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1-2016 Januar 67. Jahrgang D 20579 Mitgliederzeitschrift der Gesellschaft der Staudenfreunde e.V. der Staudengarten Bulgarien – Ein Streifzug durch eine besondere Pflanzenwelt Schneeglöckchenvirus: Die Sehnsucht nach dem Frühling Stauden mit attraktivem Winteraspekt

der Gesellschaft der Staudenfreunde e.V. Staudengarten...1-2016 Januar 67. Jahrgang D 20579 Mitgliederzeitschrift der der Gesellschaft der Staudenfreunde e.V. Staudengarten Bulgarien

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  • 1-2016 Januar 67. Jahrgang

    D 20579

    Mitgliederzeitschrift der Gesellschaft der Staudenfreunde e.V.der

    Staudengarten

    Bulgarien – Ein Streifzug durch eine besondere Pflanzenwelt

    Schneeglöckchenvirus: Die Sehnsucht nach dem Frühling

    Stauden mit attraktivem Winteraspekt

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    Liebe Staudenfreundinnen und Staudenfreunde,das neue Jahr beginnt mit etlichen Veränderungen in unserer Gesellschaft. Am 12. September 2015 wurde auf der Mitgliederversammlung der GdS in Westerstede ein neuer Vorstand gewählt. Katha-rina Adams hat das Amt der Präsidentin nach fast zwei Jahren kommissarischer Leitung und einer Amtsperiode abgegeben, der 2. Stellvertretende Präsident Klaus Knospe und die Schatzmeisterin Elfriede Schild standen nach zwei Amtsperioden nicht mehr für weitere zur Verfügung. Ihnen gilt mein herzlicher Dank für die hervorragende Arbeit für die GdS. Stefan Strasser wurde als 1. Stell-vertretender Präsident wiedergewählt und auch Evi Roth als Geschäftsführerin bestätigt. Neu im Vorstand sind Jan Renneberg als 2. Stellvertre-tender, der vielen als Leiter der Regionalgruppe Hamburg bekannt ist. Katharina Adams hat das Amt der Schatzmeisterin übernommen. Und ich möchte mich für das Vertrauen, das Sie mir bei der Wahl zum Präsidenten unserer Gesellschaft entgegengebracht haben, ganz herzlich bedanken. Auch beim Samentausch wird es eine Verände-rung geben. Wie gewohnt liegt diesem Heft der neue Samentauschkatalog 2015/2016 bei, der mit über 2500 Positionen wieder einmal Seines-gleichen sucht. An dieser Stelle sei im Namen des Vorstands allen Spendern, Helfern sowie den Organisatoren Brigitte Knospe-Carstens und Klaus Knospe herzlich gedankt. Nach fünf Jahren haben sie sich entschlossen, diese Aufgabe in neue Hände zu übergeben und ich freue mich, dass wir mit Hannelore und Hanspeter Eickmann zwei langjährige und engagierte GdS-Mitglieder gewinnen konnten, die diese wichtige Aufgabe in Zukunft übernehmen werden. Für diese Amtsperiode haben wir uns im Vor-standsteam verschiedene Ziele gesetzt. Dazu gehören u.a. die Modernisierung der Homepage und des GdS-Forums, des Außenauftritts der

    GdS und eine engere Vernetzung mit anderen Organisatoren. Erste Kontaktaufnahmen u.a. mit dem Bund deutscher Staudengärtner und dem Ulmer Verlag fanden bereits statt. Die GdS wird mit Ulmer eine Kooperation beim Aufbau einer Pflanzendatenbank eingehen, von der alle Mit-glieder profitieren können.Aber nun möchte ich Ihre Aufmerksamkeit auf die zahlreichen und spannenden Beiträge in dieser Ausgabe des Staudengartens lenken. Über die Iris, die Staude des Jahres 2016 wird berichtet, ebenso – passend zur Jahreszeit – über Schnee-glöckchen. Iris Ney stellt empfehlenswerte Arten und Sorgen für Galanthus-Neulinge vor. Wilfried Neumerkel entführt und in die Flora Bulgariens und die Berichte über die Jahrestagungen der Fachgruppen und Reiseberichte der Regional-gruppen legen Zeugnis ab über die vielfältigen Aktivitäten in unserer Gesellschaft.

    Ich wünsche Ihnen ein gesegnetes Weihnachts-fest und einen ruhigen Übergang ins neue Gar-tenjahr 2016!

    Herzlichst, Ihr

  • 2  DER STAUDENGARTEN 1|2016

    Inhalt4 Iris–dieStaudedesJahres2016,TEXT

    BettinaBanse/BdS|FOTOSChristianeBach,BettinaBanse,StaudengärtnereiGräfinvonZeppelin

    12 StreifzügedurchdiePflanzenweltBulgariens,TEXT&FOTOSWilfriedNeumerkel

    14 VomSchneeglöckchenvirusoder:DieSehnsuchtnachdemFrühling,TEXT&FOTOSIrisNey

    18 PflanzenmitattraktivemWinteraspekt,TEXT&FOTOSSusanneZimmermann

    20 MalwasNeues,TEXTDr.ChristianeLooks|FOTOSJoachimLook,GeoLife.de(LGLN)2015

    24 JahrestreffenderFachgruppeGräser,TEXTAnnyHohenstein|FOTOSSylviaSchnick,JoachimHegmann

    34 JahrestagungderFachgruppePäonien,TEXTMonaRieger|FOTOSMonaRiegerundGottlobRieck

    40 GartenreisederRGReutlingen-Tübin-geninsRuhrgebiet/Niederlande,TEXTVeraMorel-Heider|FOTOSKundOZüchner

    46 GartenreisederRGSaarland,TEXTIngridSaß|FOTOSHansEsleben

    50 TagesfahrtderRGBergstraße/Oden-wald,TEXT&FOTOSWaltraudStey

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  • INHALT 3

    54 EineFachgruppefürkleinbleibendeundlangsamwachsendePflanzen?,TEXT&FOTOSBrigitteMoesch-deHaan

    56 FahrtderRGKurpfalznachRegensburg,TEXT&FOTOSSusannaKreuels

    60 Jahrestagung2016inRegensburg,TEXT&FOTOSEdithWagner

    72 AktuelleszumGdS-Internetforum

    64 Empfehlungen

    Gelbe Seiten68 GrüneTermine

    69 InformationenderGeschäftsstelle

    70 BescheinigungfürdasFinanzamt

    71 Nachrufe

    72 Protokollder65.Mitgliederversamm-lung2015inWesterstede

    77 DerneueVorstandstelltsichvor

    80 TerminederFachgruppen

    82 TerminederRegionalgruppen

    94 Ansprechpartner

    96 Impressum

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  • Die heimische Sumpf-Schwertlilie (Iris pseudacorus) übeerragt von Juni bis Juli mit ihren Blüten im schilfartigen Laub viele andere Stauden am Wasserrand.

  • IRIS – DIE STAUDE DES JAHRES 2016 5

    Sie können von unverkünstelter Reinheit sein oder sich in opulente Rüschen hül-len, als Miniaturen im Topf bezirzen oder im Beet alle Blicke auf sich ziehen: Iris sind so vielgestaltig, dass sie ihren Titel als Lieblings-pflanze vieler Gartenfans selbst in Schwarz-Weiß ganz sicher verteidigen würden. Umso verständlicher ist diese Liebe angesichts der unglaublichen Farbenvielfalt, mit der die Staude des Jahres 2016 aufwartet. Nicht umsonst wurde die Iris nach der griechischen Göttin des Regenbogens benannt. Es scheint, als seien in den drei sich aufwölbenden Domblättern und den drei elegant nach unten geschwungenen Hängeblättern der Irisblüten tatsächlich alle Farben des Regenbogens eingefangen. Die zahlreichen kräftigen bis pastelligen Nuancen erinnern dabei in ihrer Leuchtkraft an exotische Orchideen. Wie diese entzücken sie mit wunder-vollen Farbverläufen und abwechslungsreichen Blütenzeichnungen.

    BART-IRIS

    Mehr als 200 Iris-Arten regen Züchter weltweit immer wieder zu neuen Sortenkreationen an. In der Staudengärtnerei Gräfin von Zeppelin geben sich einige der schönsten Iris-Züchtungen ein Stelldichein. Spezialisiert haben wir uns auf die wohl eindrucksvollste Gruppe: die vorwiegend im Mai/Juni blühende Bart-Iris. Die hohen und mittelhohen Sorten – die sogenannten Barba-ta-Elatior- und Barbata-Media-Iris – werden 60 bis 110 cm hoch und kommen in Gruppen gepflanzt am besten zur Geltung. Auffällige Züchtungen passen besonders gut in Prachtstaudenrabatten,

    Iris – die Staude des Jahres 2016TEXT BETTINA BANSE/BDS | FOTOS CHRISTIANE BACH, BETTINA BANSE, STAUDENGÄRTNEREI GRÄFIN VON ZEPPELIN

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    1 Die Hohe Bart-Iris (Iris Barbata-elatior ‘French Can-can’) blüht von Mitte bis Ende Mai mit zartem Duft.

    2 Der weifle Dom scheint bei Iris Barbata Elatior ‘Ruban Bleu’ in die blauvioletten Hängeblätter überzugehen. 

    3 Die Blüten der Wiesen-Schwertlilie (Iris sibirica) sind schlicht und raffiniert zugleich.

  • 6  DER STAUDENGARTEN 1|2016

    etwa die dreifarbige Barbata-Elatior-Iris ‘Ruban Bleu’. Wie viele Iris punktet die 85 cm hohe Sorte zudem mit wundervollem Duft. Eine angenehme Überraschung versprechen sogenannte Rebloo-mer wie die zartgelbe Barbata-Elatior-Iris ‘Total Recall’. Rebloomer blühen und duften im Herbst ein zweites Mal – selbst ohne Rückschnitt.

    WILDARTEN

    Die schlichteren, aber nicht weniger eleganten Blüten von Wildarten wie Steppen-Schwertlilie (Iris spuria) und Bleicher Schwertlilie (Iris pal-lida) eignen sich sehr gut für naturnahe Pflan-zungen. Aglaja von Rumohr empfiehlt für die Gestaltung Pflanzpartner mit grauem Laub, z. B. Heiligenkraut (Santolina chamaecyparissus) und Lavendel (Lavandula). Sie passen sehr gut zum Grün-Grau der Irisblätter und bevorzugen wie die meisten gängigen Iris-Arten einen vollsonni-gen Platz im Garten. Staunässe muss unbedingt vermieden werden, da sonst die Rhizome – die dicken Speicherorgane – faulen können. Platziert werden Iris am besten nicht ganz vorne im Beet, sondern in der zweiten oder dritten Reihe. Ihre schwertförmigen grau-grünen Blätter büßen nach der Blütezeit etwas an Attraktivität ein. Dann ist es an den Begleitpflanzen, von ihnen abzulenken. Außerdem sind insbesondere Iris spuria mit ihren straff aufrecht stehenden Blättern wunderbare Strukturbildner für den Beethintergrund.

    WIESEN- UND SUMPF-IRIS

    Iris sibirica, die Wiesen-Iris, ist die Spezialistin für feuchten Untergrund. Die zierlichen blauen oder violetten Blüten, die charakteristisch für diese Iris-Art sind, sehen in Tuffs gepflanzt am schönsten aus und passen perfekt zu den leuchtend gel-ben Blüten der Sumpf-Iris (Iris pseudacorus). Am Teichrand fühlen sich die beiden um die 80 cm hohen Arten besonders wohl, wobei Iris pseuda-corus Staunässe verträgt, Iris sibirica hingegen nicht. Wiesen-Schwertlilien gedeihen aber auch

    in normaler Gartenerde an einem sonnigen oder halbschattigen Platz und eignen sich sehr gut für kleine Gärten. Einen Hinweis wert sind die dekorativen Samenkapseln der Wiesen-Iris. Wer Spaß am Experimentieren hat, kann alte Blüten-stände daher ruhig einmal stehen lassen und sich im Winter über den hübschen Blickfang freuen

    ZWERG-IRIS

    Die verschiedenen Miniaturformen der Iris sind noch viel zu wenig bekannt, aber von ganz beson-derem Liebreiz. Kleine Netzblatt-Iris (Iris reticu-lata) und Iris histrioides beispielsweise zählen zu den Arten, die Zwiebeln anstelle von Rhizomen ausbilden und bereits im Februar/März erblühen. Sie werden im zeitigen Frühjahr als Topfpflanzen angeboten und können nach der Blüte in den Garten gepflanzt werden. Diese kleinen Iris-Arten verzichten auf Rüschen und extragroße Blüten, verfügen jedoch über eine schöne Blütenzeich-nung und jene Leuchtkraft, nach der man sich nach einem grauen Winter sehnt. Im Gegensatz zu den vorgenannten Arten haben die Amerika-nische Zwerg-Iris (Iris lacustris) und die im April/Mai blühenden Niedrigen Bart-Iris (Barbata-Na-na-Gruppe) Rhizome.

    1 Die korallenroten Samen von Iris foetidissima sind auffälliger als ihre Blüten. Diese wiederum stinken ganz und gar nicht, auch wenn die lateinische Art-bezeichnung foetidissima dies nahelegt.

