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~734 KLINISCHE WOCHENSCHRIFT. 5. JAHRGANG. Nr. 37 Zo. SEPTEMBER :926 den Setzern sehr stark ausgepr~gt. Die aiithropoIogischeii Merk- male zeigten keine Unterschiede der beiden Berufe. F. LASCtI lind J. BRIEG: Zur peroralen Resorption des Insulins. H. KONIGSTEIN: Wasserverschiebungen in der Haut unter physiologischen uiid pathologischen Bedingungen. Thyreoid- ektomie am Meerschweinehen bewirkt Senkung der Wasserwerte in der Curls und Wasseranreicherung in der Subcutis auf Nosten des geschwundeiien Fettes. Die Haut dieser Tiere quillt in ver- dfinnter Salzs~ure stXrker als die der Nontroiltiere, in NatroiiIauge besteht diesbezfiglich kein Unterschied. Die Gesamtstickstoff- werte der Haut thyreoidektomierter Tiere sind h6her. Das Re- sorptionsverm6gen ffir Jod in der Haut dieser Tiere ist deutlich herabgesetzt. Die Heilungstelidenz yon Hautdefekteii ist herab- gesetzt oder aufgehoben, das Haarwaehstiim eingestellt. Die isolierte Entfernung der Schilddrfise ruft bei Hundeii eine leichte Wasservermehrung in der Haut hervor, die isolierte Entferliung der Epithelk6rperchen hat einen Wassersturz zur Folge. Huiigernde und dursteiide Meerschweinchen verlieren in allen Orgaiieii Wasser, am meisten in der Naut. Wird die Temperatur dieser Tiere herab- gesetzt, so steigen die Wasserwerte in allen Organen, wobei die Haut an erster Stelle steht. Bei Steigerung der K6rpertemperatur erleidet die Haut unter alien Organen den grSBten Wasserverlust. Nach Exstirpation beider Niereii tritt eine geriiige Wasseraiireiche- rung in der Muskulatur uiid im Blute eiii, w~thrend die Haut Wasser abgibt. Aussprache: M. ENGL~.NDER hat auch am Menschen VulnerabilitXt der Haut bei Myx6dem beobachtet, die durch Mikrojoddosen behoben wurde. BAUI~R. Wiener Biologische GeseIlschaft. Sitzung vom 21. Juni 19o_6. R. RIGLER und E. SILBERSTERN: lJber die temperatur- herabsetzende Wirkung des Ergotamins. Die hemmende Wirkung, die nach den Befunden von ROTHLIN das Ergotamin auf das ge- samte sympathische Nervensystem ausiibt, feriier die Tatsachen, die fiber den Anteil des Sympathicus an der WXrmeregulierung bekanllt sind, waren Anlal3, den W~rmehaushalt unter der Eiii- wirkung dieses Mittels zii beobachteii. Die Versuche des Vortr. hatten folgende Ergebnisse: I. Ergotamin (3 mg pro Kilogramm Kaninchen, a/e--I mg pro Ioo g-Ratte) bewirkt am normalen Tier eine Temperatursenkung. 2. Diese Wirkung kommt ohne toxische Erscheiiiungen zustande. 3. Ergotamin bewirkt bereits in kleineren Dosen Entfieberung von mitteIs W~rmestich oder parenteraler EiweiBzufuhr hyperpyretisch gemachten Tieren. 4. Ergotamin hemmt nicht das Tet ahydro-fl-Naphthylaminfieber, analog dem Versagen yon Chinin, Pyrarnidon und aiideren Antipyreticis gegeii- iiber der gIeichen Fieberart. 