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Der Beitrag der Brandenburger Heimatmuseen zur
Aufarbeitung der DDR-Geschichte
Expertise für die Enquete-Kommission des Brandenburger Landtags
„Aufarbeitung der Geschichte und Bewältigung von Folgen der SED-
Diktatur und des Übergangs in einen demokratischen Rechtsstaat im
Land Brandenburg“
Stefan Wolle
Frankfurt (Oder) 2012- korrigierte Fassung_Ausgabe 23. Mai 2012 -
Inhalt
Erster Teil
Die Museen im Land Brandenburg und die DDR-Geschichte 5
Überblick über die gegenwärtige Brandenburger Museumslandschaft 5
Frühere Umfragen und Datenerhebungen 6
Funktion der Museen in der Brandenburger Kulturlandschaft 9
Museumsverband des Landes Brandenburg e.V. 11
Dokumentationszentrum DDR-Alltagskultur e.V. 14
Haus der Brandenburgisch-preußischen Geschichte 16
Zweiter Teil
Konzeptionelle Leitfragen 19
DDR-Geschichte in den Heimat-, Stadt- und Regionalmuseen 19
Die Grundlagen der Entstehung der gegenwärtigen Museumslandschaft 22
Was erwartet der Besucher vom Museum? 26
Wie soll DDR-Geschichte dargestellt werden? 28
Auswahl der Exponate in DDR-Ausstellungen 29
Dritter Teil
Einzelne Einrichtungen 32
Auswahl- und Bewertungskriterien 32
Stadtmuseum im Frey-Haus in Brandenburg an der Havel 35
Stadtmuseum Cottbus 37
Städtisches Museum Eisenhüttenstadt 40
Museum und Galerie Falkensee 42
Museum Viadrina Frankfurt (Oder) 44
Städtisches Museum Fürstenwalde Spree 46
Museum Mönchskloster Jüterbog 49
Oderlandmuseum Bad Freienwalde 51
Stadt- und Regionalmuseum Lübben 52
Niederlausitz-Museum Luckau 53
Heimatmuseum Luckenwalde 56
Stadt- und Technikmuseum Ludwigsfelde 59
Heimatmuseum Müllrose 63
Städtisches Museum Schwedt (Oder) 66
Museum Dahme 67
Wertung und Vergleich 67
Vierter Teil
Verschiedene Grundkonzeptionen der Darstellung von DDR-Geschichte 69
Varianten der Darstellung von DDR-Geschichte in den Heimatmuseen 69
Variante 1: Präsentation der SBZ/DDR als abschließenden Teil einer chronologisch
strukturierten Gesamtdarstellung 71
Variante 2: Exemplarische Darstellung der DDR anhand verschiedener lokal bedeutsamer
Themen 72
Variante 3: Integration der DDR-Geschichte in eine thematisch strukturierte
Dauerausstellung 75
3
Variante 4: Darstellung der DDR im Rahmen eines in sich geschlossenen
Schwerpunktthemas unter Verzicht auf andere Aspekte der DDR-Gesellschaft 78
Variante 5: Konzentration der SBZ/DDR-Darstellung auf einen Ort des Gedenkens 80
Fünfter Teil
Einzelne Problemkreise 83
Schwierigkeiten der inhaltlichen Positionsbestimmung 83
Zusammenarbeit mit Schulen, Schülerprojekte und museumspädagogische
Begleitprogramme 86
Zusammenarbeit mit den Kommunen 88
Sonderausstellungen 96
Sammeltätigkeit 99
Foto- und Filmsammlungen 100
Öffentlichkeitsarbeit und Publikationstätigkeit 102
Anhang 106
Thesen zur Aufarbeitung der DDR-Geschichte in den Brandenburger Heimatmuseen 106
Liste der Mitglieder des Museumsverbandes Brandenburg e.V. 109
Literaturverzeichnis 115
Danksagung 119
Zur Person 120
4
Erster Teil
Die Museen im Land Brandenburg und die DDR-
Geschichte
Überblick über die gegenwärtige Brandenburger Museumslandschaft
In den vergangenen zwei Jahrzehnten ist in Brandenburg eine vielfältige, moderne und
attraktive Museumslandschaft entstanden. Museen erfreuen sich wachsender öffentlicher
Aufmerksamkeit und steigender Beliebtheit bei den Besuchern. Trotz aller
Finanzierungsschwierigkeiten steigt ihre Zahl stetig an. Ende der neunziger Jahre gab es einen
regelrechten Gründungsboom mit etwa 200 neuen Museen. Ihre Gesamtzahl erhöhte sich bis
2001 dadurch auf über 350 Einrichtungen.1 Die Welle der Neugründungen ist inzwischen
abgeebbt. Dennoch gab es auch in den letzten Jahren Museumsgründungen. Der gedruckte
Museumsführer des Museumsverbandes des Landes Brandenburg aus dem Jahr 2009 stellt
über 400 Einrichtungen der unterschiedlichsten Art vor.2 Im Entwurf der „Kulturpolitischen
Strategie 2012“ des Brandenburger Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kultur ist
von etwa 400 Museen die Rede.3 Nach einer anderen aktuellen Zählung sind es gegenwärtig
423 Museen.4 Weitere Museumsprojekte sind in Vorbereitung. Vom Museumsverband
werden drei aktuelle Projekte genannt. Hinzu kommt das Potsdam-Museum – Forum für
1 Gabi Förder-Hoff: Museen im Umbruch, in: Museumsblätter. Mitteilungsblätter des Museumsverbandes Brandenburg, Heft 3, (Dezember 2003), S. 14. 2 Museen in Brandenburg, hrsg. vom Museumsverband des Landes Brandenburg, Berlin 2009; Susanne Köstering: Museumsentwicklungskonzeption für das Land Brandenburg, in: Museumsblätter. Mitteilungsblätter des Museumsverbandes Brandenburg, Heft 14 (Juli 2009), S. 10.3 Kulturpolitische Strategie 2012 des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Brandenburg, (Entwurf vom 12. Februar 2012), S. 15.4 Paul Simmang: Die Darstellung der DDR in den Museen Brandenburgs, erstellt von der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur, Berlin 2011.
5
Geschichte und Kultur, das in diesem Jahr mit einer Sonderausstellung seine Neueröffnung
begehen wird.
Etwa 150 Einrichtungen sind gegenwärtig Mitglied des Museumsverbandes des Landes
Brandenburg e.V., dem Dachverband der Museen des Landes. Auf der Website des
Museumsverbandes werden 168 Einrichtungen mit einem kurzen Informationstext vorgestellt.
5 Die Differenz entsteht dadurch, dass einige Einrichtungen organisatorisch unter einem Dach
zusammen gefasst sind. Die Vorstellungstexte und die anderen Informationen stammen in der
Regel von den Leitern der Museen. Insgesamt vermittelt die Website des Museumsverbandes
einen guten Eindruck von der Vielfalt der Brandenburger Museumslandschaft. Es fällt
allerdings auf – um es an dieser Stelle vorweg zu nehmen – dass der DDR-Aspekt bei den
Kurzanzeigen oft selbst da unter den Tisch fällt, wo die Museen in ihren Dauerausstellungen
die Geschichte der DDR integrieren. Möglicherweise halten viele Museumsleiter die
Auseinandersetzung mit der DDR-Geschichte immer noch für so wenig publikumswirksam,
dass sie in der öffentlichen Selbstdarstellung auf dieses Thema verzichten.
Frühere Umfragen und Datenerhebungen
Die vorliegende Studie über den Anteil der Brandenburger Heimatmuseen an der DDR-
Aufarbeitung musste nicht beim Nullpunkt beginnen. Bereits 1995 hat der Museumsverband
Brandenburg e.V. eine „Bestandsaufnahme Museen und Sammlungen – Empfehlungen des
Landes Brandenburg“ anfertigen lassen.6 Sie enthielt auch Handlungsempfehlungen für die
Neugestaltung der Heimatmuseen. Diese fielen in eine Zeit des Umbruchs und vieler
Neugründungen. Es ging in dieser Untersuchung allerdings insgesamt um die Situation und
5 Vgl. Anlage 1.6 Korrigierter Text. In der ersten Fassung des Gutachtens vom 20.04.2012 hieß es: „Bereits 1995 hat das Brandenburger Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur eine „Bestandsaufnahme Museen und Sammlungen –Empfehlungen zur Museumspolitik des Landes Brandenburg“ anfertigen lassen.“
6
die Zukunft der Brandenburger Museen. 2001 hatte sich die Museumslandschaft bereits so
grundlegend verändert, dass eine neue Umfrage in Angriff genommen wurde. Deren
Methodik und Ergebnisse schildert Andreas Ludwig in einem Artikel in dem
„Museumsblättern“ vom Dezember 2003.7
Die Umfrage erfasste den Untersuchungszeitraum 1991 bis 2001.
Ab 2001 führte der Museumsverband des Landes Brandenburg e.V. eine weitere Erhebung
durch. An insgesamt 136 Einrichtungen wurden Fragespiegel versendet und diese umfassend
ausgewertet. Darunter befanden sich 34 Heimatmuseen im Sinne unseres Gutachtens, 6
Regionalmuseen und 23 Stadtmuseen, Hinzu kamen 22 Industrie- und Technikmuseen, 16
Spezialmuseen sowie Mühlenmuseen, Naturkundemuseen, Landwirtschaftsmuseen und vieles
andere mehr.8 Diese Aufstellung zeigt das weite inhaltliche Umfeld der Betrachtung der
Enquete von 2001. Es ging bei dieser Datenerhebung auch um Personalstellen,
Haushaltsfragen, Fördermittel usw. Dies alles bietet zwar einen interessanten Hintergrund, auf
dem aufgebaut werden kann. Die eigentliche Frage, die Frage des Anteils an der DDR-
Geschichte, stand bei der Umfrage von 2001 eher am Rande der Betrachtung.
Eine rein quantitative Analyse wurde 2011 im Auftrag der Bundesstiftung zur Aufarbeitung
der SED-Diktatur unternommen.9 Sie stützt sich ausschließlich auf die Internetauftritte der
Einrichtungen, die – wie schon erwähnt – oft gerade den DDR-Aspekt unter den Tisch fallen
lassen. Der Autor schreibt selbst dazu: „Leider verfügen nicht alle Museen, die
zusammengetragen werden konnten, über die finanzielle und personelle Ausstattung einen
Internetauftritt zu realisieren. Hinzukommend besteht die Möglichkeit, dass Museen, die
keine eigene Webpräsenz haben, bei kommunalen oder regionalen Webseiten eingepflegt
werden, aber den dort gezeigten Inhalt nicht in vollem Umfang beeinflussen können. Da aber
für die vorliegende Arbeit nur die (kurzen) Webtexte ausgewertet werden können, muss eine
7 Andreas Ludwig: Zur Methodik der Enquete, in: Museumsblätter. Mitteilungsblätter des Museumsverbandes Brandenburg, Heft 3 (Dezember 2003), S. 17 ff. 8 Andreas Ludwig. Zur Methodik der Enquete, in: Ebd., S. 17. 9 Simmang, Darstellung der DDR, a.a.O.
7
abschließende Beurteilung sehr differenziert ausfallen.“10 Dennoch sollen einige Zahlen aus
diesem Material zitiert werden. Nach der Klassifizierung des Museumsverbandes
Brandenburg (hier: MVB) ergibt sich folgende Struktur der Themenbereiche der
Brandenburger Museen.
Tabelle 1: Überblick über die Museen nach Themenbereichen
Themenbereich11 Summe Beim MVB erfasste MuseenLink zum Museum Aus dem
Museumsführer
Nicht beim
MVB
erfasst
Ja Nein
Heimat 183 17 37 99 29Technik 80 22 6 41 11Spezial 47 18 2 19 8Agrar 30 5 2 20 3Kunst 16 11 - 5 -Gedenk 14 4 3 7 -Natur 14 7 2 5 1Freilicht 13 5 2 3 3Schloss 11 5 - 5 1Literatur 8 6 - 1 1Sakral 7 4 - 1 2Summe 423 104 54 206 59
Das Spektrum der Sammlungen und Ausstellungen reicht von Schlössern und Burgen über
Industriemuseen, Literaturgedenkstätten, Galerien bis zu stadt- und regionalgeschichtlichen
Museen und kleinen Heimatstuben. So unterschiedlich wie die Themen sind deren
Organisationsformen und Finanzierungsmodelle.
Auch in diesem Punkt ist eine quantitative Erfassung sehr schwierig, zumal viele Museen
öffentlich keine Angaben über ihre Trägerschaft machen. Sicher ist nur, dass in Brandenburg
verglichen mit dem Bundesgebiet ein überproportional hoher Anteil der Heimatmuseen in
10 Ebd., S. 2.11 Agrar- und Forstmuseen = Agrar, Freilichtmuseen= Freilicht, Gedenkstätten = Gedenk, Kunstmuseen = Kunst Literaturmuseen = Literatur, Naturkundemuseen = Natur, Sakralmuseen = Sakral, Schlossmuseen = Schloss, Spezialmuseen =Spezial, Stadt-, Regional- und Heimatmuseen = Heimat, Technikmuseen = Technik
8
kommunaler Trägerschaft ist. In Auswertung der erwähnten Enquete von 2001 schrieb
Susanne Köstering in einer zusammenfassenden Analyse: „Als Konsequenz der Bildung des
Landes Brandenburg und der Kreisgebietsreform wurden Bezirks- und Kreismuseen auf
kommunale Träger – Kreise, Städte und Gemeinden – übertragen. Die 1993 neu gebildeten
Kreise traten jedoch als Träger mit der Zeit zurück. Trugen sie 1994 noch fast 20 % der
Museen, reduzierte sich ihre Anteil bis 2001 auf 3,6 %. Der Anteil der von Städten und
Gemeinden getragenen Museen sank zwar in Brandenburg im gleichen Zeitraum prozentual
von 60 % auf 49,2 %, aber da sich die Zahl der an der Enquete beteiligten Museen im
Untersuchungszeitraum verdoppelt hat, ist die Belastung der Städte und Gemeinden insgesamt
gestiegen. Brandenburger Museen werden inzwischen relativ mehr von Kommunen getragen
als im Schnitt der BRD (Kreis, Stadt oder Gemeinde als Träger in Brandenburg zusammen 53
%, in der BRD 42 %). Die staatlichen Träger (Bund, Land) in Brandenburg engagieren sich
dagegen nur ein Viertel so stark wie im Schnitt der BRD (Brandenburg: 1,4 % […] BRD: ca.
8 %.“12 Da sich die Dynamik der Veränderung im letzten Jahrzehnt verlangsamt hat, dürften
sich diese Relationen nur wenig verschoben haben. Auf jeden Fall machen sie den
Hintergrund mancher konkreter Probleme deutlich, über die noch zu reden sein wird.
Funktion der Museen in der Brandenburger Kulturlandschaft
Auch für Brandenburg gilt die allgemeine Erfahrung der letzten Jahre: Insbesondere
Spezialmuseen und authentische Ort der Industriekultur mit teilweise originellen Themen
haben Konjunktur. Wenn sie interessante Themen bieten und attraktiv gestaltet sind, reißt der
Strom der Besucher nicht ab und das Publikum wird durchschnittlich gesehen immer jünger.
12 Susanne Köstering: Museumslandschaft im Winter, in: Museumsblätter. Mitteilungen des Museumsverbandes Brandenburg, Heft 3 (Dezember 2003), S. 20.
9
Das vorliegende Gutachten befasst sich ausschließlich mit den Brandenburger Stadt- und
Regionalmuseen. Gedenkstätten, Spezialsammlungen, Literaturmuseen, Kunstsammlungen
Industriedenkmale und viele anderen Einrichtungen bleiben auch dann außerhalb der
Betrachtung, wenn sie in ihren Sammlungen und Ausstellungen die DDR-Thematik tangieren.
Das gleiche gilt den ausgesprochenen DDR-Museen ohne regionalen Bezug. Ihre Tätigkeit
wäre eine eigene Untersuchung wert.
Museen sind Institutionen der Sammlung, Bewahrung, Pflege, wissenschaftlichen
Erschließung und öffentlicher Darstellung von Kulturgut. Sie sind also zusammen mit
Archiven und Bibliotheken ein wichtiger Teil des kollektiven Gedächtnisses. Museen sind
zudem Orte der Kommunikation. Hier findet eine virtuelle und teils auch reale Begegnung
zwischen Ost und West, zwischen den Generationen und zwischen Einheimischen und
Besuchern aus dem In- und Ausland statt.
Museen sind vor allem Orte der Erziehung zur Demokratie. Dies betrifft nicht allein die
Auseinandersetzung mit den totalitären Diktaturen des 20. Jahrhunderts. In den Museen findet
die Erziehung zum Respekt vor vergangenen Kulturen und Lebensleistungen statt,
insbesondere mit der Kultur der Heimat. Nur wer seine eigene Kultur kennt und liebt kann
Achtung vor fremden Kulturen entwickeln. Man sollte in diesem Zusammenhang den häufig
abwertend benutzten Begriff der volkspädagogischen Funktion der Beschäftigung mit
Geschichte nicht scheuen. Die Erfüllung dieser Aufgabe aber setzt die Zusammenarbeit mit
den Schulen und Trägern der politischen Bildung voraus. Das Museum kann viel bieten – aber
nicht alles. Konkret heißt dass, der Museumsbesuch muss vorbereitet, pädagogisch begleitet
und ausgewertet werden. Wichtig sind pädagogische Angebote der Museen selbst,
Schülerprojekte oder die Einbeziehung der Museen in schulische Abschlussarbeiten. Hier
existieren – so viel sei vorweg genommen – noch erhebliche Defizite.
Bei der Erziehung zur Demokratie steht naturgemäß die Auseinandersetzung mit den
Diktaturen und dem politischen Unrecht der Jahre von 1933 bis 1989 an erster Stelle. Dass
10
Vergleich der Diktaturen nicht Gleichsetzung bedeutet, ist oft genug gesagt worden und
eigentlich selbstverständlich. Der Vergleich umfasst die Feststellung von Gemeinsamkeiten
und Unterschieden der politischen Systeme. Er ist also nicht nur zulässig, sondern
unverzichtbar für die Beschreibung und Analyse historischer Phänomene.
Das Nachdenken über Geschichte setzt Kenntnisse voraus. Dafür können Museen einen
wichtigen Beitrag leisten. Museen müssen sich an diesem hohen Anspruch messen lassen. Sie
müssen diesen Anspruch aber auch geltend machen gegenüber der Öffentlichkeit und den
zuständigen kommunalen, regionalen und gesamtstaatlichen Gremien und natürlich den
entsprechenden personellen und finanziellen Mitteln ausgestattet werden.
Die Heimatmuseen – manche sagen lieber Stadt- und Regionalmuseen, andere beharren
bewusst auf dem althergebrachten Begriff des Heimatmuseums – sind ein wichtiger
Bestandteil der Brandenburger Museumslandschaft. Susanne Köstering, die Geschäftsführerin
des Brandenburger Museumsverbandes schrieb 2003 ein leidenschaftliches Plädoyer für das
Heimatmuseum: „Wir leben in Zeiten dramatischen gesellschaftlichen Wandels… Das
Heimatmuseum ist in besonderer Weise geeignet, in dieser Umbruchsphase als Katalysator zu
wirken. Wir brauchen solche offenen Laboratorien wie das Heimatmuseum, die neue
Bindungskräfte entwickeln.“13 Sie tragen zur Identifikation der Menschen mit ihrer Heimat
bei. Sie sollen zudem zur Attraktivität des Bundeslandes beitragen, sind also im
Zusammenhang mit dem Tourismus ein wirtschaftlicher Standortfaktor.
Museumsverband des Landes Brandenburg e.V.
Eine wichtige Rolle in der Brandenburger Museumslandschaft spielt der bereits mehrfach er-
wähnte Museumsverband des Landes Brandenburg e. V. Es handelt sich dabei um einen pri-
13 Susanne Köstering: Nirgendwo besser als hier – Irgendwo besser als hier. Plädoyer für das Heimatmuseum, in: Museumsblätter. Mitteilungsblätter des Museumsverbandes Brandenburg, Heft 4, (März 2004), S. 13.
11
vatrechtlichen Zusammenschluss von institutionellen und persönlichen Mitgliedern aus dem
Kreis der Museen und musealen Einrichtungen im Land Brandenburg sowie deren Freunden
und Förderern. „Zweck und Aufgabe des Verbandes sind die Förderung der Museen und
Sammlungen im Land Brandenburg und die Artikulation des Museumsgedankens in der Öf-
fentlichkeit. Gemeinsam mit anderen kulturellen Institutionen und gesellschaftlichen Kräften
trägt er zur Bewahrung und Erneuerung der kulturellen Identität der Bürgerinnen und Bürger
des Landes und zur Bewahrung ihres historischen Erbes bei. Er arbeitet insbesondere mit den
staatlichen Stellen verschiedener Ebenen zusammen, um Leitvorstellungen einer gegenwarts-
bezogenen und zukunftsweisenden Museumspolitik in die staatliche Kulturpolitik einfließen
zu lassen.“14 Zur Wahrnehmung seiner Aufgaben betreibt der Museumsverband eine Ge-
schäftsstelle in Potsdam, die seit 2001 von Dr. Susanne Köstering geleitet wird.
Der Verband gibt einen Rundbrief und die Quartalszeitschrift „Museumsblätter“ heraus.
Weiter berät der Verband Museen in Hinsicht auf Inventarisierung und Präsentation,
Museumspädagogik und Öffentlichkeitsarbeit und bietet entsprechende
Weiterbildungsveranstaltungen an. Ein besonderer Schwerpunkt der Verbandsarbeit liegt auf
der Moderation von Vernetzungsprozessen zwischen Museen. Der Museumsverband bietet in
ungefähr sechswöchigem Abstand jeweils eintägige Fortbildungsveranstaltungen zu
vielfältigen Themen der Museumsarbeit an. Pro Jahr gibt es sechs thematisch aufeinander
aufgebaute Veranstaltungen. Außerdem organisiert der Verband jährlich eine ein- oder
zweitätige Weiterbildungsveranstaltung, das jeweils unter einem wissenschaftlichem Thema
steht.
Am 26. Mai 2008 stand das Thema „DDR-Zeitgeschichte im Museum“ auf der Tagesordnung
der Weiterbildung im Schorfheide-Museum in Groß Schönebeck. Als Referenten waren u.a.
ein Mitarbeiter der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur, die Leiterin des
14 http://www.museum-brandenburg.de
12
ehemaligen Notaufnahmelagers Berlin-Marienfelde und der Wissenschaftliche Leiter des
DDR-Museums Berlin eingeladen.
Bei anderen Weiterbildungsveranstaltungen der letzten Jahre standen der Einsatz von Medien,
die Präsentation im Internet oder die Zusammenarbeit mit den Hochschulen im Vordergrund.
Erwähnenswert ist auch die Zusammenarbeit mit dem Filmmuseum bei dem Projekt
„Amateurfilm in Brandenburg 1945-1990“, das die DDR-Thematik und die Arbeit der
Heimatmuseen unmittelbar berührt, da sich in mehreren Heimatmuseen unerschlossene
Bestände mit Schmalfilmen befinden.15
Abbildung 1: Installation zur Konsumkultur der DDR im Dokumentationszentrum DDR-Alltagskultur e.V. in Eisenhüttenstadt (Foto: Stefan Wolle)
15 Vgl. dazu Abschnitt Filmsammlungen.
13
Dokumentationszentrum DDR-Alltagskultur e.V. in Eisenhüttenstadt
Die Ausstellungen des Dokumentationszentrums in Eisenhüttenstadt sind nicht Gegenstand
des vorliegenden Gutachtens. Da diese Einrichtung jedoch faktisch eine Art Leitinstitution
innerhalb Brandenburgs ist, war es interessant die Einschätzungen und Meinungen des
Museumsleiters zu erfahren.16 In der Tat spielt das Dokumentationszentrum in
Eisenhüttenstadt aufgrund des Schwerpunktes DDR-Alltag und der fachlichen Kompetenz des
Leiters in die Rolle eines Fachberaters. Es ist wohl die einzige museale Einrichtung im Land,
die die Möglichkeit hat, eigenständige Forschungsprojekte zur DDR-Geschichte
durchzuführen und sie in Ausstellungen umzusetzen. Zudem findet eine Zusammenarbeit mit
der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt (Oder) und dem Zentrum für zeitgeschichtliche
Forschung in Potsdam statt. Diese Beratungstätigkeit ist umso wichtiger, als das Brandenburg
über kein eigenes Landesmuseum verfügt wie andere deutsche Bundesländer. Für die
Verbesserung der Zusammenarbeit und die Bildung von Netzwerken der Heimatmuseen, die
auch in der genannten „Kulturkonzeption 2012“ gefordert werden, ist die Einbeziehung des
Dokumentationszentrums Eisenhüttenstadt unverzichtbar. Das betrifft nicht zuletzt die
Koordination auf dem Gebiet der Fotosammlungen sowie deren Nutzbarmachung durch das
Internet. Zudem hat das Dokumentationszentrum Eisenhüttenstadt eine „Auffangfunktion“,
wie es der Leiter der Einrichtung nannte. In der Tat meinten mehrere Museumsleiter in
verschiedenen Brandenburger Städten, sie könnten die Flut von Angeboten für Schenkungen
nicht mehr verkraften. Insbesondere reichen die Kapazitäten in den Depots nicht aus, von
einer fachgerechten Inventarisierung ganz zu schweigen. Sie verweisen in solchen Fällen auf
den Weg nach Eisenhüttenstadt, wo viele Objekte aus dem Alltagsleben der DDR
übernommen werden könnten.
