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Dynamische Berechnung einer auf Pfählen gegründeten Papierdruckmaschine Univ.-Prof. Dr.-Ing. habil. Christos Vrettos, Technische Universität Kaiserslautern; Dipl.-Ing. Silke Appel, Geotechnik und Dynamik GmbH, Berlin; Dipl.-Ing. Tudor Saidel, Popp & Asociatii – Inginerie Geotehnica SRL, Bukarest, Rumänien Kurzfassung Zur Qualitätssicherung sind die Anforderungen an den Erschütterungsschutz bei Druckmaschinen sehr streng. Die großen Abmessungen von Maschinenstuhlung und Fundamentplatte erfordern eine genaue dynamische Berechnung des Gesamtsystems Boden-Gründung-Maschine. Erdbebenanregungen müssen gesondert berücksichtigt werden. Anhand eines Projektbeispiels werden die einzelnen Schritte zur Berechnung des gekoppelten Systems erläutert. Repräsentative dynamische Bodenkennwerte werden anhand von empirischen Beziehungen ermittelt. Ersatzsteifigkeiten der Pfahlgründung werden aus Kontinuumslösungen durch sinnvolle Näherungen bestimmt. Das zugrunde gelegte Strukturmodell wird vorgestellt und der Einfluss der Phasenverschiebung der Anregungen untersucht. Prognosewerte der Schwingungsgrößen werden mit den zulässigen Werten verglichen. Schließlich wird der Erdbebenachweis der Maschine nach Eurocode EC8 geführt. 1. Einleitung Rollen-Offsetdruckmaschinen bestehen aus mehreren Druckwerken und anderen Aggregaten, z.B. Abrollungen und Falzapparate, Bild 1. Mechanische Schwingungen in und zwischen den Druckwerken von Offsetdruckmaschinen führen zu Relativbewegungen zwischen den Druckwerkzylindern und stellen eine wesentliche Ursache für Qualitätsbeeinträchtigungen der Druckerzeugnisse dar. Je nach Anlagetyp ist der Unterbau Bestandteil der Maschine bzw. erfolgt die Aufstellung auf schwere Betontische. Die Lagerung der Maschinen erfolgt mittels nachgiebiger Schwingungsisolierelemente oder fester Richtelemente. Bei Gründung auf lang gestreckten Ortbetonplatten müssen dabei die ausführungstechnisch bedingten Höhendifferenzen sowie die Verformungen der Platte

Dynamische Berechnung einer auf Pfählen gegründeten ... · Popp & Asociatii – Inginerie Geotehnica SRL, Bukarest, Rumänien Kurzfassung Zur Qualitätssicherung sind die Anforderungen

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Page 1: Dynamische Berechnung einer auf Pfählen gegründeten ... · Popp & Asociatii – Inginerie Geotehnica SRL, Bukarest, Rumänien Kurzfassung Zur Qualitätssicherung sind die Anforderungen

Dynamische Berechnung einer auf Pfählen gegründeten Papierdruckmaschine Univ.-Prof. Dr.-Ing. habil. Christos Vrettos, Technische Universität Kaiserslautern; Dipl.-Ing. Silke Appel, Geotechnik und Dynamik GmbH, Berlin; Dipl.-Ing. Tudor Saidel, Popp & Asociatii – Inginerie Geotehnica SRL, Bukarest, Rumänien Kurzfassung

Zur Qualitätssicherung sind die Anforderungen an den Erschütterungsschutz bei

Druckmaschinen sehr streng. Die großen Abmessungen von Maschinenstuhlung und

Fundamentplatte erfordern eine genaue dynamische Berechnung des Gesamtsystems

Boden-Gründung-Maschine. Erdbebenanregungen müssen gesondert berücksichtigt

werden. Anhand eines Projektbeispiels werden die einzelnen Schritte zur Berechnung des

gekoppelten Systems erläutert. Repräsentative dynamische Bodenkennwerte werden

anhand von empirischen Beziehungen ermittelt. Ersatzsteifigkeiten der Pfahlgründung

werden aus Kontinuumslösungen durch sinnvolle Näherungen bestimmt. Das zugrunde

gelegte Strukturmodell wird vorgestellt und der Einfluss der Phasenverschiebung der

Anregungen untersucht. Prognosewerte der Schwingungsgrößen werden mit den zulässigen

Werten verglichen. Schließlich wird der Erdbebenachweis der Maschine nach Eurocode EC8

geführt.

