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P. Jensen. Die magnetische Suszeplibililat usw. 161 Die magmetBsche SusxeptibBlitdt uon I~aZ~u~mbromidkristaZZen mit Farbxentren I) Von. Peter Jensen (Mit 3 Abbildungen) I. Einleitung 1. Das Ziel der Untersuchung. Ein Alkalihalogenidkristall rnit Farbzentrenz) enthalt mehr Metall- als Halogenionen. Er ist im ganzen elektrisch neutral, weil die fehlendeii Anionen - der Ladung nach - durch Elektronen ersetzt sind. Diese Arbeit stellt einen Versuch dar, durch Messung der magnetischen Suszeptibilitaten von normalen und verfarbten Kri- stallen Naheres daruber in Erfahrung zu bringen, wie die stochio- metrisch uberschiissigen Metallionen und die zugehorigen Elektronen im Kristall angeordnet sind. 2. Die Gr6fienordnung eines denkbaren Effektes. Nacb R. W. Pohl sind die Farbzentren anzusehen als ,,neutrale Alkaliatome, die irgendwie lose im Kristallinnern gebun den sind". Nimmt man demzufolge an, die Farbzentren verhielten sich in magnetischer Hinsicht wie Dampf von Alkaliatomen im Grundzustande, so errechnet man fur die verhaltnismiiBig hohe Konzentration von loL8 Zentren pro Kubikzentimeter eine Volumsuszeptibilitat des Zentrengases von nur 2,l - Diese Volnmsuszepti- bilitat hat z. R. Sauerstoff bei 11 mm Druck und derselben Temperatur. Das sind 2 Promille der Suszeptibilitiit von KBr, die bei - 1 . liegt. - Dabei ist die zugrunde gelegte Annahme wegen des Paramagnetismus von Alkalidampf zweifellos noch sehr giinstig. bei Zimmertemperatur (vgl. Nr. 12). 11. Einiges uber das Versuchamaterial 3. Die zu erwartende Suszeptibilitatsanderung ist also sicher so klein, da5 es zwecklos sein wiirde, die Suszeptibilitaten von ver- farbten und von klaren, anderen Kristallen zu messen und zu ver- gleichen; denn selbst wenn man hinreichend genau messen konnte, wuBte man doch nicht, ob gefundene Differenzen den Farbzentren allein zuzuschreiben waren. Man muB vielmehr jeweils einen und denselben Kristall im unverfarbten und verfarbten Zustand unter- 1) D 7. 2) Zusammenfassender Bericht mit Literaturverzeichnis: R. W. P o h 1, Phys. Ztschr. 39. S. 36. 1938. Annalen der Physik. 6. Folge. 34. 11

Die magnetische Suszeptibilität von Kaliumbromidkristallen mit Farbzentren

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P. Jensen. Die magnetische Suszeplibililat usw. 161

Die magmetBsche SusxeptibBlitdt uon I~aZ~u~mbromidkristaZZen mit Farbxentren I)

Von. P e t e r J e n s e n (Mit 3 Abbildungen)

I. Einleitung

1. Das Ziel der Untersuchung. Ein Alkalihalogenidkristall rnit Farbzentrenz) enthalt mehr Metall- als Halogenionen. Er ist im ganzen elektrisch neutral, weil die fehlendeii Anionen - der Ladung nach - durch Elektronen ersetzt sind.

Diese Arbeit stellt einen Versuch dar, durch Messung der magnetischen Suszeptibilitaten von normalen und verfarbten Kri- stallen Naheres daruber in Erfahrung zu bringen, wie die stochio- metrisch uberschiissigen Metallionen und die zugehorigen Elektronen im Kristall angeordnet sind.

2. Die Gr6fienordnung eines denkbaren Effektes. Nacb R. W. P o h l sind die Farbzentren anzusehen als ,,neutrale Alkaliatome, die irgendwie lose im Kristallinnern gebun den sind". Nimmt man demzufolge an, die Farbzentren verhielten sich in magnetischer Hinsicht wie Dampf von Alkaliatomen im Grundzustande, so errechnet man fur die verhaltnismiiBig hohe Konzentration von loL8 Zentren pro Kubikzentimeter eine Volumsuszeptibilitat des Zentrengases von nur 2,l - Diese Volnmsuszepti- bilitat hat z. R. Sauerstoff bei 11 mm Druck und derselben Temperatur. Das sind 2 Promille der Suszeptibilitiit von KBr, die bei - 1 . liegt. - Dabei ist die zugrunde gelegte Annahme wegen des Paramagnetismus von Alkalidampf zweifellos noch sehr giinstig.

bei Zimmertemperatur (vgl. Nr. 12).

11. Einiges uber das Versuchamaterial

3. Die zu erwartende Suszeptibilitatsanderung ist also sicher so klein, da5 es zwecklos sein wiirde, die Suszeptibilitaten von ver- farbten und von klaren, anderen Kristallen zu messen und zu ver- gleichen; denn selbst wenn man hinreichend genau messen konnte, wuBte man doch nicht, ob gefundene Differenzen den Farbzentren allein zuzuschreiben waren. Man muB vielmehr jeweils einen und denselben Kristall im unverfarbten und verfarbten Zustand unter-

1) D 7. 2) Zusammenfassender Bericht mit Literaturverzeichnis: R. W. P o h 1,

Phys. Ztschr. 39. S. 36. 1938. Annalen der Physik. 6. Folge. 34. 11

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suchen (die Reihenfolge sollte unerheblich sein), und man braucht ' nur die Anaerung der Suszeptibilitat zu beachten.

Die iiblichen Verfarbungsverfahren sind: a) Erhitzung der Kristalle im Alkalimetalldampf, b) Einleitung von Elektronen aus angelegten Elektroden, gleichfalls unter Erhitzung. Zur Entfarbung mu6 man ausheizen. Werden durch diese Behandlungsweisen die magnetischen Eigenschaften der Kristalle nicht in unerwunschter Weise verandert ? - Die Notwendigkeit, dies zu untersuchen, ent- fallt, wenn man die Kaliumbromid-Kaliumhydrid-Mischkristalle ver- wendet, deren Herstellung und Eigenschaften von Hi l sch und P o h l beschrieben worden sind I). Denn sie lassen sich durch Belichtung verfarben. Es geniigt, sie mit einer Quecksilberquarzlampe ein paar Minuten lang aus einigen Zentimeter Entfernung zu bestrahlen.

