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Workshop „Bausteine zur Verbesserung und Vernetzung von Lebens- räumen zur Umsetzung der Gesamtstrategie Wanderfische“ Hannover, 21. Mai 2015 Dokumentation

dokumentation workshop gesamtstrategie wanderfische 150521 · les/länderübergreifendes Handlungsfeld wurden sowohl im 1. Berichtszyklus als auch für den aktuel- Berichtszyklus

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Workshop

„Bausteine zur Verbesserung und Vernetzung von Lebens-räumen zur Umsetzung der Gesamtstrategie Wanderfische“

Hannover, 21. Mai 2015

Dokumentation

Workshop der FGG Weser 2015 „Umsetzung der Gesamtstrategie Wanderfische“ 2

Inhaltsverzeichnis 1  Anlass und Ziel der Veranstaltung ................................................................................................... 3 

2  Einführung und Vorträge .................................................................................................................. 5 

3  Diskussionsrunden ........................................................................................................................ 17 

3.1  Diskussionsrunde 1: Gangbare Fischwege - Initiativen zur Wiederherstellung der Durchgängigkeit an Wehren und Wasserkraftanlagen ............................................................. 17 

3.2  Diskussionsrunde 2: Nachwuchsprobleme? - Auf dem Weg zu sich selbst erhaltenden Wanderfischpopulationen ......................................................................................................... 18 

4  Vorstellung der Ergebnisse der Diskussionsrunden / Diskussion und Schlussfolgerungen ......... 19 

5  Feedback ....................................................................................................................................... 20 

6  Fazit der Veranstaltung .................................................................................................................. 21 

Workshop der FGG Weser 2015 „Umsetzung der Gesamtstrategie Wanderfische“ 3

1 Anlass und Ziel der Veranstaltung

Auf dem Weg zu einem guten ökologischen Zustand/Potential der Fließgewässer wurden die Wieder-herstellung der Durchgängigkeit und die Verbesserung der Gewässerstruktur von den Ländern der Flussgebietsgemeinschaft Weser als überregionale Handlungsfelder identifiziert. Wanderfische und Neunaugen mit ihren Anforderungen an Ausdehnung, Qualität und Vernetzung von Lebensräumen stellen sichtbare Zeichen für den Zustand der Gewässer und den Erfolg von Maßnahmen dar.

Zur Konkretisierung dieser Handlungsfelder wurde im Zuge der Aufstellung des 1. Bewirtschaftungs-plans für den Zeitraum 2009 bis 2015 die „Gesamtstrategie Wanderfische in der Flussgebietseinheit Weser“ als abgestimmte Empfehlung erarbeitet. Die Gesamtstrategie behandelt die Aspekte Fisch-aufstieg, Fischabstieg und Fischschutz, betont aber auch die Bedeutung geeigneter und erreichbarer Laich- und Aufwuchsgewässer als wesentliche Voraussetzung für den Erhalt und die Entwicklung von Wanderfischbeständen in der Flussgebietseinheit Weser. Eine Umsetzung der Handlungsempfehlun-gen ist nur in Zusammenarbeit von Verwaltung und Gewässernutzern erreichbar.

Ziel des Workshops war es, am Ende der 1. Bewirtschaftungsperiode ein Resümee über die bisher erreichten Fortschritte und Entwicklungen zu ziehen sowie die noch notwendigen Schritte zur Umset-zung der Gesamtstrategie Wanderfische zu beleuchten. Zwei parallele Diskussionsrunden mit den Schwerpunkten Wiederherstellung der Durchgängigkeit und Sicherung/ Etablierung von Wanderfisch-populationen boten die Möglichkeit für einen intensiven Austausch zwischen allen Beteiligten. Dar-über hinaus bestand für die Teilnehmer die Gelegenheit, eigene Projekte und Maßnahmen zur Ver-besserung und Vernetzung von Lebensräumen für Wanderfische als Poster zu präsentieren.

Workshop der FGG Weser 2015 „Umsetzung der Gesamtstrategie Wanderfische“ 4

Tagungsprogramm

Donnerstag, 21. Mai 2015

10:30 Begrüßung und Einführung in die Thematik

Geschäftsstelle der Flussgebietsgemeinschaft Weser

10:50 Fischaufstieg am Einfallstor zur Weser

Ergebnisse der Erfolgskontrolle an der Fischaufstiegsanlage Bremen-Hemelingen

Henrich Klugkist, Der Senator für Umwelt, Bau und Verkehr der Freien Hansestadt Bremen

11:10 Fahrplan Fischaufstieg an den Bundeswasserstraßen

Bedeutung von Pilotanlagen und geplante Projekte am Pilotstandort Dörverden

Dr. Jennifer Wey, Bundesanstalt für Gewässerkunde Lisa Deutsch, Bundesanstalt für Wasserbau

11:30 Aalabstieg und Wasserkraftnutzung

Erfahrung zum aalschonenden Betriebsmanagement der Wasserkraftanlagen von Stat-kraft

Dr. Sonja Stendera, Statkraft Markets GmbH

11:50 Renaissance der anadromen Neunaugen und der Meerforelle im Wümmesystem

Praxisbeispiel zur Verzahnung von Durchgängigkeit und Revitalisierung von Fließgewäs-sern

Ralf Gerken, Landessportfischerverband Niedersachsen e. V.

12:10 Mittagspause

13:30 Verbesserung und Vernetzung von Lebens-räumen in der Werra Entfallen

Jens Görlach, Thüringer Landesanstalt für Umwelt und Geologie

13:50 Maßnahmenumsetzung auf dem Weg der Anordnung

Erfahrungen zur verwaltungsrechtlichen Anordnung von Maßnahmen an Wasserkraftan-lagen

Dr. Frank Hartmann, Regierungspräsidium Karlsruhe

14:15 Workshop (2 parallele Diskussionsrunden)

1. Diskussionsrunde: Gangbare Fischwege - Initiativen zur Wiederherstellung der Durch-gängigkeit an Wehren und Wasserkraftanlagen

Moderation: Christoph Laczny, Regierungspräsidium Kassel

Impulsreferat: Eva-Christine Mosch, Niedersächsisches Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit - Dezernat Binnenfischerei

2. Diskussionsrunde: Nachwuchsprobleme? - Auf dem Weg zu sich selbst erhaltenden Wanderfischpopulationen

Moderation: Ludwig Bartmann, Bezirksregierung Detmold

Impulsreferat: Karin Camara, Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen

15:15 Kaffeepause

15:45 Vorstellung der Ergebnisse der Diskussionsrunden

16:15 Diskussion und Schlussfolgerungen

16:30 Ende der Veranstaltung

Workshop der FGG Weser 2015 „Umsetzung der Gesamtstrategie Wanderfische“ 5

2 Einführung und Vorträge

Die Leiterin der Geschäftsstelle der Flussgebietsgemeinschaft Weser, Frau Kuhn, begrüßt die Anwesenden. Dank geht an die Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt - Außenstelle Mitte (GDWS – Ast. Mitte), die die Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt hat, besonders an Frau Buchholz und Herrn Borges, die als Mitglieder in der Arbeitsgruppe Fischfauna der FGG Weser die Vorbereitun-gen intensiv unterstützt haben, sowie Herrn Kindt als Leiter der Außenstelle Mitte und damit Gastge-ber der Veranstaltung.

Ute Kuhn Hubert Kindt

Herr Kindt, Leiter der GDWS Mitte, erläutert die ökologische Ausrichtung der Wasserstraßenverwal-tung, der in den letzten Jahren eine besondere Bedeutung zugekommen ist. Denn mit der Umsetzung der EG-WRRL gehört zur Aufgabe des Aus- und Neubaus der Bundeswasserstraßen auch die Errich-tung von Fischpässen an Stauanlagen, wenn diese von der WSV errichtet oder betrieben werden. Damit wird die ökologische Durchgängigkeit des Gewässers verbessert. Insgesamt sind etwa 250 Anlagen zu modernisieren. Er räumt ein, dass diese neue Aufgabe anfangs unterschätzt wurde und sich als deutlich zeit- und vor allem personalintensiver als anfangs gedacht herausgestellt hat. Mit Unterstützung durch die Bundesanstalt für Wasserbau (BAW) und die Bundesanstalt für Gewässer-kunde (BfG) sowie durch Schaffung neuer Stellen soll hier Abhilfe geschaffen werden.

Frau Kuhn erläutert kurz den weiteren Ablauf der Veranstaltung. Der Workshop knüpft an den We-serworkshop „Umsetzung von Maßnahmen in der Flussgebietseinheit Weser“ 2011 in Porta an, in dessen Folge auch bereits die beiden Workshops „Die Rolle der landwirtschaftlichen Beratung bei der Umsetzung von Agrarumweltmaßnahmen“ 2012 ebenfalls in Porta sowie „Von der Idee zur erfolgrei-chen Umsetzung - Erfahrungsaustausch zur Umsetzung von hydromorphologischen Maßnahmen im Zusammenhang mit der EG-WRRL für die Flussgebietseinheit Weser“ 2014 in Hannover stattfanden.

Workshop der FGG Weser 2015 „Umsetzung der Gesamtstrategie Wanderfische“ 6

Dr. Holger Schulz

Anschließend übernimmt Herr Dr. Schulz als Fachverantwortlicher der Geschäftsstelle Weser für den Themenbereich Ökologie die Veranstaltungsleitung und führt anhand einiger Folien in die Thema-tik ein.

Hintergrund für diese Veranstaltung wie auch für die Gesamtstrategie Wanderfische bildet die Was-serrahmenrichtlinie (EG-WRRL). Sie benennt konkrete Gewässerschutzziele und enthält verbindliche Fristen für das Erreichen dieser Ziele. Die alle sechs Jahre zu aktualisierenden Bewirtschaftungspläne und Maßnahmenprogramme für die Flussgebietseinheiten dienen hierbei als zentrale Instrumente der Rahmenplanung.

