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Einweisung psychisch auffälliger Personen nach
§ 10 HFEG im Werra- Meißner- Kreis, Problembe-
schreibung - Fallanalysen - Experteninterviews
Hessische Hochschule für Polizei und Verwaltung
Fachbereich Polizei
Thesis
vorgelegt von Sebastian Grubbe
Studiengruppe 2-2011-03
Abteilung Kassel
Ausbildungsbehörde Polizeiakademie Hessen
Erstgutachter StD Hartwin Neumann
Hessische Hochschule für Polizei und Verwaltung
Zweitgutachter PHK Peter Giese
Polizeistation Eschwege
Abgabedatum 17.02.2014
- II -
Ohne Sperrvermerk
- III -
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis V
Vorwort VI
1 Einleitung 1
2 Methodische Vorgehensweise 2
2.1 Interview 2
2.2 Experteninterview 2
2.3 Fallzahlen 3
2.4 Literaturanalyse 3
3 Psychiatrie 3
3.1 Geschichte der Psychiatrie bis 1975 3
3.2 Psychiatrie- Enquete 1975 10
3.3 Psychiatrie im Werra- Meißner- Kreis 13
3.4 Zwischenfazit 14
4 Einweisung von psychisch auffälligen Personen 15
4.1 Die zivilrechtliche Unterbringung 15
4.2 Die öffentlich- rechtliche Unterbringung 16
4.3 Die strafrechtliche Unterbringung 16
5 HFEG und PsychKG NRW 17
5.1 HFEG 17
5.1.1 Voraussetzungen einer sofortigen Unterbringung nach § 10 HFEG 18
5.1.2 Die Rolle des Richters 20
5.2 PsychKG NRW 22
5.2.1 In welchen Bundesländern gibt es ein PsychKG? 23
5.2.2 Voraussetzungen einer sofortigen Unterbringung nach § 14
PsychKG NRW 23
- IV -
5.2.3 Unterschiede zwischen HFEG und PsychKG NRW 24
5.3 Zwischenfazit 24
6 Die Interaktion zwischen Polizei und psychisch Kranken 26
6.1 Welche Probleme können in Kontaktsituationen entstehen? 26
6.2 Zwischenfazit 32
7 Zusammenarbeit zwischen Polizei, Psychiatrie und
Amtsgericht 33
7.1 Problembeschreibung aus Sicht des Polizeibeamten Herrn J. 33
7.2 Problembeschreibung aus Sicht des Richters Dr. S. 34
7.3 Problembeschreibung aus Sicht des Chefarztes Herrn v.H. 34
7.4 Zwischenfazit 35
8 Tätigkeitsbereich der Polizei 36
8.1 Fallzahlenentwicklung von 2009 bis 2013 36
8.1.1 PD Werra- Meißner 36
8.1.2 Polizeidienststellen Eschwege, Sontra, Witzenhausen, Hessisch
Lichtenau und Polizeiposten Bad Sooden- Allendorf 38
8.1.3 Verhältnis zwischen Frau und Mann 39
8.2 Zwischenfazit 40
9 Fazit 41
10 Schlusswort 43
Literaturverzeichnis 44
Quellenverzeichnis 45
Anlagen 47
- V -
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1 Mitglieder der Psychiatrie- Enquete Kommission 11
Abbildung 2 Bettenzahl des stationären Bereichs der Psychiatrie (x1000) 12
Abbildung 3 Zeitungsartikel Werra Rundschau von Fr. Shuhaiber vom 06.01.2014 13
Abbildung 4 Formular Unterbringung Teil 1 21
Abbildung 5 Formular Unterbringung Teil 2 22
Abbildung 6 Einsatzkarten: Beispiel der Schizophrenie 29
- VI -
Vorwort
Im Laufe meines Studiums habe ich drei Praktika bei der Polizeidirektion Werra-
Meißner in Eschwege durchlaufen. Vor Antritt meines Dienstes stellte ich mir
jedes Mal die Frage, was mich in der Zeit des Praktikums wohl erwarten wird.
Dabei kamen mir vorrangig Delikte wie Körperverletzung, Diebstahl und Sachbe-
schädigung in den Sinn sowie die Aufnahme von Verkehrsunfällen.
In allen drei Praktika musste ich jedoch feststellen, dass es im Werra- Meißner-
Kreis noch weitaus andere polizeiliche Maßnahmen zu erledigen gibt. Neben den
oben genannten Delikten kam es nicht selten vor, dass Personen durch die Poli-
zei in die Psychiatrie untergebracht wurden. Wenn es um die Entscheidung ging,
ob jemand eingewiesen werden soll, kam unter den Polizisten die Frage auf: Ma-
chen wir einen Zehner draus? Ich gewann den Eindruck, als ob diese polizeiliche
Maßnahme im Werra- Meißner- Kreis ganz alltäglich ist. Dabei erstaunte mich die
Anzahl von psychisch Kranken, die durch die Polizei eingewiesen wurden. Den-
noch konnte ich mir kein genaues Bild darüber machen, ob die Unterbringungs-
zahl sehr hoch oder eher niedrig anzusiedeln ist, da ich durch die Dauer der
Praktika nur einen begrenzten Einblick in den Sachverhalt erhielt.
Um genauer verstehen zu können, was in den konkreten Situationen der Einwei-
sung von statten geht, habe ich mir in einer ruhigen Minute des Nachtdienstes
diesen Zehner zu Gemüte geführt und festgestellt, dass Polizeibeamte1 bei Ge-
fahr in Verzug eine Unterbringung für „Geisteskranke, geistesschwache, rausch-
gift- oder alkoholsüchtige Personen“2 anordnen dürfen. Dabei fragte ich mich: Ist
es für einen Polizeibeamten überhaupt möglich zu erkennen, ob die Grundvo-
raussetzungen einer Unterbringungen gegeben sind? Schließlich -so folgerte ich-
sind Polizeibeamte keine Ärzte und in diesem Bereich nicht hinreichend ausge-
bildet.
Da ich es als ein wesentliches Problem der Polizei empfunden habe, psychische
Krankheiten und Suchtabhängigkeiten zu erkennen, möchte ich dieses Thema in
meiner Thesis aufgreifen und weitere Konflikte, die eine Unterbringung mit sich
ziehen kann, analysieren. Dabei möchte ich mich vor allem darauf konzentrieren,
inwiefern Probleme bei der Entscheidung und der Durchführung einer Unterbrin-
gungen entstehen können und ob die Zusammenarbeit zwischen Polizei, Gericht
und Psychiatrie reibungslos verläuft. Außerdem möchte ich weitere Erkenntnisse
über den Werra- Meißner- Kreis anhand der Fallzahlen gewinnen.
Damit ich dieses komplexe Thema bewerkstelligen konnte, möchte ich mich bei
meinem Erstgutachter, Herrn Hartwin Neumann, und meinem Zweitgutachter,
Herrn Peter Giese, recht herzlich bedanken. Sie haben die Aufgabe der Betreu-
1 Zur Vereinfachung wird in dieser Arbeit nicht zwischen Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten
unterschieden. Alle Aussagen treffen aber auf beide Geschlechter zu. 2 GVBl (1952): § 1 HFEG; S. 111.
- VII -
ung meiner Bachelorthesis angenommen und mir jederzeit bei Fragen und Prob-
lemen zur Seite gestanden.
Darüber hinaus bedanke ich mich bei meinen Interviewpartnern Herrn von Ha-
gen, Herrn J. und Herrn Dr. S., die sich meinen Fragen gestellt und umfangreich
beantwortet haben.
- 1 -
1 Einleitung
Mit Hilfe von Erhebungen, unter anderem der Robert- Koch- Studie, konnte fest-
gestellt werden, dass in Deutschland mittlerweile jeder Dritte an einer seelischen
Erkrankung leidet. Außerdem geht aus dieser hervor, dass insbesondere in der
jüngeren Generation, im Alter von 18 bis 35 Jahren, eine besondere Anfälligkeit
für psychische Erkrankungen besteht. Mit ca. 30 Milliarden Euro stellen diese
Krankheitskosten mittlerweile den drittgrößten Kostenbereich der Krankenkassen
dar.3
Der Anstieg von psychischen Störungen im Alltag stellt nicht nur die Krankenkas-
se oder die Betroffenen selbst vor größere Herausforderungen, sondern auch die
Polizei. Psychisch krank oder suchtabhängig zu sein, bedeutet nicht zwangsläu-
fig eine Gefahr für die Allgemeinheit darzustellen. Dennoch gibt es eben diese
Situationen, in denen Menschen durch ihr Leiden beziehungsweise ihre Abhän-
gigkeit nicht nur eine Gefahr für sich selbst, sondern auch für andere darstellen
können. In diesen Fällen ist die Polizei gefragt und gefordert, denn es gehört zu
ihren Aufgaben, eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung abzuweh-
ren. In Hessen wird dies der Polizei dahingehend ermöglicht, dass sie mit Hilfe
des Hessischen Freiheits- und Entziehungsgesetzes eine Person auch gegen
ihren Willen in eine psychiatrische Einrichtung einweisen kann. Wie die Erhebung
der Robert- Koch- Studie aufzeigt, stellen seelische Krankheiten keine Seltenheit
mehr dar und gehören mittlerweile in unsere Gesellschaft genauso dazu, wie
körperliche Verletzungen. Durch die vermehrte Häufigkeit psychischer Krankhei-
ten verlaufen auch die Fallzahlen im Bereich der sofortigen Unterbringung durch
die Polizei steigend. Somit besitzt dieser Tätigkeitsbereich momentan, aber auch
mit Blick in die Zukunft, eine enorme Bedeutung für die Polizei.
Diese Arbeit befasst sich mit der Einweisung von psychisch auffälligen Personen
nach § 10 HFEG im Werra- Meißner- Kreis. Die Polizei ist im Unterbringungspro-
zess jedoch nicht auf sich allein gestellt. Ebenso sind das Gericht und auch die
Psychiatrie involviert. Die Einweisung verläuft, vor allem aus polizeilicher Per-
spektive, häufig nicht reibungslos. Das polizeiliche Gegenüber kann sich bei-
spielsweise gegen eine Unterbringung zu Wehr setzen oder es treten Konflikte
zwischen der Polizei und anderen Berufsgruppen auf. Auch entstehen immer
wieder neue Situationen im Umgang mit psychisch Kranken, für die die Polizei
bei Gefahr in Verzug eine Lösung finden muss. Durch eine falsche Entscheidung
bezüglich der Voraussetzungen, welche die Unterbringung einer Person rechtfer-
tigen, kann es passieren, dass Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte ungerecht-
fertigt in die Grundrechte des Betroffenen eingreifen und mit rechtlichen Konse-
quenzen rechnen müssen. Daher soll es in dieser Arbeit um die zentrale Frage
gehen, welche Probleme auftreten können, wenn es um die Einweisung nach
§ 10 HFEG im Werra- Meißner- Kreis geht.
