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Eine Beilage der Schaffhauser Nachrichten
schaffhauser az WOZ Die Wochenzeitung
Stadttheater Mittwoch, 21. Mai
19.30 Türöffnung & Apéro, offeriert von Stadt Zürich/Kultur✱ 20.15 Irène Schweizer Piano-Solo Seite 6/8✱ 21.15 London Jazz Composers Orchestra
meets Irène Schweizer Seite 8
Abendpatronat Credit Suisse
Kulturzentrum KammgarnDonnerstag, 22. Mai
19.30 Türöffnung✱ 20.15 Sepiasonic Seite 18/20✱ 21.30 Sylvie Courvoisier Lonelyville Seite 19
Freitag, 23. Mai
19.30 Türöffnung✱ 20.15 In Transit Seite 28/33✱ 21.30 Fanny Anderegg Quartet Seite 29✱ 23.00 Thomas Silvestri Quintett Seite 30
Samstag, 24. Mai
19.30 Türöffnung✱ 20.15 Hellmüller’s 4 Seite 38✱ 21.30 Colin Vallon Trio Seite 39✱ 23.00 Stephan Kurmann Strings
play Hermeto Pascoal Seite 40/41
Eintritt pro Abend Fr. 35.– / 25.– (Legi)
inkl. TapTab und Haberhaus
taptab muSiKraumDonnerstag, 22. Mai✱ 21.00 Lounge mit DJs Soullinus und Odi
Eintritt frei
Freitag, 23. Mai
22.00 Türöffnung✱ 24.00 Grand Pianoramax feat. Mike Ladd Seite 5
anschliessend DJ
Samstag, 24. Mai ✱ 24.00 Grand Pianoramax feat. Quarion Seite 5
anschliessend DJ
Eintritt pro Abend Fr. 15.– / 10.– (Legi)
19. Schaffhauser Jazzfestival
haberhauS KulturKlub Mittwoch, 21. Mai
21.30 Türöffnung✱ 22.30 Jürg Wickihalder/Chris Wiesendanger Seite 7
Freitag, 23. Mai
21.30 Türöffnung✱ 23.00 Elina Duni Quartet Seite 4
Samstag, 24. Mai
21.30 Türöffnung✱ 23.00 Elina Duni Quartet Seite 4
Eintritt pro Abend Fr. 15.– / 10.– (Legi)
5. SchaffhauSer JazzgeSprächeim Haberhaus Kulturklub. Eine Veranstaltung des Jazzfestivals
Schaffhausen in Zusammenarbeit mit Pro Helvetia und SMS (Schweizer
Musik-Syndikat). Programm: Christian Rentsch
Donnerstag, 22. Mai, 17.00 – 19.00 Seite 19
Warum eigentlich noch Festivals?✱ Burkhard Hennen Referat ✱ Marcus Maida Referat und Leitung Diskussion mit
Burkhard Hennen, Niklaus Troxler und Urs Röllin
Freitag, 23. Mai, 17.00 – 19.00 Seite 30
Obenauf oder untendurch?
Über die Berufsaussichten als JazzmusikerIn✱ Chris Wiesendanger Referat ✱ Matthias Läubli Referat✱ Pirmin Bossart Leitung Diskussion
mit Chris Wiesendanger, Hämi Hämmerli und Beda Viviani
Samstag, 24. Mai, 17.00 – 19.00 Seite 40
Wieviel Filz braucht der Jazz?✱ Daniel Mouthon Performance ✱ Bruno Glaus Referat und Leitung Diskussion
mit Lucas Niggli, Jazzmusiker, Jean-Pierre Hoby und Urs Schnell
Eintritt frei
ticKetS / reSerVatiOnTel. +41 52 624 01 40, Fax +41 52 620 24 75
feStiValpaSS fr. 90.–gültig für alle Veranstaltungen
Vorverkauf✱ Musikhaus Marcandella Stadthausgasse 21✱ Tourist-Service Schaffhausen Herrenacker 15
Informationen✱ www.jazzfestival.ch, Tel. / Fax +41 52 625 98 12
prOgramm 21. – 24. mai 2008
SerVice Seite 45–47
Sponsoren
Stadtplan
Übernachten in Schaffhausen
Jazz im Radio DRS2
Impressum
www.jazzfestival.ch 2 / 3editorial
Auf vier Bühnen werden Musikerinnen
und Musiker aus Albanien, Amerika,
England, Deutschland, Frankreich,
Kamerun, Kuba und anderen Ländern mit
ihren Schweizer Kolleginnen und Freun-
den für Sie spielen. Alle bringen ihre
Musik, ihre Träume, ihre Fantasien und
Inspirationen mit. Vier Tage und Nächte
lang pulsiert «Schweizer Jazz» in Schaff-
hausen. Ein Stück Schweiz – eine Musik
voller Leben! Kommen Sie, hören Sie und
lassen Sie sich mit uns ein!
Nach zehn Jahren Pause tritt das einzigartige
London Jazz Composers Orchestra (LJCO) des
Londoners Barry Guy erstmals wieder auf. Dem
nicht genug. Dank grosszügiger Unterstützung
verschiedener Stiftungen ist es uns gelungen,
Barry Guy einen Kompositionsauftrag für ein
Klavierkonzert für Irène Schweizer und das LJCO
zu erteilen. So beginnt das 19. Schaffhauser
Jazzfestival in würdigem Rahmen in Zusammen-
arbeit mit dem Stadttheater geschichtsträchtig
und grenzüberschreitend. Irène Schweizer solo,
die Uraufführung von «Radio Rondo» und zum
Abschluss die imposante Hymne «Harmos» – an
diesem Abend, aber auch an den drei folgenden
Tagen, werden viele nationale und internationale
Jazzkenner hinhören, was in Schaffhausen
passiert. Darauf sind wir stolz. Internationalna-
tional gehts weiter. Zurück in der Kammgarn,
bringt am Donnerstag die in New York lebende
Westschweizer Pianistin Sylvie Courvoisier mit
Lonelyville einige der wichtigsten New Yorker
Avantgarde-Musikerinnen nach Schaffhausen.
Danach entführt uns der Wahlkölner und Zuger
Bassklarinettist Claudio Puntin in seine Traum-
landschaften, die klingen, wie wenn sie unter
Wasser lägen. Ganz besonders freuen wir uns
auf den Freitag, wenn der Schaffhauser Thomas
Silvestri sein neues Programm mit einer CD-Taufe
vorstellt. Zu entdecken gibts auch dieses Jahr
wieder junge Gesichter, zum Beispiel Fanny
Anderegg, eine junge Jazzsängerin aus Biel. Sie
hat, ausgehend von der amerikanischen Jazz-
gesangstradition, eine eigenständige Stimme ge-
funden, die schweizerisches und europäisches
Liedgut auf berührende Art und Weise verbindet.
Sehr interessant ist auch Elina Duni, eine aus
Albanien stammende Vokalistin, die heute in
Bern lebt. Sie tritt an zwei Abenden im Haber-
haus auf und darf als Geheimtipp gehandelt
werden.
Mit Franz Hellmüller und Colin Vallon eröffnen
am Samstag zwei weitere Zukunftshoffnungen
des Schweizer Jazz, bevor Stefan Kurmann und
seine Strings mit einer Hommage an Hermeto
Pascoal das Schlussfeuerwerk zünden. Mit dabei
ist der seit Jahrzehnten prägende Schweizer
Sa xofonist Andy Scherrer; er erhält vorgängig
den Annerkennungspreis der Suisa Stiftung
für Musik.
Geehrt fühlen darf sich auch der am Freitag auf-
tretende Jürg Solothurnmann. Er ist ein leiden-
schaftlicher Jazzmusiker mit bestens bekannter
Stimme als Jazzredaktor von DRS2. Bis zur
Pension am 31. März 2008 informierte er über
«Neues vom Jazz» und moderierte andere
interessante Musiksendungen. Seine Offenheit
und seine immensen Musikkenntnisse haben
nicht wenigen in diesem Land Augen und Ohren
geöffnet. Dafür danken wir dir herzlich, Jürg!
Wer die Wahl hat, hat die Qual. «Grossstadt-Jazz»
wird Freitag und Samstag die Wände im TapTab
nach Mitternacht beben lassen und alle Beat-
getriebenen dieser Stadt um den Schlaf bringen.
Verantwortlich dafür ist Leo Tardin, die Entde-
ckung des 17. Festivals. Dass diese Fülle guter
Musik bis zu Ihren Ohren dringen kann, be-
nötigt es viele Helferinnen und Helfer. Genauso
wichtig ist die finanzielle Unterstützung unserer
Hauptsponsoren Credit Suisse, Stadt und Kanton
Schaffhausen, Pro Helvetia, Migros Kulturpro-
zent und der Stanley Thomas Johnson Stiftung,
sowie aller Co-Sponsoren und Stiftungen.
Medial betreuen das Festival Radio DRS2 und
die Schaffhauser Nachrichten.
All ihnen ein grosses Dankeschön.
Ich begrüsse Sie herzlich an unserem Festival
und bedanke mich für Ihre Treue.
Für das Schaffhauser Jazzfestival
Urs Röllin
Willkommen am
19. SchaffhauSer JazzfeStiVal
5. SchaffhauSer JazzgeSpräche 2008
Gern vergisst man es: Jazz ist mehr als eine
aufregende Zusammenballung von komponier-
ten und improvisierten Klängen, von mitreis-
senden Rhythmen und spannenden Soli, die
von einer Bühne oder aus einem Lautsprecher
kommen. Gäbe es keine Jazzszene, nicht dieses
komplexe, sich stets verändernde Gefüge von
Musikerinnen, Produzenten und Zuhörerinnen,
von Konzert- und Festivalbetrieb, von Labels,
Clubs und Medien, hätte der Jazz noch keinen
einzigen Ton gespielt. Was sich dem naiven
Blick als grandiose Schöpfung genialer Musi-
ker und Musikerinnen präsentiert, ist zu einem
wesentlichen Teil das Produkt von gesell-
schaftlichen, wirtschaftlichen und politischen
Entwicklungen.
Seit fünf Jahren befassen sich die Schaffhauser
Jazzgespräche mit dem Umfeld, in dem Jazz
entsteht. Die in der Schweiz einmaligen Dis-
kussionsveranstaltungen leuchten auch dieses
Jahr hinter die Kulissen; sie fragen nach dem
Sinn von Festivals, zeigen die Berufsbedin-
gungen junger Musiker auf und versuchen,
die Grenze zwischen Lobbyarbeit und Filz zu
erkunden.
Kulturklub Haberhaus
(Stadtplan Seite 46)
17.00 bis 19.00 Uhr
Eintritt frei
Christian Rentsch
19. Schaffhauser Jazzfestival 23. – 24. mai 2008 haberhaus Kulturklub und taptab musikraum
Freitag, 23. Mai 23.00
Samstag, 24. Mai 23.00
Haberhaus Kulturklub
elina duni Quartet
Elina Duni, voc
Colin Vallon, piano
Bänz Oester, kontrabass
Norbert Pfammatter, schlagzeug
Eine zauberhafte Vokalistin singt
in allen Blautönen
Eine Trouvaille: Elina Duni singt albanische
Folklore, Chansons und Jazz. An ihrer Seite
stehen drei ausgefuchste Mitmusiker – ein
Quartett voller Überraschungen. Das Jazzfesti-
val bespielte letztes Jahr zum ersten Mal den
wunderschönen Haberhaus-Keller. Die Sängerin
Lisette Spinnler bescherte dem Publikum zwei
denkwürdige Abende. Nun folgt Elina Duni, und
auch ihr könnte Unvergessliches gelingen.
Die aus Albanien stammende Sängerin schöpft
ihre Lieder aus der albanischen Folklore. Die
Texte drehen sich um Natur, Liebe und Tod.
Man ahnt den Inhalt, auch ohne die Worte zu
verstehen. In den Liner Notes zur CD des
Quartetts mit dem Titel «Baresha» schreibt Tom
Gsteiger: «Hier haben eine Sängerin und drei
Instrumentalisten zusammengefunden, die aus
Tönen, Klängen und Geräuschen mal melancho-
lische, mal euphorische Stimmungsbilder
erschaffen, deren enorme Suggestionskraft
niemanden unberührt lässt.» Elina Duni ist
allerdings keine Puristin der Folklore, sondern
wie ihre Mitmusiker im Jazz verwurzelt. Es ist
eine Freude, wie dieses Quartett mit den
Vorlagen umgeht: sehr frei und doch mit
starkem Formbewusstsein, voller Experimen-
tierlust und doch sensibel den Geist der Lieder
beschwörend. Neben albanischen Volksliedern
singt Elina Duni auch Jazz-
songs und Chansons von Leo Ferré und Serge
Gainsbourg. Gerade Gainsbourg ist eine Schatz-
kammer, die Elina Duni nun für den Jazz ent-
deckt. Die junge Sängerin Elina Duni verfügt
über jene Art Rauheit in der Stimme, die eine
unerklärliche Sehnsucht wecken kann. Sie
beeindruckt durch die Leichtigkeit, mit der sie
tief Empfundenes singt und die Texte gestaltet.
Die Gefühlstiefe der 26-Jährigen kommt nicht
von ungefähr, denn sie hat schon viel erlebt: Im
kommunistischen Albanien geboren, verliess
sie im Alter von elf Jahren zusammen mit ihrer
Mutter das abgeschottete Land in Richtung
Schweiz. Erst hier entdeckte Duni, die jetzt in
Bern lebt, die westliche Musik. Vor allem Janis
Joplin beeindruckte sie. Eine Offenbarung war
das «Kind of Blue»-Album von Miles Davis,
welches Duni für den Jazz begeisterte. Jazz,
den ihre drei Mitmusiker seit Jahren mit grosser
Klasse spielen, jeder auf markant persönliche
Weise: Der Pianist Colin Vallon integriert eine
Vielzahl an präparierten Klängen in sein Spiel.
Er ist ein Jazz-Improvisator, der immer wieder
überrascht, auch mit seinem ganz eigenen
«timing». Vallon gehörte letztes Jahr ebenso
zur Band von Lisette Spinnler wie der Kontra-
bassist Bänz Oester. Oester zupft und streicht
seinen Kontrabass mit viel Wärme und Spiel-
witz. Auch wenn er ungewöhnliche Ideen
einbringt, singt sein Instrument immer auf
erdigem Grund. Norbert Pfammatter schliess-
lich klopft die ungeraden Metren der balkani-
schen Musik, als wäre es sein täglich Brot. Zu
viert werden diese Musiker den Zuhörerinnen
und Zuhörern eine unerforschte Gegend
erschliessen – wie ein Meer, das in allen
Blautönen schillert.
✱ www.elinaduni.com
www.jazzfestival.ch 4 / 5
Freitag, 23. Mai 24.00
TapTab Musikraum
grand pianOramax feat. miKe ladd
Leo Tardin, keyboards
Mike Ladd, spoken word / rap
Dominik Burkhalter, drums
Samstag, 24. Mai 24.00
TapTab Musikraum
grand pianOramax feat. QuariOn
Leo Tardin, keyboards
Quarion, laptop, drum machine, turntables
Wo «Grand Pianoramax» auftaucht,
da swingt der Grossstadt-Dschungel
Rapper, DJs, Scratcher und Slam-Fans – aufge-
passt: Grosse Nummern kommen ins TapTab!
Und für die anderen: Zu diesem Jazz kann man
tanzen!
Ein sehr heisser Sommerabend im «Big Apple».
Die Air-Condition hat längst versagt. Die Men-
schen sitzen auf den Treppen zu ihren Häusern
und trinken eiskaltes Bier und Coke aus Dosen.
Jugendliche haben die Hydranten aufgeschraubt.
Wasser spritzt auf die Strassen, der Asphalt
dampft. Schreie und Gelächter. Zwei Cops sitzen
im Streifenwagen, beissen schlecht gelaunt in
pampige Cheeseburger und schwitzen grosse
dunkle Flecken in ihre Uniformen. Aus einem
Keller dröhnt Rap: «Fuck New York, man!»
Diese Szene beschwört kein Amerikaner herauf,
sondern die Musik des Genfers Leo Tardin. Der
32-Jährige lebt seit acht Jahren in New York und
ist lustvoll in den Grossstadt-Dschungel einge-
drungen. Sein Nu-Jazz mit fetten beats, gemixt
mit Rap und Slam Poetry, ist hip und erfolgreich:
45 000 Downloads hat er von seiner ersten CD
«Grand Pianoramax» bereits verkauft. Im Feb-
ruar dieses Jahres war Leo Tardin mit Mike Ladd
als «supporting-act» von Maceo Parker auf einer
11-Städte-Tour in den USA und Kanada und
räumte ab.
Zum ersten Mal machte Tardin 1999 auf sich
aufmerksam, als er den 1. Preis des internatio-
nalen Piano-Wettbewerbs am Montreux Jazz
Festival gewann. Präsident der Jury war kein
Geringerer als der Keyboarder George Duke.
Wie Duke ist Leo Tardin ein gnadenloser Groover,
der die neueren Formen des urbanen Funks mit
flinken Fingern und grosser Klasse spielt. Er ist
tief im Jazz verankert und musizierte mit Eric
Truffaz, Enrico Rava, Dave Liebman und in der
Band von Roy Ayers. Als «Grand Pianoramax»,
ausgerüstet mit Fender Rhodes und Minimoog,
tritt er meistens im Duo mit Schlagzeugern wie
Jo Jo Meyer oder Deantoni Parks von den «Mars
Volta» auf. Dazu gesellen sich DJs, Scratcher,
Rapper und andere Meister der schnellen Rede.
So auch am Schaffhauser Jazzfestival: Mit Mike
Ladd kommt am Freitag eine grosse Num-
mer ins TapTab. Der fulminante Spoken-Word-
Poet war Englisch-Dozent an der Boston
University. Er ist ein besonders rasanter und
sarkastischer Zeilenschmied, der gern im
Wettstreit mit Saul Williams rappt. Über ein
Konzert am 17. März 2008 schrieb die «Berliner
Zeitung: «Ladd kann seinen Spoken-Word-
Vortrag so physisch halten, dass er hinreissend
zeitlos und dringlich wirkt.» Die Zeitung ver-
gleicht Ladd mit Gostface Killah vom Wu-Tang-
Clan und spricht von einem «hart umjubelten
Abend». Ergänzt wird das Duo durch den exzel-
lenten Schweizer Drummer Dominik Burkhalter.
Auch er ist leidenschaftlicher Jazzer und arbei-
tet mit seiner Band DOM um den Sänger Bruno
Amstad an den gleichen Kreuzungen des
«Asphalt Jungle» wie Tardin.
Am Samstag bestreitet Leo Tardin sein Set mit
Quarion aka Ianeq, einem der besten Live-
Remixer und Scratcher der Westschweiz. Ianeq
betreibt in Genf ein eigenes Studio und ist Mit-
glied des DJ- und Produzenten-Kollektivs «A few
among others». Er produziert für «Mental Groove
Records» und versorgt seit Jahren Hip Hopper
aus Genf mit träfen beats. Ianeq, der sich für
neuere Projekte auch Quarion nennt, arbeitet
zudem als gesuchter DJ in Clubs wie «Cargo»
in London und «Batofar» in Brasilien und ist
«Deep House»-Spezialist.
Tja – wem jetzt nicht die Ohren bimmeln, dem
bimmelt’s nimmer!