Als überregional wichtige Fragen der Gewässerbewirtschaftung bzw. als überregiona-les/länderübergreifendes Handlungsfeld wurden sowohl im 1. Berichtszyklus als auch für den aktuel-len Zyklus die Verbesserung der Gewässerstruktur und Durchgängigkeit identifiziert. Zur Konkretisie-rung dieses Handlungsfeldes und als Rahmen für regionale Länderprojekte wurde in der Flussge-bietsgemeinschaft (FGG) Weser die Entwicklung einer Umsetzungsstrategie zur Verbesserung der Durchgängigkeit beschlossen. Die Umsetzungsstrategie Durchgängigkeit wurde anschließend um den Aspekt der Laich- und Aufwuchsgewässer erweitert und schließlich als Gesamtstrategie Wanderfi-sche parallel zum 1. Bewirtschaftungsplan und Maßnahmenprogramm 2009 veröffentlicht.

Im Zuge der Erarbeitung der Gesamtstrategie wurde als erster wesentlicher Schritt eine Auswahl der für die weitere Betrachtung relevanten Wanderfischarten getroffen. Für die flussgebietsweite Be-trachtung der Durchgängigkeit sind die Langdistanzwanderer wie Lachs, Meerforelle, Neunaugen und Aal von besonderer Bedeutung. Aber auch für die potamodromen Arten wie Quappe, Barbe, Zährte und Aland ist eine ausreichende Vernetzung ihrer Laich- und Aufwuchsgebiete „lebens“-notwendig.

In einem weiteren Schritt wurden die potentiell geeigneten Laich- und Aufwuchsgewässer und die für die Vernetzung dieser Gewässer bedeutenden Wanderrouten identifiziert. Hierbei wurde unterschie-den zwischen den Hauptwanderrouten mit flussgebietsweiter Bedeutung für die Wanderfische (We-ser, untere Aller, untere Fulda und untere Werra) und den überregionalen Wanderrouten, die Bedeu-tung für Teileinzugsgebiete haben. Für die Querbauwerksstandorte der Hauptwanderrouten wurden das Vernetzungspotential und das Abstiegspotential bestimmt, die wichtige Grundlagen für die späte-re Priorisierung von Maßnahmen waren. Die Analyse erfolgte getrennt für die anadromen Arten (Lachs, Meerforelle, Neunaugen), die katadromen Arten (Aal) sowie die potamodromen Arten (wie Barbe und Zährte).

Um vorhandene Defizite der Durchgängigkeit darzustellen, wurden für jeden der zentralen Querbau-werksstandorte der Fischaufstieg, der Fischabstieg und der Fischschutz nach abgestimmten Kriterien bewertet. Hierauf aufbauend wurden mögliche Maßnahmenvarianten entwickelt und anhand der Kos-teneffizienz priorisiert. Zur Verbesserung der Laich- und Aufwuchsgewässer wurden allgemeine Emp-fehlungen entwickelt.

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Im Rahmen der Aufstellung des Bewirtschaftungsplans für die zweite Periode (2015 bis 2021) erfolg-te einer Evaluation der aktuellen Bestandssituation und Bestandsentwicklung von Wanderfischarten sowie eine Bilanz der Maßnahmenumsetzung in der Flussgebietseinheit Weser. Die Ergebnisse sind im Hintergrundpapier „Durchgängigkeit“ dargestellt, das dieses Jahr als Teil der Anhörungsdokumen-te veröffentlicht wurde.

Die aktuelle Einschätzung zur Bestandssituation und Bestandsentwicklung wird beispielhaft an zwei Fischarten vorgestellt, dem Lachs und der Barbe. Der Lachs wird sporadisch im Bereich der Tidewe-ser, der Mittelweser und unteren Aller nachgewiesen. Eine Trendwende in der Bestandssituation wurde bislang nicht beobachtet. Für die Barbe als potamodrome Art sieht die Situation etwas besser aus. In einigen Planungseinheiten (Hörsel, Oker) ist eine positive Entwicklung zu beobachten, die zum Teil auf Maßnahmen zur Verbesserung der Durchgängigkeit zurückgehen.

Die weiterhin bestehenden Defizite an den Querbauwerksstandorten werden insbesondere bei den Langdistanzwanderern deutlich. Der Aufstieg des Lachses entlang der Weser endet spätestens in Drakenburg, entlang der Hunte am Kraftwerk Wildeshausen, entlang der Leine im Bereich Hannover und entlang der Aller bei Oldau. Ähnliche Bilder zeigen sich auch für die Meerforelle und die Neunau-gen.

Zusammengefasst wird der weiterhin bestehende Handlungsbedarf zur Verbesserung der Durchgän-gigkeit deutlich. Für einen Großteil der zentralen und überregional bedeutsamen Querbauwerksstand-orte wird die Durchgängigkeit als mäßig, unbefriedigend oder schlecht eingestuft. Insbesondere der Aufstieg und der Abstieg des Aals sind an vielen Standorten kritische Größen.

Zur Umsetzung der WRRL haben die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes und die Bun-desländer Handlungsziele festgelegt. Diese sehen für die zentralen Querbauwerksstandorte eine Wiederherstellung der Durchgängigkeit für den Fischaufstieg und den Fischabstieg sowie einen aus-reichenden Fischschutz bis spätestens 2027 vor. An einzelnen Standorten sind die Planungen soweit fortgeschritten, dass eine Zielerreichung bis 2021 möglich wird. An den Bundeswasserstrassen (hier-zu gehören die Hauptwanderrouten) ist für die Umsetzung von Maßnahmen des Fischaufstiegs die WSV in Abstimmung mit den Ländern zuständig. Für den Fischabstieg und den Fischschutz liegt die Umsetzungsverantwortung bei den Betreibern der Wasserkraftanlagen bzw. bei den Genehmigungs-behörden der Länder oder den Betreibern der Wehranlagen.

Ziel dieses Workshops soll es zum einen sein, ein Resümee der bisher erreichten Fortschritte und Entwicklungen 6 Jahre nach Veröffentlichung der Gesamtstrategie zu ziehen. Zum anderen sollen die noch anstehenden Umsetzungsschritte beleuchtet und in Erinnerung gerufen werden, um dem Ziel des Erhalts der Wanderfischpopulationen stückweise näher zu kommen.

Herr Dr. Schulz betont, dass die Wiederherstellung der Durchgängigkeit und die Verbesserung der Lebensräume für Wanderfische nur in der konstruktiven Zusammenarbeit der verschiedenen Akteure möglich sind. Wesentliche Akteure sind neben den Wasserwirtschafts- und Naturschutzverwaltungen der Länder, die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes und die Energiewirtschaft als wichti-ge Gewässernutzer, die Naturschutz- und Fischereiverbände, die mit sehr viel Engagement immer wieder auf bestehende Defizite hinweisen, kompetente Planungsbüros, die häufig standortspezifische Lösungen entwickeln müssen, und die angewandte Forschung der Universitäten, der BfG und der BAW, um die immer noch bestehenden Kenntnislücken zu schließen.

Herr Klugkist vom Bremer Senator für Umwelt, Bau und Verkehr stellt die Ergebnisse des Auf-stiegsmonitorings 2013 an der Staustufe Hemelingen vor. Eingangs beleuchtet Herr Klugkist die His-torie der Staustufe Hemelingen. Zur Sicherung eines Mindestwasserstands für die Schifffahrt erfolg-ten bereits zwischen 1906 und 1911 der Bau des ersten Weserwehres und die Inbetriebnahme einer Wasserkraftanlage ab 1915. Im Jahr 1981 kam es, verursacht durch ein Binnenhochwasser, zu einem Durchbruch der Weser im Bereich des Wehres. Zwischen 1989 und 1993 wurde ein neues Weser-wehr errichtet und anschließend um einen Fischpass („WSA-Pass“ an der linken Uferseite) ergänzt. Im Jahr 2001 wurden Planungen für ein neues Wasserkraftwerk begonnen, zwischen 2008 und 2011 erfolgte der Bau und 2012 wurde schließlich der reguläre Betrieb aufgenommen. Parallel zum Kraft-werksbau wurde ein zweiter Fischpass („WKB-Pass“ an der rechten Uferseite) errichtet.

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Die wesentlichen Elemente des Fischschutzes im Bereich des Einlaufbauwerks des Kraftwerks sind ein Grobrechen mit 400 mm Stababstand sowie ein Feinrechen mit lichter Stabweite von 25 mm, eine permanente Überströmung der Rechenoberkante von 20 cm Höhe, Rechenfenster in der Mitte und am Fußpunkt des Rechens sowie eine Sonderkonstruktion der Rechenharke. Es werden Kaplan-S-Rohrturbinen genutzt, die als „minimal gap runner“ ausgeführt sind. Ein Mindestabfluss erfolgt über das Wehr und die Schifffahrtsschleuse. Bei einem durchschnittlichen Abfluss von 327 m³/s im Jah-resmittel werden etwa 49 % des Abflusses über die Wasserkraftanlage abgeführt (160 m³/s), 51 % verteilen sich auf das Wehr (132 m³/s), die Hochwasserentlastung „Kleine Weser“, die Schifffahrts-schleuse und den WSA-Pass (25 m³/s) sowie das neu installierte Fischschutzsystem (10 m³/s). Bei den höheren Abflüssen des Winterhalbjahres (407 m³/s) nutzt die Wasserkraftanlage etwa 42 % der Wassermenge.

Der WKB-Pass besteht aus einer 260 m langen Rauen Rampe aus Grobkies und größeren Lenk- und Störsteinen. Der Fischpass überwindet einen Höhenunterschied von 7 m (bei Niedrigwasser), ent-sprechend einer Steigung von 2,85 %. Ein- und Ausstieg weisen eine durchgängige Sohlanbindung auf. Ein höhenverstellbarer Einstieg dient der zur Kompensation der wechselnden Unterwasserstän-de.

