nahver-sorgung. Großzügige isolierver-glaste Veranden sorgen für licht-durchfl utete Räumlichkeiten, im Obergeschoß erweitern Dachter-rassen den Wohnraum ins Freie. Architektonische Besonderheit sind drei verglaste Verbindungs-

stege des aus zwei miteinander verknüpften Baukörpern beste-henden Gebäudes.

Bauteil D – „Am Park“An der Davidgasse hat der Archi-tekt Albert Wimmer ein licht-durchfl utetes Gebäude mit 39 Ei-gentumswohnungen realisiert. Die Fassade der geräumigen Wohneinheiten zeichnet sich durch ein besonderes Farbkon-zept in warmen Erdtönen aus.

Bauteil E – „Am Spitz“Im Herzen des Heller Parks wur-den ebenfalls von Architekt Albert Wimmer 22 Mietwohnungen rea-lisiert. Sämtliche Wohnungen ver-fügen über lichtdurchflutete Räume und südseitige Loggien. Die Parklage rundet das Flair einer Ruheoase inmitten der Stadt ab.

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Zahlen I Daten I Fakten

90 geförderte Mietwohnungen 112 geförderte und 37 freifi nanzierte EigentumswohnungenEin Offi celoftEin Wohn- und Pfl egehaus mit 265 Plätzen6 Geschäftslokale321 StellplätzeWohnnutzfl äche: 47.131 m2

Geschäftsfl äche: 1.700 m²Gesamtinvestitionskosten: ca. €122 Mio. (inkl. Wohn- und Pfl egehaus)

01 Die Fassade der geförderten Eigen-tumswohnungen in warmen Erdtönen

02 Der energieeffi ziente Bauteil an der Gußriegelstraße

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komplexe geschichte

20 Jahre Planun-gen, Umplanun-gen und Diskus-sionen prägen

das Projekt Wien-Mitte. Dazwi-schen liegen Wirtschafts- und Im-mobilienkrisen, Weltkulturerbe-aufl agen und damit verbundene Redimensionierungen des multi-funktionalen Gebäudekomplexes oberhalb des Bahnhofs Wien-Landstraße.

1991 gewannen die Architekten Laurids und Manfred Ortner ei-nen Bebauungswettbewerb für das Projekt. Gemeinsam mit den zweitgereihten Architekten Neu-mann/Steiner sowie Lintl+Lintl planten sie einen Nutzungsmix aus Geschäften, Wohnungen, Bü-ros sowie Kultur- und Sozialein-richtungen unter Einbeziehung des S-Bahnhofs und des Einkaufs-zentrums. Im Jahr 1993 beschloss der Gemeinderat den Flächenwid-

mung- und Bebauungsplan, der sechs Türme mit bis zu 97 Metern vorsah– der 87 Meter hohe „City Tower“ wurde als einziger aus dem alten Konzept tatsächlich re-alisiert und beherbergt heute das Wiener Justizzentrum.

Neustart nach 12 JahrenAuch das später auf drei Türme mit geringerer Bauhöhe reduzierte Projekt kam nicht vom Fleck. Hetztiraden populistischer Stadt-parteien sowie die abfl auende Konjunktur veranlassten die Bau-

träger Austria Immobilien (BAI) trotz aufrechter Baugenehmigung, das Projekt fallen zu lassen. 2003 schreibt die Stadt Wien ei-nen neuen Wettbewerb aus, mit deutlich reduziertem Bauvolu-men und geringeren Bauhöhen. Die Arge Architekten wird von der BAI mit einem neuen Kon-zept auf Basis des Siegerprojekts von henke und schreieck archi-tekten beauftragt.

Rohbau fertigDiesen Monat erfolgt nach 20 Jahren die Fertigstellung der ge-samten Rohbauarbeiten im Hoch-bau. Die Fertigstellung des gesam-ten Projekts Wien Mitte mit 150.000 m² Bruttogeschoßfl äche ist für nächstes Jahr geplant. Die ersten drei Geschoße direkt über der Gleisebene werden dann als Shopping Center genützt. Das be-stehende Gebäude des CAT wird integriert, ebenso wie die alte Markthalle, die einige Wiener im Lauf des Planungs- und Diskussi-onsprozesses urplötzlich in ihr goldenes Herz geschlossen hatten.

die rettung eines architekturjuwelsNACH EINEM BEINAHE 10 JAHRE dauernden Diskussionsprozess läuft die Generalsanierung der Wiener Werkbundsiedlung nun doch an. I roland kanfer

Wie saniert man ein architekturhisto-risch wertvolles Denkmal, wenn

man gleichzeitig den sozialen Wohnbaugedanken aufrecht er-halten will? Beinahe zehn Jahre hat es gebraucht, bis die Stadt Wien eine Antwort auf diese Frage gefunden hat. Nun liegt ein Sanierungskonzept für die Werk-bundsiedlung vor, das, so hofft man, auch fi nanzierbar und sozial verträglich sein dürfte. Denn der Großteil der insgesamt 70 Häuser – nämlich 48 – stehen im Besitz der Stadt Wien, deren Mieter im

Schnitt 1,50 Euro pro Quadrat-meter bezahlen. Dass man da aus der Mietzinsrücklage keine Kom-plettsanierung zahlen kann, will man diese Mieten nicht drastisch

erhöhen, leuchtet ein. 10 Millio-nen Euro soll die Sanierung kos-ten. Sieben Millionen davon sol-len aus dem Topf von Wiener Wohnen sowie aus der Wohn-bauförderung kommen, ver-spricht Wiens Wohnbaustadtrat Michael Ludwig. Zusätzlich för-dert das Bundesdenkmalamt die Sanierung mit rund 40.000 Euro. In fünf Jahren soll das Revitalisie-rungsprojekt, das auf vier Phasen angelegt ist, abgeschlossen sein. Vorerst kommen allerdings erst vier Häuser an die Reihe: Drei Häuser des Architekten Gerrit Rietveld (Woinovichgasse 16,18

und 20) und eines von Josef Hoff-mann (Veitingergasse 85) werden restauriert. Mit der Generalpla-nung beauftragt ist das Wiener Ar-chitekturbüro P.Good. Die Sanie-rungsmaßnahmen umfassen neben der allgemeinen Restaurie-rung vor allem die wärmetechni-sche Verbesserung von Dächern, Terrassen, Wänden und Fenstern sowie den Einbau moderner Lüf-tungs- und Heizungsanlagen. Bleibt zu hoffen, dass der Stadt Wien und ihrem Partner, der „at home Immobilien-GmbH“, bis da-hin nicht die Luft ausgeht und alle Gebäude dieses architekturhisto-risch herausragenden Ensembles der Moderne vor dem endgültigen Verfall gerettet werden.

01 Die Werkbundsiedlung im 13. Bezirk entstand in den Jahren 1930 bis 1932 unter der Leitung des bekannten Architekten Josef Frank und wurde insgesamt von 32 namhaften Archi-tektInnen der Moderne entworfen.

02 Neben der allgemeinen Restaurierung ist die wärmetechnische Verbesserung und der Einbau moderner Lüftungs- und Heizungsanlagen dringend not-wendig.

HEISS UMSTRIT-TEN, geplant, umge-plant, neu geplant: Das über dem Bahnhof Wien-Mitte gelegene Büro- und Geschäftsprojekt feiert nach 20 Jahren endlich Dachgleiche. 2012 wird es fertig. I roland kanfer

01 Der 87 Meter hohe „City Tower“ (re. hinten) wurde als einziger aus dem al-ten Entwurf für Wien-Mitte realisiert, das neue Projekt kommt mit deutlich geringerer Höhe aus.

02 Das bestehende Gebäude des CAT wird in das neue Gebäude integriert.

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02 WISEG

01 WIEN MITTE

planning

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01 In Zukunft werden pro Tag rund 1.000 Züge und 145.000 Menschen den Hauptbahnhof Wien frequentie-ren.

02 Das markante Rautendach soll die weithin sichtbare Signatur des Haupt-bahnhofs werden.

das jahrhundertprojektHAUPTBAHNHOF WIEN Der Südbahnhof ist Geschichte. Auf dem Areal zwischen Wiedner Gürtel, Arsenalstraße, Gudrunstraße und Sonnwendgasse entsteht ein neuer Hauptbahnhof und ein modernes Stadtviertel. Die Gesamt-fl äche des Projekts entspricht der Größe des 8. Wiener Gemeindebezirks. Eine Bestandsaufnahme. I manuela prusa

Eine neue Verkehrsstation und ein ganzes Stadt-viertel mit Wohnungen, Büros, Schulcampus

und Park: Das Gesamtprojekt Hauptbahnhof Wien ist mit einer Größe von 109 ha die für die Stadt derzeit wichtigste Infrastruk-turmaßnahme. „Der neue Durch-gangsbahnhof wird zu einem zen-tralen Knotenpunkt im transeuropäischen Schienennetz“, so der interimistische Projektleiter Hermann Papouschek. Erstmals können in Wien Züge aus Norden, Süden, Osten und Westen an ei-nem Ort verknüpft werden. Rei-sende dürfen sich auf optimale Anbindungen, schnellere Zugsver-bindungen, mehr Reisekomfort durch einfaches Umsteigen sowie Barrierefreiheit freuen. Ende 2012 wird der Bahnhof in Teilbetrieb gehen, der Vollbetrieb ist Ende 2014 vorgesehen. Weiters entsteht eine BahnhofCity mit einer Shop-pingmeile, Gastronomie, Hotels, Büros und Parkgarage. Vom Hauptbahnhof Wien kann man künftig in die öffentlichen Verkehrsmittel umsteigen: Dafür sorgen die U1, elf S-Bahn-Linien, die Straßenbahnenlinien D (wird ins Stadtviertel hinein verlängert), 18 und O sowie die Autobuslinien 13A und 69A. Dazu kommen Ga-ragen und Taxistandplätze.

Rautendach als SignaturErfolgt ist bereits der Start für den Bau des markanten Rautendaches – das optische Highlight des neuen Hauptbahnhofs. Für die Gesamt-konstruktion des gefalteten Da-ches, das die fünf Bahnsteige überspannt, werden insgesamt rund 5.000 Tonnen Stahl verarbei-tet. Die Fläche des Daches ist so groß wie zwei Fußballfelder. Dank

der transparenten Konstruktion ist das Gebäudeinnere von Licht durchfl utet, in der Nacht zeigt sich die Halle als hell erleuchtetes Falt-werk. Vizebürgermeisterin und Stadträtin Maria Vassilakou: „Das Rautendach gibt dem Hauptbahn-hof eine Signatur, die weithin sichtbar ist und die Funktion des Bahnhofs als Visitenkarte für die Stadt betont.“ Umgesetzt wird das Projekt von den beiden Projektlei-tungen Stadt Wien und ÖBB, dem Konsortium Wiener Team und der Unger Steel Group, dem markt-führenden österreichischen Stahl-bauunternehmen.

Ein neuer StadtteilRund um den Hauptbahnhof wird ein eigener Stadtteil gebaut. Her-mann Papouschek: „Die brach ge-legenen Schienenfl ächen des al-ten Frachtenbahnhofs werden zu einem modernen Stadterweite-rungsgebiet umfunktioniert.“ Im nördlichen Teil des Areals ent-steht das Quartier Belvedere – ein Geschäftsviertel mit hochwertigen Investorenprojekten. Dort werden rund 20.000 Arbeitsplätze ge-schaffen. Im Süden, dem Sonn-wendviertel, wird die Fläche überwiegend als Wohngebiet ge-nutzt. Ab Beginn des kommenden Jahres werden insgesamt 5.000 Wohnungen für rund 13.000 Menschen errichtet. „Kurze Wege, sanfte Mobilität und viele Möglichkeiten des Miteinander werden das Sonnwendviertel aus-zeichnen“, so Maria Vassilakou. Ein acht Hektar großer Park bietet zudem hohe Lebensqualität. Daran angrenzend wird es einen Bildungscampus geben – mit Kin-dergarten, Volks- und Haupt-schule. Im Sommer 2012 ist Bau-beginn. Darüber hinaus werden der 3. und 10. Bezirk durch zwei Brücken (eine für den Individual-verkehr und eine für Fußgänger und Radfahrer) verbunden (siehe nächste Seite). Wer sich einen Überblick über das Infrastrukturprojekt Hauptbahn-hof Wien machen möchte, kann das bahnorama besuchen. Das In-

formationszentrum mit Aussichts-turm konnte seit seiner Eröffnung im August 2010 bereits über 130.000 Besucher registrieren und wurde mit einem Brunel Award 2011, dem führenden Eisenbahn-designpreis, ausgezeichnet. www.hauptbahnhof-wien.at

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Wien ist andersGedanken zur Anbindung des Hauptbahnhofs an den öffentlichen Verkehr von Roland Kanfer

Ende 2012, wenn mit dem neuen Wiener Hauptbahnhof ein „zentraler Knotenpunkt im transeuropäischen Schienennetz“ und „einer der wich-tigsten Bahnhöfe Europas“ teilweise in Betrieb geht, werden den Fahrgästen „optimale regionale, nationale und in-ternationale Anbindungen“ geboten werden, verkünden die ÖBB. Das ist für eine Stadt wie Wien natür-lich erfreulich. Das Großprojekt ist nicht nur Ausdruck der nach dem Fall des Eisernen Vorhangs veränderten geopolitischen Position der Stadt, die vom Rand der westlichen Welt ins Zentrum Europas gerückt wurde, son-dern zeugt auch vom Willen zur Mo-dernisierung und einem gestiegenen Selbstbewusstsein Wiens. Das mit den international und inner-österreichisch optimalen Anbindun-gen mag ja stimmen. Betrachtet man aber die innerstädtische Anbindung dieses vor ein paar Jahren noch „Bahnhof Wien Europa Mitte“ titulier-ten Knotenpunkts, dann wird man schlagartig wieder auf den Boden der heimischen Provinzrealität zurückge-holt. Wie sieht es mit der Anbindung des Bahnhofs an den Öffentlichen Verkehr

in Wien aus? Dass die U-Bahnlinie U1 vor Jahren am Südtiroler Platz Halt machte, aber nicht am damaligen Südbahnhof, zu dem sich der Öffi -Be-nutzer dann zu Fuß weiter kämpfen musste, war schon ein Schildbürger-streich, der den heutigen Stadtpla-nern nicht angelastet werden kann. Mit der Planung des neuen Haupt-bahnhofs wurde zumindest versucht, diesen näher an diese U-Bahnlinie he-ranzurücken, was sich auch in der Umbenennung der Station in „Haupt-bahnhof“ ausdrückt. Dass jedoch die geplante Südverlängerung der U-Bahnlinie U2, die die geplanten Wohngebiete südlich des neuen Hauptbahnhofs knapp, aber doch deutlich verfehlt, lässt Außenstehende verwundert den Kopf schütteln (der gelernte Wiener zuckt mit den Ach-seln). „Aus planerischen und techni-schen Gesichtspunkten nicht sinnvoll“ – so die Begründung des früheren Wiener Verkehrs- und Stadtplanungs-stadtrates Schicker dazu. Man behilft sich stattdessen mit Straßenbahn- und Buslinien. Wir dürfen uns schon auf die Bilder internationaler Reisender freuen, die, von der City kommend, verwundert am Südtiroler Platz stehen und ihre Koffer 350 Meter weit bis zum Hauptbahnhof schleppen oder diese von der überlasteten U1 in Stra-ßenbahn und Bus hieven. Wien ist eben anders.