5. Versuche, in welchen durchErh6hung der Umgebungstemperatur die physikalisehe W~rmeregulierung ausgesehaltet war, wie sich aus der eiligetretenen WXrmestauung der Kontrolltiere ergab, lieBen dennoch eine deutliche temperatur- senkende Wirkung des Ergotamins erkeliiieii. Dadurch wurde wahrseheinlieh gemacht, dab die Herabsetzung der K6rpertempe- ratur durch das Ergotamin nicht auf einer Steigerung der physi- kalischen Warmeabgabe, wogegen auch die beobachtete Ver- engerung der peripheren Gef~Be spricht, sondern auf einer Ein- schrfinkung der chemischen W{~rmebildung beruht. 6. Eiii Einflu8 iiinersekretorischer Drfisen auf den Wirkungsablauf war bis jetzt nicht nachweisbar; so verhielteli sich schilddriisenberaubte uiid mit Thyreoidin geffitterte Ratten gleich den Normaltiereii. Das vorliegende Ergebnis -- die Temperatursenkung dutch ein den Sympathicus hemmeiides Mittel -- erlaiibt im Gegensatz zu der neuerdiiigs yon I-I. FREIJIVD fiber die zentrale W~rmeregulierung ge~uBerten Vorstellung, einen sympatbischen aecelerierendeii Anteit des W'armeregulationsapparates im Sinne yon H. H. MEY1~R an- zmlehmeii. MAX GRAF THUN-HOHENSTEIN (Prag) a. G.: Erziehung yon Mensch und Tier auf biologiseher Grundlage. FROHLICI-L DER UNTERRICHT IN DER PHYSIKALISCHEN THERAPIE. Von Prof. GROBER. Aus dem physikalisch-therapeutischen Institut der Ulfiversit~tJena. DaB der Unterricht in der physikalischen Therapie fflr die Studierenden obligatorisch sere mug, unterliegt keinem Zweifel mehr. Die Bedeutung der physikalischen Therapie in der Be- handlung der Krankheitsformen aller F~Lcher der Medizin ist so groB geworden, dab es IIicht mehr angeht, ihre Grundlagen, ihre Lehre und ihre Anwendung dem Studiereiiden IIIIr gelegentlich oder nebenbei zu vermitteln. Ohiie ihre Kenntnis dfirfte der kfinf- tige Arzt IIieht in der Lage sein, kranke Meiischen so zu behandeln, wie es eriorderlich ist. Tats~chlich kann man ja auch oft genug beobachten, dab Heilmittel aus dem Gebiete der physikalischen Therapie, die eine besonders wirksame Behandlung gew~hrleisten, yon Nrzten IIicht angewendet werden, well sie sie nicht kennen. In anderen FMlen hat der wissenschaftliche und praktische Ehr- geiz die jungeii Kollegen veranlagt, sich privatim nach ihrem Studium und ihrem Staatsexamen mit den Methoden der physi- kalischen. Therapie vertraut zu machen. Es ist eilie bekannte Erscheinung, dab in den aiigemeinen Fortbi[dungskursen ftir praktische ~_rzte die Vorlesungen und Nurse far physikalische Therapie ganz besonders zahlreich besucht werdeli. Das weist scharf darauf bin, dab hier eine Lficke in der bisherigen Aus- bilduiig der Medizinstudierenden besteht. Wollen wir nicht nach- hinken, so mfissen wir rechtzeitig fflr einen geeigneten Unterricht Jn der physikMischen Therapie sorgen. Zun~chst die Frage, wann dieser Unterricht zu erfolgen hXtte. Aus reicher ]grfahruiig glaube ich sagen zu dfirfeii, dab er am zweckm~Bigsten in die Mitte und an das Ende der