In Nr. 1 war nnch dem magnetischen Verhalten gewohnlicher verfarbter Alkalihalogenidkristalle gefragt worden. Die Untersuchung der MischkristalEe konnte daher abwegig erschcinen. 8ie ist es nicht aus den folgenden Griinden. 1. Wegen der Gleichheit der Sbsorptionsbanden sind die Farbzentren in beiden Kristallarten als identisch anzusehen. 2. Eine erhebliche Verfalschung des magne- tischen Befundes konnte wohl nur durch den Wasserstoff in den Mischkristallen verursacht werden. Dessen Verhalten la& sich jedoch einigermagen iibersehen: Durch die photochemische Abspaltnng der Elektronen entstehen zwar Wasserstoffatome:

H- + hw = H + e ,

aber diese machen sich magnetisch kaum bemerkbar, weil sie schon nach Bruchteilen einer Sekunde zu diamagnetischen H,- Molekeln zusammentreten2). 3. Bei der Verfarbung eines Mischkristalls, bei der beispielsweise die Konzentration Zentren pro Kubikzenti- meter erreicht wird, gehen also 10'8 H--1onen in 5.101' H,-Molekiile uber. Schreibt man H- ungefahr dieselbe Molekularsuszeptibilitat zu wie He, namlich etwa - 2 1 0 - 0 , so ist die diamagnetische Xnderung bei diesem nbergang ganz verschwindend klein, denn fur H, ist X M ~ ~ = - 4,O Andererseits entstehen bei gleich starker Verfarbung eines gewohnlichen KBr-Kristalls 10ls Anionen,,lGcher"; da nach Br ind ley und Hoares) die Molekularsuszeptibilifat von Br-

1) R. H i l s c h u. R. W. P o h l , Giittinger Nachr. Math.-Phys. K1. Fach- gruppe 11, 2. S. 139. 1936; Ann. d. Phys. [5] 32. S. 155. 1938.

2) Dies folgt aus einer Abschatzung der Diffusionsgeschwindigkeit, die Herr H i l s c h vorgenommen und freundlicherweise mir zuganglich gemacht hat.

3) G. W. B r i n d l e y u. F. E. Hoare , Proc. Roy. SOC. London 152. S.342. 1935; 169. S. 395. 1937.

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etwa - 35 - 10-6 betragt, ergibt sich fur diesen Kristall allein durch die Lochbildung ein algebraischer Zuwachs der Volumsuszeptibilitat von 5 , s . lo-". Die Ungenauigkeit bei der Messung der Suszepti- bilitatsanderung ist aber fast doppelt so grot\, namlich 1 . (vgl. Nr. 4 und 8). - Man hat also guten Grund anzunehmen, daB man quantitativ dieselben Ergebnisse erhdt, wenn man die K(Br, H)- Mischkristalle statt normaler KBr-Kristalle untersucht.

111. Beechreibung einer hoohempflndlichen magnetischen Waage fur Differenzmeaeungen

4. Der Grundgedanke der Methode. Die nach Nr. 2 zu forderude hohe Empfindlichkeit laBt sich folgendermagen erreichen: Man bringt den diamagnetischen Kristall in ein inbomogenes Magnetfeld und packt einen paramagnetischen K6rper dazu, der so beschaffen ist, da6 die ,,diamagnetische" Kraft K- und die ,,paramagnetiache" K , sich moglichst weitgehend kompensieren I). Die resultierende Kraft k sei 8 - K-. Diese Restkraft wird mit einer horizontalen Drehwaage gemessen, die in der Empfindlichkeit auf sie abgestimmt ist. Die Ungenauigkeit der Kraftmessung sei e . k. Wenn man es nun so einrichtet, daB k allein von K- abhangt, so ist die Ungenauigkeit, mit der man Anderungen von K- bestimmen kann, offenbar gleich 26. 6. K-. Wenn man es weiterhin so einrichtet, daB K- allein von der Kristallsuszeptibilitat xK abhangt: so ist auch die Ungenauigkeit, mit der man Anderungen von xK bestimmen kann, gleich 2e - 8 . x K ,

weil ja K- - xK gilt. Wie die Bedingung k == Funktion von xK aUein erfiillt wird,

steht in Nr. 6. Das Produkt 2 8 . 8 lkBt sich auf etwa 1.10-4 herunterdriicken (E m 2 - 6 IJ 3 - 10-3. Da x K w - 1 ist, betragt also die Ungenauigkeit bei der Messung der Suszeptibilitats- anderung 1 - 10-1O.

5. Beschreibung der Apparatur. Das Feld wird von einem grol3en Halbringelektromagneten ohne Wasserkuhlung erzeugt , dessen Pol- schuhe die Formen eines Keils und eines abgestumpften Kegels haben. Der Polabstand betragt 3 cm, die Feldstarke auf der Bcbse am Orte des Kristalls bei der benutzten Stromstarke von 6 Amp. rund 5000 Gauss. Die Kraft, deren Anderung als Ma6 der Suszepti- bilitatsanderung angesehen wird , hat im wesentlichen die Richtung der Achse und wird mit einer Drehwaage durch Retorsion gemessen.

1) Diese Idee der Kompensation findet sich auch bei A. Glaser , Ann. d. Phys. 76. S. 459. 1924 oder bei D. M. B o s e u. P. K. Raha, Ztschr. f. Phys. 80. S. 361. 1933.