16 Gespräch am 29. Februar 2012.
14
Umso befremdlicher waren Zeitungsmeldungen, die im Februar 2012 anlässlich der
Eröffnung einer neuen Dauerausstellung in Eisenhüttenstadt die Öffentlichkeit alarmierten. Es
war in diesen Zeitungsbeiträgen davon die Rede, dass die Kommune Eisenhüttenstadt ihre
jährliche Zuwendung in Höhe von 76.700 Euro ab 2013 komplett einstellen würde. Dies sei
angeblich beschlossene Sache. Dadurch wären auch die Zahlungen des Landkreis Oder-Spree
und des Landes Brandenburg gefährdet. Der Landkreis, der jährlich 55.000 Euro zahlt, hat
bereits signalisiert, dass er, würde sich die Stadt zurückziehen, ebenfalls die Zahlungen
einstellen würde. Das Land Brandenburg zahlt jährlich 90.000 Euro. Doch es ist nicht in der
Lage, den Fehlbetrag auszugleichen. Damit steht die Existenz der Einrichtung, zumindest
aber ihre Forschungs- und Sammeltätigkeit, in Frage. Absurd wird die Angelegenheit, wenn
man weiß, dass die neue Dauerausstellung aus Haushaltsmitteln des Bundes in Höhe von
60.000 Euro finanziert worden waren. Dieser Gelder sind im Sinne der Nachhaltigkeit an die
Fortexistenz der Einrichtung geknüpft. Der Leiter des Dok-Zentrums meinte im Februar 2012
gegenüber der Märkischen Allgemeinen: „Ich bin optimistisch, dass sich eine Lösung findet.”
17 Weiter heißt es in der Zeitungsmeldung: „Sollte es jedoch bei der Streichung des
städtischen Beitrages bleiben, soll nach derzeitigem Stand der Zuschuss des Landes nicht
erhöht werden. Kunst stellte klar: „Zurzeit ist es nicht geplant, in Eisenhüttenstadt zu
kompensieren.”18
Inzwischen gab es neuerliche Finanzquerelen zwischen der Kommune Eisenhüttenstadt, die
ein ehemaliges Schulgebäude, das dem Dok-Zentrum als Depot dient, verkaufen möchte und
entgegen früheren Zusagen nun auf einen Umzug der 170.000 Museumsobjekte drängt.19
17 Märkische Allgemeine, 22. Februar 2012.18 Ebd.19 Märkische Oderzeitung, 3. April 2012.
15
Abbildung 2: Eine Tür, die ins Nichts führt. Installation einer DDR-typische Wohnungstür der Alternativszene (Foto: Stefan Wolle)
Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte Potsdam (HBPG)
Auch das im Jahr 2003 eröffnete Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte in
Potsdam fällt aus dem Rahmen der hier zur Debatte stehenden Heimat- bzw. Regional- und
Stadtmuseen heraus. Es ist auf der anderen Seite eine führende Institution in der
Brandenburger Geschichtslandschaft. Insofern war es wichtig ein kurzes Gespräch mit dem
Leiter des Hauses Dr. Kurt Winkler und ein sehr ausführliches Gespräch mit dessen
Mitarbeiter Dr. Thomas Wernicke zu führen.20 Das Haus bezeichnet sich selbst auf seiner
Website als „ Ausstellungs- und Veranstaltungshaus“. Es will „ein lebendiges Forum für die
aktive, kritische und offene Auseinandersetzung mit der Vergangenheit, Gegenwart und
Zukunft Brandenburgs“ sein. 21 Das Haus wird zu 33 % von der Stadt Potsdam und zu 67 %
20 Gespräch am 7. Februar 2012. 21 http://.www.hbpg.de.
16
vom Land Brandenburg finanziert. Es verfügt über keine eigene Sammlung und führt auch
keine systematische Sammeltätigkeit durch. Die Exponate der Dauerausstellung sind teilweise
Leihgaben anderer Museen, teilweise Schenkungen sowie einige Ankäufe. Das
Schwergewicht der Arbeit liegt auf der Vermittlung geschichtlicher Kenntnisse sowie auf der
Organisation von Veranstaltungen und Ausstellungen. In der Dauerausstellung werden mehr
350 Exponate, multimediale Installationen und Dokumente gezeigt. Sie stammen sowohl aus
großen und kleinen Berliner und Brandenburger Museen und Sammlungen. Aber auch Häuser
aus anderen Ländern und Privatpersonen stellen ihre Schätze zur Verfügung. Die Ausstellung
illustriert die abwechslungs- und kontrastreiche Landeshistorie, sie führt zu geheimnisvollen
Orten und trifft faszinierende Persönlichkeiten; sie erzählt spannende Geschichten, berichtet
von Krieg und Frieden, von Krisen und Katastrophen, und sie stellt kritische Fragen an die
Vergangenheit, die Gegenwart und die Zukunft des Landes.
Im Gegensatz zu mehreren anderen Museumsleitern außerhalb der Landeshauptstadt sieht
Thomas Wernicke eine sehr positive Entwicklung bei der Zusammenarbeit mit den Schulen.
Ein regelmäßig durchgeführter „Lehrertag der Museumspädagogik“ zum Beginn jedes
Schuljahres wird immer besser besucht. Das Angebot eine „Tags in Potsdam“ wird von
Schulen aus dem ganzen Bundesgebiet wahrgenommen. Dieser Tag beinhaltet einen
Stadtrundgang, den Besuch in der Gedenkstätte Lindenstraße sowie des Schlosses Cäcilienhof
mit der Gedenkstätte für die Potsdamer Konferenz, ein Besuch der der Mauer und schließlich
zum Abschluss eine Führung durch die Dauerausstellung des Hauses der Brandenburgisch-
preußischen Geschichte. Das Rahmenthema lautet „Alltag und Diktatur“. Es wird in
jugendgemäßer Art dargeboten und durch ein Arbeitsmaterial untermauert. Das Programm
wird von der Ostdeutschen Sparkassenstiftung finanziell gefördert.
17
Abbildung 3: Bereich Jugend in der DDR im Potsdamer Haus der brandenburgisch-preußischen Geschichte (Foto: Stefan Wolle)
18
Zweiter Teil
Konzeptionelle Leitfragen
DDR-Geschichte in den Heimat-, Stadt- und Regionalmuseen
In der Öffentlichkeit ist in den letzten Jahren zuweilen der Eindruck erweckt worden, die
Stadt- und Kreismuseen in der ehemaligen DDR würden die Geschichte seit 1945 gänzlich
meiden oder nur ganz am Rande behandeln. In einem ausführlichen Artikel der Frankfurter
Allgemeinen, der freilich auch viele richtige Beobachtungen enthält, heißt es dazu: „Zwanzig
Jahre nach dem Fall der Mauer ist die Kluft zwischen der erinnerten und der gegenwärtigen
Landschaft in Ostdeutschland an vielen Orten spürbar. Diese Orientierungslosigkeit ist in den
Heimatmuseen der ehemaligen DDR, die nach der Wende ihr Geschichtsbild schlagartig
ändern mussten, heute noch akut zu fühlen.“22 An anderer Stelle ist noch einmal ausdrücklich
davon die Rede, dass „viele Heimatmuseen in Ostdeutschland die Zeit zwischen Kriegsende
und Wende heute ausklammern.“23 Nach einer tour d’horizon durch verschieden Museen im
weiteren Umkreis von Berlin zieht die Autorin das Resümee: „In einer Zeit, wo sich das
kollektive Gedächtnis immer stärker in individuelle Erinnerungen zersplittert, findet man in
diesen Museen das letzte Aufflackern eines kollektiven, obgleich schmerzhaft fragmentierten
Gedächtnisses.“24
Der 2009 offenbar noch dominierende Eindruck ist falsch oder genauer gesagt, inzwischen
überholt und insofern revisionsbedürftig. In den letzten fünf Jahren sind in Brandenburg etwa
20 neue Dauerausstellungen entstanden, in denen DDR-Geschichte präsentiert wird, teilweise
als Module einer Gesamtdarstellung der Orts- oder Stadtgeschichte, teils als Schwerpunkt.25
22 Thalia Gigerenzer: Alles original DDR, in: Frankfurter Allgemeine, 9. November 2009. 23 Ebd. 24 Ebd. 25 Susanne Köstering: DDR-Geschichte in Brandenburgischen Museen. Eine Zwischenbilanz, in: Karin Hammerstein/Jan Scheunemann (Hrsg.): Die Musealisierung der DDR. Wege, Möglichkeiten und Grenzen der
19
Im Jahre 2009 wurden zwei wichtige Konzeptionen verabschiedet, welche die Brandenburger
Museen und Gedenkstätten betreffen. Das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und
Kultur legte ein Konzept für Erinnerungskultur vor,26 und der Museumsverband Brandenburg
veröffentlichte seine Museumsentwicklungskonzeption.27 Die Darstellung der Geschichte der
DDR wird in beiden Dokumenten als zentrale Aufgabe formuliert.
In der Museumsentwicklungskonzeption wird festgestellt: „Das Land Brandenburg ist heute
und auf unabsehbare Zeit von den Folgen der Diktaturen des 20. Jahrhunderts geprägt. Die
sozialen Umwälzungen durch Kriege, Verfolgungen und Vertreibungen wirken bis heute in
der Bevölkerung nach […] Aus diesen Gründen ist die Beschäftigung der Museen mit
Zeitgeschichte besonders vordringlich. Die Zeitgeschichte ist nicht hinreichend dadurch
definiert, dass es um die Zeitspanne des 20. Jahrhunderts geht, und darin insbesondere
einerseits um die Zeit des Nationalsozialismus und andererseits die der SBZ/DDR geht,
sondern dadurch, dass es sich in besonders hohem Maß um die Geschichte von Gewalt und
Unterdrückung, aber auch von Widerstands- und Demokratiebewegung handelt.“28 An anderer
Stelle heißt es: „Die Museen zur Alltags- und Kulturgeschichte der DDR sind ein weiterer
wichtiger Schwerpunkt der Sparte Zeitgeschichte. Brandenburg verfügt über zwei große
Sammlungen/Museen zur DDR-Alltags- und Politikgeschichte: zum einen das private DDR-
Museum in Perleberg und zum anderen das öffentlich-rechtliche Dokumentationszentrum
Alltagskultur der DDR in Eisenhüttenstadt, genannt Dok-Zentrum. Das Dok-Zentrum als
Knotenpunkt für DDR-Alltags- und Kulturgeschichte in Brandenburg ist der geeignete Ort,
um ein Netzwerk der DDR-Gedenkstätten, des Kunstarchivs Beeskow und der Stadt- und
Regionalmuseen zu knüpfen.“29 Im Fazit der Museumsentwicklungskonzeption wird das
Darstellung von Zeitgeschichte in stadt- und regionalgeschichtlichen Museen, Metropol, Berlin 2012, S. 173.26 Geschichte vor Ort. Erinnerungskultur im Land Brandenburg für die Zeit von 1933 bis 1990, hrsg. vom Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Brandenburg, Potsdam 2009. 27 Vgl. In Bewegung. Museumsentwicklungskonzeption für das Land Brandenburg, in: Museumsblätter. Mitteilungen des Museumsverbandes Brandenburg, Heft 14 (Juni 2009). 28 Ebd., S. 25 f.29 Ebd., S. 27.
20
„besondere Augenmerk“ noch einmal betont, das auf der „Geschichte des 20. Jahrhunderts,
insbesondere NS- und SBZ/DDR-Zeitgeschichte“ liegen soll.30
Diese Priorität liegt – ohne die Bedeutung älterer Geschichtsperioden gering schätzen zu
wollen – eigentlich auf der Hand. Die Museen im Bundesland Brandenburg sind in doppelter
Weise mit der DDR-Problematik verwoben. Ein großer Teil der Einrichtungen stammt aus der
DDR-Zeit oder wurde in den Jahren von 1945 bis 1989 aufbauend auf älteren Sammlungen
weiter geführt, erweitert und nach den damaligen Vorgaben umgestaltet. In Brandenburg
spielt, wie auch in den anderen östlichen Bundesländern, die Geschichte der DDR eine
besondere Rolle, geht es doch um die eigene Region oder Landschaft, die Heimatstadt oder
das Dorf. Hier haben also auch individuelle Erinnerungen und biographische Verflechtungen
eine spezifische Bedeutung. Die Museumsgestalter wie die Besucher sind zum erheblichen
Teil zugleich handelnde Personen und Zeitzeugen der dargestellten Geschichte.
Daraus ergeben sich sowohl Chancen wie auch Schwierigkeiten. Schneller als es in
vergangenen Jahrzehnten üblich war, wenden sich die Museen der erlebten Gegenwart zu.
Man denke nur daran, welche Auseinandersetzungen die konkrete Darstellung der NS-Zeit in
bundesdeutschen Stadt- und Regionalmuseen mit sich brachte.
30 Ebd.
21
Die Grundlagen und Entstehungsbedingungen der gegenwärtigen
Museumslandschaft
Ausgangspunkt war für viele Einrichtungen das Museumswesen der DDR. Dieses war
entsprechend der staatlichen Verwaltungsgliederung streng hierarchisch und zentralistisch
gegliedert. An der Spitze stand das Museum für deutsche Geschichte in Berlin (MfdG) mit
seinen „richtungsweisenden“, faktisch staatsoffiziellen Ausstellungen.31 Es folgten die
Bezirks-, Kreis- und Heimatmuseen.32 Die museale Darstellung war von strikten
geschichtspolitischen, Vorgaben geprägt. Insbesondere die Geschichte seit den Anfängen der
Arbeiterbewegung im 19. Jahrhundert wurde über einen einheitlichen ideologischen Kamm
geschoren. Maßgeblich war gerade in den Jahren als diese feste Struktur aufgebaut wurde die
achtbändige „Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung“. Sie wurde in den sechziger
Jahren unter der Ägide von Walter Ulbricht erarbeitet.33 Das führte die einer starken
Einebnung der regionalen und lokalen Besonderheiten. Insgesamt gehörten die Geschichte der
Region, der Kulturlandschaft, der Stadt oder des Ortes zu den wenig gefragten
Themenbereichen der marxistisch-leninistischen Historiographie, wenn dies auch selten offen
ausgesprochen wurde. Erst um 1980 begann sich diese Missachtung konkreter – also auch
lokaler – Fakten zugunsten der großen ideologischen Linie abzuschwächen ohne allerdings
gänzlich zu verschwinden.
31 Als Beispiele für wichtige Ausstellungen des MfdG zu zentralen geschichtspolitischen Themen seien hier genannt: Karl-Marx-Ausstellung im Museum für Deutsche Geschichte, Berlin 1953; Die Große Sozialistische Oktoberrevolution und ihre Auswirkungen auf Deutschland, Berlin 1977; Ich, Thomas Müntzer, eyn Knecht Gottes. Thomas Müntzer-Ehrung der DDR, Berlin 1989; Kostbare Bücher und Dokumente aus der Bibliothek und dem Zentralen Parteiarchiv des Instituts für Marxismus-Leninismus beim ZK der SED, Ausstellung, 15. Februar bis 19. März 1989, Berlin 1989; Ingeborg Grau (Hrsg.); August Bebel (1840 – 1913), Berlin 1989.32 Verordnung über die Arbeit der Heimatmuseen vom 30. Juli 1955, Gesetzblatt der DDR 55/231.33 Siegfried Lokatis: Der rote Faden. Kommunistische Parteigeschichte und Zensur unter Walter Ulbricht, (Zeithistorische Studien, Bd. 25), Köln/Weimar/Wien 2003.
22
Abbildung 4: Dauerausstellung im Stadtmuseum Brandenburg vor 1989 (Foto: Stadtmuseum Brandenburg an der Havel)
Immerhin erwachte ein neues Interesse an der Geschichte Preußens und Sachsen. Die
Wertschätzung der historischen Biographie und der Geschichtserzählung insgesamt nahmen
wieder zu. Die Heimatmuseen wurden von solchen Wendungen der ideologischen Linie
allerdings kaum erreicht. Hier dominierte lange noch der durch die Instanzen in den späten
sechziger Jahren festgeschriebene Einheitsstil.34 Auch dort, wo es beispielsweise niemals eine
aktive Gruppe des Spartakusbundes gab, fehlte nur selten das Faksimile einer Ausgabe der
Spartakusbriefe. Daneben hingen zwingend die Uniform eines revolutionären Matrosen mit
roter Armbinde, eine Mütze des Rotfrontkämpferbundes und eine Schalmei oder eine
Trompete, wie sie der Kleine Trompeter angeblich geblasen hatte.
Andererseits hielt sich oft in einer gewissen Abgrenzung zu diesen Vorgaben eine liebevolle
Pflege heimatkundlicher Sammlungen. Museumsleute alter Schule widmeten sich den
34 Vgl. Grundsätze über die sozialistische Umgestaltung der Heimatmuseen in der Deutschen Demokratischen Republik. Ausgearbeitet von der Fachstelle für Heimatmuseen beim Ministerium für Kultur der DDR in Verbindung mit der Zentralen Fachkommission für Heimatmuseen, Halle (Saale) 1960.
23
Tonscherben aus germanischer und slawischer Zeit, dem regionalen Brauchtum, oder dem
Lurchen und Kriechtieren der heimischen Flur. So kam es, dass die Dauerausstellungen,
speziell in ihren naturkundlichen und vorgeschichtlichen Teilen oft einen angestaubt
antiquarischen Eindruck machten – daher rührt vielleicht der immer noch schlechte Klang des
Begriffs Heimatmuseum.
Leider wurden diese Ausstellungen nur selten dokumentiert und lassen sich nur noch über die
alten Kataloge, Museumsführer usw. rekonstruieren. Den Mut zu einer kritisch
reflektierenden „Selbst-Musealisierung“ der Museen hat man leider nur selten gefunden. Ein
derartiger Versuch in Wittstock blieb die Ausnahme. Dort hatte man eine originale DDR-
Ausstellung aus den achtziger Jahren in einem Ausstellungsraum unverändert belassen und
kritisch kommentiert. Der Direktor des Museums definiert diese Form der Präsentation als
„Gesamtexponat“.35 Möglicherweise überstieg eine solche selbstkritische Reflexion die
Möglichkeiten der Museumsarbeit und auch den Erwartungshorizont des Publikums.
Die ersten Jahre nach dem Umbruch von 1989/1990 waren durch einen nahezu
flächendenkenden Abbau der Ausstellungen der DDR-Zeit bestimmt. Die SED-
Geschichtspropaganda – wie sich diese Form der Vermittlung ja selbst nannte – schien dem
Besucher kaum noch zumutbar. In den Museen herrschte Verunsicherung, denn „von oben“
kamen keine Weisungen mehr. So war es in der Tat oft die bequemste Lösung, die
Zeitgeschichte vorläufig ins Depot zu verbannen. Eine wichtige Vorreiterrolle bei der
kritischen Auseinandersetzung mit der DDR-Zeit nahmen zunächst die Gedenkstätten für das
SED-Unrecht ein. Sie hatten ein klar umrissenes Anliegen und eine deutliche gesellschaftliche
Funktion. Doch in den Heimatmuseen bildete die DDR oft eine Leerstelle. Doch offenbar gab
es von Anfang an das Bedürfnis nach Auseinandersetzung mit der jüngst vergangenen
Geschichte. Es entwickelten sich auch in Brandenburg private Initiativen unterschiedlichen
Niveaus. Susanne Köstering schreibt dazu im Rückblick: „Zumeist private DDR-Museen
35 Gigerenzer, Original DDR, a.a.O.
24
zogen zeitweise enorme Aufmerksamkeit auf sich. Diese wucherten mit DDR-Relikten, die
bisweilen Reliquiencharakter annehmen konnten, und überwältigten mit einer zum Teil
überbordenden Menge an Konsumwaren. Aber nicht jedes private DDR-Museum erschöpft
sich in reiner Materialanhäufung. Eine DDR-Sammlung besonderen Zuschnitts in Perleberg
im Nordwesten Brandenburgs schafft beispielsweise den Spagat vom Thema Alltagsleben zur
Analyse von DDR-Propaganda und politischer Repression.“36
Das Umdenken und mehr noch der Umbau der Dauerausstellungen hat einige Zeit gedauert,
ist aber inzwischen längst abgeschlossen. Die heutige Museumslandschaft verdankt ihre
inhaltliche, methodische und gestalterische Vielfalt der geistigen Pluralität, der
Eigenverantwortung und der Vielfalt von Trägerschaften und Organisationsformen. Die alten
Darstellungen wurden entschlossen entstaubt, teilweise wurden sehr interessante neue Wege
eingeschlagen. Die Ausstellungen wirken zum weitaus größten Teil offen, modern und
einladend. Dafür hat die öffentliche Hand erhebliche Mittel aufgewendet.
Die Heimatmuseen in Brandenburg sind ihrem Wesen nach plural organisiert. Vom Land oder
vom Bund geförderte Einrichtungen haben ebenso ihren Platz wie kommunale Museen, von
Vereinen oder Stiftungen getragene Häuser oder private Initiativen. Ihre Arbeit unterliegt
keiner zentralen Aufsichtsbehörde. Das ist in der Demokratie selbstverständlich, und es wird
auch so bleiben. Nur aus der organisatorischen und geistigen Vielfalt entsteht ein
demokratischer Diskurs der Aneignung von Geschichte.
36 Köstering, DDR-Geschichte a.a.O., S. 177.
25
Was erwartet der Besucher vom Museum?
Die Museumsarbeit ist Teil des gesamtgesellschaftlichen Diskurses über Geschichte, trägt
aber ganz spezifische Züge. Das Museum hat als Ort der Wissensvermittlung deutliche
Grenzen, aber auch Möglichkeiten, die über jene anderer Medien hinausgehen.
Vor diesem Hintergrund muss der Beitrag der Heimatmuseen im Land Brandenburg zur
DDR-Aufarbeitung behandelt werden. Es ist also nicht überflüssig, eingangs die Frage zu
stellen, wo die Grenzen und Möglichkeiten von Heimatmuseen bei der schöpferischen
Auseinandersetzung mit der eigenen Geschichte liegen.
Es ist wohl nicht übertrieben zu behaupten, dass von allen Ebenen der Vermittlung von
Geschichte – vom Schulunterricht und der Erwachsenenbildung über wissenschaftliche
Publikationen, Quelleneditionen, Dokumentarfilme, Spielfilme bis zur schöngeistigen
Literatur – das Museum die schwierigste Form der Vermittlung darstellt. Die Breite der
Anforderungen ist beispiellos. Das Museum muss – wenn es seine Aufgaben erfüllen will –
für jeden Bildungsstand, für jedes Vorwissen, für jede Generation, für Ost und West und
natürlich auch für ausländische Besucher interessant sein. Ins Museum kommen Besucher, die
selten oder nie zu einem wissenschaftlichen Buch greifen, die sich nicht einmal in Fernsehen
eine geschichtliche Dokumentation anschauen würden. Es soll aber auch dem historisch
interessierten Laien, selbst dem Fachmann, neue Einblicke bieten. Das Museum muss für
Kinder, Schüler, Erwachsene jeden Alters und auch für in- und ausländische Touristen
interessant sein.
Ein weiterer Aspekt sollte nicht vernachlässigt werden. Was auch immer an konzeptionellem,
gestalterischem und didaktischem Aufwand getrieben wird, der Museumsbesuch ist für den
Besucher freiwillig. Er opfert ein Stück Freizeit und bei einem Familienbesuch nicht wenig
Geld. So banal es klingt: Museum muss Spaß machen. Zudem gehören Museum und
Tourismus eng zusammen. Eine interessante Museumslandschaft ist auch ein wirtschaftlicher
26
Faktor von nicht gering zu schätzender Bedeutung. Speziell für Jugendliche gilt der
Grundsatz, dass die Auseinandersetzung mit Geschichte Freude bereiten soll. Alle
pädagogischen Theorien bestätigen dies. Die beste Form des Lernens ist das Spiel. Für
Schüler sollte der Museumsbesuch nicht die Fortsetzung einer gewöhnlichen Schulstunde
sein. Dies alles muss berücksichtigt werden, wenn man erklärende Texte aushängt. Die Texte
müssen kurz und einprägsam sein. Eine gründliche Auseinandersetzung kann hier nur
angeregt werden. Auf der anderen Seite heißt dies zwingend: Der Museumsbesuch muss
durch die Schule vorbereitet und ausgewertet werden. Hier – dies sei an dieser Stelle
vorausgeschickt – liegen die wesentlichen Mängel der Wirksamkeit der Museen.
Das Museum lebt von attraktiven Objekten, die in dieser Art durch kein anderes Medium
zugänglich sind. Methoden der virtuellen Aufbereitung, durch interaktive Spiele,
computergesteuerte Installationen, Stationen mit Tondokumenten, Monitoren mit Film- und
Bilddokumenten sind wichtig, können aber nur Ergänzung der Präsentation sein.
Die Möglichkeiten, komplexe historische Vorgänge zu interpretieren, sind also eingeschränkt.
Das Museum kann Interesse wecken, die Phantasie anregen, Diskussionen provozieren,
Erlebnisse vermitteln – doch es bedarf der weiteren Beschäftigung mit der Geschichte, z.B.
durch den Unterricht, die politische Bildung die modernen Medien wie Fernsehen, Internet
u.a. sowie durch Veranstaltungen und Projektarbeit.
So groß wie die Schwierigkeiten sind, so groß sind auch die Möglichkeiten, die das Museum
gegenüber anderen Medien hat. Der Museumsbesuch ist ein Erlebnis, in der Regel ein
Gemeinschaftserlebnis. Im Idealfall findet im Museum selbst ein lebendiger Diskurs statt.
