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| Der Internist 10·99 Übersicht 1042 K.J. Pfeifer · M. Krötz · S.B. Kessler · Institut für radiologische Diagnostik, Klinikum Innenstadt, Ludwig Maximilians Universität München Die bildgebende Diagnostik des diabetischen Fuß-Syndroms unter besonderer Berücksichtigung der radiologisch-interventionellen Therapiemöglichkeiten Die Durchführung der Basisdiagnostik ist in jedem Fall und unabhängig von der Pathophysiologie (polyneuropa- thisch bedingtes versus vaskulär be- dingtes DFS, oft auch kombiniertes Vor- liegen beider Entitäten) zu fordern. Konventionelle Röntgendiagnostik Konventionelle Aufnahmen sollten in jedem Fall unabhängig von der Patho- genese und den therapeutischen Kon- sequenzen – im Gegensatz zu den übri- gen bildgebenden Verfahren – angefer- tigt werden. In aller Regel ist anhand der konventionellen Aufnahmen eine suf- fiziente Beurteilung der knöchernen Strukturen und der Gelenkspalten mög- lich. Aufgrund der breiten Verfügbar- keit und der schnellen und kostengün- stigen Durchführbarkeit eignen sie sich außerdem sehr gut zur Verlaufs- und Therapiekontrolle beim DFS [5, 6]. Dabei sollten mindestens eine a.p., eine schräge und zusätzlich eine streng seitliche Belastungsaufnahme im Ste- hen angefertigt werden. Nur anhand der seitlichen Belastungsaufnahme im Stehen ist eine Beurteilung des Fußge- wölbes und der beim Diabetiker meist Bei der bildgebenden Diagnostik des diabetischen Fuß-Syndroms (DFS) ist eine zielgerichtete Vorgehensweise emp- fehlenswert. Diese sollte sich an den pa- thogenetischen Faktoren [2] – diabeti- sche Polyneuropathie und makroangi- opathische Durchblutungsstörung – und vor allem an den zu erwartenden thera- peutischen Konsequenzen orientieren. Zielgerichtete Diagnostik des DFS Basisdiagnostik 1. Konventionelle Röntgenaufnahmen des Fußes in 2 Ebenen (a.p. und schräg). 2. Streng seitliche Belastungsaufnahme im Stehen. 3. Dopplersonographische Verschluß- druckmessung der arteriellen End- strombahn der Beine. Weiterführende Diagnostik 1. Doppler-/(Farb-)duplexuntersuchung der arteriellen Becken- und Bein- strombahn. 2. Digitale Subtraktionsangiographie (DSA) der arteriellen Becken- und Beinstrombahn. 3. Kernspintomographie 4. Eventuell ergänzend Durchführung einer Computertomographie. 5. Eventuell ergänzend Durchführung einer Szintigraphie. Übersicht Internist 1999 · 40:1042–1050 © Springer-Verlag 1999 Zum Thema In der vorliegenden Arbeit wird kurzgefaßt die Stufendiagnostik bildgebender Verfah- ren beim diabetischen Fuß-Syndrom darge- stellt. Dabei geht es im Rahmen der angio- graphisch-interventionellen Untersuchungs- technik nicht allein um die Dokumentation stenotischer Prozesse sondern auch um die Bewertung hämodynamischer Auswirkun- gen von Stenosen. Viele dieser Untersuchungsmethoden sind ausgesprochen trickreich, besonders aber die Durchführung der digitalen Subtrakti- onsangiographie, mittels derer auch sehr pe- ripher gelegene Gefäßabschnitte aufge- zeichnet werden können. Dabei muß vor al- lem auch darauf geachtet werden, daß durch nicht ausreichende Untersuchungstechnik falsch negativen Befunde erhoben und z.B. anastomosierungsfähige Gefäßsegmente nicht dargestellt werden. Während Interventionsmaßnahmen an größeren Gefäßen erfolgreich sind, sind die Ergebnisse der Stentimplantation im Bereich der Ober- und Unterschenkelarterie – im Gegensatz zur Ballondilatation – gegen- wärtig noch wenig befriedigend. Schlüsselwörter Diabetes, Komplikationen · Diabetischer Fuß, Diagnostik · Periphere arterielle Verschlußkrankheit,Diagnostik · Podopathie, diabetische Prof. Dr. K.J. Pfeifer Institut für radiologische Diagnostik, Klinikum Innenstadt der Ludwig Maximilians Universität, Nußbaumstraße 20, D-80336 München& / f n - b l o c k : & b d y :

Die bildgebende Diagnostik des diabetischen Fuß-Syndroms unter besonderer Berücksichtigung der radiologisch-interventionellen Therapiemöglichkeiten

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Übersicht

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K.J. Pfeifer · M. Krötz · S.B. Kessler · Institut für radiologische Diagnostik, Klinikum Innenstadt,

Ludwig Maximilians Universität München

Die bildgebende Diagnostikdes diabetischen Fuß-Syndromsunter besonderer Berücksichtigungder radiologisch-interventionellenTherapiemöglichkeiten

Die Durchführung der Basisdiagnostikist in jedem Fall und unabhängig vonder Pathophysiologie (polyneuropa-thisch bedingtes versus vaskulär be-dingtes DFS, oft auch kombiniertes Vor-liegen beider Entitäten) zu fordern.

KonventionelleRöntgendiagnostik

Konventionelle Aufnahmen sollten injedem Fall unabhängig von der Patho-genese und den therapeutischen Kon-sequenzen – im Gegensatz zu den übri-gen bildgebenden Verfahren – angefer-tigt werden. In aller Regel ist anhand derkonventionellen Aufnahmen eine suf-fiziente Beurteilung der knöchernenStrukturen und der Gelenkspalten mög-lich. Aufgrund der breiten Verfügbar-keit und der schnellen und kostengün-stigen Durchführbarkeit eignen sie sichaußerdem sehr gut zur Verlaufs- undTherapiekontrolle beim DFS [5, 6].