    2  Das leuchtend helle Violett des Blütendoms verleiht Iris Barbata Elatior ‘Mystèrieux’ mit dem dunkelvio-letten Hängeblättern eine strahlende Fernwirkung.

    3 Die attraktiven Samenkapseln der Wiesen-Schwert-lilie (Iris sibirica) sind auch im Winter eine Bereiche-rung für den Garten.

    4 Die Netzblatt-Iris (Iris reticulata) wird nur 10 bis 15 cm hoch, schiebt ihre Blütentriebe aber schon im Februar/März aus dem noch kalten Boden.

    5 Goldgelbe Bart-Iris und Geflecktes Kaukasusver-gissmeinnicht (Brunnera macrophylla ‘Langtrees’) bringen sich gegenseitig zum Leuchten.

    6 Das intensive Blau dieser Iris sibirica zieht in der Blütezeit von Mai bis Juni alle Blicke auf sich.

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  • 8  DER STAUDENGARTEN 1|2016

    Im Norden grenzt Bulgarien an Rumänien, im Osten an das Schwarze Meer, im Süden an die Türkei und Griechenland und im Westen an Serbien und Mazedonien. Die 550 km lange Kette des Balkan-Gebirges trennt das Land pflanz-engeografisch in zwei unterschiedliche Regio-nen. Im flachen nördlichen Landesteil herrscht kontinentales Klima, die Pflanzenwelt gleicht der Nordeuropas und Nordwesteuropas. Südlich da-von ist das Land abwechslungsreich geformt. Der Einfluss des Mittelmeeres ist zu spüren. In den

    Hochlagen der Gebirge Rila und Pirin herrscht Gebirgsklima. Nicht selten bleibt der Schnee in den Gipfellagen bis zum Sommer liegen. Pflanzen-wanderungen, abwechslungsreiche Lebensräume und unterschiedliche Klimabedingungen lassen eine artenreiche Pflanzenwelt entstehen, wie sie sonst kaum noch einmal in Europa auftritt. Man-che Pflanzen erreichen im Osten ihre westliche Verbreitungsgrenze oder entwickeln sich hier als endemische Arten. Die von DUMA-Naturreisen vorbereiteten und von dem bulgarischen Botaniker

    Trigrad-Schlucht Rhodopen

  • STREIFZÜGE DURCH DIE PFLANZENWELT BULGARIENS 9

    Professor Dimitar Dimitrov sachkundig geführten Wanderungen vermitteln einen guten Überblick über die Pflanzenwelt der Gebirge Bulgariens.

    Ausgangspunkt der Reise ist die Hauptstadt Sofia. Nur wenige Kilometer vom Zentrum der Mil-lionenstadt entfernt liegt das Vitoscha-Gebirge. Sein höchster Gipfel, Cherni Vrah, erreicht eine Höhe von 2290 m. Der Naturpark Vitoscha ist mit seiner Gründung im Jahr 1934 der älteste Natur-park auf der Balkanhalbinsel. Er ist ein beliebtes Wandergebiet der Bewohner der Hauptstadt. Eine

    Besonderheit sind die „Steinflüsse“, bei denen sich abgeschliffene Felsbrocken die Hänge herun-terschlängeln. Ungeachtet der nahen Hauptstadt ist die Artenvielfalt von Flora und Fauna in dem Gebirge sehr groß. 800 Schmetterlingsarten, 236 Vogelarten und 49 Säugetierarten kommen vor. Sogar zehn Braunbären leben im Naturpark. Die bulgarische Pflanzenwelt ist mit über 1500 Arten vertreten. Zu den wertvollsten Pflanzen gehört die weithin leuchtende endemische Bulgarische Lilie (Lilium jankae). Weitere bemerkenswerte Arten in 1900 m Höhe sind: Langblättrige Königskerze (Verbascum longifolium), Gold-Akelei (Aquilegia aurea) und Wolliger Fingerhut (Verbascum lanata). Aus den wollig behaarten Blättern des Fingerhu-tes entsteht ein wirksames Herzmedikament. An Bachläufen und auf feuchten Wiesen wächst in großen Beständen die Trollblume (Trollius euro-paeus) mit kugelförmig zusammengeschlossenen Blütenblättern. An den nassen Stellen findet man das seltene Herzblättrige Knabenkraut (Dactyor-hiza cordigera).

    Der folgende Exkursionstag führt in das be-nachbarte Gebirge Golo Bardo. Die Felsen und der Boden des Gebirges sind kalkhaltig. Eine ar-tenreiche Steppenvegetation beherrscht das Bild. Aus der Fülle seien genannt: Federgräser (Stipa pennata, S. capillata), die endemisch vorkom-mende Trespe (Bromus moesiacus), Wundklee (Anthyllis aurea), Astlose Graslilie (Anthericum liliago), Adonisröschen (Adonis vernalis), Goldquirl-Garbe (Achillea clypeolata), Silberscharte (Jurinea consanguinea), Rote Schwarzwurzel (Scorzonera purpurea) und Dalmatiner Lotwurz (Onosma visi-anii). Für große Überraschung sorgen die außer-gewöhnlichen Blüten der Ziegen-Riemenzunge (Himantoglossum caprinum).

    Auf dem Weg in das Rila-Gebirge erreicht man den Ort Kocherinovo. Wegen der vielen Storchen-nester auf Schornsteinen und Dächern wird das Dorf von den Einheimischen das Dorf mit den hundert Storchennestern genannt. Ein weiterer

    Streifzüge durch die Pflanzenwelt BulgariensTEXT & FOTOS WILFRIED NEUMERKEL

  • 10  DER STAUDENGARTEN 1|2016

    Abstecher führt zu den berühmten Erdpyramiden bei Stob. In der Nähe des Ortes hat sich durch Erosion in Jahrtausenden ein Felsenmeer aus Sandstein gebildet. Im Umfeld der Erdpyramiden fühlen sich sonnenhungrige Pflanzen wohl, wie das Sandglöckchen (Jasione heldreichii) und die Schafgarbe (Achillea compacta).

    Das Rila-Gebirge befindet sich nur 80 km süd-lich der Hauptstadt. Das Bild des Gebirges prä-gen schneebedeckte Gipfel, tiefe Schluchten und eisige Bergseen. Die höchste Erhebung des Rila-Gebirges ist der Musala mit einer Höhe von 2925 m. Es folgt der Maljovitza-Gipfel mit 2730 m. Das Gebirge besteht vorwiegend aus Granit und Gneis. In den Hochlagen über 2000 m kommen viele seltene Pflanzen vor. 35 % aller Pflanzen-arten Bulgariens wachsen hier, darunter 57 en-demische Formen. Eingebettet in waldbedeckte Berghänge steht das berühmte Rila-Kloster. Am Nordhang des Gebirges liegt der Erholungsort Maljoviza. Ein Wanderweg führt von dort über den zweithöchsten Berg des Rila-Gebirges, den Maljoviza-Gipfel, in fünf Stunden zum Rila-Klos-ter. Die Hütte Maljovitza befindet sich oberhalb der Baumgrenze auf 1960 m Höhe. Oberhalb der Waldgrenze beginnt das Reich der Krummholzkie-fern. Die dicht verzweigten Kiefern halten Winter-kälte und Schneedruck stand. Ab einer Höhe von 2200 m können sich auch die Krummholzkiefern nicht mehr behaupten. Dann beginnt die baum-freie alpine Stufe mit niedrigen Zwergsträuchern, Stauden und Gräsern. An trockenen Hängen brei-ten sich Matten aus. Ihre Farbenpracht erschließt sich erst, wenn man näher kommt. Nach dem „Winterschlaf“ erscheinen mit den ersten Sonnen-strahlen bald Farbtupfer zwischen den Gräsern. Viele Mattenpflanzen bilden dichte Polster und weithin leuchtende Blüten. Zu ihnen gehören das Stängellose Leimkraut (Silene acaulis) und die leuchtend rote Zwerg-Primel (Primula minima). Im unteren Teil begleiten sattgrüne Wiesen unseren Wanderweg. Schmale Bäche durchziehen das

    Gelände. An Stellen, wo das Wasser aus der Erde quillt, entstehen Quellen und Flachmoore. Das sind willkommene Standorte für das blaublühende Fettkraut (Pinguicula balcanica), die rosafarbene Thrakische Mehlprimel (Primula frondosa) und die tiefviolettrot blühende Götterprimel (Primula deorum). Diese attraktive Primelart kommt nur im Rila-Gebirge vor. Sie ist zu seinem Wahrzeichen geworden. Häufig werden auf den durchnässten Wiesen auch verschiedene Knabenkräuter und Läusekraut-Arten entdeckt. In Vertiefungen, in denen sich der Schnee sehr lange halten kann, gedeiht eine eigene Pflanzenwelt, die Schnee-tälchen-Gesellschaft. Zu den bemerkenswerten Bewohnern der Schneetälchen zählt die zierliche Zwerg-Troddelblume (Soldanella pusilla). Nach der Schneeschmelze taucht als erster Frühlingsblü-her der Samt-Krokus (Crocus veluchensis) aus dem Schnee auf. Je höher man kommt, umso mehr verarmt die Vegetation. Schotter und Ger-öllhalden nehmen immer stärker zu. Einige Arten passen sich mit weithin kriechenden Ausläufern an das stressige Leben im Geröll an: Blasenfarn (Cystopteris fragilis), Zwerg-Glockenblume (Cam-panula cochleariifolia) oder Schwertlilie (Iris rei-chenbachiana). Unterhalb der Gipfellagen gibt es nur noch Felsen. Flechten und Moose überziehen die Steine. Aus Spalten und Vertiefungen drän-gen sich „Wolkenkratzerpflanzen“, die zu den Lieblingen der Steingärtner gehören. Zahlreiche Hauswurz-Arten und ungezählte Steinbrech-Ar-ten gehören dazu.

    Ein weiteres Exkursionsziel sind die Hochlagen des Pirin-Nationalparks. Das alpine Pirin-Gebirge liegt südlich vom Rila-Gebirge. Sein höchster Gip-fel, der Vichren, erreicht 2941 m. Die wichtigsten Gesteine des Gebirges bestehen aus Kalkstein und Marmor. 1983 wird der 40000 ha umfassende Naturpark in das Weltnaturerbe der UNESCO aufgenommen. Er beherbergt eine Menge sel-tener Tier- und Pflanzenarten. Die Pflanzenwelt umfasst über 1100 Arten, darunter nicht wenige

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    1.  Sumpf-Gladiole (Gladiolus imbri-catus)

    2.  Dazisches Veilchen (Viola Dacica) im Pirin Gebirge

    3.  Morine (Morina persica) Rho-dopen

    4.  Andorn (Marrubium friewaldianum) Rhodopen

    5.  Der Griechische Bergtee (Sideritis syriaca) gehört zu den wertvolls-ten Kräutern in der Welt.

    6.  Tüpfel-Enzian (Gentiana punctata) im Pirin-Gebirge

    7.  Gold-Akelei (Aquilegia aurea) im Vitoscha-Gebirge

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  • 12  DER STAUDENGARTEN 1|2016

    gefährdete und endemische Pflanzen. Ausgangs-punkt für die Wanderung ist das am Fuße des Pirin liegende Wintersportzentrum Bansko. Die bequemste Art, den Naturpark zu erkunden, ist ein Wanderweg im Banderitsa-Tal. Im unteren Teil führt der Weg zu Beginn durch Mischwäl-der, die aus Rot-Buchen, Fichten, Silber-Tannen und Balkan-Kiefern (Pinus peuce) bestehen. Im oberen Bereich des Pirin besiedeln vereinzelt Panzer-Kiefern (Pinus heldreichii) die trockenen Felslagen. Über 2000 m bilden sich keine ge-schlossenen Wälder mehr. An ihre Stelle rücken die niedrigen Gebüsche der Berg- oder Krumm-holz-Kiefer (Pinus mugo). Zu den Begleitern der Krummholz-Kiefern gehören: Tüpfel-Enzian (Gen-tiana punctata), Grüner Germer (Veratrum lobeli-anum), Alpen-Glockenblume (Campanula alpina) und Scharlach-Nelkenwurz (Geum coccineum). Flächen, die nicht von Berg-Kiefern besiedelt wer-den, bedecken subalpine Rasen. Dort wachsen

    Berg-Nelkenwurz (Geum montanum), Langblätt-rige Königskerze (Verbascum longifolium) und Dazisches Veilchen (Viola dacica). Auf höher ge-legenen Hängen entstehen die eigentlichen Al-penmatten. Die Kalkrasen des Vichren-Massivs zeigen eine bunte Farbenvielfalt. Stellvertretend seien genannt: Frühlings-Enzian (Gentiana verna), Stängelloses Leimkraut (Silene acaulis) und Klein-schuppige Nelke (Dianthus microlepis). Auf den Kalkschutthalden des Pirin fällt mit glänzend grünen Blättern und weißen Blüten die Silber-wurz (Dryas octopetala) besonders auf. Zu den Edelsteinen der Felsspaltengesellschaft des Pirin gehören Edelweiß (Leontopodium nivale) und der endemische Ferdinand-Coburg-Steinbrech (Saxif-raga ferdinandi-coburgi). Im Gebirgsmassiv gibt es mehrere tiefblaue Seen. Im Okoto-See ist ein Eiszeitrelikt, das Brachsenkraut (Isoetes lacustris), bis heute erhalten geblieben. Nach einer Fahr-strecke von 120 km wird das Rhodopen-Massiv

    Orpheus-Blume (Haberlea rhodopensis) in der Teufelsschlucht Rhodopen

  • STREIFZÜGE DURCH DIE PFLANZENWELT BULGARIENS 13

    erreicht. Das Rhodopen-Gebirge ist flächenmä-ßig deutlich größer, aber wesentlich niedriger als Pirin und Rila. In der Vergangenheit hat sich eine Karstlandschaft gebildet mit zahlreichen Höhlen, tief eingeschnittenen Schluchten und sonderbaren Felsformationen. Auf dem Weg zum Reiseziel finden noch einige interessante Stopps statt. Besonders beeindruckend ist der Besuch einer mit Wollgräsern überzogenen Feuchtwiese. Wie ein Blumenteppich überziehen Raritäten den Standort. Zu ihnen gehören: Wiesen-Siegwurz (Gladiolus imbricatus), Schopf-Traubenhyazin-the (Muscari comosum), Wanzen-Knabenkraut (Orchis coriophora) und Lockerblütiges Knaben-kraut (Orchis laxiflora).