Foto: ÖBB/Stad

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die brücken des hauptbahnhofs

Bis die beiden Brücken-objekte der Südbahn-hofbrücke und des Ar-senalstegs die ersten

Benutzer von einer Seite zur an-deren bringen werden, wird es noch eine Weile dauern. Doch das Gelände und vor allem die Be-bauung des neuen Hauptbahn-hofs Wien zeigt sich für den Be-trachter noch nicht so, wie es dann in fünf Jahren aussehen wird. Jetzt können nur die Ob-jekte einen Eindruck der künfti-gen Bebauung vermitteln.Der erste Teil im Zuge der Neuge-staltung des ehemaligen Bahnge-ländes war die Einhebung der Südbahnhofbrücke im September 2010. Streng genommen war es

eine Eindrehung, da die Brücken-tragwerke auf einem Hilfsgleis an die richtige Position gebracht wurden - mittels synchronen me-chanischen Hubstempeln bis in fünf Meter Höhe gehoben, auf speziell ausgerüsteten Wagonach-sen über ein für die Bauarbeiten errichtetes Montagegleis um 45 Grad gedreht und in weiterer Folge auf die Widerlager der Brü-cke abgesenkt. Aber sonst war der Verschub des 420 Tonnen schwe-ren Tragwerks eine Kleinigkeit – vorausgesetzt man weiß, wie man mit solchen Projekten umgeht. Doch dieses Wissen ist in der Wie-ner Brückenbauabteilung durch-aus vorhanden.

Verbindung zwischen Landstraße und Favoriten 2015 Nach der Südbahnhofbrücke war einige Wochen später Mitte Jän-ner 2011 der Arsenalsteg mit der Einhebung der ersten Tragwerke dran. Die äußeren Rahmenbedin-gungen waren durchaus nicht günstig, doch der Zeitplan für die Errichtung wurde nicht nach dem Wetter, sondern nach dem Fort-gang der Bahnarbeiten ausgerich-tet. Nicht ganz so kompliziert wie bei dem vorherigen Bauabschnitt konnten die Gleise gerade verlegt und „normal“ eingeschoben wer-den. Die beiden 120 Tonnen schweren Felder des Arsenalste-ges haben jeweils eine Länge von 37,50 Meter pro Feld, eine Ge-samtbreite von 8,80 Meter und bestehen komplett aus Stahl, wo-bei die Bögen eine Höhe von 4,40 Meter aufweisen. Der Geh- und Radweg hat in seiner Endausbau-stufe eine Breite von 6,50 Meter und besteht aus einer orthotropen Platte - einer Fahrbahntafel aus einem Stahlblech, das mit Längs- und Querrippen versteift wird. Beide Verbindungen werden ab 2015 die Bezirke Landstraße und Favoriten verbinden. Neben den Geh- und Radverbindung wird

bei der Südbahnhofbrücke auch der Straßenverkehr in Richtung Absberggasse geführt. Die Entste-hung der Bauwerke ist mit den Arbeiten der ÖBB koordiniert und wird so ausgeführt, dass eine optimale Abstimmung auf den Baufortschritt des Hauptbahnhofs Wien und der zukünftigen Bebau-ung des Geländes gewährleistet ist. Auch wenn es noch etwas dauern wird, die Benutzung des Arsenalsteges sowie der Südbahn-hofbrücke wird mit der Neuge-staltung des Geländes voraus-sichtlich 2015 möglich sein.

Weitere Informationenwww.bruecken.wien.at

der charme alter mauernALS „WIRTSCHAFTSPARK BREITENSEE“ erwacht ein alter Gewerbehof im 14. Bezirk wieder zu neuem Leben. Die Wien Holding realisiert hier bis 2012 einen Gebäudekomplex mit Wohnungen, Büros, Lager und Werkstätten für die Kreativwirtschaft. I anna klerdorf

Der neue Wirtschafts-park entsteht auf dem Areal eines früheren Gewerbehofes, dessen

altes Backstein-Gebäude auch im neuen Wirtschaftspark integriert ist. Heute arbeiten hier im bereits revitalisierten Backsteinbau inno-vative Unternehmen. Der Weg zum Wirtschaftspark Breitensee erfolgte in mehreren Etappen: Im ersten Schritt wurde im Jahr 2007 der Innenhof des al-ten Gewerbehofes entkernt und der ehemalige Fabrikschlot stillge-legt. Im Jahr 2008 wurde mit der Revitalisierung des alten Back-steinbaus begonnen. 2010 erfolgte

der Spatenstich für den Neubau-trakt, in den ab 2012 die ersten Unternehmen als Mieter einzie-hen werden. Außerdem wurde von der GEWOG „Neue Heimat“ mit der Errichtung eines Wohn-baus mit 75 geförderten Miet-wohnungen begonnen.

Alt und Neu Der Wirtschaftspark Breitensee besteht aus zwei Gebäuden, die miteinander durch eine brücken-artige Konstruktion verbunden werden. Beim ersten Gebäude handelt es sich um den bereits re-vitalisierten alten Backsteinbau mit 15.000 Quadratmeter Fläche.

In zwei zusätzli-chen Dachge-schoßen entste-hen Bürolofts, die arbeiten und wohnen unter einem Dach er-lauben. Das zweite Gebäude wird komplett neu gebaut. Auf fünf Etagen ent-stehen hier wei-

tere 10.000 Quadratmeter Fläche für Büros, Gewerbe und Hand-werk.Gemeinsam mit den bereits beste-henden Flächen im revitalisierten Altbau werden dann im Jahr 2012 nach Fertigstellung des Neubaus insgesamt rund 25.000 Quadratmeter Fläche für die Wirt-schaft im 14. Bezirk zur Verfügung stehen. Das architektonische Konzept für den Wirtschaftspark Breitensee stammt von holodeck architects. Sie sind als Sieger aus dem im Jahr 2007 durchgeführten städte-baulichen Wettbewerb hervorge-gangen. Auf Basis der Wettbe-werbsergebnisse werden bei der Gestaltung des Erweiterungsbaus die Strukturen, Funktionen und Formen eines klassischen Gewer-behofes neu interpretiert. Durch den neuen Baukörper entstehen neue Hofsituationen, die Alt und Neu verschmelzen lassen.

Flexibel gestaltbarBei der Innenraumgestaltung le-gen die Architekten besonderen Wert auf eine loftartige Gestal-

tung mit größt-möglicher Raum höhe. Maßgeschnei-derte, in sich abgeschlossene Büro- und Arbeitseinheiten für Produktion und Dienstleistung und bis zu vier Meter hohe, helle und fl exibel gestaltbare Räume mit großen Fenstern vermitteln ein offenes und freundliches Ar-beitsklima mit Fabrikcharakter. Dabei greifen Design und Funk-tion ineinander und machen ar-beiten im inspirierenden Ambi-ente möglich. Die Räume bieten Fenster mit außen liegendem Sonnenschutz, Zwischenwände mit lichtdurchlässigem, teilweise transparentem Glas, schallisolierte Raumboxen, Gebäudekühlung mit Fan Coils und vieles mehr.Eine wichtige Zielgruppe des Ge-werbehofes sind Unternehmen aus den Bereichen „Neue Medien“ und aus der Kreativwirtschaft. Ei-gene Seminarräume und ein Eventbereich können für Firmen-veranstaltungen genutzt werden.

01 Die Brückentragwerke wurden auf einem Hilfsgleis an die richtige Position gebracht.

02 Die beiden 120 Tonnen schweren Felder des Arsenalsteges sind jeweils 37,50 Meter lang, 8,80 Meter breit und bestehen komplett aus Stahl.

01 Der Wirtschaftspark Breitensee besteht aus zwei Gebäuden, die miteinander durch eine brückenartige Konstruk-tion verbunden werden.

02 Im Jahr 2012 werden nach Fertigstel-lung des Neubaus 25.000 m² Fläche zur Verfügung stehen.

AUF DEM GE-LÄNDE des künftigen Hauptbahnhofs Wien wird heftig gebaut. Weit-hin sichtbar sind neben dem Bahnhofsbereich die Brückenobjekte, die zeit-gleich mit dem Bahnhof entstehen. I kurt wurscher

01 Wurscher

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02 Holodeck Architects

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MIT DEM AUTO INS ZENTRUM von London, Stockholm und Oslo zu fahren, kostet die PKW-Besitzer eine City Maut. In Stuttgart, München oder Ulm verbieten Umweltzonen besonderen Stinkern die Einfahrt. Der Bahn-hof wird zur multiplen Verkehrsdrehscheibe. I ilse huber

Es ist noch gar nicht so lange her, dass sich der mobile Mensch just auf ein Verkehrsmittel kap-

rizierte. Zuerst auf die Kutsche, dann auf den Zug, dann auf das Auto. Umsteigen war mühselig und unbeliebt. Den „Multimoda-len“ dagegen kommen die intelli-genten Verkehrssysteme (IVS) entgegen, die mittels Technik und Vernetzung der einzelnen Ver-kehrsträger das Weiterkommen erleichtern. Städte sollen auf diese Weise „smarter“ werden, also emissionsärmer und lebenswerter. Dass dabei die innerstädtische Mobilität einen wesentlichen Fak-tor darstellt, bleibt nicht nur Bür-germeistern und Mobilitätsanbie-

tern vorbehalten, sondern erreicht auch die Städter und de-ren Besucher selbst.

Der Nachsommer im Zeichen der MobilitätAuf diese aufmerksam zu ma-chen, ist das erklärte Ziel der eu-ropäischen Mobilitätswoche, die seit zehn Jahren versucht, eine bessere Umwelt für die Bürger zu schaffen. Jedes Jahr fi nden rund um den autofreien Tag (22.Sep-tember) etliche Veranstaltungen statt, so auch in Wien, wo das Ra-sen am Ring zum Rasen auf dem Ring umfunktioniert wurde. Grüne Rollrasenbahnen ver-drängten kurzfristig sehr zum Är-gernis verdrängter Autofahrer dieselben. Insbesondere knautschzonenfreie Verkehrsteil-nehmer wie Fußgänger, Radfah-rer, Skater, Bus-und Bahnbenüt-zer sind gefährdet.

Alles Bahnhof?Der Bahnhof als Verschubort mu-tiert still und heimlich zur inter-modalen Schaltstelle. Ob Rad, Öf-fi s, Leihauto oder neuerdings auch Elektrofahrzeuge, die Wahl-möglichkeit steigt von Jahr zu Jahr, wobei die „unterhaltsame“ Form stetig zunimmt. Sei es, in dem man ein überdachtes Fahr-radtaxi (Faxi) ruft oder auf den Roller (Segway) steigt, der auf Gewichtsverlagerung reagiert. Nicht ganz so originell, dafür stark genutzt, sind die Leihräder. Man registriert sich im Internet oder am Terminal mittels Karte. Einzi-ges Kriterium für die Rückgabe ist ein freier Standplatz.Diese Flexibilität hat der Leihwa-gen am Bahnhof nicht. Das Car-sharing System beruht darauf, dass man das Fahrzeug wieder an

jenen Ort zurückbringt, wo man es ausgeborgt hat. Das passt nicht immer in das individuelle Fortbe-wegungskonzept und veranlasst manche doch lieber das eigene Auto - in Kom-bination mit den Öffi s - zu benut-zen. In Wien gibt es zehn Park und Ride Gara-gen, die für drei Euro 24 Stunden Parkraum anbie-ten und direkte U -Bahnanbin-dung besitzen. Für Wochen- und Monatmarkenbesitzer der Wiener Linien wird die Benützung ein bisschen günstiger.

Die Zukunft kommt erstWohl hat sich in den vergange-nen Jahren einiges getan, wie man moderater, ressourcenscho-nender und letztlich gesünder durch die Stadt kommt, es man-gelt aber an großen kommunalen Demonstrationsprojekten. Mit

dem Förderprogramm Smart EnergyDemo- Fit for SET versu-chen Verkehrs- und Umweltmi-nisterium und der Klima- und Energiefonds nun neue Anreize zu schaffen. Bis Jänner 2012 sol-len Kooperationen zwischen Stadtverwaltung und stadtnahen Versorgern Lösungen formulie-ren, für die insgesamt 30 Millio-nen Euro zu Verfügung stehen. Zentrale Voraussetzung ist es, den „Smart City Gedanken“ weiter zu spinnen, der sich dadurch aus-zeichnet, weniger Energie zu ver-brauchen und Emissionen zu re-duzieren.