klinisehen Studien gelegt werden sollte. Zum Verst~ndnis der physikalischen Therapie freilich in erster Linie sind bestimmte Grundlagen aus dem Gebiete der Physik erforderlich; ebenso ist physiologisches Wissen Bedingung zu ihrer Erfassung. Deshalb k6nnte man viM- leieht daran denkeii, die physikalische Therapie bereits umnittel- bar nach den naturwissenschaftlichen Studien der Mediziner zn lehren. AuI der anderen Seite aber ist es zweifellos yon groflem Vorteil, wenii der Studierende, schon ehe er sich mit der physi- kalischen Therapie beschMtigt, durch die pathologisehe Anatomie, die allgemeine Pathologie und dutch den Besuch der drei Haupt- kliniken eine gewisse Einsicht in die KrankheitszustSnde des menschlichen K6rpers erlangt hat. Bei der Belastung des medizinischen Studiums, wie sie heute wohl in den meisten Kulturlt~ndern besteht, kommt ein umfassender Unterricht in der physikalischeii Therapie, wie er zweifellos wflii- schenswert wtkre, IIicht in Betracht. Mir scheiiit abet, dab man mindestens zwei Lehrg~nge in der physikalischen Therapie jedem Mediziiistudierenden zur Pflicht machen muB: Der erste ist eine Vorlesung in der physikJischen Therapie nit Demolistrationen. Der zweite ist ein Kurs mit praktischen (Jbungen an Kranken. Die Vorlesung muB in elmer Eiuleitung die Stellung der physi- kalischen Therapie zu den fibrigen F~ehern der Mediziii behandeln. Hier ist eine auBerordentlieh geeignete Stelle, die Studierenden nit dem VerhMtnis der wissenschaftliehen 3/Iedizin zu den ver- schiedenen Arten der Kurpfuscherei und der sog. Naturheilmethode bekannt zu machen, die sonst nirgends im medizinischen Studium so giinstig geboten werden dfirfte. Den ist ein kurzer AbriB der Geschichte der physikalischen Therapie anzuffigen. Wfirde mehr Zeit zur Verfflgung steheii, so w~re es zweckm~Big, jetzt die physi- kalischen Grundlagen der physikalischen Therapie dem Studieren- den ins Gedt~chtnis zurfiekzurufen resp. sie neu einzuprgLgen. Viel wfinschenswerter w~re IIatiirgemt~B eine besondere, vorbereitende Vorlesnng fiber: Die physikalischen Grundlagen der physikalischen Therapie. Da aber beides wegen Zeitmangel nicht in Betraeht kommen kann, wenigsteiis nicht obligatorisch, so w~ren nunmehr die versehiedenen Gebiete der physikalischeii Therapie der Reihe nach zu behandeln und mit Demonstrationen ulid demonstrativen Experimenten zu begleiten. AnschlieBend an das sog. ,,Energie- spektrum" habe ich seit Jahren diese 1Reihenfolge so gewi~hlt: Mechanotherapie, Elektrotherapie, Thermotherapie, Lichttherapie, R6ntgentherapie, Radiumtherapie. Im Anschiul3 an die Licht- therapie habe ieh in der Vorlesung nach M6glichkeit auch die Klimatotherapie in ihren tIaupttypen gebracht, obgleich es sicher- lich zweckmXBiger wXre, die Klimatotherapie, die unweigerlich ein Bestandteil der physikalischen Therapie ist, in einer besonderen Vorlesung zu behandeln.