    Im Mittelpunkt der botanischen Exkursion in den Rhodopen stehen die Felsenschlucht von Trigrad und die angrenzenden Hochlagen. Eine 12 km lange abenteuerliche Straße führt durch die Trigrad-Schlucht. Bis zu 300 m hoch

    begleiten Kalksteinfelsen rechts und links die schmale Fahrstraße. Eine Attraktion ist die Teu-felsschlucht-Höhle mit einem Wasserfall. Am Ein- und Ausgang der Höhle wachsen an steilen, feuch-ten Felswänden als Eiszeitrelikt die sehr seltenen Orpheus-Blumen (Haberlea rhodopensis). Die süd-lich geprägten Höhenlagen des Trigrad-Gebietes erinnern an eine Karstlandschaft und weisen nicht wenige botanische Besonderheiten auf. Schon von Weitem prunkt die sehr seltene Morine (Morina persica) mit ihren bizarren Blütenständen. Auch der Andorn (Marrubium freywaldianum) gehört zu den Seltenheiten. Auf kleinen Feldern wird auf den Hochflächen der Griechische Bergtee (Si-deritis syriaca) angebaut. Der aus getrockneten Blättern und Blütenständen gewonnene Heiltee gehört zu den teuersten Kräutertees. Dankbar verabschieden wir uns von einem gastfreundli-chen Land, das eine lange Geschichte besitzt und eine unvergleichbare Natur aufweist.

    Langblättrige Königskerze (Verbascum longifolium) im Vitoscha-Gebirge

  • 14  DER STAUDENGARTEN 1|2016

    In Kreisen begeisterter Pflanzenjäger und -sammler haben Schneeglöckchen als Vor-frühlingsboten schon lange Kultstatus. Dabei kennen die sogenannten „Galanthomanen“ (von

    Galanthus – botanisch für: Schneeglöckchen) verschiedene Blütenformen und unterschiedli-che Farbnuancen, die dieses blühende Sinnbild bescheidener Beharrlichkeit zum Sammlerobjekt

    Vom Schneeglöckchenvirus oder: die Sehnsucht nach dem Frühling TEXT & FOTOS IRIS NEY

    Galanthus nivalis ‘Green Tears’ – heiße Tränen werden geweint, weil

    dieses begehrte „grüne“ Schnee-glöckchen selbst für viel Geld oft

    nicht beschaffbar ist.

  • VOM SCHNEEGLöCKCHENVIRUS ODER: DIE SEHNSUCHT NACH DEM FRÜHLING 15

    prädestinieren. Für den Einsteiger, den „Galantho-philen“ sozusagen, eignen sich schon allein aus preislichen Gründen und wegen ihrer Seltenheit (und der damit verbundenen fast unmöglichen Beschaffung) nicht alle besonderen Schneeglöck-chen gleich gut, um als erste besondere Schätze im Garten vergraben zu werden.

    Um Misserfolge zu vermeiden sollten die meis-ten Schneeglöckchen-Sorten („Namenssorten“ wie es eben auch unterschiedliche benamte Ro-sen- oder Apfelsorten gibt) entweder im belaub-ten Zustand, aber mit völlig intaktem Wurzelwerk, oder aber im zeitigen Sommer gekauft werden, wenn sie quasi ihre Ruhephase durchlaufen. Mit im Herbst gekauften Schneeglöckchenzwiebeln stellen sich häufig keine Wachstumserfolge ein, da die kleinen Zwiebelchen dann schon viel zu lange trocken gelagert wurden und dadurch nicht mehr keimfähig sind. Denn eine lange Lagerung außerhalb der Erde vertragen zwar Tulpen und Krokusse, nicht aber unsere Galanthus. Sie haben als besonders frühe Geophyten ja eigentlich be-reits im Herbst einen Teil ihrer Wurzeln gebildet!

    Ein Platz im lichten Gehölzschatten, also unter nicht flach wurzelnden laubabwerfenden Bäumen und Sträuchern, entspricht am besten den An-sprüchen der meisten Arten. Allerdings sollte der Boden auch im Sommer nie völlig austrocknen und besonders „zu Hause“ fühlen sich die Klei-nen, wenn sie sich im Frühling durch eine leichte Schicht von Laub(humus) kämpfen dürfen. Dabei wird auch sandiger Lehmboden in der Regel sehr gut vertragen.

    Mit diesen Faustregeln kann man den Kauf von den etwas besonderen Galanthus wagen und ich möchte für die folgenden unterscheidbaren Sorten meine wärmste Empfehlung aussprechen:

    Galanthus plicatus ‘Primrose Warburg’, benannt im Andenken an eine berühmte englische Schnee-glöckchenexpertin (1920–1996), in deren Garten auch viele schöne Namenssorten entstanden. Sehr nett ist, dass ‘Primrose Warburg’ gelb ist

    1 Ein Waldgarten mit Tuffs verschiedener Schnee-glöckchen

    2 Galanthus plicatus ‘Primrose Warburg’

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  • 16  DER STAUDENGARTEN 1|2016

    und dieser englische Frauenname ins Deutsche übersetzt Primel heißt. Von gelben Schneeglöck-chen spricht man dann, wenn die in der Regel grüne Zeichnung in der Blüte gelb ist. Bei ‘Prim-rose Warburg’ und einigen anderen „Goldenen“ ist jedoch auch das Ovary – der Fruchtknoten, aus dem die Blütenblätter herabhängen – gelb. In der Wintersonne leuchtet dieser warme Farbton wie das Gold geschmückter Eisprinzessinnen. Ein Klassiker unter diesen „Eisprinzessinnen“ ist das ebenfalls plicate ‘Wendy’s Gold’. Dieses gehört zu den ersten wirklich gelben Schneeglöckchen und ist immer noch eines der Besten. Für die meisten gelben Galanthus-Arten gilt: hier sollte der Boden nicht zu kalkhaltig sein. Dann ist die Gelbfärbung in der Regel besser.

    Galanthus Graetorex Double-Gruppe: Diese gut wüchsigen Schneeglöckchen-Hybriden sind wunderschön und meistens sehr gleichmäßig gefüllt und wurden von ihrem Züchter Graetorex nach in der Regel weiblichen Shakespeare-Figu-ren benannt. Sie sind allesamt sehr hübsch und

    nur für Kenner auseinanderzuhalten: Galanthus ‘Desdemona’, ‘Cordelia’, ‘Orphelia’, ‘Dionysos’ (eindeutig nicht weiblich!) etc. Selbst von oben er-kennt man gut die gefüllte Blütenform. Die wahre Pracht offenbart sich dem Betrachter jedoch wie immer erst, wenn er unters „Röckchen“ sieht.

    Apropos „Röckchen“: Galanthus ‘Trymlet’ er-innert mit seinen nach außen gebogenen Petalen an eine sich drehende Tänzerin. Es ist ein Sämling des berühmten Schneeglöckchens ‘Trym’, aber wesentlich wüchsiger und gesünder und daher empfehlenswerter. Als Gruppe zieht es Blicke und Kameralinsen auf sich.

    Ein größeres „Röckchen“ macht das eben-falls empfehlenswerte Galanthus ‘Trymposter’, welches erst vor einigen Jahren entdeckt wurde und daher auch nicht zu den ganz billigen „Röck-chen-Glöckchen“ zählt. Ein Name mit der Silbe „Trym-“ oder „Trum-“ oder Ähnlichem verweist übrigens auf die nach außen gebogenen Petalen, die für die sogenannte „Trym-Gruppe“ typisch sind. Von den hier genannten Schönheiten sind

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  • VOM SCHNEEGLöCKCHENVIRUS ODER: DIE SEHNSUCHT NACH DEM FRÜHLING 17

    beide sicher die Teuersten. ‘Trymlet’ wird derzeit mit ca. 30 € je Zwiebel gehandelt.

    Wenn Sie jetzt die Hände über dem Kopf zu-sammenschlagen, so kann ich Ihnen versichern: es haben schon Sammler mehr als das Zehnfache für ein einziges Zwiebelchen geboten.

    2011 wurde das poculiforme Galanthus plicatus ‘E.A. Bowles’ bei Ebay für 356 englische Pfund (= über 400 €) versteigert. Poculiform heißt, dass die drei inneren, in der Regel kürzeren und grün gezeichneten Blütenblätter ebenso aussehen wie die drei äußeren, reinweißen und eher bauchi-gen. Der Gesamteindruck ist plustrig und luftig bis massiv, durch das strahlende Weiß in der Regel aber dabei äußerst elegant. Poculiforme Schneeglöckchen gibt es schon ab etwa 8 €, die benamten besseren Sorten liegen bei ca. 20 bis 50 € und das riesige ‘E.A. Bowles’ wurde in den letzten Jahren in Deutschland für etwa 100 € angeboten: ein echtes Schnäppchen!

    Seit 2007 reise ich im Februar nach England, um dort schöne Winter- und Vorfrühlingsgärten

    mit besonderen Schneeglöckchensorten und vielen anderen winterschönen Pflanzen zu be-suchen. Seit 2009 organisiere ich eine Busreise dorthin, die sogenannte „Galanthour“. Bildhafte Eindrücke kann man sich unter der Rubrik „Gar-tenreisen -> Galanthour“ auf meiner Homepage www.iris-ney.de verschaffen. Dort befinden sich auch Kommentare von Mitreisenden, ein Reise-bericht sowie der im Reiseteil der „Zeit“ 2011 er-schienene Artikel. Die nächste Galanthour geht vom 12. bis 18.02.2016 in die Cotswolds. Das detaillierte Reiseprogramm ist bei mir erhältlich.

    1. Galanthus nivalis Sandersii-Gruppe2. Graetorex Double vor Helleborus gefüllt3.  Dem Galanthus ‘Desdemona’ mithilfe eines  

    „Galanthoscops“ unters „Röckchen“ geschaut 4. Galanthus plicatus ‘Trymlet’5. Galanthus plicatus ‘E.A. Bowles’

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  • 18  DER STAUDENGARTEN 1|2016

    Der Wunsch nach einem ganzjährig inter-essanten Garten kann nicht nur durch im-mergrüne Gehölze, Sträucher wie diverse Cornus-Arten, Viburnum × bodnantense oder Win-terblüher, wie die Winterkirsche Prunus subhirtella ‘Autumnalis’ erfüllt werden, auch einige Stauden machen sich in den Beeten sehr gut im Winter.

    STRUKTURBILDNER

    Struktur geben Yuccas mit ihren immergrünen kräftigen Blättern; einige Sorten, die Stämme ausbilden, wirken schon fast mediterran. Manche höhere Stauden behalten auch im Winter ihre festen Stiele, hierzu gehören die Akeleiblättrige Wiesenraute (Thalictrum aquilegifolium) – wenn nicht gerade der Herbststurm darüber gegangen

    ist – und die kleinblütige Staudensonnenblume Helianthus microcephalus, besonders schön ist die Sorte ‘Lemon Queen’. Auch Echinacea, Phlo-mis russeliana (Brandkraut) und Agastachen sind höher wachsende Stauden, die im Winter den Beeten Struktur geben können. Indianernes-seln (Monarda) stehen auch schön im Winter, sind aber dann, meiner Erfahrung nach, nicht so langlebig. Miscanthus ‘Ferner Osten’, Pennisetum ‘Hameln’ und Calamagrostis ‘Overdam’ sind für mich mit die schönsten Gräser im winterlichen Garten. Auf halber Höhe sind Arten wie Sedum telephium ‘Herbstfreude’ und Rudbeckia fulgida var. sullivanti ‘Goldsturm’ Klassiker, die mit Rau-reif oder kleinen Schneehäubchen zauberhafte Winterbilder zeichnen.