1. Einleitung

Rollen-Offsetdruckmaschinen bestehen aus mehreren Druckwerken und anderen

Aggregaten, z.B. Abrollungen und Falzapparate, Bild 1. Mechanische Schwingungen in und

zwischen den Druckwerken von Offsetdruckmaschinen führen zu Relativbewegungen

zwischen den Druckwerkzylindern und stellen eine wesentliche Ursache für

Qualitätsbeeinträchtigungen der Druckerzeugnisse dar. Je nach Anlagetyp ist der Unterbau

Bestandteil der Maschine bzw. erfolgt die Aufstellung auf schwere Betontische. Die Lagerung

der Maschinen erfolgt mittels nachgiebiger Schwingungsisolierelemente oder fester

Richtelemente. Bei Gründung auf lang gestreckten Ortbetonplatten müssen dabei die

ausführungstechnisch bedingten Höhendifferenzen sowie die Verformungen der Platte

Vrettos
Textfeld
VDI-Berichte Nr. 2063, 2009, S. 543-554
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Bild 1: Schematischer Schnitt durch eine Rollendruckmaschine mit 3 Druckeinheiten, 3

Rollenwechsler, 1 Falzapparat (links); Blick durch den unteren Bereich mit der

Galerie der Rollenwechslern (rechts).

berücksichtigt werden. Bei schlechtem Baugrund wird eine Verbesserung vorgenommen

bzw. Pfähle eingebaut. Setzungen und Verdrehungen des Fundaments und damit der

Maschinen als Folge der Maschinenschwingungen dürfen gewisse Toleranzgrenzen nicht

überschreiten.

Das Schwingungsverhalten von Rollen-Offsetdruckmaschinen wurde bei Guo [7] mittels der

experimentellen Modalanalyse untersucht. Die Eigenfrequenzen wurden zudem anhand

eines diskreten Modells mittels der FEM analysiert und bestätigt. Es zeigte sich, dass die

horizontalen Schwingungen quer zu Längsachse dominieren. Bei einer Maschine mit einer

Länge von ca. 30 m und einer Masse von 3500 kN (einschließlich Fundament 9600 kN)

ergaben sich Eigenfrequenzen zwischen 3,6 Hz für die erste und 11 Hz für die sechste

Eigenform.

Nachfolgend werden die wesentlichen Punkte der Dimensionierung einer ebenerdig

gegründeten Rollendruckmaschine vorgestellt. Da der anstehende Baugrund nicht

ausreichend tragfähig war, wurde die Bodenplatte auf Pfählen gegründet. Der Standort ist

durch starke Seismizität charakterisiert. Da die Eigenfrequenzen der Maschine mit

Fundament im Bereich der für Erdbeben typischen Frequenzen liegt, musste dieser Lastfall

gesondert untersucht werden.

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2. Rollendruckmaschine und Auslegungskriterien

Die Maschine von 32 m Länge mit einem Gesamtgewicht von 6000 kN besteht aus 5

Druckeinheiten, 2 Falzapparaten und 6 Rollenwechslern mit einem Zylinderumfang von

1140 mm. Sie ist ausgelegt für 35000 Zylinderumdrehungen pro Stunde. Die Lagerung der

Maschine auf dem Fundament erfolgt kraftschlüssig mittels geeigneter Nivellierelemente. Der

Aufbau entspricht den Darstellungen in Bild 1.

Die Kräfte aus den einzelnen Druckeinheiten bzw. Falzapparaten betragen 415 kN bzw.

