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Das Magazin aus Berlin über die Europäischen Strukturfonds PUNKT Jan./Feb. 2011 20. Jg. 102 Dienstleistungen gehen uns alle an Seite 10–11 Revolution in Tumordiagnose Seite 9 Kohäsionsbericht stellt Schlüsselrolle der Städte in den Fokus Seite 3–5

Das Ma PU ga zin aus Ber lin über die Europäischen ... · dem Weg zu intelligentem, grünem und in-tegrativem Wachstum zu erreichen. Der mitt-lerweile auf eine halbe Milliarde Menschen

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Page 1: Das Ma PU ga zin aus Ber lin über die Europäischen ... · dem Weg zu intelligentem, grünem und in-tegrativem Wachstum zu erreichen. Der mitt-lerweile auf eine halbe Milliarde Menschen

Das Ma ga zin aus Ber lin über die Europäischen Strukturfonds

PUNKT Jan

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011

20.

Jg

.

102 Dienstleistungen gehen uns alle an

Seite 10–11

Revolution in Tumordiagnose

Seite 9

Kohäsionsbericht stellt Schlüsselrolle der Städte in den Fokus Seite 3–5

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E D I T O R I A L

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Die europäische Kohäsionspolitik hat in der Vergangenheit viel zur wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung der Europäischen Union (EU) beigetragen. Es wurden Millionen von Arbeitsplätzen geschaffen, neue Infrastrukturen er-stellt und wichtige Wachstumsimpulse gegeben. Auch Deutschland zieht aus der Kohäsionspolitik Gewinn, sowohl direkt durch die Mittel, die sie für die Investitionsförderung in Deutschland bereitstellt als auch indirekt über die Waren- und Dienstleistungsströme, die durch Investitionen in ande-ren Ländern der EU ausgelöst werden So sind für den Zeitraum 2007-2013 gut 26 Milliarden EURO für Deutschland vorgese-hen. Ein besonderer Schwerpunkt liegt in der Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit und der Schaffung neuer Arbeitsplätze durch Innovation. Der Wissenschaftspark in Potsdam-Golm, der mit über 7 Millionen EURO durch den Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung gefördert wurde, ist ein gutes Beispiel für diese Art der Investitionsförderung. Der Gesamtbeitrag der Kohäsionspolitik zum Bruttoinlandsprodukt der 2004 beige-tretenen Mitgliedsstaaten von 2000-2009 wird auf +3,7 % ge-schätzt. Die Verbesserung der gesamtwirtschaftlichen Situation in diesen Ländern führt zu einer verstärkten Nachfrage nach Gütern und Dienstleistungen, von der nicht zuletzt auch Deutschland im Handel mit diesen Ländern profitiert. Der von der Kommission im November vorgestellte 5. Kohäsionsbericht zeigt die bisherigen Ergebnisse der Kohäsionspolitik auf und geht auf die zukünftigen Herausforderungen ein. Dazu gehören u.a. eine stärkere Ergebnisorientierung und die Einführung einer Entwicklungs- und Investitionspartnerschaft zwischen den be-teiligten politischen Entscheidungsebenen (EU, Mitgliedsstaat, Region). Die Kommission hat ihre Vorstellungen in einer er-neuten Konsultationsrunde zur Debatte gestellt. Auch Sie sind willkommen, sich an dieser öffentlichen Konsultation http://ec.europa.eu/regional_policy/consultation/5cr/index_de.cfm zu beteiligen.

Die zukünftigen Herausforderungen

Zur Sache

Punkt erscheint 6 x jähr lichunent gelt lichISSN 1434-3991

He raus ge ber und Be zugs ad res seSe nats ver wal tung für Wirt schaft, Technologie und Frau enRe fe rat III C – Eu ro pä i sche Struk tur fonds för de rungMar tin-Lu ther-Stra ße 10510825 Ber linAnsprechpartnerin: Gabriela LauffTe le fon 030 90138935Te le fax 030 90137520punkt@sen wtf.ber lin.dewww.ber lin.de/sen/strukturfonds/oeff_arbeit/punkt/punkt.html

Re dak ti onConvis Consult und Marketing GmbH, Berlinwww.convismedia.eu

LayoutSPREE-PR, Ber linwww.spree-pr.com

Fo to nach weis Ar chiv, Karoline Kallweit, Patrick Schneider, Sebastian Pripad

Die Re dak ti on behält sich vor, ein ge reich te Bei trä ge zu kür zen. Namentlich gezeichnete Beiträ-ge und Le ser zu schrif ten ge ben nicht unbe dingt die Mei nung der Re dak ti on wie der. Jeg li cher Nach druck von Bei trä gen (auch aus zugs wei se) ist nur mit Quel-len an ga be gestat tet und bedarf der Zu stim mung des Au tors. Die Zu sen dung ei nes Be leg exemp lars ist erfor der lich. Für ein ge sand te Ma nu skrip te, Vor la gen, Car toons und Fo tos wird kei ne Ge währ über nom men. PUNKT wird aus Mit teln des Eu-ro pä i schen So zi al fonds geför dert.V.i.S.d.P. Gabriela LauffGe druckt auf chlor frei gebleich-tem Pa pierJanuar/Februar 2011,20. Jahr gang, Aus ga be 102

Das Magazin der PUNKT wird aus Mitteln der Europäischen Union

kofinanziert (EFRE und ESF).

Se nats ver wal tung fürWirt schaft, Technologie und Frau en

Impressum

Dirk AhnerGeneraldirektor Generaldirektion für Regionalpolitik Europäische Kommission 1049 BrüsselTel.: +32 2 296 06 34

Fax: +32 2 296 23 05 E-Mail: [email protected]

Über Ihre Hinweise, Wünsche, Anregungen oder Kritik würden wir uns freuen. Bitte per E-Mail an: punkt@sen wtf.ber lin.de

InhaltEUROPAREPORTAGE Alles aus und zum 5. Kohäsionsbericht 3–8

EFRE-PROJEKT IN BERLIN Revolution in der Tumordiagnose – das Projekt Virtual Specimen Scout 9

ESF-PROJEKT IN BERLIN Dienstleistungssektor bewegt uns alle 10 –11

ESF-PROJEKT IN BERLIN Gründerwerkstatt - Der Weg zum eigenen Unternehmen! 12

VERANSTALTUNGSBERIcHT Fachgespräch zu Arbeitsmaktpolitik in europäischen Metropolen 13

AUF DEN PUNKT Rückblick auf die deGUT

Europäisches Jahr der Freiwilligentätigkeit 14

EU-Wirtschaft gewinnt an Fahrt Außenhandel ist Wachstumsmotor 15

ScHLUSSPUNKT Zu Recht befragt: Datenschutz? Turku und Tallin sind Kulturhauptstädte 16

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E U R O PA R E P O R TA G E

PUNKT Januar/Februar 2011 3

Der 5. KohäSionSbericht Der europäiSchen KommiSSion

Weiter in Europas Zukunft investieren!Die Kohäsionspolitik der Europäischen Union

trägt seit über 20 Jahren erfolgreich dazu bei, Disparitäten innerhalb der EU abzubauen, die Wirtschaft anzukurbeln, den sozialen und in der aktuellen Förderperiode den territorialen Zusammenhalt zu stärken, Arbeitsplätze zu schaf-fen und für bessere Lebensbedingungen zu sor-gen. Auch die Ergebnisse der Kohäsionspolitik in den Jahren 2000 bis 2006 können sich sehen las-sen: Das durchschnittliche Pro-Kopf-Einkommen stieg um 10 Prozent, es entstanden 1,4 Millionen neue Arbeitsplätze, mehr als 1,7 Millionen KMUs wurden gefördert und rund 20 Millionen Menschen mehr sind an die Versorgung mit sau-berem Trinkwasser angeschlossen worden. Zwar hat die Krise die Erfolge ausgebremst, jedoch half die EU mit gezielten Maßnahmen und einer ver-nünftigen Förderpolitik, auf die wirtschaftlichen Turbulenzen zu reagieren, Unternehmen vor dem Untergang zu retten, Arbeitsplätze zu erhal-ten, die Nachfrage zu stimulieren und die öffent-lichen Investitionen zu steigern.

