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Symphoniekonzert „Die zwei B“ am 27. November 2016 um 19 Uhr im Herkulessaal der Residenz Symphonieorchester Wilde Gungl München Solisten: Margarita Oganesjan (Kl), Doren Dinglinger (Vl), Uladzimir Sinkevich (Vc) Dirigent: Michele Carulli Die allererste Frage nach dem Tripelkonzert von Beethoven an diesem Abend: Warum, um Gottes Willen, hört man diese wundervolle Musik nicht viel öfter im Konzertsaal? Oder, etwas „cooler“ ge fragt: Was ist besser als ein Solist? Eben deren drei, noch dazu von dem exquisiten Zuschnitt wie an diesem Abend. Dass Michele Carulli die Wilde Gungl und sich selbst hinter die drei Solisten postier te – übrigens auf seinen Wunsch, um dem Trio das bessere Zusammenspiel zu ermöglichen – was natürlich an einigen Stellen zu leichten Irritationen führte, ist dennoch bemerkenswert. Aber diese beeindruckende Musik beim Entstehen erleben zu können, ist jedesmal ein solches Erlebnis, damit kommt eben keine noch so gute und perfekte CD mit. Live ist Life! Und die Musiker des Orchesters begleiteten die Solisten mit äußerster Intensität und bereiteten ihnen das obligate „Silbertablett“. Michele Carulli dirigierte wie immer mit Leib und Seele, befeuerte seine Instrumentalisten und brachte vor allem wieder einmal die Streichergruppe zum Blühen und zum Klingen. Besonders schön gelang natürlich der zweite Satz, das melodiöse Largo, in dem der Cellist zu Hochform auflief. Was allerdings nicht heißen soll, dass die anderen es ihm nicht auf ihren beiden Instrumenten gleich taten. Aber die dem Cello komponierte Kantilene ist eben besonders beeindruckend und war bei Uladzmir Sinkevich in allerbesten Händen. Margarita Oganesian, die in München schon des Öf teren zu hören war, ist eine wunderbare Musikerin, die den Klavierpart nicht nur bravourös spielte, auch das Zusammenspiel der drei war großartig, wozu die Geigerin Doren Dinglinger ihre silberne Geige bestechend ins Spiel brachte. Intensiver Applaus und Blumen ... Nach der Pause stand ein Koloss auf dem ambitionierten Programm: Die erste Symphonie in cmoll op. 68 von Johannes Brahms. Im – übrigens kostenlosen – Programmheft war über die vielen Skrupel des Komponisten zu lesen, mit denen die Komposition seiner „Ersten“ befrachtet war. Nach der Aufführung wurde mir klar, warum Arnold Schönberg sich immer auch als Nachfol ger und in der Tradition von Brahms stehen sah: So kühn und modern ist sie eben auch heute noch, diese Symphonie. Nicht nur, weil sie ein wirklich großes Orchester verlangt mit Kontrafagott, vier Hörnern und drei Posaunen, die sogar bis zum letzten Satz warten müssen. Was den Musikerinnen und Musikern da abverlangt wird, geht hart an die Grenze, da ist nicht mehr von Amateurorchester oder Laienspie lern die Rede, da wird alles gefordert, auch vom Dirigenten. Der „seine“ Wilde Gungl mit Feuereifer und vollem Körpereinsatz zum Entstehen dieses Werkes anleitete und anregte. Vom wilden Fortis simo bis zum sanftesten Pianissimo ist in Brahms Komposition alles vertreten, bis hin zu den schönsten Klängen oder der berückenden, wohlbekannten Melodie im letzten Satz. Seine „kontra punktischen Kunststücke“, wie sie Eduard Hanslick bemängelte, machten aber sein Urteil nach der Wiener Erstaufführung nicht schlechter, im Gegenteil, er lobte sie als eines der „eigentümlichsten und großartigsten Werke der Sinfonieliteratur.“ Langanhaltender Beifall, wiederholtes Erscheinen des Dirigenten, der sich dann per Handschlag bei allen besonders geforderten OrchesterSolisten – Hörnern, Bläsern, Pauke usw. bedankte und sei ner Begeisterung mit einer Zugabe – einem Teil aus dem vierten Satz – freien Lauf ließ. Ein Abend, der wieder einmal zeigte, zu welchem Niveau die Liebe zur Musik und die Arbeit an der Musik im Stande sind. Das Orchester „Wilde Gungl“ ist unter seinem neuen Dirigenten Michele Ca rulli wieder ein großes Stück gewachsen, was das zahlreich erschienene Publikum begeistert und dankend zu Kenntnis nahm und nimmt. (Ceterum censeo: Es wird Zeit, dass das verschlafene Münchner Zeitungsfeuilleton die „Wilde Gungl“ und ihre Konzerte endlich einmal zur Kenntnis nimmt. Auch das gehört zur Aufgabe einer Münchner Zeitung!) [Ulrich Hermann, November 2016]