Dabei sollten mindestens eine a.p.,eine schräge und zusätzlich eine strengseitliche Belastungsaufnahme im Ste-hen angefertigt werden. Nur anhandder seitlichen Belastungsaufnahme imStehen ist eine Beurteilung des Fußge-wölbes und der beim Diabetiker meist

Bei der bildgebenden Diagnostik desdiabetischen Fuß-Syndroms (DFS) isteine zielgerichtete Vorgehensweise emp-fehlenswert. Diese sollte sich an den pa-thogenetischen Faktoren [2] – diabeti-sche Polyneuropathie und makroangi-opathische Durchblutungsstörung – undvor allem an den zu erwartenden thera-peutischen Konsequenzen orientieren.

Zielgerichtete Diagnostikdes DFS

Basisdiagnostik

1. Konventionelle Röntgenaufnahmendes Fußes in 2 Ebenen (a.p. undschräg).

2. Streng seitliche Belastungsaufnahmeim Stehen.

3. Dopplersonographische Verschluß-druckmessung der arteriellen End-strombahn der Beine.

Weiterführende Diagnostik

1. Doppler-/(Farb-)duplexuntersuchungder arteriellen Becken- und Bein-strombahn.

2. Digitale Subtraktionsangiographie(DSA) der arteriellen Becken- undBeinstrombahn.

3. Kernspintomographie4. Eventuell ergänzend Durchführung

einer Computertomographie.5. Eventuell ergänzend Durchführung

einer Szintigraphie.

ÜbersichtInternist1999 · 40:1042–1050 © Springer-Verlag 1999

Zum Thema

In der vorliegenden Arbeit wird kurzgefaßt

die Stufendiagnostik bildgebender Verfah-

ren beim diabetischen Fuß-Syndrom darge-

stellt. Dabei geht es im Rahmen der angio-

graphisch-interventionellen Untersuchungs-

technik nicht allein um die Dokumentation

stenotischer Prozesse sondern auch um die

Bewertung hämodynamischer Auswirkun-

gen von Stenosen.

Viele dieser Untersuchungsmethoden sind

ausgesprochen trickreich, besonders aber

die Durchführung der digitalen Subtrakti-

onsangiographie, mittels derer auch sehr pe-

ripher gelegene Gefäßabschnitte aufge-

zeichnet werden können. Dabei muß vor al-

lem auch darauf geachtet werden, daß durch

nicht ausreichende Untersuchungstechnik

falsch negativen Befunde erhoben und z.B.

anastomosierungsfähige Gefäßsegmente

nicht dargestellt werden.

Während Interventionsmaßnahmen an

größeren Gefäßen erfolgreich sind, sind die

Ergebnisse der Stentimplantation im Bereich

der Ober- und Unterschenkelarterie –

im Gegensatz zur Ballondilatation – gegen-

wärtig noch wenig befriedigend.

Schlüsselwörter

Diabetes, Komplikationen · Diabetischer Fuß,

Diagnostik · Periphere arterielle

Verschlußkrankheit, Diagnostik · Podopathie,

diabetische

Prof. Dr. K.J. PfeiferInstitut für radiologische Diagnostik,

Klinikum Innenstadt der Ludwig Maximilians

Universität, Nußbaumstraße 20,

D-80336 München&/fn-block:&bdy:

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pathologisch veränderten Fußdruck-punkte möglich.

Durch die konventionellen Röntgen-aufnahmen können pathologische Ver-änderungen der Gelenke und des Kno-chens diagnostiziert werden. Aber auchUmgebungsreaktionen wie Gefäßver-kalkungen und Weichteilveränderungensind in der Regel zu beurteilen.

Die Tabelle 1 gibt einen Überblicküber die am häufigsten vorkommendenBefunde in der konventionellen Rönt-gendiagnostik:

Bei beginnender diabetischerOsteoarthropathie findet man dabeimeistens umschriebene Entkalkungen,vor allem im Bereich des Talus, Kalka-neus und der Mittelfußknochen sowieErosionen und Subluxationen im Be-reich der Metatarsaleköpfchen. Nichtselten zeigen sich auch initial schoneinzelne Spontanfrakturen [12].

Bei weiterem Fortschreiten der Er-krankung entstehen dann ausgeprägte,

zum Entstehen kleinster freier Gelenk-körper, sogenannter Gelenkmäuse [10,12]. Das Gesamtbild dieser Veränderun-gen von Knochen und Knorpel beimdiabetischen Fuß-Syndrom wird “Deb-ris” genannt und kann bis zum kom-pletten Verlust der physiologischenAnatomie der knöchernen Strukturen,vor allem im Bereich des Mittelfußesführen. Diese knöchernen Destruktio-nen sind allerdings streng abzugrenzenvon der bei bestehender Osteomyelitismöglichen knöchernen Beteiligung.

Die Osteomyelitis tritt sekundärauf bei zuvor bestehender Weichteilin-fektion und kann auf einen einzigenKnochen begrenzt sein. Beim Debriskommt es hingegen zur nicht entzünd-lich bedingten Destruktion der gesam-ten Mittelfußanatomie, die in der Re-gel ohne Weichteilbeteiligung einher-geht. Desweiteren können bei fort-schreitender Erkrankung schwere

durch Osteoklasten bedingte Destruk-tionen von Knochen und Knorpel. Da-bei kommt es zu Knochennekrosen,Fragmentationen, Ausfüllen der ehema-ligen Gelenkspalten mit kleinsten,quarz-ähnlichen knöchernen Fragmenten und

Abb. 1 m Streng seitliche Belastungsaufnahme im Stehen. Diese Aufnahme zeigt einen Normal-befund mit normaler Wölbung des Fußgewölbes und regelrechten Fußdruckpunkten im Bereich derMetatarsaleköpfchen