250 kN, wobei der Schwerpunkt ca. 8,0 m über Oberkante Fundamentplatte liegt. Die Kräfte

aus den einzelnen Rollenwechslern betragen jeweils 40 kN. Ein Fundamentplan mit

Grundriss und Schnitt sowie Herstellerangaben zu den statischen Lasten ist in Bild 2

angegeben.

Bild 2: Fundamentplan mit statischen Lasten

Für die schwingungstechnische Berechnung der Maschine werden Anregungsfunktionen

gemäß den Herstellerangaben entwickelt. Da die Berechnungen im Zeitbereich durchgeführt

werden, stellen die Anregungsfunktionen Kraft-Zeitverläufe dar. Die maximalen dynamischen

Kräfte verändern sich in dem Maße, wie sich die Maschinendrehzahl ändert. Die

Bezugsgröße Maschinendrehzahl ist definiert als Drehzahl der Plattenzylinder. Diese drehen

mit der 1. Ordnung. Einige Elemente drehen mit anderen Drehzahlen als die der

Plattenzylinder. Das Verhältnis aus dieser Drehzahl zu der des Plattenzylinders wird als n-te

Ordnung ausgewiesen. Die an der Maschine bestehenden Ordnungen werden durch den

Hersteller vorgegeben. Die Anregungsfunktion der Kräfte an den Lagerungspunkten des

Stahlstuhls werden je nach Ordnung als %-Werte der statischen Lasten getrennt für die

vertikale Richtung und die beiden horizontalen Richtungen angegeben. Es werden auch

Ordnungen kleiner 1 berücksichtigt. Eine grafische Darstellung der angesetzten

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Bild 3: Angesetzte Anregungsfunktionen für Lasten D1-D4: Zeitverlauf (0…2 s) sowie

Fourier-Spektrum.

Anregungsfunktionen kann dem Bild 3 entnommen werden. Die Anregungsfunktionen

können generell jede beliebige Phasenlage zueinander aufweisen.

Die Vorgaben des Herstellers zur Beurteilung der dynamischen Systemantworten erfolgen in

Form von zulässigen Schwinggeschwindigkeits- und Schwingwegamplituden. Für die

zulässigen Schwinggeschwindigkeitsamplituden wird der Effektivwert der resultierenden

Schwinggeschwindigkeit (Berücksichtigung der 3 translatorischen Freiheitsgrade)

vorgegeben:

• Schwinggeschwindigkeit: veff,res < 1 mm/s (0…60 Hz)

• Schwingweg: säqu < 23 µm (0…10 Hz)

säqu < 11 µm (10…20 Hz)

säqu < 6 µm (20…40 Hz)

säqu < 4 µm (40…60 Hz)

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3. Baugrundverhältnisse und Gründungsparameter

Der anstehende Baugrund wurde mittels zweier Bohrungen mit gleichzeitiger Durchführung

von SPT Sondierungen erkundet. Bis ca. 8,0 m unter Geländeoberkante steht steifer,

schluffiger Ton an mit Schlagzahlen NSPT < 15. Darunter folgen Sande bzw. sandige Tone

und Tone mit jeweils NSPT < 26 bis zu der Endbohrtiefe von 30 m. Obwohl noch einige

Ödometerversuche durchgeführt worden sind, erfolgte die Abschätzung der statischen

Steifemoduli mittels empirischer Beziehungen anhand der SPT-Schlagzahlen.

Zur Aufnahme der statischen Kräfte und zur Vermeidung von Setzungen und Verdrehungen

wurde die Gründung als Pfahlgründung konzipiert. Die Pfähle mit einem Durchmesser

d = 0,88 m binden bis zu einer Tiefe von L = 9 m in den Baugrund ein. Der Pfahlabstand

wurde mit 3,0 m in Quer- und 2,1 m in Längsrichtung gewählt. Die Anordnung der Pfähle ist

in Bild 3 ersichtlich. Für den Elastizitätsmodul des Pfahlmaterials wird EP = 30·103 MPa

angenommen.