11 *

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Der Waagebalken besteht aus dem Trager T (vgl. Abb. l), der ver- mittels einer nicht mitgezeichneten Vorrichtung arretiert werden kann, und dem nbnehmbaren Kristallhalter H. Der TrSiger ist in Wirklichkeit nach Art eines Fachwerktragers gebaut (Glasstabchen mit Schellack gekittet), so daB er bei geringem Tragheitsmoment verdrehungs- und biegungsfest ist. An ihm sind angekittet: Der Spiegel Sp, der zugleich als Gegengewicht wirkt, ein Hakchen fur Ausgleichsgewichte (nicht mitgezeichnet), der 0,04 mm starke, 30 cm lange Quarzfaden Q. Die Langen der Hebelarme KQ und Q S p sind 10,5 und 7 cm. Die GroSe des Kristalls K betragt etwa 2 x 4 x 6 mm,

I I

Abb. 1. Die Versuchsanordnung. Die GroBenverhaltnisse sind in Wirklichkeit anders, vgl. die Angaben im Text. In der Hauptfigur ist die Feder F der Ubersichtlichkeit halber weggelassen

sein Gewicht rund 140 mg. Die Schwingungsdauer des Systems ist ohne Feld etwa 80 Sek., mit Feld und Retorsion erheblich kurzer, weil dann die rucktreibende Kraft groBer ist. Der Kristallhalter H ist aus 'I, mm starken Quarzglasstabchen gemacht'). Die Be- festigung des Kristalls geschieht folgendermaBen (vgl. linke Neben- figur): Der Schieber S wird zuruckgeschoben (im Bild nach rechts), die Feder F abgebogen (im Bild nach oben), der Kristall in den von den Sfabchen gebildeten Winkel eingelegt und die Feder durch Vorrucken des Schiebers angedruckt. - nber und unter dem Kri- stall sieht man zwei zylindrische Korper Nb. Das sind Rohrchen von paramagnetischem Blech, metallischem Niob '), die mit Reibung auf zwei Stabchen aufsitzen. Sind Kristall und paramagnetischer Korper in dieser Weise in diesem Felde angeordnet, so ist die

1) Zur Wabl dieses Materials vgl. Nr. 7.

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Ruhelage iiberall auf der Achse auBer in der unmittelbaren Nachbar- schaft der Pole ausgezeichnet stabil, wenn die scheinbare Gesamt- suszeptibilitat des Komplexes schwach negativ ist. - Die Lage des Kristallhalters auf dem Trager ist genau reproduzierbar: Eine in die Gabeln 1 und 2 gelegte glatte Stange hatte noch zwei Freiheits- grade; setzt man ihr einen Arm an, der in die Gabel 3 gedriickt wird - das Drehmoment wird v a n Kristall ausgeubt - so liegt alles fest. G ist Griff und Gegengewicht. Die Reproduzierbarkeit der Lage war urspriinglich angestrebt worden, weil Kristalle unter- sucht werden sollten, die zur Ver- oder Entfarbung aus der Apparatur herausgenommen werden muBten. Sie ist aber auch sehr erwunscht bei der Ausfuhrung der Kompensation, zu der folgendes zu sagen ist: Aus einem Gewichtsatz von Nb-Rohrcheu (je zwei zu 10, 11 .. - 20 mg, alle genau auf die Quarzstabchen passend) werden zuniichst bei kleiner Feldstarke diejenigen ausgesucht, die die kleinste resul- tierende Kraft ergeben. Diese beiden werden - durch Verschiebung auf ihren Sitzen - so eingestellt, da8 die Restkraft die Richtung der Kristallkraft erhalt und dem Betrage nach in den MeBbereich der Waage fallt. Das letzte feine Auskompensieren ist sehr schwierig, denn es kommt auf zehntel Millimeter an, und fur jede kleine Ver- schiebung mu6 der Waagebalken arretiert und der Kristallhalter herausgenommen werden. Es wurde nun noch sehr erschwert, wenn nach jedem Herausnehmen und Wiedereinsetzen die Lage im Felde eine andere ware als vorher, denn dann konnte man gar keine ge- nauen Vergleiche anstellen. - Die Kraft wird, wie gesagt, durch Retorsion gemessen. Der Retorsionswinkel betrggt im Maximum 18O, er wird mit Spiegel, Fernrohr und Skala gemessen; die abgelesenen Werte miissen korrigiert werden, da die Skala gerade ist. - Die Lage des Systems im Felde wird dadurch uberwacht, daB man mit einem Ablesefernrohr uber den Spiegel Sp eine feste Marke an- sieht. - Das game System ist luftdicht eingeschlossen. Am linken Ende des den Waagebalken umschliebenden Rohres (vgl. rechte Nebenfigur in Abb. 1) befindet sich ein Quarzfenster, vor dieses wird die Hg-Lampe zur Bestrahlung gebracht, am rechten Ende ein Glas- fenster, durch das man auf den Spiegel blickt. - Die Temperatur im Rohr in der Nahe des Kristalls wird mit einem Thermoelement gemessen. - Fur raschen Ausgleich elektrischer Potentialdifferenzen sorgt ein radioaktives Praparat.

6. Theorie der Apparatur. Die x-Komponente der Kraft, die ein magnetischer Dip01 mit dem Moment m = 216% im magnetischen Felde der Starke @ erfahrt, ist

m grad @=.

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Ein Volumelement dv eines isotropen Kiirpers mit der Volum- suszeptibilitat x hat im Felde Q das magnetische Moment

m = x d v Q ,

erfahrt also in der x-Richtung die Kraft d X = XdvQgradQ,.

Greift diese Kraft senkrecht an einem Hebelarm der Lange r an, so iibt sie das Drehmoment d M = r - d X um eine Achse aus, die senkrecht auf Kraft und Hebelarm steht. Das von einem endlichen, nicht-ferromagnetischen , homogenen, isotropen Korper mit dem Volumen V herriihrende Drehmoment ist, wenn man noch zur Abkiirzung

setzt: F = Q grad 8,

M = x r F d v . v s

Bei der oben beschriebenen Anordnung sebzen sich mehrere solche Momente zusammen, dem resultierenden wird durch das Torsions- moment des verdrehten Quarzfadens das Gleichgewicht gehalten. Da das Torsionsmoment dem Retorsionswinkel oc proportional ist (Faktor P’), wird

(2) P a = x K s r F d V + XNbJrF dv + X H rF d v - XGSrFdV. VG

S V E vNb VIi

Die Indizes K , Nb, H , G sollen hinweisen auf Kristall, Niob, Kristallhalter, einhiillendes Gas, VG sol1 sein gleich V K + Vxb + V,. Der letzte Posten rechts ist nach dem Archimedischen Prinzip abzuziehen.