Trend zum ElektromobilEinen weiteren Schwerpunkt stellt die E-mobility dar. In Wien wird bis zum Jahr 2012 die E-mo-bility on demand ausgebaut. Hun-derte Elektroautos werden samt Ladesäulen angeschafft. Der Aus-bau ist im Gange und eine dazu-gehörige Mobilitätskarte verlinkt die Autos mit dem Öffentlichen

Verkehr. Schon vor Jahren sah man hier und da Stromtankstel-len, die aber meist verwaist waren und lang-sam vergammel-ten. Das könnte

anders werden, wenn die E-Bikes, E-Scooters oder E-Tricycles das Stadtbild prägen und dringend aufgeladen werden müssen. Dass die Pedalritter in naher Zukunft von einem Elektromotor unter-stützt werden, hat auch Auswir-kungen auf ihren Einsatz, auch beim E-Biken in der Vorstadt – Hügel wie der Wilhelminenberg sind dann höchstens eine Berg-wertung für den Akku ...

01 ÖBB

03 Ilse Huber

02 Wiener Energie GmbH/APA-Fotoservice/Schedl

> Wichtig ist, Freiräume für sich defi nieren zu

können, Freiräume, die veränderbar sind und

kreativ gestaltet werden können. <

01 Von der Bahn in die Straßenbahn, aufs Rad oder per Leihauto weiter: Urban heißt multimodal.

02 Sieger des Designwettbewerbs: Erste E-Bike-Ladesäule der neuen Genera-tion geht im Media Quarter Marx in Betrieb

03 Vor acht Jahren in Wien begonnen, nun auch die Paris und anderen Städ-ten: Leihräder mit Registrierung.

bahnhöfe – schnittstelle zur mobilität

life

Der direkte Draht(esel) von Wien nach Paris

CITYBIKES. Sie treten immer stärker in Erscheinung, sei es im Multipack oder vereinzelt im gel-ben oder lila Outfi t. Was in Wien vor acht Jahren als Pilotversuch begonnen hat, hat sich nun auch in Lyon, Paris, London, New York und Barce-lona durchgesetzt: die Stadter-kundung auf dem Leihrad. Wohl scheiterte die Viennabike Urver-sion mit Münzeinwurf kläglich – die Räder verschwanden in irgendwelchen Garagen, Schup-pen oder Kellern - seit dem Jahr 2003 mausert sich das Ganze dank verbesserter Leihmodi zu einem richtigen (Export)Hit. Das Leihsystem verlangt eine unbü-rokratische persönliche Anmel-dung, der Mietvorgang ist kurz. Durch die einmalige Registrie-rung per Karte erhält man einen Benutzernamen samt Passwort. Jedes Leihrad besitzt eine Bike-boxnummer, die an der Station eingetippt werden muss – und schon zur kann man in die Pe-dale treten. In mittlerweile 18 Wiener Gemeindebezirken bie-ten 83 Stationen Leihräder teil-weise zum Nulltarif an, wenn

die Leihzeit maximal eine Stunde beträgt.

Hinter der PlakatwandWie entstand die Achse Wien-Paris? Auf direktem Wege, kann man sagen. Denn die Gewista, Betreiberin des Wiener City-bikes, gehört mehrheitlich dem französischen Außenwerbekon-zern JCDecaux und der startete aufgrund der Wiener Erfahrun-gen den französischen Versuchs-ballon in Lyon, ehe das Velib’, das Velo libre, vor zwei Jahren in Paris Einzug hielt. Die zwei Millionen Einwohner zählende Hauptstadt stellt auf 1800 Statio-nen, die maximal 300 Meter voneinander entfernt sind, Leih-räder zu Verfügung – im Gegen-zug erhält die Werbefi rma Flä-chen für ihre Rolling boards zu Verfügung. Das Angebot ist für Umsteiger kostengünstig, für 19 Euro im Jahr ist man dabei oder man zahlt 1,7 Euro pro Tag. In-nerhalb kürzester Zeit schnellte die Radverkehrsteilnehmer-Quote in die Höhe, selbst dann, wenn es noch kaum Radwege gibt, wie in Paris.

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italien: zug abgefahren?NEBENSTRECKEN LEIDEN unter dem rigorosen Sparprogramm. Der Fokus liegt auf dem Ausbau der Hochgeschwindigkeitsstrecke – vor allem in Norditalien. I irene mayer-kilani

Wer versucht hat, tagsüber mit dem Zug nach Venedig zu reisen, weiß

wie mühsam die Fahrt geworden ist. Während bis vor zwei Jahren zweimal täglich eine bequeme Di-rektverbindung von Wien in die Lagunenstadt bestand, müssen Reisende nun in Villach in einen Bus umsteigen. Direktzüge nach Triest gibt es ebenfalls schon län-ger nicht mehr. Doch nicht nur internationale Verbindungen, sondern vor allem lokale Neben-strecken, sind von den Sparplä-nen im Zuge der Teilprivatisierung der italienischen Staatsbahnen be-troffen.

AufgesplittertDie „Ferrovie delle Stato“, kurz FS genannt, haben im Jahr 2000 im Zuge einer Neuorganisation ihre verschiedenen Unternehmensseg-mente in separaten Firmen unter-gebracht. Für den Personen- und Güterverkehr ist seither die „Treni-talia“ verantwortlich, die einen sehr ambivalenten Ruf genießt und schon mehrmals knapp am Kon-

kurs vorbeischrammte. Das Unter-nehmen wird wegen Manage-mentfehlern, Intransparenz der Strukturen und schlechtem Service kritisiert. Angesichts der Euro-Krise wurde die Forderung stärker, dass Italien auf „Geldreserven“, wie etwa einer weiteren Privatisie-rung des Staatsunternehmens Bahn, zurückgreifen sollte. „In Ita-lien gibt es noch viel Fett, das man abschneiden kann“, meinte Unicredit-Chef Federico Ghizzoni. Im Sommer kündigten die FS an, ihr 14.000 Kilometer langes Stromnetz, das parallel zu den Bahnlinien verläuft, zu versteigern. Durch den Verkauf sollen die ma-roden Kassen um geschätzte 500 Millionen Euro aufgebessert wer-den. In Zukunft wird verstärkt auf Hochgeschwindigkeit gesetzt. Seit kurzem benötigt der Eurostar Alta-velocità, die schnittige, italienische Version des Hochgeschwindigkeits-zuges, nicht mehr viereinhalb Stunden, sondern nur noch drei Stunden für die 584 Kilometer zwischen Mailand und Rom. Fünf Stunden dauert hingegen die Fahrt von Turin nach Neapel.

Konkurrenz schläft nichtMit ehrgeizigen Plänen lassen die Industriellen Luca Cordero di Montezemolo und Diego Della Valle aufhor-chen. Mit „Italo“, einem neuen Hochge-schwindigkeits-zug, wollen die beiden Italiens Bahnverkehr ebenfalls auf schnellere Schienen bringen. Der Luxuszug des Privat-unternehmens NTV soll ab Jah-resende in neun italienischen Städten und zwölf Bahnhöfen halten. „Wir werden für Wettbe-werb in einem Bereich sorgen, in dem die Staatsbahnen bisher das Monopol hatten“, kündigte Mon-tezemolo an. „Italo“ soll -ähnlich wie der französische Nationalstolz TGV - mit bis zu 360 Stundenki-lometern, vorerst nur nördlich von Rom, durch die Landschaft rasen. Jeder der 500 Sitzplätze wird über einen Fernsehschirm

und Internetzugang, Stereoanlage und Minibar verfügen. Die Stre-cke Rom-Mailand wird 120 Euro kosten und damit doppelt so teuer als Eurostar-Tickets sein. Die neue Bahngesellschaft will in Zukunft auch die Verbindungen Venedig-Rom und Bari-Rom ausbauen. Die Route Mailand-Rom ist für italienische Fluggesellschaften am lukrativsten. „Wenn wir die Stre-cke in drei Stunden schaffen, können wir aktiv mit den Airlines konkurrieren“, sorgt Monteze-molo bei Billigfl iegern und Alita-lia für Gegenwind.

01 Gruppo Ferrovie

Unger Steel Group: Spezialist und Generalist.

Headquarters | Unger Steel Group | Steinamangererstrasse 163 | 7400 Oberwart | Austria

Phone +43/3352/33524-0 | Fax +43/3352/33524-15 | Mail [email protected] | www.ungersteel.com

Second production site | Unger Steel Middle East FZE | P.O.Box: 42251 | Hamriyah Free Zone | Sharjah | United Arab Emirates

Phone +971/6/5132-555 | Fax +971/6/5132-570 | Mail [email protected] | www.ungersteel.com

Die Unger Steel Group zählt als österreichische Unternehmensgruppe in der ausführenden Bauindustrie zu den führenden und international erfolgreichsten Industriebetrieben Europas. Die Kernkompetenzen des Unternehmens bilden der konstruktive sowie architektonische Stahlbau, die Projektentwicklung und die schlüsselfertige Realisierung gesamter Objekte als Generalun-ternehmen. Alle drei Geschäftsbereiche sind nach ISO 9001:2008 zertifiziert und bieten Transparenz und Qualität in sämtlichen Abläufen. Die Unger Steel Group steht seit jeher für Qualität, Kundenorientierung, Flexibilität und Termintreue. Das umfangreiche Netzwerk der gesamten Gruppe und eine Vielzahl an Partnerschaften ergänzen die zahlreichen Stärken.

Von Österreich und dem Mittleren Osten in die ganze Welt. Ausgehend vom österreichischen Headquarters steuert die Unger Steel Group ihre rund 20 Niederlassungen in Zentral- und Osteuropa sowie im Mittleren Osten und bietet ihren Kunden so direkten Zugang zu sämtlichen Leistungen der Gruppe. Zwei Produktionsstätten - in Öster-reich und im Emirat Sharjah (Vereinigte Arabische Emirate) – bilden logistische Drehscheiben für erstklassige Lieferungen in kürzester Zeit. Mit einer Gesamtkapazität der beiden Werke von jährlich 70.000 Tonnen können Kleinprojekte bis hin zu Komplettlösungen komplexer Bauvor-haben attraktiv und schnell abgewickelt werden.

Breites Produktportfolio.Die breite Produktpalette umfasst das gesamte Bauwesen: Sport-, Freizeit- und Mehrzweck-bauten, Hallenbau, Autohausbau, Anlagenbau, Büro- und Hochbauten, Hotel- und Wohn-bauten, Parkhäuser, Kraftwerksbau, Flughäfen, Messe- und Veranstaltungsbauten, Shop-pingcenter, Brückenbau, Sonderbauten uvm. So konnten sich bereits namhafte Kunden von den maßgeschneiderten Lösungen und dem kundenorientierten Full-Service der Unger Steel Group überzeugen. Das Unternehmen im Familienbesitz verfügt über eine erstklassige Boni-tät. Europaweit ist die Unger Steel Group die Nummer eins im Stahlbau.

01 Der Geschäftsführer der Ferrovie dello Stato, Mauro Moretti (links vorne), zeigt sich trotz heftigen Gegenwinds optimistisch.

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oh la la, c´est chicÜBERLEBEN IM URBAN JUNGLE. Das Kostüm kann ruhig von Chanel sein. Das Drumherum muss es nicht unbedingt. Zum Flanieren, Kokettieren und Promenieren zwischen Notre Dame und Gare du Nord darf es ruhig eine bunte Mischung sein. Solange sie komplett ist. I barbara jahn

Paris. Stadt der Mode. Stadt der Liebe. Stadt der Must-Haves. Sei es auch nur für einen Tag, an

dem man sich in der Metropole an der Seine aufhält, um im Café des Fleurs einen Café au Lait zu schlür-fen oder auf den Spuren der bezau-bernden Amélie zu wandeln – Grund genug, von Kopf bis Fuß gestylt zu sein. Die passen-den Accessoires – bloß ein Hilfsaus-druck für all das, was man oder „frau“ eben so braucht – sind nicht weiter schwer zu fi nden. Die Auswahl ist groß, aber wir präsentieren wirk-lich nur das „Al-lerwichtigste“.

Paris digitalEs gibt zwei Dinge, die unbedingt in die Handta-sche gehören, von denen aber nicht nur Pa-ris-Anfänger profi tie-ren, sondern auch geprüfte Champs-des-Élys-sées-Ex-perten. Das eine ist der digi-tale Wallpaper City Guide. Wiegt nichts, passt auf das iPhone und funktioniert ta-dellos. Ist also per-fekt. Paris, aber auch Berlin, Los Ange-les, Rom oder Amster-dam – der urbane „Pass“ hat die richtigen Tipps pa-rat und führt auf dem kürzesten Weg zum Tour Eiffel oder Centre Pompidou, oder wie hieß noch der Laden mit den kleinen Glitzerdin-gern? Wie auch immer: Braucht man und

sollte ganz oben auf der Einpack-liste stehen. Wer sich bei den pat-riotischen Franzosen nicht nur gewaltsam mit Englisch durch-schlagen will, sollte vielleicht

auf das elektronische Wörterbuch D35

von Iriver nicht

ver-

zich-ten. Ver-

packt in edles Aluminium und ro-

busten Kunststoff mutet das Gerät, das über ein

elegantes Drehrad gesteuert wird,

wie ein schi-ckes Notiz-

buch an, das ju-

gendlich-studentisch

mit einem Gummiband zu-

sammengehalten wird.