Die Schlagzahl des SPT war die einzelne Kenngröße, aus der man Werte für die

dynamische Bodenparameter ermitteln konnte. Hierzu wurden die gängigen empirischen

Beziehungen aus der internationalen Fachliteratur herangezogen [13]. Im Mittel wird ein

dynamischer Schubmodul bei kleinen Dehnungen von Gmax = 70 MPa und eine

Scherwellengeschwindigkeit =,maxsc 200 m/s ermittelt. Für die Poissonzahl wird =ν 1/3

angenommen. Zur Berücksichtigung der Steifigkeitsreduktion mit steigendem

Dehnungsniveau wird eine Abminderung von Gmax um 10% vorgenommen, so dass der

Schubmodul G = 63 MPa bzw. der Elastizitätsmodul E = 168 MPa sind.

Die Gründung entspricht eher einer Pfahl-Plattengründung als einer reinen Pfahlgründung.

Für das dynamische Verhalten dieses Systems existieren noch keine gesicherten

Erkenntnisse. Auf der sicheren Seite liegend wird bei der strukturdynamischen Berechnung

die zusätzliche Bettung durch die Platte nicht berücksichtigt.

Für die Ermittlung der Federsteifigkeiten und Dämpfungswerte der Pfahlgründung werden

publizierte Korrelationen herangezogen. Ausgangspunkt sind die komplexen

frequenzabhängigen Steifigkeitsfunktionen (Impedanzen) des Einzelpfahls als Summe aus

Federsteifigkeit und Dämpfung : jK jC

)()()( 0000 aCaiaKaS jjj ⋅⋅+= (1)

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mit der dimensionslosen Frequenz

scda ⋅

0 (2)

wobei die Kreisfrequenz, d der Pfahldurchmesser und die Scherwellengeschwindigkeit

im Boden sind. Der Index j bezeichnet den jeweiligen Bewegungsmodus.

ω sc

Die frequenzabhängige Pfahlsteifigkeit wird geschrieben als Produkt der quasi-statischen

Steifigkeit und des frequenzabhängigen Impedanzfaktors . 0,jK )( 0ak j

)()( 00,0 akKaK jjj ⋅= (3)

Die Veränderung der komplexen Steifigkeit innerhalb einer Pfahlgruppe infolge der

Interaktionen zwischen den Pfählen wird durch frequenzabhängige Faktoren erfasst. Die

resultierende komplexe Steifigkeit der Pfahlgruppe lautet dann:

)()()( 0000 aCaiaKaS Gj

Gj

Gj ⋅⋅+= (4)

Real- und Imaginärteil der komplexen Steifigkeit werden auf die Summe der Steifigkeiten der

Einzelpfähle bezogen. Die entsprechenden Frequenzgänge hängen von der Geometrie der

Pfahlgruppe und der relativen Steifigkeit Pfahl-Boden ab [2], [6], [8], [9]. Nachfolgende

Berechnungen werden für die Frequenz f = 10 Hz bzw. a0 = 0,3 durchgeführt.

Der Impedanzfaktor des Einzelfundamentes kj für horizontale Translation sowie für Kippen

wird für den in der Praxis relevanten Frequenzbereich gleich 1 angesetzt, während der

vertikale Impedanzfaktor kV = 1 ist, solange das Verhältnis Pfahllänge zu Pfahldurchmesser

L / d < 15 ist [5]. Auf dieser Grundlage werden hier die Federsteifigkeiten für den Einzelpfahl

als frequenzunabhängig angesetzt.

Die statischen Pfahlsteifigkeiten werden aus Kontinuumslösungen der Elastizitätstheorie

unter Ansatz eines konstanten Tiefenprofils des Schubmoduls ermittelt. Für vertikale

Translation erhält man KV,0 = 968 MN/m [4], [12]. Die Approximation bei Gazetas [5] für eine

Bodenschicht der Dicke 2·L liefert ähnliche Werte. Bei der horizontalen Steifigkeit wird

vorerst anhand des Schlankheitsparameter S = (L/d) (E / EP)0,25 die Nachgiebigkeit des

Pfahls relativ zum Boden beurteilt [1]. Für S > 2 kann von einem flexiblen Pfahl ausgegangen

werden [14], was auch hier der Fall ist. Poulos [11] gibt die Steifigkeit am Pfahlkopf mit Hilfe

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von Einflussfaktoren an. Daraus wird errechnet KH,0 = 495 MN/m. Einen etwas niedrigeren

Wert liefert die Näherungsformel bei Dobry et al. [1].