Hier sei bemerkt, daB sich unmittelbar auf diese Gleichung das durchsichtigste Verfahren zur Bestimmung von AxK griinden liege. Ich gehe nicht naher darauf ein, weil man es nur anwenden kann, wenn man iiber Vorrichtungen verfiigt, die eine hinreichende Konstanz des Feldes in jedem Punkte garantieren.

G1. (2) kann umgeformt werden wie folgt: Die Feldstarke Q im MeBraum la& sich auffassen als Funktion des Ortes (2, y, z), der Stromstarke J und irgendwelcher GroBen, von denen das magnetische Verhalten des Eisenkerns abhangt. nber die letzteren braucht nichts weiter bekannt zu sein, sie mogen symbolisch mit U bezeichnet werden. Also

Man fuhrt nun - auf die Ergebnisse von Vorversuchen mit zwei kleinen Induktionsspulen sich stiitzend - die Hypothese ein, dab

Q = Q ( J , u; 5, Y, 2) *

P. Jensen. Die magnelische Suszeptibiliiiit usw. 167

das Feld sich bei xnderung von J und U iihnlich andere. Das sol1 hei8en: Es gibt ein Vektorfeld q (2, y, z) der Art, daB die Feld- starkefunktion in zwei Faktoren

8 = H , ( J , U ) * 4 ( $ 9 Y, 4 eerlegt werden kann. Dabei ist H, der Betrag der Feldstarke in irgendeinem festen Punkte des MeBraums (oder ein beliebiges Vielfaches davon). Damit wird

F = 8 grad 8, = HO2 q grad q, = HOPf(z, y, 2 ) .

Die Feldstarke H , wird mit Probespule und ballistischem Galvano- meter gemessen. Der zu H , proportionale Ausschlag sei G. Durch Zusammenfassung der beiden Proportionalitatsfaktoren zu P und mit der Abkurzung

I = J q a v v

geht G1. (2) uber in

(3) C4 = G 2 P ( X g I g + 2CNaIA.b + X H I H - X G I ~ ) .

Um hiernach in einfacher Weise eine xnderung von x K be- stimmen zu konnen, muB man dafur sorgen, daB sich mit xg nicht zugbich andern:

a) die anderen Suszeptibilitaten, b) die Integrale I, d. h. die Lttge der KSrper im Felde, c) die GroBe G.

Fur die dann zu beobachtende partielle Kraftanderung Axb'a! und die Suszeptibilitatsihderung AxK folgt durch Differenzbildung

(4) A x g ~ = Ga P I g AX^; der Wert der Konstanten PI, kann leicht ermittelt werden (vgl. S. 171).

Es fragt sich nun, ob die Voraussetzungen, unter denen die G1. (3) und (4) abgeleitet wurden, auch wirklich gegeben bzw. experi- mentell zu schaffen sind. Das kann leicht gepruft werden. Wenn namlich tatsachlich

a) die Hypothese von der xhnlichkeit der Feldanderung richtig ware,

b) samtliche Korper im Felde die vor Aufstellung der G1. (1) genannten Eigenschaften hiitten, also insbesondere keine ferro- magnetischen Verunreinigungen enthielten,

c) die Suszeptibilitaten aller Stoffe im Felde konstant waren, d) die Lage aller Kijrper im Felde unveranderlich ware, e) Drehmoment und Retorsionswinkel einerseits,

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f ) Feldstarke H , und Galvanometerausschlag G anderseits ein- ander proportional waren -, dann mii6te offenbar auch gelten

oc = const. GZ. Zwei typische empirische Kurven zeigt Abb. 2. Es besteht also

nur eine nnnahernd lineare Beziehung zwischen u und Ga, die Be- dingungen a)-f) konnen nicht alle erfullt sein. Was fur Korrekturen ergeben sich danach fur Gl. (3)?

I I I 1 Abb. 2. Zwei beobachtete Funk-

tionen a(Ge). Zwei verschiedene Kri- stalle, Kompensation beide Male mit denselben iVb - Rohrchen, aber ver- schieden weit getrieben. Bei G2 = 500 ist die Feldstarke in der Gegend des

Kristalls rund 5000 Gauss

200 MO 6W

Um dies festzustellen, gehen wir die Punkte a)-f) nacheinander durch und fragen jeweils nach dem zusatzlichen Retorsionswinkel? der zu beobachten sein muE, wenn gegen die betreffende Forderung verstoEen wird. Da alle Be- dingungen offenbar nahezu er- fiillt sind, darf man bei der Untersuchung jeder einzelnen annehmen, da6 alle andern streng erfiillt seien. Es werden also nur Abweichungen erster Ord- nung betrachtet.

a) Wenn die Hypothese iiber das Feld nicht genau stimmt, muB man zu H,.q einen kleinen Korrektionsvektor fj hinzufiigen,

von dem nur angenommen werde, daE er in jedem Punkte nach Betrag und Richtung eindeutig von H , abhangt (daB diese Annahme berechtigt ist, wird sich unten zeigen). Mit

8 =H,(J,U).q(s,y,z)+EI(H,;z,y,z) erhiilt man statt der in G1. (3) auftretenden Summanden Gx P x I :

wobei

g = $T (H, 9 grad fjz + H , EI grad 9,. + fj grad JL) gesetzt ist. Da alle Volumelemente festliegen , ist das Integral uber V eine Funktion von H, allein, also auch von G2 allein. Es wird also, wenn nur Bedingung a) nicht erfiillt ist, und wenn man von jetzt an die rechte Seite von (3) mit a, bezeichnet:

CL = 01, + cp, (G2’.

