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Die Wasserrahmenrichtlinie Auf dem Weg zu guten Gewässern

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Die WasserrahmenrichtlinieAuf dem Weg zu guten Gewässern

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IMPRESSUM

Herausgeber: Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU)Referat Öffentlichkeitsarbeit • 11055 BerlinE-Mail: [email protected] • Internet: www.bmu.de

Text und Abbildungen:

unter Mitarbeit von:

Sandra Richter (Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung – UFZ) Jeanette Völker (Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung – UFZ)Thomas Dworak (ecologic), Thomas Thaler (ecologic)

Redaktion: Christa Friedl

Fachliche Durchsicht:

Datenquelle/Datenbereitstellung:

Dietrich Borchardt (UFZ), Rolf-Dieter Dörr (BMU), Ulrich Irmer (UBA), Heide Jekel (BMU), Bernd Kirschbaum (UBA), Cindy Mathan (UBA), Bernd Mehlhorn (BMU), Volker Mohaupt (UBA), Stephan Naumann (UBA), Jörg Rechenberg (UBA),Simone Richter (UBA), Thomas Stratenwerth (BMU), Werner Rohrmoser (BMU), Rüdiger Wolter (UBA)

Berichtsportal WasserBLick; Stand 22.03.2010 (Ralf Busskamp, Bundesanstalt für Gewässerkunde – bfg)

Datenaufbereitung und Karten: Olaf Büttner (Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung – UFZ), Jan Kirchmeyer (Schimmelmann Consult)

Gestaltung: Selbach Design, Bonn

Druck: Rautenberg Verlag

Fotos: S. 1, 15 Jeanette Völker; S. 4, 34 Creativ Collektion; S. 6 Matthias Lüdecke; S. 14, 44 PhotoDigital; S. 3, 16, 18 (UBA); S. 20 Regis Gontier (Fotolia), Claudia Hellmann, Jörg Rechenberg; S. 48 Brigitte Hiss (BMU); S. 49 Ulrich Claussen (UBA);S. 50 Katleen Michalk; S. 53 Hans-Günther Oed (BMU); S. 59 Darknightsky / pixelio.de; S. 53 Friedrich Krohne; S. 55, 69 (Fotolia); S. 61 WSD Südwest; S. 47, 64 Stephan Naumann (UBA); S. 67 Andre Künzelmann

Stand: 15. Mai 20101. Auflage: 5.000 Exemplare

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INHALT

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Vorwort 6

1 Einführung: Gewässerbewirtschaftung mit der Wasserrahmenrichtlinie 8

2 Ergebnisse der Bewirtschaftungsplanung – ein Überblick 10

3 Unsere Gewässer werden überwacht 15

4 Gewässerzustand heute 18

4.1 Zustand der Oberflächengewässer4.1.1 Die Bewertung des ökologischen Zustands4.1.2 Der ökologische Zustand der Oberflächengewässer in Deutschland4.1.3 Die Bewertung des chemischen Zustands4.1.4 Der chemische Zustand der Oberflächengewässer in Deutschland

1819222728

4.2 Zustand des Grundwassers4.2.1 Die Bewertung des mengenmäßigen Zustands4.2.2 Der mengenmäßige Zustand der Grundwasserkörper in Deutschland4.2.3 Die Bewertung des chemischen Zustands4.2.4 Der chemische Zustand der Grundwasserkörper in Deutschland

3031323434

5 Umweltziele und Ausnahmen 38

5.1 Ausnahmen in Deutschland 39

5.2 Wie werden Ausnahmen begründet? 43

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6 Die Maßnahmenprogramme 45

6.1 Die Maßnahmenplanung bezieht mit ein…6.1.1 Schutzgebiete und Naturschutz6.1.2 Klimawandel6.1.3 Meeresschutz6.1.4 Hochwasserrisikomanagement

4646484950

6.2 Die Maßnahmenplanung in den Flussgebieten 51

6.3 Die Gewässernutzer sind gefragt6.3.1 Landwirtschaft6.3.2 Kommunen, Haushalte und Industrie6.3.3 Schifffahrt6.3.4 Wasserkraft6.3.5 Bergbau

525258616366

7 Sauberes Wasser gibt es nicht zum Nulltarif 69

7.17.27.3

Wie werden die Maßnahmen finanziert?Das Verursacherprinzip als eine der Grundlagen der FinanzierungGrundprinzipien zukünftiger Wasserpreispolitik

697070

8 Ausblick 71

Weiterführende Literatur 72

Links zu den Bewirtschaftungsplänen und Maßnahmenprogrammen 74

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VORWORT

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Liebe Leserin, lieber Leser,

Gute Gewässerqualität für alle europäischen Gewässer -das ist das Ziel der EG-Wasserrahmenrichtlinie. DieBewirtschaftung der Gewässer, das sind die Flüsse undSeen, das Grundwasser, die Übergangsgewässer unddie Küstengewässer, dient diesem Ziel. Sie ist in einemdicht besiedelten Land wie Deutschland eine großeHerausforderung für alle Beteiligten. Der Schutz derlebenswichtigen Ressource Wasser ist ein hohes Gutund ein zentrales Element der Umweltpolitik heuteund in Zukunft.

Mit dem Startschuss der EG-Wasserrahmenrichtlinieam 22. Dezember 2000 erfolgte eine Neuorientierungin der Wasserwirtschaft. Die Wasserrahmenrichtlinieführte eine ganzheitliche Betrachtungsweise in denGewässerschutz ein. Ganzheitlich bedeutet, dass dieGewässer zu großen Flussgebieten zusammengefasstund diese über Länder- und sogar Staatsgrenzen hin-weg gemeinsam bewirtschaftet werden. Das wird amBeispiel der großen Flussgebiete Elbe und Rhein deut-lich. So sind an der Flussgebietseinheit Rhein insgesamtneun Staaten und in Deutschland acht Bundesländerbeteiligt. Die Bewirtschaftung solcher Flussgebietsein-heiten erfordert eine effektive und vertrauensvolleZusammenarbeit zwischen allen Beteiligten. Die Richt-linie wird damit den Gewässerschutz innerhalb der ste-tig wachsenden europäischen Gemeinschaft harmoni-sieren.

Die Wasserrahmenrichtlinie fordert für alle Gewässerbis zum Jahr 2015 einen „guten Zustand“: hohe Wasser-

qualität und genug Lebensräume für die heimischeTier- und Pflanzenwelt. Die Ökologie und die Aufrecht-erhaltung oder Verbesserung der Biodiversität im undam Gewässer stehen eindeutig im Vordergrund. DieWasserrahmenrichtlinie ist aber auch eine nutzungs-orientierte Richtlinie. Zentrale Gewässernutzungenwie Trinkwasserversorgung, Schifffahrt oder Hochwas-serschutz werden durch die Richtlinie nicht einge-schränkt. Beides, die ökologischen Belange und dieNutzung der Gewässer durch den Menschen, sind dieGrundlage für die zukünftige Bewirtschaftungspla-nung.

Bereits bei der Bestandsaufnahme der Gewässerbelas-tungen in 2004 zeigte sich, dass die Ziele für einenGroßteil der Gewässer ohne weitere Maßnahmen biszum Jahr 2015 wahrscheinlich nicht erreicht werden.Jetzt, bei den Arbeitsschritten zur Erstellung derBewirtschaftungspläne, hat sich dieses Ergebnis mani-festiert. Tausende neue Daten wurden erhoben undausgewertet. Neue, an die Anforderungen der Wasser-rahmenrichtlinie angepasste Bewertungsverfahrenentwickelt, Forschungsaufträge vergeben undumfangreiche Maßnahmenprogramme erstellt, um die Ziele der Richtlinie zu erreichen.

Die Bundesländer haben dabei sehr viel geleistet. Zahl-reiche Pilotprojekte zur Umsetzung der Wasserrah-menrichtlinie wurden durchgeführt, um die Grundla-gen für die Bewirtschaftungsplanung zu schaffen undErfahrungen zu sammeln. Bei der Erarbeitung der

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Pläne und Programme wurde unter hohem Aufwandder Bundesländer intensiv mit der Öffentlichkeitzusammen gearbeitet: durch Internetauftritte undInformationsbroschüren, auf Wasserforen oder anRunden Tischen. Dies war und ist für die Transparenzund Akzeptanz der Maßnahmen von großer Bedeu-tung. Mein Ministerium und das Umweltbundesamthaben im europäischen Umsetzungsprozess daraufhingewirkt, dass bei der Beurteilung der Gewässerbe-schaffenheit, bei der Defizitanalyse und bei der Bewirt-schaftungsplanung vergleichbare Maßstäbe zurAnwendung kamen. Die Erarbeitung europäischer Leit-linien, die in einer Reihe von Fällen federführend vonDeutschland in Zusammenarbeit mit der EU-Kommissi-on und anderen EU-Mitgliedsstaaten entwickelt wur-den, haben zur kohärenten Umsetzung der Richtliniein Deutschland und Europa wesentlich beigetragen.

Die vorliegende Broschüre informiert über Ziele undInhalte der EG-Wasserrahmenrichtlinie und ihreBedeutung in der wasserwirtschaftlichen Praxis. Siefasst die Fakten und Ergebnisse der Bewirtschaftungs-planung in Deutschland zusammen und beschreibt,welche wichtigen Schritte die Planung beinhaltet undzu welchen Aussagen und Ergebnissen die Arbeitengeführt haben. Sie zeigt, wie eine ganzheitliche, inte-grierte Flussgebietsbewirtschaftung zum Schutz unse-rer Gewässer umgesetzt wird. Sie vermittelt einen bun-desweiten Überblick über den aktuellen Zustand derGewässer und beantwortet eine große Bandbreite anFragestellungen: Was steckt wirklich hinter dem

„guten Zustand“ und welche Anforderungen müssendazu erfüllt sein? Wie ist der Zustand unserer Gewässerheute? Wie können wir die gesetzten Umweltzieleerreichen? Welche Maßnahmen sind geplant? Wer sollsie leisten und was werden sie kosten?

Mit der Umsetzung der Bewirtschaftungspläne undMaßnahmenprogramme sollen unsere Gewässer einenZustand erreichen, der einen nachhaltigen Schutz derwichtigen Ressource Wasser als Lebensgrundlage fürden Menschen und als wesentlichen Bestandteil unse-rer Umwelt gewährleistet.

Ich wünsche Ihnen eine interessante Lektüre.

Dr. Norbert Röttgen

Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit

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1 EINFÜHRUNG: GEWÄSSERBEWIRTSCHAFTUNG MITDER WASSERRAHMENRICHTLINIE

Die europäische Wasserrahmenrichtlinie hat ein ehr-geiziges Ziel: Sie fordert, dass Flüsse, Seen, Grundwas-ser und Küstengewässer bis zum Jahr 2015 in einem„guten Zustand“ sind. Für den Weg dahin hat die EUden Mitgliedsstaaten einen klaren Zeitplan vorgege-ben (Abbildung 1). Während die Bestandsaufnahmesowie die Aufstellung und Durchführung der Überwa-chungsprogramme abgeschlossen sind, liegen nun dieBewirtschaftungspläne und die Maßnahmenprogram-me vor. Die Bewirtschaftungspläne wurden im März2010 der Europäischen Kommission übermittelt. DieKommission beabsichtigt, in allen Mitgliedsstaaten zuprüfen, ob sie die Anforderungen der Richtlinie erfül-len und ob die geplanten Maßnahmen geeignet sind,die Umweltziele für die Gewässer zu erreichen. Mit derFertigstellung der Bewirtschaftungspläne für die Fluss-gebiete startete der erste Bewirtschaftungszyklus derWasserrahmenrichtlinie für den Zeitraum 2009 bis2015.

Die Umweltziele der Wasserrahmenrichtlinie müssenbis zum Jahr 2015 erreicht sein – sofern keine Ausnah-men in Anspruch genommen werden. Für Länder, die

eine Fristverlängerung über 2015 hinaus in Anspruchnehmen, sind spätestens nach den zwei weiterenBewirtschaftungszyklen (2015 bis 2021 und 2021 bis2027) alle Umweltziele der Richtlinie zu erreichen.

Abbildung 1: Zeitachse für die Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie.

Zeit für die Zielerreichung

Umsetzung Maßnahmenprogramme

Erstellung Bewirtschaf-tungspläne und Maßnahmenprogramme

Erarbeitung Überwachungspro-gramme

Durchführung Bestandsaufnahme

Umsetzung Zeitachse Arbeitsschritte

Letzte Frist für Zielerreichung

Start 3. Bewirtschaftungszyklus

Umweltziele erreicht -Start 2. Bewirtschaftungszyklus

Maßnahmen in die Praxis umgesetzt

Bewirtschaftungspläne und Maßnahmenprogramme sind erstellt

Start 1. Bewirtschaftungszyklus

Überwachungsprogramme anwendungsbereit

Ergebnisse der Bestandsaufnahme

Rechtliche Umsetzung

Inkrafttreten der

Wasserrahmenrichtlinie

Dez. 2027

Dez. 2021

Dez. 2015

Dez. 2012

Dez. 2009

Dez. 2006

Dez. 2004

Dez. 2003

Dez. 2000

Rückblick: Die Bestandsaufnahme

Bei der Bestandsaufnahme (Ende 2004) wurden dieGewässer erstmalig auf Basis der Wasserrahmenrichtli-nie bewertet. Die Länder haben eine Beschreibung derGewässer vorgenommen, Referenzgewässer undGewässertypen festgelegt, Belastungen ermittelt undderen Auswirkungen vorläufig eingestuft. Zudem wur-de eine wirtschaftliche Analyse der Wassernutzungendurchgeführt. Die Ergebnisse der Bestandsaufnahmezeigten, dass bis zum Jahr 2015 wahrscheinlich nur einkleiner Teil der deutschen Oberflächengewässer undetwa die Hälfte der Grundwasservorkommen die Zieleder Richtlinie ohne weitere Maßnahmen erreichenwürden. Belastungsmindernde Maßnahmen werdenzum Beispiel dort notwendig, wo die Gewässermorpho-logie durch Nutzer wie Schifffahrt und Wasserkraftdauerhaft verändert wurde und wo stoffliche Einträge,insbesondere aus der Landwirtschaft, zu hoch sind.

Bewirtschaftungsplanung in den Flussgebieten

Die Bewirtschaftungsplanung erfolgt nicht für einzelneGewässer, sondern für umfassende Flussgebietseinhei-ten. Eine Flussgebietseinheit erfasst jeweils alle Gewässerim Einzugsgebiet eines großen Flusses. Da raus folgt, dassfür den Schutz und die Bewirtschaftung meist mehr alsnur ein Mitgliedsstaat verantwortlich ist. In Deutschlandwurden insgesamt zehn dieser Flussgebiete definiert:Donau, Rhein, Maas, Ems, Weser, Oder, Elbe, Eider, Warnow-Peene und Schlei-Trave. Davon sind acht Gebie-te grenzüberschreitend, einzig Weser und Warnow-Peene liegen auf deutschem Gebiet und werden daherrein national bewirtschaftet.

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Nach Anhang VII der Wasserrahmenrichtlinie sind diewichtigsten Inhalte der Bewirtschaftungspläne:

● eine allgemeine Beschreibung des Flussgebietesund eine Zusammenfassung aller signifikanten Belastungen und menschlichen Einwirkungen aufdie Gewässer,

● eine Kartierung der Schutzgebiete, ● eine Übersicht über das Überwachungsnetz und die

Überwachungsergebnisse,● eine Liste der Umweltziele für die Gewässer – insbe-

sondere für diejenigen Fälle, in denen Ausnahmenin Anspruch genommen werden,

● eine Zusammenfassung der wirtschaftlichen Analyse des Wassergebrauchs,

● eine Zusammenfassung der Maßnahmenprogram-me einschließlich der Angaben dazu, wie dieUmweltziele durch diese Maßnahmen erreicht werden,

● eine Zusammenfassung der Maßnahmen zur Information und Anhörung der Öffentlichkeit,deren Ergebnisse und der daraus resultierenden Änderungen des Bewirtschaftungsplans.

In den Maßnahmenprogrammen wird der Handlungs-bedarf abgebildet, der nötig ist, um die Gewässer ineinen „guten Zustand“ zu bringen. Wichtige Maßnah-men sind u.a. eine Verbesserung der Gewässerstrukturdurch Renaturierung, der Rück- oder Umbau von Wan-derhindernissen und Querbauwerken zur Wiederher-stellung der Durchgängigkeit, die Ertüchtigung vonKläranlagen und die Umsetzung der guten fachlichenPraxis in der Landwirtschaft zur Minderung der Stof-feinträge in die Gewässer. Dabei gilt: Die Maßnahmenmüssen an die jeweiligen Belastungen, aber auch andie bestehenden Nutzungen angepasst sein.

Gewässerschutz ist eine Gemeinschaftsaufgabe: Um dieZiele der Wasserrahmenrichtlinie zu verwirklichen,müssen die Mitgliedstaaten ihre Bewirtschaftungsplä-ne und Maßnahmenprogramme grenzüberschreitendkoordinieren. Nur so wird sichergestellt, dass die was-serwirtschaftlichen Probleme einheitlich oder ver-gleichbar bewertet und bewältigt werden können. InDeutschland müssen Bund und Länder ihr Handelnaufeinander abstimmen. EU-weit müssen die Nachbar-staaten in hohem Maße kooperieren: bei der Erarbei-tung von grenzüberschreitenden Überwachungspro-grammen, bei der Entwicklung und Abstimmung ver-

gleichbarer Bewertungsverfahren und bei der Definiti-on gemeinsamer Wasserbewirtschaftungsfragen.

Die Koordinierung ist in erster Linie eine Management-aufgabe und bedarf einer Einrichtung, bei der dieFäden zusammenlaufen. Dafür wurden bestehendenationale sowie internationale Flussgebietsgemein-schaften genutzt oder neu eingerichtet. So wurde z.B.von den zehn Bundesländern im Einzugsgebiet derElbe die Flussgebietsgemeinschaft Elbe gegründet, fürdie internationale Koordinierung die bestehende Inter-nationale Kommission zum Schutz der Elbe als logisti-sche Plattform genutzt. Die Wasserbehörden und fach-lichen Stellen der 16 Bundesländer haben die Fachar-beit geleistet und sich dabei untereinander ausge-tauscht. Sie sind zudem für die praktische Umsetzungder Maßnahmenprogramme zuständig.

Öffentlichkeitsbeteiligung

Die Einbindung der Öffentlichkeit spielt bei der Umset-zung der Wasserrahmenrichtlinie eine wichtige Rolle.In einem dreistufigen Anhörungsverfahren wurde abEnde 2006 die Öffentlichkeit in den Prozess zur Erstel-lung der Bewirtschaftungspläne einbezogen. Zunächstwurden der Zeitplan und das Arbeitsprogramm zurErstellung der Bewirtschaftungspläne offengelegt,dann die wichtigsten Wasserbewirtschaftungsfragenjeder Flussgebietseinheit und im dritten Schritt, am 22. Dezember 2008, die Entwürfe der Bewirtschaf-tungspläne. Bis zum 22. Juni 2009 hatten Interessiertedie Gelegenheit, Ergänzungen und Änderungswün-sche zu formulieren. Auf dieser Grundlage wurden dieBewirtschaftungspläne überarbeitet und zum 22. Dezember 2009 fertig gestellt.

Die Bundesländer sind dabei über die zwingendenAnforderungen der Wasserrahmenrichtlinie hinausgegangen und haben bereits vor den Anhörungsver-fahren mit Vertretern der Öffentlichkeit intensiv Fra-gen des Gewässerschutzes diskutiert.

Das Interesse seitens der Öffentlichkeit war groß. DieStellungnahmen zu den verschiedenen Dokumentenkamen vor allem aus Kommunen, Verbänden, Verei-nen und betroffenen Nutzergruppen.

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Die Bewirtschaftungspläne und die Maßnahmenpro-gramme werden in einem Sechs-Jahres-Turnus fort-geschrieben. Dabei werden sowohl der Stand derUmsetzung und neue Entwicklungen als auch der zuerwartende Erfolg bzw. festgestellte Misserfolge dokumentiert. Bei Inanspruchnahme von Ausnahme-regelungen - also im Fall, dass die Umweltziele bis 2015

nicht erreicht werden – müssen die Ausnahmenbegründet werden. Die Pläne stellen somit auch einKontrollinstrument für die an der Flussgebietsbewirt-schaftung Beteiligten einschließlich der EuropäischenKommission dar.

2 ERGEBNISSE DER BEWIRTSCHAFTUNGSPLANUNG –EIN ÜBERBLICK

Bei der Bewirtschaftungsplanung stehen folgende Fragen im Mittelpunkt:

● Welchen Zustand weisen die Wasserkörper in denFlussgebieten heute auf?

● Welche Umweltziele ergeben sich aus dieser Zustandsbewertung und wie sind sie begründet?

● Welche Maßnahmen sind geplant, um die Umweltzie-le der WRRL zu erreichen? Bis wann können die Zieleerreicht werden und wie werden die Maßnahmenfinanziert?

Die wichtigsten Wasserbewirtschaftungsfragen inallen zehn Flussgebieten in Deutschland sind:

● Die Reduzierung des Eintrags von Nähr- und Schad-stoffen aus diffusen und Punktquellen in die Ober-flächengewässer und das Grundwasser.

● Die Verbesserung der Hydromorphologie (zum Bei-spiel Beschaffenheit der Gewässersohle, Uferbefesti-gung, Wasserhaushalt) in den Oberflächengewäs-sern und die Wiederherstellung der Durchgängig-keit vor allem für die Fischfauna.

Daneben werden weitere, regional spezifische Wasser-bewirtschaftungsfragen in einigen Flussgebieten fest-

gestellt, wie beispielsweise Belastungen durch denBergbau.

Zustand der GewässerGrundlage für eine Zustandsbewertung der Gewässerin Deutschland bildeten umfangreiche Überwachungs-programme. An zahlreichen Messstellen in Oberflä-chengewässern und im Grundwasser wurden Untersu-chungen durchgeführt. Dazu gehören Art und Zusam-mensetzung der Lebensgemeinschaften, chemischeund physikalisch-chemische Qualitätskomponenten,Schadstoffe oder Grundwasserstände. Die Überwa-chung der Gewässer in Deutschland wird stetig fortge-führt, um Veränderungen der Wasserqualität oder dieWirkung von Maßnahmen beurteilen zu können.Dabei gilt:

● Der Zustand der natürlichen Oberflächengewässer(Flüsse, Seen, Übergangs- und Küstengewässer) giltals „gut“, wenn sowohl der ökologische Zustand alsauch der chemische Zustand als „gut“ bewertet wer-den.