3 Vgl. Lüdemann und Völker (2013).
- 2 -
Die Arbeit besteht aus mehreren Teilbereichen. Zuerst wird über die Geschichte
der Psychiatrie der Einstieg in das Thema gesucht und ein aktuelles Bild des
Werra- Meißner- Kreises hinsichtlich der psychiatrischen Versorgung aufgewor-
fen. Im zweiten Teil der Arbeit wird ein grober Überblick auf die verschiedenen
Formen der Unterbringung geworfen und ermittelt, worunter der § 10 HFEG fällt.
Darüber hinaus soll dieser Paragraph näher beleuchtet werden und anhand aus-
gewählter Beispiele sollen mögliche Problembereiche aus der Perspektive eines
Polizeibeamten aufgeworfen werden. Zudem wird das HFEG mit dem PsychKG
NRW verglichen. Im dritten Teil wird der Fokus auf die Interaktion zwischen der
Polizei und den psychisch Kranken gelegt. Auch hier sollen Probleme offengelegt
werden, die sich aus dem direkten Kontakt ergeben können. Anschließend sollen
durch eine Fallzahlenanalyse allgemeine Tendenzen bezüglich der Unterbrin-
gungssituationen im Werra- Meißner- Kreis aufgezeigt sowie zeitliche- und ge-
schlechterspezifische Aspekte herausgearbeitet werden. Im letzten Teil der Ar-
beit geht es um eigens ermittelte Erkenntnisse. Diese konnten durch Expertenin-
terviews mit Vertretern der Polizei, des Gericht und der Psychiatrie gewonnen
werden. Die Experteninterviews sollen die einzelnen Teilbereiche inhaltlich er-
gänzen und mögliche Probleme in der Zusammenarbeit zwischen der Polizei,
dem Gericht und der Psychiatrie aufdecken.
Ziel der Arbeit soll es sein, Probleme hinsichtlich der sofortigen Unterbringung
herauszuarbeiten und Lösungsvorschläge zu unterbreiten.
2 Methodische Vorgehensweise
2.1 Interview
Das Interview ist eine mündliche Befragung, mit Hilfe derer „Fakten, Wissen,
Meinungen, Einstellungen, oder Bewertungen“4 anhand der Aussagen der be-
fragten Person ermittelt werden sollen. Das Aufeinandertreffen des Interviewers
mit dem Interviewpartner stellt „eine soziale Situation“5 dar, in der durch Kommu-
nikation wahrheitsgemäße, konkrete und essentielle Informationen ausgetauscht
werden.6 Abhängig vom Grad der Strukturierung, die durch den Interviewer fest-
gelegt wird, ergeben sich drei verschiedene Arten der mündlichen Befragung:
„wenig strukturierte, teilstrukturierte und stark strukturierte Interviewsituationen“7.
2.2 Experteninterview
Das Experteninterview, auf das auch die Bezeichnung „exploratives Interview“8
zutrifft, fällt unter die wenig strukturierte Befragungsform. Dies bedeutet im kon-
4 Schnell, Hill und Esser (1999), S. 299. 5 Ebd., S. 299. 6 Vgl. ebd., S. 299. 7 Ebd., S. 300. 8 Ebd., S. 301.
- 3 -
kreten Fall, dass sich der Interviewer in der Befragung zurückzieht und der be-
fragten Person viel Spielraum für die Antworten gibt.9 Demzufolge kann die Inter-
viewsituation mit einem „alltäglich informellen Gespräch“10 verglichen werden.
Durch die Experteninterviews, die im Rahmen dieser Bachelorarbeit geführt wur-
den, konnte das Themengebiet der Einweisung psychisch kranker Personen im
Werra-Meißner-Kreis aus praktischer Perspektive erforscht werden. Durch im
Vorfeld entwickelte Leitfragen, mit Hilfe derer der Verfasser die Interviews struk-
turieren konnte, aber auch durch Fragen, die sich im Laufe der Gespräche erga-
ben, konnte ich wichtige Informationen und Meinungen sammeln. Diese Vorge-
hensweise entspricht somit eher der teilstrukturierten Befragungsmethode.11
2.3 Fallzahlen
Die Daten zur Ermittlung der Fallzahlen des Werra-Meißner-Kreises wurden
durch einen Sachbearbeiter der Polizeidirektion Werra-Meißner zur Verfügung
gestellt. Zudem sind die Bevölkerungszahlen des Werra- Meißner- Kreises ein-
gearbeitet worden. Anschließend wurden diese Daten unter verschiedenen Ge-
sichtspunkten durch den Verfasser ausgewertet.
2.4 Literaturanalyse
Eine gründliche Literaturanalyse ist eine wesentliche Bedingung, an die das wis-
senschaftliche Arbeiten geknüpft ist. Sie soll inhaltlich Aufschluss über das The-
mengebiet geben und Anreiz für eigene Interpretationen schaffen.
Für diese Arbeit konnten eine Reihe von Büchern verwendet werden, die einen
guten Einblick in den Sachverhalt gaben. Vor allem was den geschichtlichen Teil
anbelangt, konnten viele Informationen gewonnen werden. Das Themengebiet
der Einweisung konnte ebenfalls durch Bücher, aber auch durch aktuelle Studien
tiefgründig analysiert werden.
3 Psychiatrie
3.1 Geschichte der Psychiatrie bis 1975
Die Anfänge der Psychiatrie sind sehr vielseitig. Ausgehend vom Steinzeitalter,
als Menschen glaubten, dass Krankheiten durch Dämonen herbeigeführt werden
und der Strafe dienen, über Ägypten und Mesopotamien, wo Erkrankungen, wie
Angstzustände, der Zauberei zugeschrieben wurden und man sich durch Rituale
und Beschwörungsformeln Heilung versprach. In Griechenland hingegen ver-
suchte man mit Naturheilmitteln, wie Heilpflanzen, Wunden zu kurieren. Die Ge-
sundheit wurde dort als etwas Kostbares angesehen. Sie sollte sowohl körperlich
als auch psychisch gepflegt werden, schließlich war sie wesentlicher Bestandteil
9 Vgl. ebd., S. 300. 10 Ebd., S. 300. 11 Vgl. ebd., S. 300.
- 4 -
eines guten Lebens.12 Hippokrates, der als Vertreter des medizinischen Stand-
punktes galt, vertrat die Meinung, dass die Gesundheit durch die Konstellation
der vier Säfte, „dem Blut, dem Schleim der hellen und der dunklen Galle“13 im
Körper bedingt ist. Stünden diese in einem optimalen Verhältnis zueinander, ge-
be es keine gesundheitlichen Probleme. Mit dieser Theorie versuchte Hippokra-
tes die Krankheitsbilder zu erklären. Auch setzte er sich näher mit dem Gehirn
auseinander und den Erkrankungen, die entstehen könnten, sobald dieses zu
viel Schleim beinhaltet oder zu viel Galle vorhanden ist.14 Im römischen Reich
wurden drei verschiedene Methoden ausprobiert, um Krankheiten zu kurieren.
Man versuchte mit Hilfe von Furcht, Schreck oder Schmerz, über den Körper die
Seele zu erreichen.15
Dass eine Seele des Menschen erkranken könnte, lehnte man im Mittelalter rigo-
ros ab. So dachte man stattdessen, dass böse Geister in den Menschen eindrin-
gen und psychische Krankheiten auslösen. Um diese wieder loszuwerden, ver-
suchte man durch Wege der Austreibung der Situation Herr zu werden. Neben
Brech- und Abführmittel wurde sogar mit dem Gedanken gespielt, Eingriffe am
Gehirn vorzunehmen. Dort, so erhoffte man sich, würde man „Steine des Wahn-
sinns“16 auffinden und herausnehmen können. In der folgenden Zeit der Inquisiti-
on wurden erkrankte Menschen gefoltert, dem Scheiterhaufen oder dem Exor-
zismus überlassen. Neben all diesen gewaltsamen Methoden, die bösen Geister
aus den Körpern der Menschen zu entfernen, zeichnete sich eine Gegenbewe-
gung ab, die vor allem durch den Autor Daniel Defoe vertreten wurde. Seiner
Ansicht nach sollten psychisch erkrankte Menschen nicht der Folter, sondern der
fachlichen Pflege überlassen werden, die in eigens errichtete Irrenhäuser prakti-
ziert werden sollte.17
Eine weitere Einrichtung, die im Mittelalter entstand, waren die Domspitäler. Die-
se wurden vor allem in Deutschland und Frankreich erbaut und verfolgten dem
Zweck, arme und hilfsbedürftige Menschen sowie Geisteskranken eine Unter-
kunft zu bieten und sie nach strengen religiösen Regeln zu heilen18: „Klösterliche
Werte wie Gehorsam, Armut und Keuschheit galten als Prinzipien des Umgangs
mit den Patienten, Arbeit, Einsamkeit und Gebet zu zentralen Elementen der
Therapie.“19 Nach und nach entstanden auch in den Städten immer mehr Bür-
gerhospitäler, in denen sozial Schwache, alte und geistesgestörte Menschen
untergebracht werden konnten. Was die Geisteskranken anging, wurden nur jene
aufgenommen, die von ihrem Wesen her einfach und ruhig waren. Alle anderen
wurden entweder in Holzkisten eingepfercht und aus den Städten gebracht oder
in Stadtmauern und Stadttürmen eingesperrt.20
12 Vgl. Brückner (2010), S. 11-15. 13 Brückner (2010), S. 15. 14 Vgl.ebd., S. 15-16. 15 Vgl. Jetter (1981), S. 2. 16 Clausen und Eichenbrenner (2010), S. 2. 17 Vgl. ebd., S. 13. 18 Vgl. Luderer (1999). 19 Ebd. (1999). 20 Vgl. Jetter (1981), S. 9-10.
- 5 -
Das 18. Jahrhundert verzeichnete zunehmend neue Entwicklungen im Bereich
der Psychiatrie. Es entstanden immer mehr Asyle, auch Toll- oder Zuchthäuser
genannt. In diesen fanden, neben Kriminellen und Obdachlosen, auch psychisch
Kranke ihren Platz. Aufgrund der gemeinsamen Unterbringung dieser verschie-
denen Gruppierungen trugen die Toll- und Zuchthäuser keinesfalls zur Heilung
von psychisch Kranken bei. Allerdings waren sie von wirtschaftlichem Vorteil,
schließlich konnte die Bettelei vermindert und der Staatshaushalt entspannt wer-
den. Insgesamt wird angenommen, dass der Anteil der psychisch erkrankten
Menschen maximal 40% der Asylbewohner ausmachte. In England gab es ähnli-
che Einrichtungen. Das wohl bekannteste seiner Zeit war das Bethlehem aus
London. Dieses verfügte über eine Raumkapazität von ca. 150 Personen, die in
einem Jahr behandelt werden konnten.21 Zudem entwickelte sich 1750 durch
William Battie die Millieutherapie in London. Diese beinhaltete „Ruhe, Disziplin
und moderate Arbeitstätigkeiten“22. Fernab von allem, was die Patienten stören
könnte, sollte ihnen die nötige Ruhe zur Genesung verschafft werden. Dabei
wurde ebenfalls großen Wert auf Distanz zur Heimat gelegt und Besuche unter-
sagt. Dieses Prinzip ließ sich jedoch nur bei pflegeleichten Patienten umsetzen;
alle anderen wurden weiterhin eingesperrt. Auch auf dem privaten Sektor haben
sich Institutionen entwickelt. Diese haben Patienten aufgenommen, die recht
vermögend gewesen waren. Im Gegensatz zu öffentlichen Anstalten verfügten
diese, wie beispielsweise das Madhouse in England, über einen eigenen Arzt.