Tabelle 1

Häufige Befunde in derkonventionellen Röntgendiagnostik

1. Debris: Fragmentierung und Nekrosevon Knorpel und Knochen mit Ausfüllungdes ehemaligen Gelenkspaltes

2. (Sub-)luxationen, v.a. im Bereichder Metacarpalgelenke

3. Destruktionen der Gelenkoberfläche,z.B. Erosionen

4. Akroosteolysen, v.a. im Vorfußbereich5. Umschriebene Osteoporose6. Subchondrale Sklerosierungen7. Periostale Knochenneubildungen8. Massive Weichteilschwellung9. Gefäßverkalkungen

Abb. 2 m Rechter und linker Fuß eines Patienten mit unterschiedlichen Destruktionen bei langjährigvorbestehender Polyneuropathie und dadurch ausgeprägter Mal perforans bds. im Bereich derMetatarsaleköpfchen. a Rechter Fuß im a.p. Srahlengang: Ausgeprägte knöcherne Destruktionen imBereich der Metatarsalia und der Grund-, Mittel- und Endphalangen, entstanden aufgrund einerOsteomyelitis. b Linker Fuß mit zusätzlich osteomyelitischen Bereichen, teilweise fleckförmigen Ent-kalkungen und beginnender Destruktion der Metatarsalebasen mit Subluxationsstellung, Erosionen,Knochennekrosen, Fragmentationen und Zerstörung der Gelenkspalten (Debris)

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Bei (Sub-)Luxationen in Verbin-dung mit einer Fraktur mit Beteiligungder Gelenkfläche erscheint eine Com-putertomographie zur exakten Doku-mentation der Stellung der Fragmentesinnvoll. Auch bei isolierten Kompres-sionsfrakturen mit Gelenkbeteiligungkann eine Computertomographie zumAusmaß der Gelenkbeteiligung wert-volle Informationen liefern.

Meistens aber sind die knöchernenDestruktionen so ausgeprägt, daß eineergänzend durchgeführte Computerto-mographie keine zusätzlichen Befundeliefert und somit zu keiner therapeuti-schen Konsequenz führt.

Ultraschalldiagnostikdes diabetischen Fuß-Syndroms

Verschlußdruckmessung

Diese Untersuchung ist einfach undschnell durchzuführen und daher zumScreening höhergradiger arterioskle-rotisch bedingter Stenosierungen imVerlauf der Becken- und Beinstrom-bahn unerläßlich.

Nach Anlegen einer Blutdruckman-schette am proximalen Unterschenkelerfolgt die dopplersonographische Mes-sung der Verschlußdrücke der A. dorsa-lis pedis und der A. tibialis posteriorbeidseits. Durch den Vergleich der Wer-te mit den Verschlußdrücken am gleich-seitigen Arm erhält man den sogenann-ten Ankle-Brachial-Index (ABI), der dasVerhältnis der Verschlußdrücke am Beinzu denen am Arm anzeigt. Allerdingsbesteht beim Diabetiker vor allem imBereich der Unterschenkelarterien ofteine ausgeprägte Mediasklerose, die zueiner eingeschränkten Komprimierbar-keit der Unterschenkelgefäße führt; da-her ist die dopplersonographische Ver-schlußdruckmessung der Fußarterienbeim Diabetiker oft nicht verwertbar.

Normalerweise liegt der ABI bei 1,0bis 1,3. Aufgrund der ausgeprägten Me-diasklerose bei der diabetischen Mikro-angiopathie und der dadurch fehlendenKomprimierbarkeit der Unterschenkel-gefäße sind Werte deutlich größer als 1,3beim Diabetiker nicht ungewöhnlich.

Alternativ kann die Blutdruckman-schette auch am Oberschenkel angelegtund dann die Verschlußdrücke der A.poplitea ermittelt werden. Allerdingssind diese Werte aufgrund des größe-ren Oberschenkelumfanges und den in

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Akroosteolysen, vor allem im Vorfuß-bereich entstehen.

Bei länger bestehender diabetischerOsteoarthropathie kommt es dann zu-nehmend zu Knochenanbauvorgängen.Dabei zeigen sich subchondralen Skle-rosierungen und periostale Knochen-neubildungen im Bereich der Meta- undDiaphysen mit osteophytären Anbauten.Dies führt zum paradoxen Nebeneinan-der von ausgeprägten knöchernen De-struktionen (Debris) und Knochenneu-bildungen bei weit fortgeschrittener dia-betischer Osteoarthropathie.

Computertomographie

Die Computertomographie inklusiveder Anfertigung dreidimensionaler Re-konstruktionen beim diabetischen Fuß-Syndrom ist dann indiziert, wenn vor-bekannte Veränderungen weiter diagno-stiziert werden sollen, und wird in derRegel zusätzlich zur konventionellenBildgebung durchgeführt [5].

Besteht im konventionellen Rönt-genbild der Verdacht auf einen freienGelenkkörper, eine sogenannte Gelenk-maus, so kann dieser computertomogra-phisch nachgewiesen bzw. ausgeschlos-sen werden.

der Tiefe verlaufenden Gefäßen weni-ger exakt. Insgesamt kann der ABI beimDiabetiker daher nur sehr eingeschränktals diagnostisches Kriterium verwendetwerden, inwieweit z.B. ein Ulcus oderein OP-Defekt abheilt. Auch die Fragenach der Pathogenese eines Ulcus (po-lyneuropathisch/vaskulär) läßt sich auf-grund dieser Tatsache nicht anhand derperipheren Verschlußdrücke entschei-den.

Doppler-/(Farb-)Duplexsonographie

Diabetiker mit pathologischer Spontan-aggregation der Thrombozyten ent-wickeln signifikant häufiger arterio-sklerotische Veränderungen der Becken-und Oberschenkelstrombahn, d.h. derA. iliaca, A. femoralis superficialis undA. profunda femoris, als Nicht-Diabe-tiker. Bei Diabetikern mit normalerThrombozytenaggregation hingegen be-steht hier kein Unterschied zum Nicht-Diabetiker [1].