Paris per pedesGanz und gar

nicht digital, sondern

durch und

durch ana-log sind die

Strecken, die man dann selbst

zurücklegen muss. Für diejenigen, die nicht mit

den Flugzeugen im Bauch, sondern

viel mehr mit dem ehe-

maligen Baby-bauch

kommen, wurde für

frischgebackene Eltern-Cityhopper

das ultimative Fortbewe-gungsmittel erfunden:

Ein Fahrrad, das gleichzeitig ein

Kinderwagen ist. Ganz

easy zum Zielort zu

transpor-tieren, wird

man schließ-lich selbst trans-

portiert, ganz be-

quem mit Kind und Kegel. Für große und kleine Strampler sozu-sagen. Wer gerne in die Pedale tritt, braucht sich auch keine Sor-gen über den Genuss der teil-

weise sehr üppigen, aber doch so

unendlich verfüh-

reri-

schen französi-

schen Kulina-rik machen. Man-

che aber greifen am liebsten doch auf die eigenen Füße zurück, erobern per Métro und Bus die Stadt. Stellt sich die Frage nach dem passenden Schuhwerk. Bequem soll es sein, aber noch viel mehr gut ausse-hen. Lässt sich nicht vereinen? Oh doch. Und zwar im Porsche Design. P´1700 Cannes ist ein klassischer Mokassin mit den cha-rakteristischen Inbus-Schrauben an der Fersenkappe und ohne Nähte im Sohlenbereich. Mit die-sem Hightech-Schuh mit Alumi-nium in der Sohle liegt einem ganz Paris zu Füßen.

Paris à la carteApropos Essen: Hat man etwa schon Baguette und Roquefort im Gepäck, der edle Tropfen fehlt aber noch beim romantischen Tête-à-tête, kann man auch hier ganz leicht Abhilfe schaffen. Denn es gibt eine Tasche von Menu na-mens Baggy Wine Coat, die das Problem mit durstiger Kehle an der Kaimauer der Seine auf dem Trockenen zu sitzen ganz einfach

lösen kann. Per Zapfhahn lassen sich die mitgebrachten Becher fül-len und per Riemen die ganze Bouteille wie eine Handtasche leicht schultern. Ebenso cool und

praktisch funktioniert auch die Cool Lunch Tasche

desselben Herstellers, der sich offenbar un-

ter anderem auf das mobile essbare Verwöhnpro-gramm speziali-siert hat. Sollte man noch Platz suchen, um die

restlichen Amuses Gueules für den un-

beschwerten Städtet-rip zu verstauen, sei an

echte Stilikonen verwie-sen: Für den Herren die äu-

ßerst schmucke wie unkonventio-nelle Handtasche Homme von Bree, für die Damen und ihre um-fangreiche kleinteilige Entourage die sagenhaft geräumige Moonbag von Reisenthel, die mit ihren Pe-tits Points echte Französinnen aus ihnen machen.Sollte es abends schließlich nur noch in das Moulin Rouge und nicht mehr auf den Gipfel des Montmartre gehen, so kann sich die modebewusste Dame ein zeit-lich begrenztes Rendezvous mit den halsbrecherischen Highheels von Melissa gönnen. Diese hat niemand geringerer als der Para-diesvogel der Designwelt, Karim Rashid, entworfen. Na wenn das so ist: Echt superb!

> Heiße Tipps www.bree.comwww.iriver.comwww.melissa.com.brwww.menu.aswww.mueller-und-meirer.comwww.phaidon.comwww.reisenthel.comwww.tagabikes.com

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Barbara Ambrosz, Designerin: Ich hatte das Glück, Ende der Achtziger Jahre mit 16 Jahren drei Jahre in Paris zu leben. Paris pulsierte – die Cafés, das Leben auf der Strasse, die Auto-staus am Étoile um Mitternacht, die Clubs und Bars, die großen Museen, die Auslagen von Fauchon – all das saugte ich in mich hinein. Auf einem meiner Streifzüge durch Paris landete ich im legendären Café Costes von Philippe Starck. Hier entdeckte ich das Design und meine Liebe dazu. Eine Bandbreite an Design erfuhr ich bei den Galeriebesuchen während der Designer’s Days. So reifte der endgül-tige Entschluss, Designerin zu werden.Heute arbeite ich als Industriedesigne-rin mit meiner Partnerin Karin San-torso in unserem Wiener Büro www.lucyd.com, und wir zeigen un-sere Produkte auf der Maison & Objet

und in Pariser De-signshops. Die kurzen Aufent-halte in Paris las-sen jedes Mal mein Herz höher schlagen, wenn ich in die Metro einsteige und die ersten französischen Sätze höre. Das Leben und die Szene in Wien sind zwar lebendig – um lebendig zu bleiben, braucht man Impulse von Au-ßen - mich inspiriert Paris heute noch!

Mag. Barbara Ambrosz, Jahrgang 1972, Industrial Designerin. Grün-dete 2003 mit Karin Santorso das gemeinsame Designstudio LUCY.D, das sich auf Produkt- und Möbelde-sign, Innenarchitektur und Corpo-rate Design spezialisiert.

Foto: Lisi Grad

nitzer

01 Digitaler Wallpaper City Guide von Phaidon.

02 Elektronisches Wörterbuch D35 von Iriver.

03 Mokassins Porsche Design P´1700 von Müller & Meirer.

04 Schuh-Kollektion Melissa + Karim Rashid High.

05 Fahrrad/Kinderwagen von Taga. 06 Cool Lunch von Menu. 07 Baggy Wine Coat von Menu.

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kein weg zur erleuchtung

Als vor vier Jahren der britische Designer „Mister Organic“ Ross Lovegrove nach Wien

kam, um seinen Solar Tree feier-lich zu enthüllen, waren alle wie vom Donner gerührt. Schließlich war es eine Weltpremiere, für die ausgerechnet Wien ausgesucht worden war. Jeder fand sie ein-fach toll, diese Leuchte, die unter-tags Sonnenlicht tankt und in der Nacht wieder abgibt. Die Ent-scheidungsträger, aber warteten, bis das „Gewitter“ vorüberzog.

Devise: Ignorieren. Oder noch besser: Totschweigen.

Sack-GasseDenn es war ein reinigendes „Ge-witter“. Der Solar Tree ist – wie der Name schon sagt – eine Stra-ßenleuchte in Form eines Bau-mes, der sich aus dem grauen As-phalt der Straßen empor rankt. Er birgt Solartechnik vom Feinsten in sich, und hätte in Wien auf fruchtbaren Boden stoßen und anwurzeln sollen. Nun gut. Alles vergossene Milch. Wien hat seine Chance (wieder einmal) nicht wahrgenommen, dafür lieber die originalen Gusseisensockel samt originaler Beleuchtungsmaste ent-sorgt. Die kümmerlichen Reste der 100 originalen Gaslaternenkande-laber vergammeln im Depot der MA 33, die meisten davon sind in den Schrott gewandert. Einmalig im internationalen Vergleich.

Knie-SchussDabei waren die Aussichten gar nicht so schlecht: Anfang der Neunziger wurde in einem Ar-beitskreis der MA19 ein Leitbild für die Straßen- und Platzgestal-tung erarbeitet, das die Erhaltung

des historischen Charakters zum Ziel hatte. Unpassende Elemente sollten entfernt und nur dort, wo keine historischen Vorbilder gege-ben waren, sollte das Mobiliar durch Zeitgemäßes ersetzt wer-den. Doch davon wollte Wien letztlich doch nichts mehr wissen: 2002 kam es zur Umgestaltung des Schwarzenbergplatzes, der bis dahin der einzige Bereich der Ringstraße war, innerhalb dessen Lichtmaste von 1904 noch in grö-ßerer Zahl vorhanden waren. Drei Jahre später, 2005, wurde die his-torische Straßenmöblierung im gesamten Ringstraßenbereich sukzessive abgeräumt. Und durch historisierende Nachbauten er-setzt. Auch der Wiener Graben fi el dem Kahlschlag zum Opfer und erkennt sich selbst nicht wie-der – nicht einmal als Kopie.

Ikonen-StatusWas soll´s. 2011 ist der Solar Tree nun serienreif. Nach drei Jahren intensiver Forschung und Ent-wicklung kann die nun wohl in-novativste Straßenbeleuchtung für den öffentlichen Raum ausge-liefert werden mit 360 Solarzellen Akkus, die unsichtbar im

„Stamm“ der Leuchte integriert sind. Diese wiederum versorgen die energiesparenden LEDs in den „Blättern“ und „Halmen“. Durch eine elektronische Steuerung wird nur genau so viel Licht abge-strahlt, wie es die jeweilige Licht-situation erfordert. Der Solar Tree garantiert seinem Betreiber Auto-nomie von öffentlichen Stromver-sorgern. Grundsätzlich ist es ist ihm aber auch möglich am Stromnetz zu hängen. Gerade in einer Zeit post Fukushima oder auch Frankreich, das als Europas größter Atomstromnutzer mit ex-plodierenden AKW-Teilen zu kämpfen hat, könnte der leucht-ende Baum ein klares, weithin sichtbares Zeichen sein. Nicht nur, weil er grün ist. P.S. Aber nicht in Wien.

DIE KINDERGARTEN-KINDER in Wien haben es verstanden, wie man Licht aufdreht. Es ist Later-nenfestzeit. Doch an-derswo geht leider die Birne aus. Und man ist Lichtjahre davon entfernt, eine gute Lösung zu fi n-den. I barbara jahn

01 Der Solar Tree könnte in Zeiten der Atom- und Stromdiskussion ein Zei-chen für zukunftsfähige Lösungen sein.

02 Wien setzt lieber auf historisierende Nachbauten als auf zeitgemäße Stadt-beleuchtung.

03 Designer Ross Lovegrove

01 Artemide 03 Artemide 02 iStockphoto

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von goldhirse bis goldfl ieseGLANZVOLL. Die Vienna Design Week beging ihr fünftes Wiegenfest. Mit an Bord: Das Gastland Polen. Und alles zwischen Wien und Warschau auch. I barbara jahn

Zehn Tage lang – wie jedes Jahr zur Herbsteinstim-mung im Oktober – stand die Bundeshauptstadt

wieder ganz im Zeichen von De-sign. Für mehr als eine Woche rückte alles, was mit Gestaltung in Berührung kommt oder kom-men könnte, in den Mittelpunkt des Geschehens. Nach seiner nun fünften, erfolgreichen Ausgabe kann nun niemand mehr Ver-dacht hegen, dass es sich lediglich um eine Randerscheinung im be-ginnenden Designherbst handelt, sondern – ganz im Gegenteil – um eine Veranstaltung, die ihresglei-chen sucht. Nicht die Vienna De-sign Week, sondern alle anderen sind die Trittbrettfahrer, wie es so schön heißt.

Golden GirlsDie Lokführerinnen Lilli Hollein und Tulga Beyerle, die als Nei-gungsgruppe Design 2006 mit Thomas Geisler, der sich seit die-sem Jahr voll seinen neuen Auf-gaben als Kurator im Wiener MAK widmet, eine Reise ins Un-gewisse antraten, sind heute die gefeierten Gesichter einer Initia-tive, die so manchen Stein ins Rollen gebracht hat. Die Vienna Design Week erfi ndet sich zwar nicht jedes Jahr neu, muss sie auch gar nicht. Sie behält konse-quent ihren Kurs bei, beladen mit mittlerweile weit über 80 Veran-staltungen. Die erst später ins Le-ben gerufenen Formate „Carte Blanche“, eine Art Freiticket für Designer, sich der Öffentlichkeit erstmals vorzustellen, „Labor“, bei dem Grafi k- und Produktdesigner direkt vor Ort Projekte entwickeln und ausstellen, und „Debut“, eine Ausstellung, die junges österrei-chisches Design in Zusammenar-beit mit der James Dyson Founda-tion zeigt, erfreuen sich größter Beliebtheit. Die Anfragen und Be-werbungen um einen Platz, dabei zu sein, kommen aus der ganzen Welt. Die Rechnung, im doch im-mer wieder etwas zaghaften Ös-terreich Mut zu beweisen, ist da-mit aufgegangen. Besonders stolz aber sind die beiden Macherinnen auf die Nachhaltigkeit der Pro-jekte. Aus den Rendezvous zwi-schen Manufakturen und Künst-lern, zwischen Herstellern und Kreativen sind richtig gehend gute Geschäftsbeziehungen und Folgeaufträge entstanden, sowohl für den einen als auch den ande-ren Part. Die anfänglichen, durch die Neigungsgruppe Design zu-sammengeführten Blind Dates verzeichnen mit gestochen schar-fen Aussichten bereits die ersten Erfolge.

„Ziel war und bleibt, Design in der Stadt sichtbar zu machen, das hei-mische Potenzial aufzuzeigen, ei-nen internationalen Austausch zu ermöglichen und zu diesem Zwe-cke möglichst viele Partner mit an Bord zu holen“, heißt es von der Kuratorinnen, die entschlossen an ihren Plänen festhalten, das Festi-val in seine nächsten Runden zu führen. Auch in Zeiten wie die-sen. Und vielleicht gerade des-halb. Nicht immer ist die Sache so klar, ob es noch eine Designmesse oder ein Festival dieser Art geben soll, in einem Genre, das geradezu übersättigt ist mit Events und Ver-

anstaltungen. Für Thomas Geisler, Lilli Hollein und Tulga Beyerle war bereits 2006 klar, dass Wien durchaus ein gutes Pfl aster für so ein Festival ist, denn die so ge-nannten Passionswege, die als neuartiges Format experimentel-ler Kooperationsprojekte zwi-schen Designern und Unterneh-men als Pilotprojekt begleitend zur internationalen Designkonfe-renz umgesetzt wurden und heute noch der Herzschlag der Veranstaltung sind, erzeugten lei-denschaftliches Wunschdenken nach mehr. Nach viel mehr. Die Vienna Design Week hat sich klar als Kulturfestival positioniert und thematisiert Design als einen be-deutenden Teil der Kulturproduk-tion. In Ausstellungen, Präsentati-onen, Diskussionen, Talks, Touren und anderen Events wird das viel-fältige Schaffen in den Bereichen Produkt-, Möbel-, Industrie-, Gra-fi k- und experimentellem Design sichtbar und erlebbar gemacht.