● Der Zustand des Grundwassers ist „gut“, wennsowohl der mengenmäßige als auch der chemischeZustand als „gut“ bewertet werden.

Von den natürlichen Gewässern werden die erheblichveränderten und künstlichen Gewässer unterschieden.Diese wurden entweder künstlich angelegt (zum Bei-spiel ein Kanal) oder in ihren hydromorphologischenMerkmalen so stark verändert, dass der „gute ökologi-

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sche Zustand“ nicht erreichbar ist, ohne eine langfristi-ge und wirtschaftlich bedeutende Gewässernutzungsignifikant zu beeinträchtigen. Für diese Gewässer wirdmit dem „guten ökologischen Potenzial“ einanspruchsvolles Umweltziel gesetzt, das aber dieGewässernutzung erlaubt. Der „gute chemischeZustand“ gilt jedoch genauso wie bei den natürlichenGewässern als zu erreichendes Umweltziel:

● Der Zustand von künstlichen oder erheblich verän-derten Gewässern ist „gut“, wenn das ökologischePotenzial und der chemische Zustand als „gut“bewertet werden.

Der Zustand der Gewässer in Deutschland zeigt 2009folgendes Bild:

Oberflächengewässer

● In Deutschland gibt es rund 9.900 Oberflächenwas-serkörper. 10% davon erreichen den „sehr guten“oder den „guten ökologischen Zustand/Potenzial“ 1.87% der Oberflächenwasserkörper verteilen sich aufdie ökologischen Bewertungsklassen „mäßig“

(30%), „unbefriedigend“ (34%) und „schlecht“ (23%).Ein kleiner Teil der Oberflächenwasserkörper (3%)wurde bislang noch nicht bewertet („unklar“).

● 88% der Oberflächenwasserkörper erreichen den„guten chemischen Zustand“. Diese Einstufungwird nicht mehr so positiv ausfallen, wenn die neueTochterrichtlinie Umweltqualitätsnormen (Richtli-nie 2008/105/EG) ab Mitte 2010 mit neuen underweiterten Anforderungen zur Bewertung des chemischen Zustands überall angewendet wird.

● Insgesamt erreichen 9,5% der Oberflächenwasser-körper einen „guten Zustand“.

Wenn Fließgewässer in Deutschland den „guten ökolo-gischen Zustand“ nicht erreichen, liegt das meist aneiner tiefgreifenden Veränderung der Hydromorpho-logie und an zu hohen Nährstoffbelastungen. Bei Seen,Übergangs- und Küstengewässern sind hauptsächlichdie erhöhten Nährstoffeinträge für die Zielverfehlungverantwortlich.

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Abbildung 2: Ökologischer und chemischer Zustand der Oberflächenwasserkörper in Deutschland. Datenquelle: Berichtsportal WasserBLIcK/BfG, Stand 22.03.2010.

1) Die Bewertung der Oberflächenwasserkörper beinhaltet sowohl den ökologischen Zustand als auch das ökologische Potenzial.Zur Vereinfachung werden nachfolgend beide Zustände zusammenfassend als ökologischer Zustand bezeichnet.

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Grundwasser● In Deutschland gibt es rund 1.000 Grundwasserkör-

per. 96% davon erreichen den „guten mengenmäßi-gen Zustand“.

● Hingegen erreichen nur 63% der Grundwasserkör-per den „guten chemischen Zustand“.

● Insgesamt erreichen 62% der Grundwasserkörpereinen „guten Zustand“.

● Ein ansteigender, teilweise über Jahre und Jahr-zehnte anhaltender Aufwärtstrend von Schadstoff-konzentrationen wurde in 58 Grundwasserkörpernfestgestellt. In den meisten Wasserkörpern (930)wurde entweder kein Trend festgestellt oder aufGrund von fehlenden Daten über lange Zeitreihennoch nicht bewertet.

Die wenigen Wasserkörper, in denen der mengenmäßi-ge Zustand „schlecht“ ist, sind zumeist durch Bergbau-aktivitäten belastet. Kontinuierliche Wasserentnah-men führen hier häufig zu einer weitreichendenGrundwasserabsenkung.

Ein „schlechter chemischer Zustand“ in Grundwasser-körpern ist – außer in urbanen Ballungsräumen – fastimmer auf Überschreitungen des Grenzwertes von 50 mg/l Nitrat durch erhöhten Eintrag aus intensivlandwirtschaftlich genutzten Flächen zurückzuführen.Nitrat gelangt über die Versickerung in das Grund-wasser.

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Abbildung 3: Mengenmäßiger und chemischer Zustand der Grundwasserkörperin Deutschland.

Datenquelle: Berichtsportal WasserBLIcK/BfG, Stand 22.03.2010.

Umweltziele und Ausnahmen

Die Umweltziele für die Gewässer sind in Artikel 4 Was-serrahmenrichtlinie klar vorgegeben. In begründetenFällen kann von den ursprünglichen Umweltzielen(„guter ökologischer Zustand/Potenzial, guter chemi-scher Zustand, guter mengenmäßiger Zustand“) abge-wichen werden. Die meisten Ausnahmen, die Deutsch-land in Anspruch nimmt, sind Fristverlängerungen (bis2021 beziehungsweise bis 2027). Weniger strenge Um -weltziele kommen als Ausnahmetatbestand zum Tra-gen, wenn Wasserkörper so stark belastet oder so tief-greifend morphologisch verändert sind, dass keine Ver-besserung des Zustands in absehbarer Zeit (bis 2027)mit verhältnismäßigen Maßnahmen möglich ist. Sie

müssen alle sechs Jahreüberprüft werden. DieseAusnahme ist für dasGrundwasser in den Berg-bauregionen der Flussge-biete Rhein, Maas, Elbe undOder von Bedeutung;außerdem für die Oberflä-chengewässer im Flussge-biet der Weser, wo Schwer-metalle aus Abraumhal-den, Bergwerksgruben undAltstandorten in kleinereGewässer eingetragen wer-den.

● Für 82% aller Oberflä-chenwasserkörper wurdenAusnahmen in Anspruchgenommen. Bis zum Jahr2015 werden voraussicht-lich 18% der Oberflächen-wasserkörper in Deutsch-land die Umweltziele errei-chen. Auf die Veränderun-

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gen an den Gewässern in den letzten Jahrzehntenaufgrund der Nutzungen im dicht besiedeltenIndustriestaat Deutschland lässt sich meist nicht inkurzer Zeit reagieren.

● Für 36% aller Grundwasserkörper wurden Ausnah-men in Anspruch genommen. 62% aller Wasserkör-per weisen bereits heute einen „guten Zustand“ auf.Nur 2% der Grundwasserkörper werden zusätzlichbis 2015 den „guten Zustand“ erreichen.

Die Inanspruchnahme von Ausnahmen wurde häufigmit „natürlichen Gegebenheiten“ begründet. Dasbedeutet, dass beispielsweise Maßnahmen oft einenlängeren Zeitraum brauchen, bis sie ihre Wirkung inGewässern und auf Lebensgemeinschaften entfaltenund der Erfolg messbar wird. Eine ebenso häufiggenannte Begründung ist die mangelnde „technischeDurchführbarkeit“ - es gibt keine technische Lösung fürdas Belastungsproblem: Maßnahmen bedürfen einerzwingenden technischen Abfolge, die angewendetenVerfahren sind zeitintensiv oder es besteht weitererForschungsbedarf zur Optimierung der Maßnahmen.Eine dritte Begründung für Ausnahmen sind „unver-hältnismäßige Kosten“, die in den Flussgebieten abereher selten aufgeführt wurde.

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Abbildung 4: Zielerreichung bis 2015 und Inanspruchnahme von Ausnahmen in Deutschland. Datenquelle: Berichtsportal WasserBLIcK/BfG, Stand 22.03.2010.

Maßnahmen und Finanzierung

Die Maßnahmenplanung erfolgt in der Regel auf Ebeneder Wasserkörper. Aufgrund der hohen Anzahl derWasserkörper werden sie für die Berichterstattung zugrößeren Einheiten zusammengefasst: Oberflächenge-wässer in „Planungseinheiten“, Grundwasser in „Koor-dinierungsräume“.

Oberflächengewässer

Gemäß den Belastungen und den Wasserbewirtschaf-tungsfragen sind in nahezu allen PlanungseinheitenMaßnahmen in den Bereichen „Kommunen/Haushal-te“, „Hydromorphologie“, „Landwirtschaft“ und„Durchgängigkeit“ geplant. Häufig sind auch konzep-tionelle Maßnahmen administrativer, ökonomischeroder auch informativer Natur vorgesehen (Beratungvon Landwirten etc.). Maßnahmen im Bereich „Indus-trie“ und „Bergbau“ (beide beinhalten auch eine Sanie-rung von Altlasten und Altstandorten) sowie „Fischerei-wirtschaft“ sind hingegen von eher regionaler Bedeu-tung.

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Grundwasser

Für das Grundwasser sind in nahezu allen Koordinie-rungsräumen Maßnahmen zur Verringerung der Stoff -einträge aus der Landwirtschaft geplant. Dies verdeut-licht, dass die Landwirtschaft als wesentlicher Verursa-cher für die Verschmutzung des Grundwassers verant-wortlich ist.

Insgesamt sind in den genannten Bereichen bis 2015und darüber hinaus zahlreiche Maßnahmen geplant.Dennoch: Bis 2015 erreichen gegenüber heute voraus-sichtlich nur wenige weitere Oberflächenwasserkörperund Grundwasserkörper den „guten Zustand“. Das hatverschiedene Gründe. Beispielsweise ist die Verweilzeitvon Wasser in einem Grundwasserkörper hoch, damitwirken Maßnahmen zur Reduzierung von Nährstoff-konzentrationen zeitlich stark verzögert. Ähnliches giltfür die Wieder- und Neubesiedlung von renaturiertenGewässerstrecken. Auch der „one out all out“-Ansatzder Richtlinie, der besagt, dass die schlechteste Bewer-

tung aller biologischen und chemischen Qualitätskom-ponenten ausschlaggebend ist, spielt eine Rolle.

Belastungsmindernde Maßnahmen können nur umge-setzt werden, wenn dafür ausreichend finanzielle Mit-tel zur Verfügung stehen. In Deutschland werden inden meisten Fällen die Kosten aus Steuergeldern,Gebühren und Abgaben gedeckt. Die wichtigstenFinanzquellen sind die Europäische Union, Bund, Län-der und Kommunen mit verschiedenen Fonds und För-dermitteln, zum Beispiel ELER (Europäische Landwirt-schaftsfonds für die Entwicklung des ländlichenRaums) oder GAK (Gemeinschaftsaufgabe zur Verbes-serung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes).

Bisher werden die Kosten für die Umsetzung derMaßnahmen in Deutschland innerhalb des erstenBewirtschaftungszeitraums bis 2015 auf 9,4 Milliar-den Euro geschätzt. Das sind pro Jahr 20 Euro proEinwohner.

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3 UNSERE GEWÄSSER WERDEN ÜBERWACHT

In den vergangenen Jahren wurden in Deutschlandgroße Anstrengungen unternommen, um den Gewäs-serzustand nach den Anforderungen der Wasserrah-menrichtlinie flächendeckend zu ermitteln. UnzähligeWasserproben wurden analysiert, die Gewässer überviele tausend Kilometer kartiert und bewertet, Fischegefangen, gezählt und bestimmt, Wirbellose von Stei-nen, Sand, Holz und Pflanzen abgesammelt und ausge-wertet.

Im Jahr 2004 wurden erstmalig Oberflächengewässerund Grundwasser deutschlandweit nach den Vorgabender Wasserrahmenrichtlinie beurteilt. Um die Ergeb-nisse zu validieren und Aufschluss über den tatsächli-chen Gewässerzustand zu erhalten, wurden die Belas-tungen und deren Auswirkungen durch vielfältigeUntersuchungen und Messungen erfasst. Dafür war esnotwendig, Überwachungsprogramme zu erarbeiten.

Diese Überwachungsprogramme umfassen Oberflä-chengewässer, das Grundwasser und wasserabhängigeSchutzgebiete. Die Ergebnisse sind die Grundlage fürdie Einstufung des Gewässerzustands (siehe Kapitel 4)und fließen in die Bewirtschaftungspläne der Flussge-biete ein. Die Resultate aus der Überwachung bestäti-gen im Wesentlichen das Ergebnis der Bestandsauf-nahme: Ein großer Teil der Gewässer in Deutschlandwird die Ziele der Wasserrahmenrichtlinie nicht ohneentsprechende Maßnahmen erreichen.

Für die Aufstellung der Überwachungsprogramme,unter anderem für die Festlegung der Anzahl der Mess-stellen in den unterschiedlichen Gewässerkategorienund die Art und Häufigkeit der Probenahme, hat dieBund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Wasser (LAWA) einKonzept entwickelt. Es setzt die Anforderungen derWasserrahmenrichtlinie und ihrer Tochterrichtliniensowie einschlägiger Leitlinien der Europäischen Kom-mission um und ist Basis für bundesweit einheitlicheÜberwachungsprogramme.

Überwachung: Suche nach einheitlichenBewertungsverfahren

Ziel der Gewässerüberwachung ist ein schlüssiger undvergleichbarer Überblick über die Belastungen. DieBewertung der Belastungen ist eine komplexe Aufgabevor dem Hintergrund, dass für jede Gewässerkategorieund für jeden Gewässertyp angepasste Bewertungsver-fahren entwickelt werden müssen. Hinzu kommt dieUnterscheidung in biologische Qualitätskomponenten(Fische, Wirbellose, Gewässerflora), physikalisch-che-mische und chemische Kenngrößen, flussgebietsspezi-fische Schadstoffe und prioritäre Stoffe.

Für die biologischen Qualitätskomponenten wurden inden vergangenen Jahren Verfahren entwickelt, umanhand der Zusammensetzung der Lebensgemein-schaften unterschiedliche Belastungen zu identifizie-ren. Die wissenschaftliche Forschung ging der Fragenach, welche biologischen Arten bei welchen Belastun-gen fehlen oder wie sich die Zusammensetzung einerbiologischen Gruppe in Abhängigkeit des Belastungs-grades verändert. Daraus entstanden standardisierteBewertungsverfahren wie MarBIT und Perlodes (Wir-bellose), fibs (Fische), Phylib, PHYTOFLUSS- und PHYTO-SEE Index (Gewässerflora). Die Ergebnisse einiger

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dieser Verfahren sind bereits mit denen anderer Mit-gliedsstaaten abgestimmt (Interkalibrierung), was eineEU-weite Vergleichbarkeit erlaubt. Für die Einstufungder physikalischen-chemischen und chemischen Kenn-größen gibt es bisher Richtwerte und Umweltqualitäts-normen für flussgebietsspezifische Schadstoffe und dieprioritären Stoffe sowie bestimmte andere Schadstoffedes chemischen Zustands (siehe auch Kapitel 4.1).

Trotz dieser Entwicklungen bestehen derzeit noch zahl-reiche Unsicherheiten bei der Zustandsbewertung. Vorallem der Forschungsbedarf zu den biologischen Kom-ponenten ist nach wie vor groß: Beispielsweise existie-ren noch keine bundesweit erprobten Verfahren für dieBewertung des Makrozoobenthos und der Fischfaunain Seen. Die Ergebnisse der Interkalibrierung der Ver-fahren wurden zudem noch nicht vollständig auf dienationalen Gewässertypen übertragen.

Unterschiedliche Arten der Überwachung

Die Wasserrahmenrichtlinie unterscheidet für Ober -flächengewässer die drei Überwachungsarten Über-blicksüberwachung, operative Überwachung undÜberwachung zu Ermittlungszwecken.

Die Überblicksüberwachung gewährleistet in erster Linieeine Bewertung des Gesamtzustands in jedem Einzugs-gebiet oder Teileinzugsgebiet einer Flussgebietsein-heit. Ihre Ergebnisse sollen die Ergebnisse derBestandsaufnahme ergänzen sowie Aufschluss überlangfristige Veränderungen in einem Flussgebiet

geben. Für diese Überwachung haben die Bundeslän-der in Deutschland in den Oberflächengewässernknapp 400 Messstellen festgelegt. Das Messnetz ist rela-tiv weitmaschig, wobei das Einzugsgebiet je Messstellenicht größer als 2.500 Quadratkilometer sein sollte. DieMessstellen wurden meist in den Hauptströmen dergroßen Flüsse und an Einmündungen bedeutenderNebengewässer eingerichtet.

An den Überblicksmessstellen müssen grundsätzlichalle Qualitätskomponenten gemessen werden: biologi-sche, hydromorphologische und physikalisch-chemi-sche Komponenten, flussgebietsspezifische Schadstoffeund die Stoffe zur Einstufung des chemischen Gewäs-serzustands, falls sie in dem jeweiligen Gewässer eineBelastung darstellen. Die biologischen Qualitätskom-ponenten werden mindestens einmal je Bewirtschaf-tungszyklus untersucht.

Mit der operativen Überwachung erfolgt die Zustandsbe-wertung derjenigen Wasserkörper, die die Umweltzielemöglicherweise nicht erreichen. Sie ist damit auch Werk-zeug für eine Erfolgskontrolle bei der Durchführung vonMaßnahmen. Zu diesem Zweck haben die Bundesländerin Deutschland in den Oberflächengewässern insgesamt7.820 Messstellen festgelegt – damit bildet die operativeÜberwachung den Schwerpunkt der Überwachung derOberflächengewässer. Das Messstellennetz ist relativ eng-maschig. Fließgewässer weisen im Schnitt alle 20 Kilome-ter eine Messstelle auf. Das bedeutet, dass auch mehrereMessstellen je Wasserkörper vorhanden sein können.Während bei der Überblicksüberwachung grundsätzlichalle Qualitätskomponenten und Kenngrößen zu erfassensind, werden bei der operativen Überwachung in derRegel nur jene biologischen und chemischen bzw. physi-kalisch-chemischen Qualitätskomponenten untersucht,welche in den zu bewertenden Wasserkörpern zu hoheBelastungen anzeigen.

Die Überwachung zu Ermittlungszwecken ist notwendig,wenn die Gründe für eine hohe Gewässerbelastungunbekannt sind, oder um das Ausmaß und die Auswir-kungen von unbeabsichtigten Verschmutzungen festzu-stellen. Sie kommt zum Beispiel bei Unfällen mit unvor-hergesehenen Schadstoffeinleitungen oder plötzlichemFischsterben im Gewässer zum Tragen. Daher ist in denFlussgebieten nur eine relativ geringe Zahl an Messstel-len für Oberflächengewässer, derzeit 375, eingerichtet.Sie befinden sich ausschließlich in Fließgewässern,

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315 davon allein in Brandenburg, wo der Bergbau massi-ve Auswirkungen auf die Wasserqualität hat.

Auch für die Überwachung des Grundwassers wurdenein Überblicksmessnetz und ein operatives Messnetzzur Beurteilung des chemischen Zustands festgelegt.Die Überblicksüberwachung erfolgt, analog zum Ober-flächengewässer, mindestens einmal je Bewirtschaf-tungszyklus, während die operative Überwachungmindestens einmal jährlich durchgeführt wird. Zusätz-lich wurde ein Messnetz zur Überwachung der Grund-wassermenge eingerichtet. Es hat Messstellen in jedemGrundwasserkörper und die Messfrequenz ist so auszu-richten, dass auch kurz- und langfristige Schwankun-gen durch Grundwasseranreicherungen, Wasserent-nahmen oder Einleitungen erfasst werden. Dieses

Messnetz soll auch natürliche und langfristige Verän-derungen der Wassermenge ermitteln können.

Die Bundesländer haben zahlreiche Einzelmessstellenfür die Überwachung des mengenmäßigen und deschemischen Zustands des Grundwassers eingerichtet.Die meisten davon wurden für die Ermittlung des men-genmäßigen Grundwasserzustands (9.000 Messstellen)festgelegt, gefolgt vom Überblicksmessnetz (5.500) unddem operativen Messnetz (3.900). Einige dieser Mess-stellen haben mehrere Funktionen. Sie fungierensowohl als Überblicks-, operative und/oder Mengen-messstellen. Für das Mengenmessnetz liegt die mittlereMessstellendichte in Deutschland bei 25 Messstellenpro 1000 km².

Tabelle 1: Übersicht über die Anzahl der Messstellen für die unterschiedlichen Überwachungsarten und Gewässerkategoriender Oberflächengewässer in Deutschland. Datenquelle: Berichtsportal WasserBLIcK/BfG, Stand 22.03.2010.

Überwachungsart Flüsse Seen Übergangsgewässer Küstengewässer

Überblicksüberwachung 290 67 5 32

Operative Überwachung 7.252 449 20 100

Überwachung zu Ermittlungszwecken 375 0 0 0

Karte 1: Messstellen der Überblicks- und der operativen Überwachung sowie der Überwachung zu Ermittlungszwecken

an Oberflächengewässern in Deutschland.

Karte 2: Messstellen der Überblicks- und der operativen Überwachung im Grundwasser in Deutschland.

● Überblicksweise Überwachung� Operative Überwachung� Überwachung zu Ermittlungszwecken

Datenquelle: Berichtsportal WasserBLIcK/BfG, Stand 22.03.2010.

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4 GEWÄSSERZUSTAND HEUTE

Bis Ende der 1980er Jahre trugen die Flüsse so hoheNährstofffrachten ins Meer, dass es an den Küsten vonNord- und Ostsee zu massenhaften Algenblüten kam.Auch viele Seen drohten in den 1980er Jahren wegen zuhoher Phosphor- und Stickstoffmengen zu „kippen“.Noch heute sind viele deutsche Oberflächengewässereutrophiert, also mit zu hohen Nährstoffkonzentratio-nen vor allem aus der Landwirtschaft belastet.

