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148 Geographische Kommission für Westfalen Gebiet und Identität Naturraum Bevölkerung Siedlung Wirtschaft und Verkehr Bildung, Kultur und Sport Gesellschaft und Politik Das Universitätsklinikum Münster – eines der größten und modernsten Klinikzentren Deutschlands mit wechselvoller Geschichte Oberzentrale Bedeutung des Gesund- heitswesens in Münster Dem Gesundheitswesen in der Stadt Münster kommt – mit den überaus zahl- reichen Arztpraxen, Krankenhäusern und Kliniken – eine herausragende oberzentrale Bedeutung zu. Nach dem „Krankenhaus Rating Report 2008“ des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung (Essen) zählen in Nordrhein-Westfalen das Ruhrgebiet so- wie die Städte Münster und Bonn zu den zehn am stärksten frequentier- ten Gesundheitszentren Deutschlands. „Nach Bonn seien rund 73 000 Men- schen aus ganz Deutschland für eine Behandlung gereist, nach Münster etwa 67 000“ (MZ, 13.03.2008); in der Rang- folge belegt Bonn den sechsten, Müns- ter den siebten Platz in Deutschland. Unter den münsterschen Krankenhäu- sern und Fachkliniken nimmt das west- lich der Innenstadt gelegene Universi- tätsklinikum Münster (UKM) eine besondere Stellung ein. Das UKM: herausragende Merkmale und Standortverteilung Das UKM zählt mit seinen rd. 7 200 Beschäftigten (aus 62 Nationen), jähr- lich ca. 46 000 stationär behandelten Patientinnen und Patienten sowie rd. 1 300 Betten zu den größten Kliniken Deutschlands. Der Einzugsbereich geht weit über die Stadtregion Münster und das Münsterland hinaus. Das UKM ver- sorgt nicht nur alle Bereiche der moder- nen Medizin, sondern zeichnet sich – u. a. durch die enge Verzahnung mit der großen Medizinischen Fakultät der Westfälischen Wilhelms-Universität (WWU) Münster in Theorie und Praxis durch eine Reihe herausragender Behandlungs- und Forschungsschwer- punktbereiche aus. Dies sind die Entzün- dungs- und Transplantationsmedizin, Herz- und Gefäßmedizin, Neuromedi- zin, Regenerative Medizin und Repro- duktionsmedizin sowie die Tumor- medizin, womit „das UKM zu den füh- renden medizinisch-therapeutischen Zen- tren in Europa [zählt]“ (UKM 2010). Das UKM ist im münsterschen Stadtbild sowie auch im Stadtumland von weitem durch die beiden 60 m hoch aufragenden sog. Bettentürme des Zen- tralklinikums als „Landmarken“ sichtbar (Abb. 1). Zugleich ist es größter Arbeit- geber der Stadt. Das Gesamtausmaß der heutigen räumlichen Standortverteilung der zum UKM zählenden zahlreichen Einzelkliniken und ihrer Stationen, der mit dem UKM eng verzahnten Einrich- tungen der Medizinischen Fakultät und weiterer Dienstleistungen konnten in der Übersichtskarte (Abb. 2) nur angedeutet werden (vgl. UKM 2010 mit großmaß- stäbiger Karte u. Aufführung aller Ein- richtungen des UKM). Die Abbn. 1 und 2 zeigen, dass die zahlreichen UKM- Gebäude, die z.T. östlich, größtenteils jedoch westlich des heutigen zweiten Tangentenrings (hier: Kardinal-von- Galen-Ring/Rishon-le-Zion-Ring/Orle- áns-Ring, oben rechts in Abb.1) gelegen sind, einen großen Raum im Westen der Innenstadt einnehmen. Das sog. Zentral- klinikum, gegliedert in mehrere größere Baukörper, hebt sich auch im Stadt- grundriss besonders hervor. Wechselvolle Vorgeschichte Das UKM hat eine wechselvolle Vorge- schichte und Entwicklung erfahren, die eng mit der Chronik der Medizinischen Fakultät verbunden sind. Bereits im Jah- re 1774 – noch vor der ersten offiziellen Universitätsgründung in Münster (1780) – hielt ein Dozent Vorlesungen in Anato- mie, Chirurgie und Geburtshilfe. Mit der Schließung der Universität im Jahre 1818 zu Beginn der preußischen Zeit zugunsten einer Rheinischen Universität in Bonn wurde jedoch auch die Medizi- nische Fakultät in Münster aufgelöst. Allerdings konnte bereits 1821 eine Chirurgenschule als Ausbildungsstätte für Wundärzte mit 12 Betten in der zum Wohnhaus umgebauten Kirche des Kla- rissenklosters in der Altstadt (Stubengas- se) gegründet werden, die 1830 den Rang einer Medizinisch-Chirurgischen Lehranstalt erhielt (WN, 13.05.2000). Eine neue Medizinalverfassung von 1849 bewirkte jedoch die Schließung dieser Lehranstalt, so dass in Münster die Medizinerausbildung für mehr als ein halbes Jh. zum Erliegen kam (ebd.). Von der Gründung der Medizinischen Fakultät zum Zentralklinikum Erst 1905 – drei Jahre nach Neugrün- dung der Universität (WWU) – entstand eine neue medizinisch-propädeutische Abb. 1: Das Universitätsklinikum Münster (UKM) mit dem in meh- rere Gebäudekomplexe gegliederten Zentralklinikum (Bildmitte) und östlich gelegenen älteren Klinikgebäuden (oben rechts). Links oben: u. a. Gebäude des naturwissenschaftlichen Zentrums und die Mensa der Universität (Foto: B. FISCHER, Presseamt Stadt Münster) Stand: 2010