Das Fischaufstiegsmonitoring am WKB-Pass erfolgt mittels Fangreuse, die den halben Querschnitt umfasst. Der verbleibende Querschnitt ist mit einem Rechen abgesperrt, der die aufsteigenden Fi-sche zum Fangkorb leitet. Parallel wird auch der Fischaufstieg am WSA-Pass erfasst. Zur Ermittlung der Aufstiegsstimmigkeit wird eine Unterstrombefischung mit 3 Strängen von jeweils 5 Apollo-Körben ca. 100 m unterhalb des WKB-Auslaufs durchgeführt.

In der Fangsaison 2012/13 wurden beim Neunaugenaufstieg im WKB-Pass 34.000 Flussneunaugen und 35 Meerneunaugen nachgewiesen, im WSA-Pass im Vergleich dazu nur 3.500 Flussneunaugen und keine Meerneuaugen. In der Fangsaison 2013/14 erhöhte sich Zahl der Nachweise im WKB-Pass auf 80.000 Flussneunaugen und 53 Meerneunaugen. Im WSA wurden hingegen nur 487 Flussneun-augen und ein Meerneunauge gefangen. Die zeitgleiche Unterstrombefischung gab Hinweise auf die gute Auffindbarkeit des Passes. Jedoch wurde festgestellt, dass ein Durchwandern des WKB-Passes nur bei Drosselung des Durchflusses möglich war. Im WKB-Pass wurden im Jahr 2013 darüber hinaus 1.600 Fische gefangen, die sich auf 25 Arten verteilen, darunter 137 Meerforellen und 12 Lachse. Im WSA-Pass wurden sowohl deutlich weniger Arten als auch weniger Individuen gefangen.

Das Abstiegsmonitoring, bestehend aus Befischungen im Auslaufkanal der Turbinen und Beobach-tungen im Bypass, ist für Sommer 2015 geplant.

Zusammenfassend wird die gute Auffindbarkeit des WKB-Passes deutlich. Jedoch ist die Strömungs-geschwindigkeit im Einlaufbereich noch kritisch. Auf der Grundlage der Erkenntnisse des Monitorings sollen weitere Optimierungen des WKB-Passes erfolgen. Das Fischmonitoring wird die nächsten Jah-re fortgesetzt.

In der anschließenden Diskussion wird die Funktionsfähigkeit des WKB-Fischpasses angezweifelt. Es wird darauf hingewiesen, dass noch nicht einmal die Zahlen des Fischaufstiegs vor dem Bau des neuen Wehres erreicht wurden, die teilweise auch schon als unbefriedigend angesehen wurden. Herr Klugkist weist auf die Probleme mit dem Sohlsubstrat im Fischpass hin. Ein großer Anteil des Sub-strats war im Herbst 2012 stromab verdriftet und hatte sich oberhalb des Fischpasseinstiegs aufge-häuft. Im Herbst 2013 wurde das verdriftete Material aus dem Fischpass entnommen und durch lage-stabiles Substrat ersetzt. Die Fänge in 2014 zeigen deutlich höhere Fischzahlen. Beim Neunaugen-monitoring 2012/13 zeigte sich zudem, dass die Tiere zwar in die Fischaufstiegsanlage einschwim-men konnten, ein kompletter Aufstieg war jedoch erst nach Drosselung des Durchflusses möglich.

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Henrich Klugkist Dr. Jennifer Wey

Frau Dr. Wey von der Bundesanstalt für Gewässerkunde berichtet über die Bedeutung von Pilotan-lagen und über geplante Projekte am Pilotstandort Dörverden (Koreferat mit Frau Deutsch von der Bundesanstalt für Wasserbau).

Im Zuge des Fahrplans Fischaufstieg an Bundeswasserstraßen sind bis 2027 bundesweit mehr als 250 Standorte hinsichtlich der ökologischen Durchgängigkeit zu beurteilen und ggf. zu bearbeiten. Bei dieser Aufgabe wird die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes durch die Bundesanstalt für Gewässerkunde (BfG) und die Bundesanstalt für Wasserbau (BAW) fachlich beraten. Aufgrund der Vielfalt an Staustufen, der unterschiedlichen örtlichen Randbedingungen, der begrenzten finanziellen und personellen Ressourcen und vor allem aufgrund des vorgegebenen Zeitplans der EG-WRRL war eine Priorisierung notwendig. Das Priorisierungskonzept „Durchgängigkeit Bundeswasserstraßen“ des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS; jetzt Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur, BMVI) von 2012 berücksichtigt u. a. fischbiologische Kriterien, bestehende rechtliche/zeitliche Verbindlichkeiten, Synergien mit WSV-Baumaßnahmen und unter-scheidet sich damit vom Priorisierungskonzept der FGG Weser.

In den letzten 3 Jahren haben bisher an mehr als 60 Anlagen Aktivitäten von BfG bzw. BAW stattge-funden oder finden noch statt. Diese umfassen die Grundlagenermittlung (27 Anlagen), Vorplanungen (21 Anlagen), Planfeststellungsverfahren bzw. deren Vorbereitung (7 Anlagen), Bautätigkeiten (1 Anla-ge) bis hin zu Funktionskontrollen (8 Anlagen). Parallel zur Öffentlichkeitsbeteiligung zum 2. Bewirt-schaftungsplan wird das Priorisierungskonzept des BMVI aktualisiert.

An der Weser ist bisher eine Fischaufstiegsanlage an der Staustufe Hemelingen fertiggestellt worden (Bau durch Dritte im Zuge der Errichtung eines neuen Wasserkraftwerks). Die Funktionskontrolle zu dieser Anlage läuft noch (siehe Vortrag von Herrn Klugkist). Die Pilotanlage an der Staustufe Dörver-den befindet sich im Stadium der Vorplanung. An der Aller sind zwei 2007 (Marklendorf) bzw. 2009 (Bannetze) gebaute Fischaufstiegsanlagen auf Funktionsfähigkeit geprüft worden. An einer Reihe von weiteren Anlagen an der Weser und Aller erfolgt aktuell die Grundlagenermittlung.

Die Forschung von BAW und BfG zur ökologischen Durchgängigkeit dient in erster Linie der Quali-tätssicherung, um Planungsrisiken zu senken und Kosten zu mindern. Die fachlich fundierte Beratung der WSV/GDWS umfasst sowohl Einzelfragen mit Relevanz für einzelne konkrete Planungen als auch grundsätzliche Fragen mit Relevanz für alle oder mehrere Standorte. Dies geschieht nach einem stu-fenweisen Vorgehen. Stufe 1 beinhaltet die Analyse des Kenntnisstands, hydraulische Untersuchun-gen / Modellierungen und die Bewertung anhand des aktuellen Kenntnisstands. In Stufe 2 folgen ex-plorative Untersuchungen sowie (ethohydraulische) Studien zum Fischverhalten mit einer parallelen Erfassung abiotischer Parameter. In Stufe 3 werden die gewonnenen Erkenntnisse experimentell überprüft und die Übertragbarkeit der Ergebnisse evaluiert. Hierzu dienen in erster Linie die Pilotanla-gen. Die Arbeiten der BAW und BfG erfolgen in den 4 Forschungsbereichen Grundlagen, Auffindbar-keit, Passierbarkeit und Abstieg mit insgesamt 19 Projekten und 60 Teilprojekten.

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Die Pilotanlagen dienen dem Test empfohlener Bauweisen unter Freilandbedingungen in großen Flüssen. Die insgesamt 7 Pilotstandorte, davon eine im Bereich der Weser (Dörverden), ermöglichen einen Test der Repräsentativität der Ergebnisse und garantieren die Übertragbarkeit auf andere Standorte. Einzelne Aspekte wie Methoden zur Funktionskontrolle, die Ausgestaltung der Einstiege und die Passierbarkeit von Sonderbecken/ -kanälen werden an allen Pilotstandorten untersucht, ande-re Fragestellungen nur an einer Auswahl der Pilotanlagen. An der Pilotanlage Dörverden stehen Fra-gen der Auffindbarkeit von Fischwanderhilfen und der Passierbarkeit von Sonderbauwerken (Ein-stiegsbecken, Wendebecken, Sammelgalerie) im Vordergrund.

Am Standort Dörverden sahen die bisherigen Planungen zum Bau einer neuen Fischaufstiegsanlage (Statkraft, Sönnichsen & Partner, Entwurf 2007/2011) den Einbau in die alte Prahmschleuse vor. Von der BfG/BAW wurde ergänzend der Anschluss eines Ufereinstiegs per Sammelgalerie empfohlen. Nach einem Zuständigkeitswechsel im Zuge der Novellierung des WHG 2010 wurden die Planungen durch die WSV wieder aufgenommen. Hierbei wurde ersichtlich, dass eine Anpassung der Planungen an die Anforderungen des DWA-Merkblatts 509 entweder eine Verlängerung nach Oberwas-ser/Unterwasser oder einen Teilabriss der Prahmschleuse mit entsprechender Kostensteigerung not-wendig macht. Daher erfolgte eine Prüfung von Alternativen. Als Vorzugsvariante gilt derzeit eine Realisierung in der Prahmschleuse mit Verlängerung nach OW/UW.