P. Jensen. Die magnetische Suszeptibilittit usw. 169

b) Es ist eine bekannte Tatsache, daB nur die allerwenigsten Stoffe als ,,magnetisch eisenfrei" anzusprechen sind. Bei der hoheii Empfindlichkeit der betrachteten Anordnung miiBte man sich geradezu wundern, wenn nichts von ferromagnetischen Verunreinigungen zu bemerken ware. Die von ihnen herriihrenden Krafte werden in erster Linie von Ga abhangen; daf3 die Abhangigkeit infolge von Remanenzerscheinungen vielleicht nicht ganz eindeutig ist, darf man iibersehen (vgl. unten). Folglich wird, wenn nur die Bedingung b) nicht erfullt ist:

a = a. + q2(Ga) . c) Die Suszeptibilitaten der Korper im Felde hangen nur von

der Temperatur ab (die Volumsuszeptibilitat der Luft auch vom Druck, aber der ist ohne Zutun hinreichend genau konstant). Daher ergibt sich, wenn nur Bedingung c) unerfullt ist, nach G1. (3) eine Beziehung der Form

wobei 9 die Abweichung von einer Ausgangstemperatur bedeutet. d) Es ist moglich, daB das ganze Gehange sich parallel ver-

schiebt, ohne daB der Spiegel, der allein zur nberwachung der Lage dient, sich dreht. Solche Verschiebungen konnen auf zwei Arten zustande kommen. Erstens: Wenn der Quarzfaden nicht genau auf der Torsionsachse sitzt, verdreht man ihn nicht nur, sondern bewegt ihn auch fort, und mit ihm das ganze Gehange. Diese Translation - sie war im Versuch nur sehr klein, weil der Torsionskopf so ein- gerichtet war, daB der Faden unter dem Mikroskop zentriert werden konnte - hangt iiber den Retorsionswinkel nach G1. (3) in eindeutiger Weise von Ga ab. Zweitens: Durch die Retorsion werden nur Drehungen des Spiegels und damit des Waagebalkens um die lotrechte Achse riickgangig gemacht. Die magnetischen Krafte uben aber auch ein Drehmoment um eine waagerechte A c h e aus, die durch den Aufhangepunkt des Fadens geht und senkrecht auf der Richtung der resultierenden magnetischen Kraft steht. Da nun das System Faden-Balken ein raumliches Pendel clarstellt, findet eine kleine Ver- schiebung des Balkens in Richtung der resultierenden magnetischen Kraft K statt, deren Betrag s = - K t ist, wenn 1 die Fadenlange, m die Masse des Balkens, g die Erdbeschleunigung bedeutet. Auch diese Translation hangt, weil K es tut, i n erster Naherung von G2 allein ab. - Durch die Verschiebungen beiderlei Ursprungs werden die Integrale 1 in GI. (3) verandert, und so kommt zu uo wiederum ein nur von G2 abhangendes Zusatzglied:

a = Uo + q3 (9,GZ) 7

91 y

u = C C ~ + 'po (G*) .

170 Annalen der Physik. 5. Folge. Band 34. 1939

e) Man uberzeugt sich leicht, daB, wenn man nur eindeutige Zusammenhange zwischen Drehmoment und Retorsionswinkel einer- seits, H, und G anderseits annimmt, auch ein Verstoben gegen die Forderungen e) und f ) allein das Auftreten von Zusatzgliedern be- clingt, die nur von G2 abhangen.

Das endgiiltige Ergebnis clieser Uberlegungen ist, da0 eine eindeutige Beziehung zwischen (z und G2 bestehen mug, wenn qj3 (9, G2) zum Verschwinden gebracht wird.

Diese Bedingung lieB sich experimentell erfiillen '(vgl. Nr. 7), und der verlangte eindeutige Zusammenhang wurde nun in der Tat beobachtet. Die Kurven a ( G 2 ) in Abb. 2 waren bei sorgfaltigeni Arbeiten iiber mindestens 3 Std. hin reproduzierbar, und die Werte waren unabhangig yon der Durchlaufungsrichtung der Kurven. ljamit ist auch die Richtigkeit der Annahmen uber Eindeutigkeit in den Absatzen a), b) und e) erwiesen.

(5) a = G 2 P C x j l j + cp(G2). Hieraus kijnnte man wieder die G1. (4) ableiten, wenn man G konstant hielte, denn die unbekannte Funktion y fiele dann ja heraus. Es erwies sich aber aus experimentellen Griinden als genauer, den Retorsionswinkel konstant zu lassen und das System, wenn es infolge einer kleinen Kraftanderung seine Ruhelage verlassen hatte, durch Xnderung der Feldstiirke zuriickzubringen. Das System war namlich so empfindlich gegen Verruckungen, daB auch die vorsichtigste Verstellung des Retorsionswinkels kleine unkontrollierbare Ver- schiebungen hervorrufen konnte. Die ,,Retorsion" durch Variation der Stromstarke macht dagegen jede mechanische Einwirkung von auBen her entbehrlich.

Bei diesem Verfahren mub man also dGa messen und daraus A x K berechnen. Dazu geht man folgendermaben vor: G2 wird bei der ,,magnetischen Retorsion" nur innerhalb eines kleinen Bereiches variiert. I n diesem Bereich kann wegen der geringen Kriimmung der Kurven a (G? die Funktion (G2) mit gentigender Genauigkeit durch A + BG2 ersetzt werden (wobei A und B nicht von G2 ab- hangen), und damit GI. (5) durch

Man erhalt also jetzt statt G1. (3):

18)

es sol1 also von nun an unter a der Retorsionswinkel in dem ge- oannten G2-Bereich verstanden werden. Schreibt man die Summe 2 wieder vollstandig hin und lost nach xK auf, so erhalt man

P. Jensen. Die magmtische Suszeptibilitat usw. 171

Durch Differenzbildung folgt, wenn man zur Unterscheidung der GroBen vor und nach der Suszeptibilitatsanderung die Indizes 21 und n anbringt und beachtet, daf3 a, = a?, ist:

denn es wird mit .xK zugleich nur G2 verandert, und eine moglicher- weise vorhandene Abhangigkeit der GroBen A und B von xK braucht nicht beachtet zu werden, weil A und B erstens erheblich kleiner als a bzw. P C x j I j sind, und weil zweitens xg sich jedenfalls nur sehr wenig iindert. (In Nr. 9 wird auch zahlenmaBig nachgewiesen, daB A in der Tat ungefahr konstant bleibt. Ein kleiner, aber deutlicher Unterschied zwischen A, und A,,, der sich dort zeigt, kommt wohl daher, daB 'p (G2) doch ein wenig von A + BG2 abweicht).