✱ www.leotardin.com
Mittwoch, 21. Mai 20.15
Stadttheater
lOndOn Jazz cOmpOSerS OrcheStra meetS irène Schweizer
Barry Guy, bass, director
guest star: Irène Schweizer, piano
Evan Parker, reeds
Mats Gustafsson, reeds
Trevor Watts, reeds
Simon Picard, reeds
Pete McPhail, reeds
Conrad Bauer, trombone
Johannes Bauer, trombone
Alan Tomlinson, trombone
Henry Lowther, trumpet
Herb Robertson, trumpet
Rich Laughlin, trumpet
Per Åke Holmlander, tuba
Phil Wachsmann, violin
Barre Philips, bass
Paul Lytton, percussion
Lucas Niggli, percussion
Howard Riley, piano
Ein Gipfeltreffen des europäischen
Jazz – Urerlebnis garantiert
Das grosse Ereignis: Das London Jazz Compo-
sers Orchestra spielt ein Programm, in dessen
Zentrum Irène Schweizer steht. Barry Guy
hat ein neues Werk für die Pianistin und das
Orchester geschrieben, das im Stadttheater
seine Uraufführung erlebt. Anschliessend wird
«Harmos», Guys populärste Komposition,
gespielt.
«Mit diesem Stück zielte ich auf die Seele», sagt
Barry Guy über «Harmos». Um das Werk und
seine hymnischen Melodien zum Strahlen zu
bringen, werden 18 Musiker auf der Bühne des
Stadttheaters stehen. Das Werk trug Guy einst
harsche Kritik ein. In den bilderstürmerischen
Zeiten vor mehr als zwanzig Jahren galt die
Wiederbelebung der Melodie als Rückschritt.
Doch wie viele visionäre Künstler war Guy seiner
Zeit voraus – vor allem den dogmatischen
Buchhalterinnen, die jeder Avantgarde auf
dem Fuss folgen. Er konterte mit der Frage:
«Impliziert das Negieren der Melodie notwendi-
gerweise Fortschritt?» Heute gehört das 1987
komponierte Werk zu den Klassikern der
Orchestermusik des 20. Jahrhunderts. In ihm
durchdringen sich notierte und improvisierte
Sequenzen in einer Balance, wie man sie nur
vom London Jazz Composers Orchestra hören
kann.
Den Beginn des Abends gestaltet Irène Schweizer
mit einem Solokonzert. Es folgt die Urauffüh-
rung von «Radio Rondo», die Barry Guy um das
Spiel der Zürcher Pianistin komponiert hat.
Das ist kein Zufall, denn wie das London Jazz
Composers Orchestra entwickelte die heraus-
ragende Pianistin über die Jahre eine eigen-
ständige Sprache.
Diese oszilliert zwischen persönlicher Erfin-
dung, spontaner Improvisation und Verweisen
auf die Tradition von Jazz und E-Musik des
20. Jahrhunderts. Neben den Arrangements
für das gesamte Ensemble werden immer
wieder kleine Untergruppen mit Irène Schweizer
in Kontakt treten und improvisieren. Mit den
meisten Musikern des Orchesters hat Schweizer
seit den sechziger Jahren immer wieder gespielt.
Da das Orchester gespickt ist mit Könnern
dieses Formats, fällt es schwer, einzelne heraus-
zupicken. Erwähnt sei dennoch der Violinist
Phil Wachsmann, einer der ersten in Europa, der
Elektronik als eigenständiges Instrument be-
griff. Oder der Schlagzeuger Paul Lytton, einer
der originellsten Perkussionisten überhaupt,
der mit unüblich kleinem Set als «Big Band»
Drummer spielt. Ihm zur Seite steht der Schwei-
zer Lucas Niggli, ein ehemaliger Schüler von
Pierre Favre, der trotz seiner Jugend in der
europäischen Szene bereits grosse Anerken-
nung geniesst. Nennen möchte ich schliesslich
die Gebrüder Johannes und Conrad Bauer,
mit denen Irène Schweizer in der ehemaligen
DDR musizierte, in der sich eine kleine, aber
ausgesprochen lebendige Jazzszene herausge-
bildet hatte. Die Brüder Bauer sind neben den
verstorbenen Albert Mangelsdorff und Paul
Rutherford die wichtigsten Stimmen der älteren
Generation auf der Posaune. Es gibt keinen Ton
oder Klang auf dieser Welt, den sie nicht aus
ihren Instrumenten zaubern könnten.
Was im spontanen Spiel der Musiker unterein-
ander passieren wird, weiss niemand. Doch
angesichts der gemeinsamen, jahrzehnte-
langen Geschichte und der Klasse der Beteilig-
ten ist jede Sorge unbegründet. Für einmal
findet «Sternstunde Kultur» praktisch vor der
Haustür statt.
Mehr Informationen über das London Jazz
Composers Orchestra, Barry Guy und Irène
Schweizer finden Sie auf den Seiten 8 bis 15.
prOgramm mittwOch 21. mai 2008
19. Schaffhauser Jazzfestival
Mittwoch, 21. Mai 22.30
Kulturklub Haberhaus
Jürg wicKihalder chriS wieSendangerJürg Wickihalder, Sopran- und Altsax
Chris Wiesendanger, Piano
Spiel mit der Essenz
der Jazztradition – the Art of Duo
Wohin gehen nach dem Konzert im Stadttheater
von Irène Schweizer und dem London Jazz
Composers Orchestra? Die Veranstalter des
Jazzfestivals wählen die charmanteste Lösung:
Der Abend wird im Haberhaus fortgesetzt – mit
einem Duo, welches jüngst eine wunderschöne
CD eingespielt hat.
Trotz später Stunde sollte sich niemand vom
Weg ins Haberhaus abhalten lassen. Es könnte
gut sein, dass sich dieses Duo als Perle des
Festivals entpuppt. Und gewiefte Veteranen
wissen: Die beste Methode, die vier Nächte
des Festivals durchzustehen, ist ein gepflegter
«hangover» gleich zu Beginn …
Dass der Sopran- und Altsaxophonist Jürg
Wickihalder einen Abend abschliesst, an dem
Irène Schweizer im Zentrum steht, macht Sinn.
Seit bald einem Jahrzehnt ist er ihr Duo-Part-
ner, und die beiden begeistern weit herum mit
ihrem Programm mit Stücken von Thelonious
Monk.
Im neuen Duo mit seinem kongenialen Partner
Chris Wiesendanger spielt Wickihalder haupt-
sächlich Eigenkompositionen, die den grossen
Innovatoren der Jazzgeschichte wie Ornette
Coleman, Miles Davis, Charles Mingus oder
Duke Ellington die Reverenz erweisen. Diese
Verbindung zu den Ahnen schwingt bereits
im Titel der vor kurzem auf «Intakt Records»
erschienenen CD «A feeling for someone» mit.
Auf originelle Weise gelingt es Wickihalder,
den «spirit» der Vorgänger in eigenen Kompo-
sitionen einzufangen, ohne in deren Nähe zu
spielen oder kompositorisch bei ihnen abzu-
kupfern. So entsteht schöne, kitschfreie Musik,
ein intimer Dialog mit Tiefgang, der intelligent
die Jazzgeschichte auf- und umarbeitet. Diese
Haltung, die zeichnet auch Irène Schweizers
Arbeit in den letzten 15 Jahren aus.
Wickihalders neuer Duo-Partner Chris Wiesen-
danger ist ein offener Geist, der sich schwer
in stilistische Schubladen ordnen lässt. Als
Pianist und als Komponist für Trios und grössere
Ensembles (etwa sein Nonett «Undersong»)
deckt er ein weiteres Feld ab als andere Jazz-
musiker. Wiesendangers Spezialität sind die
vielen bereichernden Elemente aus der «Neuen
Musik», die er in die Zürcher Jazzszene ein-
bringt. Sein Studium an der renommierten
Juillard School of Music in New York (die einst
auch Miles Davis zu ihren Schülern zählte),
wo er klassische Komposition und Theorie
studierte, haben ihn dafür prädestiniert.
Der 34-jährige Saxophonist und Komponist
Jürg Wickihalder ist seit Jahren Mitglied von
Omri Ziegeles «Billiger Bauer» und Marco
Käppelis «Even Odds». Er veröffentlicht mit «A
feeling for someone» die erste CD mit eigenen
Kompositionen. Im Glarnerland aufgewachsen,
hörte Wickihalder als 12-Jähriger die legendäre
Band «Shasimosa Tütü», die gleich um die Ecke
probte. Dieser frühen Schweizer «Free Band»
gehörten der Schriftsteller Tim Krohn und Tom
Etter
von «Züri West» an. Später besuchte Jürg
Wickihalder die Jazzschule Luzern, dann drei-
einhalb Jahre lang das Berklee College in
Boston. Er spezialisierte sich früh auf dem
Sopransaxophon, obwohl er das Alto mit
ebensoviel Klasse spielt. Sehr wichtig für ihn
war die Begegnung mit Steve Lacy, den er in
Paris regelmässig besuchte. Durch Meister
Lacy, der ihn immer «Baby» genannt habe, sei
er Musiker geworden. Wie Steve Lacy ist Jürg
Wickihalder ein Monk-Spezialist. Und wenn
man von Monk eines lernen kann, dann die
Bedeutung von «space and sphere» – wie Musik
zwischen den Tönen atmet und dass Pausen
genauso wichtig sind wie die gespielten Noten.
Diese Kunst der Reduktion pflegen Wickihalder
und Wiesendanger im intensiven Dialog, und
so entsteht eine Lyrik der Klarheit – einem
japanischen Haiku ähnlich.
www.jazzfestival.ch 6 / 7
19. Schaffhauser Jazzfestival mittwoch 21. mai 2008
Mittwoch, 21. Mai 20.15 Stadttheater
London Jazz Composers Orchestra meets Irène Schweizer
alS der eurOpäiSche Jazz explOdierteDie Geschichte des London Jazz Composers Orchestra
Von Lukas Baumann
London Jazz Composers Orchestra. Rote Fabrik 1989. Foto: Jim Four
Zum zweiten Mal nach «Theoria» von
1991 hat Barry Guy, der Leiter des
London Jazz Composers Orchestra, für
Irène Schweizer eine Komposition
geschrieben. «Radio Rondo» wird zum
Auftakt des Jazzfestivals in Schaffhausen
uraufgeführt. Das «London Jazz Compo-
sers» ist mit dem «Globe Unity» aus
Deutschland und dem «Vienna Art» aus
Österreich das wichtigste von Musikern
gegründete Grossensemble in Europa.
Ein Gleichgewicht finden zwischen Komposition
und Improvisation, zwischen Turbulenz und
Ruhe – das sind die Kernfragen in Barry Guys
Schaffen und im Spiel von Irène Schweizer.
Beide gehören zu den wichtigsten Musikern in
Europa an den Schnittstellen von Jazz und
Klassik, freier Improvisation und festgelegter
Struktur. Wie kam es zur Zusammenarbeit?
Wie entstand diese Musik?
Ende der fünfziger Jahre, den gesellschaftspoliti-
schen Prozessen weit voraus, begann es in der
amerikanischen und der europäischen Musik-
szene zu gären. Wichtige Komponisten der
Neuen Musik wie Stockhausen, Kagel und Cage
entwickelten einen weiter gefassten Musikbegriff
– mit «Happenings» als Aufführungspraxis.
Auch in der Jazzszene, in der die Europäer
unermüdlich ihre amerikanischen Vorbilder
kopierten, begannen einzelne Musiker und
Komponisten intensiv nach einer neuen
Sprache zu suchen. Sie wollten die Ausdrucks-
möglichkeiten erweitern; die Improvisation
sollte weniger an den Hard Bop und sein
Schema gebunden sein. Musiker wie Charles
Mingus und Thelonious Monk hatten erste
Lunten gelegt, handfeste Brandsätze des
Pianisten Cecil Taylor – der Irène Schweizer
bald schwer beeindrucken sollte – und von
Ornette Coleman folgten. In Colemans piano-
losem Quartett wurden alle Mitmusiker in ihrer
Funktion als gleichberechtigt angesehen; sie
improvisierten nicht mehr über die Harmonien
der Stücke, sondern mit grosser Freiheit der
Melodie entlang («Harmolodik»). Hier entstand
eine neue Freiheit, die die Basis für alles
Folgende legte. 1960 erschien Colemans
prophetisches Album «Free Jazz», eine Kompo-
sition und Kollektivimprovisation für zwei
Quartette. Mit dabei war auch der Multiinstru-
mentalist Eric Dolphy, dessen Spiel mühelos
einen Bogen vom Blues zum Jazz und weiter
zur freien Improvisation bis zur Neuen Musik
schlug. Zwischen 1963 und 1965 folgten
weitere Sprengmeister:
Chris Mc Gregors «Blue Notes», ein aus der
Transkei (Südafrika) stammendes Quintett
mit Dudu Pukwana (sax), Mongezi Feza (tp),
Johnny Dyani (b) und Louis Moholo (drums),
vagabundierte durch Europa. Die vor der
Apartheid geflohenen Musiker jammten überall
mit Einheimischen, so auch mit der jungen
Jazzpianistin Irène Schweizer im Zürcher Lokal
«Africana». Das Erstaunliche an den «Blue Notes»
war, dass sie ihre hymnische Musik von aus-
sergewöhnlicher Schönheit aus ihrer eigenen
Tradition heraus entwickelt hatten: eine
Mischung aus südafrikanischer Kirchenmusik,
Free Jazz und Ellington, versehen mit einem
Schuss Bartók und Monk. Hier wurde deutlich,
dass ein Jazz ausserhalb der amerikanischen
Vorbilder möglich ist.
Vor allem in London wurde diese Musik en-
thusiastisch aufgenommen. Kurze Zeit später
betraten die Feuerwerker persönlich das
Podium und entfachten einen Flächenbrand:
Das Quintett der Gebrüder Albert und Don
Ayler schockierte die traditionelle Jazzgemeinde
Europas und liess die «jungen Löwen» der
Avantgarde hellauf begeistert zurück. In Paris
kam es zum Skandal, als die Musiker die
Marseillaise zerfetzten. Eine solche Truppe
hatte es im Jazz noch nie gegeben: polyphone
Musik wie Pygmäengesänge – zärtlich, archa-
isch, naiv, wild, poetisch und zornig zugleich.
Diese Eigenschaften beschreiben auch die
explodierende europäischen Jazzszene Ende
der sechziger Jahre. Als Barry Guy Jahre später
nach seinen wichtigsten Einflüssen gefragt
wurde, nannte er «Monteverdi, Stravinsky,
Xenakis, Beethoven, Mingus und Albert Ayler –
bei Ayler war es ein völliges Unbegreifen beim
ersten Hören».
1965 schloss sich John Coltrane der Free-Jazz
Szene an und spielte mit einem Grossensemble
«Ascension» ein, eine zum Teil atonale Kollek-
tivimprovisation von unglaublicher Energie
und Strahlkraft. Drei Jahre später, im Jahr der
Studentenunruhen, folgte die Antwort aus
Europa: «Machine gun», eingespielt von einem
zehnköpfigen Ensemble um den Wuppertaler
Saxophonisten Peter Brötzmann, war ein
Powerplay von gewaltigem Sound, das Jimi
Hendrix ebenso viel verdankte wie Coltrane.
Die Formen waren gesprengt, es gab Platz für
Neues. Im Saxophonsatz bliesen neben Brötz-
mann der Holländer Willem Breuker und der
Engländer Evan Parker, beide zentrale Figuren
der kommenden Jahre. Parker sollte bei der
Gründung des London Jazz Composers Orches-
tra mit dabei sein.
Schliesslich reiste auch Ornette Coleman durch
Europa. Fester Bestandteil seines Repertoires
war das Stück «European echoes», welches mit
einem Thema im Walzertakt beginnt. Vier Jahre
später schallte das Echo aus Europa zu-
rück: Die gleichnamige Platte des deutschen
Trompeters Manfred Schoof wurde zum wich-
tigen Zeugnis eines neuen Selbstbewusstseins
des europäischen Jazz. Mittendrin waren am
Piano Irène Schweizer, am Kontrabass Peter
Kowald und am Schlagzeug Han Bennink, lang-
jährige Spielpartner von Irène in jener nahen
Zukunft, als sie und der europäische Jazz abzu-
heben begannen.
Zwischen Free Jazz und
«instant composing»
«Dem Unbekannten kann man sich nicht mit
einem Kompass nähern»: Unbemerkt von der
Öffentlichkeit, doch nicht minder wegweisend,
bildete der englische Gitarrist Derek Bailey mit
seinem Trio «Joseph Holbrooke» die Keimzelle
der «freien Improvisation». Bailey suchte ab
1963 nach neuen Möglichkeiten des Improvisie-
rens jenseits aller Idiome. Zuletzt wurde das
Stück selbst zur Improvisation oder die Impro-
visation zum Stück: Jeder Musiker spielte und
komponierte gleichzeitig. Bailey prägte dafür
den Begriff des «instant composing». Die Szene
dieser instant composers wuchs rasch. Der Bas-
sist Barry Guy und viele weitere Musiker aus
der E-Musik stiessen dazu. Sie schlossen sich
zum «Spontaneus Music Ensemble» zusammen,
dem Vorläufer des London Jazz Composers
Orchestra. Aufgrund von Baileys Ansatz nahm
das Londoner Orchester das Wort «Composers»
als programmatisches Statement in seinen
Namen auf.
Die Befreiung durch Free Jazz und instant
composing lag in der Luft: Überall in Europa
wurden Ensembles gegründet, vor allem in
Deutschland, Holland, der DDR und in der
Schweiz. Irène Schweizer entwickelte sich mit
Pierre Favre rasch zum Aushängeschild der
www.jazzfestival.ch 8 / 9
Anfang der 60er Jahre wurde endlich deutlich, dass Jazz auch ausserhalb der
amerikanischen Vorbilder möglich ist.
19. Schaffhauser Jazzfestival mittwoch 21. mai 2008
Bewegung. Beide fanden von Beginn weg An-
schluss an die europäische Szene. In ihrem
wegweisenden Trio mit Peter Kowald stiegen
gelegentlich auch die englischen Saxophonisten
Trevor Watts und Evan Parker ein, beide Grün-
dungsmitglieder des London Jazz Composers
Orchestra. Während die Free Jazzer mehr auf
Energie- und Powerplay aus waren, versuchten
die instant composers, die musikalischen Mög-
lichkeiten zu erweitern. Wichtige Paten waren
Komponisten wie Anton Webern, John Cage
und Cornelius Cardew. Irène Schweizer erarbei-
tete sich früh eine Position zwischen den Polen.
Vor allem ihr Trio mit Louis Moholo von den
ehemaligen «Blue Notes» und dem Multiinstru-
mentalisten Rüdiger Carl spielte zwar eine
rhythmusbetonte, doch zuweilen unüblich
poetische Musik.
All diese «lachenden Aussenseiter» erforschten
die Klangmöglichkeiten des eigenen Instrumen-
tes. Sie entwickelten daraus eine individuell-
abstrakte Sprache – ein Esperanto der Improvi-
sation –, die es den Protagonisten ermöglichte,
überall auf der Welt mit Gleichgesinnten zu
spielen. Einer der faszinierendsten Prozesse in
der Musik des 20. Jahrhunderts kam in Gang.