Darüber wird anschließend gesprochen, bezogen auf die aktuelle Geschichte auch zwischen
den Generationen. Das Museum ist also der Ort einer ganz besonderen Kommunikation. Das
gegenständliche Objekt ist sinnlich erfahrbar. Es hat im Zeitalter der technischen
Reproduzierbarkeit zudem eine spezielle Anziehungskraft. Aus allen diesen Gründen hat das
27
Museum – wenn es gut gemacht ist – eine kaum zu überschätzende Breiten- und
Tiefenwirkung.
Wie sollte DDR-Geschichte dargestellt werden?
Akzeptiert man die Grundthese von der besonderen Wirksamkeit des Museums, kommt den
Museen bei der Aufarbeitung ein hoher Stellenwert zu, der teilweise unterschätzt wurde. In
Brandenburg ist die Begegnung mit der Geschichte der DDR von besonderer Bedeutung.
Auch für die nach 1989/90 geborene Generation ist die DDR-Geschichte nicht irgendein
beliebiges Thema. Ihre Eltern und Lehrer sind in der Überzahl in der DDR aufgewachsen und
haben sehr unterschiedliche Positionen zum System des Sozialismus. Oft führt das allerdings
nicht automatisch zu einer besonders intensiven Auseinandersetzung sondern nur allzu oft zu
einem allgemeinen Beschweigen der Probleme. Häufig stehen eine einseitige Verdammung
des Unrechtsstaates und der kommunistischen Diktatur seltsam beziehungslos neben der
Verklärung der sozialen Harmonie in der „sozialistischen Menschengemeinschaft“. Wie
sollen Schüler damit umgehen, wenn sie nach einem Besuch in einem Stasi-Gefängnis von
älteren Menschen, gar von den eigenen Eltern oder Großeltern, Lobeshymnen auf die
menschliche Wärme, Kollegialität und Nachbarschaftshilfe im sozialistischen Alltag hören.37
Dieser Teufelskreis von Schweigen, Verdrängen, Unwissen und Fehlurteilen kann kaum
durch die Vermittlung abstrakter Kategorien wie Rechtsstaatlichkeit, Parlamentarismus,
Freiheit usw. durchbrochen werden. Hier ist eine Annäherung an die Komplexität einer
Gesellschaft gefragt, in der ein teilweise idyllisches Alltagsleben und politische Repression
eine dialektische Einheit der Gegensätze bildete. Dies kann und soll nicht ohne Emotionalität
geschehen.
37 Stefan Wolle: Zwischen Platte und Maschendraht – Ursprünge und Elemente der „DDR-Mentalität“, in: Jürgen Weber (Hrsg.): Illusionen, Realitäten, Erfolge. Zwischenbilanz zur Deutschen Einheit,, München 2006, S. 80-99.
28
Für diese Annäherung ist kein Ort besser geeignet als das Museum. Auch wenn dieser hohe
Anspruch oft unerfüllbar bleibt, sollte er Leitlinie der musealen Arbeit sein.
Insgesamt kann man der Einschätzung der Geschäftsführerin des Museumsverbandes
zustimmen, die auf einer Konferenz in Leipzig 2009 sagte: „Wenn der Eindruck nicht täuscht,
steigen die Erwartungen der Besucher an die Qualität der Darstellungen von DDR-Geschichte
in den Museen. Mit uniformen Darstellungen von DDR-Geschichte, die auf weit verbreitete
Propagandamaterialien, Uniformen und Wimpeln beruhen, begnügen sich Museen zum Glück
immer seltener. Einfach gestrickte Materialanhäufungen und Wohnungsinterieurs werden
desto weniger akzeptiert, je mehr etablierte Stadtmuseen sich auf interessantere Weise mit der
DDR beschäftigen. Plattheiten werden schneller als solche erkannt und gemieden, die Lust an
Differenzierung taucht auf. 38 Allerdings räumt die Geschäftsführerin des Museumsverbandes
in dem zitierten Vortrag ein: „Dennoch besteht nach wie vor in vielen Museen weiterhin
Entwicklungsbedarf in der Kunst des Ausstellens. Allzu oft bleibt es noch beim Hinstellen
von Objekten als Belege, ohne über deren Interpretation ausreichend reflektiert zu haben.“39
Auswahl der Exponate in DDR-Ausstellungen
Das Museum steht und fällt mit der Auswahl der Objekte. Längst haben sich die Museen
davon verabschiedet, allein künstlerisch oder historisch wertvolle Stücke, etwa Kunstobjekte
oder Memorabilien bekannter Persönlichkeiten in den Mittelpunkt der Ausstellung zu stellen.
Solche Objekte – weiter unten wird der Strickpulli von Rudi Dutschke erwähnt – haben eher
die Aufgabe, Neugier zu wecken. Der Alltag oder die Lebenswirklichkeit – wie immer man
die Begriffe umreißen will – rücken mehr und mehr in den Fokus des Interesses. Das betrifft
38 Köstering, DDR-Geschichte, S. 184. 39 Ebd.
29
ganz besonders die DDR. Dadurch droht der Sammeleifer der Museen zwangsläufig ins
uferlose zu gehen.
Was ist aufhebenswert und was ist würdig im Depot oder sogar der Vitrine seinen Platz zu
finden? Genauer gefragt: was ist aussagekräftig? Vielleicht sind es in einigen Jahrzehnten
oder gar Jahrhunderten Dinge, an die gegenwärtig noch niemand denkt? So unterschiedlich
wie die Konzeptionen sind auch die Lösungsvorschläge.40
Gegenwärtig dominieren in den DDR-Abteilungen der Museen zwei Objektgruppen, die als
DDR-typisch angesehen und vom Besucher so angenommen werden. Zum einen
Konsumgegenstände, zum anderen Herrschaftssymbole wie Flaggen, Wappen, Uniformen,
FDJ-Blusen usw. Beliebt sind Objekte, in denen sich beides mischt, z.B. ein aus der Zeit
1945/1946 stammender Aschenbecher aus rotem Granit mit der Aufschrift Kreisleitung der
K.P.D.41 Unvergesslich ist das äthiopische Wildschweinfell mit dem Porträt Erich Honeckers,
dass aus der Asservatenkammer der Staatsgeschenke in den Besitz der PDS kam und seit
Anfang der neunziger Jahre durch die DDR-Erinnerungswelt geistert.42 Beide Objektgruppen
sind in faktisch allen hier in Rede stehenden Dauerausstellungen anzutreffen.
40 Vgl. Monika Flacke: Alltagsobjekte der ehemaligen DDR. Zur Sammlungstätigkeit des Deutschen Historischen Museums, in: Bernd Faulenbach/Franz-Josef Jelich (Hrsg.), Probleme der Musealisierung der doppelten deutschen Nachkriegsgeschichte, Essen 1993, S. 57-61; Irmgard Zündorf: DDR-Museen als Teil der Gedenkkultur in der Bundesrepublik Deutschland, in: Jahrbuch für Kulturpolitik 9 (2009), S. 139-145; Andreas Ludwig: Die Alltagskultur der DDR nach 1989/90, in: Martin Sabrow (Hrsg.), Bewältigte Diktaturvergangenheit? 20 Jahre DDR-Aufarbeitung, Leipzig 2010, S.83-99.41 Ausstellungskatalog Museum Viadrina Frankfurt (Oder) Junkerhaus, Frankfurt (Oder) o.J., S. 184.42 So z.B. Die Zeit 12/15. März 2012.
30
Abbildung 5: Aschenbecher aus Steingut mit Aufschriften politischer Organisationen im Museum Viadrina in Frankfurt (Oder) (Foto: Stefan Wolle)
31
Dritter Teil
Einzelne Einrichtungen
Auswahl- und Bewertungskriterien
Angesichts der oben beschriebenen Vielzahl und Unterschiedlichkeit musealer Einrichtungen
im Land Brandenburg musste bei dem vorliegenden Gutachten eine Auswahl getroffen
werden. In die Betrachtung einbezogen wurden die Heimatmuseen der kreisfreien Städte
Brandenburg an der Havel, Frankfurt (Oder) und Cottbus sowie einiger größerer Städte wie
Fürstenwalde oder Schwedt (Oder) sowie exemplarisch kleinere Einrichtungen mit einem
DDR-Teil. Schließlich fiel die Wahl auf folgende Einrichtungen:
• Heimatmuseum Müllrose (Besuch am 4. September 2011)
• Museum Viadrina Frankfurt/Oder (Gespräch am 4. Januar 2012)
• Museum und Galerie Falkensee (Gespräch am 9. Januar 2012)
• Städtische Museen Schwedt (Oder) (Gespräch am 12. Januar 2012)
• Städtisches Museum Eisenhüttenstadt (Gespräch am 14. Januar 2012)
• Städtisches Museum Fürstenwalde /Spree (Besuch am 15. Januar 2012)
• Stadtmuseum Cottbus (Gespräch am 16. Januar 2012)
• Museum im Frey-Haus Brandenburg an der Havel (Gespräch 1. Februar 2012)
• Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte Potsdam (Gespräch am 7. Februar
2012)
• Niederlausitz-Museum Luckau (Gespräch am 14. Februar 2012)
• Stadt- und Industriemuseum Ludwigsfelde (Gespräch am 16. Februar 2012)
• Dokumentationszentrum Alltagskultur der DDR in Eisenhüttenstadt (Gespräch am 29.
Februar 2012)
32
• Museum im Mönchskloster Jüterbog (Schriftliche Stellungnahme am 10. Februar
2012)
• Oderlandmuseum Bad Freienwalde (Schriftliche Stellungnahme 11. Januar 2012)
• Stadt- und Regionalmuseum Lübben (Schriftliche Stellungnahme 31. Januar 2012)
• Museum Dahme (Schriftliche Stellungnahme am 1. Januar 2012)
In vielen anderen Fällen konnten auf Informationen des Museumsverbandes Brandenburg
e.V. oder auf öffentlich zugängliche Informationen aus dem Internet oder der Presse
zurückgegriffen werden.
Die Einrichtungen, die sich ohne regionalen Bezug ausschließlich mit der DDR beschäftigen
blieben außerhalb der Betrachtung. Das gleiche gilt für die Gedenkstätten sowie für Literatur-,
Industrie- oder Naturmuseen, auch dann, wenn ihre Ausstellungen und ihre
Öffentlichkeitsarbeit die DDR-Thematik tangieren.
An eine größere Zahl von Museen wurden folgende Fragen verschickte und um eine kurze
Antwort gebeten, die auch in Stichworten formuliert sein könnte:
1. Welche Überlegungen waren für die Gestaltung des Museums maßgeblich?
2. Verfügt Ihr Museum über Objekte zur DDR-Geschichte?
3. Spielt die DDR-Geschichte in den Publikationen Ihres Hauses eine Rolle?
4. Führen Sie Veranstaltungen, Vorträge, Projekte durch, in denen die DDR-Geschichte
behandelt wird?
5. Können Sie sich vorstellen, in Ihrer Arbeit künftig die DDR-Geschichte künftig stär-
ker zu berücksichtigen?
6. Haben Sie die Möglichkeit, Sonderausstellungen zu zeigen?
7. Gibt es bezüglich des DDR-Themas Meinungsäußerungen Ihrer Besucher oder interne
Überlegungen?
Einige Museen reagierten auf entsprechende Anfragen gar nicht oder teilten nur lapidar mit,
dass sie aus Finanz- oder Personalmangel keinen DDR-Teil hätten. In sehr vielen Fällen
33
konzentrieren sich die kleineren Heimatmuseen nach eigenen Angaben auf Themen der
Vorgeschichte oder der Volkskunde, die eine Beschäftigung mit der DDR ausschließen.
In den oben so gekennzeichneten Fällen fanden ausführliche Gespräche und eine Führung
durch die Ausstellungen sowie in einigen Fällen durch die Depots statt. Das Gespräch
umfasste folgende Probleme:
1. Welchen Leitlinien folgte die Darstellung der Geschichte der SBZ/DDR bei der Neu-
konzipierung der Ausstellung? Wann fand diese Konzipierung statt? Wann wurden
die neuen Ausstellungen eröffnet?
2. Wie war die Darstellung der Geschichte seit 1945 in dem betreffenden Museum bis
1989/90? Wurden die alten Ausstellungen eingelagert oder fotografisch
dokumentiert? Waren Teile der alten Ausstellung brauchbar?
3. Wann und in welcher Form wurde die Ausstellungsteil DDR-Geschichte neu konzi-
piert und gestaltet? Welche Diskussionen und Auseinandersetzungen gab es im Kolle-
genkreis.
4. Wie war die Unterstützung der kommunalen und regionalen Behörden?
5. Gab es eine Zusammenarbeit mit den einschlägigen Archiven (Landeshauptarchiv
Brandenburg, Bundesarchiv u.a.)?
6. Welche Themen spielten eine bevorzugte Rolle? Stehen eher Ereignisse von nationaler
Bedeutung im Mittelpunkt, deren Widerspiegelung auf lokaler oder regionaler Ebene.
7. Wie sind die Besucherreaktionen auf die Darstellung der DDR-Periode in der Dauer-
ausstellung? Welche Themen stießen auf das größte Interesse? Welche Themen wur-
den vermisst?
8. In welchem Verhältnis stehen in der Dauerausstellung die politische Geschichte und
die Alltagsgeschichte?
9. Welche Dokumente wurden für die Dauerausstellung ausgewählt.
10. Gibt es Sachspenden aus dem Bereich der Alltagskultur?
11. Wie ist nach Meinung der Wissenstand der Besucher? Welche grundsätzliche Einstel-
lung dominiert?
12. Finden spezielle Führungen zum Thema DDR statt?
13. Gibt es pädagogische Angebote für Schüler? Wie schätzen die Museumsmitarbeiter
den Kenntnisse der Schüler ein?
14. Gibt es Veranstaltungen im Rahmen des Museum zum Thema DDR?
34
15. Treten die Mitarbeiter des Museums bei Veranstaltungen oder als Autoren in heimat-
geschichtlichen Periodika bzw. der Regionalpresse auf?
16. Wie sind die Erfahrungen mit Sonderausstellungen? Gibt es Möglichkeiten des
Tauschs?
17. Welche Projekte wurden mit Schülern durchgeführt? Wie vollzog sich die Arbeit mit
den Pädagogen und Schulbehörden? Gibt es besonders gelungene Beispiele für Schü-
lerprojekte?
18. Gibt es heimatgeschichtliche Publikationen zur Geschichte seit 1945? Wie sind die
Qualität und die Resonanz?
Stadtmuseum im Frey-Haus in Brandenburg an der Havel
Das Stadtmuseum Brandenburg geht auf eine Gründung des Historischen Vereins der
Havelstadt aus dem Jahr 1923 zurück. Seit 1939 befindet es sich in städtischer Trägerschaft.
1991 übernahm Dr. Hans-Georg Kohnke das Museum. Unterstützt von Fördermitteln des
Brandenburger Kulturministeriums und privater Sponsoren konzipierte er eine neue
Dauerausstellung, die 1997 eröffnet wurde. Auf 35 Quadratmetern Ausstellungsfläche
wurden schwerpunktmäßig wichtige Ereignisse der DDR-Geschichte dargestellt, u.a. der
Terror des NKWD, der Volksaufstand vom 17. Juni 1953. Im Jahr 2003 gab es anlässlich des
fünfzigsten Jahrestages des Aufstandes eine Sonderausstellung. Der Auskunft von Hans-
Georg Kohnke zufolge erregte die Ausstellung starken Widerspruch, insbesondere bei der in
der Stadt stark vertretenen PDS. Er mutmaßt, die Verantwortlichen in der Stadt möchten im
Museum nicht mit der eigenen politischen Vergangenheit konfrontiert werden. Die so
Angesprochenen weisen das natürlich entschieden zurück. In der öffentlichen Debatte wurde
dem Museumsleiter vorgehalten, die Besucherzahlen würden ständig sinken. Bis heute fühlt
sich der Leiter der Einrichtung von der Stadtverwaltung eher behindert als gefördert. Sein
Vorschlag, das Dachgeschosse auszubauen, um dadurch die Ausstellungsfläche zu verdoppeln
35
fand keine Unterstützung. Stein des Anstoßes war schließlich eine Schülerprojekt „Jugend in
der DDR“.
Abbildung 6: Symbol der unabhängigen Friedensbewegung in der DDR im Stadtmuseum Brandenburg (Foto: Stefan Wolle)
Ziel war es, den heute lebenden jungen Menschen einen Einblick in die Lebens- und
Erfahrungswelt ihrer Eltern und Großeltern zu ermöglichen. Keiner der Jugendlichen ist vor
1989 geboren, sie stammen zum Teil aus der „alten“ Bundesrepublik, zum Teil aus den
„neuen“ Bundesländern, zum Teil handelt es sich um sogenannte Spätaussiedler aus Staaten
der ehemaligen Sowjetunion. Sie alle mussten sich also ohne eigene Erfahrungen aber mit
unterschiedlichen biographischen Hintergründen dem Thema Jugend in DDR nähern. Neben
Forschungen im Bundesarchiv in Berlin-Lichterfelde, im Archiv der nunmehrigen „Jahn-
Behörde“ und im Stadtarchiv der Stadt Brandenburg an der Havel befragten die Schülerinnen
und Schüler auch Zeitzeugen aus der Stadt. Die Themenbreite der Ausstellung reicht von der
Jugendpolitik der SED, über das Bildungssystem hin zu Opposition und Widerstand. Während
die Schülerinnen und Schüler für die Ausstellung recherchierten, formierte sich in Teilen der
zu betrachtenden Generation ein nicht unerheblicher Widerstand gegen die Umsetzung der
36
Ausstellung. Es zeigte sich, dass man noch lange nicht davon sprechen konnte, dass die
Geschichte der DDR aufgearbeitet sei. Die Notwendigkeit eines gesellschaftlichen Gesprächs
wurde mehr als deutlich. Um dieses Gespräch zu fördern und die von den Schülerinnen und
Schülern erarbeiteten Themen weiter zu vertiefen, hat das Stadtmuseum Brandenburg an der
Havel gemeinsam mit den Kooperationspartnern Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-
Diktatur, Konrad-Adenauer-Stiftung und Brandenburgischer Juristischer Gesellschaft eine
Veranstaltungsreihe ins Leben gerufen.43
Insgesamt wird trotz der erfolgreichen Schülerprojekte die Zusammenarbeit mit den Schulen
von der Museumsleitung als sehr schlecht eingeschätzt. Schuld daran sei die Passivität der
Schulbehörde, so der Leiter des Stadtmuseums im Gespräch.
Stadtmuseum Cottbus
Seit 1960 existierte das Stadtmuseum Cottbus entsprechend der damaligen Struktur als
Bezirksmuseum. Nach 1990 erfolgte eine Umstrukturierung. 19993/94 wurden das
Stadtarchiv und das Stadtmuseum zusammengelegt. Unter dem gleichen Dach existiert seit
1994 ein Wendisches Museum sowie das Schloss Branitz, das sich dem Leben und Werk des
Fürsten Pückler widmet. Das eigentliche Stadtgeschichtliche Museum ist gegenwärtig verfügt
zwar über eine beachtliche Sammlung von ungefähr 80.000 bis 100.000 Objekten zur
Geschichte der Region, einschließlich einer kunsthistorisch wichtigen Sammlung von
Lausitzer Glas.44 Das Museum ist jedoch zur Zeit geschlossen und alle Bemühungen um eine
Neugestaltung der Ausstellung und eine baldige Wiedereröffnung scheinen in der Sackgasse
zu enden.
43 Vgl. Abschnitt Öffentlichkeitsarbeit und Publikationstätigkeit.44 Lausitzer Glas. Sonderausstellung im Bezirksmuseum Cottbus – Schloss Branitz, Cottbus 1978; Friedrich Bundtzen: GlasDesign 1950 bis 1975. Sonderausstellung im Schloss Branitz, hrsg. vom Bezirksmuseum Cottbus, 1990.
37
Abbildung 7: In den Ausstellungsräumen des geschlossenen Stadtmuseums Cottbus befinden sich nur noch schwer transportierbare Reste der alten Ausstellung wie dieser Zahnarztstuhl
(Foto: Stefan Wolle)
Die Einzelheiten dieser unhaltbaren Situation sind weiter unten im Zusammenhang mit den
Problemen zwischen Kommunen und Museen dargestellt.
Die faktische Schließung des Museums auf nicht absehbare Zeit ist umso bedauerlicher, als
das gerade Cottbus ein geeigneter Ort wäre, die Wirtschafts-, Industrie- und
Umweltgeschichte der DDR museal zu präsentieren.
Immerhin betreibt das Stadtmuseum unter Leitung von Steffen Krestin auf dem Gebiet der
DDR-Geschichte eine sehr aktive Öffentlichkeitsarbeit. Insbesondere gab es eine Reihe von
Sonderausstellungen. Wenn die Räumlichkeiten im Foyer des Rathauses von der
Museumsleitung auch als ungeeignet eingeschätzt werden, erzielten sie dennoch eine große
Resonanz. Immerhin fanden in den genannten Sonderausstellungen Gegenwartsthemen einen
breiten Raum. 2000 wurde das Textilkombinat Cottbus vorgestellt, 2009 die Jugendkultur der
38
Region, insbesondere die Punkband Sandow. Für 2012 ist eine Ausstellung über die
sozialistischen Stadtzentren geplant.
Abbildung 8: Planungen für die sozialistische Stadt Anfang der sechziger Jahre im Städtischen Museum Eisenhüttenstadt (Foto: Stefan Wolle)
39
Städtisches Museum Eisenhüttenstadt
Das Stadtmuseum Eisenhüttenstadt – nicht zu verwechseln mit dem Dokumentationszentrum
DDR-Alltagskultur – vereinigt drei Häuser mit unterschiedlichem Profil. Zum einen das
Feuerwehr- und Technikmuseum, zweitens die Galerie und Kunstsammlung und schließlich
die stadtgeschichtliche Abteilung.
Im Feuerwehr- und Technikmuseum spielt die DDR nur insofern eine Rolle, als das gezeigt
wird, wie veraltet die Löschtechnik war. Noch bis in die siebziger Jahre hinein nutzte die dem
Ministerium des Inneren unterstehende meist freiwillige Feuerwehr Löschgeräte aus der Zeit
von vor 1945.
Die Kunstsammlung hat aufgrund finanzieller Beschränkungen seit 1990 kaum noch
Zugänge. Es existiert allerdings eine Sammlung von Ölbildern, Plastiken, Aquarellen und
Grafiken der DDR-Kunst, die in wechselnden Ausstellungen gezeigt werden.
In der stadtgeschichtlichen Sammlung ist die DDR-Zeit naturgemäß stark präsent, ist doch die
Stadt erst durch die Gründung des Eisenhüttenkombinats Ost im Jahr 1950 und durch den
Ausbau von Stalinstadt zu ihrem Charakter als sozialistische Planstadt gekommen, der sie
städtebaulich bis heute prägt. Seit 1980 existiert das Museum als stadtgeschichtliche
Sammlung. Der Bestand an Sachzeugnissen wird vom Leiter des Museums, Harmut Preuß, als
„eher bescheiden“ eingeschätzt. Es existiert aber ein reger Tauschverkehr mit dem
ortsansässigen Doku-Zentrum.
40
Abbildung 9: 1961 entferntes Ortseingangschild von Stalinstadt im Städtischen Museum Eisenhüttenstadt (Foto: Stefan Wolle)
Die Ausstellung hält sich strikt an ihr Thema, die Stadtgeschichte von
Fürstenberg/Stalinstadt/Eisenhüttenstadt. Natürlich sind sich die Ausstellungsmacher des
Zwiespaltes bewusst, auf der einen Seite den Stolz auf die Heimatstadt zu pflegen, der sich ja
fast ausschließlich aus dem Industriestandort ergibt, auf der anderen Seite die Schattenseiten
des sozialistischen Systems nicht unter den Tisch fallen zu lassen. Doch gelingt diese
Gratwanderung hervorragend. Während eine Forschungs- und Publikationstätigkeit nur sehr
eingeschränkt möglich ist, wurde in den letzten Jahren eine Reihe von Schülerprojekte
durchgeführt. Erwähnenswert ist das Projekt „Ehe auf Probe. Eine deutsch-deutsche
Geschichte über die Städtepartnerschaft zwischen Saarlouis und Eisenhüttenstadt“. Die Arbeit
wurde 2011 mit dem Förderpreis des Bundespräsidenten ausgezeichnet. Zum gleichen Thema
wurde anlässlich des 25jährigen Jubiläums der ersten deutsch-deutschen Städtepartnerschaft
eine Sonderausstellung gestaltet. Bemerkenswert viele Sonderausstellungen wurden
41
übernommen und in Eisenhüttenstadt gezeigt. So 2009 die Ausstellung der Friedrich-Ebert-
Stiftung „Wir haben die Machtfrage gestellt! SDP-Gründung und friedliche Revolution
1989/90“. Im gleichen Jahr wurde die Ausstellung des Vereins Brandenburger Ingenieure und
Wissenschaftler e.V. „50 Jahre Technologie- und Halbleiterstandort Frankfurt/Oder“ gezeigt.
2010 die Ausstellung der Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten „Aufstand hinter Gittern –
Der Gefangenenaufstand in der Strafvollzugsanstalt Brandenburg 1989“. Alle Ausstellungen
wurden durch Veranstaltungen begleitet.
Museum und Galerie Falkensee
Das Museum in Falkensee geht auf eine Tradition zurück, die in der Nachkriegszeit begann.