Das Universitätsklinikum Münster – eines der größten und ... · Abb. 1: Das Universitätsklinikum Münster (UKM) mit dem in meh- rere Gebäudekomplexe gegliederten Zentralklinikum

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148 Geographische Kommission für Westfalen

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Das Universitätsklinikum Münster –eines der größten und modernsten Klinikzentren Deutschlandsmit wechselvoller Geschichte

Oberzentrale Bedeutung des Gesund-heitswesens in MünsterDem Gesundheitswesen in der StadtMünster kommt – mit den überaus zahl-reichen Arztpraxen, Krankenhäusernund Kliniken – eine herausragendeoberzentrale Bedeutung zu. Nach dem„Krankenhaus Ra ting Report 2008“des Rheinisch-Westfälischen Instituts fürWirtschaftsforschung (Essen) zählen inNordrhein-Westfalen das Ruhrgebiet so -wie die Städte Münster und Bonn zuden zehn am stärksten frequentier-ten Gesundheitszentren Deutschlands.„Nach Bonn seien rund 73 000 Men-schen aus ganz Deutschland für eineBehandlung ge reist, nach Münster etwa67 000“ (MZ, 13.03.2008); in der Rang-folge belegt Bonn den sechsten, Müns -ter den siebten Platz in Deutschland.Unter den münsterschen Krankenhäu-sern und Fachkliniken nimmt das west-lich der Innenstadt gelegene Universi-tätsklinikum Münster (UKM) einebesondere Stellung ein.

Das UKM: herausragende Merkmaleund StandortverteilungDas UKM zählt mit seinen rd. 7 200Beschäftigten (aus 62 Nationen), jähr-lich ca. 46 000 stationär behandeltenPatientinnen und Patienten sowie rd.1 300 Betten zu den größten KlinikenDeutschlands. Der Einzugsbereich gehtweit über die Stadtregion Münster unddas Münsterland hinaus. Das UKM ver-sorgt nicht nur alle Bereiche der moder-nen Medizin, sondern zeichnet sich –u. a. durch die enge Verzahnung mit dergroßen Medizinischen Fakultät derWestfälischen Wilhelms-Universität(WWU) Münster in Theorie und Praxis– durch eine Reihe herausragenderBehandlungs- und Forschungsschwer-punktbereiche aus. Dies sind die Entzün-dungs- und Transplantationsmedizin,Herz- und Gefäßmedizin, Neuromedi-zin, Regenerative Medizin und Repro-duktionsmedizin sowie die Tu mor-medizin, womit „das UKM zu den füh-renden medizinisch-therapeutischen Zen -tren in Europa [zählt]“ (UKM 2010).