Am Pilotstandort Dörverden sind folgende Projekte geplant:

Auffindbarkeit: Anzahl und Lage der Einstiege / Ausgestaltung der Einstiege / Dotationswassermenge Welche Einstiege werden (von wie vielen Fischen welcher Arten) angenommen?

o 1 Einstieg in Flussmitte; 1 Einstieg uferseitig; ggf. 2 Einstiege in Sammelgalerie o Einstieg in die bereits vorhandene FAA am anderen Ufer o Methodik: Sonar-Kamera, Fischzähler/Reuse

Welche Einstiegsgestaltung erzeugt eine gute Auffindbarkeit? o Art der Sohlanbindung; Austrittswinkel der Leitströmung o Methodik: gegenständliche/numerische Modelle, Strömungsmessungen, Fischzäh-

ler/Reuse, Sonar-Kamera, ggf. ethohydraulische Versuche

Welche Dotationswassermenge erzeugt eine gut auffindbare Leitströmung? o Test verschiedener Szenarien von reinem Betriebsdurchfluss (ca. 0,7 m³/s) bis maxi-

mal 5 % der Ausbauwassermenge (ca. 8,8 m³/s); Zugabe Dotationswasser in ufer- und wehrseitigen Einstiegen einzeln regelbar

o Methodik: Fischzähler/Reuse, Strömungsmessungen und numerische Modelle

Passierbarkeit: Hydraulik und Fischverhalten Wie beeinflusst die Hydraulik (in langen und/oder verwinkelten Anlagen) den Fischaufstieg

o Test der Passagezeiten und -raten in verschiedenen Abschnitten der Aufstiegsanla-ge, insbesondere in Sonderbauwerken (Einstiegsbecken, Wendebecken, Sammelga-lerie)

o Methodik: HDX-Antennen/PIT-Tags, Strömungsmessungen, ggf. Sonar-Kamera, ethohydraulische Versuche

Grundlagen: Wanderbewegungen von Fischen in Bundeswasserstraßen (optional) Welche Faktoren charakterisieren den Wanderkorridor?

o derzeit Untersuchungen in Eddersheim (Main), evtl. Wiederholung der Untersuchun-gen in Dörverden; Synergien mit Fragen zur Auffindbarkeit

o Methodik: akustische Telemetrie, ergänzend Ethohydraulik (Schwimmleistung/ -verhalten)

Die Ergebnisse wurden und werden in BfG-Berichten, BAW-Briefen, Fachzeitschriften, BfG/BAW-Arbeitshilfen („Fischaufstiegsanlagen an Bundeswasserstraßen“) veröffentlicht sowie in der BfG/BAW-Veranstaltungsreihe „Herstellung der ökologischen Durchgängigkeit der Bundeswasser-straßen“ vorgetragen und diskutiert. Informationen und Links zu Veröffentlichungen sind unter fol-genden Links zu finden:

www.bafg.de/durchgaengigkeit www.baw.de

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In der Diskussion wird die Notwendigkeit weiterer Grundlagenforschung hinterfragt. Für einige Stand-orte lagen bereits umsetzungsreife Planungen vor (z. B. Dörverden). Frau Dr. Wey weist auf die Fort-entwicklung des Stands der Technik und weiterhin offene Fragen zur Übertragbarkeit etablierter Vor-gehensweisen auf die Randbedingungen an großen Fließgewässern hin. Die Planungen müssten daher z. T. überprüft und an die neuen Vorgaben des DWA-Merkblatts (DWA-M-509) angepasst wer-den. Zum Standort Dörverden wird bis Ende 2015 die Haushaltsvorlage erstellt. Der Baubeginn ist 2018 vorgesehen, die Fertigstellung der Fischaufstiegsanlage 2019. Es wird festgestellt, dass sich die Arbeiten der BfG und BAW auf Fragen des Fischaufstiegs konzentrieren, und die Frage aufgeworfen, was mit dem Fischabstieg passiert. Frau Dr. Wey erläutert, dass der Bund für den Fischabstieg zu-meist nicht zuständig ist. An Standorten mit Wasserkraftanlagen sind der Fischabstieg und der Fisch-schutz durch den Anlagenbetreiber sicherzustellen. Aufgrund begrenzter Ressourcen konzentriert sich die Forschungs- und Beratungstätigkeit von BfG und BAW daher vor allem auf den Fischaufstieg. Zum Fischabstieg werden nur einzelne Fragestellungen bearbeitet, die konkret für von der WSV betriebene Anlagen relevant sind.

Frau Dr. Stendera, Umweltkoordinatorin bei Statkraft Markets GmbH, stellt das aalschonende Be-triebsmanagement der Wasserkraftanlagen von Statkraft in der Weser vor. Statkraft betreibt in Deutschland 9 Laufwasserkaftwerke, 1 Pumpspeicherkraftwerk, 5 Gaskraftwerke und 2 Biomassean-lagen. Sechs Laufwasserkraftwerke befinden sich an der Weser mit den Standorten Langwedel, Dörverden, Drakenburg, Landesbergen, Schlüsselburg und Petershagen. Weitere 3 Laufwasser-kraftwerke liegen an der Werra (Werrawerk), der Fulda (Wahnhausen) und der Eder (Affoldern).

Der Europäische Aal verzeichnete in den letzten Jahrzehnten einen dramatischen Bestandseinbruch mit einem Rückgang um 76 % zw. 1968 bis 2005 im gesamten Verbreitungsgebiet. Der Aal ist nach IUCN Rote Liste als „vom Aussterben bedroht“ eingestuft. Durch die Listung in Anhang 2 des Washingtoner Artenschutzübereinkommen (CITES) ist nur noch kontrollierter Handel zulässig. Nach EU-Aalverordnung ist eine Abwanderungsrate von mindestens 40 % anzustreben.

Gefährdungsursachen für den Aalbestand im Binnenland sind neben der Wasserkraftnutzung auch die Fischerei, Prädatoren/Konkurrenten, eine unzureichende Gewässergüte, die Schifffahrt und Wasser-entnahmen für Brauch-/Prozesswasser und Trinkwasser. Gefährdungsstellen an den Kraftwerken befinden sich im Bereich des Einlaufbauwerkes am Rechen und im Bereich der Turbine. Bei einer Rechenstabweite < 18 mm ist eine Passage von Blankaalen mit ≥ 60 cm Totallänge unmöglich, zu hohe Fließgeschwindigkeiten können jedoch dazu führen, dass sich die Aale nicht mehr vom Rechen lösen können. Rechen mit einer Stabweite > 20 mm können auch von größeren Blankaalen passiert werden. Bei der nachfolgenden Turbinenpassage kann es zur Kollision mit den Leitschaufeln sowie zur Kollision mit Laufschaufeln der Turbine bzw. zu einer Quetschung zwischen Leitschaufel und Be-tonwand kommen.

Die EG-WRRL umfasst als wichtiges Bewirtschaftungsziel die Verbesserung der ökologischen Durch-gängigkeit. Die EU-Aalverordnung zielt auf den Schutz und die Wiederauffüllung des europäischen Aalbestandes sowie die Gewährleistung dessen nachhaltiger fischereilicher Nutzung ab. Als Lösung zur Verbesserung der ökologischen Durchgängigkeit der Weser verfolgt Statkraft das aalschonende Betriebsmanagement mit dem Ziel, einen Ausgleich von ökologischen und ökonomischen Interessen zu schaffen, sprich Aale zu schützen und klimafreundliche Stromerzeugung durch Wasserkraft sicher-zustellen.

Als Frühwarnsystem wird der Migromat®, entwickelt vom Büro für angewandte Ökologie, eingesetzt. Dabei werden etwa sechs Wochen vor Saisonbeginn 60 Blankaale mit sog. „passive integrated trans-pondern“ (PIT) versehen und in flusswasserdurchströmte Becken gesetzt. Nach der Saison Ende Februar werden die Aale in die Weser entlassen. Die Becken sind mit Querwänden in mehrere Kom-partimente eingeteilt. Die eingesetzten Aale können durch Durchlässe zwischen den Kompartimenten wechseln. Antennen im Bereich der Durchlassöffnungen registrieren dabei die Bewegung. Wird durch den Abgleich mit Schwellenwerten eine auffällige Unruhe der Aale festgestellt, wird ein Alarm ausge-löst und die Turbinen der Weserkraftwerke in einen aalschonenden Betriebsmodus gestellt.

Gemäß den Erfahrungen von Statkraft liegt die Hauptsaison des Aalzuges in der Weser zwischen November bis Februar. Die Mehrzahl der Blankaale wandert dabei in 1 bis 3 Hauptwanderwellen ab. Die Abwanderung erfolgt überwiegend in den Dämmerungs- und Nachtstunden zwischen 18:00 Uhr

Workshop der FGG Weser 2015 „Umsetzung der Gesamtstrategie Wanderfische“ 12

und 6:00 Uhr, wobei bereits in den Tagesstunden vor einem Abwanderungsereignis eine prämigrato-rische Unruhe bei den Blankaalen zu beobachten ist. Entsprechend wird bei einem durch den Migro-mat® ausgelösten Alarm zwischen 6:00 und 17:00 Uhr der Aalschonbetrieb ab 17:00 Uhr aufgenom-men. Bei einem Alarm zwischen 17:00 und 6:00 Uhr startet der Aalschonbetrieb sofort.

Insgesamt gibt es vier Migromat®-Standorte an der Weser. Der Standort Petershagen dient als „Vor-warnung“ für alle Kraftwerke entlang der Mittelweser. Der Standort Langwedel erfasst den Aalzug in der Aller sowie der oberen Mittelweser. An den Wasserkraftwerken Letzter Heller und Wahnhausen wird der Aalzug in Werra und Fulda abgeschätzt.

Die Überlebensrate eines Blankaals bei der Turbinenpassage ist in hohem Maße abhängig vom Öff-nungswinkel der Laufschaufeln. An den Mittelweserkraftwerken (Petershagen bis Langwedel) wird eine hohe Überlebensrate der Blankaale durch das reduzierte Kollisionsrisiko in den Kaplanturbinen durch variable Öffnungswinkel der 4 Laufschaufeln, durch die geringe Umlaufgeschwindigkeit der Turbinenschaufeln und durch vergleichsweise geringe Fallhöhen erreicht. Im aalschonenden Betrieb werden die Laufschaufeln der flussmittigen Turbine maximal geöffnet, gleichzeitig wird die landseitige Turbine gedrosselt. Die Restwassermenge wird über das kraftwerksnahe Wehr abgeführt.

Bei den Wasserkraftwerken Werrawerk an der Werra und Wahnhausen an der Fulda wird im aalscho-nenden Betrieb das Schluckvermögen der Turbine reduziert, um die Anströmgeschwindigkeit vor dem Rechen auf maximal 0,5 m/s zu begrenzen und damit eine Schädigung der Aale am Rechen zu verhin-dern. Bei beiden Kraftwerken wird dabei ein Abstiegsweg über das Wehr verfügbar. Das kraftwerks-nahe Wehr übernimmt auch hier die Restwassermenge.