Der landesweite Ausbau der Kläranlagen führte in den1980er und 1990er Jahren zu einer deutlichen Minde-rung der Einträge von Nährstoffen, Schwermetallenund organischen Verunreinigungen. Die Zeit derSchaumkronen auf deutschen Flüssen ist daher langevorbei.

Doch sind die Gewässer in Deutschland heute tatsäch-lich sauber? Finden die vom Wasser abhängigenLebensgemeinschaften eine ausreichende Wasserqua-lität und Lebensräume vor, die ihnen das Überlebenund die Fortpflanzung sichern? Und wie steht es umdas Grundwasser? Das Grundwasser braucht besonde-

ren Schutz. Es ist ein wichtiger Teil des Wasserkreislaufsund in Deutschland die Quelle für rund 75% des Trink-wassers. Außerdem hat Grundwasser bedeutsame öko-logische Funktionen: Da es vielerorts mit Oberflächen-gewässern in Austausch steht, hat die Qualität desGrundwassers auch direkte Auswirkungen auf dieBeschaffenheit von Flüssen und Seen.

4.1 Zustand der Oberflächengewässer

Die Bewertung der Oberflächengewässer - dazu zählenFlüsse, Seen, Übergangs- und Küstengewässer - erfolgtauf Ebene der Wasserkörper. Ein Wasserkörper kannein Fluss oder ein Flussabschnitt sein, ein See, ein Spei-cherbecken oder der Teil eines Kanals. In Deutschlandgibt es insgesamt knapp 9.900 Oberflächenwasserkör-per. Die Flüsse mit einem Einzugsgebiet über 10 km2

haben eine Fließlänge von insgesamt beinahe 127.000Kilometern, sie wurden in 9.070 Wasserkörper aufge-teilt. Daneben gibt es 710 Wasserkörper für Seen, fünf

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Wasserkörper für Übergangs- und 74 Wasserkörperfür Küstengewässer (Abbildung 5).

Wie ökologisch intakt ein Oberflächenwasserkörperist, hängt in erster Linie von den biologischen Quali-tätskomponenten ab. Die chemischen und physika-lisch-chemischen und hydromorphologischen Kom-ponenten müssen in einer Qualität vorliegen, dass dieLebensgemeinschaften im Gewässer einen „gutenZustand“ aufweisen können. Nur wenn auch diehydromorphologischen und die stofflichen Bedin-gungen günstig sind, können intakte Lebensgemein-schaften existieren.

Darüber hinaus müssen Umweltqualitätsnormen fürflussgebietsspezifische Schadstoffe eingehalten wer-den. Diese Normen entsprechen Konzentrationeneines bestimmten Schadstoffs im Wasser oder imSediment, die nicht überschritten werden dürfen.Schon wenn lediglich eine Umweltqualitätsnormüberschritten ist, wird der „gute ökologischeZustand“ verfehlt.

Abbildung 5: Anzahl der Oberflächenwasserkörper in den zehn für Deutschland relevanten Flussgebieten. Datenquelle: Berichtsportal WasserBLIcK/BfG, Stand 22.03.2010.

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4.1.1 Die Bewertung des ökologischen Zustands

Der ökologische Zustand der Oberflächengewässerwird nach EG-Wasserrahmenrichtlinie anhand folgen-der Qualitätskomponenten beurteilt:

● Biologische Qualitätskomponenten (Fische, Makrozoobenthos, Gewässerflora)

Unterstützend dazu

● Chemische Qualitätskomponenten (flussgebiets-spezifische Schadstoffe) und physikalisch- chemi-sche Qualitätskomponenten (zum Beispiel Tempe-ratur, Sauerstoffgehalt, Nährstoffe)

● Hydromorphologische Qualitätskomponenten(zum Beispiel Wasserhaushalt, Morphologie, Gezeiten)

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Wie sauber ist ein Gewässer? Die biologischen Qualitätskomponenten

Die Fischfauna reagiert besonders sensibel aufhydromorphologische Einflüsse (Verbau der Ufer,fehlende Wurzelunterstände, Barrieren, strukturar-me Gewässersohle) aber auch stoffliche Gewässer-verunreinigungen. Viele Fischarten, wie beispiels-weise der Lachs, wandern zudem zur Fortpflanzungvom Meer bis in die Oberläufe der Flüsse. Sie sind aufdie Durchgängigkeit der Gewässer angewiesen.

Das Makrozoobenthos, hierzu zählen beispielsweiseWasser-Insekten, Krebse, Schnecken und Würmer,wird bereits seit vielen Jahrzehnten in Gewässernuntersucht. Das wohl bekannteste Bewertungsver-fahren zur Beurteilung von Beeinträchtigungen desSauerstoffhaushaltes der Gewässer ist der sogenannte „Saprobienindex“. Daneben wird dasMakrozoobenthos auch zur Bewertung der Hydro-morphologie und der Gewässerversauerung heran-gezogen.

Die Gewässerflora reagiert besonders sensibel auferhöhte Nährstoffkonzentrationen im Gewässer, vorallem auf Phosphor.

Zur Gewässerflora zählen frei schwebende, mikro-skopisch kleine Algen (Phytoplankton), mit bloßemAuge erkennbare Kleinalgen, die auf Steinen undanderen Substraten wachsen (Phytobenthos) undgroße Wasserpflanzen (Makrophyten, Großalgenund Angiospermen).

Der „gute ökologische Zustand“ ist erreicht, wenn

● alle biologischen Qualitätskomponenten min-destens mit „gut“ bewertet werden,

● festgelegte Konzentrationen (Umweltqualitäts-normen) für flussgebietsspezifische Schadstoffeeingehalten werden,

● die Werte für die allgemeinen Bedingungen ineinem Bereich liegen, der die Funktionsfähigkeitdes Ökosystems gewährleistet.

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„Erheblich veränderte“ und „künstliche“ Gewässer

Zu den „erheblich veränderten“ Gewässern zählenhäufig Schifffahrtsstraßen oder aufgestaute Flussab-schnitte. „Künstliche Gewässer“ sind beispielsweiseneu gebaute Kanäle oder Tagebaurestseen. Da dieseGewässer auf Grund ihrer Nutzung so stark hydro-morphologisch überformt sind, gelten nach Wasser-rahmenrichtlinie Umweltziele, die diese Nutzungnoch ermöglichen: Das „gute ökologische Potenzial“.Das Potenzial orientiert sich an einem Referenzzu-stand, dem „höchsten ökologischen Potenzial“. Der Referenzzustand ist dann erreicht, wenn alleMaßnahmen zur Verbesserung der Morphologiedurchgeführt würden, ohne die Nutzung des Gewässers signifikant zu beeinträchtigen. Der „gutechemische Zustand“ als Ziel gilt sowohl für natürli-che als auch für „künstliche“ und „erheblich verän-derte“ Gewässer.

37% aller Oberflächenwasserkörper in Deutschlandsind „erheblich verändert“, 15% sind „künstlich“. Das heißt, für insgesamt 52% der Oberflächenwas-serkörper gilt als Ziel das „gute ökologische Poten-zial“ anstelle des „guten ökologischen Zustands“(Abbildung 6).

Karte 3: Natürliche, erheblich veränderte und künstliche Wasserkörper in Deutschland. Datenquelle: Berichtsportal

WasserBLIcK/BfG, Stand 22.03.2010.

Natürliche Wasserkörper Erheblich veränderte Wasserkörper Künstliche Wasserkörper

Abbildung 6: Ökologischer Zustand der natürlichen und ökologisches Potenzial der erheblich veränderten und künstlichenOberflächenwasserkörper in Deutschland. Datenquelle: Berichtsportal WasserBLIcK/BfG, Stand 22.03.2010.

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In Abbildung 7 sind die wichtigsten Gründe aufgeführt, warum Wasserkörper als „erheblich verändert“ ausgewie­sen wurden. Maßnahmen zur Erreichung des „guten ökologischen Zustands“ hätten signifikant negative Auswir­kungen auf verschiedene Nutzungen - insbesondere auf die Landentwässerung, auf Landwirtschaft, Siedlungen und Infrastruktur, aber auch auf Wasserregulierung und Hochwasserschutz. Zu den Nutzungen zählen nicht zuletzt Freizeitaktivitäten, Schifffahrt und Energieerzeugung.

Abbildung 7: Gründe zur Ausweisung von Oberflächenwasserkörpern als erheblich verändert. Datenquelle: Berichtsportal WasserBLIcK/BfG, Stand 22.03.2010.

4.1.2 Der ökologische Zustand der Oberflächengewässer in Deutschland Die Bewertung des ökologischen Zustands erfolgt in einem fünfstufigen farbigen Klassifikationssystem. Es gewährleistet eine einheitliche und transparente Darstellung des Gewässerzustands:

● Klasse 1: „sehr gut“ ● Klasse 2: „gut“ ● Klasse 3: „mäßig“ (ab dieser Bewertungsklasse besteht Handlungsbedarf) ● Klasse 4: „unbefriedigend“ ● Klasse 5: „schlecht“

In der deutschen Gewässerlandschaft (Karte 4) liefert die Bewertung des ökologischen Zustands ein buntes Bild. Es dominieren gelb, orange und rot und damit mäßige bis schlechte Bewertungen. Die Lebensgemeinschaften der deutschen Gewässer sind also keineswegs in einem „guten Zustand“. Lediglich 10% aller Oberflächenwasserkörper in Deutschland erreichen 2010 die nach Wasserrahmenrichtlinie geforderten Umweltziele – den „sehr guten“ oder den „guten ökologischen Zustand“.

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Karte 4: Ökologischer Zustand der Oberflächenwasserkörper in Deutschland.

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Das Gesamtergebnis des ökologischen Zustands spie-gelt im Wesentlichen die Bewertung der Fließgewässerin Deutschland wider, da diese die größte Fraktioninnerhalb der Oberflächenwasserkörper bilden. DasErgebnis für Seen ist positiver. Hier erreichen 39% den„sehr guten“ oder „guten ökologischen Zustand“.Schlechter steht es um den ökologischen Zustand derKüsten- und besonders der Übergangsgewässer, dieden „guten Zustand“ in nahezu allen Wasserkörpernverfehlen (Abbildung 9).

Aus Abbildung 10 und Abbildung 11 lässt sich die engeBeziehung zwischen den biologischen und den unter-stützenden Qualitätskomponenten ablesen. In denFlüssen sind die aquatischen Lebensgemeinschaften(Fischfauna, Makrozoobenthos und Gewässerflora) vorallem durch allgemeine Bedingungen - Nährstoffbelas-tungen, Sauerstoffdefizite, Wärmebelastungen durchKraftwerkseinleitungen oder auch die Salzbelastungvon Werra und Weser zählen hierzu - und die überwie-gend als „nicht gut“ beurteilte Hydromorphologiebeeinträchtigt. In den Seen hingegen spielt die Nähr-stoffbelastung die dominierende Rolle.

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Abbildung 8: Ökologischer Zustand der Oberflächenwasserkörper in den zehn für Deutschland relevanten Flussgebieten. Datenquelle: Berichtsportal WasserBLIcK/BfG, Stand 22.03.2010.

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Abbildung 9: Ökologischer Zustand der Fließgewässer, Seen, Übergangsgewässer und Küstengewässer in Deutschland. Datenquelle: Berichtsportal WasserBLIcK/BfG, Stand 22.03.2010.

Fließgewässer Seen

Übergangsgewässer Küstengewässer

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Abbildung 10: Zustand der Qualitätskomponenten nach Anhang V Wasserrahmenrichtlinie für Fließgewässer und Seen. Datenquelle: Berichtsportal WasserBLIcK/BfG, Stand 22.03.2010.

� schlecht � unbefriedigend� mäßig� gut� sehr gut

� nicht gut� gut

Biologische Qualitätskomponenten

Fließgewässer

Seen

Unterstützende Komponenten

Auch in Übergangs- und Küstengewässern (Abbildung11) sind hohe Nährstoffeinträge der größte Belastungs-faktor. Zudem sind die Übergangsgewässer in der Regelin ihrer Hydromorphologie stark beeinträchtigt, was zu der schlechten Einstufung der Gewässerfauna und -flora beiträgt.

Aus den Abbildungen 10 und 11 geht zudem hervor,dass nicht in allen Wasserkörpern alle Qualitätskompo-nenten bewertet wurden. Laut Wasserrahmenrichtli-nie sind bei der Durchführung der operativen Überwa-chung jeweils nur die aussagekräftigsten Qualitäts-komponenten zu erfassen, die die wesentlichen Belas-

tungsursachen am besten anzeigen. So wurden zumBeispiel das Makrozoobenthos und die Fischfauna inFließgewässern am häufigsten gemessen und das Phytoplankton in Seen.

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Abbildung 11: Zustand der Qualitätskomponenten nach Anhang V Wasserrahmenrichtlinie für Übergangs- und Küstengewässer. Datenquelle: Berichtsportal WasserBLIcK/BfG, Stand 22.03.2010.

Küstengewässer

Übergangsgewässer

Biologische Qualitätskomponenten Unterstützende Komponenten

� schlecht � unbefriedigend� mäßig� gut� sehr gut

� nicht gut� gut

4.1.3 Die Bewertung des chemischen Zustands

Die deutschen Gewässer führen eine Vielzahl vonStoffen mit sich, die entweder durch punktuelleEinleitungen oder diffus eingetragen werden.Gewässer von ökologisch bedenklichen undgesundheitsschädlichen Stoffen frei zu halten, isteine wichtige Aufgabe im europäischen Gewässer-schutz. Mit dieser Prämisse wird auch dem Meeres- umweltschutz Rechnung getragen, da diese Stoffein internationalen Übereinkommen als besondersgefährlich identifiziert wurden.

Der chemische Zustand wird anhand von europaweiten Anforderungen geregelt. Das umfasst Qualitätsnormenfür:

● 33 prioritäre Stoffe nach Anhang X Wasserrahmen-richtlinie

● Die gemeinschaftlich geregelten Schadstoffe derRichtlinie 2006/11/EG (Anhang IX Wasserrahmenricht-linie)

● Nitrat gemäß Nitratrichtlinie 91/676/EWG

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Neue Normen für gefährliche Stoffe

Anhang X der Wasserrahmenrichtlinie enthält 33 prio-ritäre, darunter 13 prioritär gefährliche Stoffe, die invier Gruppen unterteilt werden:

1. Schwermetalle2. Pflanzenschutzmittel3. Industrielle Schadstoffe 4. Andere Schadstoffe

Abhängig von der Gefährlichkeit der Stoffe soll der Ein-trag in die Gewässer schrittweise verringert und für dieprioritär gefährlichen Stoffe bis 2028 sogar vollständigeingestellt werden.

Für die in Anhang X genannten Stoffe wurden europa-weit geltende Umweltqualitätsnormen in der neuenTochterrichtlinie „Umweltqualitätsnormen“ (Richtlinie2008/105/EG) festgelegt. Sie bilden den Maßstab für den„guten chemischen Zustand“. In den deutschen Bewirt-schaftungsplänen wird die Tochterrichtlinie bishernoch nicht überall berücksichtigt, dies soll aber nochinnerhalb des laufenden ersten Bewirtschaftungs -zyklus ab Juli 2010 überall erfolgen.

4.1.4 Der chemische Zustand der Oberflächengewässer in Deutschland

Der chemische Zustand der Oberflächengewässer wirdin die beiden Klassen ● „gut“ und ● „nicht gut“ unter-teilt. Im Gegensatz zum ökologischen Zustand, derüber weite Strecken nur „mäßig“, „unbefriedigend“oder „schlecht“ ist, ist der chemische Zustand für einenGroßteil der Wasserkörper „gut“ (88%). Diese Einstu-fung ist über alle Flussgebiete und über alle Gewässer-kategorien hinweg ähnlich. Eine Ausnahme sind dieÜbergangsgewässer. Hier sind allerdings nur fünf Was-serkörper zu bewerten, von denen zwei den „gutenchemischen Zustand“ erreichen (40%). Bei den Flüssenerreichen ihn 88% aller Wasserkörper, bei den Seen 92%und bei den Küstengewässern 98%.

Karte 5 zeigt den chemischen Zustand für alle Oberflä-chenwasserkörper in Deutschland. Abbildung 12 stelltjeweils die prozentuale Verteilung für die Flussgebietedar.

Häufig werden Umweltqualitätsnormen überschritten,weil die Gewässer mit Polyzyklischen AromatischenKohlenwasserstoffen (PAK), Tributylzinn-Verbindun-gen (Biozid) oder den Schwermetallen Cadmium undQuecksilber belastet sind. Auch zu hohe Gehalte an Pes-tiziden (zum Beispiel Isoproturon, Diuron oder Lindan),von Fluoranthen (Zwischenprodukt bei der Herstellungvon Pharmazeutika), von bromierten Diphenylethern(Flammschutzmittel) sowie von DEHP (Diethylhexylph-thalat, Weichmacher) führen in Rhein, Ems, Elbe,Weser, Oder und Donau in einigen Wasserkörperndazu, dass die Normen nicht erfüllt werden.

Dabei ist zu beachten, dass es für einige chemische Stof-fe derzeit noch keine geeigneten Analyseverfahrengibt. Für die Bestimmung der Schadstoffe in aquati-schen Lebewesen (Biota) sind noch weitere Verfahrens-abstimmungen nötig, da diese in der TochterrichtlinieUmweltqualitätsnormen gefordert werden. Es ist aller-dings schon jetzt absehbar, dass beispielsweise dieUmweltqualitätsnorm für Quecksilber in Fischen von20 μg/kg sowohl in Binnengewässern als auch im Meerfast überall überschritten wird.

Die partikelgebundenen Schadstoffe sind in einemGewässersystem von besonderer Umweltrelevanz. Siebeeinflussen in vielfältiger Weise auch die Nutzbarkeiteines Gewässers mit seinen angrenzenden Auen/Mar-schen. Bei der Erfassung von Schadstoffen sollten daherauch diejenigen erfasst werden, die sich in Schwebstof-fen und Sedimenten anreichern.

Die Vorgaben zum chemischen Zustand haben sichdurch die Tochterrichtlinie Umweltqualitätsnormen(Richtlinie 2008/105/EG) Ende 2008 geändert. Sie ist ab13. Juli 2010 anzuwenden und wurde von den Bundes-ländern unterschiedlich berücksichtigt: Einige Ländergingen bereits nach ihr vor, andere haben den chemi-schen Zustand vieler Gewässer als unklar bezeichnetund wieder andere beide Ergebnisse miteinander ver-glichen. Diese Broschüre gibt den an die EuropäischeKommission berichteten Stand wieder. Bei einem Ver-gleich zeigt sich, dass nach der neuen Richtlinie deut-lich weniger Wasserkörper den „guten chemischenZustand“ erreichen. In der Flussgebietseinheit Elbe bei-spielsweise verfehlen bisher 9% aller bewerteten Was-serkörper den „guten chemischen Zustand“. UnterBerücksichtigung der neuen Richtlinie sind es 17%.

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Karte 5: Chemischer Zustand der Oberflächenwasserkörper in Deutschland (einige Bundesländer haben den chemischen Zustand bereits unter Berücksichtigung der Tochterrichtlinie

Umweltqualitätsnormen erfasst).

Auffällig ist, dass in Hessen der chemische Zustand häufig als „unklar“ eingestuft wird. Die Gründe hierfür liegen darin, dass in Hessen die erheblich verschärften Umweltqualitätsnormen für die beiden PAK-Isomere Benzo(g,h,i)perylen und Indeno(1,2,3-cd)-pyren der Richtlinie 2008/105/EG berücksichtigtund Überschreitungen der Qualitätsnormen an Überblicksmessstellen festgestellt wurden. Da nicht auszuschließen ist, dass auch bei weiteren MessstellenÜberschreitungen vorliegen (die Untersuchungen sind im ersten Bewirtschaftungszyklus geplant), wurden diese Wasserkörper bei der Bewertung des chemischen Zustands vorläufig in die Kategorie „unklar“ eingestuft.

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Abbildung 12: Chemischer Zustand der Oberflächenwasserkörper in den zehn für Deutschland relevanten Flussgebieten (einige Bundesländer haben den chemischen Zustand bereits unter Berücksichtigung

der Tochterrichtlinie Umweltqualitätsnormen erfasst). Datenquelle: Berichtsportal WasserBLIcK/BfG, Stand 22.03.2010.

4.2 Zustand des Grundwassers

Die Bewertung des Grundwasserzustands erfolgt aufEbene der Grundwasserkörper. Ein Grundwasserkörperbeschreibt ein abgegrenztes Grundwasservolumeninnerhalb eines oder mehrerer Grundwasserleiter. InDeutschland gibt es etwa 1.000 Grundwasserkörper miteiner Größe zwischen knapp 200 und über 1.000 Qua-dratkilometern, im Schnitt liegt die Fläche bei etwa 400Quadratkilometern. In Abbildung 13 sind Anzahl undmittlere Größe der Grundwasserkörper in den einzel-nen Flussgebieten dargestellt.

Die Wasserrahmenrichtlinie fordert für das Grundwasser einen „guten mengenmäßigen Zustand“ und einen „guten chemischen Zustand“ bis2015. Grundwasserkörper werden klassifiziert in● „gut“ oder● „schlecht“.

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Abbildung 13: Anzahl und mittlere Größe der Grundwasserkörper in den zehn für Deutschland relevanten Flussgebieten. Datenquelle: Berichtsportal WasserBLIcK/BfG, Stand 22.03.2010.

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4.2.1 Die Bewertung des mengenmäßigen Zustands

Um einen „guten mengenmäßigen Zustand“ sicherzu-stellen, darf die entnommene Wassermenge in keinem

Fall die Grundwasserneubildung überschreiten. Diezulässigen Entnahmen sollten deutlich geringer sein alsdie Neubildungsrate. Würde man so viel Wasser ent-nehmen wie zufließt, käme es durch den unvermeidba-ren natürlichen Abfluss zu einer Senkung des Grund-

Wichtiges Kriterium zur Beurteilung eines „gutenmengenmäßigen Zustands“ ist der Grundwasserspie-gel. Hierfür gilt, dass

● die verfügbare Grundwasserressource nicht vonder langfristigen mittleren jährlichen Entnahmeüberschritten wird,

● der Grundwasserspiegel keinen anthropogenenVeränderungen unterliegt, die

zu einem Verfehlen der ökologischen

Qualitätsziele gemäß Artikel 4 WRRL für in Verbindung stehende Oberflächengewässerführen,die Qualität dieser Gewässer signifikant verschlechtern,Landökosysteme, die unmittelbar vom Grundwasserkörper abhängen, signifikantschädigen.