Therapeutisch gesehen wurden „Aderlässe, Brech- und Abführmittel oder krampf-
lösende Medikamente“23 eingesetzt, auch Zwangsmittel waren in Gebrauch.24
In Deutschland entstanden die Zucht- und Tollhäuser, die unter anderem über
ein Fassungsvermögen von 200 Personen verfügten, im ersten Drittel des 18.
Jahrhunderts. Diese Institutionen galten unter anderem als Ort der Verwahrung
für Straffällige und psychisch Kranke: „Der Staat überträgt die Aufgabe des
Schutzes der Betroffenen vor Selbst- und Fremdgefährdung an eine spezielle,
mit Hoheitsrechten ausgestattete Institution.“25 Innerhalb der Institutionen gab es
Unterschiede bezüglich der Behandlungsformen, sodass psychisch Kranke von
allen getrennt untergebracht wurden. Diese fanden insbesondere dann in den
Tollhäusern einen Platz, wenn sie niemanden mehr aus der Familie hatten, der
sie pflegen konnte oder wenn eine Gefährdung gegeben war. Ab Ende des 18.
Jahrhunderts entwickelten sich neue Fachbereiche in der Medizin, unter anderem
auch auf dem Gebiet der seelischen Störungen. Mit Philippe Pinel und William
Tuke taten sich zwei Personen hervor, die zukünftig die Psychiatrie mit ihrer Mil-
lieutherapie reformieren sollten. Den Patienten ernst zu nehmen und ihm eine
bessere Behandlung zu ermöglichen, waren zwei Grundprinzipien, nach denen
Pinel arbeitete. Ebenso schuf Tuke eine auf diesen Voraussetzungen basierende
Einrichtung, welche Retreat genannt wurde, und baute sie im Laufe der Jahre
21Vgl. Brückner(2010), S. 62. 22 Ebd. S. 63. 23 Ebd. S. 64. 24 Vgl. ebd. S. 63-64. 25 Ebd., S.66- 67.
- 6 -
zunehmend aus. In dieser wurden die bisherig angewandten Zwangsmaßnah-
men untersagt.26
Eine verstehende, wohlwollende Grundhaltung, stetige Beobachtun-
gen und Verhaltenskontrolle, seelsorgerische Gespräche, Arbeit in
der Natur und gezielte Kontakte mit Besuchern, aber auch systema-
tisch erzeugter Gehorsam wie Furcht vor Strafen und die Möglichkeit
der Isolierung sollten die Selbstkontrolle und Selbstachtung der Be-
troffenen wieder herstellen.27
Mit Anbruch des 19. Jahrhunderts begann ein richtungsweisendes Zeitalter für
die Psychiatrie. Die neuen Erkenntnisse, die vor allem durch Pinel und Tuke ge-
wonnen werden konnten, machten die Zeit reif für Therapieformen, die auf Qua-
len und Schmerzen verzichten sollten. Neben neuen Behandlungsmethoden,
Anstalten und Rechten im Bereich der Psychiatrie waren die medizinischen Er-
rungenschaften des 19. Jahrhunderts von großer Tragweite. Die Bedeutsamkeit
hygienischer Maßnahmen, wie die Wunddesinfektion und die erstmalige Durch-
führung der Narkose gingen auf diese Zeit zurück.28 Neue Reformen ließen die
Psychiatrie nicht mehr als bloßen Verwahrungsort gelten, sondern als ein Ort der
Heilung, wo den psychisch kranken Menschen mit Respekt und Würde gegen-
übergetreten werde. Demzufolge wurden sie ab sofort von den Straftätern ge-
trennt und in Heil- und Pflegeanstalten untergebracht.29 Darüber hinaus entstand
im Rahmen des preußischen Landrechts ein Einweisungsrecht gegenüber Wahn-
und Blödsinnigen, das dem heutigen Unterbringungsrecht in Hessen, dem HFEG,
inhaltlich sehr nahe kommt:
Finden der Vormund oder die Verwandten keine andere Gelegenheit,
dergleichen Personen unterzubringen: so liegt dem Staate ob, diesel-
ben in eine öffentliche Anstalt zur Verwahrung aufzunehmen.30 Die
Polizei konnte Zwangsunterbringungen durchführen, wenn die „öffent-
liche Ruhe, Sicherheit und Ordnung“ gefährdet war oder eine richter-
liche „Wahn- und Blödsinnigkeit“ vorlag.31
Genauso wie bei dem HFEG spielt der Gedanke der Gefahrenabwehr und der
daraus resultierenden Bewahrung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung be-
reits im Jahr 1821 eine entscheidende Rolle.32
Johann Christian Reil, der als Wegbereiter der deutschen Psychiatrie gilt33, hat
sich öffentlich gegen die menschenverachtenden Bedingungen in den Tollhäu-
sern ausgesprochen:
Wir sperren diese unglücklichen Geschöpfe gleich Verbrechern in
Tollkoben, ausgestorbne Gefängnisse, neben den Schlupflöchern der
Eulen in öde Klüfte über den Stadtthoren oder in die feuchten Keller-
26 Vgl. ebd. S. 65-71. 27 Ebd. S. 71. 28 Vgl. ebd. S. 73. 29 Vgl. ebd. S. 74-75. 30 Ebd. S. 75. 31 Ebd. S. 75. 32 Vgl. ebd. S.75. 33 Vgl. ebd. S. 76.
- 7 -
geschosse der Zuchthäuser ein, wohin nie ein mitleidiger Blick des
Menschenfreundes dringt, und lassen sie daselbst, angeschmiedet
an Ketten, in ihrem eigenen Unrath verfaulen. […] Die Erhaltung der
Ruhe und Ordnung beruht auf terroristische[n] Principien. […] Es fehlt
an geräumigen Plätzen zur Bewegung, an Anstalten zum Feldbau.
Die ganze Verfassung dieser tollen Tollhäuser entspricht nicht dem
Zweck der erträglichen Aufbewahrung; und noch weniger der Heilung
der Irrenden.34
Reil stellte das Wohlbefinden des Menschen in den Mittelpunkt und war daher
der Überzeugung, dass Ärzte nicht nur für die Heilung des Körpers, sondern
auch für die Seele verantwortlich seien.35
Allerdings konnten die Zustände in den Psychiatrien in Deutschland nicht von
heute auf morgen geändert und verbessert werden, sodass in den meisten Un-
terbringungen Gewalt und Zwang immer noch Bestandteile des alltäglichen Le-
bens waren. Der gesamte Umbruch dauerte bis Mitte des 19. Jahrhunderts an,
ehe man unter anderem von Folterinstrumenten wie Drehstühle und Sturzbäder
abließ.36 Dies ist neben Pinel, Tuke und Reil auch John Conolly und Wilhelm
Griesinger zu verdanken. Conolly kam aus England und war ebenfalls ein Ver-
fechter der gewaltfreien Zone in der Psychiatrie.37 Er hatte eine genaue Vorstel-
lung davon, wie der Umgang mit psychisch Kranken auszusehen hat:
Zum Konzept gehörten die individuelle Beobachtung und Betreuung
der Insassen, ein aufgeteiltes System von Regeln, peinliche Sauber-
keit, ständige Aufmerksamkeit des Pflegepersonals sowie Freizeit-
und Bildungsangebote.38
Griesinger war von der Herangehensweise Conollys derartig überzeugt, dass er
andere Psychiater davon in Kenntnis setzten wollte.39 Darüber hinaus forderte er
ebenfalls eine gewaltfreie Zone in der Psychiatrie sowie eine Gleichstellung von
körperlich und psychisch Kranken. Zudem befürwortete er eine heimatnahe Be-
handlung und die Errichtung von Akutkliniken in den Städten. Es gab für ihn kein
Unterschied zwischen heilbaren und unheilbaren Patienten. Griesinger zufolge
sollten die Unheilbaren einfach noch länger behandelt werden.40
Gegen Ende des 19. Jahrhunderts wurde neben der Einführung der Bettbehand-
lung auch eine Irrengesetzgebung gefordert. Aus verschiedensten Kreisen der
Bevölkerung, von Patienten über Journalisten bis hin zu Prominenten, waren
Klagen über die Unrechtmäßigkeiten der Einweisungen zu vernehmen. Die Über-
lastungen der Anstalten und die immer noch praktizierten Zwangsmaßnahmen
stifteten weitere Unruhen, die auch seitens der Verantwortlichen, den Anstaltsdi-
rektoren, spürbar wurden.41 Zudem waren die Zahlen der Einweisungen unver-
34 Ebd, S. 76-77. 35 Vgl. ebd. S. 77. 36 Vgl. Luderer (1999). 37 Vgl. Brückner (2010), S. 99. 38 Ebd., S.99. 39 Vgl. Luderer (1999). 40 Vgl. Brückner (2010), S. 102-103. 41 Vgl. ebd. S. 106-107.
- 8 -
hältnismäßig hoch, da nahezu jeder, der eine psychische Auffälligkeit aufwies,
von der Polizei eingewiesen wurde.42 Dass sich die Situation auch im Laufe der
Jahre nicht entspannte, verdeutlichen folgende Zahlen:
Im Jahre 1865 gab es in den deutschen Staaten 171 öffentliche und
private Anstalten, insgesamt waren 261 Ärzte für 19.550 Insassen
zuständig, auf 75 Patienten kam ein Arzt. 33 Jahre später (1898) gab
es bereits 262 Anstalten mit 74.078 Patienten und 741 Ärzten, im
Durchschnitt hatte ein Arzt 103 Patienten zu betreuen.43
Somit setzte sich die Protestbewegung jahrelang fort. Nachdem gegen Ende des
19. Jahrhunderts die Umsetzung eines einheitlichen Einweisungsrechts misslang,
formierte sich Anfang des 20. Jahrhunderts der Bund für Irrenrecht und Irrenfür-
sorge. Schließlich scheiterte auch zur Zeit der Weimarer Republik der Versuch,
ein einheitliches Reichsirrenschutzgesetz zu erlassen, dessen Folgen immer
noch spürbar sind. Bis heute existiert noch kein einheitliches Einweisungsgesetz
nach Unterbringungsrecht in der Bundesrepublik Deutschland.44
Im 20. Jahrhundert entwickelten sich die Anstalten wieder zu Aufbewahrungsorte
zurück. Es entstanden mehr als 130 neue Kliniken, darunter auch zahlreiche
Großkliniken, deren Aufnahmekapazität über 1000 Personen betrug, denn die
Zahl der unterzubringenden Personen stieg auf 240.000 an.45 Der erste Weltkrieg
bedeutete einen herben Rückschlag für die Psychiatrie in Deutschland.46 Be-
grenzte Nahrungskapazitäten kosteten viele Leben und führten zu leerstehenden
Betten und über 100 geschlossene Anstalten.47 Nach den Kriegsjahren taten sich
zwei Reformbewegungen hervor, die durch Hermann Simon und Gustav Kolb
initiiert wurden. Beide wollten die Versorgung von psychisch kranken Personen in
den Anstalten verbessern. Jedoch vertraten sie unterschiedliche Theorien, um
dies zu verwirklichen. Simon wollte eine aktivere Krankenbeteiligung einführen,
wohingegen Kolb sich für eine offene Irrenfürsorge einsetzte. Nach Simon sollte
auf dauerhafte Bettbehandlungen verzichtet werden, stattdessen sollten die Pati-
enten zu mehr Aktivität angehalten werden. So teilte man die Patienten, gemäß
deren Leistungsbereitschaft, für nützliche Arbeiten ein. Diese Art und Weise mit
Patienten umzugehen, gestaltete sich als erfolgreich, denn durch die aktive Mit-
arbeit der psychisch Erkrankten konnten Gewaltausbrüche verhindert werden.