Alle drei Jahre veröffentlicht die Europäische Kommission einen Bericht, der die Fortschritte in der EU dokumentiert und Herausforderungen für die Anpassung der Kohäsionspolitik ab-leitet. Der im November 2010 vorgestellte 5. Kohäsionsbericht schlägt dabei für den Zeitraum nach 2013 vor, dass sich kohäsionspolitische Investitionen künftig eng an der ehrgeizigen Strategie „Europa 2020“ ausrichten müssten. Laut dieser Strategie gilt es, die Weichen für das kommende Jahrzehnt zu stellen und Wirtschaft sowie Infrastruktur, Forschung, Entwicklung und Bildungsmöglichkeiten EU-weit zu stär-ken. Der 5. Kohäsionsbericht analysiert in vier Kapiteln die Ergebnisse der Kohäsionspolitik, fasst die positiven Auswirkungen auf die Umsetzung der Kohäsionsziele zusammen und weist darauf hin, wo Förderaktivitäten noch verbessert bzw. optimiert werden können.

Infrastruktur, Bildung und Innovationen Der Kohäsionsbericht zeigt, dass inner-

halb der Union in wirtschaftlicher, sozialer und ökologischer Hinsicht erstaunliche regionale Disparitäten vorherrschen. Zwar hätten sich die Unterschiede in den letzten zehn Jahren deut-

lich verringert, jedoch müssten diese weiterhin reduziert werden, um weitere Fortschritte auf dem Weg zu intelligentem, grünem und in-tegrativem Wachstum zu erreichen. Der mitt-lerweile auf eine halbe Milliarde Menschen angewachsene EU-Binnenmarkt schafft zwar gute Voraussetzungen, EU-Unternehmen im Bereich der wissensintensiven und anderen Dienstleistungen hochproduktiv und wett-bewerbsfähiger zu machen, jedoch reicht eine Freihandelszone bzw. ein großer EU-Binnemarkt allein nicht aus, um die EU ein-

heitlich zu stärken. Denn um insgesamt pro-duktiver zu werden, muss die EU Innovationen sowie Forschung und Entwicklung fördern und in allgemeine, berufliche Bildung sowie lebenslanges Lernen investieren. In vie-len Regionen der EU bestehen gerade hier Schwachpunkte und Aufholbedarf. So hat bis-her beispielsweise nur jede zehnte Region das Ziel von Europa 2020 erreicht, 3 Prozent des BIP in Forschung und Entwicklung zu inve-stieren. Auch das Ziel, den Anteil der 30- bis 34-jährigen mit Hochschulabschluss o.ä. auf 40 % zu steigern, wurde lediglich in weni-ger als einem Sechstel der Regionen erreicht. Hinsichtlich Innovationen rät der Bericht von radikalen Neuerungen ab und empfiehlt gera-de Regionen, die keine Spitzenposition in der Forschung einnehmen, die Übernahme erfolg-reicher innovativer Verfahren. Die Regionen müssten dabei Unternehmen in die Lage ver-setzen, sich innovative Verfahren anzueignen und ihre Arbeitskräfte zu schulen.

Ein weiterer entscheidender Faktor beim Abbau

Nach der Vorstellung des Kohäsionsberichtes hatte das Fachpublikum die Möglichkeit, neben Dirk Ahner auch Christopher Todd (r.), Referatsleiter Deutsch - land (EFRE), Referatsleiter ESF-Koordinierung, Fragen zu stellen.

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von Disparitäten in der EU ist der Ausbau der Infrastruktur. Be sonders die Trans port infra struktur in Grenz regionen oder in mittel- und osteuropä-ischen Mitglieds staaten lässt zu wünschen übrig und muss angepasst werden, um den Regionen

einen besseren Zugang zu Dienstleistungen und Märkten zu ermöglichen. Auch

das Internet gewinnt in diesem Zusammen -hang immer mehr an Be deutung und ein schneller Netzzugang gilt als Voraussetzung für erfolgreiches be-rufliches Handeln. E ine benötigte Breitbandversorgung zum schnelleren Netz-

gebrauch ist jedoch sehr ungleich verteilt: So verfügten 2009 nur 13 % der Haushalte in dünn besiedelten Gebieten Rumäniens über einen Breitbandanschluss, während in dünn besiedelten Regionen Finnlands bereits 77 % der Haushalte einen Breitbandanschluss nutzen.

Das Wohlergehen verbessernEines der wichtigsten Ziele der EU ist,

das Wohlergehen zu fördern und die soziale Ausgrenzung zu bekämpfen. Hierbei gilt es vor allem, die Lebensbedingungen zu verbes-sern und Armut zu verhindern. Während in den Jahren 2000 bis 2008 die Arbeitslosigkeit durch-schnittlich stark zurückging, hat sich das Blatt aufgrund der derzeitigen Wirtschaftskrise ge-wendet und die Arbeitslosigkeit stieg in vielen Mitgliedsstaaten rapide an. Besonders Spanien, die französischen überseeischen Departements und die baltischen Staaten sind von dieser Entwicklung betroffen, wo Anfang 2010 die Arbeitslosigkeit im Durchschnitt bei 20 % lag. Auch bei der Bekämpfung der Armut steht die EU in den kommenden Jahren vor großen Herausforderungen. Die Kommission empfiehlt im 5. Kohäsionsbericht, mehr Anstrengungen in Aus-, Weiterbildung und Qualifizierung zu inve-stieren, Arbeitsmärkte, Bildungssysteme sowie Sozial- und Gesundheitsdienste zu moderni-sieren, um Armut zu bekämpfen und soziale Ausgliederung zu verhindern.

Natürlich hat sich Europa auch bezüglich des Umwelt- und Klimaschutzes ehrgeizige Ziele

gesetzt. So soll im Jahr 2020 ein Anteil erneuer-barer Energien am Gesamtenergieverbrauch von 20 % erreicht und eine erfolgreiche Umstellung auf eine Wirtschaft mit geringem CO2-Ausstoß vollzogen werden. Um dieses Ziel zu erreichen, rät der Bericht zu größeren Investitionen in Solarenergie im sonnenreichen Südeuropa und in Windenergie an Atlantik- und Nordseeküste. Auch die Energieeffizienz müsse gesteigert werden durch bessere Wärmedämmungen von Gebäuden, der vermehrten Errichtung von Blockheizkraftwerken sowie effizi-enteren Verkehrsträgern. Doch das finanzielle Engagement der EU allein reiche hier nicht aus, es erfordere große Investitionen sowohl des öf-fentlichen als auch des privaten Sektors.

Klimaschutz und UmweltqualitätDarüber hinaus hat sich die EU in den ver-

gangenen Jahren stark für die Verbesserung der Umweltqualität eingesetzt. So sank die Zahl der Städte, in denen die Abwasserbehandlung unter den EU-Standards liegt, in den letz-ten 10 Jahren deutlich – mehr als 23 Millionen Menschen konnten mithilfe von Förderungen durch den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) und den Kohäsionsfonds an Abwassersammlungs- und Aufbereitungssysteme angeschlossen werden. Der Kohäsionsbericht weist aber auch darauf hin, dass noch viele Investitionen getätigt werden müssen, um die EU-Richtlinie über die Behandlung von kommu-nalem Wasser vollständig zu erfüllen. Auch die Wiederverwertung von Abfall habe zu- und der Einsatz von Deponien abgenommen, jedoch be-stehe hierbei besonders in süd- und osteuropä-ischen Mitgliedsstaaten ebenfalls noch großer Handlungsbedarf.

Reform der KohäsionspolitikDie Kohäsionspolitik der EU hat in den vergan-

genen Jahren Erstaunliches geleistet, steht aber noch vor großen Herausforderungen. Der 5. Bericht über den wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalt schlägt daher für die Zukunft vor, die Förderpolitik an einigen Stellen zu reformieren.

So soll diese enger mit EU-Prioritäten ver-knüpft sein – d.h. ergebnis- und leistungsorien-tierter gestaltet werden – um den Mehrwert der Kohäsionspolitik zu steigern. Um dieses zu er-reichen, müsse sich die Kohäsionspolitik folglich

von Disparitäten in der EU ist der Ausbau der Infrastruktur. Besonders die Transin Grenzregionen oder in mittel- und osteuropäischen Mitgliedsstaaten lässt zu wünschen übrig und muss angepasst werden, um den Regionen

einen besseren Zugang zu Dienstleistungen und Märkten zu ermöglichen. Auch

das Internet gewinnt in

Matthias Petschke, Leiter der Vertretung der Europäischen Kommission in Deutschland, begrüßte die zahlreich erschie-nenen interessierten Zuhörer.