Derek Bailey: «Ich hatte das grosse Glück, in
diesem Bereich mit deutschen Feuerwerkern,
amerikanischen Hochleistungssportlern, nieder-
ländischen Akrobaten und englischen Kaleidos-
kopisten arbeiten zu können.» Aus der Musiker-
wohngemeinschaft von Irène Schweizer, Peter
K. Frey und dem Pianisten Urs Voerkel wuchs
die WIM (Werkstatt für Improvisierte Musik),
bald folgten Festivals wie Moers und das Zürcher
Taktlos: Die «Freie Szene» war, wie später
der Punk, nie nur eine rein musikalische Bewe-
gung, sondern eine libertäre Keimzelle und
ein Seismograph der sozialen Evolution. Es war
auch die Geburtszeit eines Austauschs zwi-
schen Jazz, instant composing und Neuer
Musik, der das Fundament des europäischen
Jazz bildet. Kaum jemand verkörpert diese
Synthese so eindrücklich wie Barry Guy und
Irène Schweizer.
Das Jazz London Composers Orchestra
und sein Weg
In London lebten Ende der sechziger Jahre
besonders viele virtuose Musikerinnen und
Musiker der neuen Richtung, einige von ihnen
bis heute stilbildend auf ihren Instrumenten.
Deshalb initiierte der Bassist Barry Guy eine
Grossformation, die die englische Szene
zusammenfassen und das Spannungsfeld
zwischen Improvisation und strukturellen Ein-
griffen ausloten sollte. Guy wollte den vorzüg-
lichen Solisten genug Raum bieten und sie
gleichzeitig auf neue Wege schicken. 1971
wurde «Ode» aufgeführt, ein gigantisches
sechsteiliges Werk, Manifest und Auslegeord-
nung zugleich. Von Beginn weg wagte Barry
Guy mit grosser Ausdauer das scheinbar Un-
mögliche: Er strebte nach einem Gleichgewicht
zwischen kompositorischer Struktur und
Solistik, freier Improvisation in Teilformationen
und einem charakteristischen Orchesterklang.
«Es war mir wichtig, die Sprachverwandtschaft,
die symbiotischen Klangwelten des Free Jazz
und der rationalen zeitgenössischen E-Musik
zu betonen. Ich sah zwei solide Grundlagen vor
mir, auf denen ich die Musik aufbauen wollte:
‹Klang als Energie› und ‹Energie als Struktur›.»
«Als der Champagner ausgetrunken war, zogen wir mit meinem Bass davon, um in irgendeiner Wohnung auf dem Fussboden zu schlafen.» Barry Guy
Über die Jahre sind 16 Kompositionen entstan-
den, jede einzelne mit einem frischen Ansatz.
Im Grunde suchte Guy wie Duke Ellington,
Benny Goodman, Gil Evans und Charles Mingus
nach den Prinzipien eines Orchesters, welches
den Sound seiner Zeit umsetzen konnte – zuge-
schnitten auf die jeweiligen Musiker. Nach «Ode»
wurde das London Jazz Composers Orchestra
zum Labor: Andere Musiker des Orchesters und
Krzysztof Penderecki komponierten für das
Ensemble, unterschiedliche Ansätze und Nota-
tionen wurden ausprobiert. Ende der siebziger
Jahre verschwand Barry Guy nahezu aus der
Szene. Er musizierte nur noch im Trio mit Evan
Parker und dem Perkussionisten Paul Lytton.
«Es war die Blütezeit der Klassikaufnahmen,
als Decca mit der grossen Kelle alte Musik ein-
spielte», wie Barry Guy sich erinnert. Als gesuch-
ter Kontrabassist war er meistens auf Welt-
tournee oder im Studio, um Mozart, Haydn und
Beethoven (in einem Jahr sämtliche Sinfonien
unter zwei verschiedenen Dirigenten) einzu-
spielen. Guy nahm mit John Elliot Gardiner
Monteverdi, mit Roger Norrington Barock-Opern
und insgesamt 300 Sinfonien auf, bis der Saxo-
phonist Evan Parker feststellte: «Wir verlieren
dich an diese Musik.» 1986 holten ihn seine
alten Freunde buchstäblich raus aus der Klassik-
szene: »Das war nach Abschluss einer Tournee,
im Lincoln Center. Es gab Champagner, und wir
trugen immer noch unsere Fräcke. Plötzlich
tauchten diese Typen auf, und mit einem Schlag
verwandelte sich das eine Leben in das andere.
Als der Champagner ausgetrunken war, zogen
wir mit meinem Bass davon, um in irgendeiner
Wohnung auf dem Fussboden zu schlafen.»
Das war der Start zur grossen Zeit des London
Jazz Composers Orchestra, entscheidend
unterstützt vom Zürcher Label «Intakt Records»
und den Initianten von «Fabrikjazz» und dem
«Taktlos Festival». 1987 wurde «Polyhymnia» in
Zürich uraufgeführt. Das Werk zeigte, dass Guy
für seine Mitmusiker den passenden Orchester-
klang gefunden hatte. Guy: «Vielleicht habe
ich damals das Gepäck des ‹Komponisten des
20. Jahrhunderts› weggeworfen, um zu einer
Musik des Herzens zurückzukehren.» 1987 und
1989 folgten «Harmos» und «Double Trouble»,
die innerhalb von vier Tagen in Zürich einge-
spielt wurden. «Harmos» war eine wichtige
Zäsur, weil hier kräftige Melodien wieder eine
zentrale Rolle spielen und der hymnische
Charakter mittelalterlicher Kirchenmusik – wie
auch der Geist von Chris Mc Gregors «Blue
Notes» – geweckt und in die neue Musik trans-
formiert wurden. Ähnlich wie György Ligeti
und Arvo Paert integrierte Guy die Errungen-
schaften der einstigen Avantgarde zu einer
Musik, die direkt anspricht und Melodien nicht
verleugnet. Es folgten «Theoria», zum 50. Geburts-
tag von Irène Schweizer komponiert, und
«Double Trouble Two» mit den «grand old
ladies» Irène Schweizer und Marilyn Crispell an
den Pianos und Pierre Favre am Schlagzeug.
Diese Werke sind abwechslungsreicher und ori-
gineller als der meiste Jazz und lebendiger als
zeitgenössische E-Musik, die lange unter der
Sterilität des Serialismus litt. Dank der impro-
visierten Teile gibt es auch «immer wieder
Momente, die sich kein Komponist hätte aus-
denken können», wie Guy formuliert. Und
nun treten also all diese exzellenten Musiker
zusammen am Schaffhauser Jazzfestival auf –
eine ganze Epoche betritt die Bühne des Stadt-
theaters – grossartig! Etwas Wehmut könnte
aufkommen, denn die meisten Musiker stehen
im Herbst ihrer Karriere; zudem dürfte sich
angesichts der ökonomischen Situation für
Grossorchester ein solches Ereignis nicht oft
wiederholen. Deshalb: Let’s celebrate!
✱ Lukas Baumann ist Künstler, Musiker und
Teilzeitangestellter der Stadtbibliothek
Schaffhausen. Er schreibt hin und wieder
Konzertberichte für die «Schaffhauser
Nachrichten».
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INSERAT
19. Schaffhauser Jazzfestival mittwoch 21. mai 2008 www.jazzfestival.ch 12 / 13
Mittwoch, 21. Mai 20.15
Stadttheater
London Jazz Composers Orchestra
meets Irène Schweizer
muSiK alS befreiungDer Komponist – Barry Guy im Interview
Nach den letzten Aufnahmen von «Double
Trouble Two» wurde es still um das Lon-
don Jazz Composers Orchestra. Welches
sind Ihre Hoffnungen, wenn nun das
Grossorchester wieder lanciert wird?
B.G. Das London Jazz Composers Orchestra
war während zehn Jahren still gelegt. Unser
letztes Konzert 1998 am Berliner Jazzfestival
war ein riesiger Erfolg. Aber ich wusste, dass
sich die Umstände für Grossformationen
verschlechtern und magere Zeiten anbrechen
würden, selbst wenn Sponsorengelder und
öffentliche Förderung zugänglich gewesen
wären. Einige Länder unterstützen ihre Gross-
formationen – Österreich das «Vienna Art
Orchestra» oder Italien das «Instabile» –, indem
sie Zeit kaufen. So können komplexe Partituren
eingeübt werden. Für das London Jazz Compo-
sers Orchestra gab es keine solche Unterstüt-
zung. Mir haben meine periodischen Auftritte
und Studio-Aufnahmen mit klassischen Orches-
tern während Jahren ermöglicht, die für jene
Musik benötigten Bass-Instrumente zu kaufen.
Und als ich sie wieder verkaufte, konnte ich
damit das Orchester mittragen. Einige Musiker
spielen ja in der grossen wie der kleinen Forma-
tion und sind seit vielen Jahren enge musikali-
sche Kollegen. Schon das gibt mir den Mut,
wieder mit der Grossformation auf die Bühne
zu gehen. Die Aussicht, ältere Musik wie die
Komposition «Harmos» frisch zu sichten und
das neue «Radio Rondo» einzuüben, ist aufre-
gend. Dennoch bleiben die Zukunftsperspekti-
ven zwiespältig. Die Gelder für solche Auftritte
werden weiter gekürzt, und für Musiker ist das
Reisen seit 9/11 schwieriger geworden. Auch
das Alter fordert seinen Tribut. Wir stehen mit
diesem Auftritt wohl an einer Wegkreuzung,
wo viele Schilder zur Wahl einer Richtung einla-
den. Ich hoffe, dass die Zukunft so spannend
und bedeutungsvoll sein wird wie die vergan-
genen 38 Jahre.
Nach «Theoria» von 1991 ist die neue
Komposition die zweite für das Orchester
mit Irène Schweizer als Hauptsolistin.
In «Theoria» schien, neben der kräftigen
melodischen Ebene, die Organisation
verschiedener Untergruppen ein Haupt-
anliegen zu sein. Hier konnten Irène
und die anderen Musiker des Orchesters
zusammen improvisieren. Ist dieser
Ansatz dieses Mal auch wieder bedeutsam?
B.G. In «Theoria» bestimmten hauptsächlich die
melodischen Sequenzen die formale Struktur
der Komposition. Irène musste die notierten
Passagen bewältigen, die als Sprungbrett für
die Improvisationen dienten. In «Radio Rondo»
werden spezifische Verbindungen von Musikern,
die improvisieren, den Hauptantrieb liefern.
Erst gegen Ende entsteht eine starke melodische
Präsenz. Ich wollte, dass das Spiel des Pianos
gänzlich improvisiert ist, mit Orchester-Textu-
ren, die Räume öffnen und das gesamtmusi-
kalische Geschehen beeinflussen. Ich erwarte
keinen aufreibenden Kampf, in welchem die
notierten Elemente mit dem improvisierten
Spiel in Konflikt geraten. Ich bin zuversichtlich,
dass als Ergebnis Befreiung herauskommt.
«Radio Rondo» dauert zwanzig bis fünfund-
zwanzig Minuten. Es setzt das Piano mit klei-
neren Formationen in Verbindung, die aus
der grossorchestralen Stimme heraustreten.
Der Rondo-Aspekt bezieht sich auf das ganze
Ensemble: In einzelnen Blöcken von Aktivität
wird auf das Einstellen von Radio-Frequenzen
angespielt. Diese Frequenzen kreisten während
der Jahre der Pause leise um den Planeten und
nährten die Improvisationen der Musiker.
Mir fällt auf, dass der Fundus der E-Musik
des 20. Jahrhunderts im Jazz und in der
improvisierten Musik an Bedeutung ge-
winnt. Dafür leisten Leute wie Sie oder
der Amerikaner Antony Braxton schon
seit den frühen siebziger Jahren Pionier-
arbeit. Wie schätzen Sie diese Entwick-
lung ein?
B.G. Zu Beginn meiner musikalischen Ausbil-
dung war «Jazz» für mich eine Vielfalt von Acht-
und Sechzehn-Takt-Schemen sowie der 12-Takt
Blues. Trotz immer raffinierterer Spielformen
dieser Schemen schienen mir auch ausgedehn-
tere Formate möglich, mit dem London Jazz
Composers Orchestra sogar symphonische
Dimensionen. Ich meine damit Werke, deren
Struktur zwar festgelegt ist, die aber auch durch
das spontane Spiel der Gruppe bestimmt sind.
Als ich später in die Barockmusik und das zeit-
genössische klassische Repertoire eintauchte,
blieb die improvisierte Musik meine ständige
Begleiterin. Diese Kombination lud zur Frage ein,
was mit Werken in grösser angelegten Formen
an Ausdruck möglich wäre. Zwei Aspekte
scheinen mir Voraussetzung: Zum einen der
Respekt und das Vertrauen in die improvisie-
renden Musiker; zum anderen die vertiefte
Auseinandersetzung mit der Architektur von
Werken mit ausgedehnteren Formaten und
Spannungsbögen. Wenn spontane Erfindung
auf die harten Fakten einer Notation trifft,
gelingt das nur, wenn die Balance stimmt.
Heute begegne ich vielen jungen Musikern, die
schwierige Konzepte leicht begreifen. Das lässt
auf eine gesunde Evolution in der Ausbildung
schliessen. Dies ist die Sonnenseite. Auf der
anderen Seite beklage ich desinteressierte
Medien und wenige Auftrittsmöglichkeiten für
eine Musik, die in keine Schublade passt. So
wird es für junge Musikerinnen und Musiker
immer schwieriger, neue Erfahrungen zu
machen und diese zu vermitteln.
✱ Lukas Baumann
Interview und Übersetzung
19. Schaffhauser Jazzfestival mittwoch 21. mai 2008
Mittwoch, 21. Mai 20.15
Stadttheater
Irène Schweizer Piano-Solo
London Jazz Composers Orchestra
meets Irène Schweizer
am anfang überhaupt nichtbegeiStertDie Solistin – Irène Schweizer
im Gespräch
Wir treffen uns Mitte Februar in Zürich bei
Irène Schweizer zu Hause. Sie lebt zurzeit un-
freiwillig im «stand by»-Modus, denn ein Arm-
bruch zwingt sie seit Wochen zur Untätigkeit –
harte Zeiten für eine Pianistin und Schlagzeuge-
rin, die sonst jeden Tag spielt. Bereits mussten
einige Gigs ausfallen, unter anderem ein Solo-
konzert in der Tonhalle, von dem sie hofft,
dass es nachgeholt wird. Keine Gigs bedeuten
auch kein Einkommen. Wir setzen uns an den
Küchentisch. Der einzige Vorteil dieses Arm-
bruchs ist, dass wir keine Eile haben, was ich
natürlich ausnützen werde, frei nach dem
Psychologiebestseller: «Deine Krise, meine
Chance».
Wie ist für dich die Aussicht auf ein
neuerliches Zusammenspiel mit all diesen
Musikern und dem riesigen Klangkörper?
I.S. Ursprünglich war es Patrik Landolts Idee,
dass wir wieder zusammenkommen könnten.
Ich bin sehr gespannt auf das neue Werk, von
dem ich aber noch keine einzige Note gesehen
habe. Barry hat ja vor Jahren schon ein Werk
für mich geschrieben, «Theoria», ein Geschenk
zu meinem 50. Geburtstag. Ich war damals an-
fänglich gar nicht so begeistert, weil Grossfor-
mationen nicht mein Ding sind. Wenigstens
kannte ich viele Mitglieder des Orchesters und
deren Musik, Evan Parker, Paul Lytton, Phil
Wachsmann, Conrad Bauer und viele mehr. Ich
hatte mit ihnen zum Teil schon in den sechziger
und siebzigerjahren in Kleinformationen
zusammengespielt. Mit Trevor Watts und John
Stevens habe ich ganze Nachmittage geprobt,
als ich in den sechzigern in England weilte.
Deshalb dachte ich: «Ja, das wird sicher
spannend, aber ich weiss nicht, ob ich das
kann.» Die ersten Konzerte liefen dann so gut,
dass ich auf den Geschmack kam: «Es hät mi
wahnsinnig inne gno», so viele tolle Musiker,
die alle irrsinnig improvisieren können!
Die Verbindung von ausgeschriebenen
thematischen Vorgaben und freier Impro-
visation ist eines der Merkmale des
London Jazz Composers Orchestra und
der heutigen Musik allgemein.
I.S. Ja, es wird sehr viel notiert und komponiert
(lacht). Ich spiele heute in Duos und anderen
Kleinformationen hier in der Zürcherszene
kaum mehr frei improvisierte Musik, nur noch
mit Pierre Favre und natürlich solo. Pierre und
ich begannen Ende der sechziger Jahre, frei zu
improvisieren; wir haben deshalb eine gemein-
same Geschichte. Sonst arbeiten wir mit Stücken,
die wir einüben und über deren Themen wir
improvisieren. Im Trio mit Omri Ziegele und
dem Schlagzeuger Makaya Ntshoko spielen wir
ein südafrikanisches Programm mit Komposi-
tionen von Chris McGregor und Musikern seiner
ehemaligen «Blue Notes» wie Johnny Dyani und
Dudu Pukwana , aber auch Stücke von Ornette
Coleman, Duke Ellington und Thelonious Monk.
Makaya spielte 1962/63 mit dem Dollar Brand
Trio im «Africana» in Zürich – der Kreis schliesst
sich. Monk spiele ich auch mit Jürg Wickihalder.
Und mit Co Streiff bearbeiten wir viele ihrer
eigenen Kompositionen und ein paar von Carla
Bley.
Es gibt Leute, die behaupten, du seist
konservativer geworden, weil der Bezug
zur Jazztradition in deinem Spiel in
den letzten 15 Jahren zugenommen hat.
I.S. Ich habe bewusst entschieden, wieder mehr
in der Jazztradition zu spielen. Ich kam vom
Jazz zur freien Improvisation, nicht von der
Klassik wie viele in der improvisierenden Szene.
Mit 12 Jahren startete ich mit Boogie-Woogie,
dann kam Dixieland, also Oldtime Jazz. Jazz ist
mein «Background», doch den durfte man lange
nicht verwenden in der freien Szene – «isch e
chli verbote gsi». Aber ich habe das nie so konse-
quent verfolgt wie Peter Brötzmann, Peter
Kowald und andere – auch Evan Parker und die
englische Schule waren da etwas spröde.
Ich tendiere eher zu den Holländern wie Misha
Mengelberg und Han Bennink, die viel zitieren
und sich an der Jazztradition orientieren. Bei
gewissen Leuten habe ich heute noch den Ruf
der «Free Jazzerin». Aber die sind schlecht
informiert.
Es gibt in deinem Spiel – besonders in den
Solokonzerten – vom Material und von
den Spieltechniken her starke Bezüge zur
E-Musik, obwohl du meines Wissens nie
klassische Musik gespielt hast. Wie kam
es dazu?
I.S. Das habe ich mir angehört – Anton Webern,
die ganze Wiener Schule, Alban Berg und Schön-
berg. Dann auch John Cage. Ich besuchte oft
Konzerte und habe auch durchs Radio viel mit-
bekommen. E-Musik hat mich sehr beeinflusst,
vor allem diese «Neutöner». Die Erweiterungen
des Klangs, der Harmonik, das lernte ich dort.
Allerdings hat mich diese Musik rhythmisch
«nie inegno», ich bin Jazzerin. Das merkt man
an der Art, wie ich phrasiere. Der rhythmische
Drive ist mir sehr wichtig, ich spiele ja auch
Schlagzeug. Da liegt der Unterschied zu jenen,
die von der Klassik her kommen und frei im-
provisieren: Manchmal fehlt da der Rhythmus,
der Punch. Technisch sind sie alle brillant, aber
es fehlt der Fluss. Aber ich will das nicht
bewerten. Improvisation ist nicht gleich Impro-
visation.