Außerdem konnte der Einsatz von Zwangs- und Beruhigungsmittel verringert
werden. Kolb hingegen, der mit seiner offenen Irrenfürsorge „die Tradition der
Familienpflege“48 vorantrieb, „öffnete die Anstalt nach außen“49 und versuchte die
Patienten wieder in die Familien zu integrieren. Da bisher keine ambulanten Ein-
richtungen zur Verfügung standen, an die sich Patienten nach ihrer Entlassung
aus der Psychiatrie wenden konnten, kümmerte er sich um den Aufbau externer
42 Vgl. Clausen und Eichenbrenner (2010), S. 16. 43 Brückner (2010), S. 107-108. 44 Vgl. ebd., S. 108. 45 Vgl. ebd. S. 109. 46 Vgl. Hubenschmid (2009). 47 Vgl. Brückner (2010), S. 121. 48 Ebd., S. 123. 49 Luderer (1999).
- 9 -
Fürsorgestellen bezüglich Sprechstunden und Hausbesuche. Kolb gestaltete
somit die Psychiatrie so gemeindenah wie möglich, um die Patienten auch beruf-
lich und sozial wieder in die Gesellschaft einzugliedern.50 51
Jedoch versprachen die Reformbewegungen mehr, als in Wirklichkeit umgesetzt
werden konnte. Zwar konnten Patienten schneller wieder aus den Anstalten ent-
lassen werden, allerdings stiegen 1929 die Bettzahlen der Patienten auf über
300.000 an.52
Mit der Machtergreifung Hitlers und dem Durchbruch des Nationalsozialismus
setzte sich die Degenerationslehre durch. Diese führte auf den Darwinismus zu-
rück und dem sogenannten Prinzip „der natürlichen Auslese der Arten“53. Dieses
sollte nun auch auf die Menschheit und somit auf die gesellschaftlichen Verhält-
nisse übertragen werden.54 Gemäß den Ansichten des Sozialdarwinismus ver-
folgte die Degenerationslehre das Ziel, „die Höherentwicklung der Menschen
voranzutreiben und sie vom Minderwertigen zu befreien.“55
Alfred Erich Hoche und Karl Binding waren Verfechter der Degenerationslehre
und der darin verankerten Euthanasie in Deutschland. Unter Euthanasie wurde
die Vernichtung unwerten Lebens verstanden. Davon betroffen waren Menschen
mit unheilbaren Erkrankungen und schweren geistigen Behinderungen.56 Auch
Emil Kraeplin war ein Verfechter der Degenerationslehre und war der Ansicht,
dass Geisteskrankheiten vererblich seien und dass diese nicht weitergegeben
werden dürften.57 Das „Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“58 war
die Antwort auf seine Bedenken und bedeutete einen weiteren Einschnitt in die
Geschichte der Degenerationslehre. Dieses wurde nach der Machtergreifung der
Nationalsozialisten 1933 verabschiedet. Es ermächtigte die Ärzte, „Zwangssterili-
sationen an Behinderten und psychisch Kranken“59 durchzuführen. Bis zu
400.000 Menschen wurden in dieser Zeit sterilisiert.60
Darüber hinaus wurde eine gezielte Vernichtung der psychisch Kranken und
geistig Behinderten durch die T4 Aktion Hitlers veranlasst, wodurch mehr als
150.000 Patienten getötet wurden.61 Zudem veranlasste Hitler, dass mindestens
5.000 schwer behinderte Kinder getötet wurden. 62
50 Vgl. Luderer (1999). 51 Vgl. Brückner (2010), S. 123-124. 52 Vgl. ebd. S. 124. 53 Ebd., S. 125. 54 Vgl. Clausen und Eichenbrenner (2010), S. 17. 55 Schott und Tölle (2006), S. 108-109. 56 Vgl. Brückner (2010), S. 126. 57 Vgl. Clausen und Eichenbrenner, S. 17. 58 Brückner (2010), S. 127. 59 Ebd. (2010), S. 127. 60 Vgl. ebd., S. 125. 61 Vgl. Luderer (1999). 62 Vgl. Brückner (2010), S. 128.
- 10 -
3.2 Psychiatrie- Enquete 1975
Auch in der Nachkriegszeit änderte sich die Psychiatrie in ihrer Verwahrungsform
nicht, jedoch konnten durch die Entwicklungen im Bereich der Psychopharmaka
(1952) neue Wege erschlossen werden. Mittels Neuroleptika und den später er-
gründeten Antidepressiva konnten psychische Symptome erfolgsversprechender
behandelt und neue Erkenntnisse bezüglich der Neurotransmitter und Depressi-
on gewonnen werden. Da Psychopharmaka absolute Errungenschaften der Me-
dizin darstellten, fanden sie schnell Einzug in die psychiatrischen Anstalten. Zu-
nächst wurden diese lediglich als Mittel der Beruhigung angesehen und dement-
sprechend verwendet. Doch schon bald wurden den Patienten Überdosierungen
verabreicht, was in der Öffentlichkeit nicht unbemerkt blieb und zu heftigen Dis-
kussionen führte. In den folgenden Jahren wurden weitere Antidepressiva entwi-
ckelt, darunter auch atypische Neuroleptika, welche die Nebenwirkungen der
ursprünglichen Neuroleptika vermindern sollten, was jedoch nicht in dem ge-
wünschten Umfang geschah.63
Nachdem in der Nachkriegszeit zahlreiche Reformbemühungen auf den Weg
gebracht worden waren, die gegen die Missstände in den Psychiatrien vorgehen
sollten, gelang erst durch dir Psychiatrie- Enquete ein erfolgsversprechender
Durchbruch. Bei der Psychiatrie- Enquete handelt es sich um den wichtigsten
Wendepunkt in der Geschichte der Psychiatrie, der durch die Bundesregierung
und vor allem durch Walter Picard ins Leben gerufen wurde.64 1971 wurde eine
Kommission von 200 Mitarbeitern beauftragt, eine Bestandsaufnahme der deut-
schen Psychiatrien vorzunehmen. Ziel der Psychiatrie- Enquete war es, sämtli-
che Missstände aufzudecken. Die endgültigen Ergebnisse wurden 1975 in einem
Bericht vorgelegt65, aus dem folgende fünf Empfehlungen hervorgingen:
1. Eine stärkere Orientierung am Bedarf der Patienten
2. Eine Integration der psychiatrischen Versorgung in der Gemeinde
3. Die Gleichstellung von psychisch und somatisch Kranken
4. Enthospitalisierung und Deinstitutionalisierung
5. Bessere Koordination der psychiatrischen Versorgung66
63 Vgl. Brückner (2010), S. 133-136. 64 Vgl. Häfner. In: Kubny- Lüke und Kulenkampff (2002)., S. 85-90. 65 Vgl. Brückner (2010), S. 140. 66 Schräder (2002), S. 37.
- 11 -
67
Abbildung 1 Mitglieder der Psychiatrie- Enquete Kommission
Wenn man von den Zielen und dem Abschlussbericht der Psychiatrie- Enquete
spricht, dann ist es unerlässlich, den Vorsitzenden Caspar Kuhlenkampff zu er-
wähnen, der neben Heinz Häfner unverzichtbar für das Zustandekommen des
Abschlussberichts 1975 gewesen ist.68 Mit wie viel Ehrgeiz Kulenkampff der Re-
formbewegung begegnete, lässt sich aus folgenden Worten ablesen:
[…] wir (holen) diese Behinderten aus den Krankenhäusern heraus,
geben sie ihren Familien zurück, wir siedeln sie in Wohnungen,
Wohnheimen an, versammeln sie in Clubs und Tagesstätten, bera-
ten, behandeln, schützen sie, pflegen mit ihnen sozio- therapeuti-
schen Umgang und möchten alles vorbeugend, nachsorgend, gege-
benenfalls intervenierend in noch weitaus gesteigertem und vielfälti-
gerem Umfang tun: […].69
Eine stärkere Orientierung am Bedarf des Patienten war das erste angegebene
Ziel der Psychiatrie- Enquete. Dadurch sollte eine schnelle Genesung erfolgen
und der Schritt zurück in ein Leben ohne Betreuung ermöglicht werden. Dies
stellte die Psychiatrie natürlich vor große Herausforderungen, denn neben dem
Bereich der komplementären Dienste, an die noch kaum bis gar nicht gedacht
wurde, waren auch durch Unterversorgungen in den Psychiatrien diese Forde-
rungen der Enquete mehr als überfällig. Für eine erfolgreiche Umsetzung der
Ziele müsste das Angebot an stationären, ambulanten und komplementären Ein-
richtungen hinreichend gegeben sein, und, anders als in der Vergangenheit, mit
qualifiziertem Personal bestückt sein.70 Diesbezüglich war die Einführung der
Psychiatrie- Personalverordnung, die den stationären Bereich der Psychiatrie
betraf, ein wichtiger Schritt: „Im Kern definiert die Psych- PV den medizinischen,
therapeutischen und pflegerischen Personalaufwand, der für verschiedene Pati-
entengruppen vorzusehen ist.“71 Der Personalaufwand sollte sich an dem Patien-
67 Kubny- Lüke und Kulenkampff (2002), S. 88. 68 Vgl. ebd., S. 93. 69 Thomsen (2009), S. 13-14. 70 Vgl. Schräder (2002), S. 37-38. 71 Ebd. S. 38.