Mehrere Heimatforscher, an deren schätzenswerte Tätigkeit in der jetzigen Ausstellung
erinnert wird, widmeten sich ehrenamtlich der Sammlung von prähistorischen Fundstücken
und naturkundlichen Präparaten. 1976 entstand ein Heimatmuseum, dessen Ausstellung nach
einem Umzug in Jahr 1992 zunächst übernommen wurde. In den folgenden Jahren wurde von
zwei Wissenschaftlerinnen und der Museumsleiterin Gabriele Helwig eine gänzlich neue
Konzeption erarbeitet und umgesetzt. Dies war möglich durch eine Förderung der
Bundesstiftung für die Aufarbeitung der SED-Diktatur und die Unterstützung der
Ostdeutschen Sparkassenstiftung. Die neue Dauerausstellung wurde am 16. Mai 2010
eröffnet. Die Präsentation auf einer Ausstellungsfläche von 160 Quadratmetern ist
gestalterisch wie inhaltlich sehr ambitioniert. Von dem verstaubten Image der Heimatmuseen
älteren Stils ist hier nichts mehr zu spüren. Die Dauerausstellung ist nach sechs Aspekten
gegliedert. Die erste Rubrik ist die Natur. Hier kann das Museum mit den reichhaltigen
Bestand an Tierpräparaten zurückgreifen. Die zweite Rubrik heißt „Leben im Havelland“.
Hier stehen die Fundstücke aus der slawischen Zeit im Vordergrund. Es folgt ein Abschnitt
zur Siedlungsgeschichte. Die folgenden drei Kapitel berichten über den Alltag in der NS-
42
Zeit, über die Aufbruchsstimmung in der frühen DDR und über die Veränderungen, die der
Mauerbau 1961 mit sich brachte.
Den roten Faden durch die Ausstellung bildet die Erinnerung der Dichterin Gertrud Kolmar,
die von 1923 bis zu ihrer Deportation nach Auschwitz mit ihrer Familie in einem Ortsteil von
Falkensee wohnte.45 Zitate aus den Gedichten der Lyrikerin begleiten den Besucher während
des gesamten Rundgangs. Neben dem Museum ist ein Rosengarten im Entstehen, in dem die
Blumen gepflanzt werden, denen Gertrud Kolmars einen Gedichtzyklus gewidmet hat.46
Schräg gegenüber stehen die steingrauen Büsten von Karl Marx und Wladimir Iljitsch Lenin,
die 1954 im Rahmen des Nationalen Aufbauwerks (NAW) geschaffen wurden und bis zur
Wende das Stadtbild zierten. Auf eine Büste von Stalin, die bereits 1961 beseitigt wurde und
nicht erhalten ist, wird im Ausstellungskatalog verwiesen.47 Die totalitären Systeme des
vergangenen Jahrhunderts werden so auf „unplaktive“ Art in einen Zusammenhang gestellt,
der zum Nachdenken anregt.
Auf ähnlich unaufdringliche Art wird in der Ausstellung die DDR-Geschichte integriert. Die
Geschichte der Berliner Randgemeinde ist von 1961 bis 1989 durch die Sperranlagen der so
genannten Mauer geprägt worden. Daran wird ausführlich erinnert. Ortsbezogene Objekte und
Dokumente der politischen Geschichte sind geschickt kombiniert. Es fehlen keineswegs die
obligate Schrankwand und Stücke des DDR-Designs. Die Produkte stammen jedoch
ausschließlich aus ortsansässigen Betrieben und zeigen die Schwierigkeiten der
sozialistischen Planwirtschaft.
In einer biographischen Abteilung wird an bekannte Einwohner von Falkensee erinnert.
Darunter finden sich u.a. auch die erwähnten Sammler Fritz Müller und der ehrenamtliche
45 Wagner, Richard: Das Wohnhaus der Familie Chodziesner in Finkenkrug, in: Heimatjahrbuch für Falkensee und Umgebung 2012, S. 39 ff. 46 Müller, Hiltrud: Jede Rose ein Gedicht. Hinter dem Museum der Stadt Falkensee entstand ein Gertrud-Kolmar-Rosengarten, in: Heimatjahrbuch für Falkensee und Umgebung 2011, S. 80 ff.; Helbig, Gabriele: Eine Rose für Gertrud Kolmar, in: ebd. 2012, S. 89.47 Zeiteinblicke. Katalog zur Dauerausstellung. Museum und Galerie Falkensee. S. 45.
43
Bodendenkmalpfleger und Arzt Manfred Kluger. Auf diese Weise stellt sich das Museum in
eine heimatkundliche Tradition, ohne diese Traditionslinie bruchlos übernehmen zu wollen.
Das Museum Falkensee befindet sich in städtischer Trägerschaft und wird von einem Verein
der Freunde und Förderer von Museum und Galerie unterstützt. Eine Förderung durch den
Landkreis oder das Land findet nicht statt. Deswegen beschränkt sich der Etat für Ankauf,
Beschaffung, Inventarisierung und Restaurierung einschließlich der Honorarmittel auf jährlich
10.000 Euro. Dies macht eine Aufarbeitung der Fotosammlung gegenwärtig schwierig. Es
handelt sich dabei um einen größeren Bestand eines Pressefotografen, der lange Zeit für
Illustrierte der DDR tätig war.
Trotzdem bemüht sich das Museum, die Sammlung von Objekten, Dokumenten und
Kunstgegenständen weiterzuführen. Das Museum betreibt in Zusammenarbeit mit anderen
Einrichtungen wie der Urania Potsdam ein interessantes Veranstaltungsprogramm. Sehr viele
Aktivitäten konzentrieren sich auf Gertrud Kolmar. Doch auch der DDR sind Veranstaltungen
gewidmet. Für den Sommer 2012 ist eine Open-Air-Kino-Sommernacht geplant, in welcher
der DEFA-Film „Beschreibung eine Sommers“ von 1962 vorgestellt wird, der nach einem
Roman des in Falkensee ansässigen Schriftstellers Karl-Heinz Jakobs gedreht wurde.
Museum Viadrina Frankfurt (Oder)
Das Museum Viadrina im Junkerhaus am Oderufer war von 1986 bis 2003 wegen
Baufälligkeit geschlossen. Während der langen Zeit der Restauration konnte auch die
Neugestaltung der Ausstellung durchgeführt werden. Organisatorisch befinden sich das
Museum Viadrina und die Galerie Junge Kunst unter einem Dach. Die Galerie verfügt über
eine umfangreiche und wertvolle Sammlung von DDR-Kunst, die in wechselnden
Sonderausstellungen immer wieder gezeigt werden. Die Zusammenarbeit zwischen den
Institutionen hat sich bewährt.
44
Vor allem aber betreut das Museum Viadrina eine Gedenk- und Dokumentationsstätte für die
Opfer politischer Gewaltherrschaft in den Jahren 1933 bis1945 und 1945 bis 1989.
Auch im Museum Viadrina in Frankfurt (Oder) hat man sich nach der Neueröffnung 2003
entschlossen, die DDR-Darstellung in der unweit des Junkerhauses befindliche Gedenkstätte
zu konzentrieren. Auf dem Gelände befand sich bereits im 18. Jahrhundert ein Arbeitshaus,
seit 1812 das Polizei- und Gerichtsgefängnis. Nach 1933 war hier die Gestapo untergebracht,
nach dem Krieg die sowjetischen Sicherheitsorgane. Etwa 1950 übernahm das Ministerium
für Staatssicherheit das Gebäude, das es bis 1969 als Untersuchungshaftanstalt nutzte. In den
Jahren 1950 bis 1952 befand sich hier auch eine Hinrichtungsstätte. Nach 1969 gehörte das
Gebäude zum Bereich des Ministeriums des Inneren.
Im Erdgeschoss entstand 1994 eine Gedenk- und Dokumentationsstätte für die Opfer der
politischen Gewalt 1933-1945/1945-1989.48 Die Frage der Unvergleichbarkeit oder
Vergleichbarkeit von nationalsozialistischem und kommunistischem Terror wird hier durch
eine Querstrich gelöst.
Im Januar 2004 wurde ein Kooperationsvertrag zwischen der Stadt Frankfurt (Oder) als
Träger des Museums Viadrina und dem Bundesbeauftragten für die Unterlagen des
Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR (BStU) geschlossen. Dieser Vertrag regelt die
Verantwortlichkeiten für die inhaltliche Gestaltung und den Betrieb der Einrichtung. Die
Gedenkstätte umfasst einige im Originalzustand wieder hergerichtete Zellen, u.a. die
Arrestzelle sowie die Hinrichtungsstätte. In den Gängen des Gefängnisses und im
Veranstaltungsraum dokumentiert eine Ausstellung die politische Verfolgung zwischen 1933
und 1989. Unter dem Dach des ehemaligen Gefängnisgebäudes befinden sich weitere
Kultureinrichtungen der Stadt wie die Musikschule und Teile der Stadtbibliothek.
Das Museum Viadrina konzentriert die Erinnerungsarbeit und Aufklärung auf die
Gedenkstätte für die Opfer politischer Gewalt. Dabei fehlen keineswegs die lokalen Bezüge.
48 Gedenk- und Dokumentationsstätte. Opfer politischer Gewaltherrschaft in den Jahren 1933-1945 und 1945-1989. Begleitheft, Frankfurt (Oder) 2010.
45
In der stadtgeschichtlichen Dauerausstellung beschränkt sich die Präsentation der DDR auf
einige wenige lokalgeschichtliche Dokumente und Exponate. Im Mittelpunkt stehen die
Zerstörung der Stadt 1945, die Teilung der Stadt durch die neue Grenzziehung, die verfehlten
Wiederaufbaupläne der Nachkriegszeit und die Bedeutung der Stadt als letzte Station der
Rückkehr vieler Kriegsgefangener und Zivilinternierter aus der Sowjetunion und Polen. Hinzu
kommen einige Vitrinen mit Produkten aus Frankfurter Betrieben´, die im Grund wenig
aussagen. Dabei hätte das Museum Viadrina weitere Möglichkeiten der DDR-Aufarbeitung.
Beispielsweise ist die gegenständliche Überlieferung des Traditionskabinetts des
Halbleiterwerks komplett im Museum Viadrina übernommen werden, die schriftliche
Überlieferung befindet sich hingegen im Stadtarchiv. Aus diesem Material ließe sich
angesichts der Bedeutung der Frankfurter Chipfabrikation eine interessante Sonderausstellung
gestalten.
Städtisches Museum Fürstenwalde/Spree
Das Museum Fürstenwalde hat seine Ursprünge in der Sammlung des Vereins für
Heimatkunde. Zum Jahreswechsel 19115/16 konnte die erste Ausstellung eröffnet werden.
Nach dem Zweiten Weltkrieg blieb das Museum zunächst geschlossen und wurde erst 1954
wiedereröffnet.
Die Dauerausstellung folgt dem chronologischen Prinzip und ist in fünf Abschnitte gegliedert.
Der letzte Bereich steht unter dem Thema „Demokratie und Diktatur“. Die Entwicklung der
Stadt während der DDR-Zeit wird durch eine Chronologie erschlossen, die lokalgeschichtlich
wichtige Ereignisse und politische Vorgänge kombiniert. Erwähnenswert ist, dass sich die
Darstellung der Stationierung sowjetischer Truppen nicht auf die unmittelbare Nachkriegszeit
oder die Sowjetische Besatzungszone beschränkt. Aus der Hinterlassenschaft der
abgezogenen Russischen Armee wurde u.a. eine Tafel mit den Vorschriften für den
46
Postverkehr der Soldaten in die Sammlung aufgenommen. Diese Vorschriften sind ein
interessanter Beitrag zum Verständnis des Alltagslebens der russischen Soldaten, denen
während ihrer zweijährigen Dienstzeit in der Regel ein einziger Heimaturlaub gewährt wurde.
Abbildung 10: Anweisung für den Postverkehr der in der DDR stationierten sowjetischen Soldaten im Städtischen Museum Fürstenwalde/Spree (Foto: Stefan Wolle)
Die DDR-Gesellschaft wird überwiegend anhand der Produkte aus den ortsansässigen
Betrieben geschildert. Ausgewählten Produktionsbetrieben werden jeweils eine Schrifttafel
sowie Modelle oder Mustern von Produkten gewidmet. Es handelt sich dabei um den VEB
Reifenkombinat Fürstenwalde, den VEB Straton, den VEB Kali-Chemie, der Latexfarben
produzierte, den VEB Gisag sowie VEB Gaselan, der Tankanlagen produzierte. Angesichts
der Tatsache, dass die Kleinstadt ein wichtiger Industriestandort war, ist dieser Teil der
Stadtgeschichte sicherlich unverzichtbar. In allen Fällen wird darauf verwiesen, was aus den
Betrieben nach 1990 geworden ist.
47
Sehr anschaulich ist die Darstellung der Wendeereignisse von 1989/90 anhand von originalen
Transparenten der Demonstrationen im Herbst 1989, die von den Demonstranten dem
Heimatmuseum übergeben worden waren.
Abbildung 11: Politische Losungen der Demonstrationen im Herbst 1989 im Städtischen Museum Fürstenwalde (Foto: Stefan Wolle)
Die Schwierigkeiten einer Reduktion der Darstellung auf rein betriebliche oder technische
Vorgänge zeigt eine Sonderausstellung über die Geschichte der Post in Fürstenwalde. Die Das
die Objekte beschränken sich auf eine Postuniform und einige Utensilien aus einem DDR-
Postamt wie z.B. eine Briefwage und einen Postsack. Auf einer Schrifttafel wird als eines der
wenige Ereignisse aus der DDR-Zeit erwähnt, dass 1978 aus der dreistelligen Postleitzahl eine
vierstellige wurde. Immerhin wird die Wiedervereinigung nicht vergessen. Zu 1990 heißt es:
„Nach der deutschen Wiedervereinigung wird den Postleitzahlen provisorisch in der
ehemaligen DDR ein O, in den alten Bundesländern ein W vorangestellt. So sollen
Überschneidungen in den Postleitzahlen verhindert werden.“ Dafür erfährt man nichts über
die Überwachung, die Postkontrolle, die Zurückweisung von Sendungen durch den Zoll usw.
48
Sehr gut gestaltet ist dagegen die Präsentation des künstlerischen Lebenswerkes von Gerhard
Goßmann (1912 bis 1994).49 Der bekannte Illustrator hat viele Jahrzehnte in Fürstenwalde
gelebt und 1989 einen großen Teil seines Werks dem Museum geschenkt. Darunter befanden
sich 257 Gemälde, die Originale zu Illustrationen von 107 Büchern und fast 2.000 Grafiken,
Aquarelle und Pastelle.
Abbildung 12: Sammlung Gerhard Goßmann im Städtischen Museum Fürstenwalde/Spree (Foto: Stefan Wolle)
Museum im Mönchskloster Jüterbog
1980 übergab die evangelische Kirchengemeinde die Mönchenkirche dem damaligen Rat des
Kreises Jüterbog. Dieser beschloss den Ausbau der Kirche zur Stadtbibliothek und Theater-
und Konzertstätte, die beide 1985 eröffnet wurden. Im ehemaligen Klosterflügel war bis 1993
eine Berufschule eingerichtet. Nach Auflösung der Berufsschule und Übergabe des
Klosterflügels vom Landkreis an die Stadt Jüterbog fassten die Stadtverordneten 2001 den
Beschluss, das Gesamtareal - das damals zur Hälfte leer stand - zu sanieren und die
kommunalen Kultureinrichtungen dort an zentraler Stelle unterzubringen. 2001 bis 2005
49 Vgl. Abschnitt Variante 2: Exemplarische Darstellung der DDR-Entwicklung anhand verschiedener lokal bedeutsamer Themen.
49
wurde das alte Mönchenkloster schrittweise, auch mit EU-Mitteln saniert, und der
Öffentlichkeit wieder zugänglich gemacht. 2005 neu eröffnet, beherbergt die Mönchenkirche
heute die Stadtinformation, die Stadtbibliothek und die Bühne mit vielfältigen
Veranstaltungsangeboten. In das ehemalige Klostergebäude ist das Museum eingezogen, in
einem Schulbau des 19. Jahrhundert befindet sich jetzt das kulturhistorische Archiv.
Wie in Prenzlau oder Luckau ordnet sich das Museum Jüterbog also in ein historisch
gewachsenes architektonisches Ensemble ein. Angesichts der speziellen Geschichte des Ortes
nimmt das Mittelalter natürlich einen großen Raum ein. Doch auch die neueren
Geschichtsperioden sind berücksichtig. Das Museum teilte dazu in einer schriftlichen
Stellungnahme mit: Hauptthemen der Stadtgeschichte sind Mittelalter, Reformation und die
Geschichte der Garnison (hier vor allem das . 19. und 20. Jahrhundert.). Garnison umfasst in
diesem Fall auch die sowjetische Präsenz von 1945 bis 1994. Auch die Spannungen mit der
Bevölkerung sind im Museum Jüterbog kein Sonderthema oder Tabubereich, wie es der
schriftlichen Stellungnahme des Museums heißt, sondern von Anfang an völlig normal mit
einbezogen, wie das Dritte Reich, die Kaiserzeit oder andere Zeitabschnitte. An DDR-
Objekten besitzt das Museum ca. 5.000 Stück. Sie betreffen die Bereiche Schule, NVA,
Betriebsutensilien, Fotos, viele Plakate, Haushalt, Medaillen , Abzeichen, Orden, Zeitungen
und Zeitschriften. In der Ausstellung sind folgende Themen präsent: Betriebsfotos,
sowjetisches Militär, lokale VEB-Erzeugnisse, Mitgliedsausweise, Pionier- und GST-
Uniformen, Lebensmittelmarken und Handzettel. Spezielle Führungen für Schüler finden im
Museum zu den Themen Kalter Krieg und Schulgeschichte Jüterbogs zu DDR-Zeiten.
Zur Frage der Besucherresonanz schreibt der Leiter des Museums. „Die meisten Besucher mit
DDR-Hintergrund freuen sich über bestimmte Wiedererkennungen, z.B. in einer Serie
Betriebsfotos von 1989. Insgesamt finden es Besucher gut, dass dieses Thema weder
weggelassen noch als separate „rote Zone“ behandelt wird, was uns auch wichtig ist.
50
Besucher mit West-Hintergrund stellen erstaunt fest, dass es damals auch schon Cola oder
andere Alltagsdinge hier gab bzw. einzelne Firmen immer noch vor Ort produzieren, z.B.
Jütro (saure Gurken und Obstkonserven) Wir bekommen auch fast täglich neue Objekte zu
diesem Zeitraum, z.B. Zeitungen, Hausrat, Medaillen, Fotos, und stellen diese Dinge (als
Ansporn für andere) zuerst immer in einer „Zugangs-Vitrine“ im Foyer des Museums aus.“
Oderlandmuseum Bad Freienwalde
Das Oderlandmuseum gehört zu den ältesten Museen des Landes Brandenburg. Es wurde
1889 gegründet. Seit 1952 ist in einem Barockhaus im Zentrum der Stadt untergebracht. Auf
der Website beschreibt das Museum sein Profil: „In der Ausstellung erfahren Sie einiges über
die Besiedlungsgeschichte des Oderbruchs, dessen Trockenlegung im 18. Jahrhundert das
Landschaftsbild wesentlich veränderte. Außerdem wird die Geschichte von Bad Freienwalde
als ältestem Kur- und Badeort der Mark Brandenburg gezeigt.“50
Der Museumsleiter teilte hierzu schriftlich mit: „Wir sind das Regionalmuseum des
Oderlandes […] mit dem Schwerpunkt Kulturgeschichte und Volkskunde der Region.
Außerdem stellen wir die Geschichte der Kur- und Badestadt aus. In der letzteren Abteilung
sprechen wir in der ständigen Ausstellung kurz auch die DDR-Zeit an.“
Allerdings verfügt das Museum auch über Objekte aus der DDR und vervollständigt seine
Sammlung. Im Heimatkalender kommen auch Aspekte der DDR-Geschichte zur Sprache, so
z.B. im Zusammenhang mit dem dreihundertjährigen Jubiläum der Oderbruchbahn. Weitere
Sonderausstellungen Publikationen oder Vorträge zum Thema DDR gibt es keine und sie sind
auch nicht geplant.
50 http://www.oderlandmuseum.de.
51
Stadt- und Regionalmuseum Lübben
Das Museum Lübben wurde 2001 eröffnet.51 Begrüßt wird der Besucher vom Kirchendichter
Paul Gerhardt, der von 1669 bis zu seinem Tode am 27. Mai 1676 in der damaligen
Stadtkirche als Pfarrer tätig war. In der Abteilung für Ur- und Frühgeschichte sieht man eine
Nachbildung des Burger Kultwagens (etwa 10. bis 8. Jh. v. Chr.) oder Münzfunde aus dem
13. oder 12. Jh. v. Chr. Viele Gefässe oder Scherben von Urnen, Vasen, Öllampen oder
Vorratsgefäßen erzählen ihre Geschichte. Doch auch Exponate aus der Napoleonischen
Besatzungszeit. Beeindruckend ein fast zwei Meter langes Richtschwert und ein Schlitten, mit
dem die zum Tode Verurteilten zur Hinrichtungsstätte gebracht worden.
Die Direktorin des Museums teilte schriftlich mit, es sei Anliegen ihres Museums in seinen
Dauer- und Sonderausstellungen die gesamte Geschichte der Stadt Lübben sowie der
Niederlausitz abzudecken.52 Er räumt in seiner schriftlichen Stellungnahme ein: „Im Rahmen
unserer Dauerausstellung kommt die DDR-Zeit in der Tat vielleicht etwas zu kurz. Dies war
zum Zeitpunkt der Einrichtung des Museums vor zehn Jahren auch ein Platzproblem.
Aufgrund der Tradition des Museums und der besonderen Geschichte der Stadt Lübben liegen
die Schwerpunkte der Präsentation eher auf der Archäologie, im 17. Jahrhundert sowie auf der
Spreewald Ethnologie. Aus diesem Grund haben wir uns ader DDR-Zeit in den letzten Jahren
verstärkt in Form von Sonderausstellungen angenommen und möchten dies in nächster Zeit
noch weiterführen.“
Im Einzelnen werden genannt: „Lübben nach dem Inferno – Die Jahre 1945-1961 (2010/11)“,
„Friedlicher Aufbruch in Lübben 1989/90“ (2009/10), „Rote Lippen soll man küssen –
Lübben und Lübbener auf Fotos der 60er Jahre“ (2009). Der Direktor des Stadt- und
Regionalmuseums schreibt weiter: „Zeitgenössische Themen kommen bei den Besuchern in 51 http://www.luebben.com. 52 Korrigierter Text. In der ersten Fassung des Gutachtens vom 20.04.2012 hieß es: „Der Direktor des Museums teilte schriftlich mit, es sei Anliegen seines Museums in seinen Dauer- und Sonderausstellungen die gesamte Geschichte der Stadt Lübben sowie der Niederlausitz abzudecken.“
52
der Regel gut an, da die Leute besser an persönliche Erfahrungen anknüpfen können.“
Mittlerweile besitzt das Museum, das seine Sammeltätigkeit erst vor zehn Jahren
aufgenommen hat, eine größere DDR-Sammlung, die sich kontinuierlich weiter ausbaut
Niederlausitz-Museum Luckau
Das Museum in Luckau trägt bereits aufgrund seiner Räumlichkeiten einen besonderen Cha-
rakter. Auf dem Gelände eines mittelalterlichen Klosters entstand bereits im 18. Jahrhundert
eine ein Zucht- und Armenhaus. Später wurde der Gebäudekomplex durch immer neue An-
bauten erweitert. Der bekannteste Häftling ist sicher Karl Liebknecht, der hier von 1916 bis
zum Oktober 1918 inhaftiert war. In der NS-Zeit waren etwa die Hälfte der Insassen politi-
sche Häftlinge. Nach dem Krieg unterstand die Haftanstalt zunächst dem sowjetischen
NKWD. In der DDR-Zeit waren hier sowohl kriminelle als auch politische Häftlinge. Seit
1990 diente das Gefängnis als Frauenhaftanstalt. Mit dem Neubau eines Frauengefängnisses
außerhalb von Luckau endete 2005 die Nutzung des ehemaligen Klostergeländes als Gefäng-
nis.
53
Abbildung 13: Ehemalige Haftanstalt Luckau, die heute Teil des Gebäudekomplexes Kulturkirche ist (Foto: Stefan Wolle)
Das Museum in Luckau wurde im Jahre 1912 als Kreisheimatmuseum eröffnet. 1958 wurde
das Luckauer Museum als Kreismuseum mit dem Schwerpunkt „Landwirtschaft vom LPG"
bestimmt. Daneben blieb der stadthistorische Anspruch erhalten Seit 1969 ist das Museum,
das weiterhin als Kreismuseum bezeichnet wurde, in städtischer Trägerschaft. 1991 wurde es
umbenannt in Heimatmuseum Luckau und 2001 in Niederlausitz-Museum Luckau. Insgesamt
hat es sein Profil als Stadt- und Regionalmuseum in der Tradition der Heimatmuseen bewahr-
t.Das Museum Luckau zog 2008 in die Kulturkirche in Nähe des Marktplatzes in Luckau.
Diese Kirche hat eine Geschichte, die deutschlandweit ihresgleichen sucht. Die Konzeption
wurde inhaltlich von der Museumsleiterin Helga Tuček, und der Kunsthistorikerin Dr. Iris
Berndt erarbeitet. Die Geschäftsführerin des Museumsverbandes Brandenburg Dr. Susanne
Köstering wirkte beratend und begleitete die Erarbeitung der Dauerausstellung.
54
Die Dauerausstellung trägt den Titel "Luckau - Tor zur Niederlausitz. Mensch, Kultur,
Natur." Sie löst sich gänzlich vom chronologischen Schema sondern untergliedert die
Präsentation in drei thematische Schwerpunkte.
Das erste Thema lautet: Mensch und Natur. Der Bereich besteht aus großen Dioramen, welche
sowohl von vorn als auch durch Sehschlitze von hinten betrachtet werden können. Die vom
Fenster aus sichtbare Vorderseite zeigt Wald: unheimlich, mythisch, feindlich - und die Tiere
des Waldes.