    Pflanzen mit attraktivem WinteraspektTEXT & FOTOS SUSANNE ZIMMERMANN

  • PFLANZEN MIT ATTRAKTIVEM WINTERASPEKT 19

    WINTERGRÜNE STAUDEN

    Auch viele wintergrüne Stauden sorgen für Farbe im grau-braunen Winterbeet, allen voran Berge-nien mit ihren fleischigen grünen Blättern, die Sorte ‘Eroika’ sogar mit rotem Laub. Die feinen Epimedium-Blätter z. B. von Epimedium × rubrum oder die Bodendecker Waldsteinia und Ajuga (Günsel) eignen sich gut für weniger besonnte Gartenteile. Hier könnte noch mit dem immergrü-nen Hirschzungenfarn (Asplenium scolopendrium), dem zarten, kleinen Steifenfarn (Asplenium tri-chomanes) oder den wintergrünen Gräsern Ca-rex oder Luzula (Wald-Marbel) für Farbe gesorgt werden. Auch Heuchera-Arten mit verschiedenen Blattfarben und Tiarella-Arten behalten ihre Blät-ter im Winter weitgehend.

    Für sonnige Steingärten eignen sich: Anten-naria (Katzenpfötchen), das Sonnenröschen Heli-anthemum, die Schleifenblume Iberis sowie Phlox subulata. Auch Veronica penducularis ‘Georgia

    Blue’ ist sehr schön im Beet, in milden Lagen blüht sie leuchtend blau bereits ab Herbst, wenn auch noch nicht so flächig wie im Frühjahr. Inter-essant wirkt auch die Walzenwolfsmilch Euphor-bia myrsinites oder verschiedene Hauswurz-Arten (Sempervivum). Selbst im Kräuterbeet findet sich noch Winterschmuck: Salvia officinalis mit grün-grauem Laub, Lavendel oder mit Reif überzogene Blütenstände von Origanum.

    WINTERBLÜHER

    Und wenn im Spätwinter die ersten Elfen-Kro-kusse, Chionodoxa und violette Zwerg-Iris zwi-schen Heuchera und Veronica penducularis unter der Winterkirsche erscheinen und die ersten He-merocallis-Triebe zu sehen sind, kann der Frühling nicht mehr weit sein.

  • 20  DER STAUDENGARTEN 1|2016

    Fast jeder Ort hat einen Platz, wo der Toten vergangener Kriege gedacht wird. Häufig findet sich diese Gedenkstätte beim ört-lichen Friedhof oder der Kirche, oftmals aber auch im Mittelpunkt des Ortes. Über die Zeit ändert sich der Umgang mit Plätzen dieser Art. Was einmal gemeinsamem Erinnern diente, ist im Alltagsleben mittlerweile nicht mehr präsent und wird einmal im Jahr zum Volkstrauertag kurz-zeitig pflichtschuldigst wiederbelebt. Finden sich dann nur widerwillig Kräfte zur Pflege, wird es Zeit für Neues.

    Ausschlaggebend für das im Folgenden be-schriebene Experiment zur Wiederbelebung des alten, ehrwürdigen Mittelpunktes unseres Dor-fes war ein Bericht im Staudengarten 3/2013, S. 40–47 von Harald Sauer und Klaus Zimmer-mann über Neuentwicklungen in der Friedhofs-gestaltung. Die beiden Autoren verweisen darauf, dass typischerweise viele Immergrüne Friedhöfe prägen, weil sie ewiges Leben symbolisieren. Da Friedhofsgelände aber zunehmend auch die Funktion von Naherholungsflächen und Grünanla-gen übernähmen, regen Sauer und Zimmermann an, mit Stauden, ihrem Kommen und Gehen den Fluss des Lebens darzustellen. Die Überlegung fasziniert: nicht heraldische Statik, sondern be-wegte Pflanzenbilder an einem Ort der Trauer und Besinnung.

    Der in vielen Untersuchungen eindrucksvoll beschriebene Strukturwandel ehemals bäuerlich geprägter Dörfer hat auch bei uns den ehema-ligen Ortsmittelpunkt nicht unberührt gelassen. Wo früher Beschaulichkeit herrschte und unter mächtigen Linden Platz für ein Schwätzchen mit

    Mal was NeuesTEXT DR. CHRISTIANE LOOKS

    FOTOS JOACHIM LOOK, GEOLIFE.DE (LGLN) 2015

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    Blick auf Kriegerdenkmal und große Niedersach-senhöfe war, „brummt“ heute Durchgangs- und Ortsverkehr, drosselt schweres landwirtschaft-liches Gerät sein Tempo beim Einbiegen in die Durchgangsstraße oder nimmt Fahrt auf beim Verlassen dieser. Wie ein Fels in der Brandung trotzt in diesem Getümmel das aus behauenem Granit errichtete, mächtige Ehrenmal, etwas lieb-los umgeben von Rhododendren, Skimmien, ei-nigen Rosen, Lavendel und einer noch jungen Eiche. Eine Ortstafel informiert in einer Ecke des Dreiecksgrundstücks und komplettiert das kon-zeptlose Zusammenwürfeln unterschiedlichster Puzzleteile zur Gestaltung dörflicher Gemein-schaftsflächen. Vier schmale Beete entlang der Durchgangsstraße, zwei davon im Schatten großer Linden, unterstreichen durch ihre für diese ört-lichkeit ungeschickte Bepflanzung mit ausladen-den Beetrosen, Lavendel und einer Päonie – sie steht im Schatten der Bäume! – die Hilflosigkeit, mit der hier vorgegangen wurde. Die Pflege die-ser Flächen beschränkte sich auf Durchhacken der unbedeckten Erde zwischen den gesetzten

    Pflanzen zu Ostern, Pfingsten, Heimatfest und Volkstrauertag. Gegossen wurde nie, obwohl ge-rade die Rhododendren offensichtlich unter der vollsonnigen Lage vor dem wärmereflektierenden Denkmal litten. Es war ein Trauerspiel.

    Mittlerweile war unser Garten durch die offene Pforte bekannt und eine vorsichtige Anfrage, ob wir uns nicht um den wenig attraktiven Ortsmittel-punkt kümmern dürften, wurde mit Achselzucken beantwortet. Also machten wir uns ans Werk.

    Eines war von vornherein klar: am Bestehenden wurde aus Respekt vor dem, was man sich mal gedacht haben mochte, nicht gerüttelt. Neues sollte Altes als Gerüst nutzen, indem es z. B. „Luftsprünge“ über Vorhandenem machte. Für diese Idee stand der Münsteraner GdS-City-Gar-ten Pate, dessen Prinzip des „Hüpfens“ geeigneter Pflanzen über anderen, niedrigeren eindrucksvoll in Monika Zybon-Biergartens Zusammenstellung von Projekten der GdS dargestellt wird (Monika Zybon-Biergarten, die Staudengärten, Ettenheim 2013, S. 70–79). Mit diesem Trick und einem gehörigen Mut zum Gärtnern mit sich selbst

  • 22  DER STAUDENGARTEN 1|2016

    ausbreitenden Pflanzen entstand so innerhalb von drei Jahren ein Dorfmittelpunkt, der mit be-wegten Pflanzenbildern Aufmerksamkeit weckt:

    •• Im Winterhalbjahr besticht Helleborus foetidus im Schattenbereich der Linden in den beiden dortigen Straßenbeeten. Im Frühjahr bede-cken dichte Teppiche von Scilla siberica die schattigen Beete.

    •• Die sonnenverwöhnten Straßenbeete mit Ro-sen und Lavendel wurden für den Frühling mit bunter Pflanzung üblicher Frühjahrsblüher „aufgepeppt“ und für die Hauptvegetations-zeit durch die Überpflanzung freier Flächen mit Alchemilla mollis aufgewertet. Dem Prob-lem auflaufenden unerwünschten Bewuchses entlang von Straßen- und Fußwegbordkanten konnte mit einem breiteren, jedes Jahr neu einzusäenden Streifen „Mössinger Sommer“ erfolgreich begegnet werden.

    •• Rund um das Denkmal füllen im Frühjahr jedes Jahr neu zu steckende, farbenprächtige Tulpen wie Tulipa ‘Monsella’, Tulipa ‘Grand Perfection’,

    Tulipa ‘Parrot’ die Lücken zwischen der immer-grünen Grundstruktur, „übersprungen“ durch hohe Allium-Sorten, Fritillaria imperialis und Camassia leichtlinii ‘Caerulea’. In der Haupt-vegetationszeit sorgen Aquilegia, Eremurus, Miscanthus, Thalictrum in Sorten für die an-gestrebte Leichtigkeit über den statischen Immergrünen.

    Das „Neue“ kommt nach anfänglicher Skepsis gegenüber dem Experiment erstaunlich gut an und dieses nicht nur bei der örtlichen Bevölke-rung. Die umgestalteten Flächen, so können wir im Sinne der Autoren Sauer und Zimmermann (S. 47) festhalten, „... wirken nicht plakativ ... sie beleben ...“. Im Falle unseres Beispiels kann dazu festgestellt werden, dass die umgestalteten Flächen dem Dorf wiedergegeben haben, was verloren gegangen war: einen Dorfmittelpunkt, wenn auch nur einen optischen, dafür aber einen richtigen „Hingucker“. Fazit: öfter mal was Neues wagen!

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  • 24  DER STAUDENGARTEN 1|2016

    „Macht Euch auf nach Speyer“. Diesem Aufruf Goethes folgend führten wir unser Jahrestreffen in Speyer durch, zugegebenermaßen auch ange-spornt durch Joachim Hegmann, der uns in die Kurpfalz einlud. Das alles beherrschende Thema waren brütende Hitze und Dauerbewässerung der Pflanzen, oder eben nicht.

    DER HERMANNSHOF IN WEINHEIM

    Wir hatten ein sehr abwechslungsreiches und viel-schichtiges Programm, das mit dem Hermannshof begann. Hier wird – wie bekannt – Verwendungs-sichtung durchgeführt, d.h. es werden verschie-dene Pflanzengemeinschaften nach standörtli-chen, ästhetischen, aber auch pflegetechnischen Aspekten untersucht. Bei brüllender Hitze und sengender Sonne begrüßte uns Till Hofmann, der uns fachkundig durch die große Anlage führte

    und zahlreiche Fragen geduldig beantwortete. Zuerst betrachteten wir im Schweiße unseres An-gesichts den Bereich Beet, in dem hauptsächlich Prachtstauden, nordamerikanische und asiatische Beetstauden, durchsetzt mit Wechselflor und Ein-jährigen, in klassischer Manier aufgepflanzt sind. Dieser Bereich ist sehr pflegeaufwendig, wird intensiv bewässert und sah demzufolge enorm gut aus. Alle übrigen Bereiche erhalten in der Regel kein Wasser. Wir betrachteten weiterhin die Salbei-Schafgarben-Pflanzung (violett-gelb), Steppenheide und Felssteppe, die einen macch-iaartigen Eindruck vermittelte, aber auch den Be-reich Gehölz und Gehölzrand, der 2007 um eine Monsunwaldpflanzung erweitert wurde. Dieser Bereich vermittelt Üppigkeit durch Pflanzung gro-ßer Bestände einer Art, z. B. Hakonechloa macra, Verwendung großer Blätter u. a. Zum Schluss

    Jahrestreffen der Fachgruppe GräserTEXT ANNY HOHENSTEIN | FOTOS SYLVIA SCHNICK, JOACHIM HEGMANN

    Führung im Herrmanshof mit Till Hofmann, vorne: Hosta plantaginea var. japonica mit Chelone obliqua

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    gelangten wir noch in den Bereich Freifläche, der mit Hochgraspräriepflanzung und trockener Prärie- und Steppenpflanzung daherkam. Es gab massen-haft Nasella tenuissima, verschiedene Echinaceen, Artemisien, Mädchenauge, Amorpha canescens und vieles andere. Dieser Bereich hatte besonders unter der heißen Witterung gelitten, was jedoch den Pflanzen insgesamt nicht schadet, da diese in der Regel tief wurzeln. Man könnte sich einen ganzen Tag im Hermannshof aufhalten, um alle Pflanzen und ihre gekonnte Nachbarbepflanzung in den einzelnen Bereichen zu erfassen.

    Der Abend klang aus mit unserer Jahresver-sammlung und anschließendem Beisammensein, bei dem einige neue Freundschaften geknüpft wurden. Spontan traten der Fachgruppe etliche neue Mitglieder bei, was die Veranstalter ganz besonders freute.

    FIRMENGÄRTEN

    Am Freitag standen als Erstes die Firmengärten der Rhein-Chemie auf dem Programm, die von Joachim Hegmann gestaltet wurden. Nach ei-ner Gebäuderenovierung wurde die umgebende Freifläche nicht begrünt, sondern als Kiesgarten gestaltet in Anlehnung an die Mischpflanzung „Silbersommer“.

    Die Pflanzungen werden extensiv gepflegt, sodass sich die Artenvielfalt von einstmals 40 auf etwa 10 Pflanzen reduzierte. Sedum ‘Herbst-freude’, Aster linosyris, verschiedene Stipa-Arten und Melica ciliata haben sich gut gehalten. Auf einer weiteren Fläche wurde eine Ruderalpflan-zung basierend auf heimischer Flora installiert, u.a. mit verschiedenen Solidago-Arten. Ein klei-ner Hain mit Genista aetnensis und Tamariske vervollständigt diese Pflanzung. Weiterhin gab

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    es an einem heißen Rand zwischen Gebäude und Straße eine Pflanzung aus Nasella teniussima und Zypressen, ungeschnitten, durchsetzt mit Phlo-mis lanata, Euphorbia rigida, Salvia nevadensis, Artemisia ludoviciana, die allesamt diesen heißen Standort tolerieren und deshalb gut funktionieren.