Die Dämpfungskonstanten Cj werden vorerst nach den Näherungslösungen bei [5]

abgeschätzt. Für vertikale Translation erhält man in der Form von Gl. (1) für die

Dämpfungskonstante mit . Zur Kontrolle

der Genauigkeit wird die Referenzkonfigurationen bei Kaynia & Kausel [9] mit L/d = 15,

E

dV rLGaC ⋅⋅⋅⋅= − π5/10 ))/)(/(exp(1 2−−−≈ dLEEr Pd

P / E = 103 sowie bei Padron [10] für EP / E = 102 herangezogen, vgl. Bild 4. Die

zugehörigen Dämpfungswerte sind um 18% bzw. 45% höher. Die für die Berechnung der

Dämpfungskonstante aus der normierten Darstellung CV / KV,0 benötigte statische Steifigkeit

wird nach [4], [12] unter Vernachlässigung des Spitzendrucks zu 870 MN/m ermittelt. Der

Vergleich zeigt, dass in obiger Näherungsformel sowohl der Frequenzfaktor als auch

der Faktor für die relative Steifigkeit Pfahl-Boden korrigiert werden müssen. Da hier mit

E

5/10−a

dr

P / E = 168 eher der Fall des steifen Bodens vorliegt und obige Näherungsformel ähnliche

Ergebnisse für L/d = 15 und L/d = 10 liefert, wird für die weitere Berechnung der

Dämpfungswert nach der Näherumgsformel bei [5] um 40% erhöht, so dass CV = 2580 MN/m

angesetzt wird.

Bild 4: Normierte Dämpfungen für den Einzelpfahl mit L/d = 15 in homogenem Boden mit

ν = 0,4 und EP / E = 102 (durchgezogene Linie) und EP / E = 103 (gestrichelte Linie),

nach [9], [10].

Für den horizontalen Translationsmodus werden bei Gazetas [5] Näherungslösungen

angegeben, die unabhängig von der Pfahllänge und der Frequenz sind. Die

Kontinuumslösungen bei Kaynia & Kausel [9] sowie Padrón [10] zeigen jedoch eine deutliche

Frequenzabhängigkeit - insbesondere bei niedrigen Frequenzen - und durchweg höhere

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Werte. Zur Ermittlung der Dämpfung wird somit die in Bild 4 dargestellte Kurve für

EP / E = 102 angewandt. Für a0 = 0,3 erhält man CH / KH,0 = 1,2, so dass CH = 527 MN/m.

Die Abminderungsfaktoren infolge der Interaktion werden nach dem vereinfachten

analytischen Verfahren von Dobry & Gazetas [2] berechnet. Interaktionsfaktoren werden dort

in geschlossener Form als komplexe Funktionen in Abhängigkeit von der Frequenz, der

Geometrie sowie der Scherwellengeschwindigkeit angegeben. Zur Modellierung wird als

Teilsystem eine 3 x 2 Pfahlgruppe mit den Pfahlabständen 2,1 m x 3,0 m betrachtet. Die

Pfähle werden als Reibungspfähle modelliert, d.h. nur die Interaktion aus der Mantelreibung

wird berücksichtigt. Für die Federsteifigkeit wird die quasi-statische Lösung angesetzt. Aus

der Berechnung nach [2] erhält man

0,V

GV

KNK⋅

= ηV = 0,35

Zur Überprüfung wird die vereinfachte Berechnungsprozedur für statisch belastete

Pfahlgruppen nach Randolph [12], Fleming et al. [4] unter Ansatz eines mittleren

Pfahlabstandes von 2,5 m angewandt. Die genaue Position der einzelnen Pfähle wird dabei

nicht berücksichtigt. Man erhält ηV = 0,40. Für die weitere Berechnung wird als Mittelwert