5. Kohäsionsbericht: http://ec.europa.eu/regional_policy/sour-ces/docoffic/official/reports/cohesion5/index_de.cfm

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stärker an die Ziele der Strategie „Europa 2020“ ausrichten. Ferner sollten sich die eingesetzten Mittel auf eine begrenzte Zahl von Prioritäten konzentrieren, um einzelne Förderungen effek-tiver gestalten und eine spürbare Wirkung er-zielen zu können. Auch müssten durch neue Konditionalitäten Anreize für Reformen geschaf-fen werden, die die Mitgliedstaaten dazu bewe-gen, die Fördergelder effektiver und effizienter einzusetzen. Darüber hinaus sollten die für den Programmzeitraum 2007 bis 2013 entwickelten neuen Finanzierungsinstrumente, die von der herkömmlichen zuschussbasierten Finanzierung zugunsten innovativer Formen der Kombination von Zuschüssen und Darlehen abrückt, stärker genutzt und verbessert werden. Und schließlich müssten hochwertige und besser funktionie-rende Überwachungs- und Bewertungssysteme die effektivere Umsetzung der Kohäsionspolitik gewährleisten.

Ein weiterer wichtiger Reformfaktor ist die Stärkung der Partnerschaft und der engeren Zusammenarbeit zur Förderung des territorialen Zusammenhalts. Durch eine bessere Einbindung lokaler und regionaler Akteure, Sozialpartner und der Zivilgesellschaft in Programme und Projekte können alle Betroffenen umfassend mobilisiert und stärker an der Durchführung der Kohäsionspolitik beteili-gt werden. Um den territorialen Zusammenhalt zu fördern, muss auch die Schlüsselrolle der Städte wieder mehr in den Fokus gestellt werden. Die Kommission empfieh-lt hier, ein ehrgeiziges Konzept der Stadtentwicklung zu erstellen, für das klar definierte Finanzmittel zur Lösung städtischer Probleme bereit ge-stellt und bei dem die städtischen Behörden stärker in die Konzeption und Durchführung von Stadtentwicklungsstrategien einbezogen werden.

Reduzierung des VerwaltungsaufwandsDie Strukturfonds haben schon vielen

Unternehmen und Einzelpersonen erfolg-reich unter die Arme gegriffen, doch einige kri-tisieren den bürokratischen Aufwand einer Förderung. Die Kommission zielt daher auf eine Reduzierung des Verwaltungsaufwands ab, um

die Nutzung der Fonds durch die Begünstigten sowie die Verwaltung der Fonds zu erleich-tern. Dies könne zum einen das Fehlerrisiko verringern und gleichzeitig ermöglichen, den Besonderheiten der Politik, des Instruments und der Begünstigten Rechnung zu tragen. In diesem Zusammenhang sei es außerdem sinnvoll zu prü-fen, wie Kontrollmaßnahmen kosteneffizienter und risikobasierter gestaltet werden könnten, um ihre Wirksamkeit und Effizienz zu verbessern.

Wie geht es weiter?Nicht zuletzt die Krise hat deutlich gemacht,

wie wichtig eine effektive Förderpolitik ist und dass eine solche auch nach 2013 dringend benö-tigt wird. „Diese Politik kann jedoch nur erfolg-reich sein, wenn sie ihr Handeln koordiniert und auf die zentralen Schwerpunkte konzentriert. Nur so können wir wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalt und Europa 2020 fördern“, erklärt Johannes Hahn, Europäischer Kommissar für Regionalpolitik.

Der 5. Bericht über den wirtschaftlichen, sozi-alen und territorialen Zusammenhalt empfiehlt für den Zeitraum nach 2013 eine umfangreiche

Kohäsionspolitik, die das Zusammenwachsen der EU-Mitgliedsstaaten weiter voranbringen soll. Nach der Veröffentlichung des Berichtes durch die Kommission wird nun eine öffentliche Konsultation eingeleitet, um die Strategie mit-zugestalten.Im Frühjahr/Sommer 2011 sollen dann die konkreten legislativen Vorschläge ste-hen, bevor sich schließlich die Vertreterinnen und Vertreter der EU-Mitgliedsstaaten auf die Ausgestaltung der neuen Förderperiode einigen.

Die punkt-Redaktion wird Sie über die neu-esten Entwicklungen informieren!

Interessierte sind bis zum 31. Januar 2011 auf-gerufen, Beiträge und Vorschläge zur Reform der Kohäsionspolitik einzureichen (http://ec.europa.eu/regio-nal_policy/consulta-tion/index_de.htm).

Immer mehr Vertreterinnen und Vertreter aus Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und Verwaltung betei-ligten sich an der Diskussion.

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E U R O PA R E P O R TA G E

DeutSche bunDeSlänDer SetZen Sich auf Der miniSterpräSiDentenKonferenZ 2010/2011 für eine fortführung Der KohäSionSpolitiK ein

Die Regierungschefinnen und Regierungschefs der deutschen Bundesländer haben sich für eine Fortführung der Kohäsionspolitik ausgesprochen und diese als wichtiges Instrument zur Stärkung

des wirtschaftlichen, sozialen und territori-alen Zusammenhalts und der harmonischen Entwicklung der Union bezeichnet. Auch in Zu-kunft sei es daher er-forderlich, die europä-ische Kohäsionspolitik schwerpunktmäßig auf die bedürftigsten Län-der und Regionen der EU mit Hinblick auf Verbesserung ihrer Wett bewerbsfähigkeit zu konzentrieren, um

die Ziele der Strategie „Europa 2020“ verwirkli-chen zu können. Um dieses zu erreichen, müssten auch nach 2013 alle Regionen förderfähig blei-ben, so die Stellungnahme der Länderchefinnen und Länderchefs zum 5.  Europäischen Ko-häsionsbericht, der auch Diskussionsgegenstand auf der Ministerpräsidentenkonferenz und anschlie-ßender Unterredung mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am 15. Dezember in Berlin war.

Die Länder begrüßen das Vorhaben der Europäischen Kommission, die einzelnen Fonds (Kohäsionsfonds, Europäischer Regionalfonds, Europäischer Sozialfonds, Europäischer Land-wirtschaftsfonds für die Entwicklung des länd-lichen Raums, Europäischer Fischereifonds) mit-tels eines gemeinsamen strategischen Rahmens besser abzustimmen und zu koordinieren, um den Einsatz der Förderinstrumente vor Ort zu erleich-tern und den Verwaltungsaufwand zu reduzieren. Darüber hinaus befürworten die Länder, dass die Kommission die Operationellen Programme wei-terhin als Hauptinstrument zur Umsetzung der strategischen Prioritäten und Ziele ansieht und versprechen, dass sie aktiv daran mitwirken, die Operationellen Programme mit den Zielen der Nationalen Reformprogramme im Rahmen der

Strategie Europa 2020 zu koordinieren. Auch der Europäische Sozialfonds sollte auf die

Strategie ausgerichtet werden, jedoch weiterhin ein wichtiges Instrument der Kohäsionspolitik blei-ben, um auch zukünftig soziale Integration, wirt-schaftliches Wachstum und Beschäftigung unter Berücksichtigung der beschäftigungspolitischen Nachhaltigkeitsziele in Europa zu stärken.

Durch die Aufnahme der dritten Dimension „territorialer Zusammenhalt“ werden admini-strative Grenzen überschritten, und funktionale Räume, Metropolregionen oder Stadt-Umland-Beziehungen geraten mehr in den Fokus der Förderungen. Die Länder heißen diese Erweiterung für sinnvoll, sprechen sich ergänzend hierzu jedoch für eine Beibehaltung der städtischen Dimension aus, da Städte weiterhin wichtige Wachstums- und Innovationsmotoren seien. Auch die Förderung des ländlichen Raums sei von großer Bedeutung, um Strukturdefizite, Abwanderungstrends und demo-grafischen Wandel begegnen zu können. Die deut-schen Bundesländer setzen sich zudem dafür ein, die bewährte Einbeziehung der lokalen und regi-onalen Akteure, der Wirtschafts- und Sozialpartner sowie der Vertreter der Zivilgesellschaft in z.B. Begleitausschüssen fortzusetzen.

Auch die Überlegungen der Kommission, künftig die Auszahlung europäischer Mittel zu beschleunigen, Regelungen zu vereinfachen, Finanzinstrumente weiter zu entwickeln und den Verwaltungsaufwand zu reduzieren, finden in den Ländern großen Zuspruch. So gilt es beispielswei-se, dass der Aufwand bei der Programmgestaltung sowie bei Verwaltung, Kontrolle und Monitoring dem Umfang der Programme und Projekte entsprechen muss. Die Umsetzung kleinerer Programme müsse daher künftig deutlich weniger Verwaltungsaufwand erfordern als die Umsetzung großer und komplexer Programme. Dabei sollten alle Möglichkeiten zur Vereinfachung in Betracht gezogen werden. Die Länderchefinnen und -chefs beauftragen nun die Europaministerkonferenz, eine gemeinsame Bund-Länder-Stellungnahme zum 5. Kohäsionsbericht abzustimmen und diese der Europäischen Kommission vor Abschluss der öffentlichen Konsultation in Brüssel vorzulegen.