● es nicht zu einem Zustrom von Salzwasser odersonstigen Zuströmen (Intrusionen) kommen darf.

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wasserspiegels und zu einer Minderung der Wasser-menge, die in Oberflächengewässer und Feuchtgebieteströmt.

4.2.2 Der mengenmäßige Zustand der Grundwasserkörper in Deutschland

In Karte 6 ist der mengenmäßige Zustand der Grund-wasserkörper in Deutschland dargestellt.

Insgesamt gibt es in Deutschland nur wenige Grund-wasserkörper, die übermäßig genutzt werden. Von deninsgesamt 1.000 Grundwasserkörpern verfehlen ledig-lich 38 (4%) den „guten mengenmäßigen Zustand“.

Mengendefizite treten zum Beispiel im Zusammen-hang mit Bergbauaktivitäten auf, insbesondere mit

Braunkohletagebauen und dem Salzbergbau. In diesenRegionen wurde oft über viele Jahrzehnte der Grund-wasserspiegel stark abgesenkt. Selbst nach Beendigungdes Bergbaus wird es viele Jahrzehnte dauern, bis sichder natürliche Grundwasserspiegel wieder eingestellthat.

Ein Grundwasserkörper im KoordinierungsraumTideelbe wurde durch eindringendes Salzwasser ineinen „schlechten mengenmäßigen Zustand“ einge-stuft. Zu hohe Grundwasserentnahmen führten in die-sem Fall zu einem Aufsteigen von versalzenem Tiefen-grundwasser. Auch hier wird es voraussichtlich langedauern, bis der Grundwasserkörper seinen natürlichenZustand erreicht und in einen „guten Zustand“ zurück-kehrt.

Abbildung 14: Mengenmäßiger Zustand der Grundwasserkörper in den zehn für Deutschland relevanten Flussgebieten. Datenquelle: Berichtsportal WasserBLIcK/BfG, Stand 22.03.2010.

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Karte 6: Mengenmäßiger Zustand der Grundwasserkörper in Deutschland.

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4.2.3 Die Bewertung des chemischenZustands

Der chemische Zustand des Grundwassers wird anhandvon Umweltqualitätsnormen und Schwellenwertenbewertet.

Grundwasser, das einen „guten chemischen Zustand“ hat, muss folgende Anforderungen erfüllen:

● Keine Anzeichen für Salz- oder andere Intrusionen.

● Die nach anderen einschlägigen Rechtsvor-schriften der Gemeinschaft gemäß Artikel 17Wasserrahmenrichtlinie geltenden Umwelt-qualitätsnormen und Schwellenwerte werdennicht überschritten.

Die Schadstoffkonzentrationen sind nicht sohoch, dass die Umweltziele für mit dem Grund-wasser in Verbindung stehende Oberflächenge-wässer verfehlt werden, dass deren ökologischeoder chemische Qualität signifikant verringertwird oder dass vom Grundwasser abhängigeLandökosysteme signifikant geschädigt werden.

Der „gute chemische Zustand“ stellt also zweierleisicher: zum Einen, dass das Grundwasser selbst einegute Qualität hat, zum Anderen aber auch, dass vomGrundwasser abhängige Oberflächengewässer undLandökosysteme nicht geschädigt werden.

Die Grundwasserrichtlinie der Wasserrahmen-richtlinie (Richtlinie 2006/118/EG) schreibt für Nitrat, Pflanzenschutzmittel, Biozide und derenrelevante Metaboliten2 europaweit geltende Umweltqualitätsnormen vor, die von allen Mit-gliedstaaten einzuhalten sind: für Nitrat 50 mg/l;für Pestizide, Biozide und deren relevante Meta-boliten jeweils 0,1 µg/l bzw. 0,5 µg/l als Summe.

Neben den europaweit geltenden Umweltqualitätsnor-men der Grundwasserrichtlinie müssen die Mitglied-staaten für weitere Stoffe nach Anhang II der RichtlinieSchwellenwerte festlegen. Beide gemeinsam – Umwelt-qualitätsnormen und Schwellenwerte – sind die ent-scheidenden Bewertungskriterien für den chemischenZustand der Grundwasserkörper.

Die Grundwasserrichtlinie nennt die Eckpunkte für dieGrundwasserüberwachung. Wird beispielsweise ankeiner Messstelle eine der Umweltqualitätsnormenbzw. ein Schwellenwert überschritten, ist der Grund-wasserkörper in einem „guten chemischen Zustand“.Werden an einer oder mehreren Messstellen Normenoder Schwellenwerte überschritten, muss geprüft wer-den, wie groß die verunreinigte Fläche ist und welcheAuswirkungen die Belastungen haben. Sind die Auswir-kungen relevant, ist der gesamte Grundwasserkörperin einem „schlechten chemischen Zustand“.

Grundwasser hat ein langes Gedächtnis: Ist ein Grund-wasserleiter erst einmal verschmutzt, braucht es langeZeit und oft auch einen hohen technischen und finan-ziellen Aufwand, das Gewässer wieder in den „gutenchemischen Zustand“ zu überführen. Deshalb enthältdie Grundwasserrichtlinie eine weitere wichtige Vorga-be. Sie fordert, dass stetige und lang anhaltende, stei-gende Trends bei Schadstoffen umzukehren sind. DieseRegelung soll verhindern, dass es zu einer weiterenAnreicherung von Schadstoffen im Grundwasserkommt. Auch Grundwasservorkommen, die bishernicht oder nur in geringem Umfang durch Schadstoffebelastet sind, sollen damit geschützt werden.

4.2.4 Der chemische Zustand der Grundwasserkörper in Deutschland

Der chemische Zustand des Grundwassers ist in Karte 7dargestellt. Abbildung 15 zeigt die prozentuale Vertei-lung des chemischen Zustands für das Grundwasser inden zehn Flussgebieten.

63% der Grundwasserkörper erreichen derzeit einen„guten chemischen Zustand“, 37% nicht (lediglichzwei Grundwasserkörper, also weniger als 1%, wurdenals „unklar“ eingestuft).

2 Bezeichnet hier Substanzen, die als Abbauprodukte von Pestiziden und Bioziden entstehen; relevant bedeutet, dass dieseMetabolite toxikologisch wirksam sind.

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Karte 7: Chemischer Zustand der Grundwasserkörper in Deutschland.

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Abbildung 15: Chemischer Zustand der Grundwasserkörper in den zehn für Deutschland relevanten Flussgebieten. Datenquelle: Berichtsportal WasserBLIcK/BfG, Stand 22.03.2010.

Ein häufiges Problem stellt die Belastung mit Nitratdar (Abbildung 16). Nitrat ist sehr gut wasserlöslichund gelangt über das Sickerwasser in das Grundwas-ser. Dadurch wird der Grenzwert von 50 mg/l in vielenGrundwasserkörpern überschritten. Zudem gelangtein erheblicher Anteil der Nährstoffe aus dem Grund-wasser wieder in die Oberflächengewässer und führtdort zu zusätzlicher Verunreinigung. Pestizide undandere Schadstoffe tragen verglichen damit deutlichseltener zur Grundwasserverschmutzung bei.

Die Trendermittlung ergibt folgendes Bild: Signifikantsteigende Trends wurden in 58 von 1.000 Grundwasser-körpern ermittelt (6%), (Abbildung 17). In zehn Wasser-körpern wurde ein Abwärtstrend der Schadstoffgehaltefestgestellt. Für viele Grundwasserkörper kann in die-sem ersten Bewirtschaftungsplan noch keine bzw. nureine ungesicherte Trendaussage getroffen werden, danicht überall ausreichend lange Zeitreihen über Nähr-und Schadstoffgehalte vorliegen.

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Abbildung 16: Bewertung der wichtigsten Stoffe für die Einstufung des chemischen Zustands der Grundwasserkörper in Deutschland. Datenquelle: Berichtsportal WasserBLIcK/BfG, Stand 22.03.2010.

Abbildung 17: Trendbewertung von Schadstoffgehalten in den Grundwasserkörpern in Deutschland. Datenquelle: Berichtsportal WasserBLIcK/BfG, Stand 22.03.2010.

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5 UMWELTZIELE UND AUSNAHMEN

Deutschland hat im Gewässerschutz in den zurücklie­genden Jahrzehnten viel erreicht. Insbesondere durch den Ausbau und Neubau von Kläranlagen haben sich die Wasserqualität und damit auch die biologisch-öko­logische Beschaffenheit der Oberflächengewässer deutlich verbessert. Dennoch: Viele Wasserkörper sind in keinem „guten Zustand“. Die Wasserrahmenrichtli­nie legt mit ihren Anforderungen bestehende Defizite offen - insbesondere im Bereich der Ökologie, die in der Wasserwirtschaft bisher weniger im Fokus stand.

Artikel 4 der Wasserrahmenrichtlinie benennt die Ziele, die in den drei Bewirtschaftungszyklen erreicht werden müssen:

● Bis 2015 (und danach unter bestimmten Bedingun­gen in zwei weiteren Zyklen von jeweils 6 Jahren) sollen alle Oberflächengewässer und das Grund­wasser den „guten Zustand“ erreichen.

● Die Verschlechterung des Zustands aller Wasser­körper muss vermieden werden.

● Die Einleitung von prioritären chemischen Stoffen soll schrittweise begrenzt und von prioritär gefährlichen Stoffen ganz eingestellt werden. Im Grundwasser müssen steigende Trends bei Schad­stoffen umgekehrt werden.

● Normen und Ziele gemeinschaftlicher Rechtsvor­schriften für Schutzgebiete, zum Beispiel für Gebiete zur Entnahme von Trinkwasser, für Bade­gewässer und für Vogelschutz- und Flora-Fauna-Habitate (FFH-Gebiete) müssen erfüllt sein.

Regionale und überregionale Bewirtschaftungsziele

Zu einem abgestimmten Flussgebietsmanagement gehören Bewirtschaftungsziele mit unterschiedlichem räumlichen Bezug. Ein überregionales Ziel ist beispiels­weise die Wiederherstellung der Gewässerdurchgängig­keit großer Flüsse oder die Verringerung anthropogen verursachter Nährstoffeinträge. Regionale und lokale

Ziele sind dagegen räumlich begrenzter, sie können aber durch ihre Wirkung überregionale Bewirtschaftungszie­le unterstützen. Zu regionalen Bewirtschaftungsfragen zählen zum Beispiel eine Optimierung von Misch- und Regenwassereinleitungen in Ballungsgebieten, eine Ver­minderung der Stoffeinträge aus kommunalen Kläranla­gen oder die Verbesserung der Hydromorphologie an kleineren Gewässerstrecken.

Ausnahmeregelungen nach Artikel 4 der Wasserrahmen­richtlinie ermöglichen es den Mitgliedsstaaten, die Frist für die gesetzten Ziele zu verlängern, um die Umweltziele in einem realisierbaren Zeitrahmen zu erreichen oder aber weniger strenge Umweltziele festzulegen. Alle Ausnah­men dürfen nur unter Erfüllung strenger Voraussetzungen in Anspruch genommen werden und müssen in den Bewirtschaftungsplänen detailliert und transparent doku­mentiert sein. Die Festlegung weniger strenger Umweltzie­le muss zudem alle sechs Jahre überprüft werden.

Nach Wasserrahmenrichtlinie werden Ausnahmetatbe­stände unterschieden in:

● Fristverlängerungen (Erreichung der Umweltziele bis 2021 oder 2027).

● Weniger strenge Umweltziele. ● Vorübergehende Verschlechterung durch

natürliche Ursachen oder durch höhere Gewalt (z.B. Überschwemmungen oder Dürren).

● Änderungen der physischen Eigenschaften von Wasserkörpern (z.B. Grundwasserstand, hydromor­phologische Merkmale durch Aufstau) oder neue nachhaltige Entwicklungstätigkeiten des Menschen (Änderungen sind von übergeordnetem öffentlichem Interesse).

Für alle Punkte gilt: die Ausnahmen für einen Wasser­körper dürfen das Erreichen der Umweltziele in einem anderen Wasserkörper nicht gefährden und es gelten nach wie vor die bestehenden gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften.

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5.1 Ausnahmen in DeutschlandInnerhalb des ersten Bewirtschaftungszyklus werdenfür 82% aller Oberflächenwasserkörper Ausnahmen inAnspruch genommen (Karte 8, Abbildung 18). Darinsind auch die „erheblich veränderten“ und „künstli-

chen“ Gewässer enthalten, für die Ausnahmen inAnspruch genommen worden sind. Beim Grundwasserwerden Ausnahmen für 36% der Wasserkörper inAnspruch genommen (Karte 9, Abbildung 19).

Karte 8: Zielerreichung und Inanspruchnahme von Ausnahmen für Oberflächenwasserkörper in Deutschland.

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Abbildung 18: Zielerreichung und Inanspruchnahme von Ausnahmen für Oberflächenwasserkörper in den zehn für Deutschland relevanten Flussgebieten. Datenquelle: Berichtsportal WasserBLIcK/BfG, Stand 22.03.2010.

Abbildung 19: Zielerreichung und Inanspruchnahme von Ausnahmen für Grundwasserkörper in den zehn für Deutschland relevanten Flussgebieten. Datenquelle: Berichtsportal WasserBLIcK/BfG, Stand 22.03.2010.

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Karte 9: Zielerreichung und Inanspruchnahme von Ausnahmen für Grundwasserkörper in Deutschland.

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In den meisten Fällen sind die Ausnahmen Fristverlän-gerungen (Abbildung 20 und Abbildung 21). Nur wennfeststeht, dass die Umweltziele auch bis 2027 nicht odernur unter unverhältnismäßigem Aufwand erreichbarsind, wurden geringere Umweltziele geltend gemacht.Ausnahmetatbestände wie eine vorübergehende Ver-schlechterung des Wasserkörpers, Änderungen seinerphysischen Eigenschaften oder neue nachhaltige Ent-wicklungstätigkeiten des Menschen wurden im erstenBewirtschaftungszyklus nicht in Anspruch genommen.

Fristverlängerungen bedeuten nicht, dass keine Maß-nahmen ergriffen werden. Oft spielen Unsicherheitenin der Bewertung der Gewässer eine Rolle. Solche Unsi-cherheiten entstehen z.B., wenn die Anzahl der biologi-schen Untersuchungen für einen Wasserkörper nichtrepräsentativ ist, Wasserkörper aufgrund fehlenderReferenzgewässer oder unsicherer Verfahren nichtbeurteilt werden können oder die Wirkung von Maß-

nahmen vor allem im Bereich der Hydromorphologienicht prognostiziert werden kann. Aber auch dieSchwierigkeit, langfristige Veränderungen der Nieder-schläge oder Auswirkungen von Extremereignissen wieHochwasser oder Trockenperioden einzuschätzen,kann zu solchen Unsicherheiten führen.

Weniger strenge Umweltziele sind bei Oberflächenge-wässern vorrangig dann Ausnahmetatbestand, wenn dieBelastung mit chemischen Schadstoffen zu hoch ist, alsoder „gute chemische Zustand“ verfehlt wird.

In der Flussgebietseinheit Weser bereitet z.B. in einigenkleineren Flüssen im Harzvorland im Bereich der Allerund der Oker die Schwermetallbelastung besondere Pro-bleme. Aus Abraumhalden, Bergwerksgruben, Altlastenund Altstandorten gelangen nach wie vor auf diffusemWege Schwermetalle in die Gewässer, was eine regionalbedeutsame Belastung darstellt.

Abbildung 20: Inanspruchnahme von Ausnahmeregelungen nach Artikel 4 Wasserrahmenrichtlinie fürOberflächengewässer (ökologischer und chemischer Zustand). Datenquelle: Berichtsportal WasserBLIcK/BfG, Stand 22.03.2010.

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Auch für das Grundwasser werden vorrangig Fristver-längerungen in Anspruch genommen, wenn auch ingeringerem Umfang.

Gerade bei Grundwasserkörpern sind Fristverlängerun-gen häufig deshalb nötig, weil die langen Grundwas-serfließzeiten dazu führen, dass sich die chemischeQualität nur langsam verbessert. Ähnliches gilt für dieGrundwassermenge: Ein schlechter mengenmäßigerZustand hat sich nicht in wenigen Jahren erholt. Grundfür weniger strenge Umweltziele für das Grundwassersind meist der Bergbau sowie Altlasten.

Abbildung 21: Inanspruchnahme von Ausnahmeregelungen nach Artikel 4 Wasserrahmenrichtlinie für Grundwasser (mengenmäßiger und chemischer Zustand).

Datenquelle: Berichtsportal WasserBLIcK/BfG, Stand 22.03.2010.

5.2 Wie werden Ausnahmen begründet?

Ausnahmen müssen in den Bewirtschaftungsplänenalle sechs Jahre neu geprüft werden.

Mögliche Gründe für Ausnahmen sind, dass

● die technische Durchführbarkeit nicht oder nur in Schritten gewährleistet ist,

● die Umsetzung bis 2015 zu unverhältnis -mäßigen Kosten führen würde,

● natürliche Gegebenheiten keine fristgerechteVerbesserung des Zustands zulassen.

„Technisch undurchführbar“ bedeutet, dass es keinetechnische Lösung für das Belastungsproblem gibtoder deren Entwicklung lange dauern würde. Aberauch Unkenntnis über die Belastungsursache oder

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offene wissenschaftliche Fragen fallen unter dieseBegründung.

„Unverhältnismäßige Kosten“ entstehen dann, wennder Kostenträger durch die notwendigen Maßnahmenfinanziell überlastet wäre oder das Kosten-Nutzen-Ver-hältnis deutlich negativ ist.

Die Begründung „natürliche Gegebenheiten“ bedeu-tet, dass beispielsweise Maßnahmen oft einen längerenZeitraum brauchen, bis sie ihre Wirkung in Gewässernund auf Lebensgemeinschaften entfalten und derErfolg messbar wird.

In den deutschen Flussgebieten werden Ausnahmenhäufig mit technischer Durchführbarkeit und natürli-chen Gegebenheiten begründet (Abbildung 22).

In den meisten Fällen sind mehrere Gründe dafür ver-antwortlich, dass Ausnahmen in Anspruch genommenwerden.

Abbildung 22: Begründungen für Inanspruchnahme von Fristverlängerungen und weniger strengen Umweltzielen für Oberflächen- und Grundwasserkörper.

Datenquelle: Berichtsportal WasserBLIcK/BfG, Stand 22.03.2010.

Gründe für Inanspruchnahme

von Fristverlängerungen

Gründe für Inanspruchnahme

von weniger strengen Umweltzielen

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6 DIE MASSNAHMENPROGRAMME

Im Rahmen der Gewässerüberwachung und Zustands-bewertung zeigte sich, dass derzeit viele Wasserkörperin Deutschland die Umweltziele der Wasserrahmen-richtlinie nicht erreichen. Das wirft konkrete Fragenauf: Was muss getan werden, damit sich natürlicheLebensgemeinschaften etablieren können? Wie kannder Eintrag von Nähr- und Schadstoffen verringert wer-den? Diese Fragen beantworten die Maßnahmenpro-gramme.

Jeder Mitgliedstaat muss nach Artikel 11 WRRL fürseine Flussgebiete beziehungsweise für seinenAnteil an einem Flussgebiet ein Maßnahmenpro-gramm erarbeiten. Die darin enthaltenen Maßnah-men sind bis 2012 in die Praxis umzusetzen bezie-hungsweise die entsprechenden Gesetze und För-derprogramme einzuführen. Eine Überprüfungder Programme auf ihre Wirksamkeit erfolgt 2015,danach alle sechs Jahre. Sollte sich zeigen, dassdie ergriffenen Maßnahmen möglicherweise nichtzum Erreichen der Umweltziele führen, muss dasProgramm aktualisiert werden. Nach dem gelten-den Landesrecht sind die Maßnahmenprogrammebehördenverbindlich, das heißt, sie müssen beiallen zukünftigen Planungen und Zulassungenvon Gewässernutzungen Berücksichtigung finden.

Die Wasserrahmenrichtlinie unterscheidet zwei Typenvon Maßnahmen (nach Art. 11 Abs. 2,3 und Anhang VI):grundlegende Maßnahmen und ergänzende Maßnah-men. Die Planung für beide Typen erfolgt in der Regeldurch die Wasserbehörden der Bundesländer, für dieBundeswasserstraßen ist grundsätzlich die Wasser- undSchifffahrtsverwaltung des Bundes verantwortlich. DieBehörden legen für jeden Wasserkörper spezifischeund den Belastungen angepasste Einzelmaßnahmenoder Maßnahmenkombinationen fest.

Grundlegende und ergänzende Maßnahmen

1. Grundlegende Maßnahmen stellen die Mindestanfor-derungen an den Gewässerschutz und die Gewäs-serentwicklung dar. Sie sind in bereits bestehendenRichtlinien festgelegt oder dienen zur Erfüllunggrundlegender wasserwirtschaftlicher Anforderun-gen (Art. 11 Abs. 3 Wasserrahmenrichtlinie). Dazugehören z.B. Maßnahmen aus der Richtlinie überdie Behandlung von kommunalem Abwasser (Richt-linie 91/271/EWG), der Nitratrichtlinie (Richtlinie91/676/EWG) oder der Trinkwasserrichtlinie..

2. Ergänzende Maßnahmen sind notwendig, wenn diegrundlegenden Maßnahmen nicht ausreichen, umdie Ziele der Wasserrahmenrichtlinie zu erreichen -neben Bau- und Sanierungsvorhaben beispielsweiseauch rechtliche, administrative oder steuerlicheInstrumente und Fortbildungsmaßnahmen.

Grundlage für die Festlegung der Maßnahmen bildetein für Deutschland entwickelter Maßnahmenkatalog.Er wurde von der LAWA (Bund/Länder-Arbeitsgemein-schaft Wasser) erarbeitet, um eine einheitliche Darstel-lung in Deutschland zu gewährleisten. Im Maßnahmen- katalog werden zunächst nach Anhang II der Wasser-rahmenrichtlinie die unterschiedlichen Belastungsar-ten differenziert und nach Verursachern unterteilt.Diesen werden dann spezifische Maßnahmen zugeord-net (Tabelle 2 / Seite 46).