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Symphoniekonzert  „Die  zwei  B“  am  27.  November  2016  um  19  Uhr  im  Herkulessaal  der  Residenz  

Symphonieorchester  Wilde  Gungl  München  Solisten:  Margarita  Oganesjan  (Kl),  Doren  Dinglinger  (Vl),  Uladzimir  Sinkevich  (Vc)  Dirigent:  Michele  Carulli  

Die  allererste  Frage  nach  dem  Tripelkonzert  von  Beethoven  an  diesem  Abend:  Warum,  um  Gottes  Willen,  hört  man  diese  wundervolle  Musik  nicht  viel  öfter  im  Konzertsaal?  Oder,  etwas  „cooler“  ge-­‐fragt:  Was  ist  besser  als  ein  Solist?  Eben  deren  drei,  noch  dazu  von  dem  exquisiten  Zuschnitt  wie  an  diesem  Abend.  Dass  Michele  Carulli  die  Wilde  Gungl  und  sich  selbst  hinter  die  drei  Solisten  postier-­‐te  –  übrigens  auf  seinen  Wunsch,  um  dem  Trio  das  bessere  Zusammenspiel  zu  ermöglichen  –  was  natürlich  an  einigen  Stellen  zu  leichten  Irritationen  führte,  ist  dennoch  bemerkenswert.  Aber  diese  beeindruckende  Musik  beim  Entstehen  erleben  zu  können,  ist  jedesmal  ein  solches  Erlebnis,  damit  kommt  eben  keine  noch  so  gute  und  perfekte  CD  mit.  Live  ist  Life!  Und  die  Musiker  des  Orchesters  begleiteten  die  Solisten  mit  äußerster  Intensität  und  bereiteten  ihnen  das  obligate  „Silbertablett“.  Michele  Carulli  dirigierte  wie  immer  mit  Leib  und  Seele,  befeuerte  seine  Instrumentalisten  und  brachte  vor  allem  wieder  einmal  die  Streichergruppe  zum  Blühen  und  zum  Klingen.  Besonders  schön  gelang  natürlich  der  zweite  Satz,  das  melodiöse  Largo,  in  dem  der  Cellist  zu  Hochform  auflief.  Was  allerdings  nicht  heißen  soll,  dass  die  anderen  es  ihm  nicht  auf  ihren  beiden  Instrumenten  gleich  taten.  Aber  die  dem  Cello  komponierte  Kantilene  ist  eben  besonders  beeindruckend  und  war  bei  Uladzmir  Sinkevich  in  allerbesten  Händen.  Margarita  Oganesian,  die  in  München  schon  des  Öf-­‐teren  zu  hören  war,  ist  eine  wunderbare  Musikerin,  die  den  Klavierpart  nicht  nur  bravourös  spielte,  auch  das  Zusammenspiel  der  drei  war  großartig,  wozu  die  Geigerin  Doren  Dinglinger  ihre  silberne  Geige  bestechend  ins  Spiel  brachte.  Intensiver  Applaus  und  Blumen  ...  Nach  der  Pause  stand  ein  Koloss  auf  dem  ambitionierten  Programm:  Die  erste  Symphonie  in    c-­‐moll  op.  68  von  Johannes  Brahms.  Im  –  übrigens  kostenlosen  –  Programmheft  war  über  die  vielen  Skrupel  des  Komponisten  zu  lesen,  mit  denen  die  Komposition  seiner  „Ersten“  befrachtet  war.  