Zukunft der Kohäsionspolitik

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Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Prof. Dr. Wolfgang Böhmer (Vorsitzender der Ministerpräsidenten-konferenz) und Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit stellen in der Landesvertretung von Sachsen-Anhalt die Ergebnisse der Ministerpräsidenten konferenz vor.

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Verantwortung von Unternehmen stärker in den Vordergrund rücken

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PUNKT Januar/Februar 2011 7

PUNKT ... Wie wichtig ist eine ausge-reifte Kohäsionspolitik für die Zukunft der Europäischen Union?

Eine zukunftsgerichtete moderne Ko hä-sionspolitik ist für alle Regionen der EU von großer Bedeutung: Die Kohäsionspolitik kommt allen Regionen zugute, sowohl direkt in Form von Investitionen als auch indirekt über Handelsvorteile, und sie wird auch in Zukunft die EU-weiten Prioritäten wie Umweltschutz, Forschung und Innovation maßgeblich unter stüt zen.

PUNKT ... Wie bewerten Sie die großen regio-nalen Disparitäten innerhalb der Europäischen Union?

Wie der 5.  Kohäsionsbericht aufzeigt, gibt es nach wie vor große wirtschaftliche Unterschiede zwischen den Regionen. Weiter gibt es be-trächtliche regionale Abweichungen in ver-schiedensten Bereichen von der Produktivität über die Säuglingssterblichkeit bis zur Anfälligkeit für Klimaveränderungen. Diese Entwicklungsunterschiede hemmen nicht nur die gesamtwirtschaftliche Entwicklung der EU, sie stehen darüber hinaus dem vertraglichen Ziel der wirtschaftlichen und sozialen Kohäsion innerhalb Europas entgegen. Die Wirtschafts- und Finanzkrise hat verdeutlicht, wie wichtig eine Politik ist, die in die Wettbewerbsfähigkeit aller Regionen investiert und zugleich Regionen mit Entwicklungsrückstand weiter fördert.

PUNKT ... Was muss Ihrer Meinung nach bei der künftigen Kohäsionspolitik reformiert bzw. opti-miert werden, um die Ziele der Strategie Europa 2020 zu erreichen?

Im Großen und Ganzen funktioniert die Kohäsionspolitik bereits sehr gut. Ich will nur eini-ge wenige Ergebnisse der letzten Förderperiode 2000-2006 nennen:

Schaffung von geschätzt 1,4  Mio. neuen Ar-beitsplätzen, Unterstützung kleiner Unter nehmen, Ankurbelung der Forschung

Schaffung wertvoller Aus- und Weiter bil-dungsangebote für Millionen von Frauen, Ju-gend lichen, Menschen aus gefährdeten Gruppen

und Arbeitslosen sowie Unterstützung von rund 2 Mio. Absolventinnen und Absolventen von Bildungsmaßnahmen bei der Aufnahme einer Arbeit

Modernisierung von Ver kehrs ver bind ungen, Unter stützung des Auf- und Ausbaus von Tau-senden von Kilo metern des Straßen- und Schie-nennetzes, Er neuerung von Häfen und Flughäfen

Verbesserung der Um-welt beding ungen für 23 Millionen europäischer Bürgerinnen und Bürger, indem die Trink wasserversorgung und die Ab wasserbehandlung auf EU-Standard gebracht wurden

Allerdings lassen sich manche Dinge noch verbessern. Künftig sollte sich die Finanzierung auf eine begrenzte Zahl von Prioritäten konzen-trieren, die mit den Zielen der Strategie „Europa 2020“ für intelligentes, nachhaltiges und integra-tives Wachstum im Einklang stehen. Gleichzeitig ist zu prüfen, wie eine noch bessere Abstimmung der Regionalfonds auf den nationalen und regi-onalen Entwicklungsbedarf möglich ist, damit die Gesamtarchitektur der Kohäsionspolitik ge-währleisten kann, dass alle verfügbaren Fi-nanzierungsinstrumente optimal zur Erreichung der „Europa 2020“-Ziele beitragen.

Man sollte auch die Einrichtung eines umfas-senden strategischen Rahmens vorsehen, der die Prioritäten, Ziele und Reformen festschreibt, die für die optimale Wirkung der Kohäsionsinvestitionen erforderlich sind. In einem Vertrag zwischen den Mitgliedsstaaten und der Kommission würde dann festgehalten, wie die Prioritäten umgesetzt wer-den sollen. Grundlage hierfür wären die künftigen nationalen Reformprogramme. Dazu würden u.a. klare, messbare Zielvorgaben und eine größere Bedeutung der nationalen Koordinierung der aus verschiedenen EU-Quellen stammenden Mittel zählen, um für eine effiziente Ausführung und sichtbare Ergebnisse zu sorgen.

Ein anderer Vorschlag sieht vor, Anreize

Johannes Hahn

Die Kohäsionspolitik funktioniert bereits sehr gutinterview mit JohanneS hahn, eu-KommiSSar für regionalpolitiK

Johannes HahnEU-Kommissar für RegionalpolitikB-1049 BrüsselBelgienE-Mail: [email protected]

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für eine möglichst effiziente und ehrgeizige Umsetzung der Kohäsionsprogramme zu schaffen. Ein bestimmter Anteil der Kohäsionsmittel könnte reserviert und je nach der Qualität der Programme und der Fortschritte bei deren Umsetzung an na-tionale und regionale Behörden vergeben wer-den. Außerdem ist an Vereinfachung durch Bürokratieabbau sowie an Verbesserungen von Bewertung, Leistung und Ergebnissen durch wirk-samere Zielvorgaben zu denken. Diese und andere Vorschläge werden im 5. Kohäsionsbericht näher erörtert.

PUNKT ... Welche Bedeutung haben europäische Förderungen für Metropolen wie Berlin?

Um die Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten oder noch zu steigern, sind Metropolen wie Berlin auf Innovationen angewiesen. In der heutigen Förderperiode 2007-2013 werden ca. 25% der Fördergelder in Innovationsprojekte investiert. Auch in der Zukunft werden Projekte im Bereich Innovation, Forschung & Entwicklung eine sehr wichtige Rolle für die Entwicklung Berlins spielen.

Derzeit fördert Berlin drei Inno-vationsnetzwerke: 1) Gesundheitswirtschaft, 2) Kommunikation, Medien und Kulturwirtschaft (kreative Wirtschaft) und 3) Verkehr und Mobilität. In diesen drei Bereichen gibt es noch immer „Innovationslücken“, d.h. Bereiche, in denen das Potenzial Berlins nicht ausreichend genutzt wird.

Die Förderung der Industrie spielt noch immer eine nicht unbedeutende Rolle in Berlin. Obwohl der Schwerpunkt auf Innovation liegt, ist die Förderung der Berliner Industrie notwendig. Diese Stärkung muss sehr gezielt erfolgen, d.h. Unterstützung durch z.B. Innovationsförderung und Wachstumsinvestitionen, die erforderlich sind, um das Potenzial der Industrie auszuschöpfen und zu vermarkten.

In Berlin gibt es mehrere Gegenden, in denen sich soziale und wirtschaftliche Herausforderungen konzentrieren. Im Zeitraum 1999-2010 sind ca. 80 Millionen EURO an EFRE-Mitteln in Projekte inve-stiert worden, deren Ziel es ist, Tendenzen einer zunehmenden sozialen Entmischung und den daraus resultierenden Problemen vor Ort ent-gegenzuwirken. Berlin hat bisher viel Erfolg mit Quartiersmanagement-Projekten dieser Art geha-bt. Künftige Quartiersmanagementprojekte sollten aber noch mehr auf die Europa 2020 Strategie eingehen, insbesondere auf die Förderung von

Energieeffizienz und nachhaltige Entwicklung. Berlin erhält in dieser Förderperiode 2007-2013

insgesamt 1,211 Milliarden Euro; 875,6 Million Euro aus dem EFRE, sowie 335,9 Million Euro an ESF-Mitteln.

PUNKT ... Wie kann der Mehrwert der Kohä-sionspolitik sichtbarer bzw. messbarer gemacht werden?