Der Unterricht in der Physikalischen Therapie

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Page 1: Der Unterricht in der Physikalischen Therapie

~734 K L I N I S C H E W O C H E N S C H R I F T . 5. J A H R G A N G . N r . 37 Zo. SEPTEMBER :926

den Setzern sehr stark ausgepr~gt. Die aiithropoIogischeii Merk- male zeigten keine Unterschiede der beiden Berufe.

F. LASCtI lind J. BRIEG: Zur peroralen Resorption des Insulins.

H. KONIGSTEIN: Wasserverschiebungen in der Haut unter physiologischen uiid pathologischen Bedingungen. Thyreoid- ektomie am Meerschweinehen bewirkt Senkung der Wasserwerte in der Curls und Wasseranreicherung in der Subcutis auf Nosten des geschwundeiien Fettes. Die Haut dieser Tiere quillt in ver- dfinnter Salzs~ure stXrker als die der Nontroiltiere, in NatroiiIauge besteht diesbezfiglich kein Unterschied. Die Gesamtstickstoff- werte der Haut thyreoidektomierter Tiere sind h6her. Das Re- sorptionsverm6gen f fir Jod in der Haut dieser Tiere ist deutlich herabgesetzt. Die Heilungstelidenz yon Hautdefekteii ist herab- gesetzt oder aufgehoben, das Haarwaehsti im eingestellt. Die isolierte Entfernung der Schilddrfise ruft bei Hundeii eine leichte Wasservermehrung in der Haut hervor, die isolierte Entferliung der Epithelk6rperchen hat einen Wassersturz zur Folge. Huiigernde und dursteiide Meerschweinchen verlieren in allen Orgaiieii Wasser, am meisten in der Naut. Wird die Temperatur dieser Tiere herab- gesetzt, so steigen die Wasserwerte in allen Organen, wobei die Haut an erster Stelle steht. Bei Steigerung der K6rpertemperatur erleidet die Haut unter alien Organen den grSBten Wasserverlust. Nach Exstirpation beider Niereii t r i t t eine geriiige Wasseraiireiche- rung in der Muskulatur uiid im Blute eiii, w~thrend die Haut Wasser abgibt. Aussprache: M. ENGL~.NDER hat auch am Menschen VulnerabilitXt der H a u t bei Myx6dem beobachtet, die durch Mikrojoddosen behoben wurde. BAUI~R.

W i e n e r B i o l o g i s c h e GeseI l schaft . Si tzung v o m 21. Jun i 19o_6.

R. RIGLER und E. SILBERSTERN: lJber die temperatur- herabsetzende Wirkung des Ergotamins. Die hemmende Wirkung,

die nach den Befunden von ROTHLIN das Ergotamin auf das ge- samte sympathische Nervensystem ausiibt, feriier die Tatsachen, die fiber den Anteil des Sympathicus an der WXrmeregulierung bekanllt sind, waren Anlal3, den W~rmehaushalt unter der Eiii- wirkung dieses Mittels zii beobachteii. Die Versuche des Vortr. hat ten folgende Ergebnisse: I. Ergotamin (3 mg pro Kilogramm Kaninchen, a/e--I mg pro Ioo g-Ratte) bewirkt am normalen Tier eine Temperatursenkung. 2. Diese Wirkung kommt ohne toxische Erscheiiiungen zustande. 3. Ergotamin bewirkt bereits in kleineren Dosen Entfieberung von mitteIs W~rmestich oder parenteraler EiweiBzufuhr hyperpyretisch gemachten Tieren. 4. Ergotamin hemmt nicht das Tet ahydro-fl-Naphthylaminfieber, analog dem Versagen yon Chinin, Pyrarnidon und aiideren Antipyreticis gegeii- iiber der gIeichen Fieberart. 5. Versuche, in welchen durchErh6hung der Umgebungstemperatur die physikalisehe W~rmeregulierung ausgesehaltet war, wie sich aus der eiligetretenen WXrmestauung der Kontrolltiere ergab, lieBen dennoch eine deutliche temperatur- senkende Wirkung des Ergotamins erkeliiieii. Dadurch wurde wahrseheinlieh gemacht, dab die Herabsetzung der K6rpertempe- ratur durch das Ergotamin nicht auf einer Steigerung der physi- kalischen Warmeabgabe, wogegen auch die beobachtete Ver- engerung der peripheren Gef~Be spricht, sondern auf einer Ein- schrfinkung der chemischen W{~rmebildung beruht. 6. Eiii Einflu8 iiinersekretorischer Drfisen auf den Wirkungsablauf war bis jetzt nicht nachweisbar; so verhielteli sich schilddriisenberaubte uiid mit Thyreoidin geffitterte Rat ten gleich den Normaltiereii. Das vorliegende Ergebnis -- die Temperatursenkung dutch ein den Sympathicus hemmeiides Mittel -- erlaiibt im Gegensatz zu der neuerdiiigs yon I-I. FREIJIVD fiber die zentrale W~rmeregulierung ge~uBerten Vorstellung, einen sympatbischen aecelerierendeii Anteit des W'armeregulationsapparates im Sinne yon H. H. MEY1~R an- zmlehmeii.