✱ Lukas Baumann Interview
www.jazzfestival.ch 14 / 15
Mittwoch, 21. Mai 20.15
Stadttheater
London Jazz Composers Orchestra
meets Irène Schweizer
Jazz wird zur arte pOVeraDer Ohrenzeuge – Patrik Landolt
im Interview
Die Entwicklung des London Jazz Com-
posers Orchestra ist seit den achziger
Jahren eng verbunden mit dir, Rosmarie
A. Meier und Fredi Bosshard. Ihr habt
«Fabrikjazz» und das «Taktlos-Festival»
initiiert und die Plattenfirma «Intakt
Records» gegründet, deren Geschäftsfüh-
rer du bist. Wie war das damals, als diese
Musiker erstmals für Aufnahmen nach
Zürich kamen?
P.L. 1987 lud ich das London Jazz Composers
Orchestra für ein Konzert in die Schweiz ein.
Es spielte in der Roten Fabrik Barry Guys Kom-
positionen «Harmos» und «Polyhymnia». Ich
übertreibe nicht, wenn ich sage, dass dieses
Konzert für die meisten Besucherinnen und
Besucher eine Erleuchtung war. Wir hörten erst-
mals ein Jazzorchester live, das auf so wun-
derbare Weise moderne Jazzkomposition und
solistische Interaktionen einiger der bedeu-
tendsten Musiker des europäischen Jazz
verband. Und wie nur wenige andere Kompo-
nisten des heutigen Jazz hat Barry Guy einen
eigenen Orchesterklang gefunden, der mich
fasziniert – das Zusammenspiel von freier, radi-
kaler Musik mit eindringlichen, hymnischen
Melodien. Dass eine so lange und intensive Zu-
sammenarbeit entstehen konnte – immerhin
sind auf «Intakt Records» neun CDs des London
Jazz Composers Orchestra veröffentlicht
worden – ist das glückliche Zusammenspiel
mehrerer Momente. Zum einen war ich von
jeder neuen Komposition für das London Jazz
Composers Orchestra begeistert. Zum anderen
entwickelte sich schon sehr früh eine Freund-
schaft zwischen Barry Guy und seiner Partnerin,
der Violinistin Maya Homburger, und uns
Zürcherinnen und Zürchern.
Die Auftrittsmöglichkeiten sind begrenzt,
und die wirtschaftlichen Bedingungen
für ein Grossorchester haben sich nicht
gebessert. Wie schätzt du die Chance
für das London Jazz Composers Orchestra
ein, nach der zehnjährigen Pause noch-
mals abzuheben?
P.L. Ich hoffe es. Es wäre phantastisch. Ich
konnte nie verstehen, dass ein Orchester von
dieser Qualität nicht auf allen grossen Festi-
vals der Welt spielte. Leider sind die finanziellen
Mittel in der Jazzwelt so begrenzt, dass es
immer mehr nur noch zur Entwicklung einer
Form von «arte povera» zu reichen scheint.
Wer als Jazzkonzertmusiker überleben will,
arbeitet am besten im Trio oder als Solist.
Das ist sehr schade. Das Jazzorchester ist ein
wesentlicher Bestandteil der Jazztradition.
Aber die krasse Ungleichheit bei der Fördermit-
telverteilung gibt grösseren Projekten wie
einem Jazzorchester dieser Qualität keine
langfristige Chance.
Bei den grossen Plattenfirmen wird im
Jazzbereich fast nur noch der Main-
stream gepflegt. Wir erhalten den ewig
gleichen Aufguss der Jazzgeschichte,
gespielt von Jungs in Armani-Anzügen
und gesungen von sehr hübschen, aber
meist recht langweiligen Damen. Wie
siehst du diese Entwicklung als Leiter
einer Firma, die ein anderes Sortiment
pflegt?
P.L. Die heutige Musikwelt ist ein unüberschau-
bares Feld unzähliger, auch entgegengesetzter
Strömungen, die geprägt sind von gesellschaft-
lichen Entwicklungen. Sie sind mehrheitlich
bewahrend und nicht besonders innovativ. Es
gibt aber auch das Gegenteil: Es gibt eine un-
übersehbare Anzahl hervorragender Jazzmusi-
kerinnen und -musiker. Wenn «Intakt Records»
die finanziellen Mittel hätte, könnten wir die
Anzahl der Veröffentlichungen ohne Qualitäts-
verlust vervielfachen. Ebenso wird es immer
Leute geben, die neugierig sind auf gute Musik.
Ähnlich wie im Bereich des Buches gibt es auch
in der Musik eine sehr gut informierte, gut ge-
bildete Minderheit, die sich intensiv mit neuen
Entwicklungen und anspruchsvoller Musik
auseinandersetzt. Deshalb bin ich optimistisch.
Entscheidend ist, ob es uns Kulturvermittlern
gelingt, mit Qualität, Phantasie und Engagement
den Kreis der Interessierten zu erweitern.
Deshalb ist es so wichtig, dass es unabhängige
Infrastrukturen sowie zahlreiche Festivals
und Veranstalter gibt, die nach musikalischen
Kriterien programmieren können und so die
nötige Vielfalt ermöglichen. Gelingt es uns,
die finanziellen Mittel dafür zu beschaffen?
Das ist meine tägliche Herausforderung.
✱ Lukas Baumann Interview
INSERAT
INSERAT
19. Schaffhauser Jazzfestival
Donnerstag, 22. Mai 20.15
Kulturzentrum Kammgarn
SepiaSOnic Claudio Puntin
Claudio Puntin, clarinets, zischboard, toys
Insa Rudolph, vocals, lyrics, toys
Kim Efert, guitars, toys
Jeff Denson, bass
Samuel Rohrer, drums, zischboard, toys
Daniel Manrique-Smith, flute, altoflute
Daniel Agi, alto-, bassflute
Liz Hirst, alto-, bassflute
Der Geheimtip: «Sepiasonic» unterwan-
dern (und erweitern) das Songformat
Vor zwei Jahren verblüffte der Klarinettist
Claudio Puntin am Jazzfestival mit seinen Soli,
als er mit Lukas Nigglis «Zoom» aufspielte.
Im selben Jahr gründete er mit der Sängerin
Insa Rudolph die Band «Sepiasonic». Selbstge-
schriebene Songs, arrangiert für ein ausserge-
wönliches Instrumentarium – das ist der Saft
dieses Tintenfischs.
Jazz im Popformat ist seit geraumer Zeit Trend.
Oder, präziser ausgedrückt: Die Verkaufspolitik
der Major-Firmen legt den Jazzmusikern nahe,
im Popdesign zu arbeiten. Meistens werden
bekannte Songs, die in ihrer Urform oft perfekt
sind, ein wenig umarrangiert, mit Jazzsoli
angereichert und in geleckter Produktion auf
den Markt geworfen – alles so aufregend wie
Gel im Haar. Zum Glück gibt es neben den Lang-
weilern noch die andere Fraktion: Vor Ideen
sprühende Subversive wie der geniale Eng-
länder Django Bates, der Songs dekonstruiert,
neu zusammensetzt und in verblüffendem
Gewand auf den Laufsteg schickt. Oder eben
«Sepiasonic»: Sie schreiben ihre Songs selbst,
unterwandern den Pop mit raffiniert ausge-
klügelten Arrangements, die aufs erste Hören
hin einfach klingen, und geben ihm Raum
und Tiefe. Bassflöten übernehmen kammer-
musikalische Aufgaben oder erzeugen akusti-
sche Klangflächen wie in der House- und
Club-Musik. Dann wieder sind die vier Holz-
bläser kontrapunktisch gesetzt und spielen
Minikompositionen, aus denen sich ein Klari-
nettensolo schält – und plötzlich schaukelt
die Barke des Popsongs auf bunten Wellen!
Im Vordergrund von «Sepiasonic» steht die
klare, vibratofreie Stimme von Insa Rudolph.
Ihr Timbre ähnelt dem von Suzanne Vega,
und wie diese schreibt sie ihre Lyrics selbst.
Es ist eine feinsinnige Mischung aus Gedicht
und Songwriting, unprätentiös und nuanciert
dargeboten wie im Chanson. Ein weiteres
Charakeristikum dieser Band sind die un-
gewöhnlichen Instrumente: Megaphon,
Taschenharfe oder Toypiano erweitern ver-
schmitzt das Klangspektrum bis in den Lo-Fi-
Bereich. Oder das Zischboard: Claudio Puntin
baute dieses Instrument selber – inspiriert von
digitalen Klängen; es simuliert mit unterschied-
lich klingenden Luftdüsen die Klangästhetik
der Electronica-Beats akustisch und bricht sie
ironisch. Auch der Schlagzeuger Samuel Rohrer
adaptiert die digital konstruierten, vertrackten
Rhythmen jener Szene perfekt.
Musik wie die von «Sepiasonic» kann letztlich
nur von Leuten komponiert und überzeugend
gespielt werden, die sich in vielen Wassern
bewegen und in ihrer Person unterschiedliche
Idiome zur Synthese bringen, so wie Master-
mind Claudio Puntin. Der 1965 in Zug Geborene
gehört zu jenen Hochbegabten, die problemlos
zwischen Klassik, Klezmer, Jazz, Film- und
Clubmusik pendeln und, mit Preisen überhäuft,
überall ihre Spur hinterlassen. Nun schöpft er
aus diesen Erfahrungen und widmet sich mit
seinen Mitmusikern der kleinen Form – witzig
und smart!
Mehr Infos auf Seite 20.
✱ www.sepiasonic.com
prOgramm dOnnerStag 22. mai 2008
www.jazzfestival.ch 18 / 19
Donnerstag, 22. Mai 17.00 – 19.00
Kulturklub Haberhaus
JazzgeSprächeWozu eigentlich noch Jazzfestivals?
Die «grossen» Festivals zerstören sich selbst.
Um überleben zu können, begeben sie sich in
einen Teufelskreis, dem sie zuletzt nicht mehr
entrinnen können: Sie brauchen mehr Sponso-
ren, um mehr zugkräftige Stars zu engagieren,
die mehr Publikum anlocken. Um diese Stars
«einzukaufen», brauchen sie wiederum mehr
Geld, also noch mehr Sponsoren.
Das Resultat ist bekannt: Die Programmierung
gehorcht letztlich weniger musikalischen als
vielmehr kommerziellen Kriterien. Auf der
Strecke bleibt das «Neue», das «Innovative»,
noch «Ungehörte».
Andererseits gibt es auch andere «Modelle».
Eines davon ist das Offside Open Festival, das
Burkhard Hennen, der Gründer und langjährige
Leiter des international renommierten Moers-
Festivals, seit zwei Jahren in Geldern ausrichtet.
Kurzreferat ✱ Marcus Maida Jazzpublizist (Graz): «Wozu
eigentlich noch Festivals? – Anmerkungen
eines Festivalbesuchers und -machers»✱ Burkhard Hennen über seine Erfahrungen
mit dem Moers-Festival und über seine
«Vision» eines Jazzfestivals jenseits
kommerzieller Zwänge
Diskussion ✱ Marcus Maida Leitung
Burkhard Hennen
Niklaus Troxler, Jazzfestival Willisau
Urs Röllin, Jazzfestival Schaffhausen
Donnerstag, 22. Mai 21.30
Kulturzentrum Kammgarn
SylVie cOurVOiSier lOnelyVille
Sylvie Courvoisier, piano, composition
Mark Feldman, violin
Vincent Courtois, cello
Ikue Mori, electronics
Gerald Cleaver, drums
Der Sound der Gegenwart, gespielt
von Virtuosen aus New York
Sylvie Courvoisier gehört zu den wenigen
Schweizer Jazzmusikerinnen mit internationaler
Reputation. Sie ist mittlerweile Gast an allen
wichtigen Festivals und tritt am Jazzfestival
Schaffhausen bereits zum vierten Mal auf, jetzt
mit einer packenden Band aus ihrer Wahlheimat
New York.
Der Wunsch, unterschiedliche Kulturen und
Idiome zusammenzuführen, ohne an Indivi-
dualität einzubüssen, ist ein Hauptthema in
der zeitgenössischen Musik. Mit ihrer letzten
CD «Lonelyville» auf Intakt Records hat die
Pianistin und Komponistin Sylvie Courvoisier
auf diesem Gebiet Massstäbe gesetzt. Mit der-
selben illustren Besetzung wie auf dem Ton-
träger kommt sie nun ans Jazzfestival. Die
gebürtige Lausannerin bezeichnet ihre Musik
nicht als Jazz, auch als klassische Pianistin
sieht sie sich nicht – und dennoch speist sich
ihre Spieltechnik aus beiden Idiomen. Mögli-
cherweise ist diese Position zwischen – oder
über – den Idiomen gerade ihre Stärke: In
jüngerer Zeit sorgt sie mit eigenen Kompositio-
nen, die sie mit geistesverwandten Musikern
minutiös erarbeitet, in der New Yorker Down-
Town-Szene für Aufsehen. Diese lose Musiker-
gemeinschaft mit eigenen Labeln und Vertrieben
um den Kristallisationspunkt John Zorn ver-
schafft der weltweiten Musikszene seit Jahr-
zehnten entscheidende Impulse. Das Laborfeld
ist weit. Ein Garant für höchste Qualität ist,
dass neue Ansätze oft jahrelang mit einem
festen Stamm an virtuosen Instrumentalisten
erarbeitet werden. So bildet die Down-Town-
Szene eine der letzten Bastionen der einstigen
Avantgarde. Seit Sylvie Courvoisier in diesem
»melting pot» angekommen ist, verläuft ihre
Entwicklung fulminant. Leider gibt es Leute,
die beim Wort Avantgarde sofort zu Knoblauch-
zehen greifen, Bannkreise auslegen und präven-
tiv eine Scheibe von Louis Armstrongs «Hot
Five» in den Player legen. Schade – denn die
grösste Tugend von Sylvie Courvoisier ist ihre
Fähigkeit, komplexe Musik sinnlich zu spielen.
Ihre Kompositionen mögen reich an ungehör-
ten Klängen sein, doch ihre Musik zieht alle in
ihren Bann:
Da sind kräftige Blockakkorde, die in leiseste
Pianissimi übergehen können – wie bei Scelsi
und Messiaen. Und da gibt es improvisierte
Teile, die wie komponiert klingen und auch in
den leisen Stellen mit gleichbleibender Intensi-
tät gespielt werden. Die Kompositionsweise
ähnelt filmischer Schnitttechnik: In einem steten
Fluss von Frame- und Teamwork werden Tempi
verlangsamt oder beschleunigt, Ausschnitte
und Nahaufnahmen von Totalen abgelöst. Stille
Innenräume prallen auf Strassenszenen; kraft-
volle Riffs laufen wie Ostinati durchs Stück und
werden zum fliegenden Teppich für die Solisten.
Auch leise, liedhafte Sequenzen haben Raum,
in denen der stupende Violinist Mark Feldman
ins Gewand des Klezmer-Virtuosen schlüpft.
Mit auf der Bühne sind der kraftvolle Jazz-
Schlagzeuger Gerald Cleaver, der mit den
Gruppen von Jacky Terrasson, Roscoe Mitchell
und Henry Threadgill arbeitet, sowie der Cellist
Vincent Courtois, der seit Jahren mit der Elite
des französischen Jazz, von Martial Solal bis
Louis Sclavis, spielt. Die Fünfte im Bunde ist
ein Phänomen für sich: Die ehemalige No-Wave-
Schlagwerkerin Ikue Mori tauschte Mitte der
achtziger Jahre ihre Sticks gegen die Laptops
aus und mutierte zur furchtlosen Pionierin.
Sie wusste der Elektronik schon früh eine räum-
liche Dimension zu verschaffen und setzt
«samples» live ungemein vital ein.
Courvoisiers Band ist also eine «Hot Five» im
eigentlichen Sinn. By the way: Auch Louis
Armstrong war einst Avantgarde, bevor er zum
Klassiker wurde.
✱ www.sylviecourvoisier.com
19. Schaffhauser Jazzfestival donnerstag 22. mai 2008
Schönheit zu entdecken kann ein mühseliges
Geschäft sein. Daraus haben die Macher des
Trash-Fernsehens ein einträgliches Unternehmen
gemacht: In aufwendigen Fernsehshows werden
musikalische Superstars, Musical-Akteure, Top-
models oder Eiskunstläufer gesucht. Die Unter-
haltung für die Zuschauerin und ihren Mann
scheint vor allem im Prozess der Auslese zu
liegen.
Schönheit zu entdecken kann aber auch total
überraschend sein. Dann finden wir etwas, was
wir gar nicht suchten. Das haben wir alle schon
einmal erlebt: Im Restaurant ist das Lieblingsge-
richt ausverkauft, und wir müssen uns schnell
für etwas Neues entscheiden. Hinterher haben
wir ein neues Lieblingsgericht. Oder wir machen
auf einer Party, die wir eigentlich aus Pflichtge-
fühl besuchten, eine angenehme Bekanntschaft,
mit der wir nicht gerechnet haben. Mein Weg zu
Claudio Puntin führte über solche Seitengänge.
Vielleicht weiss ich deshalb meine drei Puntin-
Momente umso mehr zu schätzen.
Vieles nicht unter eigenem Namen
Klaus König ist ein Komponist, Arrangeur und
Big-Band-Leiter, der grosse Gesten, ironische
Volten und breit orchestrierte Ensembles liebt.
Trotzdem findet sich auf einem seiner Alben –
es handelt sich um «Songs & Solos» aus dem
Jahr 2000 – eine von zarten akustischen Gitar-
rentönen ummantelte Ballade. «The Food of
Love» ist ein sachtes Gespinst, das ganz von
einer sich leise einschleichenden Klarinette
getragen wird. Diese Töne schwingen sich so
geduldig und beharrlich empor, dass mein
Interesse für den Musiker, dem dieses Wunder
an Klangsensibilität gelungen ist, schlagartig
geweckt war. Von da an achtete ich auf alles,
was Claudio Puntin hervorbrachte. Da gab und
gibt es eine Menge zu entdecken. Vieles hat
Puntin gar nicht unter eigenem Namen publi-
ziert – da ist er vor allem im Duo mit dem
Kölner Saxophonisten Steffen Schorn hervorge-
treten –, sondern in den Bands und Projekten
von anderen Musikern, die wie er an den
Grenzen des Jazz zum Folk, zu Neuer Musik
oder zu freier Improvisation tätig sind. Da ist
die Band des Schweizer Schlagzeugers Lucas
Niggli namens «Big Zoom». Sie ist vor zwei
Jahren am Schaffhauser Jazzfestival auf-
getreten und hat einen der schönsten Puntin-
Momente hervorgebracht. Zu finden ist er auf
der CD «Celebrate Diversity» aus dem Jahr
2006 und findet sich in dem Stück «Schluss»,
das vielleicht wegen seines abrupten Endes so
heisst. Aus Gitarre und Posaune, die sich zu
Beginn vorsichtig abtasten, schält sich allmäh-
Donnerstag, 22. Mai 20.15 Kulturzentrum Kammgarn
Sepiasonic
ein wunder an KlangSenSibilität Meine drei Erlebnisse mit Claudio Puntin
Von Rolf Thomas
www.jazzfestival.ch 20 / 21
lich eine behutsam vorgetragene Klarinetten-
melodie heraus. Wenn sie hohe Töne erreicht,
klingen die nie spitz, sondern vorsichtig – als
ob jemand um die Ecke lugt und nicht gesehen
werden möchte. Es liegt so viel Stoff, so viel
Schönheit in diesen gemächlich vorwärts
schreitenden Tönen – man fragt sich, wo das
alles herkommt.