Der zweite Bereich steht unter dem Thema: Stadt-Land-Beziehungen: An den Außenwänden
und Fenstern geht die Ausstellung sodann in eine chronologisch strukturierte Erzählung über
die Stadt-Land-Beziehungen von der frühen Besiedlung des Luckauer Beckens bis in die
jüngste Vergangenheit über. Landwirtschaft unter verschiedenen sozialen, wirtschaftlichen
und politischen Vorzeichen spielt darin eine tragende Rolle. Objekte, Dokumente und
Fotografien stützen die komplexe Erzählung. Blickfang und Glanzstück der Ausstellung ist
ein Traktor sowjetischer Bauart aus der Nachkriegszeit. So wird die Bodenreform auf
eindringliche und attraktive Weise präsentiert ohne, dass die ewig gleichen Dokumente
vorgeführt werden. Das dritte Thema ist die Stadt Luckau. Natürlich spielt in so einer alten
Stadt wie Luckau das Mittelalter und die frühe Neuzeit eine hervorragende Rolle. Aber auch
die Erinnerung an die DDR kommt nicht zu kurz. Die Objekte und Dokumente sind konkret
auf die Stadtgeschichte bezogen und insofern sehr aussagekräftig.
55
Abbildung 14: Sowjetischer Traktor, wie er in der Nachkriegszeit in der Landwirtschaft der SBZ eingesetzt wurde (Foto: Stefan Wolle)
Heimatmuseum Luckenwalde
Das Heimatmuseum Luckenwalde wurde 2006 nach einer aufwendigen Sanierung des Gebäu-
des neu eröffnet. Die ständige Ausstellung ist in der ersten Etage zu finden, während Son-
derausstellungen im Erdgeschoss zu besichtigen sind. Im gleichen Gebäude befindet sich die
Tourist-Information.
Die ständige Ausstellung "Luckenwalde - zur Geschichte einer Industriestadt" vermittelt
einen Überblick über die Geschichte von Industrie, Handwerk und Lebensweise in der Stadt.
Eine zweite Dauerausstellung gibt Einblick in die Geschichte des Kriegsgefangenenlagers
Stalag III A.
56
Das Gebäude im Zentrum der alten Stadt wurde aufwendig restauriert und die Ausstellung
gänzlich neu gestaltet. Dabei konnten der Museumsleiter und seine Mitarbeiter eine
stadtgeschichtliche Sammlung nutzen, dessen Ursprünge bis in Jahr 1906 zurückreichen.
Nach der Neuorientierung der Heimatmuseen in den frühen fünfziger Jahren konnte das
Museum 1954 wieder eröffnet werden. 1985 wurde das Haus als Kreis-Heimatmuseum
eingestuft. Die alte Ausstellung wurde 1993 provisorisch neu gestaltet. Die alte Ausstellung
wurde 2004 geschlossen, dann erfolgten der zweijährige großzügige Umbau und die gänzliche
inhaltliche Neugestaltung der Dauerausstellung. Als Glücksumstand erwies sich die Tatsache,
dass Luckenwalde im Rahmen des europäischen Förderprogramms Urban II insgesamt 20,16
Millionen Euro für die Ausgestaltung der Kultureinrichtungen erhielt.53 Da rechtzeitig die
notwendigen Konzeptionen vorlagen, hat das Heimatmuseum von diesem Geld kräftig
profitiert. Die gute Zusammenarbeit mit der Bürgermeisterin wird vom Museumsleiter
ausdrücklich gelobt. In Luckenwalde hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass ein
florierendes Heimatmuseum ein nicht zu unterschätzender Faktor für die Entwicklung einer
lebendigen Stadt sein kann. Dazu trägt auch auf eine intensive Vortrags- und
Publikationstätigkeit bei.54 Außerdem ist das Museum im Kulturleben von Luckenwalde
durch etwa zehn Sonderausstellungen im Jahr stets präsent. Die gute Zusammenarbeit mit der
Stadt wirkt sich auch auf die Personalsituation. Zwei Mitarbeiter sind damit beschäftigt, die
etwa 70.000 bis 75.000 Exponate zu inventarisieren. Wie der Museumsleiter berichtet,
kommen nahezu täglich neue Spendenangebote.55 Viele Luckenwalder Bürger sehen ihre
Erinnerungstücke im Heimatmuseum gut aufgehoben. Das betrifft auch Exponate aus der
DDR-Zeit, neben Sachzeugnissen vor allem Fotos, Dokumente und andere Schrift- und
Bildzeugnisse. Das Museum verfügt über 160.000 Fotos und 10 Stunden Film. Die
53 http://www.luckenwalde.de/wirtsch/dokument/1-9_lw_stellt_sich_katalog_2011.pdf.Korrigierter Text. In der ersten Fassung des Gutachtens vom 20.04.2012 hieß es: „Als Glücksumstand erwies sich die Tatsache, dass Luckenwalde im Rahmen eine europäischen Förderprojekts 47 Millionen Euro für die Ausgestaltung von Kultureinrichtungen erhielt.“54 Vgl. Abschnitt Öffentlichkeitsarbeit und Publikationstätigkeit. 55 Vgl. Abschnitt Sammeltätigkeit.
57
Sammlungen sind vor Ort zugänglich aber nicht über virtuelle Datenbanken zu erschließen.
Auf dieses Problem wird an anderer Stelle eingegangen.56
Das Sammelprinzip des Luckenwalder Heimatmuseums folgt einem einfachen aber
überzeugenden Prinzip. „Niemand wird mit seinen Sachspenden weggeschickt“, meint der
Museumsleiter im Gespräch. „Zur Not werden die Sachen anschließend weggeworfen.“
Die Dauerausstellung des Heimatmuseums Luckenwalde integriert die DDR-Thematik auf
geschickte Art und Weise. Sie unternimmt nicht den Versuch,, die gesamte Geschichte der
Sowjetischen Besatzungszone und der DDR von 1945 bis 1990 in einem geschlossenen
Ausstellungsbereich zu konzentrieren sondern hebt einzelne interessante Fakten der
Stadtgeschichte hervor. So widmet sie der lokalen Gründung einer sozialistischen
Einheitspartei noch vor der formellen Zulassung von KPD und SPD in der Sowjetischen Zone
eine eigene Vitrine. Solche Eigeninitiativen haben die Emissäre der Moskauer KPD-Führung
sehr ungern gesehen. Sie wurden in Luckenwalde wie auch anderswo durch die
Besatzungsmacht verboten. Anhand dieses Vorgangs lässt sich viel über die, von Legenden
überwucherten SED-Gründungsgeschichte erklären. Die viel gerühmte Sport-Nation DDR
wird exemplarisch vorgeführt anhand der Musterhüte der DDR-Olympia-Mannschaft, die seit
der Olympiade in Mexiko 1968 von einer Luckenwalder Firma hergestellt wurden.
Beispielhaft ist die Darstellung der Friedlichen Revolution und der nachfolgenden
Entwicklung. Die Umbruchszeit von 1989/90 gehört in vielen Museen zu den Bereichen, in
denen oft so genannte „Flachware“ dominierte, d.h. Flugblätter, Aufrufe, Protokolle, Fotos,
im besten Fall Plakate und Transparente. In Luckenwalde gibt es eine interessante Installation
von Texten, die über Kopfhörer abzuhören sind. Darin schildern authentisch zehn
Luckenwalder Bürger ihre persönlichen Erfahrungen während der Wendeereignisse. Bei der
Auswahl der Beispiele wurde darauf geachtet, dass sehr unterschiedliche Sichtweisen zu
Worte kommen. Die Meinungen reichen von einer uneingeschränkten Zustimmung zum
56 Vgl. Abschnitt Filmsammlungen.
58
Demokratisierungsprozess bis zur totalen Skepsis gegenüber der neuen Gesellschaft. Die
Installation ist durch persönliche Dokumente ergänzt, die der Besucher abrufen kann. Zu
dieser Installation wurde ein Schülerprojekt durchgeführt, in dem die Schüler die Zeitzeugen
der Ereignisse von 1989/90 interviewten. Das Museum bietet zum Thema DDR noch weitere
Möglichkeiten an.57
Hervorhebenswert ist im Heimatmuseum Luckenwalde bezüglich der Darstellung der DDR
insbesondere die gelungene Synthese zwischen der Stadtgeschichte und den politischen
Abläufen in der DDR-Geschichte.
Stadt- und Technikmuseum Ludwigsfelde
Das Museum in Ludwigsfelde wurde am 28. November 2002 an einem ebenso attraktiven wie
originellen Ort eröffnet. Das Museum in Trägerschaft der Stadt mietete zunächst das nicht
mehr genutzte Bahnhofsgebäude und kaufte es später von der Deutschen Bahn.58 Die Stadt
unterstützte das Projekt mit einer Million Euro.
57 Vgl. Abschnitt Schülerprojekte. 58 Gerhard Birk: Vom Ludwigsfelder Bahnhof zum Museum. Einst Tor zur Stadt, heute Fenster zur
Ortsgeschichte, hrsg. vom Zentrum für Aus- und Weiterbildung Ludwigsfelde, 2002.
59
Abbildung 15: Motorroller aus Ludwigsfeld, wie sie seit 1954 produziert wurden (Foto: Stefan Wolle)
Das am 28. September 2002 im Bahnhofsgebäude eröffnete Stadt- und Industriemuseum
Ludwigsfelde legt das Schwergewicht ganz und gar auf die Industrie – und dies mit einiger
Berechtigung. Ludwigsfelde ist eine sehr junge Stadt. Sie war von Anfang an vor allem
Produktionsstandort. Von Anfang an, das heißt seit 1936. In der Waldeinsamkeit aber in der
Nähe Berlins wurde die größte Produktionsstätte Europas für Flugzeugmotoren aus dem
Boden gestampft. Seit Kriegsbeginn wurden auch Zwangsarbeiterinnen aus dem nahe
gelegenen KZ Ravensbrück eingesetzt. Zu den ehemaligen KZ-Sträflingen aus aller Welt
pflegt das Museum seit Jahren eine intensive Verbindung. 1944 wurden die Anlagen durch
alliierte Bombenangriffe etwa zur Hälfte zerstört. Doch bald nach dem Krieg ging die
Produktion weiter. Nun wurden vor allem Kraftfahrzeuge gebaut, so der legendären LKW-
60
Typen W 50 und L 60, der bis heute in vielen Ländern der Welt, insbesondere in Afrika und
Asien, gute Dienste leistet.
Abbildung 16: Modell eines LkW vom Typ W 50 im Stadt- und Technikmuseum Ludwigsfelde (Foto: Stefan Wolle)
Nach dem Ende der DDR siedelten sich neuerlich große Firmen hier an. Die Produktionsstätte
mit all ihren guten und schlechten Seiten ist also der rote Faden der Geschichte einer Stadt,
die sonst keine historischen Sehenswürdigkeiten zu bieten hat. Insofern ist es fast zwingend,
dass das Stadtmuseum eine Art Technik- und Automobilmuseum ist. Dies bietet
Anknüpfungspunkte und Identifikationsmöglichkeiten.
Das betrifft auch die sportlichen Erfolge, die von den DDR-Sportlern mit dem Motorrennboot
„Delphin“ errungen wurden. Sie werden ganz unbefangen und unreflektiert dargestellt, als
wäre die DDR eine ganz normale Sportnation gewesen.
61
Abbildung 17: Trophäen des DDR-Motorrennsports im Stadt- und Technikmuseum Ludwigsfelde (Foto: Stefan Wolle)
Ganz sicher kommt das Museum damit der Sichtweise vieler Besucher entgegen.
Das Museum ist in große Events, insbesondere die mit internationaler Beteiligung
durchgeführten Motorradroller-Rallyes, involviert. Die Einwohner von Ludwigsfelde sind
stolz auf ihre Stadt und ihre Produktionsstätten, nicht zuletzt auch darauf, dass Ludwigsfelde
im Unterschied zu manch anderer ostdeutschen Region wirtschaftlich recht gut abschneidet.
Die Stadt hat im Gegenzug für eine großzügige Förderung des Museums gesorgt.
Gegenwärtig entsteht neben dem historischen Bahnhofsgebäude eine neue moderne
Ausstellungshalle. Weitere Fördermittel des Landes und der Europäischen Union sind
beantragt.
62
Heimatmuseum Müllrose
Das Heimatmuseum Müllrose befindet sich in einem schön renovierten alten Gebäude im
Zentrum der ehemaligen Ackerbürgerstadt inmitten einer landschaftlich reizvollen
Umgebung. Dies ist insofern von Belang, als dass der Ort, der sich gerne Tor zum Schlaubetal
nennt, viele Touristen anzieht. Das Museum wurde 1933 als Krönung des Lebenswerkes des
Rektors der Stadtschule eingerichtet. Es verfügt deswegen über eine beachtliche Sammlung.
Die Räumlichkeiten dagegen sind eher beschränkt. Auf 150 Quadratmetern wird die gesamte
Stadtgeschichte von den urgeschichtlichen Siedlungen bis zur Gegenwart dargestellt. Die
DDR-Geschichte findet innerhalb dieses chronologischen Ablaufs rein räumlich ihren
63
gebührenden Platz.
Abbildung 18: DDR-Vitrine im Heimatmuseum Müllrose (Foto: Stefan Wolle)
64
Die entsprechenden Vitrinen bieten allerdings ein reines Sammelsurium an beliebigen
Erinnerungstücken. Konsumgüter, Alltagsgegenstände, alte Zeitungen, Dokumente, Symbole
der Staatsmacht finden sich unkommentiert nebeneinander. Allerdings finden sich zu den
Ereignissen der Jahre 1989/90 einige lokalgeschichtliche Dokumente. Das Nebeneinander von
Alltagstrivialität und Machtsymbolen oder Dokumenten der politischen Geschichte kann
natürlich auch seinen Sinn haben, wenn man es bewusst als die dialektische Einheit der
Gegensätze inszeniert. Gerade dieses Nebeneinander von Alltag und Präsenz der Ideologie
und der repressiven Struktur war ja ein Teil der Lebenswirklichkeit in der SED-Diktatur. In
Müllrose aber scheint die Beliebigkeit zu herrschen. Zudem wird die Präsentation der
historischen Objekte durch Texte untersetzt, die gelinde gesagt in dieser Form nicht mehr in
die Gegenwart passen. Auf die Schrifttafeln wird weiter unten im Zusammenhang
eingegangen.59
Abbildung 19: DDR-Alltagsecke im Heimatmuseum Müllrose (Foto Stefan Wolle)
59 Vgl. Abschnitt Schwierigkeiten mit der inhaltlichen Positionsbestimmung.
65
Städtisches Museum Schwedt (Oder)
Das Stadtmuseum in Schwedt konzentriert sich in seiner Dauerausstellung auf die Ur- und
Frühgeschichte der Region, die Reformation speziell unter dem Aspekt des Calvinismus, den
Tabakanbau und die Fischerei. Die Darstellung endet etwa mit dem Jahr 1920. Die DDR
kommt nur im Zusammenhang mit der Tabakindustrie vor. In einer stillgelegten
Tabaktrockenscheune im nahe gelegenen Dorf Vierraden ist ein spezielles Museum
entstanden, das selbst solche aktuellen Themen wie den Zigarettenschmuggel behandelt.
Das Museum erstellt allerdings eine Reihe von Sonderausstellungen, die u.a. auch das Thema
DDR behandeln. Im Jahr 2004 fand eine Ausstellung über Schwedt in den sechziger Jahren
statt, 2009 folgte unter dem Titel „Schwedter Aspekte“ eine Ausstellung über die Stadt in sen
siebziger Jahren. Eine Ausstellung über die achtziger Jahre ist geplant.
Erwähnenswert ist vor allem die Ausstellung „Zwischen Pflicht und Kür. Lebenslinien
Schwedter Frauen 1636-201060“. Finanziell unterstützt vom „Kulturland Brandenburg“, das
Sich 2010 unter dem Motto „Mut & Anmut“ dem Thema Frauen in Brandenburg gewidmet
hatte, wählte das Museum zehn exemplarische Frauenbiographien für eine Ausstellung aus.
Dazu existiert eine hervorragend gestaltete Begleitpublikation.
Für das Jahr 2013 ist eine Sonderausstellung „Spiele in der DDR“ in Vorbereitung.
Das Museum, insbesondere deren Leiterin Anka Grodon, beschäftigt sich sehr intensiv mit
der Militärstrafanstalt Schwedt.61 Für den Zeitraum 2012 bis 2015 ist ein Projektantrag bei der
Stasi-Beauftragten des Landes eingereicht. Im Rahmen dieses Projektes soll für das Jahr 2014
eine Sonderausstellung zum Thema Militärgefängnis durchgeführt werden. Dazu soll eine
Zeitzeugenbefragung mit ehemaligen Insassen stattfinden.
60 Zwischen Pflicht und Kür. Lebenslinien Schwedter Frauen 1636-2010, Schwedt 2010.61 Anke Grodon: Das Militärgefängnis und die Disziplinareinheit in Schwedt, in: Schwedter Museumsblätter, 3. Jg. (2010), S. 20 ff.
66
Bemerkenswert intensiv ist auch die Publikationstätigkeit des Stadtmuseums Schwedt.62
Museum Dahme
Als Beispiel für eine ganz kleine Heimatstube sei hier noch das Museum Dahme angeführt.
Der Leiter des Museums macht einige interessante Bemerkungen zur Situation in der DDR,
aus der auch seine heutige Haltung erwachsen ist. Er schreibt, sein Vorgänger, von dem er das
Museum 1989 übernommen habe, „ hat die Aufgabe eines Heimatmuseums immer im
wahrsten Sinne verstanden und stand somit immer auf Kriegsfuß mit der Obrigkeit. Vorteil:
wir brauchten unsere ständige Ausstellung nach der Wende im Wesentlichen nicht zu ändern.
Wir sind geblieben, was wir sind: ein Tradition und heimatgeschichtliche Themen
vermittelndes Museum.“ Bezogen auf die DDR-Thematik meint er: „Ich habe auch den
Eindruck, dass das Thema gern beiseite geschoben wird.“ Dann räumt er ein: „Allerdings gab
es schon im Rahmen der ‚Kulturlandkampagne‘ eine Sonderausstellung zum Jahr 1989 – und
wider meiner Erwartung mit durchweg positiver Resonanz. Natürlich kommt man auch mit
Besuchern ins Gespräch. Hierbei sind die Haltungen durchaus differenziert. Im Wesentlichen
klingt jedoch der Tenor: diesen Staat DDR wollen wir nicht wieder haben!!!“
Wertung und Vergleich
Eine Ausstellung ist dem Wesen nach ein komplexes Gesamtkunstwerk, dessen Beurteilung
notgedrungen einer starken Subjektivität unterliegt. Noch schwieriger ist es, einen einzelnen
Teil aus einer Ausstellung heraus zu lösen und quantifizierend zu bewerten. Vor allem stellt
sich die Frage nach den Bewertungskriterien.
62 Vgl. Abschnitt Öffentlichkeitsarbeit und Publikationstätigkeit.
67
Maßstab des Urteils ist vor allem der Grad, in dem es gelungen ist, durch interessante Objekte
und Inszenierungen dem Museumsbesucher, besonders dem jugendlichen Betrachter, zum
Nachdenken über das DDR-System zu bringen. Dafür gibt es kein Rezept und keinen
Königsweg sondern nur ein immer wieder neues Experimentieren und Suchen.
Deswegen soll im folgenden Abschnitt der Versuch einer Klassifizierung der Sicht- und
Herangehensweisen der Heimatmuseen an die DDR-Thematik vorgenommen werden. Sie
zeigt deutlich, dass Vergleichsmaßstäbe, gar Wertungen, überall dort kompliziert sind, wo die
unterschiedlichsten Wege mit Erfolg beschritten wurden. Oft halten sich Schwächen und
Defizite auf der einen Seite mit Stärken und guten Ideen auf der anderen Seite die Waage.
Beispielsweise scheint die öffentliche Präsenz des Museums Ludwigsfelde beispielhaft zu
sein, die einseitige Präsentation von Kraftfahrzeugtechnik im DDR-Teil aber eher
diskussionswürdig. Im Stadtmuseum Brandenburg ist die Durchführung von Schülerprojekten
hervorragend, das Vertrauensverhältnis zu den kommunalen Amtsträgern aber nachhaltig
gestört. So ist in der Dauerausstellung des Museums Viadrina die DDR nur spärlich vertreten,
dafür leistet das Museum in der erwähnten Gedenkstätte eine wichtige Arbeit. Ähnlich sieht
es im Stadtmuseum Schwedt aus. Die Liste dieser Widersprüche ließe sich fortsetzen.
Es ist nicht zu übersehen, dass manche kleinere Heimatstuben die DDR-Thematik scheuen.
Die Auseinandersetzung mit der Gegenwart scheint ihrer Tradition und ihrem
Selbstverständnis zu widersprechen. Sie können nur durch die erfolgreiche Arbeit anderer
Heimatmuseen dazu angeregt werden, sich für neue Themen zu öffnen.
Deswegen soll statt eines Rankings oder einer Punkteverteilung der Versuch unternommen
werden, die verschiedenen Möglichkeiten der Präsentation von DDR-Geschichte zu
systematisieren.
68
Vierter Teil
Verschiedene Grundkonzeptionen der Darstellung von
DDR-Geschichte
Varianten der Darstellung von DDR-Geschichte in den
Heimatmuseen
In den letzten Jahren erfreuen sich Museen mit speziellen Themenstellungen wachsender
Beliebtheit, insbesondere dann, wenn sich eine organische Verbindung zum authentischen Ort
des Geschehens herstellt. Oft wird auch der Ort selbst zum Objekt der Betrachtung. Das
können Industriedenkmale sein oder andere Lokalitäten.
Das Niederlausitz Museum Luckau oder das Kulturhistorische Museum im
Dominikanerkloster in Prenzlau sind als bauhistorisches Denkmal an sich bereits sehenswert.
Es ist in diesen beiden und einigen anderen Fällen gelungen, den Ort und die Ausstellung und
die Exposition zu einem organischen Gesamtkunstwerk zu verbinden.
Ein erheblicher Teil der vorhandenen Stadt- und Regionalmuseen widmet sich in der anderen
oder anderen Weise der DDR-Zeit. Nur wenige, meist sehr kleine Museen, verschließen sich
gänzlich allen aktuellen Bezügen. Eine präzise Quantifizierung ist in diesem Fall nicht
sinnvoll, da die Grenzen zwischen den Heimatmuseen und Spezialsammlungen fließend sind.
Einige Museen verzichten auf eine geschlossene Darstellung der DDR-Zeit und integrieren
die Darstellung in thematisch aufgebaute Ausstellungen. In anderen Fällen setzt man die
Zusammenarbeit mit vorhandenen Gedenkstätten oder auf Sonderausstellungen.
Grob gesehen lassen sich fünf Varianten der Bewältigung der DDR-Thematik unterscheiden:
69
1. Präsentation der SBZ/DDR-Geschichte als abschließenden Teil einer chronologisch
strukturierten Gesamtdarstellung der Region bzw. Stadt oder Gemeinde
2. Exemplarische Darstellung der DDR-Entwicklung anhand verschiedener lokal
bedeutsamer Themen ohne den Anspruch auf eine umfassende Darstellung der DDR-
Geschichte oder gar auf Vollständigkeit
3. Integration der DDR-Geschichte in eine thematisch strukturierte Dauerausstellung
4. Darstellung der DDR im Rahmen eines chronologisch aufgebauten
Schwerpunktthemas unter Verzicht auf andere Aspekte der DDR-Gesellschaft
5. Konzentration der DDR/SBZ-Darstellung an einem authentischen Ort des Gedenkens
unter teilweisem oder gänzlichem Verzicht auf eine umfassende Darstellung anderer
Themen der DDR-Geschichte
Jede der fünf Möglichkeiten hat ihre innere Logik sowie ihre Vor- und Nachteile. Natürlich
gibt es eine Reihe von Überschneidungen und Doppelungen. Es gibt auch Möglichkeiten der
Kombination der verschiedenen Varianten. Es zeigt sich, dass allein die formale wie
inhaltliche Vielfalt eine lebendige Museumslandschaft garantiert. Die fünf Varianten sollen
im Folgenden an Beispielen erläutert werden.
70
Variante 1:
Präsentation der SBZ/DDR als abschließenden Teil einer
chronologisch strukturierten Gesamtdarstellung
Das klassische Heimatmuseum, wie es im 19. Jahrhundert entstanden ist, geht von einem
universalistischen Anspruch aus. Es präsentiert die Geschichte der Region, der Stadt oder des
Ortes von den Uranfängen bis in die jüngste Geschichte. Die Grenze zwischen Geschichte
und Gegenwart wurde unterschiedlich gewählt. Oft waren es die Kriege der Napoleonischen
Zeit. Auf jeden Fall aber ging es von der Vorgeschichte – wie man damals sagte –
schrittweise durch das Mittelalter bis in die Neuzeit. Auch sollten möglichst alle thematischen
Bereiche abgedeckt werden, also die politische Geschichte, die Sozial- und
Wirtschaftsgeschichte, das heimatliche Brauchtum usw. So entstanden schon im 19.
Jahrhundert beachtliche Sammlungen auf hohem wissenschaftlichem Niveau. Auch die
Heimatmuseen der DDR hielten sich in der Regel an das traditionelle Muster. Sie unterlegten
das Schema lediglich mit einer anderen Geschichtsideologie und Terminologie. Der letzte
Höhepunkt der Geschichte war nun in der Regel die Bodenreform von 1945 und die
Gründung der DDR. Es folgten noch Schrifttafeln über die Erfolge im sozialistischen Aufbau
und Produkte aus der heimischen Industrie und viel politische Agitation.