Wie werden die GroBen P I , und A bestimmt? P I g : Man beobachtet die partielle Kraftiinderung (diesmal durch mechanische Retorsion, weil der Effekt sehr groB ist), die eintritt, wenn xG in bekannter Weise variiert wird. Dam ersetzt man die Luft im Gehause durch Kohlensiiure. Halt man G konstant (GG), so folgt aus G1. (5) in diesem Falle:

d., = GQ PIG A x G .

I, war als Abkiirzung f a r

I K + INb + I H =Jrfdv +.. .

geschrieben worden. Die Funktion rf , d. h. im wesentlichen das Produkt r $j grad I @ I, ist sicher in allen drei Integrationsgebieten von derselben GroBenordnung. Folglich ist bei der Abschiitzung der Integrale die GroBe der Volumina ausschlaggebend. Vm kann neben VK vernachlassigt werden, V H dagegen nicht; das Volumen dejenigen Teile des Kristallhalters, die eine nennenswerte Kraft erfahren, ist etwa V H = 0,011 cm3, wahrend das Volumen der Kristalle rund 0,05 cms betragt. Daher wird auch der Wert des Integrals .IK etwa 5mal so groB sein wie der von I , . Also gilt naherunmweise

V E

und die gesuchte GroBe wird

172 Annalen der Physik. 5. Folge. Band 34. 1939

14: Die durch G1. (6) definierte Funktion ist durch eine Gerade darzustellen. A ist der Abschnitt auf der or-Ache. Zu dessen empirischer Bestimmung geniigt es, zwei Wertepaare (a, G2) zu messen. Mit ihnen stellt sich a in der Form

a = a ; + % - a1 (G2 - GI2) Ga2 - GI'

dar, und fur G 2 = 0 erhalt man durch Vergleich' mit (6):

Die endgiiltige Gleichung fur A x K wird mit diesen Werten:

7. Noch einige experimentel1e:Einzelheiten. Die in Nr. 6 betrachtete tempe- raturabhangige Storung 'ps (a, 63 wurde dadurch klein gemacht, daS Stoffe mit mcglichst schwach temperaturabhangigen Suszeptibilitaten gewlhlt und allzu groBe Temperaturschwankungen vermieden wurden. Bei der Verwendung von Niob (0,l mm starkes Blech, von der Firma Schuchardt, Gorlitz, bezogen) zur Kompensation und Quarzglasstibchen zur Herstellung des Kristallhalters waren Ternperaturanderungen bis zu 2O noch ohne merklichen EinfluB. --

, also bei Atmospharen- Fiir Luft unter Atmospharendruck gilt x =

druck und Zimmertemperatur ~ = - 2,O - 1 0 - l O Grad-'. Uber die ---Rerte

der Kristalle, des Niobs und Quarzes la& sich von vornherein schwer etwas sagen, weil man uber die Reinheit der Stoffe nichts Genaues wei8. Aus der tatsilchlich beobachteten Temperaturunabhangigkeit der Kraft kann man aber

schlieBen, dafi der - -Wert der scheinbaren Gesamtsuszeptibilitat auch nur

einige - lo-'" pro Grad betrug. Die Genauigkeit der Kraftmessung konnte sehr durch Luftstromuugen

beeintriichtigt werden, die auftraten, wenn das Rohrwerk ungleichmafiig tempe- riert war. Neben raechen Schwankungen der Zimmertemperatur, die leicht zu verrneiden waren, wirkte sich die Erwarmung des Magnets sehr st6Iend aus. Abhilfe wurde durch Aufstellung eines kleinen Ventilators geschaffen, der das game Rohrwerk gelinde anblies.

Um die Unverinderlichkeit der Lage des Kristalls im Felde zu erzwingen, geniigte es nicht, Polschuhe und Torsionskopf relativ zueinander festzuhalten. Die game Apparatur durfte sich auch nicht gegen die Vertikale neigen. Solcbe Neigungen traten anscheinend bisweilen auf, solange die Anordnung auf einem Holztisch stand. Schon ein leichter Druck auf die Tischplatte konnte eine bleibende Kraftilnderung zur Folge haben. Diese Sttirungen ver- schwanden nach der Ersetzung des Tisches durch eine groae Betonrohre rnit aufgelegter Marmorplatte, auf der ubrigens auch noch das Fernrohr und die feste Marke zur n e r w a c h u n g der Lage Platz fanden.

Uber die Verstellung des Retorsionswinkels ist zu sagen: An der Torsions- achse saB oben ein waagerechter Arm von etwa 20 cm Liinge. Dessen iiuBeres Ende ragte mit Spielraum zwischen die beiden senkrecht stehenden Zinken

2'5 ' TI

a x d x aT d T

a x d T

P. Jensen. Die magnetische Suszeptibilitat usw. 173

einer Gabel, die an einem verstellbaren Drahtzug befestigt war. So konnte der Winkel bequem verandert, aber auch die mechanische Verbindung ohne weiteres gelost werden.

Zur Messung der Feldstiirke Ho wurde eine kleine, zuverlassig gelagerte Drehspule verwendet, die an einer Seite des Keilpols angeordnet war und stets um den gleichen, genau festgelegten Winkel geschwenkt wurde. Sie wurde mit Schnurzugen vom Beobachtungsplatz aus betatigt. So konnte auch der Ausschlag des Galvanometers (ballistisches Spiegelgrtlvanometer von Siemens & Halske mit aufgesteckten Gewichten zur Erhohung des Tragheits- momentes der Drehspule) schnell auf Null zuruckgebracht werden. Die MeS- genauigkeit war erstaunlich gut, raach nacheinander beobachtete Werte von G schwankten in dem interessierenden G-Bereich urn etwa 1 9/00.

Zur Auswechselung der Gasfullung wurde die Kohlensaure einfach an der tiefsten Stelle des Rohrwerks eingeleitet und die Luft zu einer ganz oben gelegenen Offnung binausgelaasen, und zwar so lange, bis weiteres Einleiten keine Anderung der Kraft mehr bervorrief.