Nach  der  Aufführung  wurde  mir  klar,  warum  Arnold  Schönberg  sich  immer  auch  als  Nachfol-­‐ger  und  in  der  Tradition  von  Brahms  stehen  sah:  So  kühn  und  modern  ist  sie  eben  auch  heute  noch,  diese  Symphonie.  Nicht  nur,  weil  sie  ein  wirklich  großes  Orchester  verlangt  mit  Kontrafagott,  vier  Hörnern  und  drei  Posaunen,  die  sogar  bis  zum  letzten  Satz  warten  müssen.  Was  den  Musikerinnen  und  Musikern  da  abverlangt  wird,  geht  hart  an  die  Grenze,  da  ist  nicht  mehr  von  Amateurorchester  oder  Laienspie-­‐lern  die  Rede,  da  wird  alles  gefordert,  auch  vom  Dirigenten.  Der  „seine“  Wilde  Gungl  mit  Feuereifer  und  vollem  Körpereinsatz  zum  Entstehen  dieses  Werkes  anleitete  und  anregte.  Vom  wilden  Fortis-­‐simo  bis  zum  sanftesten  Pianissimo  ist  in  Brahms  Komposition  alles  vertreten,  bis  hin  zu  den  schönsten  Klängen  oder  der  berückenden,  wohlbekannten  Melodie  im  letzten  Satz.  Seine  „kontra-­‐punktischen  Kunststücke“,  wie  sie  Eduard  Hanslick  bemängelte,  machten  aber  sein  Urteil  nach  der  Wiener  Erstaufführung  nicht  schlechter,  im  Gegenteil,  er  lobte  sie  als  eines  der  „eigentümlichsten  und  großartigsten  Werke  der  Sinfonieliteratur.“  Langanhaltender  Beifall,  wiederholtes  Erscheinen  des  Dirigenten,  der  sich  dann  per  Handschlag  bei  allen  besonders  geforderten  Orchester-­‐Solisten  –  Hörnern,  Bläsern,  Pauke  usw.  bedankte  und  sei-­‐ner  Begeisterung  mit  einer  Zugabe  –  einem  Teil  aus  dem  vierten  Satz  –  freien  Lauf  ließ.  Ein  Abend,  der  wieder  einmal  zeigte,  zu  welchem  Niveau  die  Liebe  zur  Musik  und  die  Arbeit  an  der  Musik  im  Stande  sind.  Das  Orchester  „Wilde  Gungl“  ist  unter  seinem  neuen  Dirigenten  Michele  Ca-­‐rulli  wieder  ein  großes  Stück  gewachsen,  was  das  zahlreich  erschienene  Publikum  begeistert  und  dankend  zu  Kenntnis  nahm  und  nimmt.  (Ceterum  censeo:  Es  wird  Zeit,  dass  das  verschlafene  Münchner  Zeitungsfeuilleton  die  „Wilde  Gungl“  und  ihre  Konzerte  endlich  einmal  zur  Kenntnis  nimmt.  Auch  das  gehört  zur  Aufgabe  einer  Münchner  Zeitung!)  

[Ulrich  Hermann,  November  2016]  

Die zwei B Symphoniekonzert mit dem Symphonieorchester Wilde Gungl München am 27. November 2016 im Herkulessaal der Residenz, München Fotos: Matthias Hallensleben  

     

   Anfragen  zu  Fotos  in  Druckqualität  bitte  an  Katharina  Hallensleben:  presse@wilde-­‐gungl.de