- 12 -
tenbedarf orientieren, was im Umkehrschluss bedeutete, dass mehr Arbeitskräfte
in den Psychiatrien erforderlich wurden und sich neue Spezialisierungen in die-
sem Berufszweig bildeten.72 Bei der Integration der psychiatrischen Versorgung
in der Gemeinde geht es, was den zweiten inhaltlichen Punkt der Enquete betrifft,
um die räumliche Nähe der Psychiatrie zur Gemeinde.73 Diese wurde anhand
drei verschiedener Aspekte festgemacht:
Erstens sollte die Versorgung innerhalb einer Stunde mit öffentlichen
Verkehrsmitteln erreichbar sein, zweitens sollte sie eine Aufrechter-
haltung der sozialen Kontakte ermöglichen und drittens sollte die
Versorgung für einen überschaubaren Bereich mit begrenzter Bevöl-
kerungszahl zuständig sein, in dem die an der Versorgung beteiligten
Einrichtungen zusammenarbeiten.74
Bei der Gleichstellung von körperlich und geistig Kranken geht es um die Anglie-
derung der Psychiatrie an die Allgemeinkrankenhäuser.75 „Damit sollte die prob-
lematische räumliche und strukturelle Trennung der psychisch von anderen
Kranken aufgehoben werden.“76
Die Enthospitalisierung und die Deinstitutionalisierung implizieren den Abbau von
Bettenplätzen in den stationären Bereichen der Psychiatrie. Zudem ist anhand
der nachfolgenden Grafik ersichtlich, dass sich auch die Dauer der Unterbringung
reduzierte. Von durchschnittlich 210 Tagen befanden sich die Patienten lediglich
30 Tage in den psychiatrischen Einrichtungen. Dies löste die Diskussion aus, ob
die Herabsetzung der Verweildauer in den Psychiatrien zu einem sogenannten
Drehtüreffekt führen könne.77
78
Abbildung 2 Bettenzahl des stationären Bereichs der Psychiatrie (x1000)
72 Vgl. ebd. S. 38. 73 Vgl. ebd. S. 39. 74 Ebd. S. 39. 75 Vgl. ebd., S. 42. 76 Ebd. S. 42. 77 Vgl. ebd. S. 44.
78 Kubny-Lüke und Kuhlenkampff (2001), S. 99.
- 13 -
Als letzten Punkt in der Agenda der Psychiatrie- Enquete ist die bessere Koordi-
nation der psychiatrischen Versorgung genannt. Hierbei soll „eine Verbesserung
der Zusammenarbeit und Verflechtung der Psychiatrie mit sozialen, psychologi-
schen und sonderpädagogischen Diensten“79 in Zukunft erzielt werden.
3.3 Psychiatrie im Werra- Meißner- Kreis80
Erweiterung des psychiatrischen Angebots im
Werra- Meißner- Kreis!
Abbildung 3 Zeitungsartikel Werra Rundschau von Frau Shuhaiber vom 06.01.2014
[Artikel der Werra Rundschau: Nach der Ausgabe der Werra Rundschau vom
06.01.2013 soll in Eschwege eine Tages-klinik für Kinder- und Jugend-psychiatrie
neu entstehen. Betreiber der Tagesklinik wird die Vitos gGmbH sein.]
Nachdem die Psychiatrie am Meißner geschlossen wurde, ist sie in die Innen-
stadt Eschweges umgezogen. Dort ist sie im Klinikum- Werra- Meißner integriert
und bildet das Zentrum für Psychiatrie und Psychotherapie (ZPP). Das ZPP be-
steht aus drei Etagen: Etage 14, welche die Allgemein- und Gerontopsychiatrie
beherbergt, Etage 15, die Suchttherapie und Etage 16, die Psychotherapie. Eta-
ge 14 und 15 sind geschlossene Stationen, Station 16 stellt einen teilstationären
Bereich dar. Das ZPP ist zudem eine Akutklinik. Das bedeutet, dass die Patien-
ten nur so lange in stationärer Behandlung bleiben, bis sie wieder stabil und an-
derweitig therapierbar sind. Auf den Stationen befinden sich Ärzte, Krankenpfle-
ger sowie Sozial-, Bewegungs- und Ergotherapeuten. Zurzeit wird im ZPP nach
einem drei- Schichten- Modell gearbeitet. Tagsüber befinden sich drei bis vier
79 Ebd. S. 48. 80 Informationsgespräch mit Frau Heinemann am 30.12.2013, Sozialdienst Zentrum für Psychologie
und Physiotherapie.
- 14 -
Krankenpfleger auf den Stationen, nachts lediglich zwei. Insgesamt herrscht ein
Krankenpfleger- Patientenverhältnis von 1 zu 7.
Neben der stationären Versorgung, die sich im ZPP befindet, existieren weitere
Bereiche der Psychiatrie, die aber ausgelagert sind. Darunter fallen das betreute
Wohnen und die Institutsambulanzen in Eschwege, Witzenhausen sowie zukünf-
tig in Hessisch- Lichtenau. Dort befinden sich niedergelassene Psychologen, die
aufgesucht werden können. Zudem gibt es die Tageskliniken, die sowohl in E-
schwege als auch in Witzenhausen ansässig sind. Diese haben von 08:30 Uhr
bis 16:00 Uhr geöffnet und bilden den teilstationären Bereich der Psychiatrie.
Betroffene haben dort die Möglichkeit, an diversen Therapiemöglichkeiten teilzu-
nehmen und einen geregelten Tagesablauf wiederzuerlangen. Neben den allge-
meinen Institutambulanzen existiert eine kinder- und jugendpsychiatrische Institu-
tambulanz in Eschwege. Im Aufbau befindet sich eine kinder- und jugendpsychi-
atrische Tagesklinik, wie es aus dem Zeitungsartikel der Werra- Rundschau zu
entnehmen ist.
Um die Situation im Werra- Meißner- Kreis für psychisch Kranke flächenübergrei-
fend abdecken zu können, arbeitet das ZPP mit der Institution Aufwind zusam-
men. Dies ist eine Institution, die Hilfe und Programme für psychisch kranke
Menschen anbietet.
3.4 Zwischenfazit
Die Psychiatrie war in der Vergangenheit ein Ort mit vielen Facetten. Sie galt als
Ort der Aufbewahrung, der Vernichtung und der Ruhe. Viele Erneuerungen wur-
den auf den Weg gebracht, aber immer wieder aufgrund der zeitlichen Begeben-
heiten zerschlagen. Beginnend in der Nachkriegszeit entwickelte sich die Psychi-
atrie, unter anderem durch die Erfindung der Psychopharmaka, in eine positivere
Richtung und wurde schließlich mit Hilfe zahlreicher Bemühungen 1975 refor-
miert. Missstände wurden aufgedeckt und die Psychiatrie wurde im Fokus der
Ziele der Enquete stetig weiterentwickelt. So konnte sich im Werra- Meißner-
Kreis die Psychiatrie dem Klinikum Werra- Meißner angliedern und bietet nun,
auch gemeinsam mit der Institution Aufwind, diverse Angebote für eine gemein-
denahe psychiatrische Versorgung. Dieser Meinung ist auch Herr v. H., Chefarzt
der Psychiatrie im Werra- Meißner- Kreis, der die Psychiatrie für 100.000 Ein-
wohner im Landkreis gut aufgestellt sieht.81 Was die rechtliche Situation einer
Unterbringung anbelangt, so gab es zu Zeiten Preußens bereits ein Unterbrin-
gungsrecht, das die Polizei ermächtigte, Personen zur Wahrung der öffentlichen
Ruhe, Sicherheit und Ordnung unterzubringen. Ebenfalls konnte aus der Ge-
schichte entnommen werden, dass die heutigen Umstände, in der keine einheitli-
chen Landesunterbringungsrechte existieren, auf das Scheitern der Irrengesetz-
gebung in der Weimarer Republik zurückgeführt werden kann.
81 Vgl. Experteninterview mit Herrn v.H. vom 29.01.2014 (s. Anlage 3).
- 15 -
4 Einweisung von psychisch auffälligen Personen
4.1 Die zivilrechtliche Unterbringung
Die zivilrechtliche Unterbringung veranlasst die Einweisung von Personen, die
sich bereits in Betreuung befinden oder in absehbarer Zeit in diesen Status ge-
langen.82 Somit wird diese Form von Einweisung auch betreuungsrechtliche Un-
terbringung genannt, die einheitlich „in der gesamten Bundesrepublik gilt.“83
Die zivilrechtliche Einweisung ist an wesentliche Bedingungen geknüpft, von de-
nen nur eine erfüllt sein muss. 84 Diese werden in §1906 (1) BGB genannt und
näher erläutert:
(1) Eine Unterbringung des Betreuten durch den Betreuer, die mit
Freiheitsentziehung verbunden ist, ist nur zulässig, solange sie zum
Wohl des Betreuten erforderlich ist, weil
1. auf Grund einer psychischen Krankheit oder geistigen
oder seelischen Behinderung des Betreuten die Gefahr
besteht, dass er sich selbst tötet oder erheblichen ge-
sundheitlichen Schaden zufügt, oder
2. zur Abwendung eines drohenden erheblichen gesund-
heitlichen Schadens eine Untersuchung des Gesund-
heitszustands, eine Heilbehandlung oder ein ärztlicher
Eingriff notwendig ist, ohne die Unterbringung des Be-
treuten nicht durchgeführt werden kann und der Betreu-
te auf Grund einer psychischen Krankheit oder geistigen
oder seelischen Behinderung die Notwendigkeit der
Unterbringung nicht erkennen oder nicht nach dieser
Einsicht handeln kann.85
Die zivilrechtliche Einweisung soll somit eine Selbstgefährdung des psychisch
Kranken verhindern und weiteren gesundheitlichen Risiken durch Maßnahmen,
wie die Heilbehandlung, entgegenwirken. Die Unterbringung muss die nötige
Erforderlichkeit besitzen und verhältnismäßig sein.86 Der § 1906 (2) BGB regelt
die Zuständigkeit der Unterbringung. Grundsätzlich ist die Genehmigung des
Betreuungsgerichts für die Unterbringung eines Betroffenen unerlässlich. Eine
Ausnahme ist allerdings dann gegeben, wenn Gefahr in Verzug vorliegt. In die-
sem Fall hat der Betreuer die Unterbringung vorzunehmen und die Berechtigung
nachträglich einzuholen.87Jedoch ist der Betreuer allein nicht berechtigt, eine
82 Vgl. ebd., S. 121. 83 Winzen (1999), S. 121. 84 Vgl. ebd., S. 123.
85 BGBl I (2013), § 1906 BGB; S. 266. 86 Vgl. Winzen (1999), S. 123+124.
87 Vgl. BGBl I (2013), § 1906 (2) BGB; S. 266.
- 16 -
längerfristige Unterbringung durchzusetzen. Dies ist nur durch das Betreuungs-
gericht möglich, das sich in seiner Beurteilung auf ein ärztliches Urteil stützt.88
4.2 Die öffentlich- rechtliche Unterbringung
Wenn eine Person nach öffentlich- rechtlicher Unterbringung eingewiesen wird,
dann gilt nicht das Betreuungsrecht, sondern das Unterbringungsrecht. Diese
haben, da es Landesgesetzte sind, unterschiedliche Namen. In den meisten
Bundesländern gibt es mittlerweile ein gültiges Psychisch-Kranken-Gesetz
(PsychKG).89
Die öffentlich- rechtliche Unterbringung besitzt zwei Voraussetzungen, von denen
eine gegeben sein muss.90 Zum einen handelt es sich um die Selbstgefährdung.
Diese wird folgendermaßen definiert: „Der Betroffene gefährdet aufgrund von
psychischer Krankheit, Geistesschwäche oder Sucht seine Gesundheit in erheb-
lichem Maße.“91 Darüber hinaus kann laut Unterbringungsrecht auch eine
Fremdgefährdung vorliegen. Darunter ist Folgendes zu verstehen: „Der Betroffe-
ne gefährdet aufgrund von psychischer Krankheit, Geistesschwäche oder Sucht
die öffentliche Sicherheit und Ordnung.“92 Wenn in einer Situation eine Fremdge-
fährdung vorliegt, ist automatisch eine öffentlich- rechtliche Unterbringung durch-
zuführen, da das Betreuungsrecht keine Fremdgefährdung vorsieht. Die Gefähr-
dungen müssen aus einer psychischen Krankheit oder Sucht resultieren. Ist die-
se weder in der Selbst- noch in der Fremdgefährdung zu erkennen, kann keine
Einweisung durchgeführt werden.