    Eine weitere kreisrunde Fläche, die symbolisch für ein friedvolles, völkerverbindendes Nebenei-nander der Kontinente stehen soll, war unterteilt in die Bereiche Asien, Europa, Amerika – jeweils mit entsprechenden Pflanzen gestaltet. Als Ab-grenzung diente Calamagrostis ‘Waldenbuch’. Da Afrika unterrepräsentiert war, wurden zu-dem etliche Kniphofien der neuen Popsicle-Se-rie eingestreut.

    DAS BAROCKSCHLOSS SCHWETZINGEN

    Da wir schon etwas in Zeitnot geraten waren, ging es unverzüglich zum Barockschloss Schwet-zingen mit seinem berühmten Garten. Es war die Sommerresidenz der pfälzischen Kurfürsten des 18. Jahrhunderts und in seiner schieren Größe nicht zu überbieten – ein Gesamtkunstwerk von europäischem Rang. Durch ein Mittelparterre im französischem Barockstil und in angepasster his-torischer Bepflanzung gelangte man in unzählige einzelne Bereiche, durchsetzt mit Wasserspielen, zahllosen Skulpturen, Heckenbereichen, Form-schnittgehölzen, alles eingebettet in einen durch Friedrich Ludwig von Sckell realisierten englischen Landschaftspark. Es gab weiterhin einen Apol-lotempel, ein Naturtheater, dessen umgrenzende Hecken wie Kulissen gegeneinander standen und vieles, vieles mehr. Völlig erschlagen von den vie-len Superlativen ließen wir uns zur wohlverdienten Mittagspause im Schwetzinger Brauhaus „Zum

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    1–2 Firmengarten Rhein-Chemie3 Hauptfriedhof Ludwigshafen4–5 Ebert-Anlage

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    Ritter“ auf der Terrasse nieder, direkt gegenüber dem Haupteingang des Schlosses und genossen Speis’ und Trank.

    HAUPTFRIEDHOF LUDWIGSHAFEN

    Ein wenig erholt und wieder aufnahmefähig war die nächste Station der Hauptfriedhof in Ludwigs-hafen. „Fluss des Lebens“, so nannte der Schöpfer der Anlage, Gärtnermeister Harald Sauer, seine Pflanzung, abgeleitet vom alljährlich wiederkeh-renden Rhythmus des Treibens und Vergehens der Pflanzen und symbolhaft ausgedrückt durch wellenförmig angelegte Pennisetum-Streifen, wel-che die Trauernden und Besucher vom Eingang zur Trauerhalle begleiten. Die Anlage selbst liegt, von hohen Bäumen umgeben, in einer etwa 150 m langen Wiesenfläche und gliedert sich in drei verschiedene Beete. Es wurden wenige robuste Pflanzenarten gewählt, viele Gräser eingesetzt und diese teils blockartig in Beziehung zueinander

    gesetzt. Es ergab sich so eine ruhige, dem Ort der Trauer angemessene, würdevolle Bepflan-zung. Verwendet wurde in den sonnigen Berei-chen Sedum ‘Matrona’ immer in Verbindung mit Sedum ‘Red Cauli’. Weiterhin gab es Kalimeris incisa und Euphorbia seguieriana ssp. niciciana, die zusammen mit Sesleria autumnalis verwen-det wurden, eine Kombination mit langer Blüte-zeit und wunderschön in seiner zurückhaltenden Unbuntheit. Strukturgebend wurden die Gräser Molinia ‘Windsäule’ sowie Calamagrostis × acu-tiflora ‘Karl Foerster’ und ‘Overdam’ wiederholt eingesetzt, aber auch Sporobolus heterolepis, durchsetzt mit Penstemon digitalis ‘Huskers Red’. Im Schattenbeet fand sich Deschampsia cespi-tosa ‘Goldtau’. Harald Sauer selbst führte uns in seiner wohltuend besonnenen und ruhigen Art durch die Anlage, und ich glaube, für einige Teil-nehmer, dazu zählt auch der Autor, war es einer der Höhepunkte dieser Gartenreise.

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    STAUDEN IM EBERTPARK

    Die nächste Anlage in Ludwigshafen war der Ebertpark, ebenfalls betreut und geführt von Harald Sauer. Er entstand anlässlich der Süd-deutschen Gartenausstellung 1925 und stellt mit seinen ca. 29 ha heute ein bedeutendes Naher-holungsgebiet für die Stadt dar. Der geometrisch angelegte Eingangsbereich mit Wechselflor-Ra-batten und Springbrunnen kommt sehr viel mo-derner, frischer und einfallsreicher daher, als man es von derartigen Anlagen landläufig gewöhnt ist. Weiterhin gibt es verschiedene Gärten, u.a. den Waldgarten, Rosengarten, Quellgarten (gerade im Umbau begriffen), Rhododendrongarten. Beson-ders beeindruckend im schattigen Bereich war eine Pflanzung mit Molinia und Herbstanemonen und dazwischen geschnittene Taxus-Elemente, die für einen guten Winteraspekt sorgen. Besonders beeindruckend war ein Sommerblumenbeet, das mit seiner ausgefeilten Farbigkeit und Struktur einfach genial komponiert war. Und dabei dient es „nur“ als Versuchsfläche, wie Herr Sauer er-läuterte. Hinter dem Turmcafé gab es eine ruhige Gräserbepflanzung inmitten von Hainbuchen-Drei-ecken und Bögen aus Hainbuche. Dieser ehema-lige Kräutergarten ist in seiner Grundstruktur er-halten geblieben, jedoch mit Gräsern bepflanzt und wiederum mit Taxus-Elementen versehen. Im Mittelpunkt thronte auf einer Säule ein Kübel mit Eragrostis curvula.

    Der Abend forderte, nach gutem Abendessen im „Domhof“, noch einmal unsere ganze Aufmerk-samkeit. Wir hörten und sahen einen Vortrag von Joachim Hegmann zur Gräserverwendung unter verschiedenen Aspekten. Wie immer sehr emotional und mit unglaublicher Sachkenntnis vorgetragen. Danke hierfür noch einmal an den Referenten.

    PFLANZENMARKT IN MAIKAMMER

    Das erste Ziel des Samstags war der Pflanzen-markt in Maikammer. Inmitten des Dorfes und

    mit heimeligem Flair reihte sich Pflanzenstand an Pflanzenstand, durchsetzt mit Ständen fürs Gartenambiente. Die obligatorisch handgemach-ten Seifen fehlten ebenfalls nicht. Wir waren früh da, und das war gut so. Gegen Mittag waren die Sträßchen rappelvoll und fast kein Durchkommen mehr. Die angebotene Menge an Pflanzen aller Couleur und nützlichen und weniger nützlichen Dingen konnte einen schier um den Verstand bringen.

    Und so kam es, wie es kommen musste, jeder kam mit mindestens einer Tüte, aus der die ver-schiedensten Schätzchen hervorlugten, wieder am Bus an. Alle waren pünktlich, und so konnten wir unser nächstes Ziel ansteuern.

    PRIVATGARTEN BUCHMANN

    Das hieß Garten Buchmann in Burrweiler. Die Lage des Gartens, weit über dem Weindorf an einem steilen Hang gelegen, war zunächst eine kleine Herausforderung für die Fußgänger. We-niger Lauftüchtige holte Frau Buchmann im Pkw sehr umsichtig vom Bus ab und transportierte sie im wahrsten Sinn des Wortes in luftige Höhe. Nachdem alle vor Ort waren, wurden wir herzlich von den Buchmanns begrüßt. Und dann kam das große Staunen: Zuerst ein fulminanter Rundblick in die Rheinebene und dann der Garten selbst. Mit unzähligen Sandsteinmauern wurde der Hang ter-rassiert und über verschlängelte Wege und Trep-pen begeh- und bepflanzbar gemacht. So wurden Plätze geschaffen für kleine Grasflächen, einen schönen Teich samt Sitzplatz und angepasster Bepflanzung sowie üppige Staudenpflanzungen und verschiedene Gehölze.

    Man kann sich die ungeheure Arbeit, die so-wohl die Anlage dieses Gartens sowie auch des-sen laufende Pflege gemacht haben, wohl nicht im Entferntesten vorstellen. Das nötigt unein-geschränkten Respekt vor dieser Leistung ab. Auch deshalb werden wohl der Garten und seine Schöpfer in unser aller Erinnerung bleiben.

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    1–4 Ebert-Anlage5 Blick ins Pfälzer Rebland, Garten Buchmann6 Penisetum macrourum ‘White Lancer’ mit Rudbeckia, Hermannshof

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    DIE LANDESGARTENSCHAU IN LANDAU

    Der Nachmittag gehörte dem Besuch der Landes-gartenschau Landau. Dort stand der GdS-Garten, gepflanzt und betreut von der RG Kurpfalz, im Mittelpunkt des Interesses. Die beiden Gestalter, Joachim Hegmann und Harald Sauer, hatten das Ziel vor Augen, Pflanzen und Kunst in Einklang zu bringen. Gleich zu Beginn findet sich eine Skulp-tur aus zwei verwitterten Holzstelen, verbunden durch einen Steg, auf dem eine Frauenfigur (Elfe?) sitzt. Interessant war, dass die beiden Planer, obwohl jeweils mit eigener Handschrift, ein dy-namisches Ganzes hervorbrachten. Harald Sauer betont mehr das Klassische, in sich Ruhende, während Joachim Hegmann das Luftig-Leichte bevorzugt. Hier wiederum viel Sedum, Artemisia und Federgras, durchsetzt mit Eibenelementen, dort filigrane Leichtigkeit. Als Farbthema wurde Orange mit Blauviolett gewählt, untermalt mit

    Gelb. Interessant die eingestreuten Honka-Dah-lien mit ihren windradförmigen Blüten. Zwei So-litärgehölze fielen auf: eine mehrstämmige Sta-chel-Aralie, die sehr skulptural wirkte über den wogenden Gräsern, und ein Französischer Ahorn, den man als solchen nicht auf den ersten Blick erkennt. Der GdS-Garten, eine äußerst gelungene Komposition aus Stauden und Gräsern, wartet mit einer Fülle an Pflanzen auf, die aufzuzählen den Rahmen dieses Berichtes sprengen würde. Sicher-lich sorgt er für mannigfaltige „Zwiegespräche“ bei den zahlreichen Besuchern der Gartenschau.

    Unser Tag war noch immer nicht zu Ende; wir statteten der Gärtnerei Kirschenlohr in Speyer noch einen zugegebenermaßen kurzen Besuch ab. Viel zu kurz, um das riesige Pflanzenangebot zu sichten und sich zu entscheiden. Einige findige Teilnehmer hatten vorab bestellt, und konnten nun kurzerhand ihre fertigen Tüten in Empfang

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    nehmen. Allen übrigen blieb nur ein kurzer Rund-gang, um vielleicht das eine oder andere gezielt zu erwerben oder im Nachhinein zu bestellen.

    Der Sonntag begann zunächst wieder mit et-was Kultur in Form einer Stadtführung durch die ehrwürdige Stadt Speyer mit ihrem alles be-herrschenden Dom und der darauf zu führenden Prachtstraße. Wir aber lernten auch die etwas verborgen liegende Altstadt sowie das Judenvier-tel kennen und erfuhren interessante Details zu beiden Bereichen. Danach starteten wir etwas ausgedünnt und mit eigenen Fahrzeugen zu den beiden letzten Gärten dieser Reise. Zunächst führte uns unsere Fahrt zum Garten von Sybille und Klaus Zimmermann. Es ist ein relativ kleiner Garten inmitten einer Wohnanlage mit Einfamili-enhäusern. Umso erstaunlicher die vermeintliche Abgeschiedenheit, sowie man den Garten betritt. Sie wird erreicht durch intelligente Bepflanzung

    der Bereiche zu den Nachbarn hin und auch durch die Höhenstaffelung des Gartens selbst. Er hat alles, was einen Garten ausmacht. Ein kleines, sonniges Kiesbeet am Rand der Terrasse, einen Seerosenteich, blühende Rabatten mit Astern, Fetthenne, Gräsern, Rosen und vieles mehr. In-teressant war die Gestaltung des Schattengar-tens. Durch den Verlust des Schatten gebenden Baumes stand die Pflanzung plötzlich der Sonne ausgesetzt da. Zimmermanns überspannten kur-zerhand die äußerst gelungene Fläche mit einem Zeltdach, sodass die Pflanzung mit vielen Hostas, Seggen, Hakonechloa, Krötenlilie – um nur eini-ges zu nennen – erhalten bleiben konnte. Frau Zimmermann führte uns durch ihr grünes Reich, beantwortete sachkundig alle auftauchenden Fra-gen und verwöhnte uns sogar mit einem kleinen Imbiss auf der Terrasse. Alles in allem ein Garten zum Wohlfühlen.