Abgesehen von den ideologischen Implikationen hat das Grundmuster viele Vorteile. Das
Schema ist von systematischer Übersichtlichkeit, bedient viele Interessen und lehnt sich direkt
an den Schulunterricht an. Zudem können viele kleinere Museen mit ihrem Pfund wuchern
und Exponate aus ihren umfangreichen Sammlungen zur Geltung bringen. Insofern ist nicht
falsch, wenn viele Heimatmuseen in den letzten Jahren dieses Grundmuster übernommen
haben.
71
Die Zeit zwischen 1945 und 1989/90 bilden in den Ausstellungsräumen das letzte Kapitel der
Lokalgeschichte. Ausgangspunkt ist das Kriegsende 1945 und der Endpunkt die Friedliche
Revolution bzw. die Wiedervereinigung. Viele kleinere Museen haben dieses bewährte
Grundmuster beibehalten. So die Museen in Müllrose, Eisenhüttenstadt und Brandenburg an
der Havel.
Variante 2:
Exemplarische Darstellung der DDR anhand verschiedener lokal
bedeutsamer Themen
Der Verzicht auf eine geschlossene, chronologisch aufgebaute DDR-Darstellung erfordert
eine spezielle Inszenierung im Eingangsbereich. Ein Symbol, ein Zeichen, vielleicht könnte
man von einer Art Notenschlüssel sprechen, der auf die Tonart der Ausstellung vorbereitet.
Sehr einfallsreich ist die Gestaltung der Eingangssituation in Luckenwalde. Dort begrüßt den
Besucher am Eingang eine Installation mit markanten Zeugnissen der Ortsgeschichte aus
allen Geschichtsepochen. Insgesamt handelt es sich um 12 Objekte, die jeweils für eine
bestimmte Zeit stehen. Sofort ins Auge sticht der gestrickte Pullover von Rudi Dutschke, dem
wahrscheinlich berühmtesten Sohn der Stadt. Hinzu kommen weitere Objekte aus dem Leben
Dutschkes, die allerdings gegenwärtig als Leihgaben anderenorts gezeigt werden. Hier stößt
man auf eines der seltenen Beispiele einer Verknüpfung der Geschichte der DDR mit der
Geschichte der Bundesrepublik und Westberlins. Für die DDR-Zeit steht ein 45minütiger
Film zum 15. Jahrestag der Republik, der in der Dauerschleife läuft.
Durch Exponate aus verschiedenen Epochen wird die Kontinuität der Geschichte angedeutet.
Hier ist eine Klammer geschaffen, welche die divergierenden Elemente zusammenhält.
72
Das Grundthema der Ausstellung in Luckenwalde ist die Textilindustrie ohne dass sich die
Darstellung sklavisch an das Thema klammern würde. Ein echter Blickfang ist ein monströs
wirkender eiserner Webstuhl, den man auf den ersten Blick im 19. Jahrhundert verorten
würde, der aber tatsächlich bis in die sechziger Jahre in Betrieb war. Das sagt viel über den
technologischen Standard der DDR-Industrie aber auch über die Schwierigkeiten, mit denen
die DDR-Einwohner tagtäglich zu kämpfen hatten.
Das Städtische Museum Fürstenwalde geht in seiner Dauerausstellung zunächst
konventionelle Wege. Im DDR-Teil wird die örtliche Industrie dargestellt. Es folgen Vitrinen
über Massenorganisationen und schließlich Plakate und Aufrufe des Wendeherbstes 1989.
Ergänzt wird dieser chronologische Teil durch eine Ausstellung zum Werk des bekannten
Buchillustrators Gerhard Goßmann, der in Fürstenwalde gelebt hat.63 Dieser, mit vielen
Buchkunstpreisen ausgezeichnete Künstler hat zahlreiche Kinder- und Jugendbücher der DDR
mit seinen charakteristischen Federzeichnungen versehen. Wer in der DDR der fünfziger und
sechziger Jahre aufgewachsen ist, den haben die charakteristischen Federzeichnungen zu
vielen Werken der Weltliteratur durch die Kindheit und Jugend begleitet. Es geht also nicht
um irgendeinen Künstler, der mehr oder weniger zufällig in der Stadt gewohnt hat, sondern
um ein exemplarisches Stück DDR-Kulturgeschichte.
63 Gudrun Schulz: Gerhard Goßmann. Ausstellungsführer zur Gerhard-Goßmann-Galerie im Museum Fürstenwalde/Spree, hrsg. von der Stadtverwaltung Fürstenwalde/Spree, 1992.
73
Abbildung 20: Schutzumschlag von Gerhard Goßmann zu James Fenimor Cooper „Wildtöter“, Verlag Neues Leben, Berlin (DDR) 1954
In einige Stadtmuseen geht durch die beschriebene Form der Integration in übergreifende
Komplexe eine kritische Auseinandersetzung mit dem Komplex DDR fast gänzlich unter, so
im Stadtmuseum Schwedt (Oder). Die DDR erscheint eigentlich nur im Zusammenhang mit
der Eisenbahn. In der Vitrine hängt eine Reichsbahnuniform und einige Stücke aus den
Speisewagen der Mitropa erscheinen im Zusammenhang mit dem Eisbahnteil. Das Museum
widmete der DDR-Aufarbeitung allerdings Sonderausstellungen sowie informative
Publikationen. Gegenwärtig wird eine Ausstellung über DDR-Kinderbücher vorbereitet.
Außerdem betreibt das Museum intensive Recherchen zu der berüchtigten Militärhaftanstalt
der NVA in Schwedt.
74
Variante 3:
Integration der DDR-Geschichte in eine thematisch strukturierte
Dauerausstellung
In dem am 16. Mai 2010 unter der Bezeichnung Museum-Galerie neu eröffnetem
Heimatmuseum Falkensee ist die übergreifende Klammer das Werk der Lyrikerin Gertrud
Kolmar. Die Dichterin, die in Falkensee gelebt hat, wurde 1943 nach Auschwitz deportiert
und ist dort unter ungeklärten Umständen gestorben. Zitate aus ihren Gedichten, die auch von
der Liebe zu ihrer Heimat zeugen, begleiten den Besucher durch den gesamten Rundgang.
Während dieses Rundgangs werden nicht einzelne Zeitepochen abgehandelt sondern Themen
umrissen, die für den Ort Falkensee von Bedeutung waren. Die Zusammenhänge sind oft
überraschend, dafür aber umso einprägsamer. Vor allem aber reichen sie von der Urzeit bis in
die Gegenwart. Beispielsweise stammen die ersten bekannten Tragnetze der Geschichte von
slawischen Fischern aus dem Havelland bei Falkensee. An dieser Stelle wird der Bogen
gespannt zum Einkaufsnetz, das bekanntlich jeder pfiffige DDR-Bürger stets bei sich führte,
falls er irgendwo „dazu kommt“, wo es irgendeine Mangelware aber weder Papier- noch
Plastetüten gab. Das mag weit hergeholt erscheinen, erinnert aber an eine Schilderung aus
dem DDR-Alltag: „Die DDR-Bewohner waren ein Volk der Jäger und Sammler, immer auf
der Pirsch. … Überhaupt glich der Einkauf einer Großwildjagd. Mutti teilte vor der Kaufhalle
die Geschwister ein. Einer stellt sich am Fleischstand, einer am Gemüsestand, einer schon an
der Kasse mit dem Einkaufswagen an. Mutti kümmerte sich in der Getränkeabteilung um das
Bier …“64
64 Die heile Welt der Diktatur? Herrschaft und Alltag in der DDR. Eine Ausstellung mit Fotos von Harald Schmitt und Texten von Stefan Wolle, hrsg. von der Bundesstiftung für die Aufarbeitung der SED-Diktatur und dem stern, 2010.
75
Eine weitere interessante Beziehung stellt das Museum in Falkensee durch die Historisierung
der eigenen Sammlung her. Sie stellt die Entstehung und die Pflege der Sammlung in der
DDR-Zeit dar. Es handelt sich dabei um eines der oben bereits angedeuteten Beispiele, dass
allen Widrigkeiten zum Trotz einzelne Museumsleute sich den ideologischen Vorgaben
entzogen und sich stattdessen liebevoll dem Detail der naturkundlichen und
vorgeschichtlichen Forschung widmeten. Solche Refugien wurden von der SED-Obrigkeit
nicht gerade gerne gesehen, doch in vielen Fällen geduldet.
Eine sehr glückliche Lösung hat die am 29. November 2011 eröffnete Dauerausstellung des
Niederlausitz-Museums Luckau verwirklicht. In der weiträumig geschnittenen Anlage mit
Gefängnis, Kloster und Kirche wird neben der erwähnten Geschichte der Haftanstalt das
Verhältnis der Bewohner zur Landschaft, der Region und der Stadt präsentiert. Die
Dauerausstellung beginnt mit einem Prolog, in dem Luckauer Geschichten aus der Gegenwart
heraus erzählt werden. Auf einer heizbaren Sitzbank aus Niederlausitzer Ofenkacheln sitzend,
können die Besucher Geschichten hören.
Abbildung 21 : Kachelofen als Erzählbank im Niederlausitz-Museum Luckau (Foto: Stefan Wolle)
76
Mit dem Durchschreiten der großen, räumlich ausgestalteten Querwand (Brandwand) betreten
die Besucher anschließend den Hauptteil der Ausstellung.
77
Variante 4:
Darstellung der DDR im Rahmen eines in sich geschlossenen
Schwerpunktthemas unter Verzicht auf andere Aspekte der DDR-
Gesellschaft
Während die Kriegsproduktion und die Ausbeutung von KZ-Häftlingen für die NS-Zeit einen
deutlichen Kontrapunkt setzen, ist das für die DDR-Zeit viel schwieriger. Vor lauter
Begeisterung für die Lastkraftwagen aus Ludwigsfelde – die übrigens auch beim Militär
eingesetzt waren – geht die Komplexität der DDR-Gesellschaft tendenziell verloren. Auch die
Erfolge der Motorboote aus Ludwigsfelde bei internationalen Wettbewerben werden
ausführlich gewürdigt. Dieser Stolz über das traurige Ende des Staatswesens hinaus soll nicht
vorschnell denunziert werden. Er ist vielleicht ehrlicher als manche eilige Wendung aller
DDR-Erfolge ins Negative. Doch genauso wahr ist, dass der DDR-Sport ein Mittel der
politischen Aufwertung eines Staates war, der es sonst international wie bei den eigenen
Bürgern schwer hatte, Anerkennung zu finden.
Möglicherweise gibt es keinen wirklichen Ausweg aus diesem Widerspruch, der am Beispiel
des erfolgreichen und attraktiven Stadtmuseums Ludwigsfelde dargestellt wurde. Doch so
faszinierend die Technik-Ausstellung gerade für jüngere Besucher sein mag, so fragwürdig ist
der Verzicht auf alle anderen Aspekte der DDR-Wirklichkeit.
Weitere Beispiele für diese Methode der DDR-Integration sind das Stadt- und
Industriemuseum in Guben, das seine übrigens elegant gestylte und durchaus sehenswerte
Exposition, welche die heimische Hutproduktion in den Mittelpunkt stellt. Auch ein Muster
von Erich Honeckers berühmtem Strohhut ist zu sehen. Sonst erfährt der Besucher wenig über
die politischen Zusammenhänge.
78
Anders im Schorfheide-Museum Groß-Schönebeck. Die „Jagdliebe der Mächtigen wird
augenscheinlich angesichts der Rotwildtrophäen Kaiser Wilhelm II. neben denen von DDR-
Größen wie Erich Honecker und Günter Mittag“, heißt es dazu im Brandenburger
Museumsführer.65 Wir haben hier ein Beispiel dafür, dass auch das scheinbar unpolitische
Detail, in dem Falle die Staatsjagd, aussagekräftig für die Bewertung eines politischen
Systems sein kann.
Auch das städtische Museum in Eisenhüttenstadt präsentiert vor allem eine junge
Industriestadt der DDR. Neben dem Städtebau steht das Eisenhüttenkombinat Ost (EKO) im
Mittelpunkt der Ausstellung. Die Arbeitswelt und die Freizeit der Werktätigen werden anhand
von Dokumenten und Objekten gezeigt. Dennoch kommt keine Ostalgie auf. Neben den
Texten geschieht das beispielsweise dadurch, dass zwischen der unvermeidlichen Urkunde
„Held der Arbeit“ und dem Aktivistenausweis auch ein abgestoßenes Emailleschild gezeigt
wird, mit der Aufschrift „Durchgang für Häftlinge verboten“. Dies verweist darauf, dass im
EKO auch Insassen der Strafanstalt eingesetzt wurden, darunter auch politische Häftlinge.
65 Museen in Brandenburg, a.a.O., S. 99.
79
Abbildung 22: Verbotsschild aus dem EKO im Städtischen Museum Eisenhüttenstadt (Foto: Stefan Wolle)
Variante 5:
Konzentration der DDR/SBZ-Darstellung auf einen Ort des
Gedenkens
Eine interessante und gelungene Kombination von Regionalmuseum und Gedenkort wurde in
Luckau gestaltet.66 Von 1747 bis 2005 wurde die in der Reformation säkularisierte
Klosteranlage als Gefängnis genutzt. Es bietet sich hier die seltene Gelegenheit, die
Geschichte des Strafvollzugs vom 18. Jahrhundert bis in die Gegenwart am authentischen Ort
nachzuvollziehen. Karl Liebknecht hat hier gesessen, in der NS-Zeit der Schriftsteller Günter
Weisenborn und der spätere Intendant des NWDR, der Sozialdemokrat Adolf Grimme. Die
66 Kloster – Knast – Museum. In der Kulturkirche bezog das Niederlausitz-Museum sein neues Domizil, in: Museumsblätter. Mitteilungsblätter des Museumsverbandes Brandenburg, Heft 15 (Dezember 2009), S. 54 f.
80
DDR-Zeit fügt sich nahtlos in eine Geschichte der Unterdrückung ein. Die 1951 eröffnete
Karl-Liebknecht-Gedenkstätte wurde nach der Wende nicht in die Rumpelkamme verbracht,
sondern sinnvoll in die neue Ausstellung integriert.
Abbildung 23: Ein Schild aus der Karl-Liebknecht-Gedenkstätte der DDR in der Ausstellung des Niederlaustitz-Museums Luckau (Foto Stefan Wolle)
Zusätzlich gibt es in verschiedenen Museen übergreifende Themen und Installationen. So
beispielsweise in der Dauerausstellung des Museums Viadrina in Frankfurt (Oder). Dort geht
es um die Darstellung der Stadt als Garnison im Laufe der Geschichte. In einer Vitrine sind
die Uniformen und Stahlhelme der kaiserlichen Reichswehr, der faschistischen Wehrmacht
und der Nationalen Volksarmee der DDR ausgestellt. Wir haben hier also ein Beispiel dafür,
dass die Insignien der DDR-Staatsmacht nicht zusammenhanglos zur Schau gestellt werden
sondern in einen historischen Sinnzusammenhang eingeordnet werden. Gerade der Vergleich
zwischen dem Waffenrock der Wehrmacht und der Uniform der NVA gibt zu denken, ohne
dass plakativ auf die 1956 durchaus beabsichtigte Ähnlichkeit in Schnitt und Farbgebung
hingewiesen werden muss. Auch beim Anhören der preußischen Märsche des Frankfurter
Militärmusikers Gottfried Piefke, die in einer Hörstation geboten werden, hat der ehemalige
DDR-Bürger interessante Wiedererkennungseffekte. Auch das NVA-Musikkorps pflegte
diese preußische Tradition.
81
Abbildung 24: Uniformröcke der deutschen Geschichte im Museum Viadrina in Frankfurt (Oder) (Foto: Stefan Wolle)
82
Fünfter Teil
Einzelne Problemkreise
Schwierigkeiten der inhaltlichen Positionsbestimmung
Das Grundproblem jeder musealen DDR-Präsentation bleibt die Darstellung des
Widerspruchs zwischen dem System der Repression und der lebendigen Alltagserfahrung, die
breiter, vielfältiger und bunter ist als die Erinnerung an die Unterdrückung. Selbst wenn man
die allzu menschliche Sehnsucht nach der Verklärung der Vergangenheit abzieht, bleibt
immer noch ein schwer zu erklärender Rest.
Das Objekt hat eine starke Assoziationskraft, doch es kann auch verführen. Ein Beispiel mag
dies illustrieren. Wer wird beim Anblick eines Teddys aus dem VEB „Plüti“ aus dem
Spielwarenkombinat Sonneberg an die Stasi oder die Mauer denken. Dennoch hat der süße
kleine Bär zur Welt der Kindheit gehört. Er war zweifellos sogar wichtiger als Ernst
Thälmann oder Wladimir Iljitsch Lenin. Der Wiedererkennungseffekt ist groß. Der Besucher
möchte das Plüschtier seinen Kindern und Enkeln zeigen. Alle sind glücklich und der
Schrecken des Stasi-Knasts – egal ob erlebt oder erzählt – selbst die alltäglichen kleinen
Demütigungen des Realsozialismus sind unendlich weit weg. Sofort ist die Legende von der
DDR als dem Land der glücklichen Kinder wieder da. Da helfen keine Schrifttafeln, keine
Bilddokumente und keine Statistik. Der Teddy bleibt immer Sieger.67 Der Weg vom Objekt
zur Analyse ist lang und schwierig. Was sagen die Plasteeierbecher in Hühnchenform über die
kommunistische Diktatur? Der Ruf nach Kontextualisierung ist allgegenwärtig, doch deren
Verwirklichung bleibt – frei nach Bertolt Brecht – das Einfache, das schwer zu machen ist.
67 Stefan Wolle: Waschputzis Wahrheit, in: Die Zeit, 46/9. November 2000; dass. unter dem Titel: Der Waschbär im Panzerschrank“ in: Horch & Guck. Historisch-literarische Zeitschrift des Bürgerkomitees „15. Januar“ e.V., Heft 30, 9. Jg. (2000), Heft 2, S. 24 ff.
83
Die Probleme schon beginnen bei der Terminologie. So liest man auf der Schrifttafeln des
Museums in Müllrose unter der Überschrift „Sozialismus“: „Kennzeichnend für die
antifaschistisch-demokratische Umwälzung nach 1945 war in Müllrose die Schaffung
demokratischer Bildungs- und Erziehungseinrichtungen und damit Überwindung des mit
Naziideologie verseuchten Gedankengutes. Die führende Kraft im Prozess des friedlichen
Wiederaufbaus war von Anfang an die SED, deren Müllroser Ortsgruppe Ende April 1946 im
Gasthaus ‚Goldener Engel“ gegründet wurde.“ Es folgt ein Verweis auf die
Verwaltungsreform von 1952, die Müllrose dem Landkreis Fürstenberg/Eisenhüttenstadt
zuordnete. Der Name Stalinstadt, den die sozialistische Retortenstadt von 1953 bis 1961 trug,
wird einfach unterschlagen, ganz so wie es während der DDR-Zeit üblich war. Dann kommt
eine Aufzählung der neu gegründeten Industriebetriebe in der Region. Als Quelle wird eine
DDR-Publikation von 1984 angegeben.68
Abbildung 25: Symbole der FDJ und der Jungen Pioniere im Museum Müllrose (Foto: Stefan Wolle)
68 Müllrose. Tor zum Schlaubetal. Führer durch die Stadt und ihre Umgebung, Müllrose 1984.
84
Auch die daneben hängende Chronologie scheint unreflektiert aus einer DDR-Publikation
übernommen. Auf den Schrifttafeln entsteht das Bild eines antifaschistisch-demokratischen
Aufbruchs, der bruchlos in eine blühende Gesellschaft mit vielen Neugründungen übergeht.
Erwähnenswert in der Chronologie ist beispielsweise unter dem Jahr 1982: „Müllrose erhält
Ehrenurkunde des Ministerrates und des Nationalrates der Nationalen Front: ‚Schöner unsere
Städte und Gemeinden – Macht mit!“. Unter dem Jahr 1986 verzeichnen die Annalen von
Müllrose: „Einweihung des Thälmannparks mit Denkmal am Strandbad“. Getilgt aus der
Geschichte sind dagegen alle politischen Ereignisse vom 17. Juni 1989 über den Mauerbau
bis zum Wendeherbst 1989. Für das Jahr 1989 enthält die Chronik als einzigen Eintrag:
„Gestaltung der Seenallee als ‚Initiativobjekt‘ durch die Müllroser Handwerker.“
Ehe man dem Museumsbesucher solche Schriftsätze präsentiert, sollte man lieber auf
Kommentare gänzlich verzichten und die Exponate für sich sprechen lassen.
Eine ähnliche Chronologie im Museum Fürstenwalde zeigt, dass es durchaus sinnvoll und
möglich ist, historische Ereignisse von nationaler Bedeutung auf die Stadtgeschichte zu
beziehen und mit rein lokalen Begebenheiten zu kombinieren. Ohne auf den Ortsbezug zu
verzichten, werden dort die wichtigen politischen Zusammenhänge benannt. Auch in anderen
Museen wie beispielsweise in Eisenhüttenstadt ist dies der Fall. In diesem Museum sind die
Schrifttafeln sogar ausgezeichnet formuliert. Sie verweisen auf den berechtigten Stolz der
Eisenüttenstädter auf ihr Stahlwerk, ohne die Lebensverhältnisse zu beschönigen und
problematische Bereiche unter den Teppich zu kehren. So wird in Eisenhüttenstadt relativ
ausführlich auf die Versuche eingegangen, aus der sozialistischen Musterstadt eine
kirchenfreie Region zu machen.
85
Zusammenarbeit mit Schulen, Schülerprojekte und
museumspädagogische Begleitprogramme
Außer im Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte in Potsdam wurde die
Zusammenarbeit mit den Schulen von allen Gesprächspartnern durchgängig kritisch bis
entschieden negativ beurteilt. Auch die Geschäftsführerin des Brandenburger
Museumsverbandes schloss sich im Gespräch dieser Meinung an, ohne die Ursachen für
dieses Defizit erklären zu können. Bieten doch Museen als außerschulische Lernorte
hervorragende Ergänzungsmöglichkeiten für den Schulunterricht.
In Potsdam ist es dem Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte gelungen,
gemeinsam mit der Stiftung Preußische Schlösser Gärten ein spezielles Arbeitsmaterial für
Schüler zu erarbeiten. Das Heft trägt den Titel „Auf den Spuren der DDR“. Es bietet zwei
mögliche Routen an, die interessierte Schülergruppen entlang der zahlreichen DDR-Relikte
durch die Landeshauptstadt führt. Das Tagesprogramm findet dann seinen Abschluss mit dem
Besuch der Ausstellung des Hauses der Geschichte. Dort befindet sich eine Ausstellung zur
Brandenburgisch-Preußischen Geschichte mit einem interessant gestalteten DDR-Teil. Das
Arbeitsmaterial des Hauses ist ergänzt durch ein Quiz, anhand dessen die Schüler von Station
zu Station ihr Wissen überprüfen können.
Dieses Muster ließe sich mit ähnlich gutem Ergebnis auch auf andere Städte übertragen. Es
würde die Entdeckung der DDR-Geschichte vor Ort für Schüler zum Erlebnis machen.
Ausgearbeitete pädagogische Begleitprogramme haben in den Museen immer noch
Seltenheitswert. Der Leiter des Heimatmuseums Luckenwalde aber hat gezeigt, dass dies
keine unüberwindliche Hürde ist. Kleine Schülergruppen erhalten den Auftrag, sich
selbständig einem speziellen Thema im Museum zu widmen und tragen anschließend in der
Gruppe ihre Resultate vor. Hilfreich ist eine Zusammenstellung von faksimilierten
86
Dokumenten und anderen Utensilien, die den Schülern vor Arbeitsbeginn ausgehändigt
werden. In einem einfachen Pappkarton befinden sich Objekte und Schriftstücke, die von den
Schülern nach ausgearbeiteten Vorgaben auswerten.
Das einfache Beispiel aus Luckenwalde zeigt: Die Museumsarbeit muss sinnvoll eingefügt
sein in andere Formen des Lernens. Schulen und öffentliche Bildungseinrichtungen sollten
gemeinsame Konzepte der Zusammenarbeit entwickeln. Hier sind auch die pädagogischen
Forschungseinrichtungen der Universitäten und der Länder – in Brandenburg wäre dies das
Landesinstitut für Schule und Medien Berlin-Brandenburg (LISUM) in Ludwigsfelde –
gefragt. Man darf davon ausgehen, dass das Problem dort präsent ist. Der von dem Institut
gestaltete Bildungsserver Berlin-Brandenburg bietet für beide Bundesländer „außerschulische
Lernorte“ an. Darunter befinden sich für Brandenburg die bekannten Institutionen und
Gedenkstätten der Aufarbeitung. Es folgen aber keine weiteren Verweise auf Museen oder
andere Einrichtungen, in denen die DDR im größeren Zusammenhang dargestellt werden.
Ein Anfang ist vielleicht das geplante Netzwerk Kobra.69 Die Abkürzung steht für
Kooperation Brandenburg. Der Anspruch ist ebenso umfassend wie allgemein. Beteiligt sind
u.a. folgende Einrichtungen.
• Brandenburger Bildungsserver
• Landesinstitut für Schule und Medien Berlin-Brandenburg (LISUM)
• Landesjugendamt Brandenburg
• Ministerium für Bildung, Jugend und Sport des Landes Brandenburg
• Landesjugendring Brandenburg e.V.