Trotz dieser Tatsache ist die Dopp-ler-/Duplexsonographie zur Diagnosemäßig- bis höhergradiger Stenosierun-gen im Verlauf der Becken- und Bein-strombahn von nicht zu unterschätzen-

Abb. 3 m Komplette Destruktion der Gelenkflä-chen der Metatarsalebasen D2–D5, Subluxati-onsstellung des Metatarsale D5. An den Ossacuneiforme und dem Os cuboideum zunehmen-der Verlust der Mittelfußanatomie mit Erosio-nen, Auffüllen der Gelenkspalten mit kleinsten,quarzähnlichen Fragmenten und zunehmenderDestruktion der Gelenkspalten

Abb. 4 m Axiale CT-Schicht im Mittelfußbereichmit ausgeprägten Destruktionen der Gelenkflä-chen zwischen Calcaneus, Os cuboideum und Osnaviculare. Fleckförmige Entkalkungen underosive Veränderungen an allen abgebildetenknöchernen Strukturen. Lateral am Calcaneusan der Gelenkfläche zum Os cuboideum begin-nend osteoblastische Anbauten

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der Bedeutung beim DFS: Eine zusätz-lich bestehende Arteriosklerose mit hö-hergradigen Stenosierungen, die hämo-dynamisch wirksam werden und in derFolge zu einem reduzierten peripher-arteriellen Zustrom führen, bedingeneine Reduzierung der Wahrscheinlich-keit des Therapieerfolges beim diabeti-schen Fuß.

Ob eine Stenose hämodynamischwirksam ist oder nicht, zeigt sich inder Dopplersonographie anhand dessogenannten dip-Verlustes, anhand ei-ner erhöhten systolischen und diasto-lischen Maximalgeschwindigkeit undanhand eines verbreiterten Frequenz-bandes. Als “dip” bezeichnet man denendsystolischen Anteil der Stromkur-ve der Extremitätenarterien, der nor-malerweise unterhalb der Nullinie zuliegen kommt. Das morphologischeKorrelat dieses negativen Kurvenan-teils ist der für die Extremitätenarteri-en typische retrograde Fluß in derendsystolischen Phase. Wird eine Ste-nose hämodynamisch wirksam, zeigtsich dies zuerst am Fehlen des endsy-stolisch retrograden Flusses der Extre-mitätenarterien. Erst später kommt esdann zu einem flacheren Kurvenan-stieg frühsystolisch und zu einer ins-gesamt deutlich reduzierten Amplitu-de der Kurve.

Da die Doppler-/Duplexsonogra-phie eine zuverlässige Methode zur Be-urteilung der hämodynamischen Wirk-samkeit von Stenosierungen ist, ist siezur Diagnostik von Stenosierungen derBecken- und Beinstrombahn beim dia-betischen Fuß-Syndrom unverzichtbar.Die sonographische Diagnose einer hä-modynamisch wirksamen Stenosierungist dabei eine der Indikationen zurDurchführung einer DSA der Becken-und Beinstrombahn.

Digitale Subtraktionsangio-graphie (DSA) der Becken- undBeinstrombahn

Beim Diabetiker zeigt sich in der Regeleine normale Gefäßversorgung im Be-reich der Becken- und Oberschenkel-strombahn. Im Bereich der Unterschen-kelstrombahn, distal der A. poplitea, zei-gen sich hingegen beim langjährig be-stehenden Diabetes mellitus diffuse,hochgradige arteriosklerotische Verän-derungen im Bereich der Unterschen-kelarterien, (A. tibialis anterior und

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der arteriellen Strombahn des linkenBeines in gleicher Weise wie auf der Ge-genseite.

Bei der Angiographie beim Diabe-tiker ist auf eine möglichst sparsame Ga-be des jodhaltigen Kontrastmittels zuachten, da häufig schon eine diabetischeNephropathie vorliegt. Daher sollten Pa-tienten mit Diabetes mellitus auch je-weils vor und nach der Durchführungeiner Angiographie ausreichend hydriertwerden, um ein akutes Nierenversagenzu verhindern.Alternativ kann die Dar-stellung der Gefäßstrombahn mittels ei-ner CO2-Angiographie erfolgen [13].

Radiologisch-interventionelleTherapiemöglichkeiten beimdiabetischen Fuß-Syndrom

Zur interventionellen Therapie arteri-eller Gefäßstenosen wird das arterielleGefäßsystem wie bei der diagnosti-schen Angiographie in Seldingertech-nik punktiert (s.o.) und anschließendeine 4–5 F große Schleuse eingelegt. DiePunktion erfolgt je nach Lokalisationder Stenose entweder retro- oder ante-

posterior, A. fibularis, A. dorsalis pedis),mit oft multiplen hochgradigen undumschriebenen Stenosierungen (peri-phere Arteriosklerose).

Die Indikation zur Durchführungeiner digitalen Subtraktionsangiogra-phie beim DFS muß daher bei Vorliegender folgenden Befunde gestellt werden:

● Zur Evaluation der Unterschenkelar-terien (periphere Arteriosklerose):Dieser Bereich ist doppler- bzw. du-plexsonographisch nicht suffizient zubeurteilen.

● Bei bekannter, höhergradiger und hä-modynamisch wirksamer Stenose imVerlauf der Becken- und Beinstrom-bahn (zentrale Arteriosklerose).

● Vor einem geplanten gefäßchirurgi-schen Eingriff zur Darstellung derAnatomie.

● Bei ausgeprägten Weichteildefektenund evtl. geplantem Gewebetransfer/plastischer Chirurgie zur Dokumen-tation der arteriellen Anatomie desSpender- und Empfängergebietes.