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    PRIVATGARTEN MENZEL

    Die unweigerlich letzte Station unseres Treffens erreichten wir mit dem Garten Menzel in Wöllstein. Zunächst war von einem Garten nichts zu sehen, als wir vor dem Anwesen der Menzels standen, das sich in einer für die Weinorte der Pfalz typischen kleinen Straße befand. Erst als wir durch die große Toreinfahrt traten, eröffnete sich ein zauberhafter Garten. Menzels erwarben Haus und Garten vor etwa 30 Jahren und gestalteten den Garten Schritt für Schritt bis zum heutigen Stand. Er ist grob ge-sagt in zwei Teile gegliedert. Der dem Haus am nächsten liegende Teil ist als Schattengarten kon-zipiert, umgeben von hohen Mauern. Viele Sträu-cher und Bäume sowie zwei haushohe Bambusse, alles einstmals selbst gepflanzt, sorgen für ent-sprechendes Kleinklima und betonen auf elegante Weise die Innenhofsituation. Alles ist unterpflanzt mit unterschiedlichen Farnen, verschiedenfarbi-gen Hostas und weiteren Schattenstauden. Vieles steht in Töpfen. Dieser Gartenteil ist stimmig, gut gegliedert durch niedrige Mäuerchen und strahlt durch die verhaltene Farbgebung Ruhe und Inti-mität aus. Durch einen Durchgang gelangt man in den sonnigeren Staudengarten. Die Farbpalette

    bewegt sich deshalb in prall sonnigen Farben, viel Rot, Gelb, hell panaschierte Miscanthus-Pflanzen, außerdem Phloxe, Kniphofien, Rudbeckien und wei-tere Heli-Stauden. Über den mittigen Weg neigen sich etliche Exemplare von Hakonechloa macra ‘Aureola’. Dieser Gartenteil polarisiert, einerseits ruft er Begeisterungsstürme hervor, andererseits mag mancher etwas Subtilität vermissen. Sei es wie es sei, die Beete sind phantastisch gestaltet nach englischer Manier, in hervorragendem Pfle-gezustand und dank unermüdlichen Bewässerns in Topzustand. Interessantes erfuhren wir durch Herrn Menzel zur Pflege. Er betreibt konsequent Flächenkompostierung, d.h. anfallendes Material wird geschreddert und sofort auf den Beeten ver-teilt. Das betraf auch alte Bettfedern, wie uns Herr Menzel schmunzelnd mitteilt. Weiterhin betreibt er ausgiebig Pflanzenvermehrung. Es gab einerseits eine kleine Verkaufsfläche, andererseits selektiert er für den eigenen Garten geeignete Pflanzen. Man mochte sich kaum trennen, Fotoapparate klickten unentwegt, aber irgendwann ist auch die schönste Gartenreise zu Ende. Ein wenig erschöpft von den vielen berauschenden Eindrücken traten wir die Heimreise an.

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  • 34  DER STAUDENGARTEN 1|2016

    Nachdem die letzten Tagungen im südli-chen Teil Deutschlands stattgefunden hatten, führte uns der Weg 2015 in den Norden, genauer gesagt in den Raum Hamburg und Pinneberg.

    DAS ARBORETUM ELLERHOOP-THIENSEN

    Unser erstes Ziel war das Arboretum Ellerho-op-Thiensen, in dem eine äußerst umfangreiche Sammlung von staudigen und strauchigen Päonien die Teilnehmer lockte. Der Leiter Prof. Hans-Die-ter Warda begrüßte uns im Eingangspavillon und machte uns mit der Entstehungsgeschichte des Parks vertraut, während draußen ein heftiger Regenguss niederging. Zum Glück konnten wir dann die Führung durch die 7,5 ha umfassende Parkanlage weitgehend ohne Regen genießen, und die spannenden Ausführungen von Prof. Warda halfen auch über den eiskalten Wind hinweg. Das

    ungemütliche Wetter machte es leicht, nachzu-vollziehen, dass die Pflanzungen im Arboretum mit starken Spätfrösten und hohem Grundwas-serstand zu kämpfen haben. Dennoch ist es ge-lungen, einen ausgedehnten Park mit ansprechen-den Pflanzungen zu gestalten. Die Blütenfarben sind farblich sehr harmonisch abgestimmt, hier macht sich auch die künstlerische Hand von Prof. Wardas verstorbener Frau Swantje bemerkbar. Im Garten begegnet man zudem immer wieder Reminiszenzen an Kunst und Poesie. Eine Pflan-zung in warmen Farbtönen ist nach dem Gemälde „Sunset“ von Joseph M. W. Turner angelegt. Der „Garten des Südens“ bezieht sich auf Hermann Hesse, sein „energisches Emporlodern“ wird umgesetzt durch straff aufrechte Säulenwachol-der Juniperus scopulorum ‘Blue Arrow’ und Thuja ‘Smaragd’ als frostharter Ersatz für die mediter-ranen Zypressen. Weiter hinten im Garten wird

    ‘Turmalin’ – eine Paeonia-rockii-Hybride aus dem Hause Rieck

    Jahrestagung der Fachgruppe PäonienTEXT MONA RIEGER | FOTOS MONA RIEGER UND GOTTLOB RIECK

  • JAHRESTAGUNG DER FACHGRUPPE PÄONIEN 35

    das Eichendorff-Gedicht „Mondnacht“ mit einem gepflanzten Flügelmotiv inszeniert.

    Natürlich verfolgt das Arboretum neben äs-thetischen Aspekten auch wissenschaftliche und informative Zwecke. So ist in einer Abteilung die prognostizierte Klimaveränderung anhand der Bäume illustriert, Sumpfzypressen (Taxo-dium distichum) stehen tief im Wasser und bil-den dort ihre eigentümlichen „Atemknie“ an den Wurzeln aus. Daneben sind Millionen Jahre alte Zypressenstrünke zu bestaunen, umgeben von lebensgroßen Sauriern und Sammlungen von versteinerten Meerestieren. Weiterer Blickfang ist die millimetergenaue Nachbildung des hoh-len Stammfußes von „General Sherman“, einem riesenhaften Mammutbaum (Sequoiadendron gi-ganteum) in Kalifornien. In seinem hallenartigen hohlen Stamm wächst ein junger Mammutbaum heran, er ist knapp über 10 m hoch und wird in

    etwa 2000 Jahren die Größe seines Vorbildes erreicht haben. So lange wollten wir dort jedoch nicht verweilen, und schließlich hatten wir auch erst wenige Pfingstrosen gesehen. Diese gab es dann in großer Anzahl zu bestaunen, zunächst die staudigen Päonien, allesamt noch in knospi-gem Zustand, dann die Sträucher in unzähligen benannten und namenlosen Variationen. Darun-ter sind viele Hybriden der Paeonia rockii aus der Züchtung von Burghart Ebert und dem Ehepaar Irmtraud und Gottlob Rieck. Wegen des nass-kalten Wetters waren leider nur wenige Blüten geöffnet und so konnten wir die Pracht der voll erblühten Pflanzen nur ahnen. Beeindruckend war Ellerhoop allemal, und bei der anschließenden Stärkung im Café des Parks war die Begeiste-rung aus den angeregten Gesprächen zu hören.

    GARTEN DER HORIZONTE

    Unser nächstes Tagesziel war der nahe gelegene „Garten der Horizonte“ der Familie Luer in Heid-graben. Dieser 8500 m2 große, an eine Stauden-gärtnerei angegliederte Schaugarten präsentiert sich mit seinem formalen, englisch anmutenden Stil völlig anders als das Arboretum. Namensge-bend ist seine Weite mit dem Blick zum Horizont im Westen, hin zur Abendsonne. Geprägt wird der großzügige Garten durch seine Untergliederung in verschiedene heckenumgrenzte Räume. Die meist geometrisch gestalteten Staudenflächen sind of-fen und weitläufig, gepflegte breite Rasenwege unterteilen die Flächen. Der Blütenhöhepunkt des Gartens liegt im Spätsommer, und so zeigten sich bei unserem Besuch im Mai viele der Stauden erst am Anfang ihres Wachstums. Dennoch gab es schon Blühendes zu sehen und auch viele Blatt-schmuckpflanzen sorgten für Farbe. Ein Beet mit rotlaubigen Stauden wird in seiner Farbwirkung noch gesteigert durch nahezu schwarz blühende

    1 Die begehrte gelbblühende Paeonia mlokosewitschii2  Im Schaugarten der Gärtnerei Luer – der Garten 

    der Horizonte

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    Tulpen, andere Beete folgen einem blau-gelben Farbschema. Einer der Gartenräume wird geprägt von einem großen, vielfältig umpflanzten Teich mit kleinen Sitzplätzen auf hölzernen Stegen. Bei sonnigem Wetter hätten wir sicher noch länger dort verweilt, jedoch fegte ein eiskalter Wind die Besucher schon vor der Zeit aus dem Garten und in den beheizten Bus. Dieser Garten wäre sicher einen zweiten Besuch im Hochsommer wert.

    STAUDENGÄRTNEREI ALLERLEI SELTENES

    Anschließend führte unser Weg in die Gärtnerei „Allerlei Seltenes“ der Familie Peters in Ueter-sen. Diese Gärtnerei besteht seit 1926 und das Sortiment wandelte sich über die Jahre grundle-gend. Nach einer klassischen Kultur mit Rosen und Zierpflanzen wurde im Krieg der gewinn-bringendere Tabak angebaut, versteckt hinter hohen Maispflanzungen. Dem Tabak folgten Stau-den, dazu wurde auf 20 ha Schleierkraut für den Schnitt kultiviert. Nachdem dann die Produktion in großem Stil aufgrund der aufkommenden In-vi-tro-Kultur nicht mehr rentabel war, stellte sich die Gärtnerei auf Spezialitäten für Privatkunden um. Mit dem Eintritt von Herrn Peters ins Ren-tenalter wurde die Gärtnerei in letzter Zeit auf ca. 1000 m2 Fläche verkleinert, zudem stehen

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    1  Wundervolle Show-Aurikel-Vielfalt in der Gärtnerei Allerlei Seltenes in Uetersen

    2  Prächtige Bestände von Knabenkraut (Dactyorhiza) säumen die Ufer der Gewässer im Botanischen Garten.

    3  Der eindrucksvolle Blütentrieb von Gunnera manica-ta im Botanischen Garten

    4  Ein imposantes Dreiblatt (Trillium erectum) im Nord-amerika-Bereich

    5 Paeonia im Botanischen Garten

  • JAHRESTAGUNG DER FACHGRUPPE PÄONIEN 37

    2000 m2 Kulturfläche außerhalb der Gärtnerei zur Verfügung. Die besonderen Jungpflanzen werden überwiegend in Folienhäusern herangezogen. Schwerpunkte sind prächtige Aurikeln in über 1000 Sorten, grazile Leberblümchen mit rund 600 Sorten sowie Helleborus und vielerlei alpine Stauden. Auch Herbst-Steinbrech, sogenannte „Oktoberle“, und Erdorchideen gehören zum Sor-timent. All‘ diese wunderbaren Pflanzenschätze konnten wir unter der fachkundigen Führung von Frau Peters bestaunen. Sie betreibt die Gärtnerei heute mit wenigen Aushilfen. Der Verkauf erfolgt auf Pflanzenmärkten und über das Internet, und natürlich auch in der Gärtnerei kann man noch Pflanzen erwerben, wovon wir natürlich eifrig Gebrauch machten.

    AUSKLANG

    Nach diesem ersten Besichtigungstag konnten wir unsere vielen Eindrücke bei einem köstlichen Abendessen in unserem Hotel in Pinneberg verar-beiten. Danach zeigte unser Fachgruppenmitglied Dietmar Gabler viele schöne Bilder aus seinem heimischen Garten und Gottlob Rieck gab einen spannenden Überblick über die Darstellung von Päonien in der historischen Literatur. Schon da-mals haben die Autoren und Illustratoren von

    älteren Werken „abgekupfert“, was sich an den ähnlichen Darstellungen aus verschiedenen Zei-tepochen gut erkennen ließ.

    BOTANISCHER GARTEN HAMBURG

    Der Sonntag begann mit dem Besuch im Freige-lände des Botanischen Gartens der Universität Hamburg in Klein-Flottbek. Auf dem 23 ha großen Gelände sind seit den 1970er-Jahren parkartige Anpflanzungen, gegliedert nach Pflanzengeogra-fie und Pflanzensystematik zu sehen. Dazu ist im Loki-Schmidt-Haus ein Nutzpflanzenmuseum untergebracht. Geführt vom technischen Leiter Herrn Köpcke erkundeten wir die weitläufige Par-kanlage. Die veranschlagte Zeit von 2,5 Stunden reichte bei Weitem nicht aus, alle Pflanzungen zu durchwandern, und so konnten wir nur Streiflichter mitnehmen. Leider bekamen wir mitten im Park eine kräftige Dusche von oben und mussten im Chinesischen Pavillon Zuflucht suchen. Dennoch blieben von unserem Rundgang schöne Eindrücke zurück, und wir konnten auch etliche Strauchpäo-nien und staudige Pfingstrosenarten entdecken. Durch die Pflanzengeografie führte unser Weg von Europa über China und Japan nach Nord- und Süd-amerika, vorbei an von lila Knabenkraut gesäum-ten Teichufern, exotisch anmutenden Sumpf- und

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  • 38  DER STAUDENGARTEN 1|2016

    Moorpflanzen wie Sarracenia und Sonnentau auf meterdicker Torfschicht oder prächtigen Horsten von Trillium und Disporum unter großen Bäumen. Wie schon in Ellerhoop gibt es auch im Botani-schen Garten einen See mit großen Sumpfzyp-ressen (Taxodium), die sich in dem regnerischen Wetter sichtlich wohl fühlen. Auch Bambus, Frei-landkamelien und viele Farne unterstrichen den Regenwaldcharakter. Weniger passend, aber nicht weniger schön, erscheinen im Regen das Alpinum sowie der Wüstengarten, der von den Vereinigten Emiraten zur Gartenschau in Rostock angelegt und dann nach Hamburg transferiert wurde.