Um die Effizienz des aalschonenden Betriebs zu prüfen, erfolgt eine Zusammenarbeit mit einem Be-rufsfischer an der Weser. Die Dokumentation von Fängen und Schäden erlaubt eine Beurteilung des Turbinenmanagements, einen Funktionsnachweis des Migromat® sowie einen Vergleich von Turbi-nenschäden gegenüber fangmethodisch bedingten Schäden durch die verwendeten Netzhamen.

Statkraft hat mit der Umsetzung des Migromat®-integrierten aalschonenden Betriebsmanagements an den Wasserkraftanlagen im Einzugsgebiet der Weser einen wichtigen Beitrag geleistet, um die Ziele der EG-WRRL, der EU-Aalverordnung und des EEG zu erreichen. Das aalschonende Betriebsma-nagement gewährleistet hohe Überlebensraten (>95%) bei der Turbinenpassage, ohne in das natürli-che Wanderverhalten des Blankaals einzugreifen. Das aalschonende Betriebsmanagement vereinbart damit nachhaltige, klimafreundliche Erzeugung von Energie durch Wasserkraft und Fischschutz und trägt somit wesentlich zur Verbesserung der Gewässerökologie bei.

Die Frage, ob Statkraft auch den Abstieg von anderen Arten erforscht, muss Frau Stendera verneinen. Dieser Forschungsbereich sei noch nicht so weit. Weiter wird gefragt, warum die Turbinen in der Hauptwanderzeit nicht komplett abgeschaltet werden. Frau Stendera weist auf monetäre Gründe hin. Die momentane Verfahrensweise sei ein Kompromiss zwischen Energieerzeugung und Aalschutz.

Workshop der FGG Weser 2015 „Umsetzung der Gesamtstrategie Wanderfische“ 13

Dr. Sonja Stendera Ralf Gerken

Herr Gerken, Fischereibiologe beim Landessportfischerverband Niedersachsen e. V., berichtet von der Renaissance der Meerforelle und der anadromen Neunaugen im Wümmesystem und zeigt an einem Praxisbeispiel, dass Gewässerstruktur und Durchgängigkeit auf dem Weg zum guten Zustand untrennbar zusammen gehören.

Das Projektgebiet „Obere Wümme“ umfasst die Gewässer Wümme, Fintau und Veerse mit weiteren Nebengewässern (Gesamtstrecke ca. 25 km). Wichtige Akteure in diesem Gebiet sind die 3 Angel-vereine Lauenbrück, Fintel und Westervesede mit etwa 350 Mitgliedern. Die Wümme hat insgesamt eine Lauflänge von 156 km und gehört überwiegend zum Naturraum Stader Geest. Die Obere Wüm-me weist mehrere Vorkommen der Meerforelle auf, wobei fast alle Vorkommen auf Wiederansied-lungsmaßnahmen der Angelvereine zurückgehen.

Auf den ersten Blick gibt es in diesem Gebiet viele naturnahe Abschnitte, in denen das Wasser relativ nährstoffarm und von hoher Wasserqualität ist (z. B. Abschnitte der Ruschwede, der Veerse und der oberen Fintau). Es fließt turbulent und weist stellenweise eine hohe Strukturvielfalt auf. Schwarzerlen und Bruchwälder säumen den Gewässerrand. Aber es gibt auch zahlreiche naturferne, ausgebaute und intensiv unterhaltene Abschnitte (z. B. Stellbach, Florgraben, Lünzener Bruchbach, Benkeloher Graben). Der Ausbau und die Begradigung zahlreicher Bäche begannen ab 1920 bzw. 1955. Dies hatte die irreversible Schädigung der ehemals kiesig-steinigen Gewässersohlen zur Folge, die heute über-wiegend versandet sind und keine Hartsubstrate mehr aufweisen. Von den insgesamt 21 Arten der potentiell natürlichen Fischfauna des oberen Wümmegebietes gehören 12 zu den gefährdeten Arten. Davon sind 9 Arten Kieslaicher, u. a. Meerforelle und alle Neunaugen-Arten. Außerdem beeinträchtig-ten der Bau und Umbau zahlreicher Wehre und Schleusen ab 1920 die Wanderfische. Der letzte Lachs in der Wümme wurde 1925 gefangen. All dies war Anlass, das Projekt zur „Wiederansiedlung von Lachs und Meerforelle im oberen Wümmegebiet“ ins Leben zu rufen.

Der Projektstart war 1981 und somit 20 Jahre vor Inkrafttreten der EG-WRRL, nachdem 1979 der weitere Ausbau der oberen Wümme erfolgreich gestoppt werden konnte. Anfangs als Utopie und Spinnerei belächelt, begann man 1982 mit dem ersten Initialbesatz von 20.000 Brütlingen in der Fintau und der Wümme, in den Folgejahren mit jeweils 40.000 Stück pro Jahr. Ab 1982 erfolgten ers-te strukturverbessernde Maßnahmen (Anlage von Kieslaichplätzen in Fintau, Wümme und Rehrbach) und nur 2 Jahre nach dem Erstbesatz konnten 69 Meerforellen-Rückkehrer aus der Nordsee nachge-wiesen werden. Im Jahr1987 wurde eine Brutanlage in Lauenbrück aufgebaut, wo bis 2010 ca. 2.300.000 Meerforellen erbrütet werden konnten. Seit Mitte der 1990er Jahre begann die Verbesse-rung der ökologischen Durchgängigkeit. Zahlreiche Wehre und Schleusen in der Wümme wurden zu Sohlgleiten umgebaut bzw. mit Umgehungsgerinnen versehen (insbesondere zwischen 1996 und 2006). Seitdem steigen die Zahlen der Meerforellen-Rückkehrer ins obere Wümmegebiet kontinuier-lich an. Die Zahl adulter Meerforellen wird für die letzten Jahre auf 400 bis 500 geschätzt. Aktuell

Workshop der FGG Weser 2015 „Umsetzung der Gesamtstrategie Wanderfische“ 14

noch bestehende Wanderhindernisse (v. a. Wümmewehre in Unterstedt und Scheeßel) sollen bis voraussichtlich 2016/2017 umgebaut werden.

Seit 2002 wurden durch die Angelvereine zahlreiche neue Kiesbetten in der Fintau, der Ruschwede, der Veerse und im Lünzener Bruchbach mit verbesserter Bauweise angelegt (Verwendung naturraum-typischen Materials mit großem Spektrum an Korngrößen, bessere Uferbefestigung, geeignetere Standorten, größere Kiesmengen). Seit 2002 sind insgesamt 2.000 t Kies und Steine in die Gewässer eingebracht worden, seit 2010 erfolgte die Einbringung von weiteren 10.000 t durch den Unterhal-tungsverband Obere Wümme.

Ab 2004 konnte erstmals eine erfolgreiche Meerforellen-Reproduktion in erheblicher Menge nachge-wiesen werden. Das Ziel, einen selbstreproduzierenden und selbst erhaltenden Meerforellenbestand in den kiesreichen Bächen zu etablieren, wurde inzwischen erreicht. Der Besatz von Meerforellen wurde 2009 eingestellt. Auch alle anderen Kieslaicher wie Fluss- und Bachneunaugen, Mühlkoppen und Elritzen reproduzieren sich in großer Zahl auf den wiederhergestellten Kiesbetten. Vor allem die zahlreichen Sohlgleiten der Wümme bei Fischerhude-Ottersberg werden als neue Neunaugen-Laichplätze genutzt. Inzwischen gilt die Wümme als das mit Abstand beste Meerneunaugen-Laichgewässer Niedersachsens.

Herr Gerken betont, dass sich eine umfassende Renaturierung nach aktuellem Stand auf Flussge-bietsebene lohnt. Die Ergebnisse zeigen, dass Gewässerstruktur und Durchgängigkeit auf dem Weg zum guten ökologischen Zustand untrennbar zusammen gehören. An der oberen Wümme war die Koalition aus Unterhaltungsverbänden, Landkreisen, NLWKN, Angelvereinen und Naturschutzverbän-den der Schlüssel zum Erfolg. Leider jedoch sind die Erfolge der Renaturierung durch die Intensivie-rung der Landwirtschaft und die Biogasnutzung bedroht.

In der Diskussion wird nachgefragt, welche Maßnahmen zur Verbesserung der Lebensräume ergrif-fen wurden. Herr Gerken erläutert, dass der Fokus auf der Wiederherstellung der Kiesstrukturen lag. Teilweise wurden auch Randstreifen geschaffen und Gewässerufer aufgewertet. Problem hierbei ist jedoch der hohe Preis für Land. Auf die Frage, welche Rolle Bäume im Wasser spielen, weist Herr Gerken auf die ökologische Bedeutung dieser Gewässerstruktur hin, macht aber auch deutlich, dass für die Einbringung von Totholz oftmals nur geringe Akzeptanz bei den Anliegern besteht. Ein Zuhörer fragt nach den möglichen Ursachen für den im Jahr 2003 beobachteten Einbruch der Meerforellen-Rückkehrer. Herr Gerken erinnert daran, dass 2003 ein besonders trockenes Jahr mit einer sehr ge-ringen Wasserführung in den Gewässern war. Darüber hinaus wurde in diesem Jahr eine neue Was-serkraftanlage in Betrieb genommen.

Workshop der FGG Weser 2015 „Umsetzung der Gesamtstrategie Wanderfische“ 15

Dr. Frank Hartmann

Herr Dr. Hartmann, Fischereireferent am Regierungspräsidium Karlsruhe, berichtet von seinen Erfahrungen zur verwaltungsrechtlichen Anordnung von Maßnahmen an Wasserkraftanlagen.