Bei der Auswahl der Maßnahmen werden verschiedeneFaktoren zugrunde gelegt: Erreicht man mit der Maß-nahme das geforderte Umweltziel und wie schnellwirkt sie? Reicht eine einzelne Maßnahme aus, odersind mehrere in Kombination notwendig oder womög-lich ökologisch effizienter? Sind die Maßnahmen tech-nisch umsetzbar und finanzierbar? Generell gilt: EineMaßnahme sollte bei möglichst hoher Wirkung mög-lichst geringe Kosten verursachen (Kostenwirksam-keit).

Für das Maßnahmenprogramm war zudem eine strate-gische Umweltprüfung (SUP) nach der Richtlinie

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Tabelle 2: Beispielhafter Auszug aus dem Maßnahmenkatalog der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Wasser (LAWA) alsGrundlage für die Maßnahmenplanung.

Belastungsart Gruppe/Sektor/Verursacher Maßnahmenbezeichnung

Punktquellen Kommunen/Haushalte Neubau und Anpassung von kommunalen Kläranlagen

Diffuse Quellen LandwirtschaftAnlage von Gewässerschutzstreifen zur Reduzierung der Nährstoffeinträge

Wasserentnahmen Bergbau Reduzierung der Wasserentnahmen für den Bergbau

Morphologische Veränderungen Morphologie Verbesserung von Habitaten im Uferbereich

Andere anthropogene Auswirkungen Fischereiwirtschaft Besatzmaßnahmen

2001/42/EG durchzuführen. Die Aufgabe der SUPbesteht darin, die Umweltauswirkungen der Maßnah-menprogramme auf andere Umweltbereiche zu ermit-teln, zu bewerten und in die Entscheidungsfindungeinzubringen. Im Rahmen der SUP wurde zum Maß-nahmenprogramm ein Umweltbericht erstellt.

6.1 Die Maßnahmenplanung bezieht mit ein…

Naturschutz, Klimawandel, Meeres- und Hochwas-serschutz sind wesentliche Aspekte, die in dieMaßnahmenplanung eingebunden werden müs-sen. Das erfordert ein hohes Maß an Koordinationzwischen Ländern und Gemeinden, aber auch Betreibern von Wasserkraftanlagen, der Schiff-fahrtsverwaltung und vielen anderen Akteuren.

6.1.1 Schutzgebiete und Naturschutz

Viele gefährdete Tier- und Pflanzenarten sind aufLebensräume angewiesen, die unmittelbar vom Was-ser abhängen und deshalb besonderen Schutz brau-chen. Auch für die Gewinnung von Trinkwasser oderfür Erholung und Tourismus sind Schutzgebiete unver-zichtbar.

Insgesamt gibt es in Deutschland rund 21.600 Schutz-gebiete, dazu gehören:

● 13.245 Trinkwasserschutzgebiete: Gebiete für dieEntnahme von Wasser zum menschlichenGebrauch nach Artikel 7 Wasserrahmenrichtlinie

● 294 Gebiete zum Schutz wirtschaftlich bedeutenderaquatischer Arten wie Muschel- und Fischgewässer

● 2.178 Erholungs- und Badegewässer (Seen und Küstengewässer)

● Nährstoffsensible und -empfindliche Gebiete:Deutschland wendet die einschlägigen Richtlinien(Kommunalabwasser- und Nitratrichtlinie) flächen-deckend an

● 5.892 Naturschutzgebiete: 984 EG-Vogelschutz- und4.908 Flora-Fauna-Habitat-Gebiete (FFH-Gebiete)mit aquatischen Schutzzielen

Der Naturschutz spielt eine Rolle bei der Umsetzungder Wasserrahmenrichtlinie: Die EG-Vogelschutz- unddie FFH-Richtlinie haben zum Ziel, in Europa ein kohä-rentes, ökologisches Netz besonderer Schutzgebietemit der Bezeichnung „Natura 2000“ zu errichten. Die-ses Netz soll den Fortbestand oder gegebenenfalls dieWiederherstellung von europaweit gefährdetenLebensräumen und das Überleben von geschütztenArten sichern. Bei der Bewirtschaftung von Grund- undOberflächengewässern, die in einem Natura 2000-Gebiet liegen, werden die Maßnahmen gemäß Wasser-rahmenrichtlinie mit den jeweiligen Erhaltungs- und

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Entwicklungszielen für das Natura 2000-Gebiet mit denNaturschutzbehörden abgestimmt.

Auch die Auen und Flussniederungen sind unverzicht-bar für den Erhalt der Artenvielfalt und den ökologi-schen Hochwasserschutz. Etwa 50% der bestehendenAuen liegen in Natura 2000-Gebieten. Dennoch wer-den sie häufig als Grünland oder Ackerfläche, aberauch für Siedlungs- und Verkehrszwecke intensivgenutzt. Derzeit kann nur noch rund ein Drittel derehemaligen Überschwemmungsflächen bei Hochwas-ser überflutet werden – an Rhein, Elbe, Donau und Odersind es an vielen Abschnitten nur noch zehn bis 20%. InAbbildung 23 ist der Zustand der Fluss- und Auenland-schaften in Deutschland dargestellt.

Maßnahmen zur Umsetzung der Wasserrahmenrichtli-nie können Naturschutzziele unterstützen, beispiels-weise wenn ein Fließgewässer durch Renaturierung

Abbildung 23: Zustand der Gewässerstruktur von Fließgewässern und der Auenlandschaften in Deutschland(Quelle: Bund-/Länder-Arbeitsgemeinschaft Wasser, Bundesamt für Naturschutz.

Gewässerstruktur: 33.000 km große und ausgewählte Flüsse. Auenzustand: Flüsse mit Einzugsgebieten größer 1.000 km2).

40%

30%

20%

10%

0%

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wieder natürliche Strukturen entwickelt und Lebens-räume für die Wiederansiedlung von Arten entstehen.Die Ziele können aber auch konkurrieren: So kann dieWiederherstellung der Gewässerdurchgängigkeitdurch einen Rückbau eines Wehres negative Folgenauf wertvolle Auenbiotope haben, die von einemerhöhten Wasserstand abhängig sind. Bei solchen Ziel-konflikten können oftmals vermittelnde Lösungengefunden werden, die mit den Zielsetzungen sowohldes Gewässer- wie des Artenschutzes vereinbar sind.Gegebenenfalls muss eine Abwägung erfolgen, welcheZiele im Einzelfall höherrangig einzustufen sind oderwie Nachteile ausgeglichen werden können.

6.1.2 Klimawandel

Bislang wurde in keinem Bewirtschaftungsplan inDeutschland der Klimawandel als Belastung ausgewie-sen, er wird aber durchweg thematisiert. Saisonal undregional kann der Klimawandel zu spürbaren Verände-rungen führen, die Anpassungen der Wasserwirtschafterforderlich machen. Mögliche Effekte und daraus

resultierende Änderungen in der Bewirtschaftung sindin dem Strategiepapier der LAWA „Klimawandel – Aus-wirkungen auf die Wasserwirtschaft“ beschrieben.

Um den Einfluss klimatischer Veränderungen auf denGewässerschutz einschätzen zu können, wurden ineinigen Flussgebieten geplante Maßnahmen einemersten „Klima-Check“ unterzogen. Eine Reihe von For-schungsprojekten zielt darauf ab, die Auswirkungenauf das Wasserdargebot und die Grundwasserneubil-dung zu untersuchen. Regionale Effekte und notwendi-ge Anpassungen der Wasserwirtschaft werden derzeitin verschiedenen Projekten untersucht (zum Beispielim Projekt „KliWa – Klimaveränderung und Konse-quenzen für die Wasserwirtschaft“ mit den LändernBayern, Rheinland Pfalz und Baden-Württemberg oderim Projekt KLIWAS – Auswirkungen des Klimawandelsauf Wasserstraßen und Schifffahrt). Diese und auchkünftige Erkenntnisse werden langfristig in den Ent-scheidungsprozessen zur Erstellung der Maßnahmen-programme und Bewirtschaftungspläne berücksich-tigt.

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6.1.3 Meeresschutz

Ostsee, Nordsee und Wattenmeer haben große ökolo-gische und ökonomische Bedeutung. Daher kommtdem Schutz dieser Lebensräume bei der Umsetzung derWasserrahmenrichtlinie eine besondere Bedeutung zu.Die Wasserrahmenrichtlinie unterstreicht bereits inder Präambel die Verpflichtung der Mitgliedsstaaten,internationale Übereinkommen zum Meeresschutzumzusetzen. Gemäß Artikel 1 Wasserrahmenrichtliniebesteht das grundsätzliche Ziel des Schutzes der Mee-resgewässer darin, „...in der Meeresumwelt für natürlichanfallende Stoffe Konzentrationen in der Nähe der Hinter-grundwerte und für anthropogene synthetische StoffeKonzentrationen nahe Null zu erreichen“. Als weiterewichtige Grundlage für den Meeresschutz gilt die 2008in Kraft getretene EG-Meeresstrategie-Rahmenrichtli-nie (Richtlinie 2008/56/EG). In dieser Richtlinie ist einAbgleich mit der Wasserrahmenrichtlinie ausdrücklichvorgesehen.

Der am häufigsten genannte Grund für die Zielverfeh-lung der Küstengewässer – derzeit erreichen lediglich1,5% den „guten ökologischen Zustand“ – ist die hoheNährstoffbelastung aus den Zuflüssen. Anders gesagt:Bei der Festlegung von Umweltzielen im Binnenlandmuss berücksichtigt werden, dass die Nährstoffe zueinem großen Teil über die Flüsse ins Meer eingetragenwerden. Deshalb wurden in den Flussgebieten oft über-regionale Bewirtschaftungsziele für Nährstoffe ausSicht des Meeresumweltschutzes abgeleitet. In denFlussgebieten Elbe, Eider und Schlei-Trave soll der fürden „guten Zustand“ in den Küstengewässern notwen-

dige Reduzierungsumfang für Nährstoffe von 30%unter Ausnutzung der drei in der Wasserrahmenricht-linie vorgesehenen Bewirtschaftungszyklen erreichtwerden.

Unter dem OSPAR-Übereinkommen haben die Ver-tragsparteien gefährliche Stoffe definiert und gelistet.13 davon finden sich als prioritär gefährliche Stoffe imAnhang X der Wasserrahmenrichtlinie wieder. Sie dür-fen laut Wasserrahmenrichtlinie nach dem Jahr 2028nicht mehr eingeleitet werden.

Zum Schutz der Ostsee haben 2007 die Umweltministerder Ostseeanrainer den Helsinki-Kommission-Ostsee-aktionsplan (HELCOM Baltic Sea Action Plan, BSAP) ver-abschiedet. Die vier Hauptthemen spiegeln die wesent-lichen Belastungen und Belastungsquellen des Ökosys-tems Ostsee wider: Eutrophierung, Biodiversität,gefährliche Stoffe und maritime Aktivitäten. Ein Katalog listet Maßnahmen, die zur Verbesserung derGewässerqualität bzw. der Biodiversität ergriffen wer-den müssen, und er nennt Verantwortliche und Zeitho-rizonte. Damit ist dieser Plan auch für die Umsetzungder Wasserrahmenrichtlinie von Bedeutung.

Maßnahmen in den Flussgebieten, die insbesondereBelastungen aus diffusen Quellen mindern können,sind ein Beitrag zur Entlastung auch der Küstengewäs-ser. Dazu gehören Verwendung von Gülle und Mineral-dünger nach Pflanzenbedarf, Zwischenfruchtanbauoder emissionsarme Formen der Bodenbearbeitungoder eine Wiedervernässung von Feuchtgebieten.

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6.1.4 Hochwasserrisikomanagement

Die Wasserrahmenrichtlinie enthält selbst keine Rege-lungen, die die Folgen von Hochwasser betreffen. Inder 2007 in Kraft getretenen Hochwasser-Risikomana-gementrichtlinie (Richtlinie 2007/60/EG) ist dagegenvorgesehen, dass diese mit der Wasserrahmenrichtliniekoordiniert werden soll. Ziel ist ein grenzübergreifendabgestimmter Umgang mit Hochwasserereignissen zurReduzierung von Risiken in den Flussgebieten. Auchder Zeitplan der Umsetzung wurde mit der Wasserrah-menrichtlinie synchronisiert: Bis 2015 müssen die Mit-gliedsstaaten Hochwasser-Risikomanagementpläneerstellen.

Eine Vielzahl von Maßnahmen aus den Bewirtschaf-tungsplänen wirken sich positiv auf den Hochwasser-schutz aus: Breitere Auen und möglichst natürlicheGewässerläufe verlangsamen den Wasserabfluss undsteigern die Versickerung. Eine Verbesserung derRetentionswirkung durch Renaturierungen und dieAnbindung von Altarmen an die Hauptgewässer dientHochwasserschutz und Ökologie gleichermaßen.

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6.2 Die Maßnahmenplanung in den Flussgebieten

Die Maßnahmen an den Wasserkörpern werden in grö-ßeren Einheiten zusammengefasst dokumentiert. Fürdie Oberflächengewässer sind das die so genanntenPlanungseinheiten, davon gibt es 225, und für dasGrundwasser die Koordinierungs- oder Teilräume, ins-gesamt 41. Planungseinheiten und Koordinierungsräu-me werden in der Regel hydrologischen Grenzen fol-gend festgelegt. Sie führen oft über Ländergrenzen undandere administrative Grenzen hinweg

Abbildung 24 zeigt, welche Arten von Maßnahmen anOberflächengewässern in wie vielen Planungseinhei-ten im ersten Bewirtschaftungszyklus bis 2015 durchge-führt werden sollen.

In nahezu allen Planungseinheiten sind Aktivitäten inden Bereichen „Morphologie“, „Landwirtschaft“,„Durchgängigkeit“, „Kommunen/Haushalte“ und„Misch- und Niederschlagsentwässerung“ geplant.Ebenso häufig sind konzeptionelle Maßnahmen, dazugehören Beratungsangebote, freiwillige Kooperatio-nen oder die Einrichtung und Anpassung von Förder-programmen. Auch eine Reduzierung der Belastungenaus der Fischerei ist in mehreren Planungseinheitenvorgesehen. Bergbau, andere Industriebranchen oderAltstandorte sind dagegen nur von regionaler Bedeu-tung (siehe auch Kapitel 6.3).

Abbildung 25 zeigt die Anzahl der wichtigsten geplan-ten Maßnahmengruppen in den Koordinierungsräu-men für das Grundwasser.

Abbildung 24: Planungseinheiten mit Maßnahmen für die Oberflächengewässer. Datenquelle: Berichtsportal WasserBLIcK/BfG, Stand 22.03.2010.

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Abbildung 25: Koordinierungsräume mit Maßnahmen für das Grundwasser. Datenquelle: Berichtsportal WasserBLIcK/BfG, Stand 22.03.2010.

In beinahe allen Koordinierungsräumen ist eine Ver-ringerung des Nährstoff- und Pestizideintrags aus derLandwirtschaft geplant und auch notwendig: DieLandwirtschaft ist gegenwärtig wesentlicher Verursa-cher für die Verschmutzung des Grundwassers. Anfor-derungen durch den Bergbau sowie Altlasten/Altstand-orte sind wiederum regional auf einige Flussgebietebegrenzt.

6.3 Die Gewässernutzer sind gefragt

Verursacher der Gewässerbelastungen sind verschiede-ne Nutzer beziehungsweise Sektoren. Dazu gehörenLandwirtschaft, Gewerbe und Industrie, aber auchKommunen und Haushalte. Sie alle müssen ihren Teildazu beitragen, die Gewässerbelastungen langfristigund nachhaltig zu senken. Eine Belastung lässt sichnicht immer klar einem bestimmten Verursacherzuweisen, sondern ist häufig eine Summe aus mehre-ren Nutzungen. Das betrifft vor allem Beeinträchtigun-

gen der Hydromorphologie. Nach Wasserrahmenricht-linie gilt das so genannte Verursacherprinzip: Wer einGewässer nutzt und dabei belastet, soll auch die not-wendigen Verbesserungsmaßnahmen ergreifen oderdafür aufkommen (siehe auch Kapitel 7).

6.3.1 Landwirtschaft

Typische Gewässerbelastungen aus der Landwirt-schaft sind Nährstoff- und Pestizideintrag sowieBeeinträchtigungen der Hydromorphologie vorallem an kleineren Gewässern.

Belastungen

Landwirte haben zur Ernährung der Bevölkerung dieLandschaften über Jahrhunderte geprägt und dabeiLebensräume für Pflanzen und Tiere verändert. 2007gab es in Deutschland ca. 349.000 Betriebe mit mehr als

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zwei Hektar Nutzfläche. Hier warenrund 850.000 Personen beschäftigt.Land-, Forstwirtschaft und Fischereierzielten 2007 0,9% der Bruttowert-schöpfung bei einem Anteil von 2,14%der Erwerbstätigen. Insgesamt wur-den 16,9 Mio. Hektar Boden landwirt-schaftlich genutzt, das entsprichtrund 48% der Gesamtfläche Deutsch-lands. Davon entfielen knapp 12 Mio.Hektar auf die Pflanzenproduktion,knapp 5 Mio. Hektar auf Dauergrün-land.

Vor allem die konventionelle Bewirt-schaftung mit erhöhtem Einsatz anDünge- und Pflanzenschutzmittelnist Ursache für einen erheblichenAnteil der Schadstoffe in Flüssen,Seen und Grundwasser: Der diffuseStoffeintrag aus der Landwirtschaftist für den überwiegenden Teil derNährstoffeinträge in Grund- undOberflächenwasserkörper verant-wortlich. Diese gelangen auf unter-schiedlichen Wegen in die Gewässer, z.B. durch Erosionoder Versickerung. Weiterhin führen auch Reinigungs-arbeiten an Spritzgeräten, Unfälle im Umgang mitPflanzenschutzmitteln und unsachgemäße Anwen-dungen von Spritzmitteln zur Überschreitung derUmweltqualitätsnormen bei Pestiziden in Gewässern.Diffuse Einträge aus der Landwirtschaft haben häufigdort ihr Maximum, wo noch zu hohe Tierbestände aufaustragsgefährdeten Standorten gehalten werden.

Obwohl die Landwirtschaft in Deutschland ordnungs-rechtlichen Auflagen des Gewässerschutzes unterliegt(zum Beispiel durch Nitrat- und Pflanzenschutzmittel-Richtlinie, Düngeverordnung, Pflanzenschutzgesetz)und auf freiwilliger Basis weitere Maßnahmen desGewässerschutzes nach den Agrar-Umweltprogram-men durchführt, sind, trotz nachweislicher Erfolge, vorallem die Nährstoffeinträge nach wie vor zu hoch. Vonetwa 1.000 Grundwasserkörpern verfehlen 370 Wasser-körper den „guten Zustand“, davon 350 aufgrund vonStoffeinträgen aus diffusen Quellen. Etwa 7.400 von9.900 Oberflächenwasserkörpern sind aufgrund diffu-ser Quellen signifikant belastet. Landentwässerungund Landwirtschaft stellen in Deutschland zudem dieHauptgründe für die Ausweisung als erheblich verän-derte Gewässer dar.

Maßnahmen

In Abbildung 26 ist zu sehen, dass in nahezu allen deut-schen Planungseinheiten und KoordinierungsräumenMaßnahmen im Bereich der Landwirtschaft geplantsind. Um eine deutliche Reduzierung der landwirt-schaftlichen Belastungen zu erzielen, sind in den Pro-

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grammen zahlreiche Maßnahmen vorgesehen. Diesewurden in vielen Fällen gemeinsam von Wasserwirt-schaft und Landwirtschaft erarbeitet und gehen überdie gesetzlichen Mindestanforderungen zur Einhal-tung der guten fachlichen Praxis hinaus:

● Limitierung der Ausbringungsbedingungen fürmineralischen Dünger

● Ausweitung der Winterbegrünung (Anbau von Zwischenfrüchten und Untersaaten)

● Eine Extensivierung der Landwirtschaft ist nur inEinzelfällen vorgesehen

● Erhöhung der Bodenbedeckung, Boden schonendeBearbeitungsverfahren

● Gewässerschonende Ausbringung von Gülle z.B.durch veränderte Ausbringungstechniken, Schutz-zonen, zeitliche Limitierung der Ausbringung,Erhöhung der Lagerkapazitäten

● Ausbringungsverbote für Pestizide

● Ausweitung des Ökolandbaus

● Errichtung von Gewässerrandstreifen, Eigendynamische Entwicklung von Gewässern

● Mehr bzw. gezieltere Informations- und Beratungsangebote für Landwirte

Abbildung 26: Planungseinheiten und Koordinierungsräume mit Maßnahmen im Bereich Landwirtschaft. Datenquelle: Berichtsportal WasserBLIcK/BfG, Stand 22.03.2010.

Ökolandbau hat sowohl ökologisch als auch ökono-misch gesehen Zukunft: Eine Ausdehnung des Öko-landbaus senkt die Stickstoffeinträge ins Grundwasserund den Einsatz synthetischer Pflanzenschutzmittel.Verbraucher fragen zunehmend nach Ökoproduktenund der Markt wächst seit Jahren.

Die Anfang 2008 für die Flussgebiete Rhein und Donaugestartete Initiative „Grundwasserschutz durch Öko-landbau“ zeigt Wege für eine Umstellung auf umwelt-verträglichere Bewirtschaftungsformen. WichtigeBestandteile der Initiative sind gezielte Beratung von

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Landwirten und die Zusammenführungvon verschiedenen Akteuren zu Partnern.Die wesentlichen wasserwirtschaftlichenProbleme werden allerdings nur dann zulösen sein, wenn auch die Wirtschaftsweiseder konventionellen Landwirtschaft weiteran die Erfordernisse des Gewässerschutzesangepasst wird.