• Sozialpädagogisches Fortbildungsinstitut Berlin - Brandenburg (SFBB)
• Institut für soziale Arbeit e.V. (ISA) in Münster zu deren Arbeitsschwerpunkt Jugend-
hilfe und Ganztagsschule
• Deutsche Kinder- und Jugendstiftung (DKJS)
• Website des Programms "Ideen für mehr. Ganztägig lernen" das die Deutsche Kinder-
und Jugendstiftung in enger Abstimmung mit Bund und Ländern umsetzt
69 Weitere Informationen bei http//:www.kobra-net.de.
87
Unter anderen ist ein Modellprojekt in Vorbereitung unter dem Arbeitstitel Museen und
Schulen in der Priegnitz. Dieses Projekt wird gemeinsam mit dem Museumsverband
Brandenburg e.V. vorbereitet.
Zusammenarbeit mit den Kommunen
Die Zusammenarbeit mit den hauptamtlichen Bürgermeistern, den Stadtverordneten,
Fraktionen und Parteien ist von fundamentaler Bedeutung für das Gedeihen von musealen
Einrichtungen.
Dies unterstreicht auch der Entwurf der Kulturpolitischen Strategie 2012 des Brandenburger
Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kultur. Das Papier nennt einige Museen, die
in der Vergangenheit mit Landesmitteln gefördert wurden, kündigt aber ausdrücklich eine
Reduktion dieser Mittel an.
„In der Folge von baulichen Investitionen in wichtige Museumsstandorte verbleibt eine
Beteiligung des Landes an der Grundfinanzierung von vier Museen, die perspektivisch
reduziert werden soll.
Der Museumsbetrieb ist in aller Regel zunächst eine Aufgabe der für den Standort
verantwortlichen Kommune. Das Land wird sich perspektivisch auf die Förderung
herausragender Entwicklungsprojekte und Konzeptionen konzentrieren, um nachhaltige
Impulse bei der inhaltlichen Weiterentwicklung und der Profilierung der Museumslandschaft
in Brandenburg zu geben.“70
Die Hauptverantwortung liegt also bei den Kommunen. Dieser aber werden ihrer
Verantwortung in ganz unterschiedlicher Weise gerecht. Neben einigen Beispielen für eine
erfolgreiche Zusammenarbeit gibt es einige sehr problematische Fälle.
70 Kulturpolitische Strategie 2012 des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Brandenburg, (Entwurf vom 12. Februar 2012), S. 15.
88
Das Museum Luckenwalde beispielsweise liegt nicht nur räumlich im Zentrum der alten
Stadt. Es scheint auch in jeder Beziehung lebendiger Teil des kommunalen Lebens zu sein.
Die Bürgermeisterin und der Leiter des Heimatmuseums arbeiten gut zusammen. Mehrere
Förderanträge wurden von der Stadt unterstützt und machten die großzügige Gestaltung des
Museums möglich. Ähnlich wird auch aus Luckau und Ludwigsfelde berichtet. Die Leiterin
hat es verstanden, den Stadtvätern und -müttern zu vermitteln, dass ein Museum viel zur
Reputation der Stadt beitragen kann. Die Beteiligung des Museums an städtischen Ereignissen
wird dankbar angenommen.
Ergebnis dieser Bemühungen war der großzügige Ausbau des Kraftfahrzeugmuseums im
Bahnhofsgebäude von Ludwigsfelde, der gegenwärtig durch einen modernen Anbau erweitert
wird. Dafür wurden beträchtliche kommunale Haushaltsmittel bereit gestellt.
Als erfolgversprechend erweist es sich, wenn das Museum mit anderen öffentlichen
Kultureinrichtungen stabil kooperiert. So zeigt sich die Kombination von Museum und
„Kulturkirche“ in Luckau als günstig. In der ehemaligen Kapelle des Klosters können
Vorträge und Veranstaltungen durchgeführt werden. Es stehen Räumlichkeiten für
künstlerische Kurse, Sonderausstellungen u.a. zur Verfügung.
Dagegen befindet sich das Stadtmuseum Cottbus in einer nahezu tragisch zu nennenden
Situation. Es ist für den Außenstehenden nicht möglich, alle Verästelungen eines langen
Irrwegs nach zu vollziehen. Gegenwärtig stellt sich die Situation folgendermaßen dar. Ein
großes, wenn auch etwas abseits der historischen Altstadt liegendes Haus, ist baupolizeilich
gesperrt. Eine umfangreiche und wertvolle Sammlung ist ungenutzt. Sie umfasst 80 000 bis
100 000 Objekte zur Kulturgeschichte. Auch die Sammeltätigkeit wird kontinuierlich
fortgesetzt. Seit einigen Jahren werden nur Sonderausstellungen an nach Meinung des
Museumsleiters ungeeigneten Orten durchgeführt. Die eingeplanten Baumaßnahmen sind von
der Stadt aus Finanzgründen vorläufig gestrichen. Die Stadtverordneten fordern nach dem
Diskussionsstand vom 16. Januar 2012 eine inhaltliche Konzeption ein, die gegenwärtig
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erarbeitet wird. Sie soll Cottbus als Standort der Energiegewinnung (Braunkohle, Kraftwerke,
Umweltverschmutzung, Renaturierung) in den Mittelpunkt der Präsentation stellen. Der Leiter
der Städtischen Sammlungen wird in der Lausitzer Rundschau vom 14. Oktober 2011 zitiert.
Er meint, das Haus, sei „prädestiniert für eine Ausstellung zur Geschichte der Stadt Cottbus
mit Blick auf das Niederlausitzer Industrie- und Kohlegebiet.“71 Dieser Themenbereich wäre
auch fundamental zur Erklärung der DDR-Wirtschaft, der Umweltprobleme, der
unabhängigen Ökologiebewegung. Das Thema Energie ist geradezu ein Musterbeispiel für die
Vernetzung von Problemen, die zudem eine erhebliche aktuelle Brisanz haben.
Doch der Weg zur Verwirklichung eines solchen Museums scheint weit. Der Lokalpresse
zufolge soll das Museum einschließlich des Archivs bis 2014 eine Million Euro sparen.72 Der
Jahresetat wird nahezu halbiert. „Die Entwicklung der rein städtischen Museen in Cottbus ist
mindestens seit 1997 eine Katastrophe in kleinen, aber gezielten Schritten“, wird ein
verdienter Heimathistoriker und Archäologe zitiert.73 Weiter heißt es: „Die Entscheidung, dass
das Stadtmuseum nach einjähriger Schließung geschlossen bleibt, weil nun plötzlich die
Elektroanlage Schwierigkeiten mache, ähnelt der Taktik, wie das Naturkundemuseum 2005
geschlossen wurde.
71 Lausitzer Rundschau, 14. Oktober 2011.72 Lausitzer Rundschau, 12. November 2011.73 Ebd.
90
Abbildung 26: Leere Vitrinen im geschlossenen Stadtmuseum Cottbus (Foto: Stefan Wolle)
So existiert in Cottbus allein das Schloss Branitz als Museumsstandort, das zwar samt dem
Landschaftspark eine überregionale Touristenattraktion darstellt, sich in seiner Ausstellung
aber auf Fürst Pückler und die Gemäldesammlung beschränkt. Außerdem gibt es unter dem
Dach des Stadtmuseums das Wendische Museum mit einer volkskundlichen Sammlung über
die Sorben.
Wo auch immer die Verantwortung konkret liegen mag, angesichts dieser Zustände ist es
vollkommen überflüssig, über die Museen als Lernort der Demokratie oder Ähnliches zu
sprechen. Der Vorsitzende des Wirtschafts- und Bauausschusses wird in der Presse mit
folgendem Statement zitiert: „‘Das Stadtmuseum ist zu. Hat’s jemand gemerkt?‘ Verdutzte
Stille. Dann Gelächter. ‚Keiner? Na, dann ist ja alles in Ordnung.‘“74 Ironie? Zynismus?
Dummheit? Das zitierte Cottbuser Anzeigenblatt nennt die Äußerung „verschmitzt“.
In der Stadt Brandenburg an der Havel ist die Situation vollkommen anders, aber nicht minder
bedenklich. Das Stadtmuseums Brandenburg hatte im Vorfeld des 20. Jahrestages der
74 Der Märkische Bote, 12. November 2011.
91
Friedlichen Revolution ein Schülerprojekt durchgeführt, das museumspädagogisch
beispielhaft war, politisch jedoch zu schweren Konflikten führte.
Abbildung 27: Sonderausstellung „Jugend in der DDR“ im Stadtmuseum Brandenburg (Foto: Stadtmuseum Brandenburg)
Unter der Leitung der museumspädagogischen Mitarbeiterin des Stadtmuseums haben ein
gutes Dutzend Abiturienten zwei Jahre lang eine Ausstellung nebst Begleitprogramm zum
Thema Jugend in der DDR erarbeitet. Die Projektgruppe „wollte sich ein Bild davon machen,
wie Brandenburger Kinder und Jugendliche ihr Heranwachsen im Staatssozialismus erlebten.“
75 Die Schüler investierten einen großen Teil ihrer Freizeit. „Wichtiges Element neben
intensivem Quellenstudium beispielsweise im Landesarchiv sind Zeitzeugenbefragungen, die
teilweise als Bild- und Tonaufzeichnungen […] in einer Ausstellung im Heimatmuseum
75 Märkische Allgemeine, 22. Mai 2009.
92
gezeigt werden. Gefragt sind nicht nur Erinnerungen an die eigene Jugend Gleichermaßen
interessant sind für die Gruppe auch die Menschen, die mit Kindern und Jugendlichen in der
DDR zusammengearbeitet haben. […] Am Beispiel des Spannungsfeldes zwischen der unter
Generalverdacht stehenden evangelischen Jungen Gemeinde und der einzigen in der DDR
staatlich anerkannten und geförderten Jugendorganisation, der ‚Freien Deutschen Jugend‘
(FDJ) interessieren die jungen Historiker Zeitzeugenberichte von beiden Seiten.“76
Doch bereits während der Arbeit mit der Schülergruppe gab es ständig Reibungspunkte.
Inhaltliche Probleme und Finanzierungsschwierigkeiten bildeten ein unentwirrbares Knäuel
von Problemen. Am 7. November 2009 schrieb die Märkische Allgemeine recht drastisch:
„Ist es Desinteresse, Inkompetenz oder Angst vor unbequemen Wahrheiten? Vermutlich hat
die Mischung aus all dem dazu geführt, dass das einzige ambitionierte Projekt des städtischen
Heimatmuseums zum 20. Jahrestag der friedlichen Revolution in der DDR zwischen der
Beigeordneten Birgit Hübner und dem Museumsleiter Hans-Georg Kohnke zerrieben wurde.
100 Stunden vor dem 9. November landet das Museumsprojekt ‚Jugend in der DDR – in der
Stadt Brandenburg an der Havel‘ auf dem Müll der Stadtgeschichte. Angeblich weil das Geld
nicht mehr da ist. Man stelle sich das vor: Etwa 1500 Stunden Arbeit von jungen Menschen,
Gespräche mit Zeitzeugen, Exponate der Zeit – all das wurde umsonst gesammelt, umsonst
erarbeitet? Man muss schon mit dem pädagogischen Feingefühl eines T-Rex und dem
politischen Weitblick eines Maulwurfs geschlagen sein, wenn man ein solches
Museumsprojekt zu diesem Zeitpunkt sterben lässt. …“77
So weit kam es schließlich nicht. Am 17. Juni 2010 wurde die Ausstellung schließlich in
Anwesenheit der Bürgermeisterin und der Vertreter der Fraktionen eröffnet. Die Resonanz
war recht positiv, doch das zerschlagene Porzellan ist längst noch nicht wieder zusammen
gekehrt.
76 Ebd.77 Märkische Allgemeine, 7. November 2009.
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Anlässlich der Eröffnung schrieb die Nachrichtenseite havelstadt-brandenburg: „Das größte
Problem mit der die Initiatorin Gudrun Bauer zu kämpfen hatte, war die mangelnde
Unterstützung der Verwaltung der Stadt Brandenburg an der Havel. Zu Beginn der Arbeiten
hatte sie öffentliche Mittel zur Verfügung gestellt […] Kurz danach wurden die
bereitgestellten Gelder um 1000 Euro herabgesetzt, […]. Der Fehlbetrag sollte laut
Verwaltung durch Sponsoren und Spender aufgefangen werden.“78
Noch Anfang 2012 waren die Misshelligkeiten keineswegs überwunden. Der eigentliche
Kernpunkt besteht in dem Vorwurf, im Rathaus würden ehemalige Mitläufer des SED-
Systems die Aufarbeitung der DDR-Geschichte behindern. Natürlich täten sie das nicht offen,
sondern durch Finanzkürzungen und diverse bürokratische Behinderungen. Im Mittelpunkt
der Vorwürfe stand die Beigeordnete für Jugend, Soziales, Schule und Sport, die aber
inzwischen aus der Linkspartei ausgetreten ist und ihr Amt niedergelegt hat.
Für die beteiligten Schüler waren die Auseinandersetzungen bei aller Enttäuschung sicherlich
auch eine Lektion über die Mühen der Ebene, die auch die Demokratie mit sich bringt. Die
Ausstellung wurde schließlich mit fast einem Jahr Verspätung am 17. Juni 2010 eröffnet und
war inhaltlich ein großer Erfolg.79 In dem Begleitprogramm kamen Protagonisten der
Wendeereignisse, Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens und Historiker zu Worte.
Höhepunkt der Veranstaltungsserie war der Auftritt des Bundesbeauftragten für die
Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes, Roland Jahn, der sich öffentlich sehr lobend über die
Ausstellung äußerte.80
Es bleibt zu hoffen, dass Stadt und Museum zueinander finden und sich die Verantwortlichen
nicht weiter in gegenseitige Unterstellungen und persönliche Animositäten verstricken.
78 Havelstadt-brandenburg, 17. Juni 2010.79 Märkische Allgemeine, 18. Juni 2010. 80 Märkische Allgemeine, 11. April 2011.
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Die Durchführung der erwähnten Schülerprojekte durch das Stadtmuseum ist beispielhaft und
nachahmenswert. Einen großen Anteil daran hat eine eigens angestellte pädagogische
Mitarbeiterin.
Abbildung 28: Wildlederjacke mit Aufnähern der Unabhängigen Friedensbewegung der DDR in der Sonderausstellung „Jugend in der DDR“ im Stadtmuseum Brandenburg (Foto :
Stadtmuseum Brandenburg)
Es ist sehr bedauerlich – und eigentlich nicht tragbar – dass sich gerade Brandenburg und
Cottbus, also die neben der Landeshauptstadt und Frankfurt (Oder) wichtigsten Städten des
Landes Brandenburg, sich in eine solche Sackgasse manövriert haben. Kultureinrichtungen
sind zu wichtig, um sie zum Gegenstand tagespolitischer Fingerhakeleien zu machen. Die
Geschichtsaufarbeitung wird hier regelrecht torpediert.
Neben hervorragenden Beispielen, wo die Museumsverantwortlichen voll des Lobes für das
Verständnis der Stadtverordneten, Bürgermeister und Ämter sind, so in Luckenwalde, Luckau
oder Ludwigsfelde, gibt es sehr traurige Beispiele. Offenbar ist das Zusammenwirken mit den
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kommunalen Vertretungen und Behörden von fundamentaler Bedeutung für das Gedeihen der
Heimatmuseen. Das gilt gerade auf dem Gebiet der Zeitgeschichte, das für viele
Verantwortliche immer noch „vermintes Gelände“ darstellt. Die Sensibilität der kommunalen
Amtsträger für die Geschichtsaufarbeitung muss dringend geschärft werden. Eine offene und
kritische Debatte ist hier dringend geboten. Trotz des Prinzips der kommunalen
Selbstverwaltung sind hier auch die Landeseinrichtungen gefordert, geeignete Wege zu
finden.
Sonderausstellungen
Aus der Vielzahl der in Brandenburger Museen erarbeiteten bzw. gezeigten
Sonderausstellungen sei an dieser Stelle beispielhaft eine wichtige Ausstellung
herausgegriffen, die vom Heimatmuseum Falkensee und der Gedenkstätte Sachsenhausen
erstellt und 2009 an beiden Orten gezeigt wurde.81 Die sorgfältig recherchierte Exposition und
das Begleitheft enthalten ausschließlich neues Material über das Schicksal von Häftlingen aus
Falkensee, die nach 1945 in sowjetischen Lagern interniert waren. Dabei wird die
Alltagsrealität der entsprechenden Lager vor 1945 keineswegs ausgeblendet. Auch die
Tatsache, dass ein Teil der Häftlinge der Speziallager tatsächlich NS-belastet gewesen ist,
wird nicht verschwiegen. Die Darstellung bleibt dicht an den Biographien und insofern auch
dicht an der Ortsgeschichte von Falkensee. Finanziert wurde das Projekt gemeinschaftlich von
der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur, der Landeszentrale für politische
Bildung Brandenburg, der Gedenkstätte Sachsenhausen und der Sparkasse und dem
Förderverein des Heimatmuseums.
81 Falkensee und Sachsenhausen – Biographien unter der sowjetischen Besatzungsmacht 1945-1950. Eine Ausstellung des Vereins der Freunde und Förderer des Heimatmuseums Falkensee e.V. und der Gedenkstätte und Museum Sachsenhausen, 2009.
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Auch im Museum Viadrina in Frankfurt (Oder) wurden in den vergangen Jahren mehrere
Sonderausstellungen zur DDR-Geschichte gezeigt, u.a. im Jahr 1995 „Frankfurt (Oder)
1945“; im Jahr 1998 „Willkommen in der Heimat“, eine Ausstellung über das
Rückkehrerlager sowie 1999 eine Ausstellung zum zehnten Jahrestag des demokratischen
Umbruchs unter dem Titel “Kollpas ohne Agonie“.82
Das Museum Viadrina ist als Träger einer Fördermaßnahme zum 20. Jahrestag der
Friedlichen Revolution in Erscheinung getreten, die viel Aufsehen erregte. Vom 3. August bis
9. November 2009 präsentierte ein internationales Künstlerkollektiv unter Leitung von
Reinhard Zabka in der Frankfurter Marienkirche ein Labyrinth der Wende.83 Das Wort vom
Labyrinth war sowohl symbolisch als auch buchstäblich zu verstehen. Es handelte sich um
eine großflächige Installation aus Sperrholzbrettern und anderen Materialien, durch die der
Besucher irrte wie durch die reale Geschichte. Die Größe des Kirchenschiffs machte den
Gang durch den Irrgarten der Erinnerungen zum Abenteuer. Überall stieß der Betrachter auf
überraschende, teils sehr ironische Installationen. Er durfte am Rad der Geschichte drehen,
und das war ganz wörtlich gemeint. Eine Bücherstube aus DDR-Büchern gebaut, zeigte die
bunte aber zugleich enge und umschlossene Welt des Intellektuellen. Zu den hohen
Spitzbögen des gotischen Doms reckte sich eine etwas wacklige Himmelsleiter. Irritationen
waren bei dieser Ausstellung nicht nur unvermeidlich, sie waren beabsichtigt. Mehrere
Tausend Besucher, darunter viele Schulklassen, haben die Ausstellung besichtigt.
Leider hat der Erfolg des „Labyrinthes“ nichts an der Schließung des Lügenmuseums von
Reinhard Zabka in Gantikow ändern können. Dort gab es eine Menge von wunderbar
ironischen Abrechnungen mit der DDR. War es mangelnde Einsicht der kommunalen
Amtsträger, wirtschaftliche Schwierigkeiten, eine Unterschwellige Ablehnung der
82 Reinhard Kusch: Kollaps ohne Agonie. Das Ende des SED-Regimes im Bezirk Frankfurt (Oder), Frankfurt (Oder) 1999.83 Liebe futsch, Revolution vorbei, Spaghetti kalt. Labyrinth der Wende. Ausstellung von Reinhard Zabka, Frankfurt (Oder) 2012.
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doppelsinnigen Anspielungskunst des Künstlers Zabka? Jedenfalls ist ein einmaliges Projekt
sang- und klanglos in der Versenkung verschwunden.
Die genannten Beispiele zeigen dennoch, dass es möglich ist, wichtige und interessante
Ausstellungen zu organisieren und zu finanzieren. Ganz sicher ließe sich die Attraktivität der
Brandenburger Heimatmuseen durch Sonderausstellungen erhöhen. Vor allem müssen
Möglichkeiten gesucht und gefunden werden, sorgfältig recherchierte und aufwendig
erarbeitete Sonderausstellungen an mehreren Orten zu zeigen. Viele Einrichtungen verfügen
über geeignete Räumlichkeiten. So beispielsweise das Niederlausitz-Museum Luckau . Die
alte Klosteranlage verfügt über geeignete und großzügig geschnittene Räume für
Sonderausstellungen. Auch in Brandenburg wären – wie der Leiter des Museums meint – mit
relativ geringen Mitteln durch den Ausbau des Dachbodens Räume für Sonderausstellungen
zu schaffen.
Abbildung 24: Dachgeschoss des Frey-Hauses im Stadtmuseum Brandenburg an der Havel, dass nach Ansicht der Museumsleitung für einen Ausbau geeignet wäre (Foto: Stefan Wolle)
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Sammeltätigkeit
Übereinstimmend berichten alle Museumsvertreter, dass es eine erhebliche Bereitschaft gibt,
den Heimatmuseen Sachspenden zu machen. Dies betrifft nicht allein aber vorrangig Objekte,
Fotos und Dokumente aus der DDR-Zeit. Abgesehen von praktischen Erwägungen spielt die
Tatsache eine Rolle, dass die Gegenstände in der DDR einen höheren Wert verkörperten, als
diese in der heutigen Gesellschaft der Fall ist. Heute sprechen manchen von einer
Wegwerfgesellschaft. Im Umkehrschluss könnte man von der DDR als einer
Aufhebgesellschaft sprechen. Fast alles war schwer zu bekommen, und außer den so
genannten Grundbedürfnissen auch recht teuer. An die Dinge knüpfen sich Geschichten und
Emotionen, man möchte sie, obwohl sie ihren praktischen Wert verloren haben, nicht einfach
in den Sperrmüll geben.
Hinzu kommt das Bestreben, durch die Musealisierung von Gegenständen, die den
Eigentümern ans Herz gewachsen sind, einen Beitrag zu der „wahren Geschichte der DDR“
zu leisten. Für viele Menschen klaffen die persönlichen Erinnerungen und die mediale
Darstellung der Geschichte weit auseinander. Sie finden ihr persönliches Leben nicht
ausreichend widergespiegelt. So sagen alle musealen Einrichtungen übereinstimmend, dass
sie sehr viele Angebote von Spendern bekommen.
Der Umgang mit der Spendenbereitschaft der Bevölkerung ist in den verschiedenen Museen
sehr unterschiedlich. Der Leiter des Heimatmuseums Luckenwalde erklärt beispielsweise,
grundsätzlich alles zu nehmen und später zu sortieren. Andere Museen übernehmen
grundsätzlich nur Exponate, die im Zusammenhang mit der Region oder der Stadt stehen. Oft
wird erklärt, Spender von DDR-Alltagsgegenständen würde man an das
Dokumentationszentrum DDR-Alltagskultur in Eisenhüttenstadt verweisen. Dort versuchen
die Mitarbeiter zwar, den ständigen Zustrom zu bewältigen, doch kann es keine Dauerlösung
sein. Beruht doch die Bereitschaft zu Sachspenden nicht zuletzt auf der Vorstellung, ein Teil
99
des realen Lebens würde in der Heimat, also in der Heimatstadt- oder Gemeinde, bewahrt
werden.
Eine sinnvolle Spezialisierung und Vernetzung wird vom Brandenburger Museumsverband
offenbar angestrebt, ist aber noch nicht überall realisiert.
Foto- und Filmsammlungen
Ein spezielles Problem bieten die existierenden Fotosammlungen. Das Bildgedächtnis gerät
immer stärker in den Mittelpunkt des kulturgeschichtlichen Interesses. Nicht ohne Grund
sprechen manche Soziologen bezogen auf unsere Gegenwart von einem Zeitalter des Bildes.84
Nachdem die künstlerische Fotografie und die operative Fotografie des MfS bereits viel
aufmerksam erregt haben,85 scheint speziell für die DDR-Forschung die Hobby- und
Privatfotografie ein wichtiges Feld zu sein. Sie bieten eine wichtige kulturgeschichtliche
Quelle und sind bisher noch kaum systematisch erschlossen. Es deutet sich hier ein
umfangreiches und wichtiges Sammelgebiet an. Eine landesweite Vernetzung solcher
Aktivitäten wäre dringend geboten.
So befindet sich beispielsweise im Museum Falkensee ein Nachlass von ungefähr 24.000
Fotografien des Presse- und Modefotografen Heinz Krüger, der jahrelang für Illustrierte der
DDR wie die „Freie Welt“ als Bildreporter unterwegs war. Dem Museum ist es kaum
möglich, ohne Förderung, diese Sammlung aufzubereiten. Es wäre sinnvoll, solche
Sammlungen zu digitalisieren und sie unter Wahrung der Urheberrechte im Internet Nutzern
anzubieten. Die Nachfrage nach Bildern aus der DDR-Zeit steigt ständig.
84 Gerhard Paul: Das Jahrhundert des Bildes, 2 Bde., Göttingen 2009; ders.: Bilder, die Geschichte schrieben, Göttingen 2011. 85 Karin Hartewig: Das Auge der Partei. Fotografie und Staatssicherheit, Berlin 2004; Siegfried Wittenburg/Stefan Wolle: Die sanfte Rebellion der Bilder. DDR-Alltag in Fotos und Geschichten, Darmstadt 2008.
