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17 3/12 J eder fünfte Deutsche knirscht während des Schlafens. Hier hel- fen Schienen, schlimme Schäden zu reduzieren. Ein weiterer Teil der Bevölkerung benötigt Bissanhebungen oder temporäre Ver- sorgungen. Das Einsatzspektrum für die Schienentechnik ist des- halb groß. Der Essener Zahntechnikermeister Ulrich Heker stellt ver- schiedene Schienenvarianten her. Zwanzig Prozent der Bundesbürger sollen nachts mit den Zähnen mah- len. Demnach gäbe es in Deutschland 16 Millionen Knirscher.Als Folge leiden diese Menschen unter Kopf- und Nackenschmerzen, Schlifffacetten, Abrasionen, Schmelzrissen und Entzündungen. Oft kommen noch Kiefer- gelenksprobleme hinzu. Bei etwa 15 Prozent treten durch das Knirschen krankhafte Beschwerden auf, die behandelt werden müssen. Als be- sonders betroffen gelten Frauen zwischen 30 und 45 Jahren, weil die sich häufig beruflich und familiär in einer aufreibenden Lebensphase befin- den. „Nachts, im Schlaf, wandern die Sorgen vom Kopf in den Kiefer“, be- schrieb kürzlich das Magazin Stern seinen Lesern die Ursache des Knir- schens und bezeichnete Knirscher als „Traumbeißer“, die ihren Zahn- schmelz durch das massive Reiben schrittweise abschleifen. Durch den extremen Druck könnten Zähne am Zahnhals aufreißen. Dies wiederum führe zu überempfindlichen Zähnen. Schlimmstenfalls würden Zähne sogar brechen. Gut für Grobes und Feines Die schnellste Verbesserung für Knirscher bringt noch immer die tief- gezogene Aufbissschiene. Zwar verfolgt sie als typische Schutzschiene kein therapeutisches Ziel, aber sie bremst die Kieferbewegungen und reduziert den Kaudruck und verhindert so die Abrasion. Auch das Dentallabor Heker stellt solche tiefgezogenen Aufbissschienen her. Zum Ausschneiden der gezogenen Form aus den zwei Millimeter star- ken Platten verwendet Heker seit Neuestem die große Diamanttrenn- scheibe von Komet (Abb. 1). Die ist zwar eigentlich für saubere Trenn- schnitte in Zahnkränzen aus Superhartgips und Modellkunststoff ent- wickelt worden, aber ihre Schärfe und Stabilität macht sie auch für zähe Tiefziehplatten zum idealen Werkzeug. „Durch ihre Kombination aus Sägeverzahnung und superscharfer Dia- mantierung zieht die Scheibe butterweich durch den Werkstoff. Späne bleiben nicht hängen, und die Scheibe schneidet sich selbst frei“, be- schreibt Heker seine Erfahrungen (Abb. 2). Zudem ist die große Dia- mantscheibe durch ihre besondere Konstruktion so gestaltet, dass man während des Laufs problemlos hindurchblicken und sie präzise ansetzen kann. Darum eignet sie sich auch hervorragend zum anschließenden Konturieren (Abb. 3). Die Ränder werden am einfachsten mit Faser- vliesrädern poliert. Solche elastischen Räder enthalten Schleifpartikel und schmiegen sich schön an das Werkstück an (Abb. 4). Am besten setzt man nacheinander zuerst die braune, dann die graue und schließ- lich die rote Variante ein. Neben Tiefziehschienen als Abrasionsschutz verwendet Heker tiefge- zogene Schienen auch als zahngetragene Basis für Bissschablonen. Beispielsweise fertigt er vor umfangreichen Totalrestaurationen zwei identische Schienen. Eine dient dazu, die Bisssituation zu ver- schlüsseln (Abb. 5 und 6), die andere wird vom Patienten bis zur Präparation getragen. Wenn der Patient zum Präparationstermin in die Praxis kommt, dient diese Schiene dem Behandler als Hilfe beim stumpforientierten Arbeiten. Feinheiten an den Rändern werden mit einem CeraLine-Fräser ausgearbeitet. Der Fräser, der hell weiß leuchtet, besitzt ein Arbeitsteil aus Keramik (Abb. 7). Wie bei modernen Küchenmessern sind dessen Schneiden bei richtiger Handhabung langlebig und dauerhaft scharf. Nahezu unsichtbar Als dritte Schienenvariante stellt Heker aus glasklarem Kunststoff modifizierte Tanner-Schienen her. Sie dienen der Stabilisierung der Bisslage bei Freiendsituationen (Abb. 8) oder zur Bisshebung bei seit- lichen Schaltlücken (Abb. 9). Die beiden Kunststoffsättel werden dafür Diamantscheiben mit Durchblick Ungewöhnliche Werkzeuge für die Ausarbeitung von Schienen ZTM Ulrich Heker, Jahrgang 1958, ist seit 1996 mit seinem Dentallabor in Essen selbstständig. Früh interessierte er sich für Studiofotografie und Computer. 2007 stellte er die englischsprachige Webpräsenz Teeth’R’us für Zahnärzte und Patienten in Großbritannien online. Kontakt: www.german-smile.info Abb. 3: Guter Durchblick erlaubt präzises Konturieren. Abb. 1: Schärfe und Stabilität machen die große Diamanttrennscheibe zum idealen Werkzeug für zähe Tiefziehplatten. Abb. 2: Die Scheibe kombiniert eine Sägeverzahnung mit beidseitiger superscharfer Diamantierung. Quelle: DZW ZahnTechnik · Ausgabe 3/12 vom 07.03.2012