Ritterschlag dank «Rot ist mein Name»
Claudio Puntin wurde am 13. Oktober 1963 in
Zug geboren und erhielt schon mit zwölf Jahren
ersten Klarinettenunterricht. Neben einem
Musikstudium in Köln und Rotterdam hat er
auch eine Ausbildung als Goldschmied und
Schmuckgestalter in Luzern durchlaufen. In den
neunziger Jahren begann er, sich nicht nur als
Jazzmusiker, sondern auch als Theater- und
Filmkomponist bemerkbar zu machen. Das be-
gann 1994 mit der Musik für das Kinderstück
«Von Menschen, Tieren und anderen Instru-
menten» am Schauspielhaus Köln und endete
vorläufig mit dem Soundtrack zur Hörbuch-
fassung des Romans «Rot ist mein Name» von
Orhan Pamuk. Jüngst ist diese Musik unter
dem Namen «Rot» auch in voller Länge erschie-
nen – ohne Pamuks Worte. Das ist nicht nur
ein Ritterschlag für Puntins Schaffen, sondern
zeigt eben auch, wie sich Musik, die zur Beglei-
tung gedacht war, verselbständigen kann.
Nicht jeder Soundtrack kreiert seinen eigenen
Film im Kopf des Hörers, aber «Rot», eine faszi-
nierende Mischung aus europäischen Komposi-
tionstechniken und orientalisch klingender
Melodik, hat das Zeug dazu.
Dass die Klarinette in der über hundertjährigen
Geschichte des Jazz fast immer so etwas
wie eine Randerscheinung war, scheint Claudio
Puntin nie gestört zu haben. «Ich bin von der
europäischen Tradition des Klarinettenspiels
geprägt worden», hat er einmal gesagt. «Diese
Melancholie im Ton hat mich in meiner Jugend
sehr beeinflusst. Die Paarung dieses Ausdrucks
mit verschiedensten Arten der Improvisation,
meist jedoch in einem zeitgenössischen Sinne,
ist es, was mich an diesem Instrument reizt.»
Der dritte Puntin-Moment, von dem ich erzählen
möchte, ist noch ziemlich neu. Er kommt
wieder aus einer ganz anderen Ecke, nämlich
aus einem eher introspektiven Kammerjazz-
Verständnis. Das Quartett des jungen Pianisten
Wolfert Brederode hat im letzten Jahr die CD
«Currents» veröffentlicht. Hier ist es das Auf-
taktstück, «Common Fields», das einen gleich
in seinen Bann zieht. Es basiert auf einer eher
simplen Klavierfigur, die einen aber durch ihre
an Minimal Music erinnernde Wiederholungs-
technik hypnotisch in ihren Sog zwingt. Und
wieder kommt dieser Klarinettenton wie aus
dem Nichts. Diesmal über einem swingend pul-
sierenden Beat gelegt – gespielt übrigens von
Samuel Rohrer, der ja auch in Schaffhausen mit
Claudio Puntin zu hören sein wird –, erarbeitet
sich Puntin eine Melodie, die weich ihre Flügel
ausbreitet und wie ein lebendes Wesen über der
Musik zu schweben scheint.
In einem mit zappaeskem Witz brachial ausge-
statteten grossen Ensemble, in einem eigentlich
harschen, der Avantgarde verpflichteten Quin-
tett, in einem elegisch swingenden Jazz-Quar-
tett – überall funktioniert dieser Ton, injiziert
eine Portion Wärme, Zurückhaltung und Wunder.
Dass dann irgendwann jeder etwas davon ab-
haben möchte, ist fast schon logisch: Auf dem
Filmsoundtrack «Jenseits der Stille» ist Claudio
Puntins Klarinette genauso zu hören wie zu-
sammen mit dem Rundfunkorchester des WDR
oder im King of Swing Orchestra, das dem
Swing-König und exzellenten Klarinettenspieler
Benny Goodman huldigt.
Ziemlich viele Preise
Es gibt einen alten Klarinettenwitz. Was ist
schlimmer als eine Klarinette? Zwei Klarinetten.
Die Pointe trifft Claudio Puntin nicht, denn
mit der als unangenehm empfundenen klebrigen
Süsse, die das Instrument auch verbreiten
kann, hat er nichts zu tun. Sein Ton ist nicht
geschwollen, sondern klar, seine Melodien
atmen keinen Zucker, sondern Leichtigkeit.
Die musikalischen Landschaften, in die Claudio
Puntin sich begibt, sind herb und nicht süss.
Vielleicht ist es ja das handwerkliche Geschick
des Schmuckdesigners, die seine musikalischen
Beiträge so rund erscheinen lassen. Von Schwer-
fälligkeit ist bei Claudio Puntin jedenfalls
nichts zu spüren. Die gleichmässige Artikula-
tion, die sein hochvirtuoses Spiel so schwere-
los erscheinen lassen, scheint Erdenschwere
nicht zu kennen. Dabei hat er die Welt schon
mehr als einmal umrundet: Tourneen führten
Claudio Puntin durch Afrika, durch Nord-, Süd-
und Mittelamerika, auf Festivals von Vancouver
bis Willisau, von Berlin bis Bangkok hat er
gespielt. Die Synthese aus Konzentration und
Ausdruck, die sich in seinem Spiel wie unter
dem Brennglas verdichtet, hat er sich dabei
bewahrt. Die Anerkennung, die sich Claudio
Puntin international längst erspielt hat, kommt
allmählich auch in seiner Heimat an. Zum
Teil liegt diese Verzögerung daran, dass Puntin
nach seinem Musikstudium in Köln geblieben
ist und in der Schweiz nicht mehr so präsent
war . Die Zusammenarbeit mit Schweizer Musi-
kern betreibt er aber nach wie vor. Jedenfalls
hat nun auch die Schweizer Zeitung «Der Bund»
festgestellt, dass es neben Puntin gegenwärtig
keinen anderen Klarinettisten geben dürfte, der
so virtuos und mit derart übersprudelnder
Spielfreude über ein so beeindruckendes Aus-
drucksspektrum verfügt.
In Preisen äussert sich diese Anerkennung
schon länger. Die sollen hier gar nicht alle auf-
gezählt werden, denn erstens sind es viel
zu viele und zweitens haben sie für ausserhalb
des Musikbetriebs Stehende auch oftmals
nur geringe Aussagekraft. Doch zwei davon sind
einfach zu schön: Da wäre einmal der WDR-
Jazzpreis, den Claudio Puntin im Jahr 2004
erhalten hat, als er zum ersten Mal verliehen
wurde. Der zweite gefällt mir fast noch besser:
1994 war Claudio Puntin «Southern Comfort
Jazzmusician of the Year». Prost!
✱ www.sepiasonic.com
Es liegt so viel Stoff, so viel Schönheit in diesen gemächlich vorwärts
schreitenden Tönen – man fragt sich, wo das alles herkommt.
INSERAT
INSERAT
Für das Jazzfestival-Plakat 2008 hat da OK
Velimir Ilisevic, den serbischen Künstler,
der in Stein am Rhein lebt, angefragt.
Ilisevic ist ein traditioneller Maler und ein
sehr emotionaler Künstler. Er ist überzeugt
davon, dass gute Kunst die Menschen
berühren, erschüttern muss. Egal ob dies
Malerei, Literatur oder Musik sei.
Velimir Ilisevic kam 1989 in die Schweiz – nicht
als Flüchtling, sondern der Liebe wegen. Edina,
seine zukünftige Frau, lebte in Ramsen. In der
Schule hatte er etwas Deutsch gelernt, doch das
hat ihm wenig geholfen. Rückblickend meint er:
«Es war eine seltsame Zeit. Plötzlich wurden die
einfachsten Gewohnheiten zu einem Problem.
Zum Beispiel konnte ich nicht einfach in ein
Café gehen und die Zeitung lesen, das gehörte
für mich jedoch zur persönlichen Freiheit.»
Dank Seppel Gnädinger
Damals sah sich Ilisevic noch nicht als Künstler,
obwohl er bereits in Novi Sad gezeichnet und
gemalt hatte. In Ramsen wurde er mit Seppel
Gnädinger zusammengebracht – ein Glücksfall,
die beiden verstanden sich. «Seppel wusste,
was es hiess, in der Fremde zu sein, er kannte
dieses Gefühl.» Der alte Mann ermunterte ihn,
weiter zu machen, und half ihm mit seinen
Kontakten bis zur Kunstgewerbeschule. Nach
dem Vorkurs war für Ilisevic klar, dass er malen
wollte, malen musste.
Das war 1993, ein Jahr später wurde Sohn Ogujen
geboren und 1998 dann Sara. Die Familie ist
mehrmals umgezogen, und immer musste sich
Velimir wieder Platz für die Malerei suchen.
Einmal war das ein Zimmer in der Wohnung,
dann ein Atelier in einem Abbruchobjekt und
schliesslich der Kellerraum im Mehrfamilien-
haus. «Das war eigentlich ok», meint der Künstler
rückblickend, «ich war sehr aktiv als Maler
und konnte trotzdem zu Hause sein, nahe bei
den Kindern.» Dass er immer auch einen Brotjob
hatte, sei es im Gastgewerbe, auf dem Bau oder
in der Fabrik , erwähnt er nur nebenbei. Seine
Frau hat natürlich immer mitverdient.
Das eigene Atelier
Seit 2005 hat Velimir Ilisevic ein eigenes Atelier.
Tina Grütter, die ehemalige Leiterin der Kunst-
abteilung im Museum zu Allerheilgen, hatte die
Idee, den Schopf ihres Steiner Domizils in ein
Atelier umzuwandeln. «Als sie mich gefragt
hat, ob ich es mieten würde, habe ich sofort ja
gesagt, denn irgendwie ging es nicht mehr im
Keller.»
Seit dem letzten Herbst wohnt die Familie auch
in Stein, und anstatt ins Atelier pendelt Ilisevic
heute ins Museum, wo er als Aufseher arbeitet.
Eine Tätigkeit, die nicht mehr so weit entfernt
von seinem übrigen Leben sei, und ihm
trotzdem viel Raum für sich gebe, erklärt er.
Als Maler hat sich Ilisevic mit den verschie-
densten Stilen befasst und vieles ausprobiert,
um sich zu beweisen, dass er es kann. Heute ist
seine Kunst sehr reduziert. Meist arbeitet
Ilisevic in Serien. Immer wieder bearbeitet
er ein Sujet neu und macht dabei oft überra-
schende Entdeckungen. Am Anfang steht die
Skizze, denn «ein Maler muss gut beobachten
und zeichnen können».
In seiner Malerei entwickle sich vieles unbe-
wusst, sie sei emotional und spontan, erklärt
er. «Ich versuche mich an den ersten Impuls zu
19. Schaffhauser Jazzfestival Künstler-Portrait
Velimir iliSeVic« Kunst muss erschüttern»
auSStellungen 2008/2009
November – Dezember 2008
«7 parallel 7» MOYA, Wien
Februar – Juni 2009
Städtisches Kunstmuseum Singen
Kunstverein Ellwangen,
Werkhalle OXYD, Winterthur
(alle drei mit Eckhart Froeschlin)
halten und ich variiere diese. Dann wähle ich
einen Entwurf aus und beginne zu malen. Es
kommt die Materie, die Farbe dazu, das Bild
entwickelt sich.» Velimir Ilisevics Bilder sind
abstrakt, doch dahinter steht immer eine
konkrete Idee. Er hofft, dass sie bei den Betrach-
tern etwas auslösen, sie dazu bewegen, sich
Gedanken zu machen.
Mit DRS2 am Festival
Musik hiess für Velimir Ilisevic zu Beginn vor
allem Rockmusik. Er war ein begeisterter
Sammler von Platten. Heute hört er sich vieles
an, nur allzu experimentell Töne mag er
weniger. «Ich bin ein DRS2-Hörer. Ich mag die
Abwechslung und ich mag es auch, wenn
mir die Musik erklärt wird. So habe ich viel
über Musik gelernt. Live war ich noch nie am
Schaffhauser Jazzfestival, aber als DRS2-Hörer
schon öfter.» Mit dem Jazzfestival Plakat habe
ich ein Thema umgesetzt, das ich schon eine
Weile im Kopf hatte. Es hat mit dem Musikma-
chen zu tun.»
✱ www.ilisevic.com
✱ Barbara Ackermann ist Projektleiterin
beim Arbeiterhilfswerk Schaffhausen,
freie Journalistin und Mitglied im OK
des Jazzfestivals Schaffhausen.
www.jazzfestival.ch 24 / 25
KurzbiOgrafie
Geboren am 1. September 1965 in Sisak
(heute Kroatien)
Aufgewachsen in Prijedor
(Bosnien und Herzegowina)
Studium an der Technischen Hoch-
schule und längerer Aufenthalt in
Novi Sad (Serbien), wo das Interesse
für die Kunst zur ernsthaften
Auseinandersetzung wird.
1989 Übersiedlung in die Schweiz
Seit 2002 Technische Betreuung des
Nachlasses des Schweizer Künstlers
Wilfrid Moser.
2004 Studienreise nach Paris
Seit 2007 Zusammenarbeit mit Galerie
Römer Fine Art Zürich .
Lebt mit seiner Familie in Stein am
Rhein, Schweiz.
INSERAT
INSERAT
19. Schaffhauser Jazzfestival
prOgramm freitag 23. mai 2008
Freitag, 23. Mai 20.15
Kulturzentrum Kammgarn
in tranSitJürg Solothurnmann
Jürg Solothurnmann, saxes
Michael Jefry Stevens, piano
Daniel Studer, kontrabass
Dieter Ulrich, schlagzeug
Ein Ohrenöffner: Vier Musiker reisen
durch wechselnde Klanglandschaften
Die Musik auf der neuen CD «moving stills» des
Quartetts «In Transit» erinnert an eine Zugfahrt:
Landschaften, städtische und ländliche, ziehen
vorüber. Der Blick hinaus formt immer wieder
kurz ein geschlossenes Bild, das sich mit
frischen Elementen stetig neu zusammensetzt.
Die vier Musiker von «In Transit» schöpfen
aus einem reichen Erfahrungsschatz: Der
Berner Jürg Solothurnmann (1943), ein Doyen
der Schweizer Jazzszene, und der New Yorker
Michael Jefry Stevens (1951) haben sich schon
in allen Varianten von Jazz und dessen Misch-
formen bewegt. Die beiden Zürcher Mitspieler,
der Bassist Daniel Studer und der Schlagzeuger
Dieter Ulrich, gehören zu den erfahrensten
Schweizer Musikern an der Schnittstelle von
Komposition und Improvisation. Ulrich verleiht
in diesem Bereich seit Jahren unzähligen
Gruppen mit seinem intelligenten und leiden-
schaftlichen Spiel Architektur und Spannung.
Und Daniel Studer ist ein bis in anspruchsvollste
Spieltechniken hinein präziser Bassist mit
starker Präsenz und formalem Bewusstsein.
Deshalb klingt die Musik von «In Transit»,
die nicht notiert ist, trotz ihrer Vielfältigkeit
wie aus einem Guss: Gleichberechtigt steuern
alle Instrumentalisten Ideen bei, die aufge-
nommen, erweitert und transformiert werden
und den Eindruck eines «Kollektiv-Körpers»
erwecken. Es ist erstaunlich, wie sich hier indi-
viduelle Präsenz in den kollektiven Plan
einfügt. Die im Moment geborenen Stücke gehen
von kleinen Motiven, Themen und Rhythmen
aus und werden im Zusammenspiel entwickelt –
hinein in die Tiefe des Raumes, ein bildneri-
scher Prozess in Echtzeit. Man merkt dieser
Musik an, dass sich die Protagonisten mit
musikalischer Formgebung beschäftigt haben,
weit über den Jazz hinaus. Anton Webern
kommt einem in den Sinn, aber auch die Klein-
formationen der Saxophonisten Steve Lacy
oder John Tchicai.
Michael Jefry Stevens verfügt am Piano über
ein immenses Spektrum, spielt subtil mit Ein-
würfen, die dem Kollektiv Fenster öffnen, ent-
wickelt feinsinnig Gegenstrategien, kann aber
auch attackieren und neue Energieebenen
aufbauen. Der Alt- und Sopransaxophonist
Solothurnmann spielt reduziert, mit grossen
Intervallsprüngen und lange ausgehaltenen
Tönen. Er lässt Raum und erinnert an einen
Bildhauer, der mit Laserstiften Formen in die
Luft zeichnet und flüchtige Verbindungen
zwischen Himmel und Erde schafft. «Ich liebe
Einfachheit ohne Banalität und das intuitive
Spiel, aber mit wachem Bewusstsein und Refle-
xion», sagte er in einem Interview mit Christian
Rentsch. Genau so klingt «In Transit».
Mehr Informationen über Jürg Solothurnmann
finden Sie auf Seite 33 bis 35.
Freitag, 23. Mai 21.30
Kulturzentrum Kammgarn
fanny anderegg Quartet
Vincent Membrez, piano
Luigi Galati, drums
Peter Gossweiler, bass
Fanny Anderegg, voice
Magische Songs und eine Stimme,
die ins Herz trifft
Der Jahrgang 2008 könnte zum Festival der
Frauen werden: Mit der Bieler Chanteuse Fanny
Anderegg steht bereits die vierte Frau im Zen-
trum des Geschehens. Diese Stimme bringt
Steine zum Schmelzen.
«Wir verbergen uns in der Musik, um uns zu
enthüllen». Dieses Zitat von Jim Morrison, dem
Sänger der «Doors», steht als Erstes auf Fanny
Andereggs Webseite. Zitat und Person sind sicher
kein Zufall: Der Sänger und Texter Morrison,
eine Ikone der sechziger Jahre, hatte eine starke
Beziehung zur Lyrik, die er in oft düstere, aber
immer magische Songs verpackte. Bei Fanny
Anderegg ist die Magie geblieben; aber der Sog
ins Düstere ist dem beschwingten und leisen
Flug der Schwalbe gewichen.
Die 28 Jahre alte Fanny Anderegg studierte
Gesang, Klavier und Orgel an den Konservato-
rien Biel, Montreux und Basel, wo sie ihre
Gesangslehrerin Susanne Abbühl kennenlernte,
die bei der renommierten Firma ECM unter
Vertrag steht. Wie ihre Mentorin schreibt Ander-
egg mit den Musikern ihrer Band zusammen
eigene Songs und hat eine starke Affinität zu
Poesie. So stiess Fanny Anderegg auf die
Gedichte der rätoromanischen Lyrikerin Luisa
Famos (1930 – 1974); drei von ihnen vertonte
sie auf ihrer ersten CD «la figlia dal vent» subtil.
Dazu kamen eigene Beiträge sowie Texte der
Amerikanerin Emily Dickinson. So singt Fanny
Anderegg in Rätoromanisch, Englisch, Franzö-
sisch und – wer weiss – in Schaffhausen
vielleicht gar auf Deutsch.