Es liegt in erster Linie an den für die Regionalprogramme zuständigen Verwal-tungsbehörden in den Mitgliedsstaaten, die Sichtbarkeit der Kohäsionspolitik zu erhöhen. Dies ist in den einschlägigen Rechtsverordnungen auch so vorgesehen, da Publizitätsmaßnahmen nur dann auf Resonanz bei einem breiteren Publikum stoßen, wenn diese die jeweiligen regionalen und lokalen Besonderheiten berücksichtigen. Aus meiner Sicht kann der Mehrwert der Kohäsionspolitik beson-ders über erfolgreich abgeschlossene Projekte er-folgen; über Projekte, die direkt oder indirekt einen Einfluss auf den Alltag von Menschen haben. In den meisten Fällen ist es sinnvoll, die Projektträger selbst über ihr Projekt sprechen zu lassen. Dies trägt nicht nur zu erhöhter Glaubwürdigkeit bei, son-dern macht die Regionalpolitik auch konkreter und menschlicher. Natürlich dürfen auch Politiker bei Projekteröffnungen nicht vergessen, den Anteil der EU-Regionalpolitik zu würdigen.

Auch die Kommission bemüht sich mit den ihnen zu Verfügung stehenden Mitteln: Auf den Internet-Seiten der Generaldirektion für Regionalpolitik zeigen detaillierte Analysen, wel-che Erfolge die EU-Regionalpolitik in der vergange-nen Förderperiode 2000-2006 erreicht hat http://ec.europa.eu/regional_policy/sources/docgener/evaluation/evaluation_de.htm. Außerdem achten meine Kollegen ganz besonders auf die Einhaltung der Transparenzregeln, insbesondere was die Veröffentlichung aller Begünstigten angeht.

Dazu wurde ein Portal zu allen Begünstigten der EU-Regionalpolitik auf unserer Webseite eingerich-tet http://ec.europa.eu/regional_policy/country/commu/beneficiaries/index_en.htm, die häufig aktualisiert werden muss. Im Rahmen des INFORM-Netzwerks, einem EU-weiten Netzwerk von Publizitätsbeauftragten der Regionalpolitik, ermun-tern wir die Mitgliedsstaaten, bereits existierenden „good practice“-Beispielen anderer Regionen zu folgen und Informationen über Begünstigte und Projekte interessanter aufzubereiten.

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Die Diagnose Krebs darf nur von einem Pathologen gestellt werden und setzt extreme Präzision voraus. Damit eine solche für den Patienten folgenreiche Diagnose auch hundertprozentig richtig ist, muss sie doppelt gecheckt, verglichen und überprüft werden. Bei allein in der Berliner Charité jährlich 60.000 bis 70.000 solcher Fälle, bedeutet dies für die Pathologie eine Menge Arbeit. So sitzt der Pathologe üblicher-weise vor seinem Mikroskop, schaut sich die mikro-skopisch zugeschnittenen Präparate an, vergleicht diese mit anderen Abbildungen von Krebszellen, um dann zu entscheiden: Krebs oder kein Krebs. Natürlich hat ein erfahrener Pathologe eine Menge Bilder im Kopf und kann in vielen Fällen die rich-tige Diagnose stellen. Jedoch ist das menschliche Gedächtnis begrenzt und selbst nach 30-jähriger Tätigkeit muss ein Pathologe auf Hilfen zurück-greifen, um die unendlich vielen Variationen von Tumoren vergleichend erkennen zu können. Griffen Mediziner früher noch auf Atlanten zurück, die sie mühsam nach ähnlichen Zellbildern durchschauen mussten, werden künftig Tumore mit bestimmten Charakteristika vom Rechner automatisch erkannt und als Atlas auf dem Bildschirm zur Abbildung von Tumorerkrankungen zur Verfügung gestellt – dank virtueller Mikroskopie.

Das durch den Europäischen Fonds für regio-nale Entwicklung mit 680.743,25 Euro geförderte Projekt „Virtual Specimen Scout“ (VSS) gilt dabei als bahnbrechende Entwicklung, denn es gilt, alle möglichen Variationen in das Computersystem einzupflegen und dieses schließlich als Pathologie-Suchmaschine zu nutzen. Mediziner aus aller Welt hätten sofort Zugriff auf das System, könnten so erfolgreich vergleichen und eine stichfeste Diagnose stellen. „Das funktioniert in etwa wie Google-Maps, nur dass man dort die ganze Welt auf einem großen Server in den USA hat, während wir die virtuellen Schnitte hier auf einem Server in der Charité haben“, erklärt Projektkoordinator Prof. Dr. Peter Hufnagl. Bereits heute wird die in-novative Methode in der Aus- und Weiterbildung sowie in der Telekonsultation breit genutzt. Längerfristig soll die virtuelle Mikroskopie bzw. das Projekt, welches das Institut der Pathologie an der Charité gemeinsam mit dem Institut für technische

Informatik und Mikroelektronik der TU Berlin sowie den Unternehmen VMscope GmbH und der Nexus/DIS GmbH durchführt, in der alltäglichen klinischen Praxis etabliert werden. „Ziel ist es, diese Methode routinetauglich zu machen und sie in die tägliche Routinediagnostik der Pathologie zu bringen“, er-klärt Hufnagl.

„Das Projekt Virtual Specimen Scout ist ein ge-lungenes Beispiel, wie aus innovativen Verfahren und universitärer For schung in Kooperation mit Unternehmen zukunftsweisende und marktfähige technologische An wendungen generiert wer den können“, betont Wirt schaftssenator Harald Wolf bei der Vorstellung des Projektes in der Cha rité. Auch der anwesen-de Generaldirektor für Regionalpolitik der Euro-päischen Kom mission, Dirk Ahner, ist be geis tert: „Das ist ein Vor zeige pro-jekt ge wor den, auf das die Initiatoren sehr stolz sein können. Und wir freuen uns natürlich, dass wir mit unseren Fördermitteln bei einem solchen Projekt hel-fen können.“

Eine Revolution in der Diagnose von TumorenDer efre unterStütZt wegweiSenDeS beiSpiel Der meDiZin an Der charité

Referenzfallsuche mit VSS.

Der Leiter des Instituts der Pathologie an der Charité, Prof. Dr. Manfred Dietel, übergibt Harald Wolf und Dirk Ahner ein „medizi-nisches Präsent“.

Neuer Fall Diagnostisches Problem Ähnliche Fälle gesucht

Anfrage Referenz-Datenbank Kontextinformation

100.000 GB

50.000 GB

1.000 GB

50 GB

Geschlecht

Organ

Vorbefund

Diagnostischer Pfad

weiblich

Niere

IgA-Nephritis

Diagnostic Region of Interest

Bildanalyse & Klassi�kationGeometrie

TexturFarbe

Kontur

Ergebnisse mitRelevanz

Fall 01 − 96%: 46J, weibl. - IgA ...

Fall 02 − 94%: 54J, weibl. - IgA ...

Fall 03 − 91%: 27J, weibl. - IgA ...

...

.....

Weitere Informationen: www.cv.tu-berlin.de/menue/laufende_pro-jekte/virtual_speci-men_scout/

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Gute Politik im und für den Dienstleistungssektor – das geht uns alle an!

Dienstleistungen sind aus unserem Leben und der Wirt -schaft nicht weg-zudenken. In dustrie baut auf Dienst leis-tungen auf und um-gekehrt. Ebenso ist die Lebens qua lität maßgeblich von der Qualität und der zeitlichen Ver füg-barkeit von Diens t-leistungen abhän-gig. Wir alle sind Nutzerinnen und Nutzer von Dienst-leist ungs arbeit. Zu-dem sind immer mehr von uns selbst Er bringer innen und Er bringer von Dienst leis tungen – ge rade in der Me-tropole Berlin.

Allerdings mangelt es zu oft an Anerkennung und Wertschätzung für die Arbeit in vielen Dienstleistungsbereichen. Denn das „Produkt“ Dienstleistung ist häufig nicht fassbar. Freundlichkeit am Hotelempfang, Einfühlungsvermögen bei der Pflege Kranker oder Alter und Öffnungszeiten bis mit-ten in die Nacht werden selten als Leistung wahrge-nommen. Oft bestimmt zudem der (niedrige) Preis darüber, ob wir eine Dienstleistung für „gut“ befinden. Das Resultat: Die Arbeitsbedingungen und Qualifizierungsmöglichkeiten in vielen Dienstleistungsbereichen sind defizitär. Hier herrscht struktureller Handlungsbedarf. Es sind sowohl die po-litischen als auch die betrieblichen Akteurinnen und Akteure gefordert.

Wertschätzung und Anerkennung für Dienstleistungsarbeit steigern!

Das waren und sind die Ziele eines seit Mai 2009 laufenden Modellprojekts in Berlin, das aus

Mitteln des Europäischen Sozialfonds sowie des Landes Berlin gefördert wird und zwar durch die Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales (Referat Berufliche Qualifizierung). Beteiligt am Projekt sind die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft – ver.di (Landesbezirk Berlin-Brandenburg) und der Deutsche Gewerkschaftsbund – DGB (Bezirk Berlin-Brandenburg). Bei der Umsetzung unterstützt werden sie vom Berliner Beratungsunternehmen Wert.Arbeit GmbH, Berlin.