Anfang 2001 hat die Bundesregierung dieStärkung des ökologischen Landbaus zumZiel der deutschen Agrarpolitik erklärt. DieZielvorgabe lautete: 20% Ökolandbau bezo-gen auf die Anbaufläche bis zum Jahr 2010.Diese Zielvorgabe wurde seitens der derzei-tigen Bundesregierung modifiziert um derTatsache Rechnung zu tragen, dass die Ent-scheidung über einen Einstieg in den ökolo-gischen Landbau den einzelnen Betriebenobliegt. Ökologische Landwirtschaft stehtdamit in einem gleichberechtigten Neben-einander zu konventionellen Wirtschafts-methoden. Seit 2003 verzeichnet der Bio-Landbau in Deutschland zwar ein stabiles, aber nurgeringes Wachstum bei den Flächen und Betrieben(zwischen 2 bis 5% Flächenzuwachs im Zeitraum 2003bis 2007). Im Jahr 2007 lag der Anteil bei 5,1% an derLandwirtschaftsfläche (Fortschrittsbericht 2008 derBundesregierung zur nationalen Nachhaltigkeitsstra-tegie).

Neuere Entwicklungen, wie die erhöhte Nachfragenach nachwachsenden Rohstoffen für die Energiepro-duktion, erhöhen vielerorts die Anreize einer intensi-ven Bewirtschaftung – ein Trend, der den Zielen desGewässerschutzes entgegenläuft.

Wirksamkeit der Maßnahmen

Die überwiegende Zahl der geplanten Maßnahmen imBereich Landwirtschaft geht über den gesetzlichenRahmen zum Zeitpunkt der Erstellung der erstenBewirtschaftungspläne hinaus, sie sind freiwillig undwerden finanziell abgegolten. Viele Bundesländerhaben für die Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinieso genannte Gebietskulissen ausgewiesen und steuerndie ergänzenden Maßnahmen vorrangig in diesen ofthoch belasteten Gebieten.

Damit Maßnahmen erfolgreich sind, müssen sie vor Ortgemeinsam mit Landwirten und gegebenenfalls Ver-tretern von Boden- und Naturschutz geplant und reali-siert werden. Doch stehen wirtschaftliche Erwägungeneiner auf Ertragsoptimierung ausgerichteten Land-wirtschaft den ökologischen Anforderungen häufigentgegen. Besonders wirksame, aber mit hohen Kostenverbundene Maßnahmen, wie z.B. eine Verringerungder Nutztierbestände, wurden deshalb nur in wenigenFällen in die Maßnahmenprogramme aufgenommen.Auch ist zwar häufig die Errichtung eines Gewässer-randstreifens vorgesehen, jedoch ist die laut dem ab1.3.2010 geltenden neuen Wasserhaushaltgesetz vorge-gebene Mindestbreite von fünf Metern nicht immerausreichend, um hinreichende ökologische Verbesse-rungen zu erzielen. Um die Ziele der Wasserrahmen-richtlinie zu erreichen, sind über die bisher vorgesehe-nen Maßnahmen hinaus weitere Anstrengungen erfor-derlich.

Umsetzung der Maßnahmen und Kosten

Träger der Maßnahmen sind die Landwirte. Ein Großteilder o.g. Maßnahmen wurde von den Bundesländern indie Fördertatbestände der Programme zur ländlichenEntwicklung einbezogen (Tabelle 3).

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Tabelle 3: Übersicht über die gewässerrelevanten Fördertatbestände in den Programmen zur ländlichen Entwicklung der Bundesländer

BW BYBB/BE

HH HE MVNI/HB

NRW

RP SL SN ST SH THFörderspanne

[e/ha]

extensive Grünlandnutzung X X X X X X X X X X X X X X 70-200

Auflagen in Bezug auf den Viehbesatz X X X X X X X X X X X

PSM-Verbot X X X X X X X X X X (X) X 40-156

Düngerverbot X X X X X X X X X (X) X

Umbruchverbot X X X X X X X X

Umwandlung von Ackerland in Grünland X X X X X X X X 124-491

kein Gülleeinsatz X X X (X) X

extensive Weidenutzung X X X X X X X 108-200

Feucht- und Nasswiesen X X X X

ökologische Anbauverfahren X X X X X X X X X X X

Düngung aufgrund von Bodenanalysen X X X X

Bodenschonung und Erosionsschutz (Zwischenfrüchte, Untersaat, Begrünung)

X X X X X X X X X X 45-90

Mulch- und/oder Direktsaat X X X X X 40-120

vielfältige Fruchtfolge X X X X X X 20-50

umweltschonende Ackernutzung in sensiblen Bereichen

X X X X

Verzicht auf Klärschlamm und Gülle auf geförderten Flächen

X X X X X

Begrenzung des N-Überschusses X

Stilllegung Ackerflächen X X X X X X

Grundwasser schonende Bewirtschaftung von stillgelegten Ackerflächen

X X

Acker-, Gewässerrand-, Blühstreifen X X X X X X X X X X X 55-740

Schutz und Entwicklung von Mooren X X X X X X

extensive Teichwirtschaft X X X

naturnahe Gewässerentwicklung X X X X X X X X X X

hohe Wasserhaltung, feuchte Standorte X X X

Beratung, Bildung X X X

Planungen und Konzepte X X X X X X X

Veröffentlichungen, Öffentlichkeitsarbeit X X x

Finanzierung von Modellprojekten X

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Die wenigsten Bewirtschaftungspläne und Maßnah-menprogramme geben Hinweise zur Finanzierung derMaßnahmen. Es kann davon ausgegangen werden,dass vor allem die Mittel der zweiten Säule der Gemein-samen Agrarpolitik der EU einen wichtigen Beitrag lie-fern werden. Die ELER-Verordnung3 ist die rechtlicheGrundlage für die als Zweite Säule der GemeinsamenAgrarpolitik (GAP) bezeichnete Politik für ländlicheRäume Europas in den Jahren 2007 bis 2013. Die Mittelaus dem ELER (rund 8,1 Mrd. Euro) und die nationalenöffentlichen Mittel für denselben Zeitraum machen inDeutschland zusammen rund 13,2 Mrd. Euro aus. Darü-ber hinaus hat jedes Bundesland die Möglichkeit, dieMittel aus dem eigenen Budget finanziell aufzusto-cken. Auf diese Weise fließen weitere 3,2 Mrd. Euro in

die Förderung des ländlichen Raums. Insgesamt stehensomit etwa 16,4 Mrd. Euro für die Förderphase 2007 bis2013 für Maßnahmen und Projekte im Bereich Land-wirtschaft für alle Aspekte der ländlichen Entwicklung,welche über grundlegende gesetzliche Anforderungenhinausgehen, zur Verfügung. Gewässerschutzfördern-de Maßnahmen beanspruchen davon je nach Bundes-land etwa zwischen einem Fünftel und einem Drittelder Mittel.

Für den Gewässerschutz von besonderer Bedeutungsind vor allem die Zahlungen in den ersten beiden Ach-sen der ELER-Verordnung (Abbildung 27).

Abbildung 27: Die wichtigsten, für den Wasserschutz relevanten Maßnahmen der ELER-Verordnung.

Achse 1: „Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit der Land- und

Forstwirtschaft“

Berufsbildung und Informationsmaßnahmen

Inanspruchnahme von Beratungsdiensten

Modernisierung landwirtschaftlicher Betriebe

Zahlungen in anderen Gebieten mit Benachteiligungen

Zahlungen im Rahmen von Natura 2000und im Zusammenhang mit WRRL

Zahlungen für Agrarumweltmaßnahmen

Zahlungen für Maßnahmen zur Förderung der nachhaltigen

Bewirtschaftung bewaldeter Flächen

Achse 2: „Verbesserung der Umwelt und Landwirtschaft“

3 ELER steht für Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums.

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Von den genannten ELER-Mitteln entfallen für alle Bun-desländer etwa 3,5 Mrd. Euro (26,5%) auf Achse 1 und5,5 Mrd. Euro (41,8%) auf Achse 2. Die Verteilung inner-halb der Länder variiert stark. Zukünftig bergen dieAchsen 3 (Lebensqualität im ländlichen Raum undDiversifizierung der ländlichen Wirtschaft) und 4 (Lea-der = Verbindung zwischen Aktionen zur Entwicklungder ländlichen Wirtschaft) zusätzlich Potenzial, denGewässerschutz stärker zu unterstützen. In Achse 3 fin-det sich z.B. der Erhalt kulturellen Erbes, worunter eini-ge Bundesländer auch die Renaturierung von Gewäs-sern fördern.

Achse 2 umfasst die Agrar-Umweltmaßnahmen, die oft-mals den wichtigsten Beitrag zum Gewässerschutz leis-ten. Für Deutschland entfallen etwa 23,5% der öffentli-chen ELER-Gelder auf diese Maßnahmen, wobei auchhier der Anteil in den Bundesländern stark schwankt.

Darüber hinaus eröffnet die ELER-Verordnung in Art.38 die Möglichkeit, wirtschaftliche Nachteile von recht-lich verbindlichen Maßnahmen, die explizit für dieUmsetzung der Wasserrahmenrichtlinie gedacht sind,finanziell abzugelten. Hiervon wurde in der Vergan-genheit kein Gebrauch gemacht, weil beim ersten Maß-nahmenprogramm freiwillige, kooperative Maßnah-men im Vordergrund stehen. Mittlerweile liegen dieMaßnahmenprogramme vor und auch die EU-Kommis-sion hat die Details zur Umsetzung von Art. 38 erarbei-tet. Die Bundesländer haben nun die Möglichkeit, ihreLandesprogramme zur ländlichen Entwicklung anzu-passen. Es wird abzuwarten sein, ob und inwieweitMaßnahmen nach Artikel 38 in Deutschland zurAnwendung kommen werden.

6.3.2 Kommunen, Haushalte und Industrie

Typische Gewässerbelastungen aus Kommu-nen/Haushalten und Industrie sind Nähr- undSchadstoffeinträge und der Eintrag von sauer-stoffzehrenden Stoffen.

Belastungen

Jedes Jahr fallen in Deutschland über 10 Mrd. m³Abwasser an. Davon ist etwas mehr als die Hälfte

Schmutzwasser, die andere Hälfte Fremd- und Nieder-schlagswasser. Das Abwasser wird in nahezu 10.000Kläranlagen gereinigt, ehe es wieder in die Gewässereingeleitet wird. Trotz der technischen Fortschritte aufdem Gebiet der Abwasserreinigung sind die Schmutz-frachten aus den Punktquellen teilweise immer nochzu hoch. Das betrifft zum Beispiel schwer abbaubareSchadstoffe aus Industrie und Haushalten, die in Klär-anlagen nur unzureichend zurückgehalten werden.Aber auch die Nährstoff- und Schwermetalleinträgeaus Regenwasserüberläufen sind ein Problem.

Die Schadstofffracht einer Einleitung muss nach demdeutschen Wasserhaushaltsgesetz (WHG) so weit redu-ziert werden, wie es nach dem Stand der Technik mög-lich ist. Welche Stoffe aus dem Schmutzwasser entferntwerden müssen und welche Substanzen erst gar nichtins Abwasser gelangen dürfen, regelt die Abwasserver-ordnung. Da das Abwasser aus Haushalten und diver-sen Branchen der Industrie meist ganz unterschiedli-che Verunreinigungen enthält, unterscheidet die Ver-ordnung nach der Quelle des Abwassers. Ein Großteilder industriellen Abwässer stammt aus der Nahrungs-mittelbranche: Schlachthäuser, Brauereien, Brennerei-en und Molkereien. Die Stoffe darin sind zumeist biolo-gisch gut abbaubar, so dass diese Betriebe an öffentli-che Klärwerke angeschlossen sind. Anders die Abwäs-ser der chemischen Industrie oder aus dem Maschinen-und Fahrzeugbau: Sie enthalten biologisch schwerabbaubare Stoffe und werden daher meist in werksei-genen Anlagen mit besonderen Verfahren gereinigt.

Auch aus ehemaligen Industriestandorten sickernnoch Schadstoffe in die Gewässer. In der Flussgebiets-einheit Elbe führen Altlasten aus Industriestandortender ehemaligen DDR dazu, dass heute Millionen Ton-nen von abgelagerten Sonderabfällen abgetragen undGrundwasservorkommen auf Flächen von mehrerenQuadratkilometern gereinigt werden müssen.

Die Schadstoffbelastung von Grund- und Oberflächen-wasser in Sachsen-Anhalt resultiert zum überwiegen-den Teil durch in der Vergangenheit erfolgte Schad-stoffeinträge aus der chemischen Industrie und demBergbau. Auf dem Gebiet des heutigen Sachsen-Anhalts befanden sich fast 80% der chemischen Indus-trie der ehemaligen DDR.

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Auch Einleitungen von Niederschlagswasser könnendie Gewässer belasten. Ältere Regenbecken im Misch-system entsprechen häufig nicht mehr dem heutigenStand der Technik, rund 40% der Regenüberlaufbeckenzeigen ein auffälliges Überlaufverhalten. Insbesonderebei starken Niederschlägen gelangt dann Regenwassergemeinsam mit Abwasser weitgehend ungereinigt indie Flüsse. Neben der dadurch verursachten organi-schen Belastung von Bächen, Flüssen und Seen werdenauf diesem Weg (sowohl im Trenn- als auch im Misch-system) Schwermetalle wie Zink oder Kupfer ausDächern, Regenrinnen oder Reifenabrieb ausge-schwemmt. Die Niederschlagswasserbehandlung imstädtischen Bereich muss daher verbessert werden.

Die stoßartigen Einleitungen können auch in hydrauli-scher Hinsicht eine Belastung darstellen – vor allem beiGewässern, die unterhalb von urbanen Gebieten mithohem Versiegelungsgrad liegen. Niederschlagswas-

ser, das von versiegelten Flächen gesammelt und einge-leitet wird, verändert den natürlichen Wasserhaushalt.Vor allem in dicht besiedelten Gebieten sollte daherRegenwasser – soweit möglich - naturnah bewirtschaf-tet werden. Dazu zählt die gezielte Versickerung eben-so wie die Nutzung und die Erhöhung der Verduns-tung. Falls dies nicht möglich ist, muss das abfließendeNiederschlagswasser in ausreichend großen Rückhalte-becken gesammelt werden.

Der nach wie vor zu hohe Flächenverbrauch durch pri-vate Haushalte, Industrie und Verkehr hat gravierendeAuswirkungen auf Natur und Landschaft. Derzeitbeträgt der Flächenverbrauch in Deutschland etwa 110Hektar pro Tag, angestrebt wird eine Reduzierung auf30 Hektar pro Tag. Durch den enormen Flächenver-brauch werden dennoch Anzahl und Volumen vonNiederschlagswassereinleitungen zukünftig eher zu-als abnehmen.

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Abbildung 28: Planungseinheiten mit Maßnahmen im Bereich Kommunen/Haushalte und Industrie. Datenquelle: Berichtsportal WasserBLIcK/BfG, Stand 22.03.2010.

Maßnahmen

Ein Schwerpunkt in den Sektoren Kommunen/Haushal-te und Industrie sind der Aus- und Neubau von indus-triellen und kommunalen Kläranlagen, darunter auchzahlreiche Kleinkläranlagen. Außerdem soll überwie-gend im Osten Deutschlands der Anschlussgrad an dasöffentliche Kanalnetz weiter erhöht werden. Insgesamtsind in Deutschland in nahezu allen PlanungseinheitenMaßnahmen im Sektor Kommunen/Haushalte vorgese-hen, während im Sektor Industrie lediglich in einigenBereichen Aktivitäten geplant sind (Abbildung 28). Die-se betreffen vor allem großindustrielle Einleiter, diegemäß dem Europäischen Schadstofffreisetzungs- und-verbringungsregister (E-PRTR) meldepflichtig sindund deren Emissionen (zum Beispiel Schwermetalle)die Zielerreichung gefährden.

In einigen Flussgebieten sind Maßnahmen zur Verrin-gerung von Einträgen aus ehemaligen Industriestand-orten vorgesehen.

Maßnahmen in Sachsen-Anhalt (Flussgebiet Elbe) kon-zentrieren sich historisch bedingt auf den Bereich desehemaligen Chemiedreiecks – und hier insbesondereauf die Standorte Bitterfeld/Wolfen und Buna/Leuna.Sie werden im Rahmen der Altlastensanierung in meh-reren ökologischen Großprojekten umgesetzt. Bereitsjetzt werden jährlich etwa 70 Mio. EUR investiert, umeine weitere Ausbreitung der Schadstoffe zu verhin-dern. Die relevanten Schadstoffe sind zudem überwie-gend an Sedimente gebunden, die weiträumig verteiltin den Gewässern und Auen vorliegen. Im FlussgebietElbe wird für den Elbestrom und die Nebenflüsse derElbe deshalb ein Sedimentmanagementkonzept erar-beitet, um Ansätze für einen ökologisch und ökono-misch vertretbaren Umgang mit den Schadstoff belas-teten Sedimenten zu entwickeln.

In 137 von 225 Planungseinheiten sind Maßnahmen füreine optimierte Misch- und Niederschlagsentwässe-rung geplant. Das betrifft den Bau neuer Anlagen, z.B.von Regenrückhaltebecken oder Retentionsbodenfil-

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tern, die sowohl zu einer hydraulischen als auch stoffli-chen Entlastung beitragen. Zudem müssen in dennächsten Jahren in ganz Deutschland bestehendeschadhafte Abwasseranlagen wie Kanäle saniert oderangepasst werden. Ziel dabei ist es vor allem, die Men-ge an Fremdwasser zu verringern, das über undichteStellen ins Kanalnetz sickert. Der Anteil von Fremdwas-ser beträgt derzeit immerhin 2 Mrd. m³pro Jahr.

Wirksamkeit der Maßnahmen

Neu- und Ausbau von Klärwerken, der Einsatz neuerTechniken, eine Erhöhung des Anschlussgrades an dasöffentliche Kanalnetz und die dezentrale Behandlungvon Abwasser in Kleinkläranlagen werden die Schad-stofffrachten mindern. Von Bedeutung ist danebeneine optimierte Niederschlagsentwässerung. Regen-wasser sollte möglichst direkt vor Ort zurückgehalten,eventuell gereinigt und versickert werden.

Die hohe Flächenversiegelung und der damit verbun-dene erhöhte Regenwasserabfluss in die Gewässer istnur durch raumordnerische Maßnahmen zu verrin-gern, beispielsweise, indem Brachen verstärkt genutztwerden oder vorgeschrieben wird, dass bei NeubautenNiederschläge versickert oder ortsnah eingeleitet wer-den, sofern die Möglichkeiten gegeben sind.

Umsetzung der Maßnahmen und Kosten

Die öffentliche Abwasserbeseitigung ist in DeutschlandAufgabe der Kommunen. Dementsprechend sind Städ-te und Gemeinden oder Versorgungsbetriebe für dieFinanzierung der zu bauenden und zu betreibendenAbwasseranlagen zuständig. Die Finanzierung gehtdabei vom Verursacherprinzip aus: Die Kosten für dieöffentliche Abwasserentsorgung werden über Gebüh-ren auf die angeschlossenen Einleiter umgelegt. Bei dernicht öffentlichen Abwasserentsorgung durch privateKleinkläranlagen ist der Grundstückseigentümer derMaßnahmen- und Kostenträger. Dabei können jeweilsauch staatliche Fördermöglichkeiten in Anspruchgenommen werden. Auch bei industriellen Abwasser-einleitungen ist das jeweilige Unternehmen der Maß-nahmen- und Kostenträger.

In Baden-Württemberg sind für die Umsetzung vonMaßnahmen in den Flussgebieten Rhein und Donau imBereich der Abwasserbehandlung ca. 400 Mio. Eurovorgesehen. Diese Kosten sollen wie bisher über dieAbwassergebühren gedeckt werden. Aber auch überdie Baden-Württembergischen „FörderrichtlinienWasserwirtschaft“ werden insgesamt circa 40 Mio.Euro aus öffentlichen Mitteln pro Jahr bereitgestellt.

6.3.3 Schifffahrt

Typische Gewässerbelastungen durch die Schiff-fahrt sind eine Beeinträchtigung der Hydromorpho-logie beispielsweise durch Erosion, Begradigungund Vertiefung der Fahrrinne und Abtrennung vonFlussschlingen, eine Störung der Durchgängigkeitdurch Wehre und mögliche Eutrophierung durchRückstau.

Belastungen

Die Bundeswasserstraßen in Deutschland erstreckensich auf eine Länge von insgesamt knapp 7.300 km.Davon entfallen drei Viertel auf Flüsse, ein Viertel aufKanäle. See- und Binnenschifffahrt gelten als sichereund umweltfreundliche Verkehrsträger. Bundeswas-serstraßen sind daher von hoher volkswirtschaftlicherBedeutung und auch künftig unverzichtbar.

Flüsse und Küstenre-gionen unterliegenaber vielen, teilweisekonkurrierenden Nut-zungen - die Funktionals Bundeswasserstra-ße ist nur eine davon.Die Nutzung einesFlusses als Schifffahrtsweg hat stets Auswirkungen aufdie Natur des Fließgewässers und seiner Auen. Dazugehören strukturelle Veränderungen wie Laufverkür-zung, Uferbefestigung, Begradigung und Vertiefungder Fahrrinne. Das kann die Gewässerökologie starkbeinträchtigen und das Erreichen eines „guten ökologi-schen Zustands“ in Frage stellen. In der Folge sind in

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Deutschland die meisten Bundeswasserstraßen alserheblich veränderte Gewässer eingestuft. Eine Aus-nahme ist die deutsche Binnenelbe, die zwar auch dieökologischen Defizite eines Verkehrsweges zeigt, aberdurch Verbesserungsmaßnahmen den „guten ökologi-schen Zustand“ erreichen kann.

Abbildung 29 zeigt den derzeitigen Zustand der Bun-deswasserstraßen in Deutschland, bezogen auf dieGewässerlänge. 53% der Bundeswasserstraßen wurdenals „erheblich verändert“ und 23% als „künstlich“ aus-gewiesen, die somit nach Wasserrahmenrichtlinie das„gute ökologische Potenzial“ und den „guten chemi-schen Zustand“ erreichen müssen.