Die Erforderlichkeit und die Verhältnismäßigkeit gilt es zu prüfen.93 Zudem ent-
scheidet ebenfalls ein Richter über den Verbleib des Untergebrachten in der psy-
chiatrischen Institution. Sowohl bei der zivilrechtlichen- als auch bei der öffent-
lich- rechtlichen Unterbringung muss zwischen dem Richter und dem Betroffenen
eine Anhörung stattfinden und ein ärztliches Zeugnis existieren, damit dieser eine
Unterbringung anordnen kann. Von einer Anhörung kann bei Gefahr in Verzug
abgesehen werden.94
4.3 Die strafrechtliche Unterbringung
„Eine strafrechtliche Unterbringung kommt nur dann in Frage, wenn jemand eine
Straftat begangen hat, als psychisch krank gilt und Wiederholungsgefahr ange-
nommen wird.“95 Anders als bei den oben beschriebenen Einweisungsmöglich-
keiten, bei denen das BGB oder das Länderrecht gilt, erfolgt hier die Einweisung
88 Vgl. Schneider (2012), S. 583. 89 Vgl. Winzen (1999), S. 121. 90 Vgl. ebd., S. 125. 91 Ebd. S. 125. 92 Ebd. S. 125. 93 Vgl. ebd. S. 125. 94 Vgl. Schneider (2012), S. 584. 95 Winzen (1999), S. 169.
- 17 -
durch das StGB und die StPO. Bei der strafrechtlichen Unterbringung spielen die
§§ 20, 21 StGB eine Rolle.96 Der § 20 StGB besagt:
Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krank-
haften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseins-
störung oder wegen Schwachsinns oder einer schweren anderen
seelischen Abartigkeit unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen
oder nach dieser Einsicht zu handeln.97
Der § 21 StGB besagt: „Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzu-
sehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten
Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach
§ 49 Abs. 1 gemildert werden.“98 Es geht hierbei somit um die Schuldunfähigkeit
(§ 20 StGB) beziehungsweise um die verminderte Schuldunfähigkeit (§ 21 StGB).
Sind diese Voraussetzungen gegeben und liegen zudem eine Gemeingefährlich-
keit und eine Negativprognose vor, erfolgt die Einweisung nach § 63 StGB. Der
§ 64 StGB dagegen beinhaltet die Möglichkeit der Einweisung in eine Entzugs-
anstalt für Suchtkranke.99
Ist die Wahrscheinlichkeit gegeben, dass eine Unterbringung gemäß den letztge-
nannten Paragraphen zu erwarten ist, kann eine vorläufige Unterbringung mit
Hilfe § 126a StPO angeordnet werden.100 Die Gültigkeit des Unterbringungsbe-
fehls ist jedoch begrenzt. Dieser endet zum einen, sobald die ursprünglichen
Gründe der Unterbringung nicht mehr gegeben sind und zum anderen, wenn die
Hauptverhandlung beginnt. Die Einweisung durch den Unterbringungsbefehl
kann nur dann vollzogen werden, wenn ein ärztliches Zeugnis und eine Anord-
nung vorliegen, die durch den Haftrichter getroffen wurde. Ein Vorteil des Unter-
bringungsbefehls ist die Aussicht auf eine zeitnahe Behandlung, da somit die
Möglichkeit der Untersuchungshaft entfällt.101
5 HFEG und PsychKG NRW
5.1 HFEG
Das Hessische Freiheitsentziehungsgesetz (HFEG) bildet das Landesunterbrin-
gungsgesetz in Hessen und wurde 1952 verabschiedet. Es regelt seither die
Zwangseinweisung von Personen in Hessen, indem es sich auf die Gefahrenab-
wehr beruft. Dass das HFEG in seiner heutigen Form so bestehen geblieben ist,
erscheint vor den folgenden Hintergründen sehr erstaunlich: Nach dem Bericht
der Psychiatrie-Enquete erachten die Bundesregierung als auch das Bundesver-
fassungsgericht einen fürsorglichen Charakter in den jeweiligen Unterbringungs-
96 Vgl. ebd. S. 169.
97 BGBl. I (2014), § 20 StGB; S. 3799.
98 BGBl. I (2014), § 21 StGB; S. 3799. 99 Vgl. Winzen (1999), S. 169. 100 Vgl. ebd. S. 169-170. 101 Vgl. Nedopil (1996), S. 46.
- 18 -
gesetzen für immer wichtiger, beziehungsweise als unverzichtbar. Zudem haben
andere Bundesländer bereits ein modernes PsychKG verabschiedet. Seit seinem
Inkrafttreten ist das HFEG in seinem materiell-rechtlichen Kernbereich nicht ver-
ändert worden.102 Da das HFEG nur in Hessen Rechtsgültigkeit besitzt, fällt es
unter die Form der öffentlich-rechtlichen Unterbringung.
5.1.1 Voraussetzungen einer sofortigen Unterbringung nach § 10
HFEG
Liegen die Voraussetzungen für eine Unterbringung nach § 1 Abs. 1
oder 2 mit hoher Wahrscheinlichkeit vor und ist Gefahr in Verzug,
kann die allgemeine Ordnungsbehörde oder die Polizeibehörde die
sofortige Ingewahrsamnahme anordnen und vollziehen.103
Ein rechtlicher Kenntnisstand der Polizisten ist hierbei unerlässlich. Der Spruch
Unwissenheit schützt vor Strafe nicht, gilt ebenso für die Polizei, wie für das Ge-
genüber. Die Folgen einer rechtswidrigen Unterbringung können einen unge-
rechtfertigten Eingriff in die Grundrechte des Betroffenen beinhalten und den An-
fangsverdacht einer Freiheitsentziehung im Amt erheben. Tangiert werden dabei
Art. 2 (2) Satz 2 und 3 i. V. m. Art. 104 (1)(2) GG.
Um eine Person gemäß § 10 HFEG als Polizeibeamter einweisen zu dürfen,
müssen die Voraussetzungen des § 1 HFEG vorliegen und zusätzlich Gefahr in
Verzug bestehen. Demnach kann eine Unterbringung nur in Erwägung gezogen
werden, wenn es sich um „geisteskranke, geistesschwache, rauschgift- oder al-
koholabhängige Personen“104 handelt. Hierunter fallen folgende psychische
Krankheitsbilder:
- die organischen (exogenen) Psychosen
- die endogenen Psychosen
- die Psychopathien und Neurosen
- der Schwachsinn (Oligophrenie, Intelligenzminderung)105
Das bloße Vorhandensein einer psychische Krankheit oder Suchtabhängigkeit
reicht für eine Unterbringung allerdings noch nicht aus. Zusätzlich muss eine Ge-
fährdungslage für den Betroffenen selbst oder für andere bestehen.106
Die Beurteilung der Voraussetzungen für eine Unterbringung kann sich für die
Polizei problematisch gestalten:
Bei einer durchgeführten Verkehrskontrolle ist es für den Polizeibeamten zum
Beispiel nur schwer bis überhaupt nicht zu beurteilen, ob ein Konsum von Alkohol
und/ oder Drogen, der bei dem kontrollierten Fahrer festgestellt worden ist, auf
eine Sucht schließen lässt oder nicht. Eine Suchtabhängigkeit liegt dann vor,
wenn sowohl eine „psychische und körperliche Abhängigkeit von einer Sub-
102 Vgl. HFEG- Kommentar (2007), S.13. 103 Vgl. GVBl (1952), § 10 HFEG; S.11. 104 Ebd., § 1 (1) HFEG; S.11. 105 Mann (2007), S.33-34. 106 Vgl. GVBl (1952), §1 (1)(2) HFEG; S.11.
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stanz“107 besteht, die bei dem Betroffenen im Falle des Ausbleibens des Kon-
sums zu Entzugserscheinungen führt und/ oder eine unstillbare Begierde aus-
löst.108 Diese Beurteilung stellt die Polizei in diesem Fall vor ein Problem, da eine
Verkehrskontrolle in der Regel lediglich eine Momentaufnahme des Gegenübers
darstellt. Im beschrieben Fallbeispiel kann nicht ohne weiteres auf das Vorhan-
densein physischer und psychischer Abhängigkeiten geschlossen werden, wenn
nicht noch weitere Hinweise diesbezüglich vorliegen. Ähnlich verhält es sich auch
bei denkbar anderen Situationen unter Beteiligung von Personen unter Alkohol-
oder Drogeneinfluss. Dieses Problem stellt sich umso mehr bei einer Beurteilung,
ob eine psychische Krankheit vorliegt oder nicht, da selbst für klinische Psycho-
logen nicht jede psychische Auffälligkeit erkennbar ist.109 So ist es beispielsweise
nach dem Tod eines verstorbenen Ehepartners schwer feststellbar, ob sich der
Hinterbliebene nur in einer Trauerphase oder schon in einer Depression befindet.
Ein weiteres Problem stellt die Abgrenzung der einfachen Gefahr von der erheb-
lichen Gefahr im polizeirechtlichen Sinne dar. Eine einfache Gefahr besteht dann,
„wenn eine Sachlage oder ein Verhalten bei ungehinderten Ablauf des objektiv
zu erwartenden Geschehens in absehbarer Zeit mit hinreichender Wahrschein-
lichkeit ein polizeilich geschütztes Rechtsgut schädigen wird.“110 Zum Einstieg in
diese Problematik sollen zunächst die folgenden zwei Fallbeispiele betrachtet
werden:
Im ersten Fall ruft Frau B. die Polizeidienststelle in Eschwege an und sagt, sie
befürchte, dass sich ihre Freundin, die Frau L., umbringen wolle. Frau L. sei de-
pressiv, habe sich vor Jahren schon einmal geritzt und sei in der letzten Zeit wie-
der in einer sehr depressiven Stimmung. Durch das von Frau B. beobachtete
Verhalten ihrer Freundin besteht zweifelsfrei eine Gefahr für diese, denn bei un-
gehindertem Geschehensablauf kann mit hinreichender Wahrscheinlichkeit an-
genommen werden, dass polizeilich geschützte Rechtsgüter, hier die körperliche
Unversehrtheit und das Leben der Freundin, tangiert werden können. Auf den
Fall bezogen besteht durch das Vorverhalten der Freundin die Möglichkeit, dass
sich diese in Folge ihrer depressiven Stimmung erneut ritzen, im schlimmsten
Fall sogar umbringen könnte. Zur Beurteilung der erheblichen Gefahr müssen zu
der einfachen Gefahr für die Freundin von Frau B. allerdings noch konkrete An-
haltspunkte dafür vorliegen, dass diese Rechtsgüter mit hoher Wahrscheinlichkeit
beeinträchtigt werden.111 Dies würde in Abwandlung des Beispiels dann vorlie-
gen, wenn sich die Freundin bei gleicher Vorgeschichte von ihrer Freundin ver-
abschiedet und dieser gesagt hätte, dass sie sich das Leben nehmen wolle. Hier
stellen das Verabschieden und das Artikulieren von Suizidgedanken konkrete
Anhaltspunkte für die Beeinträchtigung der bedrohten Rechtsgüter dar, die dann
auch der gesteigerten Wahrscheinlichkeit gerecht werden. Lassen sich bei die-
sen beiden Fallkonstellationen die beiden Gefahrenbegriffe noch relativ leicht
107 Mann (2007), S. 34. 108 Vgl. ebd., S. 34. 109 Vgl. Litzcke (2003), S. 32. 110 Mann (2007), S.35. 111 Vgl. ebd., S. 29.