ηV = 0,375 angesetzt und jedem Pfahl innerhalb der Gruppe die Federkonstante

= 363 MN/m zugewiesen. NK GV /

Für die horizontale Steifigkeit in Querrichtung ergibt die Anwendung der statischen

Interaktionsfaktoren nach [12] für die vorliegende Konfiguration = = 0,46,

während nach [2] = 0,35 ist. Für die weitere Berechnung wird als Mittelwert = 0,41

angesetzt, so dass die horizontale Federkonstante jedes Pfahls in der Gruppe

= 203 MN/m beträgt. Derselbe Wert wird auch für Translation in Längsrichtung

angesetzt.

0/ HGH KNK ⋅ Hη

Hη Hη

NK GH /

Der Einfluss der Gruppenwirkung auf die Dämpfungskonstanten Cj wird nach dem oben

beschriebenen Verfahren nach Dobry & Gazetas [2] bei a0 = 0,3 ermittelt. Der entsprechende

Abminderungsfaktor beträgt

V

GV

CNC⋅

= 0,64

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so dass jedem Pfahl innerhalb der Gruppe die Dämpfungskonstante = 1651 MN/m

zugewiesen wird. Für den horizontalen Modus wird rechnerisch keine Abminderung

festgestellt, so dass für den Pfahl innerhalb der Gruppe in beiden horizontalen Richtungen

eine Dampfungskonstante = 527 MN/m angesetzt wird.

NCGV /

NCGH /

4. Dynamische Berechnungen

- System

Die dynamischen Berechnungen wurden mit der FEM mit Hilfe des Computerprogramms

SAP2000 durchgeführt. Das räumliche Modell umfasst sowohl das Fundament (abgebildet

mit Plattenelementen) als auch die Pfahlgründung in Form von diskreten Feder-Dämpfer-

Elementen, wie oben ermittelt. Die statischen Lasten der Druckmaschinen werden mittels

verteilten Massenpunkten unter Angabe der Massen und Trägheitsmomente an den

entsprechenden geometrischen Punkten berücksichtigt. Die finiten Plattenelemente weisen

eine durchschnittliche Größe von 0,43 m x 0,45 m und eine Fundamentplattendicke von

dPlatte = 1,9 m auf. Für das Stahlbetonfundament wird ein dynamischer Elastizitätsmodul

EPlatte = 4·107 kN/m2 und eine Poissonzahl νPlatte = 0,2 angesetzt. Die Strukturdämpfung

wurde als frequenzabhängige Rayleigh-Dämpfung mit einem Dämpfungsmaß von

DPlatte = 2…5 % berücksichtigt. Ersatzsteifigkeiten bzw. Ersatzdämpfungskonstanten wurden

für jeden der drei translatorischen Freiheitsgrade berücksichtigt.

Hinsichtlich der Anregung wurden als ungünstige Annahmen zwei Anregungsszenarien

untersucht:

a) gleichphasige Anregung an allen Punkten

b) gegenphasige Anregung rechts und links der Fundamentmitte

- Eigenfrequenzen und Eigenformen

Zur Verifizierung der Systemabbildung wurden zunächst die ersten Eigenfrequenzen und

Eigenformen des Druckmaschinenfundamentes bestimmt. Es zeigte sich, dass die

Starrkörpereigenfrequenzen bei ca. 7...10 Hz angesiedelt sind. Die ersten Eigenformen der

elastischen Fundamentplatte selbst liegen bei Eigenfrequenzen von ca. 12…13 Hz. Weitere

Eigenfrequenzen mit stärkeren Verformungsanteilen der Struktur liegen oberhalb von 20 Hz.

Bild 5 zeigt als Ergebnis exemplarisch Verformungsmodi des FE-Modells.

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Bild 5: Berechnete Eigenschwingform des Maschinenfundamentes.