In der Historie war ein Wandel der Fließgewässer vom Naturgewässer zum Nutzungsgewässer zu beobachten. In Baden-Württemberg werden aktuell ca. 1.700 Wasserkraftanlagen betrieben, davon 70 große Anlagen mit mehr als 1 MW Leistung. Etwa 70 % der Anlagen weisen keinen funktionsfähi-gen Fischaufstieg auf. Ein Großteil ist überdies ohne ausreichenden Fischschutz, ohne Fischabstiegs-anlage und ohne ausreichenden Mindestabfluss. Jährlich werden ca. 40 bis 80 Anlagen modernisiert, ausgebaut, ökologisch saniert oder neugebaut. Es besteht ein grundsätzlicher Zielkonflikt zwischen der Wasserkraftnutzung zur Erzeugung von Strom auf der einen Seite und dem Fließgewässerschutz und Artenschutz auf der anderen Seite.

Wasserkraftnutzung bedeutet Verlust von energiereichem Fließwasserlebensraum, der Energieentzug beträgt bis zu 100 %. Der Verlust des Fließwasserlebensraums ist nicht ausgleichbar. Als Beispiel wird das ehemalige Lachsgewässer Murg, einem Nebengewässer des Rheins, vorgestellt. Trotz einer überwiegend natürlichen Gewässerstruktur und umfangreicher Bemühungen, die Durchgängigkeit an Querbauwerken wiederherzustellen, fehlt in den Sommermonaten ein ausreichender Abfluss. Auf-grund dieser Konkurrenz um die Energie der Fließgewässer muss eine gerechte Energieverteilung die primäre Aufgabe der Wasserwirtschaft sein. Der wasserrechtliche Vollzug ist im Wasserhaushaltsge-setz (2010) §§ 32 bis 35, Reinhaltung oberirdischer Gewässer, Mindestwasserführung, Durchgängig-keit oberirdischer Gewässer, Wasserkraftnutzung geregelt. Darüber hinaus relevante Regelungen finden sich u. a. in den Landesfischereigesetzen und den Naturschutzgesetzen.

Hinsichtlich der Durchwanderbarkeit und der Aufwertung der Lebensräume wurden in den letzten Jahren deutliche Verbesserungen erzielt. Eine Renaturierung der Gewässer ist oftmals nicht möglich, an vielen Beispielen werden jedoch die Möglichkeiten der Revitalisierung deutlich. An der Fischauf-stiegshilfe in Iffezheim kann die Wiederkehr der Wanderfische gut verfolgt werden. Die Zählungen spiegeln die erheblicher Anstrengungen zur Verbesserung der Wasserqualität und der Gewässerstruk-tur im gesamten Rhein und seinen Zuflüssen wider. Für 2015 ist bereits Ende Mai ein neuer Rekord mit über 100 aufsteigenden Lachsen registriert worden.

Bei der ökologischen Sanierung von Wasserkraftanlagen lassen sich drei Umsetzungsphasen unter-scheiden. In der ersten Phase (bis ca. 2000) stand die Freiwilligkeit im Vordergrund und es konnte nur eine geringe Anzahl von Maßnahmen realisiert werden. In Phase 2 (2000 bis ca. 2009) wurde durch die finanzielle Förderung im Zuge des EEG ein gewisser Aufschwung erreicht. Seit 2010 werden zu-nehmend weitere Instrumente wie Befristungen und Anordnungen genutzt.

Wasserrechtsverfahren umfassen allgemein die Anzeige, die Genehmigung, die Bewilligung, die Er-laubnis, den öffentlich-rechtlichen Vertrag und die Anordnung. In Baden-Württemberg gab es zwi-schen 1991 und 2014 im Zusammenhang mit der Wasserkraftnutzung mindestens 19 Anordnungen

Workshop der FGG Weser 2015 „Umsetzung der Gesamtstrategie Wanderfische“ 16

(18 Anordnungen zum Mindestabfluss, 1 zum Fischaufstieg). Diese entfielen auf 8 von 44 Landrats-ämtern (17 Anordnungen) und 1 von 4 Regierungspräsidien (2 Anordnungen). Ein großer Anteil der Anordnungen wurde beklagt und musste vor dem Verwaltungsgericht bzw. dem Verwaltungsge-richtshof entschieden werden. Die Urteile fielen in allen Fällen zugunsten des beklagten Landes aus.

An zwei Fallbeispielen wird die Länge der Verfahren deutlich gemacht, die bereits 8 bzw. 12 Jahre laufen und für die eine endgültige Entscheidung bislang noch aussteht.

Für eine Verweigerungshaltung der Anlagenbetreiber bestehen vielfältige Motive:

- die Anlage ist sehr lukrativ (große Fallhöhe), nicht nutzbare Wassermengen führen zu erhebli-chen Mindereinnahmen;

- die Maßnahmen führen zu keinem EEG-Zugewinn; die Regelungen des EEG werden missver-standen;

- persönliche Einstellung der Betreiber, bis hin zu Desinteresse und Überforderung;

- eine unglücklich gelaufene Beratung;

- fehlende Investitionsmöglichkeit;

- die Anlagenleistung ist zu gering, die geforderten Maßnahmen sind betriebswirtschaftlich nicht umsetzbar;

- u. a.

Die Energie der Fließgewässer ist heiß umkämpft. Viele Missverständnisse werden von den Beteilig-ten weitergetragen. Dies kann wiederum die Anordnung notwendig machen und zu einem anschlie-ßenden Klageverfahren führen. Nach Ansicht von Herrn Dr. Hartmann sind deshalb fundierte Sachar-gumente notwendig. Als Beispiel wird die Potenzialstudie des Landes Baden-Württemberg zur Was-serkraft genannt, die die verbleibenden Potenziale für die Wasserkraftnutzung im Ausbau und der Modernisierung bereits bestehender Standorte sieht.

Anordnungen und Klageverfahren können dazu beitragen, Klarheit zu schaffen. Voraussetzungen hier-für sind, dass die Eskalationskaskade mit Augenmaß verfolgt wird, die fachliche Notwendigkeit der Maßnahme und die rechtlichen Möglichkeiten zu ihrer Umsetzung nachgewiesen sind, eine wirt-schaftliche Prüfung erfolgt ist und der finalen Entscheidung eine umfangreiche Abwägung zugrunde liegt.

Anordnungen und Klageverfahren können Wege bereiten, indem sie fachlich konkrete Vorgaben lie-fern und die Entscheidung rechtlich festigen. Hierzu ist eine enge Zusammenarbeit zwischen dem Wasserrechtler, dem Fischereisachverständigen und dem Wasserbauingenieur notwendig. Ebenso sind der behördliche Wille zur Umsetzung und ein hohes Maß an Konfliktkompetenz erforderlich. Um die notwendige Fachkompetenz auf Seiten der Behörde sicherzustellen, sind die fachliche Vernetzung und der Informationstransfer wesentlich.

In jedem Fall bleibt die Last der Einzelfallentscheidung.

Für die Zukunft ist mit einer zunehmenden Zahl von Anordnungen und Klageverfahren zu rechnen, wobei aufgrund der wachsenden Erfahrung eine größere Rechtssicherheit und eine Beschleunigung der Verfahren zu verzeichnen sein wird. Die Präzisierung unbestimmter Rechtsbegriffe (z. B. der Be-griff der Verhältnismäßigkeit) kann wasserrechtliche Anordnungen erleichtern und Klageverfahren vorbeugen. Die Umsetzung schreitet weiter voran, ein langer Atem wird jedoch weiterhin benötigt.

Workshop der FGG Weser 2015 „Umsetzung der Gesamtstrategie Wanderfische“ 17

3 Diskussionsrunden

3.1 Diskussionsrunde 1

Gangbare Fischwege - Initiativen zur Wiederherstellung der Durchgängigkeit an Wehren und Wasserkraftanlagen

Herr Laczny, Dezernent in der oberen Fischereibehörde des Regierungspräsidiums Kassel, mode-riert die erste Diskussionsrunde. Er stellt kurz die aus seiner Sicht wichtigen Fragen zu dem Diskussi-onsthema: Wo wurde was, wie, von wem, warum und mit welchem Erfolg umgesetzt und was bleibt noch zu tun? Im Rahmen dieser Diskussionsrunde steht die überregionale Betrachtung des Themas Durchgängigkeit in der Flussgebietseinheit Weser im Vordergrund.

Als Impulsreferat stellt Frau Mosch vom Dezernat Binnenfischerei des Niedersächsischen Lan-desamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit drei Beispiele erfolgreich umgesetzter Maßnahmen aus Niedersachsen vor, die Rathsmühle Celle an der Aller sowie die Standorte Greene und Freden an der Leine. In einer Übersicht beantwortet Frau Mosch die zuvor von Herrn Laczny ge-stellten Fragen. Frau Mosch vertritt die Ansicht, dass ein nachträglicher Umbau bzw. Neubau von Fischaufstiegsanlagen nach dem Stand der Technik grundsätzlich möglich ist. Wie das Beispiel der Rathsmühle Celle zeigt, ist ein Um- bzw. Neubau des Abstiegs nach dem Stand der Technik trotz beengter Verhältnisse möglich. In jedem Fall sind zumindest Verbesserungen für den Abstieg reali-sierbar. In der Praxis sind Verbesserungen des Abstiegs jedoch bisher nur bei einzelnen Anlagen kon-sequent umgesetzt worden (Celle, Freden). Unklarheit besteht insbesondere hinsichtlich der Zumut-barkeit und Verhältnismäßigkeit von Maßnahmen. Ebenso bestehen in den Bundesländern unter-schiedliche Sichtweisen, ob Maßnahmen an Wasserkraftanlagen trotz der verbindlichen Anforderun-gen, die sich aus § 35 WHG für den Anlagenbetreiber ergeben, finanziell gefördert werden können.