Dabei wird in der Regel zunächst dierechte A. femoralis superficialis in Sel-dinger-Technik retrograd punktiert undein Führungsdraht bis in die Aorta ab-dominalis vorgeschoben. Dann wirdüber den liegenden Führungsdraht eine4F-Schleuse eingebracht und ein Pig-tailkatheter eingewechselt. Dieser wirdknapp proximal der Nierenarterien inder Aorta abdominalis positioniert.Dann werden in einer ersten Serie dieAbdominal-Arterien in DSA-Technikdargestellt. Anschließend zurückziehendes Pigtailkatheters bis ca. 3 cm ober-halb der Aortenbifurkation und sequen-tielle Darstellung der Beckenstrombahnund der Oberschenkel-, Unterschenkel-und Fußarterien beidseits. Sollten vorallem die Unterschenkelarterien in die-ser Technik nicht in ausreichender Qua-lität darzustellen sein,erfolgt ein Zurück-ziehen des Katheters in die re A. iliacacommunis und sequentielles Darstellender arteriellen Versorgung des rechtenBeines bis zu den Fußarterien (inclu-sive des Arcus plantaris) in DSA-Tech-nik. Zur Darstellung der arteriellenStrombahn des linken Beines wird derPigtailkatheter entfernt, ein Cobra-Ka-theter über die liegende Schleuse undden Führungsdraht eingewechselt undin der linken A. iliaca communis positio-niert. Daraufhin erfolgt die Darstellung

Abb. 5 m Ausschnitt einer Femoralisangio-graphieA. poplitea normallumig ohne arteriosklero-tische Veränderungen; mit Beginn der Unter-schenkelarterien ausgeprägte arteriosklero-tische Veränderungen mit Lumenreduktion undumschriebenen, teilweise höchstgradigenStenosen, v.a. im Bereich der A. tibialis anteriorund posterior

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grad. Dabei sollte während der Inter-vention routinemäßig die intraarterielleInjektion von 5000 IE Heparin überden liegenden Katheter erfolgen.

Stenosierungen im Bereich derBeckenstrombahn werden heute mittelsBallonangioplastie [15, 22] oder, vor al-lem bei kurzstreckigen Stenosen, mit-tels Stentimplantation [16, 20] behan-delt. Dabei wird vor und nach der Inter-vention im Bereich der Beckenstrom-bahn der systolische Druck in der Arte-rie über den liegenden Katheter proxi-mal und distal der Stenose blutiggemessen, um die hämodynamischeWirksamkeit der Stenose zu dokumen-tieren und den Behandlungserfolg fest-stellen zu können. Dabei sollten sowohlzur Ballonangioplastie als auch zurStentimplantation optimal an die Ge-fäßgröße angepaßte Ballonkatheterverwendet werden, um eine Überdilata-tion zu vermeiden, die zu einer Zunah-me der Komplikationen führt [9].

Im Bereich der Oberschenkelarte-rien werden Stenosierungen vorwie-gend mittels Ballonangioplastie behan-delt. Dabei können sowohl kurz- alsauch langstreckige Stenosen erfolg-reich dilatiert werden. Allerdings wei-sen langstreckige Verschlüsse auch eine

und mit niedrigeren Restenoseratenbehaftet [3, 8].

Die Stentimplantation zeigt biszum jetzigen Zeitpunkt weder im Ober-noch im Unterschenkelbereich befrie-digende Ergebnisse: Es kommt häufigzur Intimahyperplasie und dadurchzum Stentverschluß; im Bereich der Be-wegungssegmente kann es auch durchStentkompression zum Verschluß kom-men. Daher hat sich die Stentimplantati-on hier im Gegensatz zur Beckenstrom-bahn bis jetzt nicht durchsetzen kön-nen. Möglicherweise wird sich aber dieErfolgsrate der interventionellen Ra-diologie in diesem Bereich durch dieEntwicklung neuer, flexiblerer Stentde-signs in Zukunft verbessern lassen.

Stenosierungen im Bereich derNierenarterien können ebenfalls mit-tels Ballonangioplastie und Stentim-plantation [11] interventionell thera-piert werden.

Magnet-Resonanz-Tomographie

Die MR-Tomographie wird bei der Dia-gnostik des DFS zum einen zur Beurtei-lung des Ausmaßes der Weichteilbetei-ligung eingesetzt [14], zum anderen er-möglicht sie eine Aussage über aktivebzw. entzündliche Prozesse im Kno-chenmark und über das Ausmaß derknöchernen Beteiligung bei diffuserWeichteilinfektion [4, 18].

deutlich höhere Restenoserate im Lang-zeitverlauf auf [21, 22].

Eine interventionelle Behandlungder Unterschenkel- und Fußarterien er-scheint nur dann sinnvoll, wenn keinevorgeschaltete Stenosen vorhandensind oder diese vorher entweder inter-ventionell oder operativ saniert wur-den. Dabei sollten Unterschenkel- undFußarterien als sogenannte Endstrom-arterien nur im Stadium pAVK III oderIV behandelt werden, da ein iatrogenerVerschluß dieser Gefäße bis zur Ampu-tation des Unterschenkels führen kann.Zur Ballondilatation der Unterschen-kel- und Fußarterien wird die A. femora-lis communis antegrad punktiert; dasEinlegen einer Schleuse ist auch hierzwingend, um eventuell vorgeschalteteStenosen mittels größerer Ballonkathe-ter dilatieren zu können. Zur Dilatationselbst werden sogenannte “small ves-sel” Katheter verwendet (Größe 2–4 F),wie sie sonst vor allem in der interven-tionellen Kardiologie zur Dilatation derKoronararterien zum Einsatz kommen.Dabei ist im Gegensatz zum Ober-schenkel die Dilatation langstreckigerVerschlüsse >10 cm nicht nur unmit-telbar postinterventionell, sondernauch im Langzeitverlauf erfolgreich

Abb. 6 m Dilatation einer filiformen, hochgradigen Stenose der A. tibialis anterior li. a zeigt ca. einenZentimeter distal des Abganges der A. tibialis anterior eine umschriebene, filiforme Stenosierung,b inflatierter Ballon, c Endergebnis nach erfolgreicher Dilatation

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Bei diffuser Weichteilentzündungzeigt die MRT in den t2-gewichteten Se-quenzen bzw. in den alternativ durch-geführten STIR Sequenzen (fettsuppri-mierte t2-gewichtete Sequenzen) einemäßiggradige, diffuse Signalanhebungim betroffenen Weichteilgewebe.