Diamantscheiben mit Durchblick

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Neue Werkzeuge

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Jeder fünfte Deutsche knirscht während des Schlafens. Hier hel-fen Schienen, schlimme Schäden zu reduzieren. Ein weiterer Teilder Bevölkerung benötigt Bissanhebungen oder temporäre Ver-sorgungen. Das Einsatzspektrum für die Schienentechnik ist des-

halb groß. Der Essener Zahntechnikermeister Ulrich Heker stellt ver-schiedene Schienenvarianten her.

Zwanzig Prozent der Bundesbürger sollen nachts mit den Zähnen mah-len. Demnach gäbe es in Deutschland 16 Millionen Knirscher. Als Folgeleiden diese Menschen unter Kopf- und Nackenschmerzen, Schlifffacetten,Abrasionen, Schmelzrissen und Entzündungen. Oft kommen noch Kiefer-gelenksprobleme hinzu. Bei etwa 15 Prozent treten durch das Knirschenkrankhafte Beschwerden auf, die behandelt werden müssen. Als be-sonders betroffen gelten Frauen zwischen 30 und 45 Jahren, weil die sichhäufig beruflich und familiär in einer aufreibenden Lebensphase befin-den. „Nachts, im Schlaf, wandern die Sorgen vom Kopf in den Kiefer“, be-schrieb kürzlich das Magazin Stern seinen Lesern die Ursache des Knir-schens und bezeichnete Knirscher als „Traumbeißer“, die ihren Zahn-schmelz durch das massive Reiben schrittweise abschleifen. Durch denextremen Druck könnten Zähne am Zahnhals aufreißen. Dies wiederumführe zu überempfindlichen Zähnen. Schlimmstenfalls würden Zähnesogar brechen.

Gut für Grobes und FeinesDie schnellste Verbesserung für Knirscher bringt noch immer die tief-gezogene Aufbissschiene. Zwar verfolgt sie als typische Schutzschienekein therapeutisches Ziel, aber sie bremst die Kieferbewegungen undreduziert den Kaudruck und verhindert so die Abrasion. Auch dasDentallabor Heker stellt solche tiefgezogenen Aufbissschienen her.Zum Ausschneiden der gezogenen Form aus den zwei Millimeter star-ken Platten verwendet Heker seit Neuestem die große Diamanttrenn-scheibe von Komet (Abb. 1). Die ist zwar eigentlich für saubere Trenn-schnitte in Zahnkränzen aus Superhartgips und Modellkunststoff ent-wickelt worden, aber ihre Schärfe und Stabilität macht sie auch fürzähe Tiefziehplatten zum idealen Werkzeug.

„Durch ihre Kombination aus Sägeverzahnung und superscharfer Dia-mantierung zieht die Scheibe butterweich durch den Werkstoff. Späne

bleiben nicht hängen, und die Scheibe schneidet sich selbst frei“, be-schreibt Heker seine Erfahrungen (Abb. 2). Zudem ist die große Dia-mantscheibe durch ihre besondere Konstruktion so gestaltet, dass manwährend des Laufs problemlos hindurchblicken und sie präzise ansetzenkann. Darum eignet sie sich auch hervorragend zum anschließendenKonturieren (Abb. 3). Die Ränder werden am einfachsten mit Faser-vliesrädern poliert. Solche elastischen Räder enthalten Schleifpartikelund schmiegen sich schön an das Werkstück an (Abb. 4). Am bestensetzt man nacheinander zuerst die braune, dann die graue und schließ-lich die rote Variante ein.