Von Seiten der Fischereiverbände wird betont, dass aufgrund der fehlenden oder eingeschränkten Durchgängigkeit oberhalb von Bremen kein Projekt zur Wiederansiedlung von Wanderfischen funktio-niert. Es wird wiederholt die Frage gestellt, warum vermeintlich schon vor Jahren zu Ende gedachte Projekte noch nicht umgesetzt bzw. begonnen wurden. Herr Borges von der Generaldirektion Was-serstraßen und Schifffahrt erinnert daran, dass erst mit der Novellierung des WHG 2010 die Zustän-digkeit zur Wiederherstellung der Durchgängigkeit an Bundeswasserstrassen an den Bund überging. Diese Aufgabe umfasst Maßnahmen an über 250 Standorten und mit geschätzten Baukosten von etwa 1,5 Mrd. €. Wie bereits von Frau Dr. Wey erläutert, müssen auch bereits vorliegende Planungen überprüft und an die aktuellen technischen Anforderungen angepasst werden. Das alles muss zusätz-lich neben den restlichen Aufgaben der WSV erledigt werden. Hauptsächlich aufgrund von Personal-mangel hat sich der anfängliche Zeitplan für Planung und Bau deutlich verschoben. Es wurden mitt-lerweile aber neue Stellen in der GDWS, BAW und BfG zur Thematik Durchgängigkeit geschaffen, um eine zügige Bearbeitung sicherzustellen.

Auch wundern sich einige Teilnehmer, dass die Funktion der Fischpässe trotz der vielen Forschungs-projekte noch immer in Teilen deutlich verbesserungswürdig ist. Herr Borges betont die Wichtigkeit der Forschungsprojekte bei dieser Fragestellung und den fortschreitenden Lernprozess. Entlang der Weser sind an allen Stauanlagen Fischaufstiege vorhanden. Aktuelle Untersuchungen haben jedoch gezeigt, dass die vor 15 Jahren angewandte Bauweise für Fischpässe oftmals keine ausreichende Funktionsfähigkeit aufweist.

Ein weiterer Punkt der Diskussionen ist die Priorisierung der Vorhaben, die scheinbar nicht konse-quent von „unten nach oben“ stattfindet. Herr Borges erläutert das bundesweite Priorisierungspro-gramm „Durchgängigkeit Bundeswasserstraßen“ des BMVI. Hierbei spielt die Lage der jeweiligen Anlage bei der Einstufung des Querbauwerksstandortes eine wesentliche Rolle. Entsprechend wei-sen die Standorte an der Weser eine höhere Priorität auf als Anlagen an oberhalb gelegenen Zuläufen. Würden sich aber bauliche Maßnahmen aus anderen Erwägungen ergeben (z.B. Sanierungsbedarf, Neubewilligung von Wasserrechten,…), würde der Mitnahmeeffekt genutzt („Chance des Einzel-falls“). Herr Borges wiederholt seine Bitte, Geduld zu üben. Die Umsetzung ist für alle Beteiligten ein langwieriger Lernprozess. Herr Edler von der oberen Fischereibehörde der Bezirksregierung Münster ergänzt, dass man nicht alle Standorte in einem überschaubaren Zeitraum in einen zufriedenstellen-

Workshop der FGG Weser 2015 „Umsetzung der Gesamtstrategie Wanderfische“ 18

den Zustand bringen kann. Er empfiehlt nicht stur von der Mündung bis zur Quelle zu denken. Jedes erfolgreich umgesetzte Projekt ist in dem Gesamtprozess zur Wiederherstellung der Durchgängigkeit wichtig.

Herr Wöhler vom Niedersächsischen Ministerium für Umwelt, Energie und Klimaschutz berichtet, dass ähnlich der vorgestellten Situation für Baden-Württemberg auch in Niedersachsen die Zahl der umgesetzten Maßnahmen an Wasserkraftanlagen rückläufig ist. Die Chance einer Maßnahmenums-etzung auf dem Weg der Anordnung sieht Herr Wöhler nur für den Fischaufstieg. Es bestehen zwar auch für den Fischabstieg rechtliche Vorgaben (WHG, Landesfischereigesetze). Da diese leider sehr schwammig formuliert sind („angemessene Fristen“), geschieht jedoch fast gar nichts auf diesem Gebiet. Eine gesetzliche Änderung erscheint nicht in Sicht. Gleichzeitig ist der finanzielle Anreiz im Zusammenhang mit dem EEG entfallen.

Auf die Frage, wann überhaupt eine ausreichende Durchgängigkeit erreicht sei, verweist Herr Laczny auf das DWA Merkblatt DWA-M 509: „Fischaufstiegsanlagen und fischpassierbare Bauwerke - Ge-staltung, Bemessung, Qualitätssicherung“. Gegenüber dem Entwurf sind in der finalen Fassung von Mai 2014 wesentliche Änderungen enthalten.

In der Diskussion wird die Wichtigkeit der Funktionskontrolle und des Monitorings hingewiesen. Hier-bei wird die Forderung geäußert, dass Anlagen mit einer unzureichenden Funktionsfähigkeit nachzu-bessern sind. Am Beispiel der Fischaufstiegsanlage Hemelingen wird diskutiert, wie die Funktionsfä-higkeit zu belegen ist. Als Vergleich zu den von Herrn Klugkist vorgestellten Zahlen werden die Zäh-lungen an der Anlage Geesthacht (Elbe) und Iffezheim (Rhein) genannt.

Herr Laczny geht noch mal auf den Aspekt der Motivation zur Maßnahmenumsetzung ein. Die Prob-lematik betrifft in erster Linie Bestandsanlagen mit lang laufenden oder unbefristeten Wasserrechten. Nach dem Wegfall der Förderung durch das EEG sei es wichtig, für den Betreiber von Wasserkraftan-lagen alternative Anreize zu schaffen. Neben der Beratung und der finanziellen Förderung bietet ggf. auch die verwaltungsrechtliche Anordnung ein weiteres Instrument zur Maßnahmenumsetzung. Frau Mosch weist in diesem Zusammenhang auf eine Novellierung der niedersächsischen Binnenfische-reiordnung hin. Wie auch in Nordrhein-Westfalen und Hessen sollen die Anforderungen zum Fisch-schutz konkretisiert werden.

Herr Dr. Salva vom Landesfischereiverband Weser - Ems e. V. geht auf die Bedeutung der lokalen Akteure ein. Nach eigenen Erfahrungen lassen sich vor Ort meist ausreichend Sponsoren mobilisie-ren, um Maßnahmen umzusetzen. Herr Laczny ergänzt, dass der Erfolg in vielen Fällen maßgeblich an dem Engagement einzelner Personen hängt.

Auf die Frage, was technisch möglich sei, berichtet Herr Naumann vom Umweltbundesamt von der Workshop-Reihe „Forum Fischschutz und Fischabstieg“ (http://forum-fischschutz.de). Zur Frage des Stands der Technik wurde festgestellt, dass ein wirksamer Fischschutz durch mechanische Barrieren bis zu einem Abfluss von 50 m³ pro Recheneinheit technisch umsetzbar ist. Es wird noch mal darauf hingewiesen, dass die Länder die Verantwortung zur Umsetzung der rechtlichen Anforderungen an die Anlagenbetreiber tragen.

3.2 Diskussionsrunde 2

Nachwuchsprobleme? - Auf dem Weg zu sich selbst erhaltenden Wanderfisch-populationen

Diese Diskussionsrunde wird von Herrn Bartmann von der Bezirksregierung Detmold moderiert. Er begrüßt zunächst Frau Camara vom Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nord-rhein-Westfalen, die das Impulsreferat hält. Frau Camara erläutert am Beispiel des Lachses, welche Kriterien für eine Wiederansiedlung erfüllt sein müssen. Ziel ist es, eine frei lebende, sich selbst re-produzierende Population zu schaffen. Voraussetzung dafür ist es, dass die Gründe für das Ver-schwinden der Art bekannt und ausgeräumt sind und dass das Gebiet einer ausreichenden Anzahl von Individuen einen Lebensraum bietet. Wiederansiedlungen setzen immer auch die Zusammenarbeit verschiedener Disziplinen, Organisationen und Institutionen voraus. Es handelt sich grundsätzlich um

Workshop der FGG Weser 2015 „Umsetzung der Gesamtstrategie Wanderfische“ 19

Langzeitprojekte, die der Zustimmung aller Beteiligten bedürfen. Während und nach der Wiederan-siedlungsphase sind Erfolgskontrollen durch entsprechendes Monitoring sicherzustellen.

Anschließend zieht Frau Camara einen Vergleich zwischen Weser und Rhein hinsichtlich der Länge, Einzugsgebietsgröße, Anzahl der großen Querbauwerke sowie der Durchgängigkeit. Außerdem stellt sie kurz den „Masterplan Wanderfische Rhein“ vor. Im Einzugsgebiet des Rheins gibt es rund 1000 ha Lachs-Laichhabitat, wohingegen es in der Weser nur rund 500 ha sind. In allen Programm-gewässern des Landes Nordrhein-Westfalen findet bereits eine natürliche Reproduktion von Lachsen statt.

Die meisten Lachs-Rückkehrer werden in Nordrhein-Westfalen im System der Sieg erfasst. Hier fin-det ein ausführliches Bestandsmanagement mit Aufzucht, Besatzmaßnahmen, Monitoring sowie genetischen Untersuchungen statt. Im Sieg-System gibt es bereits gute Wiederansiedlungserfolge mit 250 bis 1.000 Rückkehrern pro Jahr. Da es sich noch nicht um eine sich selbst erhaltende Popula-tion handelt, ist auch hier weiterhin ein Besatz erforderlich.

Als Fazit wird deutlich, dass es im Flusseinzugsgebiet Weser wie auch des Rheins große Wiederan-siedlungspotentiale für Wanderfische wie den Lachs gibt, wobei die Voraussetzungen hierfür nur in kleinen, insgesamt aber langfristigen Schritten erreicht werden können. Ein Monitoringsystem zur Überwachung der Teilziele und Wiederansiedlungserfolge ist dabei unbedingt Voraussetzung. Dazu sollte die Nutzung der Gewässer - insbesondere die Wasserkraftnutzung - mit dem Schutz und der Wiederansiedlung von Wanderfischen vereinbar sein.