Die Projektbeteiligten sind sich einig: Um eine optimale Entwicklung der Wirtschaft und Lebensqualität in Berlin zu gewährleisten, müssen der Dienstleistungssektor und seine Beschäftigten (mit) in den Fokus genommen werden. Hier lie-gen, wie in der Industrie, große Potenziale und Herausforderungen für Berlin. Denn qualifizierte Fachkräfte sind auch im Dienstleistungsbereich das A und O für Innovationen, guten Service und Produkte sowie langfristiges Wachstum. Gleichzeitig werden qualifizierte Beschäftigte rar. Deutlich zeigen dies z.B. die Entwicklungen im Gesundheits- und Pflegesektor. Geeignete politische wie betriebliche Konzepte für die (zukünftigen) Herausforderungen sind des-halb dringend notwendig. Die ESF-Förderung er-möglicht Impulse und Anregungen für strukturelle Maßnahmen, die den europäischen Mehrwert ersicht-lich werden lassen.

16 Impulse für innovative Dienst leist ungs -politik in der Metropolregion Berlin

In der ersten Projektphase standen Themen- und Handlungsfelder im Mittelpunkt, die entscheidend für

Von Mechthild Kopel und Annemarie Weber

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PUNKT Januar/Februar 2011 11

die Diskussion um innovative Dienstleistungspolitik für Berlin sind. Dem Leitgedanken „Menschen ma-chen Innovationen“ folgend wurde dazu etwa der Leporello „Das ABC der Dienstleistungen in Berlin“ entwickelt. Er zeigt Beschäftigte aus einzelnen Branchen des Dienstleistungssektors und gibt ihrer Arbeit ein Gesicht. Die Situation und Entwicklung in den Bereichen Wach- und Sicherheitsdienstleistungen sowie -pflegende Dienstleistungen kam in Form von Branchenexpertisen noch einmal gesonderte Aufmerksamkeit zu. Gerade in diesen Bereichen zeigt sich ein starker Wandel der Arbeitsverhältnisse sowie große Defizite, was die Wertschätzung der erbrach-ten Leistungen angeht. Durch den Blick über den Berliner Tellerrand in andere europäische Metropolen (London/ Wien), konnten neue Impulse für die Berliner Diskussion um innovative Dienstleistungspolitik ge-setzt werden. Vor allem die Wiener Erfahrungen und Wege zur Verknüpfung von Dienstleistungs- und Zeitpolitik sowie Fördermöglichkeiten für Unternehmen der „ethnischen Ökonomie“ spielten hierbei eine Rolle.

Die Erfahrungen und Erkenntnisse mün-deten schließlich in „16 Impulse für innovative Dienstleistungspolitik in der Metropolregion Berlin“. Sie sind die handlungspolitischen „Leitlinien“, auf der auch die derzeit gestalteten Aktivitäten aufbauen.

Dienstleistungsqualität, Arbeitsqualität und Zeitinnovationen

Unter der Überschrift „Gesellschaftliche Wertschätzung von Dienstleistungsarbeit stei-gern! Dienstleistungsqualität, Arbeitsqualität und Zeitinnovationen“ werden die Aktivitäten zur Förderung des Dienstleistungssektors seit Juli 2010 in und für Berlin fortgesetzt. Ziel ist, den Zusammenhang und die Wichtigkeit von Arbeitsqualität, Dienstleistungsqualität und Zeitinnovationen für die positive Entwicklung des Berliner Dienstleistungssektors deutlich zu machen und diese Aspekte in die politische Diskussion wie den betrieblichen Alltag von Dienstleistungsunternehmen einzubringen. Hierzu wird es zahlreiche öffentliche Veranstaltungen und Diskussionsrunden geben. Unter ande-rem wird im Frühling 2011 ein Fachdialog zur

Fachkräftesicherung in der Pflege stattfinden. Auch gibt es Aktivitäten auf betrieblicher Ebene. So wer-den in Unternehmen der Pflegebranche sowie des Wach- und Sicherheitsgewerbes Workshops durch-geführt, um Wege und Möglichkeiten für mehr Arbeits- und Servicequalität im betrieblichen Alltag der Beschäftigten auszuloten.

Fest steht für alle Beteiligten an dem Projekt: Die Steigerung der Wertschätzung wie der Wertschöpfung von Dienstleistungen in und für Berlin ist eine Gemeinschaftsaufgabe und grundlegend für die Partizipation in der Weiterbildung. Viel Arbeit, aber auch viel ungenutztes Potenzial liegen dabei noch für Berlin bereit!

Weitere Informationen:Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und SozialesBrigitte FranzReferat II D 2 Berufliche QualifizierungE-Mail: [email protected] Wert.Arbeit GmbH, BerlinGesellschaft für Arbeit, Chancengleichheit und InnovationMechthild KopelE-Mail: [email protected]

GESELLSCHAFTLICHE WERTSCHÄTZUNGVON DIENSTLEISTUNGEN STEIGERN!

DAS GEHT UNS ALLE AN!WENN SIE MEHR WISSEN WOLLEN,

DANN BITTE JETZT DIESEN KREIS HERAUSDRÜCKEN

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Die Gründerwerkstatt der Beuth Hochschule für Technik Berlin ist ein Start-Up-Inkubator, ge-fördert von der Berliner Senatsverwaltung für Wirtschaft, Technologie und Frauen und dem Europäischen Sozialfonds. Die Gründerwerkstatt ist ein Ort für kreative und professionelle Un-ter nehmens gründungen. Studierende so-wie Absolventinnen und Absolventen mit Hauptwohnsitz in Berlin können ihre innovative Geschäftsidee umsetzen. Um international wett-bewerbsfähig zu bleiben, ist Deutschland auf technologiebasierte Unternehmensgründungen angewiesen.

Stipendien und Beratungen für Unternehmensaufbau

In der Gründerwerkstatt erhalten Gründer-innen und Gründer in der Regel als Team 18 Monate lang ein Stipendium über 2.000 Euro und einen Arbeitsplatz mit Internetzugang, der während des Förderzeitraums kosten-

los zur Verfügung steht. Es sollen tatsächliche Gründungen gefördert und keine bestehenden Unternehmen bezuschusst werden.

Die Stipendien werden halbjährlich von der Beuth Hochschule ausgeschrieben, so dass sich in der Gründerwerkstatt parallel Unternehmen in verschiedenen Phasen ihres Gründungsprozesses befinden. Dies ermöglicht einen effizienten Austausch der Teams untereinander. Neben der materiellen Unterstützung bei der Herstellung von Prototypen, bietet die Gründerwerkstatt auch noch zahlreiche Informationsangebote: Beratung durch die Professorinnen und Professoren der Beuth Hochschule, Unter-stützung von Geschäftsanbahnungen und Messeauftritten, betriebswirtschaftliche Beratun-gen beim Unternehmensaufbau sowie die Austauschmöglichkeit mit anderen Gründern.

Der Gründungsprozess wird mit einer Seminarreihe begleitet. Diese führt ein ehe-maliger Unternehmer durch, der aufgrund sei-ner Erfahrungen eine praktische Sichtweise auf die Thematik hat und entsprechend nützliche Hinweise geben kann. Außerdem bietet eine Rechtsanwaltskanzlei Seminare an, zu denen sich die Gründerinnen und Gründer die Themen aus-suchen können. Weitere Seminare befassen sich mit Verkaufstraining. Manche Gründerinnen und Gründer werden von Mitgliedern des Business Angels Club Berlin-Brandenburg e.V. gecoacht.

Austausch zwischen den Gründerteams fördert den Erfolg

Einmal im Monat treffen sich Gründerinnen und Gründer zum Jour Fixe, wo sich in der Regel zwei Teams vorstellen, Fragen beantworten und von den anderen Anregungen und Tipps bekom-men. Der Koordinator der Gründerwerkstatt hält die Teams zur Selbstkritik und Evaluation an. Dadurch ist ein permanenter Austausch zwischen den Gründerteams gesichert. Selbstverständlich fällt am Ende jeder eigenständig seine Entscheidungen.

Die Gründerwerkstatt leistet einen wi ch ti-gen Beitrag zur Unterstützung von techno-logisch orientierten Gründungen aus dem Hochschulbereich in Berlin.

Gründerwerkstatt – Der Weg zum eigenen Unternehmen!