Doch die Chanteuse ist nicht allein, sie hat
ein ausgezeichnetes Klaviertrio im Rücken. Die
drei Musiker Vincent Membrez, Peter Gossweiler
und Luigi Galati haben die seltene Gabe,
mit wenigen Noten Stimmungen kreieren zu
können – eigentliche Schwebezustände, die
gleitend in den Jazz oder Folk umkippen oder
plötzlich Fahrt aufnehmen können. Hier hat
vieles Platz, aber nicht alles will ausgespielt
sein: Reduktion zugunsten des Songs ist Pro-
gramm. Lyrischen Momenten wird mehr
Bedeutung zugemessen als Virtuosität. Dieses
Quartett hat über die letzten Jahre einen
intimen Dialog aufgebaut und weiss die fein-
fühlige Interaktion auch auf der Bühne zu
pflegen: Das hat eine magische Dimension.
Es ist ein musikalischer Ansatz, der nahe bei
den Chansonniers und Songwritern liegt
und an Norah Jones erinnert.
Fanny Anderegg reiste bereits nach Indien, um
Gesangstechniken zu studieren. Die Songs auf
ihrer kürzlich auf «Altri Suoni» erschienen CD
«Le 8ème jour» hat sie auf dem Jakobsweg kom-
poniert, auf dem sie sechs Wochen lang unter-
wegs war. Sie ist eine neugierige Nomadin und
besitzt die Gabe, die Erfahrungen ihrer Reisen
in der Innen- und Aussenwelt zu musikalischen
Schmuckstücken zu formen. Über Musik hat
man oft Zugang zu einer bestimmten Emotion,
die man sonst aus sich selbst heraus erschaffen
müsste. Die Emotionen dieser Musik nisten im
Herzen.
✱ www.fannyanderegg.ch
www.jazzfestival.ch 28 / 29
Das Konzert von Fanny Anderegg Quartet wird gefördert durch das Migros Kulturprozent.
Freitag, 23. Mai 23.00
Kulturzentrum Kammgarn
thOmaS SilVeStri Quintet
Thomas Silvestri, piano, composition
Michael Gassmann, trumpet
Ewald Hügle, tenorsax, sopransax
Heiner Merk, bass
Tony Renold, drums
Jazz vom Feinsten über
originellen Kompositionen
Endlich: Thomas Silvestri und seine Band stehen
wieder auf der Festivalbühne. Sie taufen die
neue CD «les sirènes», die zweite dieser Gruppe
in fast unveränderter Besetzung. Hier passt
die Definition des Schlagzeugers Art Blakey wie
angegossen: «Jazz ist, wenn es swingt». Es gibt
Musiker, die die Erneuerung des Jazz-Idioms
aus der Tradition heraus betreiben. Sie interpre-
tieren einzelne Epochen aus heutiger Sicht
und ohne Schnickschnack neu: Thema-Solo-
(Zwischenteil)-zweites Solo-Thema-Punkt. Man
lässt sich dieses Format gerne gefallen, wenn
es mit der Leidenschaft des Thomas Silvestri
Quintet gespielt wird. Hier hört man keine
Jazzschulabsolventen, die ein wenig in der
Historie herumstöbern, sondern Musikanten im
eigentlichen Sinne. Deshalb klingt die Musik
frisch und hat – mit Verlaub – die Eier, die zum
Jazz gehören. Vor neun Jahren war Silvestris
Combo der grosse Abräumer des Festivals.
Christian Rentsch schrieb damals im «Tages-
Anzeiger»: «Da ist auf einen Schlag, fast aus
dem Nichts, eine der besten Jazztruppen der
letzten Jahre entstanden. Attraktive, originelle
Themen, glänzende Solisten, eine swingende
Rhythmusgruppe, die den Solisten durch die
immer wieder anders gelagerten Spannungsbö-
gen folgt – Thomas Silvestri hat mit seiner
Gruppe und seinen Kompositionen einen Coup
gelandet.» Der fulminante Auftritt bescherte
Silvestri einen veritablen Karrieresprung. Die
Band spielte unter anderem am JazzNoJazz in
Zürich, an den Musikfestwochen in Winterthur
und in Cannes. Seit Jahren ist der 43-Jährige
ein gefragter, rhythmisch ungemein präziser
Pianist, der erfindungsreich solieren kann, was
er besonders in der Gruppe von Rodrigo Botter
Maio «Jazz via Brasil» zeigt. Eine zweite
Schiene bilden Silvestris subtile Beiträge als
Sideman der Jazz-Sängerinnen Marianne
Racine, Peggy Chew und Othella Dallas.
Wenn gefragte Musiker noch Zeit zum Kompo-
nieren finden, ist das ein Glücksfall. Der Förder-
preis von Stadt und Kanton Schaffhausen 2006
hat dafür eine ideale Basis gelegt. Die Komposi-
tionen auf der neuen CD unterscheiden sich
nicht grundsätzlich von denen auf «agua
amarga» von 1999. Reverenzen an den Jazz
des Miles Davis Quintet der sechziger Jahre
oder an Keith Jarrets Werke mit Kenny Wheeler
schwingen mit. Doch Thomas Silvestri strebt
eine stärkere rhythmische Kompaktheit an.
Er setzt der Abstraktion der Vorgänger eine
konkrete Linienführung, Zwischenteile und gut
getimte Stimmungswechsel entgegen. Und die
alten Kumpanen wie der Trompeter Michael
Gassmann – selbst ein erfolgreicher Bandleader,
der problemlos zwischen Expression und
konturierter Lyrik pendelt setzen von neuem
Glanzpunkte. Besonderes Ohrenmerk verdie-
nen die Beiträge von Ewald Hügle an Tenor- und
Sopransaxophon. Kaum jemand zwischen
Stuttgart und Chiasso hebt die Schwerkraft der
«changes» so locker auf. Mittlerweile gibt
es zahllose Definitionen, was Jazz sein soll.
Längst wächst nicht immer das angesagte
Gemüse unter dem Etikett. Bei Thomas Silvestri
schon: Wenn Jazz auf dem Beutel steht, ist Jazz
drin!
✱ www.thomassilvestri.ch
19. Schaffhauser Jazzfestival freitag 23. mai 2008
Freitag, 23. Mai 17.00 – 19.00
Kulturklub Haberhaus
JazzgeSpräche Obenauf oder untendurch? Über die
Berufsaussichten als JazzmusikerIn
Viele Jazzmusiker leben am Rande des Exis-
tenzminimums. Wie, so lautet die Frage,
können JazzmusikerInnen ihre Arbeits- und
Lebensbedingungen verbessern? Und was
können oder könnten Jazzschulen dazu
beitragen, um ihre Schüler besser auf ihre
Berufslaufbahn vorzubereiten?
Referat✱ Chris Wiesendanger Pianist, Komponist:
«Man lebt so schlecht und recht! 25 Jahre auf
der Szene – ein Rückblick»✱ Matthias Läubli fasst die Ergebnisse seiner
Studie «Traumberuf Musiker? Evaluation der
Jazzausbildung an der Musikhochschule
Luzern» zusammen
Diskussion ✱ Pirmin Bossart Journalist mit
Chris Wiesendanger, Hämi Hämmerli, Leiter
der Abteilung Jazz an der Musikhochschule
Luzern, und Beda Viviani, Studierendenver-
treter an der Musikhochschule Luzern
Freitag, 23. Mai 23.00
Kulturklub Haberhaus
elina duni Quartet
Elina Duni, voc
Colin Vallon, piano
Bänz Oester, kontrabass
Norbert Pfammatter, schlagzeug
Mehr Infos auf Seite 5.
Freitag, 23. Mai 24.00
TapTab Musikraum
leO tardin «grand pianOramax feat. miKe ladd»Leo Tardin, keyboards
Mike Ladd, spoken word, rap
Dominik Burkhalter, drums
Mehr Infos auf Seite 4.
www.jazzfestival.ch 30 / 31
Beiträge von Christoph Baumann, Christian
Broecking, Richard Butz, Marianne Doran,
Beatrice Graf, Barbara Gysi, Hämi Hämmerli,
Lukas Heuss, Roland E. Hofer, Toni J. Krein, Urs
Leimgruber, Christoph Merki, Andreas Müller-
Crepon, Frank von Niederhäusern, Christian
Rentsch, Isolde Schaad, Daniel Schneider, Urs
Schnell, Daniel Schnyder, Martin Schütz, Lisette
Spinnler, Priska Walss, Peter Weber, Omri
Ziegele, Peter Rüedi
Fotos von Francesca Pfeffer und Peter Pfister.
Herausgegeben von Patrik Landolt
und Urs Röllin
Chronos Verlag, 2007, Zürich,
ca. 150 Seiten, Fr. 25.–
In der Schweiz ist eine der spannendsten
Jazzszenen Europas herangewachsen mit
namhaften MusikerInnen, zahlreichen
Spielstätten, Festivals, international tätigen
Jazzlabels und mehreren Jazzschulen. Nach
einer langen Ära der Pioniere institutio-nali-
siert sich die Schweizer Jazzszene.
Was bedeuten diese Prozesse
für die MusikerInnen?
Für die Entwicklung der Musik?
Für das Publikum?
Für die Kulturförderung?
Die Schaffhauser Jazzgespräche
bündeln den Stand der Debatte.
Die Referate und Diskussionen der Jahre 2005
und 2006 liefern Zusammenhänge, Daten und
Material. Sie zeigen das hohe Reflexionsniveau
der Szene, machen aber auch Defizite deutlich.
Denn letztlich geht es darum, die Diskrepanz
zwischen der Kreativität der MusikerInnen, der
Vitalität des Jazz und der mangelnden Aner-
kennung, die sich in den Förderungszahlen
manifestiert, zu beheben und so dem Jazz in
der Schweiz eine Perspektive zu geben.
Infos Edition 1 siehe www.intaktrec.ch
publiKatiOn«Schaffhauser Jazzgespräche» Edition 2
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Das Buch Schaffhauser Jazzgespräche Edition 1 und 2 kann in jeder guten Buchhandlung oder per Mailorder bezogen werden:
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INSERAT
19. Schaffhauser Jazzfestival freitag 23. mai 2008
Freitag, 23. Mai 20.15 Kulturzentrum Kammgarn
In Transit
Jürg SOlOthurnmann: blicKe über den tellerrand hinauSSie spielen schon seit Jahren zusammen, haben auch schon einige wenige Konzerte
gegeben und mit «Moving Stills» eine hervorragende CD eingespielt. Dennoch ist
das Quartett «In Transit», das Jürg Solothurnmann mit dem amerikanischen Pianisten
Michael Jefry Stevens initiiert hat, für die Schweizer Jazzszene immer noch eine
Neuentdeckung. Ein Porträt des Berner Saxophonisten.
Von Christian Rentsch
www.jazzfestival.ch 32 / 33
Er gehört seit Jahrzehnten zum Inventar der
Schweizer Jazzszene, als Musiker ebenso wie
als Radiomann, als Journalist ebenso wie als
unentwegter Aktivist hinter den Kulissen. Jürg
Solothurnmann ist Mitbegründer und zeitweili-
ger Präsident der Musikerkooperative Schweiz,
dem heutigen Schweizer Musiksyndikat SMS,
Mitbegründer der WIM Bern, des Jazzlabels
Unit und Mitorganisator von Konzerten und
Festivals.
Der gelernte Historiker und Musikwissenschaft-
ler, der sich an der Swiss Jazz School in Bern
und an der Indiana University in Bloomington
das Rüstzeug zum Musiker holte, dachte schon
ganzheitlich, längst bevor der Begriff seine
modische Karriere antrat: Jürg Solothurnmann
ist ein Jazzmusiker, der sich mit gleichem Elan
auch für die Schweizer Folklore, für ethnische
Musik und die klassische Moderne des 20. Jahr-
hunderts interessiert. Er hat in Dutzenden von
Gruppen gespielt, immer wieder eigene
Projekte angepackt und sich zugleich um das
Fortkommen der ganzen Jazzszene gekümmert.
Gegen das «Gärtlidenken»
«Ich bin halt neugierig», sagt er, und: «Ich will
etwas bewegen. Wenn es der Jazzszene gut
geht, geht es mir ja auch besser.» So wie er es
sagt, klingt es schon fast wie eine Entschuldi-
gung für all diejenigen Kollegen, die musika-
lisch enger denken und keine Zeit haben, sich
um mehr als ihr eigenes Fortkommen zu
kümmern.
Mag sein, dass ihm einiges in die Wiege gelegt
19. Schaffhauser Jazzfestival freitag 23. mai 2008
wurde und anderes eben nicht. Seine Eltern
hatten es mit der Volks- und der klassischen
Musik, ein Onkel spielte in Schalunen in der
Tanzkapelle Affolter, und so lernte der junge
Solothurner schon früh Akkordeon spielen und
Klavier, auch Banjo und (bei den Kadetten) die
Marschtrommel. Zu Jazz und Blues kam er erst
im Gymnasium, zum Saxophon sogar erst als
junger Student. Andererseits: «Mir war klar,
dass ich kein Genie bin wie Charlie Parker oder
John Coltrane, dass ich also nicht ausschliess-
lich auf eine Musikerkarriere setzen kann,
wenn ich in der Schweiz überleben will.» So
wurde er Praktiker und Theoretiker, Musiker
und Musikjournalist.
Mitte der sechziger Jahre begann Jürg Solothurn-
mann parallel zu seiner Saxophon-Ausbildung
als freier Kultur- und Musikjournalist für
diverse Tageszeitungen und Fachzeitschriften
zu schreiben. 1968 machte er seine erste Jazz-
sendung für das Schweizer Radio; allerdings
dauerte es noch Jahre, bis die Radioverantwort-
lichen dem Jazz ausreichend Platz im Programm
einräumten und den freien Mitarbeiter als Musik-
redaktor einstellten. Mit dem Radiopionier und
Jazzförderer Lance Tschannen entwickelte er
das Sendegefäss «Neues vom Jazz», das dem
aktuellen Jazz erstmals im Schweizer Radio ein
prominentes Forum gab; in weit über 1000 Sen-
dungen hat er seither Musiker porträtiert und
interviewt, Festivals kommentiert, neue Ten-
denzen der amerikanischen und europäischen
Avantgarde vorgestellt und analysiert, aber sich
auch mit aussereuropäischer Musik, europäi-
scher Folklore und Neuer Musik auseinander-
gesetzt. Bei den zahlreichen Reformen der Pro-
grammstruktur plädierte Solothurnmann – aller-
dings vergeblich – immer wieder für die Ab-
schaffung der rigiden Programmsparten: «Das
‹Gärtlidenken› entspricht in keiner Weise der
realen Entwicklung der zeitgenössischen Mu-
sik», meint er zu Recht, «dort gibt es seit 50
Jahren zahlreiche Bezüge und Überschneidun-
gen zwischen Jazz, Neuer Musik, Folklore und
ethnischer Musik; das enge Spartendenken
unseres Radioprogramms aber sorgt dafür, dass
ausgerechnet diese spannendste Errungenschaft
der aktuellen Musik zu einem Grenzbereich wird,
für den keine der verschiedenen Musikredaktio-
nen wirklich zuständig ist.» Jetzt ist Solothurn-
mann bei Radio DRS in Pension gegangen.
Rückgriff auf die heimische Folklore
Als Musiker aber hat sich Jürg Solothurnmann
seit je gerade in diesen «Grenzbereichen»
bewegt. Schon als junger Jazzsaxophonist
spielte er in einer der ersten Schweizer Latin-
und Salsa-Bands («Camäleon»); oder in der
Blues-Band von George Steinmann. Und noch
heute versteht er es als Glücksfall, dass er
in Bern bei Sandor Veress studieren konnte,
einem Schüler von Bartok und Kodaly, von
Komponisten der zeitgenössischen Moderne
also, die sich zugleich intensiv mit ihren
heimischen Folkloren befassten und sich davon
inspirieren liessen. So war es wohl auch kein
Zufall, dass er in den achziger Jahren zusam-
men mit dem Zuger Trompeter Hand Kennel die
«Alpine Jazz Herd» mit begründete, eine der
ersten Schweizer Jazzformationen, die sich
intensiv mit der Schweizer Folklore auseinan-
dersetzten, alte Zäuerli und Nüssler, Chüe-
rei-heli und Jützli ausgruben und jazzmässig
bearbeiteten. Später erwachte, durch Tourneen,
Workshops und Auftritte mit dem Flötisten
und Pianisten Harry Tavitian oder der Folkrock-
Jazzband Shabah angeregt, ein leidenschaft-
liches Interesse an der Musik des Balkans, vor
allem derjenigen Rumäniens. «Was mich an
der Volksmusik vor allem fasziniert», sagt Solo-
thurnmann, «ist ihre vokale Qualität und
vor allem, bei aller Raffinesse und enormen
Nuanciertheit etwa in der Tonbildung, die
grosse Schlichtheit – was man beides ja auch
im schwarzen Freejazz etwa von Don Cherry
oder Ornette Coleman findet: Dass man Dinge
so einfach wie möglich sagt, ohne auch nur
im Geringsten banal zu werden.»
Parallel dazu näherte sich Solothurnmann auch
dem Freejazz, allerdings nicht wie viele andere
in einer radikalen Wende, sondern, wie er sagt,
«step by step»: «Als Musikhörer habe ich mich
schon früh für den Freejazz begeistert, als
Musiker aber brauchte ich einfach meine Zeit,
bis ich parat war, diese Musik auch selber zu
spielen.» Heute hat Solothurnmann, immer auch
ein bedächtiger, scharf reflektierender Analy-
tiker, da auch einige Vorbehalte: «Oft wird
dieses freie Sich-Ausspielen auf die Dauer einfach
etwas zu banal, es hat zu wenig Hand und Fuss
und bringt die musikalischen Gedanken nicht
auf den Punkt. Oft fehlt mir ein klares Struktur-
bewusstsein, etwa dass man einem etwas
«Ich will etwas bewegen. Wenn es der Jazzszene gut geht, geht es mir ja auch besser.» Jürg Solothurnmann
amorphen Melodienfluss ein klares, repetitives
Motiv unterlegt. Oder dem musikalischen
Geschehen eine prägnant andere Richtung gibt.
Oder etwas noch einmal aufgreift und so dem
Ablauf eine spontan orchestrierte Form gibt.
Strukturen sind wichtig für mich.»
Die Begegnung mit Michael Jefry Stevens
Allerdings: So offen er auch immer gegenüber
dem Neuen, dem Fremden war, so blieb er doch
immer auch den «Roots» verbunden, der Jazz-
tradition. So spielte er denn immer wieder auch
mit Musikern, die auf ihren musikalischen Fahr-
ten ins Freie sehr bewusst von den Errungen-
schaften, den Spiel- und Arrangiertechniken,
der Formensprache des Bebop und Hardbop aus-
gingen. Dazu gehörten etwa die Saxophonisten
Urs Blöchlinger und Kurt Grämiger, der Schlag-
zeuger Dieter Ulrich, der Bassist Jacques Siron
oder der Pianist Christoph Baumann.
Zu diesen Musikern gehört auch der 57-jährige
amerikanische Pianist Michael Jefry Stevens,
der in der New Yorker Down-Town-Szene der
80er Jahre mit dem Mosaic Sextet (unter
anderem mit dem Trompeter Dave Douglas und
dem Violinisten Mark Feldmann) und später mit
der Joe Fonda/Michael Jefry Stevens Group
bekannt geworden ist. Auch er bezieht sich in
seinen Kompositionen immer wieder auf die
Tradition, benutzt neben Freejazzelementen,
Cecil Taylor’schen Clusters und expressiven
Klangeruptionen immer wieder auch traditio-
nelle Songformen, eingängige Riffs und
konventionell swingende Rhythmen. Und auch
er ist einer, der in Strukturen denkt, komplexe
Formabläufe liebt, auch wenn er im Konzert
freier mit ihnen umgeht, sie gleichsam verflüs-
sigt, ausdehnt oder verkürzt, untereinander
austauscht oder übereinander lagert. Auch bei
ihm zählt, wie bei Solothurnmann, letztlich
das, was man als «Wahrhaftigkeit des Moments»
bezeichnen könnte, mehr als die sklavische
Ausführung einer vorgefertigten Idee.