Das UKM ist im münsterschenStadtbild sowie auch im Stadtumlandvon weitem durch die beiden 60 m hochaufragenden sog. Bettentürme des Zen-

tralklinikums als „Landmarken“ sichtbar(Abb. 1). Zugleich ist es größter Arbeit-geber der Stadt. Das Gesamtausmaß derheutigen räumlichen Standortverteilungder zum UKM zählenden zahlreichenEinzelkliniken und ihrer Stationen, dermit dem UKM eng verzahnten Einrich-tungen der Medizinischen Fakultät undweiterer Dienstleis tungen konnten in derÜbersichtskarte (Abb. 2) nur angedeutetwerden (vgl. UKM 2010 mit großmaß-stäbiger Karte u. Aufführung aller Ein-richtungen des UKM). Die Abbn. 1 und2 zeigen, dass die zahlreichen UKM-Gebäude, die z.T. östlich, größtenteilsjedoch westlich des heutigen zweitenTangentenrings (hier: Kardinal-von-Galen-Ring/Rishon-le-Zion-Ring/Orle-áns-Ring, oben rechts in Abb.1) gelegensind, einen großen Raum im Westen derInnenstadt einnehmen. Das sog. Zentral-klinikum, gegliedert in mehrere größereBaukörper, hebt sich auch im Stadt-grundriss besonders hervor.

Wechselvolle VorgeschichteDas UKM hat eine wechselvolle Vorge-schichte und Entwicklung erfahren, dieeng mit der Chronik der Medizinischen

Fakultät verbunden sind. Bereits im Jah-re 1774 – noch vor der ersten offiziellenUniversitätsgründung in Münster (1780)– hielt ein Dozent Vorlesungen in Anato-mie, Chirurgie und Geburtshilfe. Mit derSchließung der Universität im Jahre1818 zu Beginn der preußischen Zeitzugunsten einer Rheinischen Universitätin Bonn wurde jedoch auch die Medizi-nische Fakultät in Münster aufgelöst.Allerdings konnte bereits 1821 eineChirurgenschule als Ausbildungsstättefür Wundärzte mit 12 Betten in der zumWohnhaus umgebauten Kirche des Kla-rissenklosters in der Altstadt (Stubengas-se) gegründet werden, die 1830 denRang einer Medizinisch-Chi rurgischenLehranstalt erhielt (WN, 13.05.2000).Eine neue Medizinalverfassung von1849 bewirkte jedoch die Schließungdieser Lehranstalt, so dass in Münsterdie Medizinerausbildung für mehr alsein halbes Jh. zum Erliegen kam (ebd.).

Von der Gründung der MedizinischenFakultät zum ZentralklinikumErst 1905 – drei Jahre nach Neugrün-dung der Universität (WWU) – entstandeine neue medizinisch-propädeutische

Abb. 1: Das Universitätsklinikum Münster (UKM) mit dem in meh-rere Gebäudekomplexe gegliederten Zentralklinikum (Bildmitte)und östlich gelegenen älteren Klinikgebäuden (oben rechts). Linksoben: u. a. Gebäude des naturwissenschaftlichen Zentrums und dieMensa der Universität (Foto: B. FISCHER, Presseamt Stadt Münster)