Weitere Informationen:www.beuth-hochschu-le.de/technologie-transferTechnologieTransfer der Beuth Hochschule für Technik Berlin

Dipl. Hdl. Harald JoneleitLuxemburger Str. 1013353 Berlin E-Mail: [email protected]

Senatsverwaltung für Wirtschaft, Technologie und Frauen

Martin-Luther-Straße 105, 10825 BerlinHeike Venzke - III E 1 - Betriebliche ArbeitsförderungE-Mail: [email protected] Die Gründerteams erhalten während der Förderung einen

Arbeitsplatz mit Internetzugang.

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V E R A N S TA LT U N G S B E R I c H T

PUNKT Januar/Februar 2011 13

Auf Einladung der Senatsverwaltung für In-te gration, Arbeit und Soziales nahmen am 1. Oktober 2010 Vertreter von Stadt verwal t-un gen aus Brüssel, London, Paris, Rotterdam, Warschau und Wien sowie der Europäischen Kommission an einem internationalen Erfah-rungsaustausch in Berlin zur Steuerung der Arbeitsmarktpolitik in europäischen Großstädten unter aktiver Beteiligung des Fachpublikums teil.

Metropolen stehen vor besonderen Herausforderungen bei der Gestaltung einer wirksamen Arbeitsmarktpolitik. Effizienz und Nachhaltigkeit ihrer arbeitsmarktpolitischen Strategien und Programme werden dabei wesent-lich von einem ausgewogenen Verhältnis zwischen gesamtstädtischer Steuerung und der lokalen/be-zirklichen Umsetzung der arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen bestimmt, einschließlich transpa-renter Controlling- und Benchmark-Verfahren. Das schließt das wechselseitige Zusammenwirken mit anderen Politikfeldern, insbesondere der Wirtschafts- und der Bildungspolitik sowie das Zusammenwirken mit Unternehmen ein.

Vor dem Hintergrund der aktuellen Umgestaltung der arbeitsmarktpolitischen Strukturen in Deutschland sowie im Kontext der „Strategie Europa 2020“ der Europäischen Kommission verfolgte die Diskussion mit Vertreter/inn/en anderer europäischer Großstädten das Ziel, Erfahrungen darüber auszutauschen, wel-che strategischen Ansätze, Strukturen, Methoden und Instrumentarien sich im Interesse gesamt-städtischer Steuerung bewährt haben, um hieraus Anregungen für die weitere Ausgestaltung der Steuerungsprozesse in Berlin zu gewinnen.

Einleitend wies die Staatssekretärin für Integration und Arbeit, Kerstin Liebich, insbeson-dere auf das Spannungsverhältnis zwischen Bund, dem Land Berlin und den Bezirken hin und betonte, dass die Reform des SGB II in Berlin auch dazu ge-nutzt werden soll, den Einfluss des Landes auf die Ausrichtung der Arbeitsmarktpolitik zu erhöhen, um Berlin noch besser als einen Arbeitsmarkt mit lo-kalen Interessen und Besonderheiten zu gestalten.

Die vorgestellten Erfahrungen zeigten auf lokaler Ebene sowohl Gemeinsamkeiten, z. B.

in der Zielgruppenförderung, verdeutlich-ten gleichzeitig aber auch das breite Spektrum der Zielsteuerungsansätze von primär zentrali-sierten Steuerungsstrukturen wie in Paris und Warschau bis hin zu weitgehend dezentralen Verantwortlichkeiten in London und Rotterdam.

Beispielhaft für erfolgreiche zentrale Ziel-steuerung sei Paris hervorgehoben: Anfang 2008 formulierte die Stadtverwaltung als politisches Ziel,

die Arbeitslosenquote der Stadt deutlich unter die durchschnittliche Arbeitslosenquote Frankreichs zu senken. Für Beschäftigungsförderung wurde ein eigenes Budget der Stadt bereitgestellt (1% des Jahreshaushalts = 70 Mio. €). Das ehrgei-zige Ziel konnte bereits im gleichen Jahr erreicht und bis heute gehalten werden. Ein wesentliches Umsetzungsinstrument ist die aktive Einbeziehung von Arbeitgebern auf Jobbörsen, die alle drei Tage (!) stattfinden.

In Rotterdam werden z.B. Hospitationen von Mitarbeiter/inne/n als ein Instrument zur Vereinheitlichung, Vereinfachung und letzt-lich Zertifizierung von Bearbeitungsprozessen genutzt, um mehr Zeit für die Arbeit mit den Betroffenen zu gewinnen. Die Umsetzung der Strukturreformen in Berlin wird begleitet sein von weiteren Diskussionen um Zielvereinbarungen, um Steuerung und Erfolgsindikatoren. Es ist beab-sichtigt, im nächsten Jahr weitere internationale Erfahrungsaustausche durchzuführen.

Die Tagungsergebnisse werden in Kürze in einer Dokumentation veröffentlicht. Diese kann über die Europa-Agentur der BBJ Consult AG: [email protected] kostenfrei bezogen werden.

Fachgespräch: Wie organisieren europäische Metropolen ihre Arbeitsmarktpolitik ?

Weitere Informationen:Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und SozialesKarin ReichertOranienstraße 10610969 BerlinE-Mail: karin.reichert@ senias.berlin.de

BBJ consult AG – Europa-AgenturDr. Karla HahnHerzbergstr. 8310365 BerlinTel: 5505 1300 E-Mail: [email protected]

Gruppenfoto der Teilnehmer des

Erfahrungsaustausches.

Von Karin Reichert und Dr. Karla Hahn

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A U F D E N P U N K T

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Die diesjährigen Deutschen Gründer- und Unternehmenstage (deGUT) waren ein voller Erfolg.

Am letzten Oktoberwochenende strömten beinahe 6.000 Menschen zu der Messe. Sie nutzten die Chance, in persönlichen Kontakt zu Gleichgesinnten, Förderern sowie Mentoren zu treten. 120 Austeller boten

Beratung an und luden zum Wissens- und Erfahrungsaustausch ein. Vor allem das Seminar- und Workshopprogramm wurde begeistert angenommen. Es orientierte sich an den drei Phasen der Unternehmensgründung: Planen, Gründen, Wachsen. Einige Angebote richteten sich speziell an Gründerinnen und Gründer mit Migrationshintergrund. Höhepunkte waren auch die Dis-kussionsrunden mit erfolgreichen Unternehmerinnen und Unternehmern

sowie die Präsentation der vom EFRE-geförderten Unternehmen „sofa-tutor GmbH“ und „checkitmobile GmbH“. In ihrem 26. Jahr hat sich

die deGUT zu einer der wichtigsten Messen für Existenzgründung und Unternehmertum in Deutschland entwickelt.

Rückblick auf die deGUT

Die Wirtschaftkrise trifft junge Menschen besonders hart, das geht aus dem kürzlich erschienenen Bericht „Beschäftigung in Europa“ hervor. Demnach ist die Zahl der 15- bis 24-Jährigen mit einem Ar-beitsplatz seit Beginn der Krise um 11,4 Prozent gesunken. Gründe dafür sind befristete Arbeitsverträge und Beschäftigungsverhältnisse in krisen-anfälligen Branchen. Dennoch blieb die Erwerbstätigkeitsquote junger Menschen in den Jahren 2008/2009 stabil und lag um die 46 Prozent. Der Bericht folgerte, dass alle europä-ischen Arbeitsmärkte verändert aus der Krise hervorgehen werden.

Wirtschaftskrise trifft junge Menschen besonders hart

KMU, die nach China expor-tieren und investieren möch-ten, haben seit Kurzem einen Ansprechpartner. Denn die EU-Kommission eröffnete in Peking ein Zentrum für kleinere und mittlere Unternehmen der EU, kurz EU-KMU-Zentrum. Es steht den europäischen Unternehmen mit Informationen, Rat und Ausbildung aber auch Geschäftspartnervermittlung zur Seite und öffnet ihnen somit das Tor nach China. Wachstum über die heimischen Märkte hinaus ist für die Wettbewerbsfähigkeit der KMU wesentlich.

Kommission unterstützt Geschäftsanbahnung

mit china

Besucher informieren sich am EFRE-Stand.

Seit Januar 2011 hat Ungarn die EU-Ratspräsidentschaft übernommen. Mehr Infos: http://www.eu2011.hu/de

Im Mai 2011 ist eine Berliner ESF-Veranstaltung zum Thema „Ar-beitsmarkt und Integration von Migranten im Zusammenhang mit der Fachkräftesicherung“ geplant.

Die Berliner Se nats verwaltung für Wirtschaft, Te ch nologie und Frauen bittet noch bis Ende Februar um Beteiligung an einer Be fragung zur Ver besserung des Internetauftritts. www.berlin.de/sen/strukturfonds/oeff_arbeit/befragung_web.php

Kurz & Knapp

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A U F D E N P U N K T

PUNKT Januar/Februar 2011 15

Die EU-Kommission fördert seit Langem die Freiwilligentätigkeit als zentrales Element der ak-tiven Bürgerschaft. Nun wurde 2011 zum „Europäischen Jahr der Freiwilligentätigkeit“ ernannt, um die Möglichkeiten der Bürger be teiligung zu verbessern.