    PRIVATGARTEN VON APPEN

    Dann hatte das Wetter ein Einsehen mit unserem frierenden Grüppchen, und so konnten wir an un-serem nächsten Ziel, dem Garten der Familie von Appen, unseren liebevoll kredenzten Mittagsimbiss im Sonnenschein einnehmen. So gestärkt wurde der große Hausgarten in Begleitung der Gartenbe-sitzer ausgiebig erkundet. Drei Familienmitglieder gestalten aktiv im Garten, dennoch wirkt er als ein Ganzes. Während Frau von Appen ihren Mann als „Headgardener“ vorstellt, widmet sich der Sohn den Hostas und Taglilien. Der Garten war zur Vollb-lüte der Rhododendren auch für die öffentlichkeit zugänglich, das wechselhafte Wetter schreckte aber wohl viele Besucher ab und so waren wir weitgehend unter uns. Im großen Vorgarten wer-den sanfte, dicht bepflanzte Hügel von schmalen Wegen durchzogen, der Garten hinter dem Haus zeigt sich mit einer zentralen, amorph geformten Rasenfläche deutlich offener. Diese wird gesäumt von reichhaltigen Pflanzungen. Im gesamten Gar-ten finden sich prächtige Rhododendren in vielen

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    1  Schöne Sammlung von Mini-Hosta im Garten  Von Appen

    2  Ein lauschiger Pavillon ziert den Garten Von Appen3  Ein roter Garten im Arboretum Ellerhoop4  Der Formschnitt ahmt naturgetreu die Wellen am 

    Weststrand nach.5 Im Garten der Familie Von Appen

  • JAHRESTAGUNG DER FACHGRUPPE PÄONIEN 39

    Farben, dazu Blumen-Hartriegel, Lenzrosen, Hosta, Farne und vieles mehr. Die Randbeete schwingen immer wieder in die Rasenfläche vor und gliedern den Garten so in einzelne „Buchten“. Nahe beim Haus bietet an einem lauschigen Teich ein filigraner Pavillon einen geschützten Sitzplatz, den wir gerne genutzt haben. Im hinteren Gartenteil liegt ein versteckter Grillplatz mit umlaufender Holzbank, auf der viele getopfte Pflanzen zum Mitnehmen bereitstanden, dahinter befindet sich ein durch Lattenzaun und Pergola geschickt kaschierter „Ar-beitsbereich“ mit Holzlege und Kompostplatz. Den Garten bereichern viele kleinere Elemente wie ein Arrangement aus Mini-Hostas in Terrakotta-Trögen, eine bepflanzte Schubkarre und Dekorationen aus Metall und Keramik.

    PRIVATGARTEN RENNEBERG

    Letztes Ziel der Tagung war der Garten von Gabri-ele und Jan Renneberg in Hamburg-Sasel. Dieser Garten wurde bereits im Staudengarten 1-2015 vorgestellt. Schon im Vorgarten wird man von

    vielfältigen Staudenpflanzungen, ergänzt mit bunt-laubigem Ahorn und einer Magnolie, empfangen. Der langgestreckte Garten hinter dem Haus zeigt eine deutliche Quergliederung: Direkt am Haus liegt eine erhöhte Terrasse mit staudenbekrönter Trockenmauer, daran schließt sich eine umpflanzte Rasenfläche an. Ein großer, von einer Pergola und Sitzplätzen begleiteter Schwimmteich markiert die Mitte des Gartens. Dahinter folgen Gemüsebeete – Anfang Mai noch überwiegend leer – und Obst-spaliere. Im hintersten Gartenteil besticht ein von weiteren Ahornen und Magnolien beschatteter Be-reich mit reichhaltigen Staudenpflanzungen. Man sieht der Pflanzung nicht an, dass die Unterpflan-zung erst 2013 neu gestaltet wurde, alles scheint schon Jahrzehnte hier zu wachsen. Harmonisch fügen sich unterschiedlichste Blattstrukturen und Blattfarben von Farnen, Hosta, Podophyllum, Arum und Trillium zu einem dichten Teppich, den man auf schmalen Wegen erkunden kann. Für Farbe sorgen Frühlingsblüher wie Lungenkraut oder Tulpen. An einigen Stellen im Garten wird noch gewerkelt, was auf humorvollen Schildern kundgetan wird. Berei-chert wurde der Garten am Tag unseres Besuches mit kleinen Trögen, bepflanzt mit Sempervivum, die der Fachgruppenleiter Hans-Jörg Gensch dort für uns aufgestellt hatte. Einige der schönen Pflanzen standen auch zum Erwerb bereit.

    FAZIT UND AUSBLICK

    Nach diesen beiden Tagen machten wir uns, reich an neuen Eindrücken, auf die Heimreise. Die An-kündigung der Tagung 2016 finden Sie auf den

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  • 40  DER STAUDENGARTEN 1|2016

    ZWÖLF GÄRTEN UND DREI GÄRTNEREIEN IN FÜNF TAGEN

    Mit 30 Personen (davon fünf Quotenmänner) in einem locker besetzten Bus starten wir am 16. September 2015 von Reutlingen in Süddeutsch-land in Richtung Norden.

    GARTEN ZINTEL & GÄRTNEREI MAUBACH

    Den ersten Garten von Frau Zintel in Hanau er-reichen wir bei Nieselregen. Als wir (Alter im Schnitt 50+) mit „Ach, da kommen ja lauter junge Leute“ begrüßt werden, kann uns nichts mehr die Laune verderben. Wir erleben einen verzau-bernden Waldgarten, der aus einem Schreber-garten hervorgegangen ist und von einem Bach durchquert wird. Unter uralten Robinien genießen wir die Harmonie der Pflanzungen mit üppigen Hostas, stattlichen Hortensien und integrierten Gesteinen und Fossilien.

    Um die Mitreisenden unterwegs bei Laune zu halten, hat unsere famose Reiseleitung zum

    Vorlesen Glossen von Jörg Pfennigschmidt aus der „Gartenpraxis“ ausgewählt, die haargenau zu den Gartenschwerpunkten passen und für viel Heiterkeit sorgen. Zur Nachahmung empfohlen!

    Den zweiten Halt machen wir in der traditi-onsreichen Gärtnerei Maubach in Wuppertal. Im ehemaligen Versandraum gibt es Kaffee und von uns(!) mitgebrachten Kuchen (das einstige Café existiert nicht mehr). Wir bekommen eine Einfüh-rung von Anja Maubach in ihre Art zu gärtnern – ohne Gift, ohne Chemie, dafür mit Stärkungs-mitteln – und eine Führung durch die Gärtnerei, u.a. zu einem Beet, das original nach den Pflanz-plänen ihres Urgroßvaters Georg Arends angelegt ist und überraschend zeitgemäß aussieht. – Von nun an füllt sich der Bus jedes Mal mit mehr Tüten.

    BEI PETER JANKE & TORSTEN MATSCHIESS

    Schon um 9 Uhr sind wir im „Hortvs“ bei dem Staudengärtner, Gartenplaner und Buchautor Pe-ter Janke in Hilden angesagt. Wir kommen in den

    Gartenreise der RG Reutlingen- Tübingen ins Ruhrgebiet/Niederlande TEXT VERA MOREL-HEIDER | FOTOS K&O ZÜCHNER

    Garten Zintl

  • GARTENREISE DER RG REUTLINGEN-TÜBINGEN INS RUHRGEBIET/NIEDERLANDE 41

    Genuss einer ausgedehnten Führung, während der er vor Ideen nur so sprüht, deren Umsetzung er uns eloquent und für alle nachvollziehbar er-klärt. Wir sehen Kiesbeete à la Beth Chatto, bei der er gearbeitet hat; ein Wiesenbeet, das so ge-schickt bepflanzt ist, dass es den Gräsern drum herum keine Konkurrenz macht; ein fantastisch gestaltetes Beet, das einen Waldrand säumt mit vielen ausgefallenen Schattenpflanzen und als Höhepunkt einen spannenden Waldgarten. Die Möglichkeit, Stauden und Gehölze zu kaufen, wurde – oh Wunder – eifrig genutzt. Gerne wären wir noch viel länger geblieben!

    Unterwegs hatte unser Organisationstalent von Reiseleitung ein entzückendes Café aufgetan, in dem wir unsere Eindrücke mithilfe von „lecker Kuchen“ verarbeiten konnten (Café Mariandl in Niederkrüchten).

    Bei diesigem Wetter begrüßt uns Torsten Mat-schiess auf seinem 8000 m2 großen Gelände in Brüggen in seinem „Garten für faule Gärtner“,

    wie er selber sagt, wo er mit wogenden Gräsern, Stauden wie Wiesenknopf und riesigen Beständen von Wasserdost auch mit exotischen Gehölzen experimentiert, nur einmal im Jahr mäht und so-gar den Giersch, Feind Nr. 1 fast jeden Gärtners, einfach „niederpflanzt“. Sein Schwerpunkt ist die Gattung Knöterich, deren Sichtung er sich verschrieben hat. Wer Aussagekräftiges über Knöteriche wissen will, der suche Matschiess im Internet.

    Mit dem Flechter Hotel Rooland in Arcen/Holland hat unsere fabelhafte Reiseleitung eine gute Adresse in Bezug auf Lage, Service und Es-sen aufgetan.

    WEITER IN DIE NIEDERLANDE

    Der Tag beginnt im Garten Verheggen, im Rosen-dorf Lottum, wo uns ein begeistertes Gärtnerehe-paar bei idealen Lichtverhältnissen seinen Garten öffnet: Morgensonne nach Regenschauern. Es werden dort über 400 Dahliensorten gezogen,

    Garten Janke

  • 42  DER STAUDENGARTEN 1|2016

    die sich malerisch in herbstlichen Sträußen und Gestecken wiederfinden. Es gibt einen einfalls-reich bepflanzten Schattengarten und herrlich bunte „Gartenzimmer“. In einem romantischen Gartenhäuschen pausieren wir bei Kaffee. – Dies-mal wandern lauter Dahlien in den Stauraum des Busses.

    Wiederum in Holland, inmitten von Wiesen und Feldern, liegt der Garten „ohne Namen“. Frank Thuyls hat ihn mit seinem inzwischen verstorbe-nen Partner schrittwiese angelegt. Er besteht aus zehn verschieden farbigen Gartenräumen, die eine Vielfalt besonderer Stauden und Gehölze enthal-ten. Aus Buchs, Efeu, Eiben und Buchen hat er akkurate Hecken, Obelisken, „Baumscheiben – Scheibenbäume“ und andere Strukturen geformt, die pro Jahr fünf- bis sechsmal geschnitten wer-den! Steinskulpturen und Wasserbecken ziehen

    den Blick auf sich. Man kommt aus dem Staunen nicht heraus! In einem Zelt stärken wir uns mit köstlicher Suppe und können zwischendurch in einer „nursery“ stöbern.

    Im „Brookergarten“, in einem Vorort von Venlo, empfängt uns herzlich eine junge Holländerin. Das Terrain (5500 m2) im Landhausstil beeindruckt mit drei großen Teichen (einer mit Sandstrand!) und einem viktorianischen Glashaus. Perfekte Rasenflächen werden von wunderschönen Herbst-beeten umrahmt. Dieser Garten ist vor allem aus Frühjahrsreportagen bekannt, umso mehr hat uns der farbenprächtige Herbstaspekt überrascht. Neben köstlicher Bewirtung waren wir hinterher um ein Dutzend dekorativer Zwiebelkisten und einige Pflanzen reicher.

    Garten Matschiess

  • GARTENREISE DER RG REUTLINGEN-TÜBINGEN INS RUHRGEBIET/NIEDERLANDE 43

    NOCH MEHR BESONDERE GÄRTEN

    Morgens erwartet uns der aus dem Gartenbuch „Rosenrausch und Tulpenfieber“ bekannte Mut-ter-Tochter-Garten Imig. Wir bewundern gekonnt komponierte Pflanzungen von Dahlien, Astern, Gräsern und Gehölzen. Erwähnenswert: eine Allee aus hohen, einjährigen Knöterichen, malerische Ausblicke in die weite Landschaft und liebevolle Dekoration. Auch hier kommen die Kaffeejunkies auf ihre Kosten!

    Als wir unterwegs an einem Lädchen vorfah-ren, in dem es attraktive Pflanzstäbe gibt, stür-men wir es und kaufen fast den ganzen Bestand auf! Auch diese Ladung verstaut unser Busfahrer ohne Murren und Knurren.