MAX GRAF THUN-HOHENSTEIN (Prag) a. G.: Erziehung yon Mensch und Tier auf biologiseher Grundlage.

FROHLICI-L

D E R UNTERRICHT IN DER PHYSIKALISCHEN THERAPIE .

Von Prof. GROBER.

Aus dem physikalisch-therapeutischen Institut der Ulfiversit~t Jena.

DaB der Unterricht in der physikalischen Therapie fflr die Studierenden obligatorisch sere mug, unterliegt keinem Zweifel mehr. D i e Bedeutung der physikalischen Therapie in der Be- handlung der Krankheitsformen aller F~Lcher der Medizin ist so groB geworden, dab es IIicht mehr angeht, ihre Grundlagen, ihre Lehre und ihre Anwendung dem Studiereiiden IIIIr gelegentlich oder nebenbei zu vermitteln. Ohiie ihre Kenntnis dfirfte der kfinf- tige Arzt IIieht in der Lage sein, kranke Meiischen so zu behandeln, wie es eriorderlich ist. Tats~chlich kann man ja auch oft genug beobachten, dab Heilmittel aus dem Gebiete der physikalischen Therapie, die eine besonders wirksame Behandlung gew~hrleisten, yon Nrzten IIicht angewendet werden, well sie sie nicht kennen. In anderen FMlen hat der wissenschaftliche und praktische Ehr- geiz die jungeii Kollegen veranlagt, sich privatim nach ihrem Studium und ihrem Staatsexamen mit den Methoden der physi- kalischen. Therapie vertraut zu machen. Es ist eilie bekannte Erscheinung, dab in den aiigemeinen Fortbi[dungskursen ftir praktische ~_rzte die Vorlesungen und Nurse far physikalische Therapie ganz besonders zahlreich besucht werdeli. Das weist scharf darauf bin, dab hier eine Lficke in der bisherigen Aus- bilduiig der Medizinstudierenden besteht. Wollen wir nicht nach- hinken, so mfissen wir rechtzeitig fflr einen geeigneten Unterr icht Jn der physikMischen Therapie sorgen.

Zun~chst die Frage, wann dieser Unterricht zu erfolgen hXtte. Aus reicher ]grfahruiig glaube ich sagen zu dfirfeii, dab er am zweckm~Bigsten in die Mitte und an das Ende der klinisehen Studien gelegt werden sollte. Zum Verst~ndnis der physikalischen Therapie freilich in erster Linie sind bestimmte Grundlagen aus dem Gebiete der Physik erforderlich; ebenso ist physiologisches Wissen Bedingung zu ihrer Erfassung. Deshalb k6nnte man viM- leieht daran denkeii, die physikalische Therapie bereits umnittel- bar nach den naturwissenschaftlichen Studien der Mediziner zn lehren. AuI der anderen Seite aber ist es zweifellos yon groflem Vorteil, wenii der Studierende, schon ehe er sich mit der physi- kalischen Therapie beschMtigt, durch die pathologisehe Anatomie, die allgemeine Pathologie und dutch den Besuch der drei Haupt-

kliniken eine gewisse Einsicht in die KrankheitszustSnde des menschlichen K6rpers erlangt hat.

Bei der Belastung des medizinischen Studiums, wie sie heute wohl in den meisten Kulturlt~ndern besteht, kommt ein umfassender Unterricht in der physikalischeii Therapie, wie er zweifellos wflii- schenswert wtkre, IIicht in Betracht. Mir scheiiit abet, dab man mindestens zwei Lehrg~nge in der physikalischen Therapie jedem Mediziiistudierenden zur Pflicht machen muB: Der erste ist eine Vorlesung in der physikJischen Therapie n i t Demolistrationen. Der zweite ist ein Kurs mit praktischen (Jbungen an Kranken.