«Wir haben uns vor acht Jahren anlässlich eines
Konzerts kennengelernt», erzählt Solothurn-
mann. «Ich konnte mit ihm ein Interview machen,
und wir fanden sofort einen sehr guten Draht
zueinander. Dann haben wir zusammen ge-
spielt und merkten, dass wir gern miteinander
arbeiten möchten. Wir haben dann oft, wenn er
in Europa war, mit dem Schlagzeuger Dieter
Ulrich und dem Bassisten Daniel Studer geprobt
und gearbeitet.» Und: «Zuerst wollte Michael
konventioneller spielen, Songformen mit
Themen, aber dann fanden wir heraus, dass wir
das auch lassen können, dass wir alle vier
leicht mit adhoc entstehenden Strukturen und
Formen umgehen können. So ist «In Transit»
vermutlich die kühnste, freieste Gruppe aller
Ensembles, in denen Michael spielt.»
✱ Christian Rentsch ist freier Journalist und
gehört zu den bestinformierten Jazzkriti-
kern der Schweiz. Er leitete während Jahren
die Kulturredaktion des «Tages-Anzeigers».
Rentsch ist seit 2007 für die Schaffhauser
Jazzgespräche verantwortlich.
www.jazzfestival.ch 34 / 35
«In Transit ist vermutlich diekühnste, freieste Gruppe aller
Ensembles, in denen Michael Jefry Stevens spielt.»
Jürg Solothurnmann
INSERAT
INSERAT
19. Schaffhauser Jazzfestival
Samstag, 24. Mai 20.15
Kulturzentrum Kammgarn
hellmüller’S 4
Franz Hellmüller, guitar
Norbert Pfammatter, drums
André Pousaz, bass
Nat Su, sax
Eine Entdeckung an der Gitarre
spielt mit Altmeistern
So eine flüssige Gitarre hat man hierzulande
schon lange nicht mehr gehört. Der junge
Luzerner Franz Hellmüller setzt auf Klarheit
und melodischen Einfallsreichtum – frei von
Clichés.
Eine der Stärken des Schaffhauser Jazzfestivals
ist, dass den wachsamen Ohren der Organisa-
toren selten Talente entgehen. Besonders Gitar-
risten müssen kaum fürchten, dass sie jahrelang
ein Schattendasein fristen, wenn der Gitarrist
im Ruhestand Hausi Naef und der sehr aktive
Gitarrist Urs Röllin das Radar ausfahren. Für
Franz Hellmüller scheint der Moment gekom-
men, ins Rampenlicht dieser Bühne zu treten.
Sein Quartett spielt Eigenkompositionen des
Bandleaders, die mit beeindruckender Trans-
parenz und ohne Hast entwickelt werden. Die
Band besticht durch einen klaren Sound und
kann mit dem thematischen Material jonglieren.
Gitarrist Franz Hellmüller (1973) hat 2003 an
der Jazzschule Luzern sein Diplom mit Auszeich-
nung gemacht. Im Lehrkörper fand er gleich
kongeniale Mitmusiker: den Alt-Saxophonisten
Nat Su und den Schlagzeuger Norbert Pfammat-
ter. Nat Su, einst Absolvent des renommierten
Berklee College of Music in Boston, ist eine Aus-
nahmeerscheinung im Schweizer Jazz, weil
er lange in der Tradition des Cool-Jazz gespielt
hat. In einem ausdauernden Prozess verinner-
lichte er die eigenwillige Harmonik des Pianis-
ten Lenny Tristano und die erfindungsreichen
Melodielinien von Lee Konitz. In den letzten
Jahren ist Sus Sound direkter und persönlicher
geworden, die Linienführung entlang der Ab-
straktion aber hat er beibehalten. Hier trifft er
sich mit dem Gitarristen Franz Hellmüller. In
dessen Spiel schimmern die harmonischen
Dehnungen und ausgeklügelten Progressionen
der Gitarristen John Abercrombie und Kurt
Rosenwinkel durch. Hellmüller ist ein ausge-
sprochen fantasievoller Improvisator, der
sich von der mittlerweile an Clichés reichen
Gitarrentradition klug emanzipiert hat und
eigene Wege geht.
Das Rhythmusgespann mit André Pousaz und
Norbert Pfammatter sorgt dafür, dass das Spiel
der beiden Hauptsolisten die Bodenhaftung nicht
verliert. Norbert Pfamatter ist zusammen mit
Tony Renold zweifelsohne der bestechendste
Swinger der mittleren Generation in der Schweiz.
Seit Jahren sorgt er in zahlreichen wichtigen
Formationen für den nötigen Drive. Sein sub-
tiler, eigenwillig abgedämpfter Sound und die
Fähigkeit zu hellwacher Interaktion machen ihn
unverwechselbar. Der fünfundzwanzigjährige
Kontrabassist André Pousaz nahm zehn Jahre
lang klassischen Unterricht, bevor er in Luzern
bei Heiri Känzig in den Jazz eindrang. Er ist ein
Senkrechtstarter, der bei «erb_gut», einer der
besten Jazzbands der letzten Jahre, mitspielte
und mit Pfammatter und Hellmüller bereits ein
Trio bildete, bevor dieses neue Quartett zusam-
menfand – ein Quartett, welches sich durch
grosse Ohren im Zusammenspiel und offenen
Umgang mit der Tradition auszeichnet. Das
Rad des Jazz wird nicht neu erfunden – wie
nirgends. Es erhält aber einen verspielten und
gleichzeitig präzisen Schlag.
✱ www.hellmuller.com
prOgramm SamStag 24. mai 2008
Das Konzert von Hellmüllers›4 wird gefördert durch das Migros Kulturprozent.
Samstag, 24. Mai 21.30
Kulturzentrum Kammgarn
cOlin VallOn triO
Colin Vallon, piano, prepared piano
Patrice Moret, bass
Samuel Rohrer, drums
Frische Beats und klangreicher
Trio-Jazz auf der Höhe der Zeit
Der 27-jährige Lausanner Pianist Colin Vallon
ist einer jener Freigeister, die zur richtigen Zeit
mit frischen Ideen auftauchen und gleich
senkrecht durchstarten. Sein Trio amalgamiert
klassische Klaviermusik, Jazz, Folk- und
Popsongs oder House.
Seit einigen Jahren erleben Klaviertrios einen
gewaltigen Boom. Das Paradebeispiel ist das
Esbjörn Svensson Trio, welches Kultstatus ge-
niesst und überall die Hallen füllt. Das Colin
Vallon Trio ist mindestens so spannend. Ausge-
bildet an der Swiss Jazz School in Bern, bekam
Vallon schon bald wichtige Preise. Er spielte
mit dem Gitarren-As Kurt Rosenwinkel oder in
Nils Wograms Projekt «Lush». Sein neues Trio
spielt eine unglaubliche Mischung an Stilen, die
zu einem erstaunlich kohärenten Ganzen ge-
führt werden. Die letzte CD «Ailleurs» auf dem
Label HatHut enthält Eigenkompositionen mit
Anklängen an den Impressionismus von Debussy
und den verschmitzten Eric Satie. Aber da
finden sich auch Jazz – im Stück «Mardi» mit
einer Reverenz an Keith Jarrett, ein Chanson
von Jacques Brel oder ein bulgarisches Volkslied.
Im Grunde spielt es keine Rolle, mit welchem
Material diese drei Musikanten starten. Das
wahrhaft Erstaunliche ist ihre leidenschaftliche
Improvisationsgabe und ihre Lust, mit gezielten
Akzenten überraschende Richtungswechsel
einzuleiten. Hier wird eine Freiheit gepflegt, wie
man sie höchstens noch vom Trio des Pianisten
Malcolm Braff mit dem Bassisten Bänz Oester
und – siehe da – Samuel Rohrer kennt. In den
Liner Notes zu «Ailleurs» schreibt Tom Gsteiger:
«Überhaupt zeichnen sich alle Beteiligten durch
ein überdurchschnittlich ausgeprägtes Klang-
bewusstsein aus. Drei individuelle Instrumen-
talstimmen – Vallons ‹singendes› Klavier, Patrice
Morets ‹raumfüllender› Bass und Samuel Rohrers
‹polyvalentes› Schlagzeug – verschmelzen zu
einem überaus vielschichtigen Ensemblesound;
mit herkömmlichen Jazzpianotrio-Gepflogen-
heiten hat diese Gruppe auch in diesem Bereich
kaum etwas zu tun. Das gemeinsame Verdich-
ten und Ausdifferenzieren von knapp skizzier-
ten Stimmungen, aufwühlenden Gefühlszu-
ständen oder skurrilen Klangkombinationen
liegt diesem Trio mehr am Herzen als das
Drehen virtuoser Pirouetten. Mit anderen
Worten: drei echte Jazzmusiker.»
Unerhört ist, wie hier die Ästhetik der Club-
sounds von House und Ambient akustisch
nachgebildet und genial in die Improvisationen
eingebaut wird: Patrice Moret zaubert die
abgedämpften, pumpenden «Submover-Bässe»
so subtil aus seinem Kontrabass wie Vallon
elektronische Samples mit präparierten Klavier-
klängen simuliert. Und Samuel Rohrer gehört
zu jenen Schlagzeugern, die die Beats des kom-
plexeren House klangsensibel assimiliert haben
und locker aus dem Ärmel schütteln können.
Gerade bei den Schlagzeugern gibt es eine Zäsur,
seit die digitale Revolution neue Kompositions-
und Schnitttechniken ermöglicht hat. Neben den
Altmeistern Jo Jo Meyer, Fredy Studer und Marc
Erbetta klopft heute die jüngere Generation um
Kaspar Rast, Fabian Kuratli, Rafael Woll und eben
Samuel Rohrer mit grösster Selbstverständlich-
keit Rhythmen, die man vor 15 Jahren noch als
Nischensport für Spastiker abgetan hat.
✱ www.colinvallon.com
www.jazzfestival.ch 38 / 39
Das Konzert des Colin Vallon Trio wird gefördert durch das Migros Kulturprozent.
19. Schaffhauser Jazzfestival Samstag 24. mai 2008
Samstag, 24. Mai 23.00
Kulturzentrum Kammgarn
Stephan Kurmann StringS play hermetO paScOalArranged by Jovino Santos Neto
Andy Scherrer, tenor-/sopranosax
Adrian Mears, trombone
Stephan Kurmann, bass
Julio Barreto, drums
Willy Kotoun, percussion
Felix Borel, violin
Akiko Hasegawa, violin
Matthijs Bunschoten, viola
Daniel Pezzotti, cello
Jazz goes Brazil – mit Streichern und
exzellenten Solisten
Der Bassist und Bandleader Stephan Kurmann
lebt seit Jahren halbzeitlich in Brasilien. Er ist
auch in der dortigen Musikszene aktiv. Seine
Leidenschaft für die brasilianische Musik, etwa
diejenige von Hermeto Pascoal, teilt er mit
dem Cellisten Daniel Pezzotti, der bereits mit
Pascoal auf Tour war.
Hermeto Pascoal ist eine Ikone der brasiliani-
schen Musik: Der über siebzigjährige Multiinst-
rumentalist – eine markante Erscheinung mit
imposantem Vollbart und wehenden weissen
Haaren – komponierte bis heute Hunderte von
Stücken. Entstanden ist eine auf diesem Planeten
einmalige Musikwelt, in der sich Urwaldgeräu-
sche, Bossa, Jazz und avantgardistische Klänge
schwerelos verbinden und miteinander tanzen.
Jovino Santos Neto, der Pascoal fünfzehn Jahre
lang als Pianist und Arrangeur begleitet hat,
schrieb den «Stephan Kurmann Strings» ein
Programm mit Pascoals Kompositionen auf den
Leib – überaus spannende und vielschichtige
Arrangements für eine neunköpfige Band. Doch
Jazz mit Streichern – muss das sein? Diese Ver-
bindung war, abgesehen von den Formationen
um Max Roach und Art Davis, lange ausgespro-
chen arm an gelungenen Beispielen: Meistens
bildeten die Arrangements lediglich ein süss-
liches Echo für die Solisten, waren eindimensi-
onal und nicht orchestral gedacht und nahezu
frei von Jazz-Phrasierung – kurz: banalisierte
Spätromantik im Las-Vegas-Look. Seit einigen
Jahren aber verändert sich das Bild, nicht
zuletzt dank den Schweizern Daniel Schnyder
und Stephan Kurmann, der – wie Daniel Pezotti
– in klassischen Orchestern gearbeitet hat und
deshalb die Möglichkeiten und Fallstricke kennt.
Mit einem festen Stamm von Mitmusikern lotete
Kurmann in den letzten zwanzig Jahren Jazz in
Verbindung mit Streichern konsequent aus,
lange bevor ein Trend daraus wurde. Er hat für
diese Kombination ausgereifte und überra-
schende Lösungen gefunden, die auf fünf CDs
zu hören sind. Die Streicher sind vollwertige
Partner der Solisten und der Rhythmusgruppe.
Kurmann fand für diesen Ansatz die passenden
Musikerinnen und Musiker – klassisch geschul-
te Streicher, die sich in verschiedenen Idiomen
bewegen und jazzmässig phrasieren können.
So weht das Streichquartett im neuen Projekt
mal wie aus Pascoals Welt herein; die Melodie-
bögen der Solisten scheinen dann in fremdarti-
ger Fauna auf. Dann wieder funktionieren die
Streicher akkordisch, wie ein «Bläsersatz», in
nahtlosem Zusammenspiel mit dem Bossa und
Samba der Rhythmusgruppe. Oder sie solieren
ebenbürtig mit den beiden Bläsern. Und diese,
als Solisten dank Auftritten mit dem «Vienna
Art Orchestra» geadelt, gehören ohne Zweifel
zu den besten Instrumentalisten der europäi-
schen Jazzszene. Der Posaunist Adrian Mears
passt mit seiner saftigen Lakonik in der Tradi-
tion eines Curtis Fuller perfekt zum unver-
wechselbaren Tenor- und Sopran-Saxophonisten
Andy Scherrer. Und dieser wiederum ist ein
grossartiger Improvisator. Er hat den geschmei-
digen Lyrismus von Stan Getz und die durch-
dachte Abstraktion eines Wayne Shorter ver-
innerlicht und in eine eigene Sprache transfor-
miert. Zusammen mit der Rhythmusgruppe um
Julio Barreto und den Bandleader, die komplexe
Grooves mit Leichtigkeit spielt, dürfte diese
Band den Festivalbesuchern zum Abschluss
einen Leckerbissen servieren – que lindo!
✱ www.stephankurmann.com
Samstag, 24. Mai 23.00
Kulturklub Haberhaus
elina duni Quartet
Elina Duni, voc
Colin Vallon, piano
Bänz Oester, kontrabass
Norbert Pfammatter, schlagzeug
Mehr Infos auf Seite 4.
Samstag, 24. Mai 24.00
TapTab
leO tardin grand pianOramax feat. QuariOnLeo Tardin, keyboards
Quarion, laptop, drum machine, turntables
Mehr Infos auf Seite 4.
Samstag, 24. Mai 17.00 – 19.00
Kulturklub Haberhaus
JazzgeSpräche
Wie viel Filz braucht der Jazz?
Die Schweizer Jazzszene ist eine grosse Familie.
Das gibt Probleme: Man kennt sich, man ist
befreundet. Jazzkritiker, die zugleich Musiker
sind, schreiben über Kolleginnen, mit denen
sie selber spielen, schreiben über Clubs, in
denen sie auch auftreten. Oder: Musiker organi-
sieren Festivals, zu denen sie ihre Freundinnen
und Kollegen einladen. Oder: Musikerinnen,
Jazzkritiker oder Konzertveranstalterinnen
sitzen in Fördergremien und Jurys und ent-
scheiden über Preisgelder und Unterstützungs-
beiträge an Kollegen.
Wo ist die Grenze zwischen Lobbyarbeit,
Selbsthilfe und Filz?
Das Programm✱ Daniel Mouthon Referat-Performance.
Mouthon ist Musiker, Komponist und
Veranstalter von musikalisch-literarischen
Inszenierungen: «We are Family – eine
Collage zu einem brisanten Thema»✱ Bruno Glaus Rechtsanwalt für Medien-,
Kunst- und Werberecht, schlägt einige
Grenzpfähle ein zwischen Lobbyarbeit
und Filz✱ Diskussion unter der Leitung von Bruno
Glaus, mit Lucas Niggli, Musiker, Komponist
und Bandleader, Jean-Pierre Hobi, Kulturchef
der Stadt Zürich, und Urs Schnell, Direktor
der SUISA Stiftung für Musik und ehemaliger
Sekretär des Schweizer Musiksyndikats SMS,
der Lobbyvereinigung der Schweizer
Jazzmusiker
Samstag, 24. Mai 23.00 Kulturzentrum Kammgarn
Stephan Kurmann Strings play Hermeto Pascoal
ein meilenStein in der entwicKlung deS «crOSSOVer»
Als Veranstalter würde ich ein solches Projekt einfach ungehört einkaufen:
die Königsdisziplin der europäischen Musik, kombiniert mit dem ans Unheimliche
grenzenden Einfallsreichtum des «brasilianischen Frank Zappa», interpretiert
von einem hochkarätigen Ensemble, das sich der generösen Palette brasilianischer
Rhythmen bedient. Aber ist das alles so einfach?
Von Christoph Baumann
www.jazzfestival.ch 40 / 41
Nein, ganz so einfach ist das alles nicht.
Brasilianische Musik, Hermeto Pascoal, Streich-
quartett, Jazzsolisten – das ist zwar eine Matrix,
welche mir das Wasser im Mund zusammenlau-
fen lässt und den naturgemäss eingelagerten
Schichten von Ohrenschmalz den Garaus berei-
tet. Es garantiert Hellsthörigkeit. Und doch
lauern gefährliche Klippen und Stromschnellen
auf dieser herrlichste Abenteuer versprechenden
musikalischen Flussfahrt. Dazu gehören mög-
liche Piranhaattacken organisierter Langeweile.
Oder die beunruhigende Frage, wie es denn
mit dem Groove steht. Sind denn die klassisch
ausgebildeten Musiker fähig, auf dem Boden
einer unbestechlichen Rhythmsection nicht
zu zicken? Können wir mehr erwarten als mit
Hollywood-Assugrin kontaminiertes Geigen-
gesäusel? Werden wir mehr als drei Elemente
des in 300 Jahren entwickelten riesigen Reper-
toires an Klang- und Spielmöglichkeiten des
Streichquartetts hören? Oder ist gar ein Baden
in langen Tönen, unterbrochen von ein paar
Quotenpizzicati, zu befürchten? Wird es eine
Interaktion zwischen Rhythmsection, Strei-
chern und Solisten geben, die auch einem jazz-
verwöhnten Publikum mehr als ein wohlfälliges
Anstandsanhören erlaubt?