Ziel des Europäischen Jahres ist es, günstigere Rahmenbedingungen für die Freiwilligentätigkeiten zu schaffen.

Außerdem sollen die Qualität der Tätigkeiten sowie ihre sozi-ale Anerkennung verbessert wer-den. Ziel ist es, die Öffentlichkeit für die enorme Bedeutung der aktiven Bürgerschaft zu sensibilisieren; nati-onale und EU-weite Programme sol-len dazu beitragen. Das Europäische Parlament hat zu diesen Zweck Mittel in Höhe von insgesamt 11 Millionen Euro genehmigt. Mehr Informationen zum Europäischen Jahr erhalten Sie hier:http://europa.eu/volunteering/de

2011 zum Europäischen Jahr der

Freiwilligentätigkeit ernannt Ende November legte EU-

Handelskommissar Karel De Gucht einen Entwurf für die EU-Handels-politik der nächsten fünf Jahre vor. Er beabsichtigt, Handelshemmnisse ab-zubauen, die globalen Märkte zu öff-nen und faire Handelsbedingungen für die europäische Wirtschaft durch-zusetzen. Die Vorteile des Handels sollen bei Europas Bürgerinnen und Bürgern ankommen. Deshalb hebt das Strategiepapier den Nutzen des Warenaustausches für Europa her-vor. De Gucht erklärte dazu: „Handel sichert Wachstum und Arbeitsplätze und trägt so zum wirtschaftli-chen Aufschwung Europas bei.“ Insbesondere sollen zukünftig die Handelsbeziehungen mit Staaten wie Indien, Argentinien oder Brasilien gestärkt werden. Für die neue Stra-tegie wurde eine Umfrage zur EU-Handelspolitik konsultiert. Demnach glaubt die Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger, europäische Produkte und Dienstleistungen könnten auf dem internationalen Markt bestehen. Zwei Drittel meinen, dass die EU vom Handel mit anderen Staaten profitiert.

Besonders Außenhandel soll Europas Wirtschaft ankurbeln

Nachdem die europäische Wirtschaft zuletzt aufgrund der Finanzkrise strau-chelte, gewinnt sie nun endlich wie-der an Fahrt. Die Herbstprognose der EU-Kommission zeichnet eine posi-tive Entwicklung. EU-weit steigt das Bruttoinlandsprodukt und sinkt die Neuverschuldung. Deutschland ge-

hört dabei zu den wachstumsstärksten Ländern. Doch der Aufschwung ver-läuft unausgewogen. Die Fortführung der Haushaltskonsolidierung und Strategien der Wachstumsförderung sind als Grundlage für Wachstum und Arbeitsplätze immer noch von großer Bedeutung.

EU-Wirtschaft gewinnt an Fahrt

Auf einer gemeinsamen Fach-tagung der Senatsverwaltung für In-te gration, Arbeit und Soziales und der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Technologie und Frauen sowie unter Mitwirkung Brandenburgs wurden am 2. und 3.  Dezember 2010 in Ber-lin mögliche Auswirkungen der ab Mai 2011 in Kraft tretenden Arbeit-nehmerfreizügigkeit für die Region Berlin/Brandenburg mit Experten aus Dänemark, Groß britannien, Lett-land, Litauen, Österreich, Polen, Schweden und Vertretern europäischer Institutionen sowie einem breiten Fachpublikum diskutiert.

Im Mittelpunkt standen die Er fahrungen anderer EU-Staaten mit der Aufnahme bzw. Entsendung von Arbeitnehmern und die deutschen Erwartungen an die Arbeitsmigration aus den neuen Mitgliedsländern.

Fazit: Die Auswirkungen der Ar-beit nehmerfreizügigkeit auf die Ar beits märkte der aufnemenden Länder sind eher gering, die Auswirkungen auf das Wirtschaftswachstum insgesamt positiv zu bewerten.

Im Weiteren wurden vertie-fend zentrale Fragestellungen, wie die Sicherung der erforderlichen Rahmenbedingungen – insbesondere zur Verhinderung von Lohndumping und der Verschlechterung von Arbeitsbedingungen, mögliche Konse-quenzen für die Fachkräftesicherung in der Region sowie Anforderungen an die Gestaltung der Arbeitsmarktpolitik und Strukturfondsförderung nach 2013 er-örtert. Die Tagungsergebnisse werden demnächst in einer Dokumentation veröffentlicht.

Fachtagung „Arbeit nehmerfreizügigkeit

und Gute Arbeit – ein Widerspruch?“

zu verbessern.

Der Sinneswandel ist beachtlich, da die Europäische Kommission Deutschland noch vor kurzem vor-warf, dass es Europa schadet, so stark auf Außenhandel zu setzen.

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S c H L U S S P U N K T

Sc h l u S S p u n k t

Zwei landwirtschaftliche Betriebe beantragten für das Jahr 2008 Förderungen aus dem Europäischen Garantiefonds für die Landwirtschaft (EGFL) und dem Europäischen Landwirtschaftsfonds (ELER) und erhielten entspre-chende Agrarbeihilfen. Laut

Rechtsvorschrift der Europäischen Union müs-sen Empfänger von Fördermitteln aus den eu-ropäischen Landwirtschaftsfonds Daten wie Name, Wohnort mit Postleitzahl und Höhe der Jahresbeiträge angeben, die schließlich auf der Internetseite der Deutschen Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung veröffentlicht wer-den. Die Betreiber der anfangs erwähnten beiden landwirtschaftlichen Betriebe sahen darin einen nicht gerechtfertigten Eingriff in das Grundrecht auf Schutz der personenbezogenen Daten, klag-

ten und beantragten beim Verwaltungsgericht Wiesbaden, dass ihre Daten nicht veröffentlicht werden. Das nationale Gericht ersuchte anschlie-ßend den Europäischen Gerichtshof, die Gültigkeit der Rechtsvorschrift der EU zu prüfen. Dieser gab den Klägern Recht und urteilte nun, dass die Veröffentlichung der entsprechenden Daten eine Verletzung des Rechts auf Achtung des Privatlebens und auf Schutz personenbezogener Daten sei – die Vorschriften der Verordnung seien damit ungültig. Mit Hinweis auf die bereits erfolgte große Zahl von Veröffentlichungen personenbezogener Daten an-derer Mittelempfänger hält der Gerichtshof jedoch fest, dass Daten, die vor diesem Urteil veröffentlicht wurden, nicht in Frage gestellt werden dürften.

Zu Re c h t b e f R a g t

urteil DeS europäiSchen gerichtShofS in Den rechtSSachen

§Europäischer Gerichtshof stärkt Datenschutz

2011 werden das finnische Turku und das est-nische Tallinn den Titel „Kulturhauptstadt Europas“ tragen. Die beiden nordeuropäischen Städte tre-ten damit die Nachfolge von Essen, Istanbul und Pécs an. Die Ernennung soll die Vielfalt und den Reichtum des kulturellen Erbes in Europa heraus-

stellen. Seit 2009 werden jährlich zwei Städte der Europäischen Union zur Kulturhauptstadt benannt – jeweils eine aus den neuen und eine aus den alten Mitgliedsstaaten. Zusätzlich können auch Städte aus Nicht-Mitgliedsstaaten den Titel erhalten. Das Motto in Tallinn wird 2011 „Geschichten am Meer“ lauten. Turku, Finnlands älteste Stadt, verspricht sich von der Kulturinitiative einen wirtschaftlichen Aufschwung. Denn „Kultur heilt“. 2012 werden zwei Städte in Portugal und Slowenien „Europäische Kulturhauptstadt“ sein: Guimarães und Maribor.

Turku bei Nacht.

Turku und Tallinn sind Kulturhauptstädte 2011brücKenSchlag über Die oStSee wecKt hohe erwartungen

Das Urteil könnte Auswirkungen auch auf ESF und EFRE haben (die auch dort veröffentlichen Verzeichnisse der Begünstigten), derzeit sind diese aber noch nicht absehbar.

Sie wollten schon immer Ihre Meinung zum Magazin der PUNKT äußern? Die Redaktion inte-ressiert sich sehr für Ihre Meinung und Kritik und bittet Sie, uns diese mitzuteilen. Bitte schicken Sie Ihre Mail an [email protected]

Tallinn:www.tallinn2011.ee/engTurku:www.turku2011.fi/en