Die Vorlesung muB in elmer Eiuleitung die Stellung der physi- kalischen Therapie zu den fibrigen F~ehern der Mediziii behandeln. Hier ist eine auBerordentlieh geeignete Stelle, die Studierenden n i t dem VerhMtnis der wissenschaftliehen 3/Iedizin zu den ver- schiedenen Arten der Kurpfuscherei und der sog. Naturheilmethode bekannt zu machen, die sonst nirgends im medizinischen Studium so giinstig geboten werden dfirfte. D e n ist ein kurzer AbriB der Geschichte der physikalischen Therapie anzuffigen. Wfirde mehr Zeit zur Verfflgung steheii, so w~re es zweckm~Big, jetzt die physi- kalischen Grundlagen der physikalischen Therapie dem Studieren- den ins Gedt~chtnis zurfiekzurufen resp. sie neu einzuprgLgen. Viel wfinschenswerter w~re IIatiirgemt~B eine besondere, vorbereitende Vorlesnng fiber: Die physikalischen Grundlagen der physikalischen Therapie. Da aber beides wegen Zeitmangel nicht in Betraeht kommen kann, wenigsteiis nicht obligatorisch, so w~ren nunmehr die versehiedenen Gebiete der physikalischeii Therapie der Reihe nach zu behandeln und mit Demonstrationen ulid demonstrativen Experimenten zu begleiten. AnschlieBend an das sog. ,,Energie- spektrum" habe ich seit Jahren diese 1Reihenfolge so gewi~hlt: Mechanotherapie, Elektrotherapie, Thermotherapie, Lichttherapie, R6ntgentherapie, Radiumtherapie. Im Anschiul3 an die Licht- therapie habe ieh in der Vorlesung nach M6glichkeit auch die Klimatotherapie in ihren t Iaupt typen gebracht, obgleich es sicher- lich zweckmXBiger wXre, die Klimatotherapie, die unweigerlich ein Bestandteil der physikalischen Therapie ist, in einer besonderen Vorlesung zu behandeln.

Page 2: Der Unterricht in der Physikalischen Therapie

Io. SEPTEMBER 1926 K L I N I S C H E W O C H E N S C H

Bei der Darstellung der einzelnen Gebiete wird zunXchst das Wesen der in Betracht kommenden Energieart zu behandeln sein. Im AnschluB daran kommen die Wirkungen auf den gesunden Organismus zur Darstellung. Von hier aus ist der l~bergang zu de~l Einfltissen auf Krankheitszust~nde des K6rpers leicht ge- geben. Ehe abet die Indikationen der einzelnen Behandlungsarten er6rtert werden k6nnen, ist es notwendig, die Technik der Me- thoden vorzutragen, vorzuffihren und von den Studierenden selbst wenigstens einige Male ausft~hren zu lassen. DaB dabei ft~r die kiinftige Beti t igung des praktischen Arztes in erster Linie die- jenigen Methoden in Betracht kommen, die er im Hause des Kranken selbst ausffihren kann, die also keine umfangreiche oder kostspielige Apparatur erfordern, versteht sich von selbst. Ebenso notwendig ist es abet, ihn auch mit den t~brigen Methoden bekannt zu machen. Denn er mug in der Lage sein, seinen Kranken die besten Ratschlige ffir eine einsehligige Behandlung in Anstalten zu geben. Und wenn er die betreffende Apparatur selbst besitzt, mug er gelernt haben, sie anzuwenden.

DaB ancb die Nebenwirkungen der Methoden der physika- lischen Therapie, die Gefahren ihrer Anwendnng und deren Ver- hiitung sowie die Kontraindikationen ausftihrlich dargestellt werden mfissen, versteht sich ffir den Einsichtigen yon selbst.