In der anschließenden Diskussion wird die Bedeutung des Lachs als „Zugpferd“ betont, aber auch die anderen Wanderarten wie z. B. der Aal sollten nicht vernachlässigt werden. Fische seien noch immer das wichtigste Symbol und Kennzeichen für gute Gewässerqualität. Eine höhere Akzeptanz und ein besseres Bewusstsein zum Thema Wanderfische und Durchgängigkeit in der Gesellschaft kann nach mehrheitlicher Auffassung über die Ansprache möglicher Schlüsselpersonen wie Spazier-gänger oder Schulklassen, aber auch Behörden und Kommunen erreicht werden. Um die Akzeptanz zu erhöhen, müssen Naturerfahrungen vermittelt und weitergegeben werden. Als Instrumente zur Vermittlung der wichtigen Aspekte werden Medien (Fotos, Filme), aber auch Computerspiele und ähnliches gesehen. Es sind nicht nur die Nachwuchsprobleme bei den Wanderfischen zu beheben, sondern auch für einen ausreichenden „Nachwuchs“ bei den Schlüsselpersonen zu sorgen.

4 Vorstellung der Ergebnisse der Diskussionsrunden / Diskussion und Schlussfolgerungen

Anschließend stellen Herr Laczny, Herr Bartmann und Frau Kuhn die Ergebnisse und Schlussfolge-rungen aus den beiden Diskussionsrunden im Plenum vor.

Herr Dr. Schulz bekräftigt abschließend den Wunsch aller Anwesenden, die lokalen Akteure besser einzubinden, damit die Maßnahmenumsetzung besser voran geht. Denn insgesamt ist die Anzahl der Maßnahmen eher rückläufig, fehlende Rechtssicherheit und fehlende finanzielle Mittel sind die Hauptgründe dafür. Neue Impulse sind notwendig. Aus seiner Sicht hat der Workshop zwar keine großen Probleme gelöst, er hat aber weitere Diskussionsgrundlagen geschaffen und den Dialog zwi-schen den Akteuren gefördert.

Herr Dr. Schulz dankt allen Vortragenden und den Moderatoren für Ihre Unterstützung und allen Teil-nehmern für ihre Fragen und anregenden Diskussionsbeiträge.

Workshop der FGG Weser 2015 „Umsetzung der Gesamtstrategie Wanderfische“ 20

5 Feedback

In der nachfolgenden Tabelle ist die Auswertung der zurückgegebenen Feedback-Bögen aufgeführt.

Es hatten sich insgesamt 76 Personen zum Workshop „Umsetzung der Gesamtstrategie Wanderfi-sche“ angemeldet. Die Teilnehmerzahl betrug 62. Davon waren 10 Referenten/Moderatoren und 7 Mitarbeiter der Geschäftsstelle der FGG Weser.

Es wurden 11 auszuwertende Fragebögen abgegeben. Die Rückmeldungen sind im Folgenden zu-sammengefasst.

Tab. 1: Feedback zum Workshop „Bausteine zur Verbesserung und Vernetzung von Lebensräumen zur Umset-zung der Gesamtstrategie Wanderfische“. Angegeben ist die Anzahl der Bewertungen für die einzelnen Kategorien.

Beurteilung der Veranstal-tung

Sehr gut 1

Gut 2

Befriedigend3

Schwach 4

Mittelwert

Tagu

ngsv

erla

uf Vorträge 8 5 1 1,57

Diskussionsrunden 1 9 1,9

Fachkompetenz 7 3 1,3

Praxisnähe 5 5 1 1 1,83

Tagu

ngso

rgan

isat

ion Erreichbarkeit zum

Tagungsort 7 4 1,36

Organisation und Betreuung 10 1 1,09

Räumlichkeiten 7 4 1,36

Verpflegung 19 2 1,18

Die Veranstaltung hat insge-samt meinen Erwartungen entsprochen.

5 2 1,29

Als positiv empfunden wurden die zahlreichen Diskussionsbeiträge zu diesem als gut und interessant angesehenem Thema. Es herrschten insgesamt ein freundlicher Ton und eine gute Gesamtstimmung.

Als negativ empfunden wurde, dass der Workshop zu kompakt war, eine längere bzw. zweitägige Veranstaltung wären für das Thema geeigneter gewesen. Es wurde empfohlen, die Einladung zu der Veranstaltung breiter zu streuen, da einzelne Teilnehmer nur über einen Hinweis in einer Fachzeit-schrift davon erfahren haben.

Hinsichtlich der Themenwahl für weitere Workshops gab es zahlreiche Anregungen:

Bewirtschaftungs- und Maßnahmenpläne

Erfolgsbeispiele an Oberflächengewässern (Struktur, Ökologische Durchgängigkeit)

Grundwasser

Thema „Durchgängigkeit und Wanderfische“ in den nächsten Jahren vertiefen

Diskussionsveranstaltung mit Fischerei- und Naturschutzverbänden

Workshop der FGG Weser 2015 „Umsetzung der Gesamtstrategie Wanderfische“ 21

6 Fazit der Veranstaltung

Der von der FGG Weser organisierte Workshop nimmt eine Mittelstellung zwischen den eher lokal ausgerichteten Gebietsforen und den bundesweiten Veranstaltungen wie dem Forum „Fischschutz und Fischabstieg“ ein. Der Workshop bot damit eine gute Möglichkeit, die für die Flussgebietseinheit Weser entwickelten überregionalen Konzepte (Gesamtstrategie Wanderfische, Priorisierungskonzept „Durchgängigkeit Bundeswasserstraßen“) und Zwischenergebnisse vorzustellen. Es wurde auch der Bedarf gesehen, die Rolle der Flussgebietsgemeinschaft Weser besser in der Öffentlichkeit zu ver-mitteln.

Im Jahr 2006 fand die letzte Veranstaltung der FGG Weser mit Fokus auf die Fischfauna statt („Fisch-fauna Weser – Vernetzung von Lebensräumen“). Drei Jahre später wurde die Gesamtstrategie Wan-derfische für die Flussgebietseinheit Weser vorgestellt, die einen zwischen den Ländern abgestimm-ten Handlungsrahmen zur Wiederherstellung der Durchgängigkeit entlang der überregionalen Wan-derrouten liefern sollte. Mit der Novellierung des Wasserhaushaltsgesetzes 2010 wurden die Zustän-digkeiten teils neu geregelt und die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes übernahm eine wichtige Rolle im Umsetzungsprozess. Der Anhörungszeitraum zum 2. Bewirtschaftungsplan und Maßnahmenprogramm für die Flussgebietseinheit Weser schien damit eine günstige Gelegenheit, die Situation der Wanderfische in der Weser und die Bestrebungen zur Wiederherstellung der Durchgän-gigkeit erneut ins Blickfeld zu rücken.

Die hohe Zahl von Anmeldungen bestätigt das breite Interesse an diesem Thema sowohl bei Vertre-tern aus der Verwaltung (Wasserwirtschafts-/Naturschutz-/Fischereiverwaltung der Länder, Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes) als auch bei Naturschutz- und Angelverbänden. Teilgenom-men haben ebenfalls Vertreter anderer wichtiger Akteursgruppen wie Wasser-, Boden und Land-schaftspflegeverbände, Planungs- und Ingenieurbüros, Energiewirtschaft, Landwirtschaft und univer-sitäre Forschung.

In den Diskussionen wurde mehrfach deutlich, dass das Thema Wanderfische teilweise sehr emotio-nal aufgeladen ist. Bei den Vertretern der Fischereiverbände zeigte sich eine erhebliche Betroffenheit bezüglich einzelner Querbauwerksstandorte. Gleichzeitig konnte die Möglichkeit genutzt werden, Planungen des Bundes und der Länder zu erläutern. Um Missverständnisse zu vermeiden und auch die guten Ortskenntnisse nutzbar zu machen, wird der Wunsch geäußert, lokale Akteure frühzeitig in Planungen einzubinden.

Es bestand eine allgemeine Ernüchterung über den Fortschritt in der Maßnahmenumsetzung. Trotz der bestehenden rechtlichen Anforderungen finden notwendige Anpassungen an Bestandsanlagen meist nicht freiwillig statt. Angesichts der meist für sehr lange Zeiträume bewilligten oder sogar zeit-lich unbefristeten Wasserrechte müssen alternative Instrumente gefunden werden. Hier zeigten sich in den Ländern unterschiedliche Strategien, die über konkrete technische Anforderungen in den Lan-desfischereiverordnungen, der Beratung und finanziellen Förderung bis hin zum wasserrechtlichen Vollzug reichen. Ein vertiefter Erfahrungsaustausch zwischen den Bundesländern und ggf. eine ge-meinsame Initiative zur Anpassung der rechtlichen Regelungen erscheint daher sinnvoll.

Um den Fortschritt bei der Maßnahmenumsetzung für das gesamte Flussgebiet oder Teileinzugsge-biete zu dokumentieren, ist ein geeignetes Monitoring für Wanderfische zu entwickeln. Eine zentrale Zählstation wie z. B. an Elbe (Geesthacht) und Rhein (Iffezheim) steht an der Weser bislang nicht zur Verfügung. Die Erfassungen im Zuge von Funktionskontrollen einzelner Anlagen geben nur einen sehr beschränkten Einblick und sind in der Regel nicht vergleichbar.

Die Aufklärung und Mobilisierung der Öffentlichkeit wird als wichtige Säule zur Verbesserung der Lebensräume für Wanderfische gesehen. Durch das Engagement lokaler Akteure konnten bereits eine Vielzahl von Projekten erfolgreich umgesetzt werden. Vor diesem Hintergrund wird empfohlen, das Thema „Durchgängigkeit und Wanderfische“ weiterhin aktiv in der Öffentlichkeit zu vermitteln und weitere Nachfolgeveranstaltungen zu organisieren.