100
Im November 2010 starteten Filmmuseum Potsdam und Museumsverband des Landes
Brandenburg das Projekt „Amateurfilm im Land Brandenburg“. Ziel ist die koordinierte
Bewahrung dieser wichtigen Geschichtsquellen. Zunächst liegt der Fokus auf der Zeit von
1945 bis 1990 und auf Arbeiten, die mit künstlerischer Intention überwiegend in Studios
entstanden und für eine begrenzte Öffentlichkeit bestimmt waren. Langfristige Aufgabe ist die
zentrale Dokumentation der landesweiten Bestände (Datenbank, Informationspool) und die
konservatorisch fachgerechte Archivierung der Originalfilme, sei es in den dezentralen
Museen und Archiven oder im Filmmuseum Potsdam. Darüber hinaus sollen mit dem Projekt
die Voraussetzungen geschaffen werden, um vom Verfall bedrohte bzw. kulturhistorisch
wertvolle Filme digital zu sichern und im Rahmen der Nutzungsbedingungen öffentlich
verfügbar zu machen.
Erste Sichtungs- und Erfassungsmaßnahmen wurden in den Museen in Eisenhüttenstadt und
Senftenberg durchgeführt. Eine Ausstellung im Filmmuseum Potsdam „Amateurfilm in
Brandenburg 1950-1990. Arbeit an der Wirklichkeit“ (7. Oktober 2011 bis 8. Februar 2012)
zeigte erste Arbeitsergebnisse und stellte ausgewählte Studios vor.86
86 Potsdamer Neueste Nachrichten, 4. November 2011.
101
Öffentlichkeitsarbeit und Publikationstätigkeit
Ein wichtiger Teil der Tätigkeit der Heimatmuseen auf dem Gebiet der Aufarbeitung der
DDR-Geschichte ist die Öffentlichkeitsarbeit und Publikationstätigkeit. Ein großer Teil der
Museen verfügt über Veranstaltungs- und Vortragsräume, in denen öffentliche
Veranstaltungen zu Themen der Geschichte stattfinden können. Trotz eingeschränkter
finanzieller Mittel führen viele Museen solche Veranstaltungen durch. Teilweise werden sie
darin von Vereinen und anderen gemeinnützigen Organisationen oder von Trägern der
politischen Bildung unterstützt. Hier soll allein die Frage interessieren, in welchem Ausmaß
sich die Heimatmuseen dem DDR-Thema annehmen. Auch hier können nur einige Beispiele
angeführt werden.
Das Heimatmuseum Luckenwalde führt seit 1999 vier Vortragsveranstaltungen im Jahr durch.
Besonderen Zulaufs erfreuen sich Vorträge, die sich mit einzelnen Straßenzügen beschäftigen.
Zu solchen Abenden erscheinen bis zu hundert Teilnehmer, eine Zahl von der viele
hauptstädtische Museen nur träumen können. Verallgemeinert könnte man sagen, dass die
Vortragstätigkeit dann erfolgreich ist, wenn sie sich nach den unmittelbaren Interessen der
Zielgruppe richtet. Das schließt Themen zur DDR durchaus nicht aus. In Frankfurt (Oder)
beispielsweise musste ein Vortrag über Konspirativer Wohnungen des MfS, der von der
Außenstelle der BStU organisiert und in der dem Museum angeschlossenen Gedenkstätte
durchgeführt wurde, wegen Überfüllung des Veranstaltungsraumes wiederholt werden.
Beispielhaft ist die Öffentlichkeitsarbeit des Stadtmuseums Brandenburg an der Havel bezüg-
lich der DDR-Darstellung. Zu der von Schülern erarbeiteten Sonderausstellung Jugend in der
DDR wurde als Begleitprogramm langfristig eine Veranstaltungsreihe organisiert. Die Veran-
staltungen waren in der Regel gut besucht. Es fanden nach den Vorträgen interessante Diskus-
sionen statt. Über viele der Veranstaltungen berichtete die Regionalpresse.
Einige der Veranstaltungen seien deswegen an dieser Stelle erwähnt:
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Am 13. Januar 2011 Opposition in der DDR mit Ulrike Poppe, Beauftragte des Landes Bran-
denburg für die Aufarbeitung der Folgen der kommunistischen Diktatur.
Abbildung 30: Podiumsdiskussion am 13. Januar 2011 mit Ulrike Poppe über Opposition in der DDR im Stadtmuseum Brandenburg an der Havel (Foto: Stadtmuseum Brandenburg)
Am 27. Januar 2011 berichtete ein Punk, der in der DDR u.a. wegen Zusammenrottung zu fast
drei Jahren Freiheitsstrafe verurteilt worden war, über jugendliche Subkulturen.
Am 4. März 2011 fand eine Podiumsdiskussion über die Nationale Volksarmee der DDR statt.
Am 11. März 2011 fand eine Podiumsdiskussion „Weibliche Lebensläufe in Ost und West“
statt, die der Frage nachging, wie es sich mit der von der SED behaupteten Gleichstellung von
Mann und Frau in der DDR verhalten hat. Vier Frauen, die heute in Brandenburg an der Ha-
vel erzählten aus ihrem Leben. Am 6. April 2011 hielt der Historiker Dr. Stefan Wolle einen
Vortrag über Jugend in der DDR. Am 14. April 2011 folgte eine Podiumsdiskussion „Wie
umgehen mit der DDR-Geschichte?“. Dazu war die Geschäftsführerin der Bundesstiftung zur
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Aufarbeitung der SED-Diktatur, Dr. Anna Kaminsky, Prof. Dr. Ines Geipelt sowie Dr. Ilko-
Sascha Kowalczuk eingeladen.
Weitere Vorträge beschäftigten sich mit Jugendkriminalität in der DDR, dem Dienst in der
NVA und Jugendopposition.
Im Rahmen des Begleitprogramms lief außerdem die Filmreihe „Genehm – oder nicht geneh-
migt“. In der Reihe liefen die DEFA-Filme: „Berlin – Ecke Schönhauser“ (1957) „Denk bloß
nicht, ich heule“ (1965) „Karla“ (1965) und „Für die Liebe noch zu mager“ (1973) „Berlin –
Ecke Schönhauser“ (1957) eröffnet. Den Einführungsvortrag hielt Prof. Dr. Dieter Wie-
demann, der Präsident der HFF „Konrad Wolf“.
Eine Reihe von Museen verfügen inzwischen über ausgezeichnete Kataloge, Museumsführer
und Schriftenreihen. Zudem sind viele Museumsfachleute in heimatgeschichtlichen Publika-
tionen und in regelmäßigen Artikeln in der Tagespresse präsent. Umgekehrt sind die Museen
in den touristischen Angeboten in Flyern, und auf den Websites der Städte gut präsentiert.
Trotzdem fällt auf, dass die DDR-Geschichte in diesen Zusammenhängen stark unterpräsen-
tiert ist. Zu Recht oder zu Unrecht setzten die Gestalter solcher Veröffentlichungen auf die
optische Attraktivität von Motiven aus dem Mittealter, der Barockzeit oder anderer älterer Ge-
schichtsperioden. Lokalgeschichtliche Veröffentlichungen über die Jahre von 1945 bis 1989
sind immer noch eher selten.
Eine erfreuliche Ausnahme bildet das „Wendebuch von Luckenwalde“, das 2009 in einer
Auflage von 1000 Exemplaren erschien und im Museumsshop des Heimatmuseums preiswert
zu erwerben ist.87 Der Begriff Wendebuch ist in diesem Fall ganz wörtlich zu nehmen. Man
kann das Buch von vorne und hinten lesen, muss es aber zwangsläufig in der Mitte wenden.
Die Publikation enthält lebensgeschichtliche Interviews, Fotos und Dokumente zu den
Ereignissen von 1989/90 in Luckenwalde.
87 Claudia Rücker/Andrea Szatmary/Roman Schmidt (Hrsg.): Das Wendebuch von Luckenwalde. 20 Interviews, Luckenwalde 2009.
104
Einfacher gestaltet aber nicht weniger informativ sind zwei Publikationen aus Schwedt
(Oder). Es geht in ihnen um die Vorschuleinrichtungen zwischen 1938 und 2008 mit
ausführlichen Dokumenten und Darstellungen der DDR-Pädagogik,88 sowie um eine „Wende-
Chronik 1989/90“.89 Beide Veröffentlichungen sind gegen eine geringe Schutzgebühr im
Museum erhältlich. Sie sind für die Arbeit mit Schülern geeignet, enthalten aber auch für die
Forschung interessante Details.
Durchgängig hervorragend gestaltet und gut recherchiert sind die Begleitbücher zu den Orten
des Gedenkens, insbesondere der nationalsozialistischen Zeit. Als Beispiel seien hier zwei
Publikationen aus dem Stadtmuseum Brandenburg genannt. In einer dieser Broschüren geht
es um Kriegsgefangenen und Zwangsarbeiter in Brandenburg.90 Das andere der beiden Hefte
beschäftigt sich dem Schicksal jüdischer Bürger in der Havelstadt von den Anfängen bis in
die Gegenwart.91 Die beispielhafte Publikation wurde von einer Schülergruppe unter Leitung
der pädagogischen Mitarbeiterin des Stadtmuseums gestaltet und war gewissermaßen das
Pilotprojekt für die ausführlich erwähnte Ausstellung über die Jugend in der DDR.
88 Auf dem Weg ins Leben. Eine Dokumentation der Schwedter Vorschuleinrichtungen von 1938 bis 2008, Schwedt (Oder) 2009.89 Wende-Chronik. Schwedt 1989/90, Schwedt (Oder) 2009.90 Gudrun Bauer u.a.: Unfreiwillig in Brandenburg. Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter in der Stadt Brandenburg in zwei Weltkriegen, Berlin 2004. 91 Kommen – Ankommen – Bleiben? Jüdische Bürger in Brandenburg an der Havel, Brandenburg/Havel 2005.
105
Anhang
Thesen zur Aufarbeitung der DDR-Geschichte in den
Brandenburger Heimatmuseen
1. Die Brandenburger Heimatmuseen sind ein wichtiger Ort der Begegnung, der
öffentlichen Debatte und des Lernens über die DDR geworden. Es ist hier möglich
sich mit dem Charakter der SED-Diktatur und der Lebenswirklichkeit der
Menschen in der DDR auseinander zu setzten.
2. Die Orientierungslosigkeit der ersten Jahre nach 1989/90 und der Hang zur
ersatzlosen „Entsorgung“ von DDR-Geschichte gehören der Vergangenheit an.
Fast alle Stadt-, Regional- und Heimatmuseen beziehen die DDR als Thema auf
diese oder jene Weise ein.
3. Eine wichtige Rolle haben dabei die Gedenkstätten des SED-Unrechts gespielt, die
teilweise organisatorisch und inhaltlich mit den Heimatmuseen verbunden sind.
4. Museen in freier oder privater Trägerschaft haben ebenfalls eine positive Funktion
bei der Neuausrichtung der Brandenburger Museumslandschaft gespielt. Sie haben
durch ihre Arbeit das Augenmerk auf die Bedeutung des Alltags in der Diktatur
gelenkt.
5. Die Konzepte der Ausstellungen, die Formen der Präsentation und das Niveau der
Vermittlung sind sehr unterschiedlich. Doch gerade diese Vielfalt macht eine
lebendige Museumslandschaft aus.
6. Es sind eine Reihe hervorragender Dauerausstellungen entstanden, in denen die
Synthese zwischen der politischen Geschichte und der Alltagswirklichkeit gelingt.
Verharmlosung oder Verklärung der DDR-Vergangenheit ist nur noch vereinzelt
anzutreffen.
7. Durch originelle Ideen wird in einigen Fällen die DDR-Geschichte zwanglos und
organisch in die Darstellung übergreifender Themen einbezogen.
106
8. Einige kleinere Heimatmuseen wagen sich nicht an die Auseinandersetzung mit
der DDR heran. Möglicherweise scheuen sie den Ärger, der damit gelegentlich
verbunden ist.
9. Die stadt- und regionalgeschichtlichen Museen sollten bald beginnen, die
Nachwendegeschichte mit all ihren Problemen zu thematisieren. Auch das
Fortleben der DDR – von der Ostalgie bis zur so genannten Stasi-Aufarbeitung –
gehört zur Auseinandersetzung zwischen Demokratie und Diktatur.
10. Einige Dauerausstellungen haben auch künstlerisch und museumsdidaktisch ein
beachtliches Niveau. Möglicherweise könnten interaktive Installationen,
Computerspiele u.dgl. stärker zum Einsatz kommen.
11. Die Vernetzung der Sammlungstätigkeit scheint verbesserungswürdig. Das gilt
insbesondere für Fotosammlungen und die entsprechenden Datenbanken.
12. Die Öffentlichkeitsarbeit scheint in manchen Fällen noch wenig entwickelt. Über
das touristische Marketing hinaus sollten Verbindungen zu Verbänden und
Organisationen gestärkt werden.
13. Die Zeitzeugenarbeit, die freilich sehr aufwendig und oft nicht unkompliziert ist,
sollte intensiviert werden. Hier dürfen die Museen aber nicht allein gelassen
werden sondern bedürfen der Unterstützung durch kommunale Einrichtungen,
Stiftungen, Verbände und Parteien und Kirchen.
14. Museen sollten noch stärker mit anderen wissenschaftlichen Einrichtungen
zusammen arbeiten. Das gilt insbesondere für die Universitäten des Landes.
15. Die Möglichkeiten von Wanderausstellungen, die auch von Einrichtungen der
politischen Bildung, Stiftungen usw. angeboten werden, sollten geprüft werden. In
einigen Einrichtungen bestehen dafür gute räumliche Voraussetzungen.
16. Bei der Zusammenarbeit mit den Schulen ist dringender Handlungsbedarf geboten.
Pädagogische Begleitprogramme, Schülerprojekte, die Vorbereitung und
Auswertung von Museumsbesuchen kann nicht allein den Museen überlassen
werden. Die flächendeckend vorhandenen Gedenkstätten- und Museumslehrer
müssen aktiviert werden. Sie bedürfen einer intensiven fachlichen Betreuung.
107
17. Die Schüler müssen für den Museumsbesuch, und mehr noch für die
geschichtliche Projektarbeit, besser vorbereitet werden. Die Möglichkeiten sind
längst noch nicht ausgeschöpft.
18. Begrüßenswert wäre die Einstellung von pädagogischen Mitarbeitern in den
Heimatmuseen. Sie können sich intensiv um die Vorbereitung
museumspädagogischer Hilfsmittel und die Projektarbeit kümmern.
19. Die Zusammenarbeit mit den kommunalen Behörden ist teilweise hervorragend,
teilweise katastrophal. Auf der kommunalen Entscheidungsebene muss das
Bewusstsein geschärft werden, das Museen und andere Kultureinrichtungen kein
überflüssiges Beiwerk sind. Gute Beispiele zeigen, welchen Stellenwert
Heimatmuseen im Leben einer Stadt oder einer Gemeinde einnehmen können.
108
Liste der Mitglieder des Museumsverbandes Brandenburg e.V. nach inhaltlicher Ausrichtung
Agrar- und Forstmuseen
• Altranft, Brandenburgisches Freilichtmuseum
• Berlin, Domäne Dahlem
• Groß Schönebeck, Museum Schorfheide
• Lübbenau, Spreewaldmuseum
• Reichenow-Möglin, Ausstellung und Gedenkstätte Albrecht Daniel Thaer
• Teltow, Deutsches Schweinemuseum Ruhlsdorf
• Schlepzig, Agrarhistorisches Museum Schlepzig
• Vierraden, Tabakmuseum
• Wandlitz, Agrarmuseum
Freilichtmuseen
• Lübbenau, Spreewaldmuseum
• Mildenberg, Ziegeleipark
• Rüdersdorf, Museumspark
Gedenkstätten
• Bad Freienwalde, Walther-Rathenau-Gedenkstätte
• Oranienburg, Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten
• Potsdam, Gedenkstätte für die Opfer politischer Gewalt im 20. Jahrhundert
• Potsdam, "Potsdam und der 20. Juli 1944"
• Ravensbrück, Mahn- und Gedenkstätte Ravensbrück
• Sachsenhausen, Gedenkstätte und Museum Sachsenhausen
• Seelow, Gedenkstätte und Museum Seelower Höhen
• Wittstock-Below, Museum des Todesmarsches
109
Kunstmuseen
• Bad Belzig, Roger-Loewig-Haus - Museum und Gedenkstätte
• Beeskow, Kunstarchiv Burg Beeskow
• Bernau, Wolf Kahlen Museum
• Cottbus, Kunstmuseum Dieselkraftwerk
• Cottbus, Stiftung Fürst-Pückler-Museum Schloss und Park Branitz
• Eisenhüttenstadt, Städtisches Museum Eisenhüttenstadt / Galerie
• Frankfurt/Oder, Museum Junge Kunst
• Gantikow, Lügenmuseum
• Lauchhammer, Kunstgussmuseum
• Potsdam, Bildergalerie im Park Sanssouci
• Potsdam, Museum Fluxus+
Literaturmuseen
• Angermünde, Ehm Welk- und Heimatmuseum
• Buckow, Brecht-Weigel-Haus
• Erkner, Gerhart-Hauptmann-Museum
• Frankfurt/Oder, Kleist-Museum
• Potsdam, Theodor-Fontane-Archiv
• Rheinsberg, Kurt Tucholsky Literaturmuseum
Naturkundemuseen
• Falkensee, Heimatmuseum Falkensee
• Lenzen, Burgmuseum
• Luckau, Niederlausitz-Museum
• Menz, NaturParkHaus Stechlin
• Peitz, Eisenhütten- und Fischereimuseum
• Potsdam, Naturkundemuseum
• Rüdersdorf, Museumspark
• Spremberg, Niederlausitzer Heidemuseum
110
Sakralmuseen
• Chorin, Kloster Chorin
• Heiligengrabe, Museum im Kloster Stift zum Heilligengrabe
• Lehnin, Kloster und Museum im Zisterzienserkloster
Neuzelle, Kloster Neuzelle
Schlossmuseen
• Caputh, Schloss und Park Caputh
• Cottbus, Stiftung Fürst-Pückler-Museum Schloss und Park Branitz
• Potsdam, Brandenburgische Schlösser GmbH
• Potsdam, Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg
• Reckahn, Rochow-Museum Schloss Reckahn
• Rheinsberg, Schloss Rheinsberg
• Wolfshagen, Schlossmuseum Wolfshagen
Spezialmuseen
• Brandenburg an der Havel, Archäologisches Landesmuseum
• Caputh, Ausstellung „Einsteins Sommer-Idyll in Caputh” im Bürgerhaus
• Eisenhüttenstadt, Dokumentationszentrum Alltagskultur der DDR
• Forst/Lausitz, Archiv verschwundener Orte / Archiw zgubjonych jsow
• Frankfurt/Oder, Sportmuseum der Stadt Frankfurt/Oder
• Fürstenwalde, Stiftung Brandenburg - Haus Brandenburg
• Kleßen, Spielzeugmuseum im Havelland
• Klosterfelde, Internationales Artistenmuseum
• Luckenwalde, Rotkreuzgeschichtliche Sammlung Fläming-Spreewald
• Meyenburg, Modemuseum
• Nennhausen, Lernwerkstatt Kita-Museum
• Perleberg, DDR-Geschichtsmuseum
• Potsdam, Jan Bouman Haus
• Potsdam, Filmmuseum
111
• Potsdam, Museum Alexandrowka
• Potsdam, Narkose-Schmerztherapie-Museum
• Potsdam, Russische Kolonie 12 - Alexandrowka
• Raddusch, Slawenburg
• Velten, Ofen- und Keramikmuseum
• Wittstock, Museum des Dreißigjährigen Krieges
• Wustrau, Brandenburg-Preußen Museum
Stadt-, Regional- und Heimatmuseen
• Angermünde, Ehm-Welk und Heimatmuseum
• Bad Freienwalde, Oderlandmuseum
• Bad Liebenwerda, Kreismuseum
• Beelitz, "Alte Posthalterei" Beelitzer Heimatmuseum
• Beeskow, Burg Beeskow
• Berlin, Zitadelle Spandau
• Bernau, Heimatmuseum Bernau
• Brandenburg an der Havel, Stadtmuseum - Museum im Frey-Haus
• Brandenburg an der Havel, Museum im Steintorturm
• Calau, Heimatmuseum Calau
• Caputh, Heimathaus Caputh
• Cottbus, Stadtmuseum Cottbus
• Diedersdorf, Heimatstube und Museumsscheune
• Dissen, Storchen- und Museumsdorf Dissen
• Eberswalde, Museum in der Adlerapotheke
• Eisenhüttenstadt, Städtisches Museum Eisenhüttenstadt
• Erkner, Heimatmuseum Erkner
• Falkensee, Heimatmuseum Falkensee
• Finsterwalde, Kreismuseum Finsterwalde
• Frankfurt/Oder, Museum Viadrina
• Fürstenwalde, Städtisches Museum Fürstenwalde
• Gransee, Heimatmuseum Gransee
• Großderschau, Museum "Kolonistenhof" Großderschau
112
• Grünewalde, Heimatstube Grünewalde (Lauchhammer)
• Grünewalde, Mühlenhofmuseum (Lauchhammer)
• Guben, Städtisches Museum "Sprucker Mühle"
• Jüterbog, Museum im Mönchenkloster
• Ketzin, Stadtmuseum Ketzin
• Lauchhammer, Heimatmuseum
• Lebus, Haus Lebuser Land
• Letschin, Letschiner Heimatstuben
• Luckau, Niederlausitz-Museum
• Ludwigsfelde, Museum der Stadt Ludwigsfelde
• Lübben, Museum Schloss Lübben
• Lübbenau, Spreewaldmuseum
• Mühlberg, Stadtmuseum Mühlberg
• Müllrose, Heimatmuseum
• Neuruppin, Museum Neuruppin
• Perleberg, Museum Perleberg
• Petzow, Waschhaus am Haussee
• Potsdam, Jan Bouman Haus
• Potsdam, Potsdam-Museum
• Prenzlau, Dominikanerkloster Prenzlau
• Prieros, Heimathaus
• Pritzwalk, Stadt- und Brauereimuseum
• Schöneiche, Museum für Heimatgeschichte
• Schwedt, Stadtmuseum Schwedt
• Senftenberg, Festungsanlage Senftenberg
• Spremberg, Niederlausitzer Heidemuseum
• Strausberg, Heimatmuseum
• Teltow, Heimatmuseum Teltow
• Templin, Museum Templin
• Tremmen, Dorfmuseum
• Wittenberge, Stadtmuseum "Alte Burg"
Wittstock an der Dosse, Museen "Alte Bischofsburg"
• Wünsdorf, Museum des Teltow
113
• Wusterhausen, Heimatmuseum
• Zossen, Museum und Begegnungsstätte "Alter Krug"
Technikmuseen
• Borkheide, Hans-Grade-Museum
• Brandenburg an der Havel, Industriemuseum Brandenburg
• Doberlug-Kirchhain, Weißgerbermuseum
• Domsdorf, Brikettfabrik Louise
• Eisenhüttenstadt, Feuerwehr- und Technikmuseum
• Forst/Lausitz, Brandenburgisches Textilmuseum
• Glashütte, Museumsdorf Baruther Glashütte
• Glindow, Märkisches Ziegeleimuseum
• Gramzow, Museum für Klein- und Privatbahnen
• Guben, Stadt- und Industriemuseum
• Kleinmachnow, Industriemuseum Region Teltow
• Königs-Wusterhausen, Sender- und Funktechnikmuseum
• Lauchhammer, Kunstgussmuseum
• Lindenberg, Wettermuseum
• Ludwigsfelde, Museum der Stadt Ludwigsfelde
• Mildenberg, Ziegeleipark Mildenberg
• Neuglobsow, Glasmacherhaus
• Neustadt/Dosse, Technisches Denkmal Gaswerk Neustadt/Dosse
• Oderberg, Binnenschifffahrtsmuseum
• Peitz, Eisenhütten- und Fischereimuseum
• Plessa, Museum Kraftwerk Plessa
• Potsdam, Berliner S-Bahnmuseum
• Potsdam, Historische Mühle
• Rathenow, Optik Industrie Museum
• Rüdersdorf, Museumspark
• Velten, Ofen- und Keramikmuseum Velten
• Wilhelmsaue, Bockwindmühle
• Wittenberge, Stadtmuseum (Nähmaschinenindustrie)
114
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118
Danksagung
Ich möchte an dieser Stelle allen Mitarbeitern der Brandenburger Museen und Einrichtungen
danken, die mich bei der Erstellung des vorliegenden Gutachtens unterstützt haben. Ohne die
ausführlichen und vertrauensvollen Gespräche, die persönlichen Führungen durch die
Sammlungen und Ausstellungen sowie die schriftlichen Stellungnahmen wäre die Arbeit nicht
möglich gewesen.
Dr. Stefan Wolle
Frankfurt (Oder), 31. März 2012
119
Zur Person
Dr. Stefan Wolle, Jahrgang 1950, Studium der Geschichte an der Humboldt-Universität
Berlin, 1972 Relegation aus politischen Gründen, Arbeit in einem Produktionsbetrieb, 1984
Promotion, bis 1989 Mitarbeiter des Instituts für Geschichte der Akademie der
Wissenschaften der DDR, 1990 Mitglied des Bürgerkomitees zur Stasi-Auflösung, danach
Mitarbeiter des Bundesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen, Joachim Gauck, 1991-1996
Assistent an der Humboldt-Universität, 1999 bis 2001 Referent bei der Bundesstiftung zur
Aufarbeitung der SED-Diktatur, seit 2001 Mitarbeiter des Forschungsverbundes SED-Staat
der Freien Universität Berlin, seit 2006 außerdem Wissenschaftlicher Leiter des DDR-
Museums Berlin, veröffentlichte zahlreiche Bücher und Artikel zur DDR-Geschichte, u.a.
(zus. mit Armin Mitter) „Ich liebe euch doch alle!“ (1990) und Untergang auf Raten (1994),
Die heile Welt der Diktatur (1998), Der Traum von der Revolte (2008), Aufbruch nach
Utopia (2011).
120