In den t1-gewichteten Sequenzenbzw. den alternativ durchgeführten fett-

Beim Abszeß zeigt sich in den t2-gewichteten Sequenzen eine ausgepräg-te und umschriebene Signalanhebung,die der flüssigkeitsgefüllten Abszeßhöh-le entspricht. Diese stellt sich in dennativen t1-gewichteten Sequenzen um-schrieben hypointens dar und zeigt nachi.v. KM-Gabe eine ausgeprägt randstän-dige KM-Aufnahme, wobei die eigentli-che Abszeßhöhle auch nach KM-Gabeunverändert hypointens und ohne Kon-trastmittelaufnahme erscheint [14].

Knochenmarksödem entsteht beimDFS entweder aufgrund polyneuropa-thisch bedingter Fehlbelastungen und

supprimierten t1-gewichteten Sequenzenzeigt sich nativ nur eine geringgradige,diffuse Hypointensität des Gewebes, nachi.v. KM-Gabe eine diffus-inhomogeneKontrastmittelaufnahme im Bereich desentzündlich veränderten Gewebes.

Dieser Befund entspricht insgesamteiner diffusen, ödematös-entzündlichenImbibierung des Weichteilgewebes [14].

Abb. 7 m a Kompletter Verschluß der A. tibialis posterior am Übergang in die A. dorsalis pedis,b optimal positionierter und inflatierter Ballonkatheter, c nach erfolgreicher Ballondilatationdes Verschlusses. Nach erfolgreicher PTA Überdilatation im ehemaligen Stenosegebiet und einendeutlich besserer Abfluß des Kontrastmittels nach distal im Vergleich zum Ausgangsbefund

Abb.8 m MRT, sagittale Schichtführung, t2w a, t1w nativ b und nach i.v. KM-Gabe c: Diffuse Weichteil-entzündung im Bereich des Fußrückens mit ödematöser Imbibierung und entzündlich-bedingter KM-Aufnahme. Im entzündlich veränderten Gewebe demarkiert sich in allen Sequenzen ein umschriebe-ner Abszeß; die Abszeßhöhle in den t1w Sequenzen nach KM-Gabe ohne Kontrastmittelaufnahme. ImBereich der Mittelfußknochen und der Metatarsalia ausgeprägtes, entzündlich bedingtes Knochen-marksödem mit entzündlich bedingter Kontrastmittelaufnahme, einer Osteomyelitis entsprechend

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dadurch entstehenden knöchernen De-struktionen oder aufgrund einer floridenOsteomyelitis. Dabei bleibt ein durchFehlbelastung entstandenes Knochen-marksödem immer ein auf den Knochenbegrenzter Prozeß, während eine Osteo-myelitis beim diabetischen Fuß-Syn-drom immer aufgrund einer Weichteil-entzündung,die gewissermaßen als “Ein-trittspforte” dient, entsteht. In der MRTstellt sich ein Knochenmarksödem alsumschriebene Signalanhebung in den t2-gewichteten Sequenzen und als Hypoin-tensität in den nativen t1-gewichteten Se-quenzen.Nach i.v.KM-Gabe zeigt sich ei-ne deutliche, homogene KM-Aufnahme(das Knochenmark wird im Vergleichmit der nativen Sequenz hyperintens).Diese KM-Aufnahme ist bei einem ent-zündlichen Prozeß meistens wesentlichausgeprägter als bei durch Fehlbelastungentstandenem Knochenmarksödem. Al-lerdings ist es nicht möglich,mittels MRTsicher zwischen einer Osteomyelitis undeinem durch Fehlbelastung entstande-nem Ödem im Bereich des Knochens zuunterscheiden [4]. Lediglich als indirek-tes Zeichen für eine Osteomyelitis ist dieWeichteilinfektion zu sehen, die in dent1-gewichteten Sequenzen nach Kon-trastmittelgabe eine ausgeprägte, diffuseKontrastmittelaufnahme zeigt.

Ein Sonderfall stellt das Charcot-Gelenk im Stadium I nach Eichenholtz

Diskussion

Beim Krankheitsbild des diabetischenFußsyndroms handelt es sich um eineZusammenfassung mehrerer pathoge-netischer und pathophysiologischerFaktoren. Vom diabetischen Fuß-Syn-drom wird deshalb sowohl beim iso-lierten Auftreten eines dieser Faktorenals auch beim gleichzeitigen Vorliegenmehrerer dieser Faktoren gesprochen.

Daher ist bei der Diagnostik einzielgerichtetes Vorgehen notwendig, dassich einerseits an der Pathogenese undPathophysiologie und andererseits anden zu erwartenden therapeutischenKonsequenzen orientiert.

Die Basisdiagnostik (konventionel-le Röntgenaufnahmen, seitliche Bela-stungsaufnahme im Stehen und Dopp-lersonographische Verschlußdruckmes-sung) ist dabei zwingend, das heißt sieist in jedem Fall und unabhängig vomklinischen Bild und den eventuell zu er-wartenden therapeutischen Konsequen-zen durchzuführen.

Das Ausmaß der pathologischenVeränderungen im Bereich der Kno-chen und Gelenke beim DFS kann in derRegel mit der Durchführung der Basis-diagnostik ausreichend erfaßt und be-urteilt werden. Ist eine knöcherne- odereine Gelenkdestruktion im konventio-nellen Röntgenbild nicht eindeutig zubeurteilen,bringt in der Regel die Durch-führung einer ComputertomographieKlarheit.