Der Katalog an gemeinen Verdächtigungen ist
fast unerschöpflich. Aber ich schliesse ihn gerne.
Denn nichts von all dem, hier hämisch in prä-
ventiver Absicht geäussert, ist in Stephan Kur-
manns Projekt anzutreffen. Zum Glück.
Stephan Kurmann ist so etwas wie die Quadratur
des Kreises einiger bis anhin unversöhnlich
scheinender Elemente gelungen. Unter dem
leider diskreditierten Begriff «Crossover»
schlägt er uns eine Musik vor, die sich nicht in
Gemeinplätzen erschöpft, sondern Möglich-
keiten verschiedener Musikstile und der damit
verbundenen spezifischen Musizierhaltungen
so gegeneinander laufen lässt, dass diese sich
neu aufladen und bereichern.
Brasilianische Freiheiten
Nur schon die Wahl der souverän agierenden
Rhythmsection (Julio Barreto, Willy Kotoun,
Stephan Kurmann – der erste ist Kubaner, die
anderen beiden haben dort studiert) legt Zeugnis
davon ab, dass hier umsichtig vorgegangen
wird. Die drei Musiker sind mit Jazz, afrokuba-
nischer Musik und zeitgenössischen Grooves
vertraut und bedienen das brasilianische Idiom
fantasievoll und kompetent. Dieses ist im
Gegensatz zur kubanischen Musik viel freier
im Umgang mit rhythmischem Material. Daher
kann man den Rhythmen verschiedene Spieltra-
ditionen aufpfropfen, ohne grösseren Schaden
anzurichten. Dies ist mit den rhythmischen,
clave-bezogenen Elementen der kubanischen
Musik schlechter möglich. Die in unserer Musik-
sprache in der Regel zweitaktig notierten Pat-
terns schränken komponierbare rhythmisch-
musikalische Phrasen drastisch ein und be-
scheren uns die bekannten Grooveprobleme –
wer spielt wo, wer vorne, wer hinten, wie kriegt
man das stiltypische «Eiern» der Grooves hin?
Vielleicht kommt im Moment darum aus Kuba
leider wenig innovative Groovemusik.
Das Streichquartett (Felix Borel, Akiko Hasegawa,
Matthijs Bunschoten, Daniel Pezzotti), norma-
lerweise eine eher den Zuckerhaushalt belas-
tende Hypothek, wird hier frisch und vielfältig
eingesetzt. Dass auch komplexere, aus zeit-
genössischer europäischer Musik entlehnte
Texturen verwendet werden, spricht für den
Einfallsreichtum des Arrangeurs Jovino Santos
Neto. Die Gefahr einer klanglichen Gleich-
förmigkeit wird hier gekonnt gebannt. Der
abenteuerlichen, nach allen Seiten hin offenen
Musik Hermeto Pascoal, wird mit dem Klang-
bild der Streicher eine Art Edelpatina aufgelegt,
ohne dass die Musik farbloser wird. Hermeto
Pascoal beweist übrigens seit Jahrzehnten, dass
jeder Gegenstand musiziertauglich ist und sich
aus allem uns umgebenden akustischen Müll –
seien es Tierstimmen, Fabrikgeräusche oder
gar Redeausschnitte von Tagesschausprechern
oder Politikern – gestaltbares Material generieren
lässt. Die Spielkompetenz der Streicher und die
Anlage der Arrangements ermöglichen zudem
eine fast uneingeschränkte, jazzmässige Inter-
aktion zwischen Band und den beiden hochka-
rätigen Solisten, Andy Scherrer und Adrian
Mears.
Dieses Projekt stellt für mich einen Meilenstein
in der Entwicklung im Bereich Crossover dar.
Und diese Latte ist hoch gelegt – man denke
nur an die wunderbare Einspielung «Focus» von
Stan Getz mit Arrangements von Eddie Sauter
von 1961.
✱ www.stephankurmann.com
✱ Christoph Baumann ist Pianist und
Komponist und arbeitet unter anderem als
Professor für Jazzpiano und Improvisation
an der Hochschule für Musik Luzern.
Baumann leitete unter anderem auch die
Latin-Experimentalformation «Mentalities».
19. Schaffhauser Jazzfestival Samstag 24. mai 2008
Stephan Kurmann
1958 in Basel geboren, besuchte Stephan
Kurmann 1983 bis 1987 die Jazzschule Bern
(nachdem ihn laut Gerüchten eine wohl
ausserirdische Vision davon abgehalten hat,
Gärtner zu werden). Bevor Stephan Kurmann
die Jazzschule besuchte (um sich dort vor
allem das theoretische Rüstzeug zu holen),
hat er nach alter Manier das Jazzhandwerk
empirisch und durch stundenlanges Zu-
hören und Nachspielen erworben.
Seither ist Kurmann gefragter Begleiter vieler
Stars und als Mitglied internationaler For-
mationen in der ganzen Welt unterwegs. Als
unruhiger Geist hielt er es selbstredend
nicht unendlich lange aus in der Schweiz, trotz
erfreulichster Beschäftigungslage und orga-
nisatorischer Tätigkeit. Kurmann ist übrigens
einer der wenigen, welche sich nicht nur über
die Auftrittsmisere in unseren Landen bekla-
gen, sondern einfach selber einen Club grün-
deten; seither erledigt er den sicher nicht
nur erfreulichen Papier- und Organisations-
kram für den Basler Jazzclub «Bird’s Eye».
Ebenso ungewöhnlich ist, dass er – statt
vor der Schwierigkeit, anständig verstärkt
zu werden, zu kapitulieren – ein eigenes
Soundsystem entwickelte: «Kurmann
Soundpost». (www.soundpost.ch)
Dieses System wird seither für seine eigenen
Projekte erfolgreich eingesetzt und von vielen
Geigern benutzt und geschätzt (die Bass-
Version wird nicht mehr produziert, obwohl
sogar Ron Carter mit seinen CDs Werbung
dafür gemacht hat). 1996 zog es Kurmann
nach Kuba, wo er studierte und mit verschie-
denen Gruppen wie «Cubanismo, the Ha-
vanna Jazz Trio» arbeitete. Höhepunkt und
Frucht dieser Zeit waren 1999 eine gemein-
same Tour und eine CD mit der berühmten
Rumba- und Yoruba-Gruppe «Los Munequi-
tos de Matanzas». Seit 2003 lebt Kurmann
in Brasilien. Ich vermute natürlich, dass
auch bei ihm die Liebe hinter diesem schon
fast verdächtigen Bewegungsdrang steckt.
Eine doppelte Liebe: die reiche, fast unend-
lich offene Musik Brasiliens und die Familie.
Seither pendelt er zwischen diesen Welten;
spielt immer noch in etwa 12 000 Bands auf
zwei Kontinenten und leitet nach wie vor
das «Bird’s Eye» in Basel.
«dieSe gruppe iSt SO etwaS wie eine ViSiOn»
Warum arbeitest du mit
einem Streichquartett?
S.K. Ich hatte Gelegenheit, zwei Jahre in der
Basel Sinfonietta zu spielen. Ich liebte den Sound
des Orchesters, und vom kompositorischen
Gehalt her gibt mir die klassische Musik enorm
viel. Daneben spielte ich weiter Jazz. In dieser
Zeit entstand die Idee mit den Strings. Ich wollte
die Streicher fürs Arrangement einsetzen. Sie
spielen keine Soli. Fürs Improvisieren wurden
Jazzmusiker eingesetzt, schon damals Andy
Scherrer. Am Schlagzeug sass Doug Hammond.
Du hast in Kuba studiert und mit
kubanischen Musikern gearbeitet. Was
führte dich dazu, jetzt ein Projekt mit
brasilianischer Musik zu machen?
S.K. Meine Familie wohnt seit 2003 in Brasilien,
und ich pendle hin und her, verbringe viel Zeit
dort und beschäftige mich natürlich auch viel
mit brasilianischer Musik. Ich habe viele
Konzerte gespielt und bei vielen CD-Aufnahmen
mitgewirkt.
Was sind für dich, als Bassisten und
Komponisten, die wesentlichen Unter-
schiede von kubanischer und brasilia-
nischer Musik?
S.K. Kuba ist eine kleine Insel, die seit vielen
Jahren abgeschottet ist. Sie hat ein enorm
reiches Musikleben, das sich aber – der Grösse
des Landes entsprechend – auf einige Stilrich-
tungen konzentriert. Sie kommen umso prägnan-
ter daher. Die Rhythmik ist sehr dominant, die
Tumbaos, die Basslinien, sind spannend und
wichtig. Es macht enorm Spass, diese Tumbaos
zu spielen. Melodisch und harmonisch gibt die
kubanische Musik weniger her, wenn man sie
nicht etwas freier auffasst. Bläser finden sie
weniger spannend. Demgegenüber kennt die
brasilianische Musik keine Grenzen. Sie bildet
einen ganzen Kontinent mit unzähligen
Stilrichtungen.
Was fasziniert dich speziell
an der Musik von Hermeto?
S.K. Hermeto nennt seine Musik «Musica Univer-
sal». Sie ist nach allen Seiten offen. Hermeto
verarbeitet alles, was ihm in die Quere kommt.
Das passt zum Konzept der Strings.
Wie arbeitet ihr in der Band? Spielen alle
vom Blatt, oder gibt es musikalische Aus-
einandersetzungen, die das Endresultat
verändern?
S.K. Als ich die Musik selber geschrieben habe,
habe ich viel experimentiert. Dazu braucht man
Zeit und erlaubt allen Beteiligten zu lernen,
was gut funktioniert. Die Arrangements von
Jovino sind sehr gut und haben meist auf Anhieb
gut geklungen. Ich hatte ein paar Änderungen
in den Abläufen eingebracht und mehr Back-
grounds angefordert.
Welches sind für dich die Schwierigkeiten
für klassisch geschulte Streicher im
Grooveumfeld der brasilianischen Musik?
S.K. In der brasilianischen Musik gibt es viele
klassische Einflüsse. Vor allem die Tatsache,
dass es keine Swing-Phrasierung gibt, macht
diese Musik für Streicher geeignet. Grooven
können muss man natürlich alldieweil. Aber
das hat unser Streichquartett schon lange drauf.
Wenn es Grooveprobleme gibt,
wie arbeitet ihr daran?
S.K. Schwierigkeiten gibt es vor allem, wenn
viele kurze synkopierte Noten bei den Strei-
chern rhythmisch unisono gespielt werden
sollen. Das zu spielen ist sehr schwierig. Dann
üben wir einfach. Ganz verzichten auf diese
Effekte will ich nicht.
Wie geht ihr damit um, dass das Streich-
quartett den Pianisten oder Gitarristen
«ersetzt», vier Streicher aber nicht in
gleicher Weise auf die Solisten reagieren
können? Engt das die Solisten ein?
S.K. Das ist wie bei jeder andern Big Band. Als
Solist kennt man ja auch die Backgrounds und
spielt mit ihnen. Klar kann das Streichquartett
nur beschränkt auf den Solisten eingehen; in
der Dynamik bieten sich am meisten Möglich-
keiten.
Gibt es Loops, improvisieren die Streicher
Begleitungen während der Soli?
S.K. Erfahrene Jazzmusiker können Backgrounds
improvisieren, auch im Ensemble; auf höchster
Ebene hat das bei Count Basie und Duke Elling-
ton stattgefunden. Ich würde das aber nicht
einmal von unserem Quartett verlangen. Es
gibt bei längeren offenen Soli mehrere mög-
liche Backgrounds, aus denen Streicher aus-
wählen können. Und es gibt auch im jetzigen
Programm eine Stelle, wo das Streichquartett
mit kleinen Patterns improvisiert.
Was ist deine musikalische Vision?
S.K. Diese Gruppe ist so etwas wie eine Vision –
die Idee von einem speziellen Sound und viele
kompositorische Ideen. Daraus ist eine Gruppe
entstanden, die seit 20 Jahren zusammen
spielt – immer mit Begeisterung. Dass ich Musiker
von diesem Kaliber so lange zusammenhalten
konnte, will schon etwas heissen. Ich spiele in
vielen Gruppen, was viel angenehmer und
bequemer ist. Als Bandleader ist man für vieles
verantwortlich; aber diese Gruppe ist ausser-
gewöhnlich.
Kennst du die Platte von Stan Getz mit
dem Arrangeur Eddie Sauter? Wenn ja,
hat sie dein Stringprojekt beeinflusst?
S.K. Diese Aufnahme habe ich einmal gehört,
sie ist wunderschön. Neben vielen weiteren
Streicherprojekten hat mich zudem das Max
Roach Double Quartet, ein Streichquartett mit
Rhythmsection, besonders beeindruckt.
Wie war die Zusammenarbeit
mit Jovino Santos Neto?
S.K. Die Zusammenarbeit mit Jovino Santos
war in jeder Hinsicht erfreulich. Er hat sich
wirklich in unsere Band reingehört und keine
Mühe gescheut. Er ist ein grossartiger Kompo-
nist und Arrangeur. Jovino war 15 Jahre lang
Hermetos rechte Hand und hat viele seiner
Kompositionen aufgezeichnet. Damit hat er
sehr umfassendes Musikmaterial gerettet.
Er hat Stücke aufgeschrieben, die sonst nie
aufgeschrieben worden wären.
✱ Christoph Baumann Interview
www.jazzfestival.ch 42 / 43
INSERAT
19. Schaffhauser Jazzfestival 21. – 24. mai 2008
gruSSwOrt deS SpOnSOrS
Musik ist eine lebendige Kunst. Das gilt in
besonderem Masse für den Jazz, wo der spiele-
rische Umgang mit dem musikalischen Erbe
Teil der Tradition ist. Improvisationen live mit-
zuerleben ist ein unvergleichliches Erlebnis,
denn anders als beim Hören von Aufnahmen
ist jedes Live-Konzert ein Unikat.
Dem Schaffhauser Jazzfestival kommt das Ver-
dienst zu, seit bald zwanzig Jahren unwieder-
holbare Momente des Jazz auf die Bühne zu
bringen. Auch dieses Jahr haben die Veranstalter
ein Programm zusammengestellt, das einzig-
artige Live-Acts verspricht.
Die Credit Suisse zählt Tradition und Innovation
zu ihren Grundwerten. Wir sind glücklich,
dass wir mit dem Schaffhauser Jazzfestival seit
1999 einen Kulturpartner haben, der diese
Werte teilt. Dieses Jahr erneuert die Credit
Suisse ihr Engagement beim Schaffhauser Jazz-
festival um wenigstens drei weitere Jahre. Wir
möchten damit unsere Wertschätzung für das
Festival in Schaffhausen ausdrücken und einen
Beitrag leisten zur kulturellen Vielfalt in der
Schweiz.
Die Credit Suisse wünscht allen Jazzfans viel
Vergnügen bei der 19. Ausgabe des Schaffhauser
Jazzfestivals.
✱ Andreas Knup, Niederlassungsleiter
Credit Suisse Schaffhausen
Wir danken zudem ganz herzlich für die finanzielle Unterstützung ✱Familien-Vontobel-Stiftung ✱Artephila Stiftung ✱Steo Stiftung ✱Zuger Kulturstiftung Landis & Gyr ✱Kulturstiftung Winterthur ✱SIS Schweizerische Interpretenstiftung ✱schaffhauser az ✱Weinhandlung zum Felsenkeller ✱Hotel Bahnhof ✱Mäder Haustechnik
Realisiert mit finanzieller Unterstützung der SUISA-Stiftung für Musik.
Unser Dank geht schliesslich an Radio DRS, Beat Blaser, Peter Bürli und Martin Pearson.
Hauptsponsoren
Co-Sponsoren
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wir danKen unSeren partner und SpOnSOren für ihre unterStüzung
Private Public Media
19. Schaffhauser Jazzfestival 21. – 24. mai 2008
Verkehr Bahnhof Städtische Busse Regionale Busse Velostation
Regierungsgebäude Kanton SH Stadthaus, Stadt Schaffhausen Haus der Wirtschaft Schaffhauser Polizei, Fundbüro
© P
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Kultur Stadttheater Kulturzentrum Kammgarn TapTab Musikraum Schützenstube St. Johann Rathauslaube Park Casino Sommerlust Haberhaus Kulturklub
Museen Museum zu Allerheiligen Hallen für Neue Kunst Museum Stemmler
Hotels Bahnhof **** Relais + Château Fischerzunft Promenade *** Park Villa *** Zunfthaus zum Rüden *** Kronenhof *** Zum Sittich
Kirchen / churches St. Johann Münster St. Maria
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Vorverkauf✱ Musikhaus Marcandella
Stadthausgasse 21✱ Tourist-Service Schaffhausen
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Informationen✱ www.jazzfestival.ch
Tel. / Fax +41 52 625 98 12
Jazz im radiO drS 2
Sendungen DRS 2✱ Jazz aktuell (Vorschau Festival)
20. Mai 21.00 – 22.00✱ Jazz live (In Transit/Anderegg/Silvestri)
23. Mai 22.30 – 01.00
Zweitausstrahlungen DRS 2✱ Irène Schweizer solo
1. August 22.30 – 23.30✱ London Jazz Composers Orchestra
15. August 22.30 – 23.30✱ Puntin Sepiasonic
5. September 22.30 – 23.30✱ Courvoisier Lonelyville
19. September 22.30 – 23.30✱ In Transit
3. Oktober 22.30 – 23.30✱ Fanny Anderegg 17. Oktober 22.30 – 23.30✱ Thomas Silvestri Quintett
7. November 22.30 – 23.30✱ Hellmüller 4
21. November 22.30 – 23.30✱ Colin Vallon Trio
5. Dezember 22.30 – 23.30✱ Stephan Kurmann Strings
19. Dezember 22.30 – 23.30
Team Schweizer Radio DRS 2✱ Martin Pearson Tonmeister✱ Beat Blaser Redaktion✱ Peter Bürli Produktion
Impressum
Organisation Jazzfestival✱ Hans Naef und Urs Röllin OK✱ Barbara Ackermann Büro
✱ Werner Dönni, Ueli Von Burg
Tontechnik✱ Roli Fricker Bühnentechnik✱ Damir Zizek Licht✱ Christian Richli, Niggi Rüttimann,
Emil Schneider Chef de Service / Bar✱ Werner und Christa Fleischmann
Küche✱ Peter Ackermann Bandbetreuung✱ BBF Grafisches Konzept und
Gestaltung / www.bbf.ch✱ Velimir Ilisevic Plakat
Programmzeitung
Eine Beilage der
«Schaffhauser Nachrichten»
«schaffhauser az»
«WOZ Die Wochenzeitung»
✱ Daniel Fleischmann Redaktion✱ Lukas Baumann Kurztexte✱ «Schaffhauser Nachrichten»
Produktion✱ Velimir Ilisevic Cover✱ BBF Grafisches Konzept und
Gestaltung / www.bbf.ch✱ Sacha Meier (SN)
Barbara und Adrian Ackermann
Anzeigenverkauf
Internet ✱ www.jazzfestival.ch✱ Sonja Schäfer, Uli Weidner
Konzept und Gestaltung✱ www.know-idea.de Produktion
Co-Produktionen✱ Stadttheater Schaffhausen
Rolf C. Müller, Peter Surbeck✱ Kulturklub Haberhaus
Monika Niederhauser✱ TapTab
Fabian Amsler, Peter Ackermann ✱ Hallen für Neue Kunst und
Kantonsschule Schaffhausen
Workshop mit Barry Guy
www.jazzfestival.ch 46 / 47