GoldgriffeHüte, Dirndl, Luftballons – es gibt schlichtweg nichts, was nicht ge-staltet werden kann und womit gestaltet werden kann. Design umgibt uns immer und überall, es ist die vom Menschen geprägte Umwelt. Genau das soll auf den

Passionswegen, die sich nicht als Leidens-, sondern als Leiden-schaftsparcours verstanden wissen wollen, vermittelt werden. Hier fi ndet ein offener, moderierter Annäherungsprozesses zwischen Unternehmen und Designschaf-fenden statt. Die letzten Jahre ha-ben bereits gezeigt, welche un-glaubliche Bandbreite an Möglichkeiten existiert, wenn sich beide Seiten – völlig befreit von jeglichem kommerziellen Zwang - um Wissenstransfer, Wertschätzung und prozessartige Projektarbeit bemühen. Das Ziel ist die Annäherung und das Able-

gen von Berührungsängsten, fruchtbringend für Hersteller und Designer, selbst wenn am Ende der Zusammenarbeit kein „Pro-dukt“ steht, aber das nachhaltige Gefühl, einander respektvoll an-genähert und voneinander ge-lernt und geschöpft zu haben. So kooperierte etwa die gebürtige Polin und in Wien lebende Desig-nerin Patrycja Domanska mit den Dirndl-Experten von Trachten Tostmann in der Innenstadt. Selbst sehr angetan von der „slow dress“- Mentalität in der Maß-schneiderei beschloss die junge Designerin, ein serielles Moment in das Trachten-Atelier zu brin-gen. Mit der von ihr entwickelten und gebauten Stoffdruckmaschine konnte eine ganz neue Genera-tion von Trachtenstoff generiert werden und auch die Besucher wurden miteinbezogen, indem sie mit den Stempeln ihre eigenen Muster kreierten. In der Nähe des Karmelitermarktes näherten sich die beiden polnischen Designerin-nen Anna Łoskiewicz und Zofi a Strumiłło-Sukiennik von bezapro-ject mit dem französischen Tapis-sier Philippe Telliez an, inspiriert von seinen Tapeten und Stoffen und einer Technik, die kaum noch jemand beherrscht. Sie kre-ierten eine moderne Schaukel, die

vor Ort gleich ausprobiert werden konnte. Eine zeitgenössisch ge-formtes Spielgerät für „barockes“ Amusement, sozusagen. Am un-teren Ende der Taborstraße, wo Herr Pallida, der früher selbst Designer von Nachttischleuchten war, sein Ballons & Ballons – Im-perium gründete, erzählte der ös-terreichische Designer Hermann Trebsche mit seiner Installation neue Geschichten – nämlich jene, die Herr Pallidas noch nicht er-zählt hat. Zurück in der Stadt, noch schnell vorbei bei der Hut-manufaktur Mühlbauer, konnte man die frechen „Lichtobjekte mit Hut“ des slowakischen Designers Tomas Kral betrachten, die aus dem Fundus der Mühl-bauer´schen Werkstätte entstan-den. Und das ist nur ein kleiner Auszug.

Herzen aus GoldAls besonderes Thema aber stach der Begriff „Social Design“ hervor, der vor allem in der Programm-reihe Carte Blanche zunehmend eine wesentliche Rolle spielt. So startete Michael Fetz gemeinsam mit dem Soziologen und Fotogra-fen Florian Rainer ein Projekt mit der Caritas Wien zum Thema „Obdachloser Jugendlicher“, wäh-rend das Team von stadtpark, ein in Wien lebendes Designkollektiv bestehend aus Anna Rosinke, Ba-lazs Fenyes und Maciej Chmara, mit kleinen Nutzgärtchen im öf-fentlichen Raum mehr Bewusst-sein für Pfl anzen und Lebensmit-tel rund um den Volkertmarkt zu schaffen versuchte. In einer ehe-maligen Bäckerei lud Vera Wiede-mann die Gedanken der Besucher mit verschiedenen Naturproduk-ten, unter anderem auch Gold-hirse, zu einem Ausfl ug zur Er-zeugung von Brot ein, das auch Synonym für Massenproduktion in unserer Wegwerfgesellschaft geworden ist. Und im Café Sonja servierte schließlich das Londoner Designerteam PostlerFerguson Speisen und Getränke in alter Kaffeehaustradition in Anlehnung an das legendäre Café Drechlser. Das Interieur des Cafés, teilweise mit in Goldpapier gepackten Flie-sen, wurde aus London in nur drei Reisekoffern nach Wien ge-bracht.All das, aber noch unendlich viel mehr konnte man in diesen zehn Tagen erleben und mitnehmen. Für Lilli Hollein und Tulga Bey-erle heißt das „Geschafft!“, aber auch „Nach dem Festival ist vor dem Festival“. Bisher haben sie ja ein goldenes Händchen bewiesen.

www.viennadesignweek.at

06 David Payr

01 Katharina Gossow

05 Rüdiger Andorfer

02 Rüdiger Andorfer

03 Rüdiger Andorfer

04 Kollektiv Fischka/fi schka.com

01 Die beiden Kuratorinnen Tulga Beyerle und Lilli Hollein.

02 Tomas Kral bei Mühlbauer Hutmanufaktur.

03 Patrycija Domanska bei Tostmann Trachten.

04 Beza Projekt bei Atelier Telliez.05 Beza Projekt bei Atelier Tellliez.06 Der Naschmarkt – Sujet der Vienna

Design Week 2011.

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internationalPARIS. Horrende Miet-preise machen den Bewohnern das Leben schwer – viele übersiedeln in die Vorstädte. Innova-tive Architekturprojekte sollen die Banlieues stärker an das begehrte Zentrum anbinden. I Irene Mayer-Kilani

Die Wohnungsnot in Paris ist chronisch“, klagt Jean-Michel Guyot, der seit vielen

Jahren in der französischen Hauptstadt lebt. Vor einigen Jah-ren ist er mit Frau und zwei Kin-dern in den Nordosten der pulsie-renden Metropole, ins 20. Arrondissement, übersiedelt. In diesem aufstrebenden, multikul-turellen Pariser Stadtteil Belleville muss man für eine Zwei-Zimmer-Wohnung mindestens 2000 Euro zahlen – und hat damit Glück, überhaut ein eigenes Heim gefun-den zu haben. Wer eine Woh-nung kaufen möchte: Selbst in „einfacheren“ Pariser Bezirken hat der Quadratmeterpreis inzwi-schen die 10.000 Euro-Grenze überschritten. Gerade in den letz-ten zehn Jahren sind die Woh-nungspreise dramatisch angestie-gen. „Ich kenne ein paar junge Leute, die in Paris zwar eine Ar-beit gefunden haben, sich davon aber keine Miete leisten können und nun bei Freunden und in ih-rem Auto übernachten“, erzählt Jean-Michel. Auffallend ist, im Vergleich zu Wien, der Mangel an sozialem Wohnbau in Paris – eine Folge der jahrzehntelangen bürgerlich-kon-servativen Stadtverwaltung. Im März 2001 hat der sozialistische Bürgermeister Bertrand Delanoë, der mit den Grünen regiert, das Ruder übernommen. Mit zahlrei-chen Projekten hat er es geschafft, den sozialen Wohnbau anzukur-beln, den öffentlichen Verkehr auszubauen und die Stadt sozial gerechter und umweltfreundli-cher zu gestalten. Unter seiner Ägide sollen die Vorstädte stärker an den Stadtkern angebunden werden. Diese „Banlieues“, dar-unter auch berüchtigte Einwan-dererviertel wie Saint Denis,

Arnouville oder Villiers-le-Bel, die vor ein paar Jahren wegen Ju-gendkrawallen für Schlagzeilen sorgten, werden durch die Stadt-autobahn, den achtspurigen „Boulevard périphérique“, räum-lich von der Stadt Paris getrennt.

Neue Stadtviertel entstehenDer renommierte Grazer Archi-tekt Dietmar Feichtinger lebt und arbeitet seit 1989 in Paris. Er hat sein Büro im 20. Bezirk. Feichtin-ger schätzt das bunt gemischte, dichte Viertel als guten Kontrast zum feineren Westen. „Dieser Stadtteil bei Belleville hat schon immer viele Modedesigner, Archi-tekten, Künstler und Kreative an-gezogen“, sagt Feichtinger, der derzeit unter anderem am Mega-projekt der Brücke zum Mont St. Michel arbeitet. Beispiele für geglückte Stadtent-wicklung gäbe es in Paris genug, schwärmt der 49-Jährige:Rund um die französische Natio-nalbibliothek ist mit Paris Rive Gauche ein neues Stadtviertel an der Seine entstanden. Es erstreckt sich über den ehemaligen Gleis-anlagen zum Bahnhof „Gare d‘Austerlitz“ bis zum Stadtring „périphérique“ (siehe Seite 21).Im Jahr 2000 wurde dort ein neuer Universitätscampus ge-schaffen, der zusätzlich zu den

Wohnbauten und Büros den Pari-ser Osten belebt. Bei dem Viertel handelt es sich um eine der größ-ten Baustellen Frankreichs. Auch über die Fußgängerbrücke Si-mone de Beauvoir, die vor fünf Jahren eröffnet wurde, gelangt man zum anderen Seine-Ufer. Feichtinger entwarf die Brücke, die die Nationalbibliothek mit den Gärten von Bercy verbindet. Für die 37. und vorerst letzte Brücke von Paris mit einer Spannweite von 190 Metern und einer Ge-samtlänge von 304 Metern erhielt er zahlreiche Preise.

Belebung am anderen UferIn der Endphase befi ndet sich ein großes Projekt im Stadterneue-rungsviertel „Zac Claude Bernard“ an der Stadtautobahn im 19. Be-zirk: 93 Wohnungen, Werkstätten und Büros sollen eine Gegend be-leben, wo bis vor kurzem nur der Pariser Pendlerverkehr toste. Für eine bessere Anbindung dieser Viertel wird gerade die Straßen-bahnlinie auf dem Boulevard Ma-rechaux verlängert. Ein weiteres Zukunftsprojekt soll bis 2012 in Batignolles, einem sympathischen Viertel im 17. Arrondissement mit vielen Lokalen und einer jungen, kreativen Atmosphäre, realisiert werden. Dabei sollen neue Woh-nungen, je zur Hälfte frei fi nan-ziert und als Sozialwohnungen, entstehen. Die Stadt hat sich in den letzten Jahren vor allem an ihren Rand-bezirken stark entwickelt, wie etwa im Vorort Montreuil, wo Konzerne wie Air France ihre Bü-ros angesiedelt haben. Vor einem Jahr wurden die Fundamente für den von Feichtinger geplanten Supermarkt und das Kino des neuen Stadtzentrums Coeur de Ville gelegt. Wie viele andere Großstädte – im Zentrum leben 2,2 Millionen Menschen, die Großregion mit den Vororten zählt 12 Millionen Einwohner - droht auch Paris zunehmend im

Verkehr zu ersticken. Bürgermeis-ter Delanoë sucht nach Wegen aus dem Verkehrschaos. Dazu zählt der Ausbau einer Straßen-bahnlinie, die Paris mit den Rand-gebieten verbindet. In punkto Fahrradfahren ließ man sich von Wien inspirieren: Vor vier Jahren wurde mit 10.000 Miet-Vélos – heute sind es doppelt so viele –eine erfolgreiche Fahrrad-Offen-sive gestartet (mehr dazu auf Seite 14).

schön aber teuer

Foto: iStockphoto

02 Feichtinger

01 Dramatisch gestiegene Wohnungs-preise in den inneren Bezirken drän-gen viele Pariser in die Banlieues.

02 Paris Rive Gauche mit Nationalbiblio-

thek und der Fußgängerbrücke

Simone de Beauvoir.

03 Pariser Vororte, oft soziale Brenn-

punkte, sollen stärker an den Stadt-

kern angebunden werden.

03 iStockphoto

+ + city PEOPLE + + + city PEOPLE + + + city PEOPLE + + + city PEOPLE + + +

Dietmar Feichtinger, Grazer Archi-tekt in Paris: „Paris ist eine Stadt, die stark nach außen, zur Straße lebt. Ca-fés reichen bis an den Straßenrand. Man spürt sehr viel Leben im öffentli-chen Raum. Alles wirkt offen und transparent. In Wien ist vieles versteck-ter. Das Tempo in Paris ist viel rasanter, Bewegungen in Wien erscheinen da-gegen wie in Zeitlupe. An den Wochenenden fi ndet in Paris, im Gegensatz zu Wien, keine Stadt-fl ucht statt. Das hat wahrscheinlich auch damit zu tun, dass man sich in Paris erst durch kilometerlange Staus ins Grüne kämpfen muss. Die span-nenden Zeiten für die Architektur scheinen in Paris momentan vorbei zu sein, was an der sehr angespannten, ökonomischen Situation liegt. Die Auf-tragslage ist um vieles ruhiger als noch vor zehn Jahren. Damals genoss Architektur einen großen Stellenwert - jeder Politiker, der was auf sich hielt,

ließ sich mit ei-nem Großprojekt verewigen.In Wien scheint einiges (Stich-wort Bahnhöfe) weiter zu gehen, auch wenn man mutiger sein könnte und es nicht immer allen recht machen sollte. Es gibt viele gute Büros mit Vielfalt, doch wenige sehr herausragende Projekte. Bei Nachhaltigkeit, Energiesparen und Ökologie hat Österreich Frankreich viel voraus. Daran orientieren sich die Franzosen auch. Viele Leute sind nur auf begrenzte Zeit in Paris, was auch an den extrem hohen Mieten liegt. Paris ist eine Metropole, die von Men-schen aller Kontinente bewohnt wird. Unterschiedliche Kulturkreise sind im Vergleich dazu in Wien viel weniger präsent.“

Foto: Feichtin

ger

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la capitale, c‘est moiNACH EINER PHASE der Stagnation wird in Frankreichs Hauptstadt wieder kräftig gebaut. Wie es sich für die Grande Nation gehört, bedient man sich dabei internationaler Stars der Architekturszene. Auch vor höhenmäßi-gen und stilistischen Grenzen scheut man nicht zurück. I iris meder

In Paris war man ja noch nie fürs Kleckern. Der General-plan von Georges-Eugène Baron Haussmann krempelte

die Stadt im 19. Jahrhundert mit seinen regelmäßigen Boulevards und Wohnquartieren gewaltig um. Le Corbusiers „Plan Voisin“, der 1925 einen Abriss eines großen Teils des historischen Zentrums vorsah, wollte man dann doch nicht realisieren – aber die „Grands Projets“ der Ära Mitterrand haben die Stadt wieder nachhaltig ge-prägt, vor allem im östlich des Zentrums an der Seine gelegenen Stadtteil Bercy und dem west-lich des Arc de Triom-phe seit den 1960er Jahren angelegten Bü-roquartier La Défense.