Es versteht sich von selber, daS nioglichst reinlich gearbeitet wurde, um ferromagnetische Verunreinigungen fernzuhalten. Niob hat die angenehme Eigenscbaft, kochendem Konigswasser standzuhalten, es konnte also ruhig mit einer gewohnlichen Sehere geschnitten werden. Der Kristallhalter konnte in heiBer Salzsaure gewaschen werden, und von den Kristallen wurde vor der Benutzung vorsichtshalber die iiuBerste Schicht in flieuendeni destillierten Wasser abgelost. - Die haufig beobachtete Umkehr der Kraftricbtung beim fjbergang von kleinsten zu etwas groleren E’eldstarken, wie sie in Abb. 2 bei der unteren Kurve zu sehen ist, kann wohl nur durch ferromagnetische Bestandteile ver- ursacht werden. Welcher Art diese waren, wurde nicht naher untersucht.

IV. Die Messungen und ihr Ergebnis

8. Priifung auf Storeffekte. Die Mepgenauigkeit. Vor der Aus- f uhrung der eigentlichen Verftbungsversuche muBte gepruft werden, ob nicht doch noch irgendwelche Storeffekte vorhanden waren, die eine Suszeptibilitatsanderung hatten vortauschen konnen. Diese Prufung wurde in zwei Schritten vorgenommen. Erstens wurden sechs Leerversuche von j e 3 Std. Dauer angestellt, bei denen will- kiirlich nur die Stromstarke zu dem Zwecke geandert wurde, Lage- anderungen des Systems ruckgangig zu machen, die von unbekannten Storungen herruhrten. Die zugehorigen Werte von Ga wurden be- stimmt, und es wurden aus ihnen nach G1.(7) die scheinbaren Schwan- kungen der Suszeptibilitat berechnet. Sie waren ausnahmslos kleiner als 1 . lO-l0. Zweitens wurden zwolf Leerversuche rnit Bestrahlung gemacht, und zwar wurden zum Teil normale KBr-Kristalle bestrahlt, die demselben Kristallblock entstammten wie die Mischkristalle, zum Teil Mischkristalle, die bereits vollkommen durchverfarbt waren. Wahrend der Einstrahlung und danach zeigten sich starke Ab- weichungen aus der Ruhelage im Felde, groBtenteils durch Luft- stromungen im Waagegehause verursacht. Nach langstens 3/i, Std. waren aber diese Storungen wieder vollkommen verschwunden,

174 Annalen der Physik. 5. Folge. Band 34. 1939

d. h. die nach Ablauf dieser Zeit zu beobachtenden scheinbaren Suszeptibilitatsanderungen waren auch niemals grober als 1 - lo-'".

9. Ein Zahlenbeispiel. Erst nach diesen Prufungen wurden die end- giiltigen Versuche gemacht. Ein numerisch durchgerechnetes Beispiel moge zur Erlauterung des Verfabrens dienen und einen Begriff von den Zahlenwerten geben. Wegen der Bezeichnungen vergleiche man Nr. 6.

Vor der Verfarbung werden gemessen: a, = 41,90 GIa = 445,2 a, = 01, = 48,40 G,' = G,, = 497,3

(a, und a, bzw. Q 2 und Gus brauchen ja nicht verechieden zu sein). Piach der Verfiirbung:

a, = a, a 48,40 (a wird ja nicht geandert). Nach der Verfarbung wird also zur Erhaltung der Kraft die Feldstarke vergropert. Die scheinbare Gesamtsusaeptibilitat mu6 deshalb dem Betruge nach ubgenomnien hahen. Da ihr Vorzeichen mit dem der Kristallsuszeptibilitat iibereinstimmt, muB auch deren Betrag kleiner ge- worden sein; weil xK < 0 ist, haben die Farbzentren also ein positives Moment.

Aus einem spater zu erkennenden Grunde wird nach' der Verfarbung noch ein weiteres Wertepaar aufgenommen:

Gna = 513,9

ed = 42,39 G,' = 466,4.

Zum SchluB nach der Einleitung der Kohlensiiure:

a4 = - 69,83 GG = 466.

Infolge des Gaswechsels andert sich also die Kraft um inehr als 25Oolu. Daran erkennt man am unmittelbarsten die Empfindlichkeit der Anordnung.

Das Volumen des Kristalls erhiilt man aus dem Gewicht (0,140 g) nnd der Dichte von KBr (2,75 gcm-q:

V, = 0,051 cm3.

Das Volumen V, ist nach S. 171

V, = 0,011 cm3.

Endlich mussen die Werte der Volumsuszeptibilitaten Kohlensaure bei Atmospharendruck und Zimmertemperatur es werden benutzt

von Luft und bekannt sein ;

xLUft = -I- 2,90 * , XCOl = - 0,09 - 10-8.

Der EinfluB der Luftfeuchtigkeit kann gana vernachllssigt werden.

Ausdriicke : Mit dieeen Zahlenwerten erhiilt man fur die in GI. (7) auftretenden

v€f 7,

1 + -- = 1,22 , G$ = 466,

P. Jensen. Die magnetische Suszeptibilitat usw. 175

Hier hat man Gelegenheit, nachzuprufen, ob die GroBe A wirklich von xg unabhiingig ist, wie in Nr. 6, S. 171 behauptet wurde. Mit den Wertepaareu (a,,, G,,') und (aa, G37 erhalt man fur A nach der Verfarbung

8, + A, 2 in geniigender nbereinstimmung mit dem anderen Wert. Man nimmt

und bekommt damit fur den vorletzten Klammerausdruck in G1. (7): a , - A = 63,s.