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voneinander abgrenzen, stellt sich die Beurteilung der zwischen beiden Gefah-
renstufen liegenden Grauzone für den Polizeibeamten problematisch dar. Dies
wäre beispielsweise dann der Fall, wenn in der Fallabwandlung die Verabschie-
dung oder das Artikulieren der Suizidabsicht fehlen würde. Unkommentiert sollen
in diesem Zusammenhang die Gefahrenbegriffe der Anschein- und Scheingefahr
bleiben.112
Die Beurteilung der Fremd- und Eigengefahr, der Erforderlichkeit und der Gefahr
in Verzug stellen aus Sicht des Verfassers kein Problemfeld dar.
5.1.2 Die Rolle des Richters
Aus dem Gesetzestext des HFEG geht hervor, dass „unverzüglich eine richterli-
che Entscheidung über die Zulässigkeit und Fortdauer der sofortigen Ingewahr-
samnahme herbeizuführen“113 ist. Das bedeutet, dass die Polizei zwar eine psy-
chisch auffällige Person einweisen kann, dass diese aber, ohne eine richterliche
Anordnung, nach 24 Stunden aus der Unterbringung entlassen werden muss.
Somit ist ein Richter für den Verbleib eines Betroffenen in einer Unterbringung
nach § 10 HFEG unerlässlich. Aufgrund der 24 Stunden- Regelung muss sehr
schnell gehandelt werden. Die Geschäftsstelle des zuständigen Richters in E-
schwege, das Amtsgericht, muss mittels einer Kopie, die über die polizeiliche
Anordnung informiert, unverzüglich kontaktiert werden. In dieser wird um eine
eilige Entscheidung gebeten. Das nachfolgende Formular bildet ein Muster-
exemplar ab:
112 Vgl. Mann (2007), S. 36. 113 GVBl (1952), § 10 HFEG; S.11.
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Abbildung 4 Formular Unterbringung Teil 1
Zum einen besteht die Anordnung aus dem hier ersichtlichen Briefkopf und zum
anderen aus dem eigentlichen Informationsblatt, wie im Folgenden zu sehen ist:
- 22 -
Abbildung 5 Formular Unterbringung Teil 2
Wie auf beiden Formularen mit einem Blick zu erkennen ist, wird durch das groß
geschriebene Eilt sehr! schnell deutlich gemacht, dass die richterliche Entschei-
dung unverzüglich zu fällen ist. Auch ist auf dem ersten Blatt ersichtlich, dass es
an das Amtsgericht adressiert worden ist, das hier in Eschwege die Geschäfts-
stelle des Richters darstellt. Neben dem Amtsgericht erhalten auch die psychiat-
rische Klinik, in Eschwege das ZPP, der Betroffene selbst, die für den Betroffe-
nen zuständige Stadt-/ Gemeindeverwaltung und die Angehörigen diese Anord-
nung. Auf dem zweiten Blatt werden die persönlichen Daten des Betroffenen und
vor allem der Grund der Unterbringung eingetragen.
5.2 PsychKG NRW
Das PsychKG ist ein modernes Gesetz zur Unterbringung von Personen. Es ist in
den meisten Bundesländern existent und fällt unter die öffentlich- rechtliche Un-
terbringungsmöglichkeit. In diesem Kapitel soll aufgezeigt werden, in welchen
Ländern es bereits ein PsychKG gibt. Zudem wird das PsychKG NRW hinsicht-
- 23 -
lich der sofortigen Unterbringung genauer analysiert und mit dem HFEG vergli-
chen. Das PsychKG NRW ist am 17.12.1999 in Kraft getreten.114
5.2.1 In welchen Bundesländern gibt es ein PsychKG?
Es gibt in Berlin, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern,
Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Sachsen, Sachsen-
Anhalt, Schleswig-Holstein, Thüringen ein PsychKG.115
5.2.2 Voraussetzungen einer sofortigen Unterbringung nach § 14
PsychKG NRW
Um mit Hilfe des PsychKG NRW eine Person einweisen zu können, sind hier,
ebenso wie bei dem HFEG, die Voraussetzungen zu prüfen. Diese sind aus
§ 11 (1) PsychKG NRW zu entnehmen. Für eine Unterbringung muss eine
Selbst- oder Fremdgefährdung vorliegen, die aus einer psychischen Krankheit
resultiert. Zudem muss die Gefährdung erheblich116 und gegenwärtig sein117: „(2)
Von einer gegenwärtigen Gefahr im Sinne von Absatz 1 ist dann auszugehen,
wenn ein schadenstiftendes Ereignis unmittelbar bevorsteht oder sein Eintritt
zwar unvorhersehbar, wegen besonderer Umstände jedoch jederzeit zu erwarten
ist.“118 Der erste Absatz beschreibt darüber hinaus, dass die Gefahr nicht anders
als durch eine Unterbringung abgewendet werden kann. Das bedeutet, dass eine
Erforderlichkeit gegeben sein muss.119
Mit Hilfe des § 14 PsychKG NRW können psychisch kranke Personen sofort un-
tergebracht werden. Genauso wie bei dem § 10 HFEG muss Gefahr in Verzug
vorliegen.120 Neben dieser ist die Unterbringung durch das PsychKG NRW an
eine weitere Bedingung geknüpft, die das HFEG nicht beinhaltet. Dabei handelt
es sich um ein ärztliches Zeugnis, das vorliegen muss und maximal 24 Stunden
alt sein darf. Dieses muss von einem Arzt ausgestellt sein, der Kenntnisstand des
Fachbereichs der Psychiatrie besitzt. Steht ein derartiger Arzt nicht zur Verfü-
gung und handelt es sich bei dem Betroffenen um einen Patienten, der dauerhaft
erkrankt ist, dann genügt ein Attest durch den Hausarzt. Der Arzt muss denjeni-
gen, der Untergebracht werden soll, selbstverständlich selbst untersucht ha-
ben.121
Des Weiteren wird im § 14 PsychKG NRW auch die Dauer der Unterbringung
geregelt. Wird der Betroffene untergebracht, muss eine richterliche Entschei-
dung, wie auch beim HFEG, nachträglich und unverzüglich herbeigeführt werden.
114 Vgl. Dodegge und Zimmermann (2011), S. 24. 115 Vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Psychisch-Kranken-Gesetz 18.01.2014. 116 Definitionen von Begrifflichkeiten aus dem PsychKG, die in vorigen Kapiteln definiert und nie-
dergeschrieben wurden, werden hier nicht erneut aufgeführt. 117 GV NRW (2011), § 11 PsychKG NRW; S. 587. 118 Ebd., § 11 (2) PsychKG NRW; S.587. 119 Vgl. Dodegge und Zimmermann (2011), S. 27. 120 GV NRW (2009), § 14 PsychKG NRW; S. 750. 121 Vgl. Dodegge und Zimmermann (2011), S. 30-31.
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Dies ist von großer Bedeutung, da der Betroffene bei Nichteinhaltung dieser Re-
gelung am folgenden Tag wieder entlassen werden muss.122 Anders als beim
HFEG ist bei dem PsychKG NRW einzig die Ordnungsbehörde bei Gefahr in
Verzug für die Unterbringung zuständig. Die Polizei besitzt somit nur eine Neben-
rolle, denn sie ist gemäß §§ 4 VwVfG NRW, 47 PolG NRW lediglich bei der Voll-
zugshilfe involviert.123 Die Verhältnismäßigkeit ist zu wahren.124
5.2.3 Unterschiede zwischen HFEG und PsychKG NRW
HFEG PsychKG NRW
- vorliegen einer Eigen-
/Fremdgefährdung aufgrund
psychischer Krankheit und/
oder Suchtabhängigkeit
- vorliegen einer Eigen-
/Fremdgefährdung aufgrund
psychischer Krankheit (Such-
tabhängigkeit inbegriffen)
- Gefahr in Verzug für sofortige
Unterbringung
- Gefahr in Verzug für sofortige
Unterbringung
- ärztliches Zeugnis über Be-
troffenen (max. 24 Std. alt)
durch einen Arzt der Psychi-
atrie und Psychotherapie
- Durchführung der sofortigen
Unterbringung durch die
Ordnungs-/Polizeibehörden
- Durchführung der sofortigen
Unterbringung durch die Ord-
nungsbehörde
- Polizei nur Vollzugshilfe
- unverzüglicher Antrag auf
Anordnung für Unterbringung
an zuständiges Amtsgericht
- unverzüglicher Antrag auf An-
ordnung für Unterbringung an
zuständiges Amtsgericht
Wie sich auf einen Blick erkennen lässt, liegen für beide Gesetze die gleichen
Grundvoraussetzungen vor. Die Unterschiede sind durch Unterstreichungen in
der rechten Spalte kenntlich gemacht. In Nordrhein Westfalen wird für eine sofor-
tige Unterbringung immer ein ärztliches Zeugnis benötigt. Entscheidend ist in
diesem Kontext auch die Rolle der Polizeibehörden in Nordrhein Westfalen.
Dadurch, dass die Polizei bei einer sofortigen Unterbringung nach dem PsychKG
NRW nur Vollzugshilfe leistet, ist sie nicht aktiv am Entscheidungsprozess invol-
viert. An dieser Stelle wird das Ordnungsamt tätig.
5.3 Zwischenfazit
Das HFEG ist 1952 in Kraft getreten und stellt seitdem das Unterbringungsgesetz
in Hessen dar. Es dient ausschließlich der Gefahrenabwehr und ist im Vergleich
zu anderen Unterbringungsgesetzen nicht mehr auf dem aktuellsten Stand. Der
122 Vgl. GV NRW (2009), § 14 PsychKG NRW; S. 750. 123 Vgl. Dodegge und Zimmermann (2011), S. 29. 124 Vgl. Dodegge und Zimmermann (2011), S. 27.
- 25 -
§ 10 HFEG befähigt den Polizeibeamten bei Gefahr in Verzug Personen für ma-
ximal 24 Stunden ohne richterliche Anordnung unterzubringen. Dies kann für
Polizeibeamte problematisch sein, denn sie müssen sowohl psychische Krank-
heiten, als auch Suchtabhängigkeiten erkennen können. Zudem haben sie das
Ausmaß der Gefahr zu beurteilen, da nur eine erhebliche Gefahr eine Unterbrin-
gung rechtfertigt.