Höher als der EiffelturmNach einer Phase der Stagnation wird heute in La Défense wieder kräftig gebaut. Am 15. September wurde der „Tour First“ eröffnet, ein Totalumbau eines Bürohauses von 1974, das, einst 159 m hoch, mit nunmehr 231 m den Tour Montparnasse als höchstes Ge-bäude des Landes ablöst. Die Pla-nungen des Umbaus stammen von den amerikanischen Hoch-hausprofi s Kohn Pedersen Fox mit Saubot et Rouit Associés/Coteba. Seit Mai ist der 162 m hohe „Tour Carpe Diem“ in Bau, ein geknick-ter Quader mit erdgeschoßigem Wintergarten, konzipiert vom New Yorker Büro des Architekten Ro-bert A.M. Stern. Auch den noch in Planung befindlichen „Phare“ (Leuchtturm) hat mit Thom Mayne/Morphosis ein amerikani-sches Büro entworfen. Mit 349 m wäre das ökologisch korrekte „green building“ das höchte Ge-bäude der EU und würde – mon dieu! – sogar den 324 m hohen Eiffeltum überragen.

Große ArchitektenAn der „Porte de Versailles“ im 15. Arrondissement planen derzeit die Basler Architekten Herzog & de Meuron das 180 m hohe „Tri-angle“ in – richtig: Dreiecksform. Bis 2012 wird auch der ebenfalls im 15. Arrondisement gelegene Park André-Citroën großzügig er-weitert, während im angrenzen-den 14. auf einem alten Industrie-gelände das neue Quartier Broussais entsteht. Überhaupt ste-hen die „Rive gauche“, das linke Seineufer, und die Stadtteile süd-

lich des Flusses im besonderen Fokus der Stadtent-wicklung. Die Île Se-

guin im Südwesten der Stadt wird vom Architekten Jean Nouvel, der derzeit auch die neue Philharmo-nie de Paris baut, bis 2015 als Mu-sik- und Kulturzentrum neu ge-staltet. Neben dem Plan „Berges de Seine“, der mit Sportstätten, öf-fentlichen Freiräumen und schwimmenden Gärten eine Auf-wertung der Seineufer erreichen will, steht „ZAC Paris Rive gauche“ für die Neudefi nition eines weit-räumigen Gebietes im 13. Arron-dissement. Dabei setzt man in gu-ter Pariser Tradition auf große Architektennamen. Ein Teil von ZAC ist das von Christian de Portz-

amparc geplante neue Quartier Tolbiac rund um die Bibliothèque Nationale, das auf offene Blöcke als Antithese zur geschlossenen Bebauung des Haussmann‘schen Paris setzt.

Weißes Glas neben dem LouvreIm Stadtzentrum ist derzeit die Revitalisierung des Mehrzweck-

zentrums Les Halles, das in den 1970er Jahren die alten Pariser Markthallen ersetzte, im Gange. Koordiniert von David Mangin, wird unter der Leitung der Archi-tekten Patrick Berger und Jacques Anziutti über den neu gestalteten Geschäftsetagen u. a. ein Park an-gelegt. Während dem zuletzt

recht heruntergekommenen „Fo-rum des Halles“ wohl wenige nachtrauern, ist das aktuelle 450-Millionen-Projekt des japani-schen Architekturbüros Sanaa kontroverser: Nahe dem Louvre soll der Art-Déco-Bau des Kauf-hauses Samaritaine, der 2005 we-gen statischer Mängel geschlossen werden musste, nach einem Um-bau neben Verkaufsfl ächen auch 100 Sozialwohnungen, Büros, ein Hotel und eine Kinderkrippe be-inhalten. Umstritten ist dabei die geplante weiße Glasummante-lung, die sich von der histori-schen Bebauung der Rue de Ri-voli selbstbewusst absetzt. Langweilig wird es in Paris jeden-falls nicht.

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01 Sanaa studio Cyrille Thomas

02 iStockphoto

03 StudioAMD

04 Hufton + Crow

> Nach einer Phase der Stagnation wird in

Frankreichs Hauptstadt wieder kräftig gebaut. <

05 Hufton + Crow

01 Umbau des Kaufhauses Samaritaine nach Plänen des japanischen Archi-tekturbüros Sanaa

02 Das Mehrzweckzentrum Les Halles wird unter der Leitung der Architek-ten Patrick Berger und Jacques Anziutti revitalisiert.

03 Seit Mai ist der 162 m hohe „Tour Carpe Diem“ des Architekten Robert A.M. Stern in Bau.

04 + 05 + 06 Im September wurde der nach den Plänen von Kohn Pedersen Fox umgebaute „Tour First“ eröffnet.

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Caroline Berchotteau, Konzertveran-stalterin in St.Pölten: Die Ankunft am Wiener Westbahnhof war einschnei-dend für die Pariserin: „Ich trat vor die Bahnhofshalle, es waren kaum Men-schen unterwegs, die Straßen waren leer, ein sachter Sommerhauch strich mir durchs Haar. Ich wähnte mich am Land.“ Doch eigentlich hatte Caroline Berchotteau damals ihr Reiseziel ver-fehlt. In St.Pölten sollte sie aussteigen- doch sie fuhr gleich weiter nach Wien. Dass sie heute zehn Jahre später sehr oft zwischen Wien und St.Pölten pen-delt, hat mit ihrer Arbeit zu tun: sie or-ganisiert, konzeptioniert und veranstal-tet für die Stadt St.Pölten Konzerte. Für den nächsten Auftritt hat sie die Jazz-musiker Wolfgang Puschnig und Karen Asatrian aus Armenien gewinnen kön-nen, die am 11. November um 21.30

im Café Publik des Festspielhauses St.Pölten auftre-ten. Obwohl die gebürtige Pariserin die Arbeit erfüllt, gibt es aber auch einen kleinen Wer-mutstropfen. An-ders als in Frank-reich beginnt das öffentliche Leben früh. Schon um acht Uhr morgens in der Arbeit zu sein, ist für sie nach wie vor ein Kulturschock. Und um 18 statt 21 Uhr Abend zu essen, ist für sie ebenso gewöhnungsbedürftig. Dafür weiß die Künstlerische Leiterin des St.Pöltner Barock festivals jetzt schon, wer vom 9.Juni bis 23. Juni 2012 spie-len wird. Auch ein Vorteil der frühen Planung.

Foto: Wolfg

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im schatten von la défénseDIE ZWEI MILLIONEN Einwohner Metropole Paris lebt von ihren historischen und aktuellen Gegensätzen, die sich auch anhand ihres sozialen Wohnbaus ablesen lassen. I ilse huber

Während die Stadt prägende Viertel wie La Défénse internationale

Aufmerksamkeit bekommen und einzelne Gebäude wie das Institut du Monde Arabe, das Palais Om-nisports oder die Bibliothèque Na-tionale de France nach wie vor architektonische Anziehungs-punkte sind, befi ndet sich der so-ziale Wohnbau im Schlagschatten der baulichen Prominenz. Das mag daran liegen, dass nicht Ob-jekte, also Wohnanlagen, geför-dert werden, sondern die Mieter eine fi nanzielle Unterstützung er-halten. Folglich ist sozialer Wohn-bau kein politisches Programm, sondern beschränkt sich auf Ein-zelmaßnahmen.

Wohnen über dem BahnhofEine der größten Baustellen Frankreichs befi ndet sich im süd-östlichen Teil der Stadt. Das Pro-jekt Rive Gauche liegt im 13. Ar-rondissement, zwischen – besser:

über – den Geleisen des Gare d’Austerlitz und dem Ufer der Seine. Auf 130 Hektar Stadtgebiet, wovon 26 Hektar Schienenfl ächen sind, entstehen Büros, kulturelle und öffentliche Einrichtungen wie Schulen und Universitätsgebäude sowie soziale Wohnbauten. Von den 4000 dort geplanten Wohnun-gen soll die Hälfte für bedürftige Familien reserviert sein, 60 Pro-zent der angebotenen Studenten-wohnungen (knapp 600 Einhei-ten) sind für Einkommensschwa-che konzipiert. Das verbessert wohl die Bilanz des leistbaren Wohnungsangebots in Paris, ist je-doch noch weit von jener Quote entfernt, die das Gesetz vorsieht. Man will 20 Prozent der Wohnun-gen als Sozialwohnungen anbie-ten, derzeit sind es gerade mal 14 Prozent. Aus diesem Grund wurde im Jahr 2008 eine Errichtungsge-sellschaft gegründet (SEMAPA), die sich aus öffentlichen und pri-vaten Investoren zusammensetzt, Präsident ist der Bezirksbürger-meister. Bis zum Jahr 2013 sollen

die Wohnungen bezugsfertig sein, derzeit steht in Tolbiac-Chevaleret das erste Gebäude.

Sich selbst überlassene Wohnhäuser Vor sechs Jahren war der Vorort Aulnay-sous-Bois, 14 Kilometer nordöstlich des Zentrums, Schau-platz zahlreicher Unruhen, die lo-kale Arbeitslosigkeit ist dreimal höher als generell in Frankreich und die Lebensbedingungen sind verbesserungswürdig. Knapp nach den gewalttätigen Auseinan-dersetzungen wurde mit dem Pro-gramme de Renovation (PRU) Aulnay-sous-Bois begonnen. Sich selbst überlassene Wohnhäuser, die schlecht ausgestattet, aber trotzdem überbelegt waren, wur-den teilweise abgerissen, teilweise renoviert. Ob es gelingt, in Zu-kunft mehr Solidarität zu leben, wie es sich auf der offi ziellen Homepage der Gemeinde nachle-sen lässt, wird die Zukunft zeigen. Das Programm läuft schon dieses Jahr aus.

der große traum des kleinen präsidentenPARIS IST SEIT JEHER urbanistisches Experimentierfeld, Repräsentationszone und Abbild fran-zösischer Politiker-Visionen. Der gegenwärtige Präsident Nicolas Sarkozy will es seinen Vorgängern gleichtun und mit dem Projekt Grand Paris ein Zeichen setzen. I ilse huber

Der französische Staats-chef wünscht sich ein Groß-Paris, das in vie-lerlei Hinsicht Gren-

zen überschreitet. Der rund 200 Kilometer entfernte Atlantikort Le Havre wird zum Hafen von Pa-ris aufgewertet. Und zehn Um-landregionen sind Teil eines räumlichen Entwicklungsvertra-ges (CDT - Contrat de Développe-ment Territorial), der am 3.Juni 2010 gesetzlich verankert wurde. Bis zum Jahr 2030 sollen Gelder in den Ausbau von Forschungs-, Ausbildungs- und Innovations-zentren fl ießen.

„Grand Paris Express“Verbunden werden die Regionen durch eine vollautomatische U-Bahn. Vor kurzem wurden kon-krete Schritte gesetzt, den „Grand Paris Express“ tatsächlich einzu-richten. Sein erstes Teilstück soll den Pariser Osten mit dem Nor-den verbinden. Vier Milliarden Euro wurden dafür schon zugesi-chert, insgesamt rechnen die Ver-

antwortlichen mit 23 Milliarden für das gesamte Bahnlinien-Ver-kehrskonzept. Herzstück ist die rund 155 Kilo-meter lange vollautomatische U-Bahnlinie, die den Flughafen Orly im Süden über Descartes-Noisy im Osten mit dem Flughafen Charles de Gaulle in Roissy ver-bindet und weiter bis zu La Dé-fense und Versailles im Westen reicht. Noch sind die Trassen nicht festgelegt, eine Volksbefragung soll dazu im nächsten Jahr statt-fi nden, wobei es auch noch eine regionale Alternative gibt: den Arc Express. Dessen Befürworter argumentieren mit dichten Inter-vallen, auch in der Nacht, und mit kurzen Reisezeiten. Im Zuge dessen sollen regionale Zentren rund um die vierzig neu zu er-richtenden Bahnhöfe entstehen. Der Investitionsumfang entspricht etwa dem, den der französische Staat in der Vergangenheit für die Luftfahrt, die Breitbandtechnolo-gie oder die Hochgeschwindig-keitszüge aufgebracht hat.

Visionen von Nouvel bis RogersSchon vor mehr als zehn Jahren erlebte Paris unter François Mitte-rand einen Bauboom, der mit dem „Grand Arche de la Frater-nité“, besser bekannt als La Dé-fense, mit der Glaspyramide im Louvre und der Nationalbiblio-thek Wahrzeichen generierte. Un-ter Sarkozys Regentschaft wurden zehn Architekten und Urbanisten eingeladen, ihre Vorstellungen vom Paris der Zukunft zu defi nie-ren. Von Jean Nouvel bis zu An-toine Grumbach zieht sich ein grüner Faden durch die Vor-schläge: Die Stadt soll pfl anzen- und klimafreundlicher sowie nachhaltiger werden. Das mani-festiert sich in Ideen, die Solarpa-neele auf die Dächer platzieren (der niederländische Architekt Winy Maas), Dachflächen zu Grüninseln machen (der britische Architekt Richard Rogers) oder die Metropole überhaupt als Rie-senblume assoziieren (der Fran-zose Roland Castro). 2009 fand

der Wettbe-werb statt, seine Ergeb-nisse kursieren in ganz Eu-ropa, aller-dings pausiert der Prozess nun in seiner weiteren Um-setzung. Ein Faktum, mit dem der Pariser Bür-germeister Bertrand Dela-noë gar nicht glücklich ist, betrifft dies doch auch die Wohnsitua-tion. In einem Communiqué vom 10.Oktober 2011 kritisiert der Sozialist, dass für den Vertrag der Regionen (CDT) viel Zeit und Geld inves-tiert wird, während für die Errich-tung von Sozialwohnungen die Kredite gekürzt werden.