Die letzte Klammer hat den Wert

(2,0109 - 1,9459) - = 6,5, + lo-,. 1 1 GV3 GnB

- _ - =

Das Endergebnis wird mit diesen Zahlen :

2,99 . 63,5 * 6,50 lo-' = 6,2, * lo-'". 112,z A x g = 1,22 * 466

10. Die Bestimmung der Farbzentrenkonzebation. Zur Aus- wertung der magnetischen Messungen mu8 man die Zahl N der Zentren im Kubikzentimeter kennen. Sie wurde nach dem wieder- holt beschriebenen optischen Verfahren I) bestimmt 2): Man durch- strahlt den verfarbten Kristall mit monochromatischem Licht von der Wellenlange des Maximums der F-Bande (fur KBr 630 mp). Die Intensitat des auffallenden Lichtes sei Io , die des durchgelassenen I , ferner sei d die Dicke der durchstrahlten Schicht in Zentimetern. Dann gilt fur KBr3):

1 1, d I N = 3,6 . 1015 - 1n - .

Die auf diese Weise ermittelten N-Werte waren aus den folgenden Griinden nicht sehr genau:

Zunachst haftet dem Zahlenfaktor 3,6 1015 eine gewisse Un- sicherheit an4), die auf etwa loo/,, zu veranschlagen ist.

Ferner: Die Kristalle waren inhomogen verfarbt, weil sie nur von einer Seite aus und nicht beliebig lange mit der Quarzlampe bestrahlt werden konnten. Fur das MeBlicht bei der Absorptions- messung waren aber nur sehr diinne Spnltstiicke (je nach Verfarbungs- grad 0,2-0,3 mm) geniigend durchlassig. Das richtige ware nun ge- wesen, die Kristalle ganz in Scheiben zu zerlegen und zu integrieren. Das wurde aber nicht gemacht, weil es wegen der Kleinheit der

1) Vgl. Anm. S. 161. 2) Fur die Ausfuhrung dieser Messungen danke ich Herrn Dr. K l e i n -

3) E. Mollwo, Ztschr. f. Phys. 85. S. 56. 1933. 4) F. G. K l e i n s c h r o d , Ann. d. Phys. [5]27. S. 97. 1936.

s c h r o d aus dem I. Physikaliechen Institut.

176 A n n a h Physik. 5. Folge. Band 34. 1939

Kristalle schon schwer genug war, van jedem ein einziges Plattchen herzustellen. Hiernach ist fur wachsende Konzentration eine (absolutr wachsende Streuung zu erwarten. Aber auch ein systematischer Fehler wurde wahrscheinlich auf diese Weise begangen. Da namlich das Spaltstiick niemals von der Oberflache genommen wurde (sie war z u uneben aus dem in Nr. 7 genannten Grunde), und weil der Abfall der Konzentration in den Kristallen sicher starker als linear war, ist anzunehmen, daB die wahren Konzentrationen in den meisten

farhzdmn pro ccm

Abb. 3. Die gemessenen Suszepti- bilitateiinderungen und zugehorigen

Farbzentrenkonzentrationen

Kristallen grofier als die gemesse- nen waren.

11. Das Ergebnis der illessun- gen. Insgesamt wurden zwolf Ver- f arbungsversuche angestellt. J e nach der Lange der Bglichtungs- zeit, gab es verschiedene Farb- zentrenkonzentrationen und ver- schiedene Suszeptibilitatsanderun- gen. Abb. 3 zeigt die beobachteten Werte. Aus der Streuung der Mefipunkte ist nicht zu folgern, dab die Angabe der Ungenauig- keit lo-'" der magnetischen Mes-

sungen falsch ist, denn nach Nr. 10 sind auch die-Abszissenwerte lnit zuf alligen Fehlern behaftet.

Das experimentelle Ergebnis lautet nun so: Die Volumsuszepti- bilitat eines KBr-Kristalls mit N Farbzentren im Kubikzentimeter ist bei Zimmertemperatur urn

d X = 2,6 . 1 0 - 2 7 ~

groper als die desselben Krisfalls im unverfarbkn Zustand; dies gilt fur optisch gemessene Konzentrationen im Bereich 1 . loll bis 6 - 10'' Zentren pro Kubikzentimeter. Die MolekularsuszeptibilitBt des Farbzentrengases in dem genannten Konzentrationsbereich und bei Zimmertemperatur ist demnach

L = A X - = 2,6 * N - 6,06 - loz3 = 1,58

und das effektive Moment eines Zentrums unter denselben Bedingungen ;

p e ~ . = 1,93 Bohrsche Magnetonen , berechnet nach der Definitionsgleichung des effektiven Moments :

P. Jensen. Die magnetische Suszeptibililtit usw. 177

wo L die Loschmidtsche Zahl, k die Boltzmannkonstante, T die absolute Temperatur und po das Bohrsche Magneton bedeuten.

Die Ungenauigkeit von ,y und pee. laBt sich wegen der in Nr. 10 geschilderten Umstande nur schwer angeben, sie wird ungefahr 20 bzw. loo/, betragen. Die genauen Werte von und peK. werden naher bei den unteren Grenzen liegen, weil ja fiir N wahrscheinlich zu kleine Werte gemessen worden sind.

12. Uber die Bindungsverhalttnisse der Farbzentren (vgl. Nr. 1) ist nun auf Grund des experimentellen Befundes das Folgende zu sagen.

Vorzeichen und Betrag der beobachteten Suszeptibilitat geben einem Veranlassung, genauer zu prufen, was man zu erwarten hatte, wenn die F-Zentren freie Alkaliatome im Grundzustande waren (vgl. Nr. 2). Die molare Suszeptibilitat von Alkalidampf ist

und das effektive Moment eines Atoms:

Innerhalb der Fehlergrenzen stimmt der beobachtete Wert mit diesem iiberein. Die Suszeptibilitatsanderung bei Zimmertemperatur stiitzt also die Annahme freier Alkaliatome als Farbzentren. Eine Erganzung der Versuche durch Measung der Temperaturabhangigkeit ist erwunscht und in Vorbereitung.

Fur die Anregung zu dieser Arbeit und fur fijrdernde Anteil- nahme bei ihrer Durchfuhrung danke ich Herrn Professor J o o s. Die Mischkristalle stellte mir Herr Dozent Dr. H i l sch zur Verfiigung, dem ich auch fur Beratung in Farbzentrenangelegenheiten danke.

per. = lj3 PO = 1973 t o -

Got t ing e n, 11. Physikalisches Institut, Oktober 1938.

(Eingegangen 23. Oktober 1938)

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