Die weiterführenden Diagnostik(Ultraschalldiagnostik, DSA, Kernspin-tomographie) sollte dann durchgeführtwerden, wenn klinisch oder aufgrundder im Rahmen der Basisdiagnostik er-

[7] dar: Da es sich dabei um eine asepti-sche Knochenentzündung, also um ei-nen aktiven Prozeß handelt, kommt eszum Knochenmarksödem und zurKontrastmittelaufnahme, so daß die Ab-grenzung zur Osteomyelitis schwerfällt[18]. Ein indirekter Anhalt zur Differen-zierung beider Entitäten ist dabei, daßeine floride Osteomyelitis immer miteiner ausgeprägten Weichteilentzündungeinhergeht (s.o.), das Charcot-Gelenkim Stadium I hingegen auf die knöcher-nen Strukturen begrenzt bleibt [18]. ImAusnahmefall kann aber auch das Char-cot-Gelenk im Stadium I mit einerWeichteilbeteiligung einhergehen, sodaß eine Differenzierung mittels MR-Tomographie nicht in jedem Fall mitletzter Sicherheit möglich ist.

Beim Charcot-Gelenk im Stadium IIund III zeigt sich in allen Sequenzen einhypointenses Knochenmarkssignal [18].

Dabei ist die MRT im Vergleich zuden etablierten nuklearmedizinischenMethoden signifikant spezifischer undmindestens gleich-sensitiv [17, 19, 23].Desweiteren bietet die MR-Tomographieden Vorteil,daß eine exakte anatomischeZuordnung der entsprechenden Patho-logie möglich ist [14, 19]. Dies gilt für diediffuse Weichteilentzündung, umschrie-bene Abszesse und für aktive/entzündli-che Prozesse des Knochens.

Abb. 9 m MRT, sagittale Schichtführung, t2w a, t1w nativ b und nach i.v. KM-Gabe c: Typischer Befundeiner Charcot-Arthropathie im aktiven Stadium (Stadium I nach Eichenholz) mit ausgeprägtemKnochenmarksödem im Bereich der Mittelfußknochen ohne wertige Weichteilbeteiligung. Nach i.v.KM-Gabe in den t1w Sequenzen starke Kontrastmittelaufnahme aller Mittelfußknochen als Korrelatder aseptischen Knochenentzündung. Im Bereich der umgebenden Weichteilgewebe kein pathologi-sches Kontrastmittelverhalten nach i.v. KM-Gabe nachweisbar. Nebenbefundlich mäßiggradigeErgußbildung im OSG und USG

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hobenen Befunde der Verdacht auf eineder im folgenden genannten pathologi-schen Veränderungen besteht: Gefäßver-änderungen sollten zunächst doppler-/duplexsonographisch untersucht wer-den. Dies gilt auch für im Rahmen derBasisdiagnostik erhobene, pathologischveränderte Verschlußdrücke der unterenExtremität. Finden sich in der Doppler-/Duplexsonographie vorgeschaltete, hä-modynamisch wirksame Stenosierun-gen, ist ein Gewebetransfer oder ein ge-fäßchirurgischer Eingriff geplant oderlassen sich die Unterschenkelarteriennicht adäquat darstellen, muß eine digi-tale Subtraktionsangiographie durch-geführt werden.

Gefäßstenosen im Verlauf der Bek-ken- und Beinstrombahn und der Nie-renarterien können dabei angiogra-phisch-interventionell mittels Ballon-angioplastie, Stentimplantation oder derImplantation endoluminaler Prothesentherapiert werden.

Beim Vorliegen von ausgeprägtenknöchernen Destruktionen, bei Weich-teildefekten,bei Infektionen (sowohl beiknöchernen als auch bei Weichteilin-fektionen) und bei V.a. ein Charcot-Ge-lenk kann eine Differenzierung der je-weiligen Pathologie nur mittels der Ma-gnetresonanztomographie erfolgen: DieMR-Tomographie ermöglicht eine exak-te anatomische Darstellung sowohl desKnochens als auch des Weichteilgewe-bes, stellt gleichzeitig die pathologischenVeränderungen sowohl im Knochen-mark als auch im Weichteilgewebe darund ermöglicht anhand des Kontrast-mittelverhaltens eine Aussage über dieAktivität eines Prozesses. Nur so kanndas Ausmaß der knöchernen Beteiligungbei Weichteilinfektion, das Vorliegen ei-ner diffusen Weichteilinfektion, einesAbszesses, eines Knochenmarködems,einer Osteomyelitis oder eines Charcot-Gelenks diagnostiziert werden.

Die MR-Tomographie ist also dieeinzige bildgebende Methode, die einezuverlässige Unterscheidung zwischenknöchernen Destruktionen bei beste-hender Polyneuropathie (Debris), einerOsteomyelitis bei bestehender Weich-teilinfektion und dem Vorliegen einesCharcot-Gelenkes erlaubt: Beim Vorlie-gen des sogenannten Debris findet manin der MR-Tomographie ausgeprägteDestruktionen des Knochens und desKnorpels bis zum kompletten Verlustdes physiologischen Anatomie, ein Kno-

chenmarksödem und eine fehlende Kon-trastmittelaufnahme. Die Diagnosestel-lung einer Osteomyelitis erfordert im-mer das gleichzeitige Vorliegen einerWeichteilinfektion. Dabei zeigen sich einausgeprägtes Knochenmarksödem, ei-ne diffuse Weichteilinfektion oder um-schriebene Abszesse und eine deutlicheKontrastmittelaufnahme im Bereich desentzündlich veränderten Knochenmarksund des infizierten Weichteilgewebes.Desweiteren läßt sich häufig ein Weich-teildefekt oder ein Ulcus als Eintritts-stelle der Infektion nachweisen. BeimCharcot-Gelenk im Stadium I zeigt dieMR-Tomographie ebenfalls knöcherneDestruktionen, ein ausgeprägtes Kno-chenmarksödem und eine deutlicheKontrastmittelaufnahme. Im Gegensatzzur Osteomyelitis fehlt hier aber die In-fektion und ödematöse Imbibierung desumgebenden Weichteilgewebes, und eslassen sich keine Weichteildefekte nach-weisen. Nur in seltenen Fällen kommtes auch hier zu einer entzündlichen Be-gleitreaktion des umgebenden Weich-teilgewebes.