Nachdem diese Vorlesung, am besten 2--3stf indig in der Woche, wihrend eines Semesters in der Mitre der klinischen Studien geh6rt worden ist, empfiehlt es sich, am Ende des Stndiums einen praktischen Kurs in der physikalischen Therapie dnrch- machen zu lassen. Derselbe wird am zweckm~Bigsten zweimal 2 Stunden zu umfassen haben and sollte je nach der Zahl der Lehr- und Aufsichtskrifte nnr eine mil3ige Zahl yon Studierenden umfassen. Mehr als io Studierende einer Lehr- oder Aufsichts- person zu unterstellen, ist unrichtig. Je nach den VerhMtnissen der einzelnen Universi t i tsinsti tnte muB entschieden werden, ob diese praktischen Kurse zu besonderen Zeiten abgehalten werden, wozu dann auch jedesmal Kranke besonders bestellt werden mfissen, oder ob sie wihrend der allgemeinen Behandlungszeit stattfinden. Im ersteren Fall ist ein systematisches Vorgehen und damit eine Wiederholung des in der Vorlesung behandelten Stoffes mSglich, im zweiten Fall~ nicht. Die zweite Art aber n iher t sich der Titig- keit des praktischen Arztes und hat daher auch ihre Vorzfige. Auch wahrend des praktischen Kurses wfirde die Unterweisung durch Vortrag in Einzeldarstellung und Zusammenfassung durch- aus nicht ausgeschlossen sein.

R I F T . 5. J A H R G A N G . Nr . 37 1735

In Lindern, in denen nach dem medizinischen Staatsexamen noch ein praktisches Jahr abgeleistet werden mug, g i b t e s die M0glichkeit, den praktischen Kurs in der physikalischen Therapie in das praktische Jahr zu verlegen. Richtiger scheint es mir aller- dings, ihn vor dem Staatsexamen zu verlangen. Junge Mediziner, die die Bedeutung der physikalischen Therapie ffir die medizinische Praxis eingesehen haben, werden sich yon selbst im praktischen Jahr zu der Tit igkeit in physikalisch-therapeutischen Insti tuten hindr~ngen.

Als obligatorisch w~re also in jedem Semester in dei1 physika- lisch-therapeutischen UniversitXtsinstituten eine Vorlesung und ein praktischer Kurs festzuhalten. Als wfinschenswerte weitere Vorlesullgen kommen nach dem Vorstehenden in Betracht: Eine Vorlesung fiber die physikalischen Grundlagen der physikalischen Therapie, eine Vorlesung fiber die Klimatotherapie, Ifir reifere Studierende ein Colloquium fiber Fragen aus dem Gesamtgebiete der physikalischen Therapie und endlich die Anleitung zu wissen- schaftlichen Arbeiten in der physikalisehen Therapie.

Daneben sollten je naeh ihrer Bedeutung Iiir den einzelnen Forscher und fiir das Inst i tut die einzelnen Gebiete der physika- lischen Therapie in Vorlesungen ausffihrlich dargestellt werden, so dab z. B. in dem einen Semester die Thermo-, in dem anderen die Licht-, in dem dritten etwa die Mechanotherapie, Massage usw. neben der Hauptvorlesung ausffihrlich gelehrt wfirde.

Die Technik der Hauptvorlesung ist oben schon besprochen worden. Hier sei noch einmal hervorgehoben, dab weder auI der einen Seite die Beziehung zu den Grundwissenschaften, in erster Linie Physik und Physioligie und auch allgemeine Biologie, noch auf der anderen Seite die Beziehung zur Klinik vernachl~ssigt werden darf, dab sie im Gegenteil mSglichst eng zu gestalten ist. Die physikalische Therapie ist, wie ihr Name sagt, keine rein wissenschaftliche Disziplin, wie es z. B. ihre Schwester, die Phar- makologie, geblieben ist. Ohne praktische Beti t igung der Stu- dierenden physikalische Therapie lehren zu wollen, ist schon aus rein technischen Gr~inden, abet auch aus vielen anderen, un-

Im ganzen geht unser Streben bei diesen, auf Erfahrungen einer ziemlich grogen Anzahl von Jahren Minischen Unterrichts beruhenden Er6rterungen nicht dahin, das medizinische Studium zu verlingern und zu belasten, sondern ftir eine mSgliehst gute und zeitgemiBe Ansbildung unserer kfinftigen Krzte zu sorgen, damit sie die Ergebnisse wissenschaftlicher Forschung zum Wohle der Volksgesundheit an ihren Kranken anwenden k6nnen.