01 Über den Gleisen des Gare d´Austerlitz entsteht Rive Gauche mit Büros, Bildungseinrichtungen und sozialem Wohnbau.

02 Sich selbst überlassene Wohnhäuser prägen nach wie vor das Bild der Pariser Vororte.

Große Visionen: Präsident Sarkozy wünscht sich ein Groß-Paris, das alle Grenzen überschreitet.

01 iStockphoto

02 iStockphoto

Foto: Atelier Castro

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22 | international paris

von franzosen für franzosenSTOLZ WAREN SIE ja schon immer, die Franzosen. Das können sie auch auf ihren Design-Nachwuchs sein. Dank gezielter Förderung bekommen die Jungen ihre Chance. Und da sieht der einst so provokante Starck´sche Gartenzwerg-Hocker schon ein bisschen blasser aus. I barbara jahn

Philippe Starck ist schon etwas in die Jahre ge-kommen und hat den Ruf des enfant térrible

unter den französischen Desig-nern verloren. Trotzdem: Der Lack ist nicht ab, sondern glänzt mit einer gewissen charmanten Patina eines Designers, der sich seit geschätzten drei bis vier Jahr-zehnten bereits als Marke höchst erfolgreich durchschlägt. Doch die französische Palette hat noch mehr zu bieten und kann der ita-lienischen fast das Wasser rei-chen. Pascal Morgue, Matali Cras-set, Inga Sempé, Christophe Pillet oder der verstorbene Pierre Paulin schreiben und schrieben wichtige Kapitel der französischen Design-geschichte, ebenso wie François Azambourg, Patrick Jouin oder die Brüder Ronan und Erwan Bouroullec. Sie alle und noch ei-nige andere machen die Grande Nation auch zur Grande Dame des Designs.

Starke NachfrageDamit das auch so bleibt, wird für Nachschub gesorgt. Bereits 1979 rief CODIFA – das French Furni-ture Industries Development Committee – die Non-Profi t-Orga-nisation VIA (Valorization of In-novation in Furnishing) ins Le-ben. VIA konzentriert sich darauf, zeitgenössische Kreationen für sämtliche Einrichtungsbereiche zu bewerten und zu fördern. Wäh-rend die Organisation den Nach-wuchstalenten einerseits bei der Produktion von Prototypen, aber auch bei der Entwicklung von Ge-schäftsstrategien hilft, stellt sie andererseits ein kolossales Netz-werk dar, das Produzenten, Hand-werker, Händler, Presse und die Designer erfolgreich miteinan-der in Kontakt bringt. Mit den Jahren hat sich VIA immer mehr vergrö-ßert. 1995 zog die Institution in die Viaduc des Arts in der Avenue Daumesnil. Mit dem architektonischen Up-grade von Jean Michel Wil-motte und dem neuen Layout der Struktur aus dem 19. Jahrhundert wurde die Identität der Organisa-tion einmal mehr unterstrichen.

Feinsinn und FingerspitzengefühlIm Volksmund behauptet man ja, Franzosen und Italiener wären wie Cousins. Selbst wenn man darüber schmunzelt, so hat diese Vorstellung zumindest als Hinter-gedanke seine Berechtigung. Denn Feinsinn und das nötige

Fingerspitzengefühl bringen die Franzosen mehr als genug mit, und sie zeigen, dass sie auch ab-seits der Haute-Couture-Laufstege gestalterische Energie versprühen können. Damit diese nun alle nicht unentdeckt bleibt, versucht VIA ein Sprungbrett zu sein. Ei-ner der renommiertesten Herstel-ler Frankreichs, Ligne Roset, ist ein gutes Beispiel für gelungene Kooperationen zwischen jungen Talenten und einem Produzenten.

So zählen etwa der Stuhl La Pliée von Marie-Aurore Stiker-Metral und der Tisch T.U. wie auch der Hocker mit Tischchen Inséparable von Phil-ippe Nigro heute zu fi xen Bestandteilen der Kollektion. Gar nicht franzö-sisch klingt der Name von Ito Morabito alias Ora-Ïto aus Mar-seille, der mit sei-ner frechen Art den regierenden Kö-

nig der Persif-lage Philippe Starck so gut wie entthronte. Sein Rezept ist kein neues, wenn auch ein gutes: Selbst die Marke zu sein. Sie alle ge-hören längst zur Oberliga der Design-szene – aber zur interna-tionalen.

Frische TalenteDieses Jahr hat das Designerduo

Gaëlle Gabillet et Stéphane Villard die Nase vorne. Sie

haben als Reaktion auf die zunehmende

Verbreitung von Gegenständen und ihrer unver-meidlichen Fol-gen für die Um-welt drei Studien etabliert, mit de-

nen sie nicht nur ihren innovativen

Gestaltungsgeist be-

weisen, sondern auch immens nachdenklich stimmen. Form angenommen haben diese Stu-dien als Objekte,

die als „Schwarzes Loch“ fungieren, in

denen die entstande-nen Abfälle ver-

schwinden. Das erste nennt sich „Neuestes Mate-

rial“, bei der Cofalit zum Zug kommt, das bei der Umwandlung von Asbestabfällen zu Glas ent-steht. Das zweite konzentriert sich auf Gegenstände, deren Ein-zelteile sich zu anderen Nutzob-jekten wieder zusammenfügen lassen, während das dritte Objekt einen Service direkt am Tisch kre-iert, bei dem sich verschiedene Teile zu unterschiedlichen Elekt-rohaushaltsgeräten zusammenfü-gen lassen. Schließlich soll mit al-len dreien demonstriert werden, dass durch eine Entspezialisie-rung von Gegenständen eine grö-ßere Vielfalt von Anwendungen erreicht werden könnte.

Die Post-Starck-GenerationZu den Ausgewählten im Jahr 2011 zählen aber auch die Korb-varianten „Corbeilles“ von Pierre Brichet aus Birkensperrholz in Kombination mit Polypropylen, bei deren Entwicklung sich der Designer stark von der Luftfahrt inspirieren ließ. Das Konstrukti-onsprinzip beruht auf dem Ein-satz von in die Dreidimensionali-tät versetzten lasergeschnittenen Sperrholzstreifen, wodurch das eigentliche Volumen erst entsteht. Der Einfachheit verschrieben hat sich indessen Renaud Thiry mit

seinem Beistelltisch „Rotor“, der sich ganz dem Thema

Aufräumen widmet. Mit seiner runden Form

bleibt er von allen Seiten gut zugäng-

lich, aber auch durch den ausgesparten Teil

des oberen Elements. Auf Kugellagern gleitend kann sich

der so genannte Deckel gegen den unteren Part verdrehen. Man sieht: Die Post-Starck-Generation tickt komplett anders. Abseits der dekadenten und fast schon sinn-losen Gestaltungsentgleisungen der 80er und 90er Jahre fi nden sie einen völlig neuen Sinn in dem, was sie machen. Vielleicht ihre beste Möglichkeit eines Ver-suchs, die Welt noch zu retten und vor weiteren Sinnlosigkeiten zu bewahren.

www.via.fr

01 via 2011 / www.ggsv.fr

03 Ligne Roset

06 Ligne Roset

04 Dunlopillo

05 Ligne Roset

02 via 2011 / www.ggsv.fr

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via 2011 / Marie Flores

via 2011 / Marie Flores

via 2011 / Baptiste Heller

via 2011

01 Objet-Trou-Noir von Gaëlle Gabillet & Stéphane Villard.

02 Gaëlle Gabillet & Stéphane Villard.03 Inséparable von Philippe Nigro.04 Motion von Ora-Ïto.05 Ruché von Inga Sempé.06 T.U. von Philippe Nigro.07 Pierre Brichet.08 Rotor von Renaud Thiry.09 Renaud Thiry.10 Corbeilles von Pierre Brichet.

City Nov-2011.indd 22City Nov-2011.indd 22 02.11.11 10:1502.11.11 10:15

international paris | 23

umbruch in der banlieueWONDERLAND, eine Plattform für junge europäische Architekten, veranstaltete im Pariser Vorort Saint-Denis einen internationalen Workshop zum Thema „Soziale Kohärenz“. Die junge europäische Architektengeneration zeigte dabei über welch kreatives Potenzial sie verfügt. I hannes schreckensberger

Der nördlich von Paris gelegene Stadtteil Saint-Denis durchlebt zurzeit einen städte-

baulichen Transformationspro-zess. Der im Jahr 1846 eröffnete RER-Bahnhof (RER steht für Ré-seau Express Régional, das fran-zösische Vororte-Schnellbahnsys-tem) wird zu einem der wichtigsten Verkehrsknoten-punkte ausgebaut mit zahlreichen neuen Wohn- und Bürogebäuden des nordöstlichen Vorstadtrings, der Banlieue von Paris. Dieses Viertel stellt ein ideales Labor dar, um innovative Ideen für ein bes-seres Zusammenleben in diesen mit sozialen Problemen kämpfen-den Vororten zu entwickeln. Aus diesem Grund lud „wonderland“, ein in Wien beheimatetes Netz-werk junger europäischer Archi-tekten, Teams aus Deutschland, Frankreich, Österreich und den Niederlanden ein gemeinsam Konzepte zu entwickeln, um mit innovativen Ideen der ange-spannten sozialen Situation in der Pariser Banlieue entgegenzuwir-ken. Während eines viertägigen Workshops vor Ort in Saint-Denis fand ein reger Austausch mit Be-wohnern, lokalen Initiativen und Architekten statt, erzählt Hannes

Schreckensberger, Initiator des Workshops und Mitglied des jun-gen Wiener Architekturbüros zi-rup.

Effi zientere TransportverbindungenAusgehend vom Gare Saint-De-nis, der täglich von 60.000 Perso-nen frequentiert wird, stellt das französische Team „Range ta Chambre“ („Räum dein Zimmer auf“) die Situation des öffentli-chen Transportsystems der gesam-ten Pariser Banlieue in Frage. Das Problem: Das aktuelle öffentliche Transportsystem der Metropole Paris ist zentralisiert angelegt. Das bedeutet, dass man, um von ei-nem Vorort zum nächsten zu ge-langen, durch das Stadtzentrum von Paris muss – ein Verlust von Zeit und Geld. „Um in Zukunft eine effi zientere Transportverbin-dung in der Banlieue zu schaffen, muss man auf andere und vielfäl-tigere Transportmittel zurückgrei-fen“, meint Teammitglied Pierre Talagrand. Der Bogen seiner Ideen spannt sich von privaten Fahrradrikschas über Seilbahnli-nien bis zu Tretbootverbindungen über den Kanal Saint-Denis. Auch vergessene Ideen für Transport-systeme, wie der „Rollende Geh-

steig“, der anlässlich der Pariser Weltausstellung von 1900 vorge-stellt worden war, wurden ange-dacht. „Die Art. wie wir uns in der Stadt bewegen, ist sozial und kulturell vorgeben und nicht na-türlich“, meint der französische Architekt Alexis Lautier. Diese Art müsse grundlegend geändert wer-den, so Lautier. Das Konzept von Range ta chambre eines lokalen öffentlichen Verkehrssystems bietet mehr an als eine limitierte Anzahl von Bahnhöfen, Bushalte-stellen oder Straßenbahn sta-tionen. Dies würde zugleich den Wert und die Bedeutung des her-kömmlichen öffentlichen Trans-portnetzes mit seinen RER-Bahn-höfen stärken. Wie diese neue urbane Vorstel-lung des Teams aussieht, illust-riert die Foto-montage: Die Transportsys-teme sind multi-modal, sie vari-ie ren in Erscheinung und Nutzungs-art. Der öffentliche Transport wird so zur Quelle sozialen Austau-sches und führt zu sozialer Durchmischung in der Pariser Banlieue.

Stärkung der lokalen Gemeinschaften„Neben der Erneuerung des öf-fentlichen Verkehrswesens in den Banlieues müssen auch die loka-len Gemeinschaften gestärkt wer-den“, ist Ellen Holleman vom nie-derländischen Team „Islant“ überzeugt. Mit ihrem vorgeschla-genen Projekt „Fair(e) City“, einer „Time Bank“, können Bewohner ihren Fähigkeiten entsprechende Dienstleistungen anbieten und

damit einen lokalen Marktplatz für lokale Produkte schaffen, der Wohlstand und gegenseitige Ak-zeptanz erhöhen könnte. „Superwondergroup“ aus Stutt-gart baut auf das Potenzial der zahlreichen ethnischen Gruppen. Aus Ernährungsstudien in Deutschland schließt das Team, dass gesunde Ernährung das Ge-meinschaftsgefühl und die Le-bensfreude erhöhen könne. Teammitglied Leonhard Groß-wendt meint, dass durch die Schaffung von temporären Ge-meinschaftsküchen die Dialogbe-reitschaft im Stadtviertel steigen könne. Diese Küchen könnten von einem Viertel zum anderen

transportiert werden. Auch müsste Platz für Gemeinschafts-räume in den neu errichten Wohn- und Bürogebäuden ver-pfl ichtend eingeplant werden, um den Bewohnern die Möglichkeit zur Zusammenarbeit zu geben.Die Verbesserung des schlechten Rufs der Pariser Banlieues war das Ziel des österreichischen Ar-chitekturkollektivs „IKA“. Mit ei-ner „Tour de Banlieue“ auf dem Fahrrad sollen Teilnehmer über mehrere Tage hinweg an uner-forschten Teilen der Peripherie Halt machen und so eine Brü-ckenfunktion zwischen den Vor-orten und dem Rest der Welt übernehmen.