Insgesamt ist die Durchführung derweiterführenden Diagnostik nur dannindiziert und auch sinnvoll, wenn dieErgebnisse zu einem differenzierteremTherapieregimen führen und der Pati-ent dadurch klinisch eine Besserung er-fährt.

Zusammenfassung

Die bildgebende Diagnostik des diabe-tischen Fuß-Syndroms orientiert sichan den zu erwartenden therapeutischenKonsequenzen. Dabei ist eine zielgerich-tete, sich an der Pathogenese und derklinischen Symptomatik orientierendeVorgehensweise erforderlich. In jedemFall und unabhängig von der Pathoge-nese und den therapeutischen Konse-quenz zu fordern ist die Durchführungder Basisdiagnostik.

Die Durchführung der weiterfüh-renden Diagnostik ist nur dann indi-ziert, wenn die Ergebnisse Auswirkun-gen auf die weitere therapeutische Vor-gehensweise haben. Dabei erlauben in-terventionelle Verfahren wie Ballonan-gioplastie, Stentimplantation und dieEinbringung endoluminaler Protheseneine Therapie der arteriellen Stenosie-rungen im Bereich der Becken- undBeinarterien beim diabetischen Fuß-Syndrom.

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Fazit für die Praxis

Die Basisdiagnostik des diabetischen Fuß-Syndroms umfaßt konventionelle Rönt-genaufnahmen (a.p., schräg und seitlichbei Belastung im Stehen) sowie die sono-graphische Verschlußdruckmessung derarteriellen Endstrombahn der Beine. DurchRöntgen werden Debris, (Sub-)Luxationen,Destruktionen, Akroosteolysen, umschrie-bene Osteoporoseherde, Sklerosierungen,Knochenneubildungen, größere Weichteil-schwellungen und Gefäßverkalkungen do-kumentiert. Die CT führt weiter z.B. in derDiagnostik freier Gelenkkörper und Kom-pressionsfrakturen. Die sonographischeVerschlußdruckmessung dient dem Scree-ning höhergradiger Stenosierungen derarteriellen Becken- und Beinstrombahn.

Zur weiterführende Diagnostik zählenDoppler/-(Farb-)duplexuntersuchung derarteriellen Becken- und Beinstrombahn,digitale Subtraktionsangiographie (DSA),Magnetresonanz(MR)- und eventuell auchComputertomographie (CT). Die Doppler-(Farb-)Duplexuntersuchung erlaubt einezuverlässige hämodynamische Beurtei-lung von Stenosierungen, bei deren Vorlie-gen dann eine DSA indiziert ist.Von großerWichtigkeit bei der DSA ist die Darstellungder kleinen peripheren Arterien. MittelsMR können Weichteilentzündungen, Ab-szesse, Knochenmarksödem und Osteo-myelitis dargestellt werden, was insbeson-dere für die Diagnostik des sog. Charcot-Gelenks bedeutend ist.

Im Rahmen der DSA werden dabeiroutinemäßig interventionelle Maß-nahmen wie Ballondilatation und Stent-implantation zur Therapie von Gefäß-stenosen durchgeführt.

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Kasuistik

G. HaugStreßechokardiographie

2., völlig neu bearb. Aufl.; Darmstadt:Steinkopff, 1998. 450 S., 173 z. T. farb. Abb.,(ISBN 3-7985-1063-6), geb., DM 168,–

Ohne Zweifel und mit Recht hat die Streßechokar-

diographie eine zunehmende Bedeutung in der

Diagnostik der koronaren Herzkrankheit erlangt,

aber in diesem 26 Autorenbuch wird dieser Me-

thode doch zuviel Wichtigkeit beigemessen. Es ist

schlichtweg überfrachtet, was auch die Seitenzahl

(439!) widerspiegelt. Mit der Absicht vollständig

zu sein, wurde alles auch nur am Rande Erwäh-

nenswerte in den Text mitaufgenommen und

wurden unzählige Literaturangaben ohne Wich-

tung aufgeführt. Hinzu kommen vielfache Wie-

derholungen, die einen mit der Zeit verstimmen.

Z. B. erscheint die Tabelle über Abbruchkriterien

der dynamisch-ergometrischen Streßechokardio-

graphie insgesamt drei Mal.Trotz scheinbarer kla-

rer Gliederung in 12 Kapitel ist das Buch unüber-

sichtlich und im Detail verloren.

Streßechokardiographie ist in erster Linie

ein bildgebendes Verfahren. Dieses Buch „lebt“ al-

lerdings vom Text, was den Kapiteln Pathophysio-

logie und Methoden eine überproportionale Be-

deutung zukommen läßt und das Kapitel Auswer-

tung in den Schatten stellt. Es sind eindeutig zu

wenige echokardiographische Abbildungen auf-

genommen. Man hätte das Problem damit lösen

können, eine CD-ROM mit wichtigsten Fallbei-

spielen (und vor allem bewegten! Bildern) beizu-

fügen.

Trotz der Unübersichtlichkeit ist das Buch al-

len, die sich mit dieser Methode in all ihren Varia-

tionen ihrer technischen Durchführung vertraut

machen wollen, zu empfehlen. Hier ist das Buch

präzise und klar.Vorbereitende Maßnahmen, Kon-

traindikationen, Untersuchungsablauf und Nach-

sorge sind verständlich wiedergegeben. Gut ist

auch die Auflistung nützlicher Adressen und An-

sprechpartner.

Die unermüdliche Bemühung von G. Haug

und den Mitautoren,Verbreitung und Verständnis

der Streßechokardiographie im deutschsprachi-

gen Raum entscheidend zu beeinflussen, könnte

noch mehr Früchte tragen, wenn dieses Buch

stringenter und mit mehr Bildmaterial bestückt

wäre.

E. v. d. Lohe (Indianapolis)

Buchbesprechung