Neben Tiefziehschienen als Abrasionsschutz verwendet Heker tiefge-zogene Schienen auch als zahngetragene Basis für Bissschablonen.

Beispielsweise fertigt er vor umfangreichen Totalrestaurationen zweiidentische Schienen. Eine dient dazu, die Bisssituation zu ver-schlüsseln (Abb. 5 und 6), die andere wird vom Patienten bis zurPräparation getragen. Wenn der Patient zum Präparationstermin indie Praxis kommt, dient diese Schiene dem Behandler als Hilfe beimstumpforientierten Arbeiten. Feinheiten an den Rändern werden miteinem CeraLine-Fräser ausgearbeitet. Der Fräser, der hell weiß leuchtet,besitzt ein Arbeitsteil aus Keramik (Abb. 7). Wie bei modernenKüchenmessern sind dessen Schneiden bei richtiger Handhabunglanglebig und dauerhaft scharf.

Nahezu unsichtbarAls dritte Schienenvariante stellt Heker aus glasklarem Kunststoffmodifizierte Tanner-Schienen her. Sie dienen der Stabilisierung derBisslage bei Freiendsituationen (Abb. 8) oder zur Bisshebung bei seit-lichen Schaltlücken (Abb. 9). Die beiden Kunststoffsättel werden dafür

Diamantscheiben mit DurchblickUngewöhnliche Werkzeuge für die Ausarbeitung von Schienen

ZTM Ulrich Heker, Jahrgang 1958,

ist seit 1996 mit seinem Dentallabor in

Essen selbstständig. Früh interessierte er

sich für Studiofotografie und Computer.

2007 stellte er die englischsprachige

Webpräsenz Teeth’R’us für Zahnärzte

und Patienten in Großbritannien online.

Kontakt: www.german-smile.info

Abb. 3: Guter Durchblick erlaubt präzises Konturieren.Abb. 1: Schärfe und Stabilität machen die große

Diamanttrennscheibe zum idealen Werkzeug für zähe

Tiefziehplatten.

Abb. 2: Die Scheibe kombiniert eine Sägeverzahnung

mit beidseitiger superscharfer Diamantierung.

Quelle: DZW ZahnTechnik · Ausgabe 3/12 vom 07.03.2012

Dürr_ZT 3-12_17 23.03.2012 7:48 Uhr Seite 17

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mit einem konfektionierten oder individuellgegossenen CrCoMo-Bügel verbunden. Aufden Sätteln wird die Okklusion eingeschlif-fen und der Kunststoff mit Faservliesrädernpoliert.

Die Übergänge vom Kunststoff zum Metallkann man mit einem Softcutter ausarbeiten.Das Werkzeug mit der ungewöhnlichen Vier-kantform trägt effektiv Kunststoff ab, ohneangrenzende Metalloberflächen zu beschä-digen oder aufzurauen (Abb. 10). Nach demPolieren mattiert Heker die Kunststoffwälleokklusal mit 50 µm Alumuniumoxid ab. Da-durch sind die Bahnen des Gegenbisses aufder mattierten Kunststoffoberfläche besserzu erkennen. „Angenehm bei dieser Schienen-variante ist für den Patienten, dass im Front-zahnbereich kein Kunststoff die Zähne über-lappt und dementsprechend weder die Kon-struktion sichtbar ist, noch die Sprache be-einträchtigt wird“, sagt Heker.

Thomas Dürr, Bremen ■

Abb. 4: Mit elastischen Faservliesrädern lassen sich

die Ränder gut polieren.

Abb. 5: Eine tiefgezogene Basis als Abstützung …

Abb. 6: … für eine zahngetragene Bissschablone

Abb. 7: Für die Ränder zäher Tiefziehschienen eignet

sich gut ein CeraLine-Fräser mit einem Arbeitsteil aus

Keramik.

Abb. 8: Modifizierte Tanner-Schienen dienen zur

Bisslagenstabilisierung einer Freiendsituation …

Abb. 9: … oder zur Bisshebung bei seitlichen

Schaltlücken.

Abb. 10: Der Softcutter mit seiner markanten

Vierkantform trägt Kunststoff ab, ohne die

Metalloberfläche aufzurauen.

Bildnachweis: Abb. 1–3, 5–10: Heker; Abb. 4: Komet

Quelle: DZW ZahnTechnik · Ausgabe 3/12 vom 07.03.2012

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