NEUE SPEZIALITATEN (einschl. Niihrpriiparate und Geheimmittel). (Die Angaben iiber Zusammensetzung und Indikation stammen unmittelbar oder mittelbar yon den produzierenden Firmen, soweit nicht

ausdrficklich ein Autor oder ein Institut genannt ist.)

A r b a x a l . T a b l e t t e n : Arbutin, Salol und Hexamethylentetramin. H. Apotheker Htibner, Magdeburg-Neustadt.

H o r d o s t a n enthXlt metallisches Zini1 ,,in besonders aktiver Form neben geringen Mengen eines Oxyduls". H. Chem. Pharm. A.-G., Bad Homburg.

lnca lven 2 2oproz. L6sung von mannit-schwefelsaurem Calcium*). H. Chem. Fabrik Helfenberg A.G., Helfenberg b. Dresden.

l s t o g e n - K a p s e l n : 2oproz. L6sung von Kawa-Harz in ost- indisehem SandelholzS1. H. Chem. Pharm. Industrie ,,Ist", Ham- burg I, Alstertor.

M u s k e l s a l b e enth. 01. Amygd., O1.. Rosae, OI. Patschouly, O1. Salviae und Cetaceum (Rheumatismus u. dgl.). H. Bombastus- Werke, Freital-Zauckerode i. Sachsen.

*) Vgl. dieseWochenschr. 1924, S. 321.

N o r t h o v a n ist Natriumorthovanadinat. (Syphilis.} H. Dr. Neu- mann & Co., Chem. Fabrik, G. m. b. H., Berlin-Adlershof.

Osdurgen besteht aus lecithinl6slichen KalksMzen, Glycerin, Phosphors/~ure, ,,KMk-Fluor, Kieselverbindungen" und Protein- stoffen (Rachitis, Skrofulose usw.). H. Isis-Werke, Demnitz- Thumitz i. Sachsen.

Secui t r ine enth. die wirksamen Bestandteile yon SecM. cornut. und Hypophysen-Hinterlappen. H. Gedeon Richter, Budapest.

S i l b e r c h l o r i d - M e t e m : 2proz. kolloidale Silberchlorid-Suspen- sion (Magengeschwfir). H. Delphin, Wien-Guntramsdorf.

Sfnnod in -A mpul l e n enthalten Trimethylxanthin, Natr. phenyl- cinchoninic, und oxybenzoic., Phenazon und Hexamethylen- tetramin (also Coffein, Natr. salicylicum und die gleichen Sub- stanzen, die auch Atophan, Antipyrin und Urotropin heigen). H. Med. Chem. Laboratorium Dr. Bauer, Berlin-Schlachtensee.

TAGESGESCHICHTE. Der Hygieneausschufl des Vdlkerbundes gibt als Nr. IO seiner

]~pidemiologischen Berichte, Juli I926, einen statistischen Jahres- bericht der Krankheiten mit obligatorischer Meldep]licht yon 33 europ~ischen, 34 afrikaIiischen, 24 amerikanischen und 23 asia- tischen und australischen Lindern ft~r das Jahr 1925 heraus. Da die Meldepflicht in den einzelnen Lindern verschieden gehandhabt wird, ist die 6rtliche Verteilung der im Bericht behandelten Krank- heiten recht ungleich; aber eine Tabelle am SchluB des Bandes,

welche in der vertikalen Reihe s~tmtliche in Betracht kommenden Krankheiten (an Zahl 87) , in der horizontalen die Berichtslinder aufft~hrt, und die bestehende Meldepflieht ffir jede Krankheit und jedes Land durch ein 1Ereuz kennzeichnet, gibt zugleieh ein ausge- zeichnetes Bild der internationalen Regelung der Meldepflicht. Der Band, der im Text mehr als 7 ~ Seiten, im Tabellenteil mehr als IOO Seiten umfaBt und ffir jedes Land gteichzeitig Angaben fiber die Bev61kerungsbewegung und die benutzten Quellen bringt, der