- Berechnung der Schwingungsamplituden unter Betrieb

Die Berechnungen zur Bestimmung der maximalen Schwingungsamplituden beim Betrieb

der Druckmaschine erfolgten im Zeitbereich; über ein Zeitfenster von ca. 4,1 s mit einem

Zeitschritt von 0,002 s. Dadurch konnte eine Berechnung im interessierenden

Frequenzbereich zwischen 0 und 60 Hz sichergestellt werden.

Im Ergebnis konnten aus dem verformten räumlichen Finiten-Element-Modell die Zeitverläufe

der Schwinggeschwindigkeit für alle 6 Freiheitsgrade an ausgewählten Knotenpunkten, hier

an den Knoten der Lasteinleitung, ermittelt werden. Gemäß den Auslegungskriterien wurden

aus den resultierenden Schwinggeschwindigkeitsverläufen Effektivwerte berechnet. Unter

Berücksichtigung der Verdrehungen wurden darüber hinaus die Schwingungsamplituden auf

Höhe der Massenschwerpunkte der Druckmaschinen berechnet. Effektivwerte wurden für die

beiden untersuchten Anregungsszenarien (gleich- bzw. gegenphasig) berechnet. An allen

Positionen sind diese Werte veff,res < 0,3 mm/s und liegen und somit deutlich unterhalb des

angegebenen Grenzwertes von 1 mm/s. Die Maximalamplituden für die

zwei Anregungsszenarien unterscheiden sich nur unwesentlich voneinander.

Aus den Zeitverläufen der Schwinggeschwindigkeit wurden so genannte äquivalente

Wegamplituden säqu berechnet, die gemäß den Auslegungskriterien für verschiedene

Frequenzbänder zu bewerten waren. Hierzu erfolgte eine digitale Filterung der Zeitverläufe.

Im Frequenzbereich 0…10 Hz ergab sich säqu = 0,0165 mm und somit eine ausreichende

Sicherheit gegenüber dem Grenzwert von 0,023 mm. Bei den höheren Frequenzbereichen

war der Abstand zu den Grenzwerten noch größer.

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5. Erdbebennachweis

Die Maschine als nicht tragendes Bauteil sowie ihre Verankerungen müssen für

Erdbebeneinwirkungen überprüft werden [3]. Die Bestimmung der Anregung erfolgte nach

der lokalen Erdbebennorm, welche auf der Bemessungsphilosophie des Eurocode EC8

basiert. Das relevante elastische Beschleunigungsantwortspektrum für die

Horizontalkomponente ist in Bild 6 dargestellt. Der Bemessungswert der

Bodenbeschleunigung beträgt ag = 0,24 g und der Verstärkungsfaktor bei 5% Dämpfung

β = 2,75. Die Kontrollperioden (Eckperioden) des Spektrums lauten: TB = 0,16 s, TC = 1,6 s,

TD = 2,0 s. Der Bedeutungsbeiwert γi = 1,0. Für den Verhaltensbeiwert wird q = 1 angesetzt

(starre Rahmenkonstruktion).

Zur Berechnung wird das vereinfachte Antwortspektrenverfahren angewandt, wobei die

Ersatzkräfte aus den Gewichtskräften und der Ordinate des Bemessungsspektrums für die

Grundperiode der Maschine ermittelt wird. Da das Spektrum durch ein sehr breites Plateau

charakterisiert wird, ist diese Annahme gerechtfertigt.

Bild 6: Horizontales Beschleunigungsantwortspektrum für den Standort.

6. Schlussfolgerungen

Die Angabe der Belastungscharakteristik durch den Maschinenhersteller ist eine

unabdingbare Voraussetzung für eine zuverlässige Prognose des erwarteten

Schwingungsniveaus. Die zur Verfügung stehenden Lösungen zur Boden-Bauwerk-

Wechselwirkung ermöglichen für Standardsituationen die Berechnung von dynamisch

belasteten Pfahlgründungen, ohne dass die Modellierung des gesamten Gründungssystems

erforderlich ist. Nach wie vor sind Messungen der dynamischen Systemantwort ein

wertvolles Instrument zur Verifikation dieser Berechnungen.

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