In den Bundeswasserstraßen ist die Durchgängigkeitfür aquatische Organismen, insbesondere Fische, durchrund 340 Stauanlagen unterbrochen. Diese Querbau-werke bremsen den natürlichen Abfluss und den Trans-port von Sedimenten. Wenn Sedimente fehlen, gräbtsich der Fluss tiefer in den Untergrund ein, was zueinem Absinken des Grundwasserspiegels in flussna-hen Gebieten führen kann. Im Rückstaubereich vonWehren fließt das Wasser nur langsam. Hier reichernsich Nährstoffe aus Landwirtschaft und Klärwerken an.Erhöhte Phosphorgehalte beispielsweise können in die-sen Abschnitten verstärktes Algenwachstum undEutrophierung hervorrufen. Allerdings dienen vieleWehre nicht nur der Schifffahrt, sondern erfüllen z.B.auch Funktionen für die Wasserkraftnutzung.

Abbildung 29: Ökologischer Zustand/Potenzial und chemischer Zustand der Bundeswasserstraßen in Deutschland bezogen auf die Gewässerlänge. Datenquelle: Berichtsportal WasserBLIcK/BfG, Stand 22.03.2010.

Maßnahmen

Neben Maßnahmen zur Verbesserung der Gewässer-morphologie und zur Wiederherstellung der Durch-gängigkeit haben einige Länder spezielle Maßnahmenzur Verbesserung der Gewässermorphologie für dieBundeswasserstraßen erarbeitet und mit dem Bundabgestimmt. Diese werden in erster Linie dort durchge-führt, wo keine Behinderung der Schifffahrt zu erwar-ten ist. Dadurch sollen sich Gewässer in diesen Regio-nen wieder natürlicher entwickeln können undLebensräume für Flora und Fauna schaffen. Beispielesind:

● Anschließen von Altarmen und Nebengerinnen andas Hauptgewässer

● Entfernung von Uferverbau oder Ersatz durchAnpflanzung von naturnahen Gehölzen zur Ufersicherung, Auflockerung von Uferlinien

● Kies- und Sandauflandungen, Einbringen von Strukturelementen durch Baggergut

● Einbau von Spornen oder Umbau von Buhnen zurSchaffung von strömungsarmen Zonen

● Erhalt und Entwicklung von naturnahen Auwäldern

Der Durchgängigkeit kommt eine besondere Bedeutungzu. Sie ist daher ein wichtiges Bewirtschaftungsziel, dasauch an den Bundeswasserstraßen umzusetzen ist. DieDurchgängigkeit wirtschaftlich genutzter Bundeswas-serstraßen kann allerdings in der Regel nicht einfach

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durch Rückbau oder Legen eines Wehres wiederherge-stellt werden. Die Maßnahmen konzentrieren sich daherauf den Bau von Auf- und Abstiegsanlagen für alle Fisch-arten wie Lachs, Meerforelle, Aal oder Zander. Das Bun-desministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklungerarbeitet derzeit in enger Abstimmung mit dem Bun-desministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsi-cherheit und den Ländern ein Konzept, um die für dieZielerreichung nach Wasserrahmenrichtlinie erforderli-che Durchgängigkeit an den Stauanlagen der Bundes-wasserstraßen herzustellen.

Wirksamkeit der Maßnahmen

Mehrere Forschungsvorhaben und Bund-Länder-Initia-tiven untersuchen Möglichkeiten und Grenzen einerökologisch ausgerichteten Bundeswasserstraßenbe-wirtschaftung. Ziel ist dabei, Maßnahmen zu entwi-ckeln, die zum einen ökologisch wertvolle Lebensräu-me schaffen, zum anderen die Wasserstraßennutzungnicht beeinträchtigen. Für die Schaffung der stromauf-wärts gerichteten Durchgängigkeit gibt es bereitsErfahrungen und Regelwerke, insbesondere für kleineGewässer. Auch ist hinsichtlich des notwendigen Fisch-schutzes bei der stromabwärts gerichteten Durchgän-gigkeit die Abstimmung mit der Wasserkraft herzustel-len. Aufgrund der hohen Kosten und der vielfältigennutzungsbedingten Restriktionen ist es aber nichtmöglich, in allen Abschnitten der Bundeswasserstra-ßen morphologische Verbesserungsmaßnahmen sofortdurchzuführen. Vielmehr wird das so genannte „Tritt-steinprinzip“ angewendet: Grundgedanke ist, dass ent-lang eines Gewässers strukturell hochwertige Abschnit-te – Trittsteine – geschaffen werden, die ausreichendHabitate für eine intakte Lebensgemeinschaft bieten.Von dort aus können sich Fische und Wirbellose inweniger hochwertige Gebiete ausbreiten. Damit diesesPrinzip funktioniert, dürfen die einzelnen Trittsteinenicht zu klein dimensioniert sein und sollten nicht zuweit auseinander liegen.

Umsetzung der Maßnahmen und Kosten

An den Bundeswasserstraßen liegen geteilte Zustän-digkeiten vor. Die maßgebliche Verantwortlichkeit derWasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes(WSV) beschränkte sich bisher auf den Erhalt der Ver-kehrsfunktion der Bundeswasserstraßen und den Was-serabfluss. Diese Kompetenz wurde jüngst erweitert.

Das Aufgabenspektrum des Bundes umfasst nun alshoheitliche Aufgabe auch die Herstellung der Durch-gängigkeit und im Rahmen der Eigentümerverantwor-tung die wasserwirtschaftliche Unterhaltung. Dadurcherweitern sich die Aufgaben der WSV auf das Erreichenökologischer Bewirtschaftungsziele der Wasserrah-menrichtlinie. Die Bundesländer sind für die Reinhal-tung der Gewässer, Hochwasserschutz sowie für wasser-wirtschaftlich und ökologisch orientierte Ausbaumaß-nahmen an Bundeswasserstraßen verantwortlich.

Gewässerschutz und Schifffahrt sind keine Wider-sacher. Auch in Zukunft ist eine umwelt- und klimafreundliche Verkehrspolitik ohne See- undBinnenschifffahrt undenkbar. Die Herausforderungbesteht darin, Lösungen für eine nachhaltige Nut-zung der Bundeswasserstraßen aufzuzeigen undeinen Ausgleich von Ökologie und Ökonomie her-beizuführen. Erklärtes Ziel der Bundesregierung istes, Wasserstraßen als Teil einer integrierten Ver-kehrspolitik nachhaltig zu entwickeln. Bundeswas-serstraßen fungieren dabei nicht nur als Verkehrs-adern, sondern auch als Lebensraum.

6.3.4 Wasserkraft

Typische Gewässerbelastungen durch die Wasser-kraftnutzung sind die Beeinträchtigung des Abflus-ses, strukturelle Veränderungen im Gewässer, Be-hinderung der Durchgängigkeit und Rückstau, derzur Eutrophierung führen kann.

Belastungen

Ein Sektor mit erheblichen Auswirkungen auf dieGewässer ist die Wasserkraftnutzung. Deutschlandweitwerden mit diesem erneuerbaren Energieträger 3,4%des gesamten Verbrauchs gedeckt. Über 90% desStroms aus Wasserkraft stammt aus großen Anlagen(> 1 MW installierte Leistung), von denen es etwa 400 inDeutschland gibt. Der verbleibende Anteil verteilt sich

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auf über 7.300 Kleinwasserkraftanlagen. Wasserkrafthat in den deutschen Flussgebieten unterschiedlichgroße Bedeutung. Ein großer Teil des nutzbaren Poten-zials liegt in den südlichen Bundesländern, da die Mit-telgebirge und der Voralpenraum für ein günstigesGefälle sorgen und die Flüsse ausreichend Wasser füh-ren.

In Bayern beispielsweise ist die Wasserkraft zweitwich-tigster Energieträger. Im Jahr 2004 betrug ihr Anteil ander Stromerzeugung gut 16%. Nur 5% der ca. 4200 Anla-gen haben eine Ausbauleistung über 1 MW – auf sieentfallen aber über 90% der gesamten Stromprodukti-on durch Wasserkraft.

Wasserkraft erzeugt nahezu emissionsfrei Elektrizität.Bau und Betrieb der Kraftwerke sind aber mit erhebli-chen Umweltauswirkungen verbunden, die sich nach-teilig auf die Gewässerökologie auswirken. Die wesent-lichen Faktoren dabei sind die unterbrochene Durch-gängigkeit der Fließgewässer sowie hohe Sterblich-keitsraten durch fehlende oder unzureichende Fisch-schutzanlagen. Dies behindert Laich-, Nahrungs- undAusbreitungswanderungen von Fischen und Makro-zoobenthos. Zudem wird durch die Anlagen der natür-liche Geschiebetransport gestört.

Zum 1. März 2010 trat das neue Wasserhaushaltsgesetzin Kraft. Nach § 33 WHG ist das Aufstauen, Entnehmenund Ableiten von Wasser nur zulässig, wenn eine aus-reichende Mindestwasserführung gewährleistet wird.Gemäß § 34 WHG darf die Errichtung, wesentlicheÄnderung oder der Betrieb einer Stauanlage nur zuge-lassen werden, wenn die Durchgängigkeit des Gewäs-sers erhalten oder wiederhergestellt wird, soweit diesfür die Bewirtschaftungsziele des Gewässers erforder-lich ist. § 35 WHG konkretisiert die ökologischen Anfor-derungen an Wasserkraftanlagen. Eine Nutzung darfdemnach nur zugelassen werden, wenn auch geeigne-te Maßnahmen zum Schutz der Fischpopulation ergrif-fen werden. Damit soll sichergestellt werden, dassFische bei ihrer Wanderung Wasserkraftanlagengrundsätzlich unbeschadet passieren können.

Fische werden in den Turbinen und am Kraftwerksre-chen auf ihrer flussabwärts gerichteten Wanderungverletzt und getötet. In Stauketten mit aufeinanderfol-genden Anlagen kann das zur Gefährdung ganzerPopulationen führen. Nachteilige Auswirkungen sindauch Lebensraumverluste durch den Gewässeraufstauwie auch durch unzureichende Mindestabflüsse. 2007trat die Europäische Aalverordnung (Verordnung (EG)Nr. 1100/2007) in Kraft. Ihr Ziel ist es, die durch mensch-liche Aktivitäten verursachte Sterblichkeit unter den

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Aalbeständen so weit zu reduzieren, dass mindestens 40% der Tiere ihr Laichgebiet erreichen können.

Maßnahmen

In den Flussgebieten in Deutschland sind zahlreiche Programme und eine Vielzahl von Maßnahmen zur Wiederherstellung der Durchgängigkeit an Stauanla­gen geplant (zum Beispiel das strategische Durchgän­gigkeitskonzept Bayern). Auch Maßnahmen zur Verbesserung der Gewässerstruktur fließen in diesen Sektor ein. Schwerpunkte sind u.a.:

● Herstellung der Durchgängigkeit für die Fischfauna durch Bau oder Optimierung von Fischaufstiegsan­lagen, Abbau oder Legung von Wehren

● Ausreichende Mindestwasserregelungen in Ausleitungsstrecken

● Verbesserung der Gewässerstruktur

● Errichtung von Fischschutzanlagen z.B. durch Umbau der Rechenanlagen in Kombination mit Fischabstiegsanlagen z. B. durch Bypässe

Im Rahmen der Neuzulassung bei auslaufenden Was­serrechtsbescheiden oder durch freiwillige Maßnah­men der Kraftwerksbetreiber werden bei bestehen­den Anlagen die Durchgängigkeit und die Mindest­wasserführung in den Ausleitungsstrecken sukzessi­ve verbessert. Bei Neuanlagen sind ökologische Krite­rien durch geltende gesetzliche Auflagen von vorn­herein berücksichtigt. Wo Konflikte mit möglichen anderen Schutzgütern auftreten – dazu gehören gewässerabhängige Naturschutzgebiete, aber auch die Anforderungen des Denkmalschutzes an alten Wehren –, müssen Vor- und Nachteile sorgfältig abgewogen werden. Zudem bereiten Altrechte an bestehenden Anlagen häufig Schwierigkeiten im Fall einer notwendigen Umrüstung.

Wirksamkeit der Maßnahmen

Damit technische Bauten die gewünschte Wirkung ent­falten, ist eine kontinuierliche Überprüfung notwen­dig. Eine Fischtreppe muss so platziert sein, dass sie großräumig, aber auch kleinräumig auffindbar ist und

funktioniert. Aufstiegsanlagen werden häufig durch Treibholz blockiert, was eine regelmäßige Wartung erforderlich macht. Bei der Abwanderung der Fische müssen Schutzeinrichtungen so bemessen sein, dass die Tiere nicht in die Turbine gelangen können. Strö­mungsbedingungen und technische Einrichtungen müssen den Fischen einen einfachen und sicheren Weg in das Unterwasser der Anlage erlauben. An sehr gro­ßen Wasserkraftanlagen kann ein spezielles Betriebs­management, z. B. eine fischschonende Turbinensteue­rung in Kombination mit einem Warnsystem, das Fischwanderungen anzeigt, helfen, Fischschäden zu minimieren.

Umsetzung der Maßnahmen und Kosten

Seit mehr als 100 Jahren ist es möglich, elektrischen Strom aus turbinenbetriebenen Wasserkraftanlagen zu gewinnen. Dementsprechend alt sind die meisten Anla­gen und ihre Konzessionen. Während beim Neubau die derzeit gültigen Anforderungen des Gewässerschutzes einzuhalten sind, ist es an Altanlagen oft schwierig, modernen Gewässerschutz vor Ablauf der Konzessionen umzusetzen. Um Betreiber zu entlasten und dennoch die Gewässerökologie zu verbessern, gibt es verschiedene Instrumente und Fördermöglichkeiten.

An der mittleren Lahn wurden in den letzten Jahren Maßnahmen zur Herstellung der Gewässerdurchgängig­keit aus Mitteln der Fischereiabgabe oder durch natur­schutzrechtliche Ausgleichsmaßnahmen finanziert.

Zu den Fördermöglichkeiten gehört insbesondere auch das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), das eine erhöhte Vergütung von Strom aus Wasserkraft an eine wesentliche Verbesserung des ökologischen Zustands koppelt. Bei einer engagierten und sachgerechten Anwendung der bestehenden Förder- und Finanzie­rungsinstrumente sind Wasserkraftnutzung sowie

Gewässerschutz und Klimaschutz gehen Hand in Hand: Ziel der Bundesregierung und der Länder ist es, eine Leistungssteigerung erneuerbarer Energien verbunden mit einer gewässerökologi­schen Verbesserung zu erreichen.

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Natur- und Gewässerschutz miteinander vereinbar. Ins-besondere bei der Modernisierung von größeren Kraft-werken bestehen gute Chancen, Nutzung und Ökolo-gie in Einklang zu bringen.

6.3.5 Bergbau

Typische Gewässerbelastungen aus dem Bergbausind Wassermengenprobleme in Grund- und Oberflächengewässern, punktuelle und diffuseSchadstoffeinträge und eine Beeinträchtigungder Hydromorphologie.

Belastungen

In Deutschland wird vor allem Braun- und Steinkohle,Kali- und Steinsalz abgebaut. Für den Gewässerschutzvon Bedeutung sind zudem die Auswirkungen des ehe-maligen Erzbergbaus im Erzgebirge, dem Harz undanderen Regionen Deutschlands. Die drei größtenBraunkohlelagerstätten in Deutschland befinden sichim Rheinischen, im Lausitzer und im MitteldeutschenRevier. Steinkohle wird vorrangig an Ruhr und Saarabgebaut. Wirtschaftlich bedeutende Salzlagerstättensind auch die großen Abbaugebiete in Hessen und Thü-ringen.

Bergbauaktivitäten können während der aktiven Pha-se, aber auch noch lange nach Ende des Abbaus zuerheblichen Auswirkungen auf Oberflächengewässerund Grundwasser führen. Bergbau bringt in vielen Fäl-len drastische Eingriffe in den natürlichen Wasserkreis-lauf mit sich. Besonders bei Tagebauen sind Absenkun-gen des Grundwasserspiegels erforderlich, die gravie-rende Auswirkungen auf angrenzende aquatische undterrestrische Ökosysteme haben können. Da Braunkoh-le in den deutschen Revieren teilweise schon seit mehrals 100 Jahren gewonnen wird, wird es noch Jahrzehntedauern, bis sich der natürliche Grundwasserstand wie-der eingestellt hat. Grundwasserabsenkungen imZusammenhang mit dem Braunkohlebergbau sindauch der Grund dafür, warum in Teilen der FlussgebieteMaas, Rhein, Elbe und Oder das Grundwasser in einem„schlechten mengenmäßigen Zustand“ ist.

Der Steinkohlebergbau hat in Teilen des Ruhrgebiets zugroßflächigen Bergsenkungen geführt. Würde derGrundwasserspiegel wieder seinen natürlichen Standerreichen, würden große Flächen unter Wasser stehen.Daher sind kontinuierliche Grundwasserabsenkungen(Sümpfungen) erforderlich, um das Grundwasser aus-reichend tief unterhalb der Geländeoberfläche zu hal-ten (Polderung). Außerdem sind zum Beispiel die Umle-gung oder Eindeichung von Gewässerläufen, Abflussre-gulierungen durch Querbauwerke und der Bau vonPumpwerken erforderlich.

In der Flussgebietseinheit Weser überwiegt der Abbauvon Kalisalz. Ein Teil des anfallenden Salzwassers wirdbislang in den Untergrund versenkt, ein anderer Teildirekt in die Werra eingeleitet. Untersuchungen habenergeben, dass natürlich vorhandenes Gesteinswassermit Anteilen von versenktem Salzwasser in höhereGrundwasserstockwerke oder an die Oberflächegelangt. Zum Teil fließt es dann als diffuser Eintrag indie Werra. Zudem besteht die Sorge, dass durch Salzin-trusionen Grundwasserleiter verunreinigt werden.Eine andere signifikante Gewässerbelastung in derFlussgebietseinheit Weser ist die diffuse Schwermetall-belastung aus dem bereits eingestellten Erzbergbau imHarz.

Nach der Stilllegung von Bergbaugebieten stellt sichoftmals die Frage, was mit den großflächig und starküberformten Landschaften geschehen soll. Die „Folge-landschaften“ des Lausitzer und MitteldeutschenReviers werden in eine künstliche Seenlandschaft mit46 Seen und einer Wasserfläche von rund 25.000 haumgestaltet und als Erholungsgebiet genutzt. Dafürmüssen die Tagebaurestlöcher schnell und konstantmit Flusswasser gefüllt werden. Das wiederum ziehtgroße Wassermengen aus den Oberflächengewässernab. Zudem sind die Abraumhalden oft mit dem schwe-felhaltigen Mineral Pyrit versetzt, das in Kontakt mitWasser stark sauer reagiert. Die Folge sind Seen, dieextrem saure pH-Werte von 2 bis 4 aufweisen unddamit von jeglicher Nutzung ausgeschlossen sind. ImFlussgebiet Elbe gelang es dagegen, viele Naherho-lungsgebiete und wertvolle Refugien für seltene Tier-und Pflanzenarten in ehemaligen Tagebaugebieten zuschaffen.

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Maßnahmen

In den Flussgebieten mit Bergbauaktivitäten sollen dienegativen Auswirkungen auf die Gewässer gemindertwerden (Abbildung 30). Das umfasst Maßnahmen zurReduzierung punktueller und diffuser Stoffeinträge,der Versauerung und der Wasserentnahmen:

● Behandlung bergbaubürtiger Abwässer / Gruben-wässer / Haldenwässer zur Reduzierung der Schad-stofffrachten

● Bau von Sickerwasserfassungen

● Bau von Wasserhaltungen oder Dichtwänden

● Bau von Rückhaltebecken oder Abfangbrunnen

● Abdeckung oder Begrünung von Abraumhalden;Versatz von Grubenräumen

● Unterstützung natürlicher Schadstoffminderungs-prozesse, Schaffung von Feuchtgebieten oderDammbauwerken

● vertiefende Untersuchungen und Konzeptstudien

Zur Verringerung von Grundwasserabsenkungen die-nen beispielsweise Dichtwände, wie sie in der Flussge-bietseinheit Oder gebaut wurden. Diese verhindernunter anderem den Grundwasserabstrom aus dembenachbarten polnischen Gebiet in das TagebaugebietJänschwalde.

Wirksamkeit der Maßnahmen

Am wirksamsten sind auch hier Maßnahmen, die direktvor Ort ansetzen – beispielsweise, indem die Abwasser-menge verringert, das Abwasser direkt gereinigt oderder Abraum sachgerecht in die leeren Gruben ver-bracht wird. Schwierig ist die Minderung von Stoffein-trägen aus diffusen Quellen, die zum Teil noch Jahr-zehnte nach Schließung der Bergwerke in die Gewässergelangen. Da diffuse Quellen nicht eindeutig fassbarsind, müssen erst Ausmaß und Herkunft der Belastungklar sein, um wirksame Gegenmaßnahmen festlegenzu können.

Oftmals ist der Wasserhaushalt in einem Ausmaßgestört, dass eine fristgerechte Verbesserung desZustands kaum möglich scheint. Zudem sind Maßnah-men häufig teuer. Auch Sicherheitsrisiken z.B. bei der

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Flutung von Tagebaurestseen oder dem Rückbau vonAbraumhalden können eine Sanierung erschweren.

Umsetzung der Maßnahmen und Kosten

Die Finanzierung der Maßnahmen zur Verminderungder Auswirkungen von Bergbauaktivitäten auf dieGewässer ist grundsätzlich von den Bergbaubetreibernzu tragen.

Das Unternehmen Kali und Salz (K+S) hat zur Verringerung der anfallenden Salzabwässer aus demKalibergbau an der Werra ein Maßnahmenpaketgeschnürt, das Investitionen in Höhe von 360 Mio. Eurovorsieht. Damit kann die Belastung zwar deutlich

vermindert werden, jedoch werden noch weitere Maß-nahmen erforderlich sein, um die Ziele der Wasserrah-menrichtlinie zu erreichen.

Für die Folgekosten, die noch Jahrzehnte nach Schlie-ßung der Bergwerke anfallen, bilden die UnternehmenRückstellungen. Diese reichen jedoch häufig nicht aus,um die tatsächlich entstehenden Kosten abzudecken.In diesem Fall müssen andere Finanzierungsmöglich-keiten gefunden werden.