Stand: 2010

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WESTFALEN REGIONAL

Universitätsklinikum Münster

Abteilung. Der Bau der ab 1913 geplan-ten Klinikanlagen kam wegen des ErstenWeltkriegs zum Erliegen; erst im Jahre1925 konnten die Klinikbauten fertiggestellt und offiziell die MedizinischeFakultät der WWU gegründet werden(WEIßGERBER 1926). Aufgrund der Zer-störung großer Teile des Klinikums wur-de die Medizinische Fakultät währenddes Zweiten Weltkriegs vorübergehendnach Bad Salzuflen verlagert (MZ,11.05.2000). Nach der Wiedereröffnungder Medizinischen Fakultät in Münsterim November 1945 folgte „eine beispiel-lose Blütezeit“, in der – neben der Besei-tigung der Kriegszerstörungen – „etlicheNeubauten entstanden und zahlreicheneue Kliniken und Institute gegründetwurden“ (ebd.; zur Baugeschichte vgl.im Einzelnen J. NIEMER 2010). Bereitsim Jahre 1962 wurde ein internationalerPlanungswettbewerb für den Bau einesGroßklinikums ausgeschrieben; erst1971 (nach Verabschiedung des Hoch-schulbaugesetzes NRW von 1969) konn-te mit dem Rohbau begonnen werden.Im Juni 1982 wurde das neue sog. Zen-tralklinikum offiziell eröffnet.

Durch den gut eine Mrd. DM teurenNeubau des Zentralklinikums (einschl.Zentralgebäude, Versorgungszentrum,

Lehrgebäude etc.) wurde das UKMnicht nur zu eine der größten, sondernauch der modernsten Kliniken Deutsch-lands, obwohl die Architekten (WEBER,BRAND und Partner), die zur gleichenZeit auch die Universitätskliniken inAachen betreuten, in ihrem Entwurfzunächst sogar vier anstelle der zweierrichteten Bettentürme geplant hatten.Aufgrund der hohen Neubaukosten fürdas Zentralklinikum blieb die Moderni-sierung des alten Klinikteils zunächstüberfällig. Noch nicht einmal 25 Jahrespäter wurde sogar die Existenz desZentralklinikums wegen hoher Moder-nisierungs- bzw. Sanierungs- und Ener-giekosten in Frage gestellt (W. SCHE-MANN 2005). Anfang 2007 beschlossder Aufsichtsrat des UKM eine grund-legende Modernisierung der Bettentür-me und die Errichtung eines größerenErweiterungsbaus auf dem Gelände derheutigen Parkpaletten unmittelbar nörd-lich des Zentralklinikums. In diesenNeubau sollen fast alle Kliniken, diebislang in separaten älteren Gebäudenuntergebracht sind, als Einrichtungenmoderner Hochleis tungsmedizin unter-gebracht werden.

Künftig soll die Effizienz des UKMdurch Gliederung in neue Zentren wei-

ter verbessert werden (VÖLKER 2007).Diese ehrgeizigen Ziele des UKM-Umbaus werden 2010 durch einen bau-lichen Masterplan konkretisiert. Bishe-rige Kostenschätzungen liegen bei biszu 390 Mio. €. Dem übergeordnetenZiel des Umbauprogramms, nämlich derZentralisierung und zugleich besserenVernetzung von Forschung, Lehre undKrankenversorgung, wurde im Frühjahr2010 – quasi als vorgezogener Beginndes 10-Jahres-Masterplans – mit derVorbereitung des Ausbaus eines hoch-modernen sog. PAN-Zentrums (Zusam-menschluss von Pathologie, Anatomieund Neuropathologie) am VesaliuswegRechnung ge tragen. Das UKM mit sei-ner – auch überregional wirksamen –Spitzenversorgung im Gesundheitswe-sen profitiert nicht nur von der großenMedizinischen Fakultät der Universität,sondern u. a. auch von den Synergie -effekten mit benachbarten hochmoder-nen Forschungs- und Entwicklungsein-richtungen, wie z. B. dem 2007 in derNähe der Hautkinik neu eröffnetenMax-Planck-Institut für molekulareBiomedizin.

HEINZ HEINEBERG

Abb. 2: Übersichtsplan des Universitätsklinikums Münster (UKM) (Quelle: UKM, verändert)

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