    Für „Kaffee-Kuchen“ hat unsere findige Rei-seleitung mit dem Lindenhof ein ehemaliges Bau-ernhaus mit Atmosphäre und schönem Garten

    ausgesucht. Leider gibt es neben köstlichem Ku-chen auch Ärger bei der Abrechnung, sodass wir Fäuste und Köpfe schüttelnd von dort wegfahren.

    In strömendem Regen steuern wir die heiß er-sehnte Gärtnerei Marcel Wagt in Ven-Zelderheide an. Wie es einer GdS-Reisegruppe gebührt, hörte der Regen vor Ort punktgenau auf, sodass wir uns bei strahlender Sonne ungehindert und hemmungs-los unseren Kaufgelüsten hingeben können. Die letzten Ecken im Bus werden mit Grünzeug gefüllt.

    Zum Schluss gibt es noch einen ganz besonde-ren Garten von Frau Lidy Morig in Ottersum, die in Indonesien aufwuchs und ihre tragische Ver-gangenheit in diesem Garten verarbeitet hat. Man musste ihr genau zuhören, um diesen geheim-nisvollen Urwald mit seinen Skulpturen richtig zu verstehen. Interessant ist auch, dass sie dort Schulkinder an die Botanik heranführt.

    Garten Matschiess

    Garten Verheggen

  • 44  DER STAUDENGARTEN 1|2016

    DIE HEIMFAHRT, UNTERBROCHEN VON DREI GARTENBESICHTIGUNGEN

    Vor der Heimfahrt muss sortiert werden: vorne sitzt die Fauna, in unserem Fall Homo sapiens, dicht gedrängt; hinten die Flora, unsere Beute, sie stapelt sich auf den Sitzen, unter den Sitzen, der Bauch des Busses ist voll bis an den Rand. Aber – ist das nicht auf jeder GdS-Reise so?

    Hermann Gröne ist Buchautor und ein Freund von Torsten Matschiess, so liegt es nahe, dass wir auch seinen kleinen Garten besuchen. Lange bleiben wir nicht dort, denn Herr Gröne erwartet noch hohen Besuch. In Weilerswist muntert uns auf der Heimfahrt noch ein kleines Gartenjuwel

    auf: der Garten von Frau Weber, selber GdS-Mit-glied. Mit sehr harmonischen und stimmigen Beeten, einem Bach mit Sitzplatz unter einem Apfelbaum und originell verzierten Holzstapeln ist dies ein Beispiel dafür, dass man auch auf klei-nerem Grund seine Träume verwirklichen kann. Der Ehemann überrascht uns mit frischen Cro-issants. Letzte Pflanzentüten werden verschämt noch in die kleinste Ritze verstaut.

    Die letzte vergnügliche Unterbrechung unse-rer Heimfahrt findet in Hahnheim statt, im Bau-ern- und Sempervivum-Garten von Frau Rahn. In ländlicher Atmosphäre unter Obstbäumen bei selbstgemachtem Kuchen und Suppe kann man

    Garten Tuinzondernaam

    Garten Tuinzondernaam Garten Imig

  • GARTENREISE DER RG REUTLINGEN-TÜBINGEN INS RUHRGEBIET/NIEDERLANDE 45

    es sich gut gehen lassen. Es gab nicht nur origi-nell dekorierte Sempers, sondern auch ein riesi-ges Mutterbeet mit Namensetiketten! Die Sem-per-Fans unter uns bekommen noch ein letztes Mal diesen gierigen Blick, was dazu führt, dass nun die aller-allerletzten Töpfe im Bus unterge-bracht werden müssen.

    Etwas neidisch auf die guten Böden und die Feuchtigkeit im Ruhrgebiet kehren wir wieder zu Gießkanne und Spitzhacke nach Süddeutschland zurück, begierig, unsere Gärten mit den neu er-standenen Schätzen zu verschönern!

    TOLL WAR’S!

    Ein herzhaftes Dankeschön unserem findigen, engagierten, stets gut informierten Organisati-onstalent Marianne Gekeler, die mit dem Projekt „Gartenreise“ immer schon mindestens ein Jahr vorher schwanger geht. Dank gebührt ebenfalls Iris Braun, die als Chauffeurin und beratende In-stanz bei den Erkundungsfahrten fungiert und, last but not least, dem über alle Maßen geduldi-gen und gelassenen Busfahrer Otto, der uns alle klaglos erträgt!

    Garten Brookergarden

    Garten Weber Garten Rahn

  • 46  DER STAUDENGARTEN 1|2016

    Die Regionalgruppe Saarland hatte sich für ihre zweitägige Gartenreise im Juli 2015 den Raum Köln/Bonn ausgesucht.SCHAUGARTEN IN BONN-MEHLEM

    Erstes Ziel war Bonn-Mehlem. Hier erwartete uns am 25. Juli Jörg Lonsdorf in dem Schaugarten der „Gartenthusiasten“. Herr Lonsdorf ist Gar-tengestalter und stellt Kunden in seiner Anlage Pflanzen und ihre gärtnerische Verwendung vor. Uns Besuchern bot sich schon kurz nach dem Eintreten ein erster Augenschmaus: eine arten- und blütenreiche Pflanzung, ohne viel planeri-schen Eingriff. Sie entstand auf einem ehemaligen Parkplatz, auf dem man den Schotter belassen und nur stellenweise aufgebrochen hatte. Ein gelungener Versuch.

    Als Nächstes fiel ein Bereich auf, der von der nordamerikanischen Langgras-Prärie inspiriert ist. In die mit zahlreichen Gräsern bepflanzte Fläche sind Horste u.a. von Helenium, Agastache, Salvia

    verticillata ‘Purple Rain’, Monarda eingestreut. Das Ganze wirkt sehr leicht und luftig. Sehr schön, wie durch die Vereinzelung und die Nachbarschaft der Gräser die Schönheit von Helenium geho-ben wird. Ebenso fällt der Zusammenklang von Orange-Gelb und Blau-Violett bei den gewählten Blütenstauden auf.

    Der Schaugarten der Gartenenthusiasten wird geschützt von alten hohen Bäumen und befindet sich durch die Nähe zum Rhein in milder Lage. Dieser klimatische Vorteil führte zu der Idee, in einem versteckten Bereich des Grundstücks einen Garten mit exotisch anmutenden Pflanzen, den sog. „Dschungelgarten“, anzulegen. Hier gedeihen Pflanzen – teils mit Winterschutz –, von denen manche in raueren Lagen nicht oder nur mit sehr großem Aufwand zu kultivieren sind. Beherrscht wird der „Dschungelgarten“ von den großen Blät-tern der japanischen Faser-Banane (Musa basjoo). Herr Lonsdorf hält auch eine ganze Reihe von attraktiven Pflanzen getopft zum Verkauf bereit.

    Gartenreise der RG SaarlandTEXT INGRID SASS | FOTOS HANS ESLEBEN

    Alpinum im Garten Rholfs

  • GARTENREISE DER RG SAARLAND 47

    Die Schlange von Interessenten für Echinacea ‘Virgin’, Thalictrum delavayi ‘Splendide White’, Aster ‘Harry Smith’ u.a. war lang.

    GARTEN ROHLFS

    Am Samstagnachmittag empfing uns auf der an-deren Rheinseite Herr Dr. Rohlfs. Sein Garten ist geprägt von der Liebe zur Vielfalt des Pflanzen-reichs. Die sieht man nicht nur, sondern spürt es auch in seinen Erklärungen. Sein besonderes Interesse gilt den Steingartenpflanzen. Für diese hat er einen leicht erhöhten Bereich angelegt. Hier findet man u.a. besondere Seidelbast-Sor-ten und eine Vielzahl von Nelken. Ende Juli zeigt sich natürlich eine solche Fläche nicht in voller Schönheit, sondern fordert die gärtnerische Vor-stellungskraft heraus. Dafür direkt anzuschauen ist aber selbst ausgelesener Phlox. Ein tief vio-letter hat allgemeine Begehrlichkeit geweckt. Auch eine im Garten Rohlfs spontan entstandene Kreuzung zwischen Euphorbia amygdaloides und

    Euphorbia characias hätte bei Verfügbarkeit so-fort Abnehmer gefunden. Technische Probleme, wie besonders das Problem der Bewässerung, werden im Garten Rohlfs nicht mit High Tech aus dem Baumarkt gelöst, sondern in erfinderischer Eigenkonstruktion. Nach der Gartenbesichtigung bewirteten uns Frau und Herr Rohlfs sehr großzü-gig mit Kaffee und Kuchen in ihren Wohnräumen. Dies tat gut, denn ein extrem starker Wind hatte uns völlig durchgeblasen.

    Ein Besuch der Bonner Innenstadt am frühen Abend fiel dem kühlen, regnerischen Wetter – und einer gewissen Ermüdung – zum Opfer. Dafür war dann in unserem schönen Hotel mehr Zeit für entspanntes Genießen des Abendbüffets und für schöne Gespräche bei Tisch.

    GARTEN MAINTZER

    Am sonnigen Sonntagmorgen hieß uns in Köln-Ro-denkirchen Frau Maintzer willkommen. Ton-töpfe, bepflanzt mit kräftig blauen Agapanthus,

    Wandbrunnen und Wasser-becken im Garten Mainzer

    Sitzplatz im Garten Mainzer

  • 48  DER STAUDENGARTEN 1|2016

    umschmeichelt von anderen Pflanzen, und ver-schiedene weiße Pelargonien stimmen hier schon im Eingangsbereich auf einen romantischen Gar-ten ein. Der erste Eindruck erfährt seine Fortset-zung in einer sehr harmonischen Bepflanzung mit zahlreichen Hortensien, Phlox, Hosta, Astrantia u.a. Die Farben sind beschränkt auf Weiß, Zar-trosa, Lila und Blau, Gelb fehlt ganz. Die Pflan-zung wird durch die Nachbarschaftsbebauung vor der Mittagssonne geschützt. Ein Wandbrunnen steigert das Gefühl von wachstumsfreundlicher Luftfeuchtigkeit.

    Der Garten ist im Zentrum leicht moduliert und steigt jenseits von einem kleinen Teich nach einer Seite an. Hier gedeihen in der Sonne Trockenheit liebende bzw. duldende Pflanzen. An markante Stellen des Gartens sind Rosen gesetzt, und zwar solche, die nicht nur schön, sondern auch gesund sind. Die Gehölze sind in Größe und Anzahl so gewählt, dass sie nicht zu viel Platz wegnehmen. Die Bepflanzung des Gartens ist fast überall sehr dicht, sodass Unkraut keine großen Probleme macht und viele Stellen ohne zusätzliche Bewäs-serung auskommen. Frau Maintzer erhält und verbessert ständig die Bodenqualität, indem sie

    nicht nur kompostiert, sondern auch Staudenab-fälle fein schreddert und damit mulcht. Auch für unser Wohl hatte Frau Maintzer gesorgt, nicht nur mit Getränken, sondern auch mit selbst ge-backenem Kuchen, den wir zur nächsten Station unserer Reise mitnehmen durften.

    ARBORETUM „PARK HÄRLE“

    Die nächste Station war das Arboretum „Park Härle“ in Bonn-Oberkassel. Hier durften wir vor der Besichtigung ein Mittagessen mit italienischen Antipasti genießen, serviert von Familie Dreiskopf.

    Herr Dreiskopf jun. ist der Technische Leiter des Arboretums „Park Härle“. Er führte uns am Nachmittag durch die Anlage. Das Arboretum geht zurück auf den Privatbesitz zweier aufeinander folgender vermögender Familien aus dem 19. und 20. Jahrhundert. Es wird heute als gemein-nützige Stiftung geführt. Eine solche Institution birgt Probleme in sich, da das Grundkapital, das aus dem Erbe der beiden verstorbenen Töchter Härle stammt, heutzutage kaum Zinsen trägt.

    Die Führung begann an dem Wohngebäude aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Man befindet sich dort an dem oberen Bereich eines

    Üppige, tropische Bepflanzung am Sitzplatz im Garten Lonsdorf

  • GARTENREISE DER RG SAARLAND 49

    Hanges mit einer großen Terrassenanlage, in die noch einige Mauerreste der Villa des 19. Jahrhun-derts einbezogen sind. Die Sonneneinstrahlung ist hier sehr intensiv. Dementsprechend ist die Bepflanzung gewählt. Zistrose, Yucca, Lavendel u.a. ergeben einen südländischen Eindruck. La-vendel findet sich hier in vielen Sorten, die auch getestet werden.

    Unterhalb dieser Terrassenanlage fällt der Hang steil ab zum sogenannten „Alten Park“. Hier sind Bäume und Sträucher zu finden, die zum Teil noch aus dem 19. Jahrhundert stam-men. Von dem oberen Hang aus in die Baum-kronen zu sehen, ergibt einen ungewöhnlichen Reiz. Im „Alten Park“ werden Farne in seltenen Sorten gesammelt.

    Der sogenannte „Neue Park“, der durch eine Straße vom „Alten Park“ getrennt ist, hat erst seit der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts nach und nach sein jetziges Gesicht erhalten. Beson-ders dieser Bereich wird noch weiter entwickelt durch die Pflanzung besonderer Gehölze. Ein Schwerpunkt liegt auf neuen Sorten niedriger Gehölze, hier wiederum besonders auf gelblau-bigen. Mehrer