Abbildung 30: Anzahl der Planungseinheiten und Koordinierungsräume mit Maßnahmen im Bereich Bergbau. Datenquelle: Berichtsportal WasserBLIcK/BfG, Stand 22.03.2010.

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7 SAUBERES WASSER GIBT ES NICHT ZUM NULLTARIF

Die Wasserrahmenrichtlinie verfolgt einen integrati-ven ganzheitlichen Ansatz. Sie geht davon aus, dasssich ökologische Wertvorstellungen und ökonomischeGrundsätze nicht ausschließen. Sie ist die erste EU-weitverbindliche Regelung, die ausdrücklich ökonomischeRegelungen zur Umsetzung umweltpolitischer Zielset-zungen etabliert.

Die wichtigsten Wegmarken dabei sind:

● Eine tragfähige Finanzierung der Maßnahmen zur Erreichung der Umweltziele

● Die Umsetzung des Kostendeckungsprinzips für Wasserversorger und Abwasserentsorger

● Die Berücksichtigung von Kosten für Umweltschä-den (Umweltkosten) und von Kosten für eine Über-nutzung der Ressource Wasser zu Lasten künftiger(potenzieller) Wassernutzer (Ressourcenkosten)

● Ein angemessener Beitrag der Wassernutzer zu den Wasserdienstleistungen (Verursacherprinzip)

● Die Berücksichtigung der Verhältnismäßigkeit der Maßnahmenkosten

7.1 Wie werden die Maßnahmen finanziert?

Wenn die Maßnahmen mit der größten Kosteneffizienzfeststehen, stellt deren Finanzierung die entscheidendeStellschraube bei der Umsetzung der Wasserrahmen-richtlinie dar. Maßnahmen können nur dann realisiertwerden, wenn dafür ausreichend Mittel zur Verfügung

Eine ausreichende Finanzierung der Maßnahmen ist ein Grundstein für die Erreichung der Umweltziele.

stehen – und nur dann können die Umweltziele tatsäch-lich erreicht werden. Die voraussichtlichen Investitions-kosten in den für Deutschland relevanten Flussgebietensind hoch und betragen rund 9,4 Mrd. Euro. Umgerech-net bedeutet dies für den Zeitraum 2010 bis 2015 etwa20 Euro pro Kopf der Bevölkerung und Jahr.

In den meisten Fällen werden die Maßnahmen zur Ver-besserung der Gewässer in Deutschland aus Steuergel-dern, Gebühren und Abgaben finanziert. Dort, wo Nut-zern Einschränkungen (zum Beispiel durch Genehmi-gungsauflagen) abverlangt werden, tragen diese dieKosten selbst. Die wichtigsten Finanzquellen für dieRealisierung der Maßnahmenprogramme sind:

● Die Europäische Union mit den Fonds ELER (Euro-päischer Landwirtschaftsfonds für die Entwicklungdes ländlichen Raums), EEF (Europäischer Entwick-lungsfonds) und EFRE (Europäischer Fonds fürregionale Entwicklung).

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● Der Bund mit den Fördermitteln aus dem GAK(Gesetz zur Verbesserung der Agrarstruktur und desKüstenschutzes).

● Die Länder und Kommunen aus Steuergeldern undmit den Mitteln, die aus den Abgaben und Gebüh-ren für Wasserentnahmen und für Abwassereinlei-tungen erhoben werden.

7.2 Das Verursacherprinzip als eine derGrundlagen der Finanzierung

Eine weitere wichtige Finanzierungsquelle ergibt sichaus der Umsetzung des Verursacherprinzips. Es folgtdem Grundsatz, dass Nutzer ihre Gewässerbeeinträch-tigungen auf eigene Kosten reduzieren bzw. beseitigenmüssen. Das erhöht die Preistransparenz. Die Allge-meinheit wird nur in solchen Fällen herangezogen, beidenen der Verursacher nicht greifbar oder nichtbekannt ist.

Das Verursacherprinzip ist ein Grundprinzip der europäischen Umweltpolitik sowie der Wasserrahmenrichtlinie: Wer verschmutzt, muss zahlen!

Die Anwendung des Verursacherprinzips und die damitverbundene Einrechnung von Umwelt- und Ressourcen-kosten erfolgt in Deutschland vorwiegend über ord-nungsrechtliche Instrumente. Diese Instrumente umfas-sen Gesetze und Regulierungen, die sowohl für Produkteals auch für Produktionsprozesse und -methoden Aufla-gen machen und Bedingungen stellen können. Produ-zenten sind verpflichtet, ihre Emissionen oder andereGewässerbelastungen auf ein bestimmtes Niveau zubegrenzen – beispielsweise auf Basis von Emissions-grenzwerten für die Industrie, Mindeststandards fürWasserkraftwerke oder den Vorgaben der guten fachli-chen Praxis in der Landwirtschaft.

7.3 Grundprinzipien zukünftiger Wasserpreispolitik

Die Mitgliedsstaaten haben laut Wasserrahmenrichtli-nie dafür zu sorgen, dass bis 2010 kostendeckende Was-

serpreise eingeführt werden. Das bedeutet erstens, dassdie betrieblichen Kosten für Personal, Anlagen, Rohrlei-tungen, Betriebsmittel und Material durch die Wasser-preise gedeckt sein sollen. Zweitens sieht die Wasserrah-menrichtlinie vor, dass auch Umwelt- und Ressourcen-kosten in die Preise eingerechnet werden. An den Kos-ten, die dem Wasserdienstleister entstehen, sollen lautVerursacherprinzip die Hauptnutzergruppen Industrie,Landwirtschaft und Haushalte angemessen beteiligtwerden. Darüber hinaus ist eine auf die Umweltziele aus-gerichtete Gebührenpolitik so zu gestalten, dass Anreizefür eine sparsame und nachhaltige Nutzung der Wasser-ressourcen geschaffen werden.

Kostendeckung und effiziente Ressourcennutzung sind die Grundpfeiler der zukünftigen Wasserpreispolitik!

In Deutschland ist das Kostendeckungsprinzip in allenBundesländern gesetzlich verankert und wird in denmeisten deutschen Bewirtschaftungsplänen dokumen-tiert. Schon bei der Bestandsaufnahme 2005 wurde indrei regional begrenzten und repräsentativen Gebieten(Mittelrhein, Teileinzugsgebiet Lippe und Regierungsbe-zirk Leipzig) der Kostendeckungsgrad ermittelt. Schondamals konnte ein Kostendeckungsgrad nahe 100%nachgewiesen werden. Mittlerweile liegt weiteres Zah-lenmaterial vor, da einige Bundesländer zusätzlicheempirische Untersuchungen durchgeführt haben, derenErgebnisse die damaligen Befunde bestätigen. Die Kos-tendeckungsgrade wurden teils unter Berücksichtigungamtlicher Statistik, teils mit Hilfe eines betrieblichenKennzahlenvergleichs ermittelt.

Ermittelt wurden allerdings ausschließlich die betrieb-lichen Kosten, nicht dagegen Umwelt- und Ressourcen-kosten. Allerdings gibt es in Deutschland bereits Inter-nalisierungsinstrumente, die externe Effekte den Ver-ursachern zurechnen. Über die bundesweit etablierteAbwasserabgabe, die in elf Bundesländern erhobenenWasserentnahmeentgelte und die in den wasserrechtli-chen Erlaubnis- und Bewilligungsbescheiden durchAuflagen festgesetzten Vorsorge- und Ausgleichsmaß-nahmen werden bereits heute Umwelt- und Ressour-cenkosten den Verursachern finanziell angelastet.

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8 AUSBLICK

Die Bewirtschaftungspläne für die Flussgebietseinheitenwurden Ende 2009 nach intensiver Abstimmung mitWassernutzern, Interessenverbänden sowie der interes-sierten Öffentlichkeit beschlossen und zum 22. März 2010der Europäischen Kommission übergeben. Die Maßnah-men des ersten Bewirtschaftungszeitraums müssen bis2012 umgesetzt sein. Die Umweltziele der Wasserrah-menrichtlinie sollen daraufhin bis 2015 erreicht werden.Auch bei Inanspruchnahme von Fristverlängerungenmüssen spätestens bis 2027 alle Ziele der Wasserrahmen-richtlinie erreicht werden.

Die Fristen sind ehrgeizig: Zum Teil sind die Bewertungs-verfahren und die Prognosen zur Wirksamkeit von Maß-nahmen noch unsicher. Eine große Herausforderung istauch die Kontrolle. Wie viel Kontrolle ist z. B. in der Land-wirtschaft sinnvoll und wie viele Untersuchungen sindfür repräsentative Angaben zum Gewässerzustand erfor-derlich?

Zukünftig sollte noch stärker als bisher ein effektivererGewässerschutz in den Agrarumweltmaßnahmen veran-kert werden. Es ist zu entscheiden, wo freiwillige Maß-nahmen nicht ausreichen und demzufolge Nutzungsein-schränkungen notwendig und ggf. auch auszugleichensind. Die ELER-Verordnung zur Förderung der ländlichenEntwicklung sieht diese Vorgehensweise vor.

Ein signifikantes Problem ist die mangelnde Verfügbar-keit von Flächen für Natur- und Gewässerschutz. Ein aus-reichend breiter Gewässerrandstreifen beispielsweisewürde naturnähere Lebensräume schaffen und Nährstof-fe zurückhalten. Der Flächennutzungsdruck wird durchden Anbau von Energiepflanzen noch verstärkt: so wer-den im Norden Deutschlands viele Flächen, die bereitsextensiv bewirtschaftet wurden, hierfür wieder inAnspruch genommen.

Die Einschätzung des chemischen Zustands muss zukünf-tig an den Anforderungen der neuen Tochterrichtlinie„Umweltqualitätsnormen“ der Wasserrahmenrichtlinieausgerichtet sein. Dies wurde bisher noch nicht in allenFlussgebieten umgesetzt. Der Grenzwert für Quecksilberin Biota wird wohl flächendeckend wegen zu hoher Emis-sionen aus Verbrennungsanlagen überschritten. Die Dis-kussion, ob für Quecksilber und andere Stoffe weitere

Maßnahmen notwendig werden, hat bereits begonnen.Minderungsmaßnahmen würden nicht nur den Flüssenund Seen, sondern auch den Meeren zugute kommen.

Wasser ist ein entscheidender Wirtschaftsfaktor. Ökono-mische Instrumente können wachsende Bedeutung füreinen nachhaltigen Gewässerschutz haben und verstärktin wasserwirtschaftliche Überlegungen mit einbezogenwerden. Notwendig ist die Weiterentwicklung vonMethoden zur Ermittlung und Bewertung von kosteneffi-zienten Maßnahmen, außerdem einfache und praktikableVerfahren für die Berücksichtigung von Umwelt- und Res-sourcenkosten. Bis 2010 müssen die Mitgliedsstaaten eineeffiziente Gebührenpolitik einführen. Konkret bedeutetdas die Einführung von kostendeckenden Wasserpreisen,welche neben den betrieblichen Kosten auch die Umwelt-und Ressourcenkosten mit berücksichtigen. Die entste-henden Kosten müssen dabei nach dem Verursacherprin-zip den Hauptnutzergruppen zugeordnet werden.

Das Thema Klimawandel wird eine immer größere Rollebei der Bewirtschaftung von Gewässern spielen. ImMoment werden in den Bewirtschaftungsplänen klimati-sche Veränderungen noch als nicht relevant für das Was-serdargebot angesehen. Gleichzeitig sind Folgen des Kli-mawandels wie längere Trockenperioden oder eineZunahme von Hochwasserereignissen und notwendigeAnpassungsstrategien durchaus ein Thema auch im Hin-blick auf die zukünftige Maßnahmenplanung.

Schwerpunkte für die zukünftige Gewässerschutzpolitiksind Landwirtschaft, Energiegewinnung und Verkehrs-politik (Schifffahrt). Eine Schlüsselrolle für die Erreichungder ökologischen Ziele spielt der Ausgleich der unter-schiedlichen Nutzerinteressen, der mit den herkömmli-chen Instrumenten allein nicht zu erzielen ist. Gewässer-schutz erfordert eine Beteiligung verschiedenster Politik-felder - und eine konstruktive Mitwirkung der Gewässer-nutzer, der Wasser- und Landwirtschaftsbehörden vonLändern und Bund, der Kommunen, der Unterhaltungs-pflichtigen und ehrenamtlich Tätigen. Somit bietet dieWasserrahmenrichtlinie eine Chance, durch eine ökolo-gisch verträgliche Gestaltung der Nutzungen möglichsteffizient ein hohes Maß an Gewässerschutz zu erreichen -und dabei die nachhaltige Gewässerbewirtschaftung mitanderen Schutzzielen zu verbinden.

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WEITERFÜHRENDE LITERATUR

Bundesanstalt für Gewässerkunde (2009): Möglichkeiten zur Verbesserung des ökologischen Zustands von Bundeswasserstraßen – Fallbeispielsammlung. BfG Mitteilungen Nr. 28. Koblenz, März 2009.http://www.bafg.de/fallbeispiele.

Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) und Umweltbundesamt (UBA) (2004):Die Wasserrahmenrichtlinie – Neues Fundament für den Gewässerschutz in Europa (Lang- und Kurzfassung).

Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) und Umweltbundesamt (UBA) (2005):Die Wasserrahmenrichtlinie - Ergebnisse der Bestandsaufnahme 2004 in Deutschland (deutsch und englisch).

Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) und Umweltbundesamt (UBA) (2006):Wasserwirtschaft in Deutschland Teil 1: Grundlagen und Teil 2 Gewässergüte: (Neuauflage in Vorbereitung).

Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) (2008): Grundwasser in Deutschland.

Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU), Bundesamt für Naturschutz (BfN) undUmweltbundesamt (UBA) (2008): Biodiversität von Gewässern, Auen und Grundwasser (Symposiumsband).

Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) und Bundesamt für Naturschutz (BfN)(2009): Auenzustandsbericht – Flussauen in Deutschland.

Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Wasser – LAWA (2007). Strategiepapier ”Klimawandel - Auswirkungen auf dieWasserwirtschaft”. 1. Entwurf. LAWA Ausschuss Oberirdische Gewässer und Küstengewässer, Grundwasser undWasserversorgung sowie ad hoc Ausschuss Hochwasser. Trier.

CIS (2009): WFD and hydromorphological pressures – Case Studies – Potentially relevant to the improvement ofecological status/ potential by restoration/ mitigation measures. Separate Document of the Technical Report.November 2006.

Europäische Gemeinschaften (1991). Richtlinie 91/271/EWG des Rates vom 21. Mai 1991 über die Behandlung vonkommunalem Abwasser geändert durch die Richtlinie 98/15/EG der Kommission vom 27. Februar 1998.

Europäische Gemeinschaften (1991). Richtlinie 91/676/EWG des Rates vom 12. Dezember 1991 zum Schutz derGewässer vor Verunreinigung durch Nitrat aus landwirtschaftlichen Quellen.

Europäische Gemeinschaften (2000). Richtlinie 2000/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2000 zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Wasserpolitik. (ABl. L 327 vom 22.12.2000, S. 1), die zuletzt durch die Richtlinie 2009/31/EG (ABl. L 140 vom 5.6.2009,S. 114) geändert worden ist.

Europäische Gemeinschaften (2005). Verordnung (EG) Nr. 1698/2005 des Rates vom 20. September 2005 über die Förderung der Entwicklung des ländlichen Raums durch den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER).

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Europäische Gemeinschaften (2006). Richtlinie 2006/11/EG des europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Februar 2006 betreffend die Verschmutzung infolge der Ableitung bestimmter gefährlicher Stoffe in dieGewässer der Gemeinschaft.

Europäische Gemeinschaften (2006). Richtlinie 2006/118/EG des europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 zum Schutz des Grundwassers vor Verschmutzung und Verschlechterung.

Europäische Gemeinschaften (2007). Richtlinie 2007/60/EG des europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2007 über die Bewertung und das Management von Hochwasserrisiken.

Europäische Gemeinschaften (2007). Verordnung (EG) Nr. 1100/2007 des Rates vom 18. September 2007 mitMaßnahmen zur Wiederauffüllung des Bestands des Europäischen Aals.

Europäische Gemeinschaften (2009). Entscheidung 2008/915/EG der Kommission vom 30. Oktober 2008 zur Festlegung der Werte für die Einstufung des Überwachungssystems des jeweiligen Mitgliedsstaats als Ergebnis der Interkalibrierung gemäß der Richtlinie 2000/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L 332 vom 10.12.2008, S. 20).

Europäische Gemeinschaften (2008). Richtlinie 2008/105/EG des europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über Umweltqualitätsnormen im Bereich der Wasserpolitik und zur Änderung und anschließenden Aufhebung der Richtlinien des Rates 82/176/EWG, 83/513/EWG, 84/156/EWG, 84/491/EWG und86/280/EWG sowie zur Änderung der Richtlinie 2000/60/EG (ABl L 348 vom 24.12.2008, S. 84).

Europäische Gemeinschaften (2009). Richtlinie 2009/90/EG der Kommission vom 31. Juli 2009 zur Festlegung tech-nischer Spezifikationen für die chemische Analyse und die Überwachung des Gewässerzustandes gemäß der Richt-linie 2000/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L 201 vom 1.8.2009, S. 36).

Gesetz zur Neuregelung des Rechts der Erneuerbaren Energien im Strombereich und zur Änderung damit zusammenhängender Vorschriften (Erneuerbare-Energien-Gesetz, EEG 2009) vom 25.Oktober 2008. Veröffentlicht im Bundesgesetzblatt Jahrgang 2008 Teil I Nr. 49, ausgegeben zu Bonn am 31. Oktober 2008, S. 2074.

Gesetz zur Neuregelung des Wasserrechts vom 31. Juli 2009. Veröffentlicht im Bundesgesetzblatt Jahrgang 2009Teil I Nr. 51, ausgegeben am 6. August 2009, S. 2585.

Umweltbundesamt (UBA) (1998): Umweltverträglichkeit kleiner Wasserkraftwerke – Zielkonflikte zwischen Klima- und Gewässerschutz. Institut für ökologische Wirtschaftsforschung GmbH, Berlin, UFOPLAN 202 05 321,UBA-FB 97-093, in: UBA Texte 13/98, 1-150.

Umweltbundesamt (UBA) (2009): Kleine Fliessgewässer pflegen und entwickeln – Neue Wege bei der Gewässerunterhaltung. www.umweltbundesamt .de

Umweltbundesamt (UBA) (2010): Gewässerschutz in der Landwirtschaft, www.umweltbundesamt.de

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LINKS ZU DEN BEWIRTSCHAFTUNGSPLÄNEN UNDMASSNAHMENPROGRAMMEN

Internationale Berichte der Flussgebiete

Donau http://www.icpdr.org/icpdr-pages/danube_rbm_plan_ready.htm

Elbe http://www.ikse-mkol.org/index.php?id=513

Ems http://www.ems-eems.de/7.0.html

Maas http://www.meuse-maas.be/news.asp?idLayout=23&cid=68&lcid=39

Mosel-Saar http://www.iksms.de/servlet/is/2873/

Oder http://www.mkoo.pl/index.php?mid=17

Rhein http://www.iksr.org/index.php?id=240

Nationale Berichte der Flussgebiete

Eider http://www.wasser.sh/de/fachinformation/daten/aneider.html

Elbe http://fgg-elbe.de/joomla/index.php?option=com_content&task=view&id=62

Maas http://www.flussgebiete.nrw.de/Dokumente/NRW/Bewirtschaftungsplan_2010_2015/

Oder http://www.luis.brandenburg.de/presse/WRRL_2009/BWP_Oder/National/BWP_Oder_2009.pdf

Schlei-Trave http://www.wasser.sh/de/fachinformation/daten/anschlei.html

Warnow-Peene http://www.luis.brandenburg.de/presse/WRRL_2009

Weser http://www.fgg-weser.de/berichte_wrrl.html

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Berichte der Bundesländer mit Anteilen an den Flussgebieten

Baden Württemberg http://www.uvm.baden-wuerttemberg.de/servlet/is/63467/

Bayern http://www.wasserrahmenrichtlinie.bayern.de/bewirtschaftungsplanung/bewirtschaftungsplaene/index.htm

Berlin http://www.berlin.de/sen/umwelt/wasser/wrrl/index.shtml

Brandenburg http://www.mugv.brandenburg.de/cms/detail.php/bb2.c.535758.de

Bremen http://www.umwelt.bremen.de/de/detail.php?gsid=bremen179.c.9888.de

Hamburg http://www.hamburg.de/wrrl-berichte/

Hessen http://www2.hmuelv.hessen.de/umwelt/wasser/wrrl/umsetzung/BP/

Mecklenburg-Vorpommern http://www.wrrl-mv.de/index_arb_2009.htm

Niedersachsen http://www.nlwkn.niedersachsen.de/master/C5845107_N5507460_L20_D0_I5231158.html

Nordrhein Westfalen http://www.flussgebiete.nrw.de/Dokumente/NRW/Bewirtschaftungsplan_2010_2015/

Rheinland Pfalz http://www.wrrl.rlp.de/servlet/is/8238/

Saarland http://www.saarland.de/SID-3E724395-473D3B99/46834.htm

Sachsen http://www.umwelt.sachsen.de/de/wu/umwelt/lfug/lfug-internet/wasser_11703.html

Sachsen-Anhalt http://www.sachsen-anhalt.de/LPSA/index.php?id=38636

Schleswig-Holstein http://www.wasser.sh/de/fachinformation/home/index.html

Thüringen http://www.thueringen.de/de/tmlfun/themen/wasser/flussgebiete/oea/ bewirtschaftung/daten/

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„Der Staat schützt auch in Verantwortung für die künftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen ...”

Grundgesetz, Artikel 20 a

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Bundesministerium fur Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU)Postfach 30 03 6153183 BonnTel.: 0228 99 305 -33 55Fax: 0228 99 305 -33 56E-Mail: [email protected]: www.bmu.de

Diese Publikation ist Teil der Öffentlichkeitsarbeit des Bundesministeriums fur Umwelt,Naturschutz und Reaktorsicherheit. Sie wird kostenlos abgegeben und ist nicht zumVerkauf bestimmt. Gedruckt auf Recyclingpapier.