01 Alexis Lautier/wonderland

01 Bonjour Tristesse: Wohnsiedlung La Noue in Saint- Denis, Vorort im Norden von Paris.

02 Multimodales Verkehrssystem Lokal Sozial Global von Range ta chambre

Zahlen I Daten I Fakten

www.wonderland.cxoffi [email protected]

Gutscheine

01 Range ta chambre

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24 | talk Zusatz

Bis 25. 11. 2011AAAuusssstteelllluunng

Wien Energie HausVon der Feuerstelle über die Rauchkü-che bis zu Lifestyle: Die Schau „Kuchl-g’schichten – einst und heute.“ ist eine

Zeitreise durch die Küchenwelten. Wien Energie Haus,

Mariahilfer Straße 63, 1060 Wienwww.wienenergie.at

Bis 18. 12. 2011WWWeeiihhnnaacchhhttssmmaarrkt

Adventmarkt auf Schloss Hof Sonderführungen durch das

Schloss, Konzerte und ein weihnacht liches Kinderpro-

gramm mit Nos talgie-Karussell, Stallweihnacht, Streichelzoo,

Tierfütterungen, Ponyreiten und Bastelwerkstatt. 26./27.11.,

3./4.12., 8.-11.12., 17./18.12. tägl. 11-18 Uhr,

2294 Schlosshof 1www.schlosshof.at

Bis 8. 1. 2012AAAuusssstteelllluunng

Kunsthistorisches MuseumWinter-Darstellungen in der europäi-

schen Kunst von Bruegel bis Beuys stehen im Mittelpunkt der Schau

„Wintermärchen“. Kunsthistorisches Museum,

Maria-Theresien-Platz, 1010 Wienwww.khm.at

Bis 15. 1. 2012AAAuusssstteelllluunng

Bank Austria KunstforumDie Ausstellung „Botero“ zeigt 70

Gemälde des kolumbianischen Malers und Bildhauers Fernando Botero.

Bank Austria Kunstforum,Freyung 8, 1010 Wien

www.fernando-botero.at

Bis 29. 1. 2012AAAuusssstteelllluunng

Generali FoundationDie Schau „Animismus. Moderne hin-

ter den Spiegeln“ untersucht unter-schiedliche Konzepte des Animismus.

Generali Foundation,Wiedner Hauptstr. 15, 1040 Wien

http://foundation.generali.at

Bis 30. 1. 2012AAAuusssstteelllluunng

Leopold MuseumAnlässlich des zehnjährigen Jubilä-

ums seiner Eröffnung widmet das Leopold Museum dem Werk von

Egon Schiele die Schau „Melancholie und Provokation“.

Leopold Museum,Museumsplatz 1, 1070 Wien

www.leopoldmuseum.org

Bis 12. 2. 2012AAAuusssstteelllluunng

Kunsthalle WienMit der Ausstellung „Vanity“ widmet

sich die Kunsthalle Wien mit ca. 200 Werken aus der Sammlung

F.C. Gundlach dem Thema Fotografi e und Mode.Kunsthalle Wien,

Museumsplatz 1, 1070 Wienwww.kunsthallewien.at

Bis 26. 2. 2012AAAuusssstteelllluunng

AlbertinaIn der Ausstellung „René Magritte.

Das Lustprinzip“ sind mehr als 150 Gemälde und Papierarbeiten des

Künstlers zu sehen.Albertina,

Albertinaplatz 1, 1010 Wienwww.albertina.at

Bis 26. 2. 2012AAAAuussssstteeellllung

MAK

Die Schau „Künstler im Fokus #11. Walter Pichler. Skulpturen, Modelle,

Zeichnungen“ bietet eine der seltenen Gelegenheiten zur Auseinanderset-

zung mit den wesentlichen Werkgruppen des Künstlers.

MAK,

Stubenring 5, 1010 Wien

www.mak.at

Bis 4. 3. 2012AAAAuussssstteeellllung

Unteres Belvedere

Die Ausstellung „Gustav Klimt / Josef Hoffmann. Pioniere der Moderne“

widmet sich der Zusammenarbeit der beiden Künstler.

Unteres Belvedere,

Rennweg 6, 1030 Wien

www.belvedere.at

Bis 15. 4. 2012AAAAuussssstteeellllung

Jüdisches Museum Wien

„BIGGER THAN LIFE. 100 Jahre Hollywood. Eine jüdische Erfahrung“

führt hinter die Kulissen und Kli-schees der Traumfabrik.

Jüdisches Museum Wien,

Dorotheergasse 11, 1010 Wien

www.jmw.at

12. 11. bis 24. 12. 2011Wieneerr AAAAddvvveennttzzaaauuberZwischen Rathaus und

Burgtheater

Romantische Ruhe im Rathauspark, lebhafter Christkindlmarkt-Charme, ein buntes Bastelprogramm für Kin-

der und kulturelle Highlights – der Wiener Christkindlmarkt bietet für

jeden Geschmack das Passende.

Rathaus und Rathausplatz,

1010 Wien

www.christkindlmarkt.at

14. bis 20. 11. 2011KKKuunnsssttffeeessttivalIn ganz Wien

Die Vienna Art Week 2011 steht un-ter dem Motto „Refl ecting Reality“

und lenkt den Fokus auf Wiens Welt-ruf als Stadt der Psychoanalyse.

www.viennaartweek.at

16. 11. 2011 bis 26. 2. 2012AAAAuussssstteeellllung

KUNST HAUS WIEN

Die Schau „Henri Cartier-Bresson. Indien – Amerika – Russland“ zeigt

den Mitbegründer der Fotoagentur Magnum von einer weniger

bekannten Seite.

KUNST HAUS WIEN,

Untere Weißgerberstraße 13, 1030 Wien

www.kunsthauswien.com

2. und 3. 12. 2011SShhow

Wiener Stadthalle

„Musical Rocks – The Rock Musical Multimedia Sensation“ bringt über 20 der besten Songs aus Rocky Hor-ror, Phantom, Jesus Christ, We Will

Rock You, Mamma Mia u. v. m.

Wiener Stadthalle,

Vogelweidplatz 14, 1150 Wien

www.stadthalle.com

Bis 26. 11. 2011

Im Rahmen seines Schwerpunktprogramms Design zeigt das WAGNER:WERK Museum Postsparkasse die Ausstellung „GLOBAL VILLAGE. Design – Ur-sprung und Moderne“. Seit dem Zeitpunkt, da europäische Eroberer und Ent-decker mit fremden Ethnien in Kontakt kamen, wurden exotische Gegen-

stände gesammelt und in die Heimatländer gebracht. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts entstanden die ersten Museen für Völkerkunde in Europa. Erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts waren es jedoch die Künstler, die der westlichen Welt die Augen für den Formenreichtum und die Ästhetik der Objekte aus Afrika, Oze-anien und Altamerika öffneten. Größtenteils unbeachtet blieben aber über einen längeren Zeitraum Gegenstände für den alltäglichen Gebrauch. Die Designer von

heute greifen auf diese Entwürfe zurück, wenn sie nach fundamentalen Lösungen für ein Gebrauchsproblem suchen. In der Schau stehen Ursprung und Moderne, ethnische Alltagsgegenstände und europäische Design-klassiker, originäre Gestaltungsformen und zeitgenössische Variationen einander gegenüber und verweisen auf die Einfl üsse anonymer Gestalter aus Afrika, Asien und Lateinamerika auf die europäische Moderne. www.ottowagner.com

Bis 14. 12. 2011

Eine pulsierende Großstadt wie Wien verändert sich schnell. Dafür braucht es Menschen, die über diese Veränderungen mitentscheiden und mitdis-kutieren. Die Wiener Planungswerkstatt widmet sich in der Ausstellung „Die Stadt ist uns nicht egal“ dem Thema Beteiligung. Anhand von ausge-

wählten Beispielen – von der Lokalen Agenda 21 bis zu Bürgerinitiativen – wird veranschaulicht, wie Ideen zu Projekten werden und so Bewegung in die Stadt kommt. Begleitet wird die Ausstellung durch ein Rahmenprogramm mit Vorträgen und Diskussionsrunden.

www.wien.gv.at/stadtentwicklung/dienststellen/ma18/wiener-planungswerkstatt.html

www.facebook.com/planungswerkstatt

Wiener Planungswerkstatt Friedrich-Schmidt-Platz 9, 1010 Wien

22.9.2011–14.12.2011 Mo–Fr 9–16Uhr, Do 9–19Uhr

Sa, So und Feiertag geschlossen

www.facebook.com/planungswerkstatt Au

sstell

ung

Herausgeber: MA 18 - Stadtentwicklung und Stadtplanung Idee, konzept, Realisation: BieterGemeinschaft Ehmayer|Krasny|PiribauerDruck: print-sport gmbhwww.stadtentwicklung.wien.at

Bis 22. 1. 2012

Wie hat man sich bei Hofe gewaschen? Wie sahen die ersten Bidets aus? Seit wann gibt es Badewannen? Diesen und anderen Fra-gen wird in der Ausstellung „Intime Zeugen. Vom Waschtisch zum Badezimmer“ im Hofmobiliendepot anhand von rund 90

künstlerisch ausgeführten Möbelstücken sowie zahlreichen Hygieneporzellanen, Toilettegarnituren und Badewannen auf den Grund gegangen. Zahlreiche Ein-richtungsgegenstände zum Waschen und Baden sind aus dem kaiserlichen Haus-halt bis heute erhalten geblieben. Der Schwerpunkt der Schau liegt in der Ent-wicklung der Hygienemöbel vom späten 18. bis ins frühe 20. Jahrhundert und beschreibt den schrittweisen Wandel vom mobilen Stück zum fi x installierten Badezimmer. Zu den Highlights zählen das Ankleidezimmer der Erzherzogin Ma-ria Anna von Österreich von 1831 und ein Jugendstil-Schlafzimmer mit Wasch-tisch von 1899. www.hofmobiliendepot.at

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Bis 4. 3. 2012

Mit seinen städtebaulichen Visionen sprengt Michael Wallraff tra-dierte Szenarien der horizontalen Stadtentwicklung. Der Wiener Architekt beschäftigt sich seit Jahren intensiv mit der Nutzung ver-tikaler Räume im Stadtgefüge und schafft mit prototypischen öf-

fentlichen Freifl ächen in dicht besiedelten urbanen Strukturen neue Dimensionen sozialer Interaktion. Ein Streifzug durch Wallraffs experimentelle Projekte und Ideen ist in der MAK-Ausstellung „looking up. vertical public space“ zu sehen. Ein Großteil der gezeigten Arbeiten entstand im Rahmen des Projekts „Der vertikale öffentliche Raum“, mit dem der Architekt 2008 eine Förderung der Kreativagentur der Stadt Wien „departure“ gewann. www.mak.at

Foto: W

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Bis 13. 2. 2012

Glenn Murcutt, Pritzker Preisträger (2002) und Australiens internatio-nal anerkanntester Architekt, verwirklicht beharrlich ein mittlerweile umfassendes Werk hoher Komplexität. Während der letzten 40 Jahre sind mehr als 500 Bauten entstanden, alle in Australien, fast aus-

schließlich Wohnhäuser und bis auf wenige Ausnahmen von ihm alleine ent-worfen, geplant und unter seiner Aufsicht umgesetzt. Die Ausstellung „Glenn Murcutt. Architecture For Place“ im Architekturzentrum Wien präsentiert eine Auswahl dieser Projekte und nähert sich der Arbeitsweise Murcutts vor allem über seine Zeichnungen. Der Architekt beschreibt diese Arbeitsweise als „Den-ken in Zeichnungen“. Zeichnen stellt für ihn ein essentielles Instrumentarium der Entdeckung dar: Die Hand, die die Zeichnung fertigt, kommt zu Lösungen, lange bevor der Verstand diese verarbeitet. www.azw.at

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Impressum: Herausgeber Bohmann Druck und Verlag Ges.m.b.H. & Co. KG, KR Dr. Rudolf Bohmann Geschäftsführung Drin. Gabriele Ambros, Gerhard Milletich Verleger Bohmann Druck und Verlag, GesmbH & Co. KG, A-1110 Wien, Leberstraße 122 Verlagsleitung Mag. Patrick Lenhart Chefredaktion Roland Kanfer Autorinnen und Autoren Dr. Gisela Gary, DI Ilse Huber, DI Barbara Jahn-Rösel, Anna Klerdorf, Mag. Irene Mayer-Kilani, Dr.  Iris Meder, Manuela Prusa, Hannes Schreckensberger, Mag. Kurt Wurscher Lektorat: Mag. Ruth Ferrari Mediaberatung: AAC – Austria Advertising Consult Redaktionsassis tenz Michaela Kern ([email protected]; Tel. 740 95-556) Vertriebsleitung Angelika Stola ([email protected]; Tel. 740 95-462) Aboverwaltung [email protected]; Tel. 740 95-466 Layout & Produktion Thomas Weber Hersteller Druckerei Berger, Wienerstraße 80, A-3580 Horn. Die Zeitschrift City ist ein unabhängiges Medium für Architektur, Stadtentwicklung, Design und Urbanität. Nachdruck nur mit ausdrücklicher Genehmigung. Alle Rechte, auch die Übernahme von Beiträgen nach § 44 Abs. 1 und 2 Urheberrechtsgesetz, sind vorbehalten. Coverbilder: beyer.co.at (2), Belvedere, StudioAMD, Wien / Ian Ehm, FEICHTINGER ARCHITECTES/David Boureau

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