Sowohl Herr J., Polizeihauptkommissar in Eschwege, als auch Herr v. H. sind
davon überzeugt, dass eine Unterbringung für Polizeibeamte problematisch sein
kann. Herr J. führt an, dass Polizeibeamte lediglich als Hobbypsychologen agie-
ren können, da innerhalb der Ausbildung kein umfassender Kenntnisstand über
den Umgang mit psychisch Kranken gewonnen werde. Daher ist es für ihn nur
schwer nachvollziehbar, warum man der Polizei diese Aufgabe zuteile. Als weni-
ger problematisch empfindet er dagegen das Erkennen einer Suchtabhängig-
keit.125 Herr v. H. sieht im Aufgabenbereich der Unterbringung sogar eine Über-
forderung für die Polizeibeamten. Da die Polizei durch das HFEG die alleinige
Entscheidungsgewalt besitze und daher eine große Verantwortung trage, stün-
den sie, nach seinem Empfinden, unter enormen Druck. Er fügt hinzu, dass Poli-
zeibeamte eben keine vollausgebildeten Mediziner sein könnten, sondern viel
eher als Fachmänner für die Beurteilung einer Gefahr anzusehen seien.126 Herr
Dr. S., Richter am Amtsgericht in Eschwege, hingegen hat keine Bedenken,
wenn Polizeibeamte in der Pflicht stehen, Menschen bei Gefahr in Verzug unter-
bringen zu müssen. Seiner Meinung nach benötige man auch kein spezielles
Fachwissen, um eine Person unterzubringen. Ein gesunder Menschenverstand
und eine gutes Wahrnehmungsvermögen, über die Polizeibeamte in der Regel
verfügen, seien vollkommen ausreichend.127 Somit liegen, was die Erkennung
psychischer Krankheiten und die alleinige Entscheidungsgewalt der Polizisten
angeht, unterschiedliche Meinungen vor.
Die Möglichkeit, dass Polizeibeamte eine Unterbringung rechtswidrig anordnen
und somit einen schwerwiegenden Eingriff in die Grundrechte des Betroffenen
begehen, ist im Kontext mit Unterbringungen stets gegeben. Diese Meinung wird
ebenfalls durch Herrn J. geteilt, der zu bedenken gibt, dass die eine oder andere
Unterbringung durch die Polizei rechtswidrig sein könnte.128 Herr v. H. sieht die
Situation dagegen gelassener. Seiner Ansicht nach gebe es keine rechtswidrige
Unterbringung, sondern lediglich eine zwischenzeitliche Fehlplatzierung.129 Dies-
bezüglich nimmt auch Herr Dr. S. Stellung. Er erklärt, dass Polizeibeamte seiner
Auffassung nach nur dann rechtswidrig handeln könnten, wenn sie eine Person
aus absoluter Willkür heraus unterbringen würden. Dadurch, dass Polizeibeamte
die Betroffenen lediglich für maximal 24 Stunden unterbringen können und so-
wohl ein Richter, als auch ein Arzt spätestens am Folgetag der Unterbringung,
125 Vgl. Experteninterview mit Herrn J. vom 14.01.2014 (s. Anlage 1). 126 Vgl. Experteninterview mit Herrn v. H. vom 29.01.2014 (s. Anlage 3). 127 Vgl. Experteninterview mit Herrn Dr. S. vom 21.01.2014 (s. Anlage 2). 128 Vgl. Experteninterview mit Herrn J. vom 14.01.2014 (s. Anlage 1). 129 Vgl. Experteninterview mit Herrn v. H. vom 29.01.2014 (s. Anlage 3).
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eine zusätzliche Entscheidung über den Verbleib des Betroffenen treffen müs-
sen, sieht er die Grundrechte des Betroffenen umfassend geschützt.130
Das PsychKG NRW dagegen regelt die sofortige Unterbringung einzig und allein
durch das Ordnungsamt. Polizisten dienen lediglich der Vollzugshilfe und tragen
keine Verantwortung im Entscheidungsprozess. Für eine sofortige Unterbringung
wird ein ärztliches Zeugnis benötigt, das Aufschluss über das Krankheitsbild ge-
ben und unrechtmäßige Unterbringungen verhindern soll. Die Einführung eines
PsychKG in Hessen würden alle drei Experten sehr begrüßen. Herr J. sieht darin
vor allem eine Entlastung für die Polizei.131 Herr v. H. betrachtet die Einführung
eines PsychKG in Hessen etwas umfassender. Er gibt an, dass sowohl die Be-
troffenen selbst, als auch die Polizei Vorteile aus einem derartigen Gesetz ziehen
könnten. Zum einen könnte eine bessere Versorgung der Patienten gewährleistet
werden und zum anderen könnte die Verantwortung der Unterbringungsent-
scheidung von der Polizei genommen und auf mehrere Institutionen verteilt wer-
den. Da das PsychKG im Unterbringungsprozess Experten auf dem Gebiet der
Psychiatrie einfordert, könnten ebenfalls anderweitige, unter anderem auch ge-
waltfreiere Maßnahmen getroffen werden.132 Herr Dr. S. sieht die Situation des
Patienten durch die Regelungen des PsychKG ebenfalls deutlich verbessert und
hält in diesem Kontext das HFEG als reines Gesetz zur Gefahrenabwehr für ab-
solut überholt.133
6 Die Interaktion zwischen Polizei und psychisch
Kranken
6.1 Welche Probleme können in Kontaktsituationen entstehen?
Wenn es in dieser Arbeit um die Interaktion zwischen Polizeibeamten und psy-
chisch Kranken geht, dann ist vor allem die Situation gemeint, in der ein Betroffe-
ner durch die Polizei untergebracht werden soll. Grundproblem jeder Unterbrin-
gung ist es, dass die Voraussetzungen nach § 10 HFEG vorliegen müssen. Wel-
che Schwierigkeiten sich dabei ergeben können, wurde bereits umfangreich er-
läutert. Zu wissen, dass die Voraussetzungen für eine Unterbringung gegeben
sind, bedeutet jedoch nicht automatisch, dass eine Unterbringung sofort und oh-
ne Probleme durchgeführt werden kann, schließlich muss eine Eigen- oder
Fremdgefährdung durch die Polizei abgewendet werden. Dass dies nicht immer
funktionieren kann, zeigt folgendes Beispiel:
2013 ist in Berlin ein psychisch kranker Mann erschossen worden, weil er mit
einem Messer auf einen Polizeibeamten losgegangen war. Der Mann legte sich
zuvor nackt in einen Brunnen und verletzte sich mit seinem Messer. Natürlich war
auch die Polizei vor Ort gewesen, denn auch hier galt es die Gefahr für den sich
130 Vgl. Experteninterview mit Herrn Dr. S. vom 21.01.2014 (s. Anlage 2). 131 Vgl. Experteninterview mit Herrn J. vom 14.01.2014 (s. Anlage 1). 132 Vgl. Experteninterview mit Herrn v. H. vom 29.01.2014 (s. Anlage 3). 133 Vgl. Experteninterview mit Herrn Dr. S. vom 21.01.2014 (s. Anlage 2).
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selbst verletzenden Mann abzuwehren. Aus diesem Grund stieg ein Polizeibeam-
ter in den Brunnen und näherte sich dem Mann. Als dieser jedoch mit dem Mes-
ser auf ihn zukam, schoss der Polizist zum Selbstschutz auf ihn und verletzte ihn
dabei tödlich.134
Zweifellos handelte es sich bei dem Mann um einen psychisch Kranken, bei dem
die Voraussetzungen einer Unterbringung nach dem HFEG vorgelegen haben.135
Eine Unterbringung hätte somit ohne weiteres durchgeführt werden dürfen, wenn
die Eigengefährdung des Betroffenen und die sich aus der Interaktion entwickel-
te Gefahr für den Polizeibeamten hätten abgewendet werden können. Das Bei-
spiel veranschaulicht die Unberechenbarkeit, die der Umgang mit psychisch
Kranken mit sich bringt. Auch wenn der Polizeibeamte die Voraussetzungen ei-
ner Einweisung richtig erkennt, so kann die Durchführung der Unterbringung
selbst nicht immer plangemäß von statten gehen. Es gibt eine Reihe von Prob-
lemen, die in der unmittelbaren Kontaktsituation mit psychisch Kranken auftreten
können. Da allerdings jeder Fall unterschiedlich ist, ist es unmöglich alle Konflikte
zu erfassen. Trotzdem sollen innerhalb dieses Kapitels einige Schwierigkeiten
aufgeworfen und diskutiert werden.
Generell ist der Kontakt mit psychisch Kranken auf verschiedenste Art und Weise
konfliktbehaftet. Gerade der Fall aus Berlin zeigt deutlich, dass es im Umgang mit
psychisch Kranken immer wieder zu Gewalt kommen kann. Dass ein erhöhtes
Gewaltrisiko besteht, wird sowohl durch Studien136, als auch durch Polizeibeamte
selbst belegt, die den Kontakt mit dieser Personengruppe als gefährlich und un-
berechenbar einschätzen und eine Belastung darin sehen.137
Es gibt es keine konkrete Zahl, durch die die Kontakthäufigkeit zwischen Polizei-
beamte und psychisch Kranke ausgedrückt wird. Dies wird vor allem damit be-
gründet, dass Polizeibeamte nicht alle psychischen Auffälligkeiten erkennen und
deuten können. Einzig und allein jene, die sich deutlich von einem normalen Ver-
halten abgrenzen, werden durch die Polizeibeamten eindeutig wahrgenommen.
Demnach bestehen in 25-33% der Fälle Kontaktsituationen zwischen der Polizei
und psychisch kranken Menschen.138
Bestimmte Deliktsfelder wie „Familienstreitigkeiten, Alkoholabhängigkeiten, oder
Suizidgefährdungen“139 treten immer wieder im Zusammenhang mit psychisch
kranken Menschen auf und stellen eine besondere Gefahr für enge Familienmit-
glieder, Freunde und Bekannte dar. Polizeibeamten sind im besonderen Maße
betroffen, da sie aufgrund der Konfrontierung in der Öffentlichkeit grundsätzlich
immer ein Ziel von Gewalt darstellen können.140
Daher ist es umso wichtiger für die Polizei, Strategien im Umgang mit psychisch
Kranken zu entwickeln. Dabei klaffen jedoch Anspruch und Wirklichkeit häufig
134 Vgl. Hasselmann (2013). 135 Der Vorfall fand zwar im Bundesland Berlin statt, wird in dieser Arbeit aber auf das Bundesland
Hessen projiziert. 136 Vgl. Litzcke (2003), S. 38-39. 137 Vgl. ebd., S.29. 138 Vgl. Litzcke (2003), S. 27. 139 Schütt (2007), S. 5. 140 Vgl. ebd. S. 5.
- 28 -
auseinander. Die Polizei ist darauf geschult, Konflikte zu lösen und ein professio-
nelles Verhalten an den Tag zu legen. Professionalität im Polizeialltag bedeutet
„sachlich und emotional unbeteiligt [zu] sein“141, ein „routiniertes Durchführen des
Auftrags“142 zu bewältigen und „keine psychologischen Probleme nach Einsatz-
ende“143 zu haben. Die Konfrontation mit einem psychisch Kranken stellt in den
meisten Fällen jedoch eine Ausnahmesituation dar, in der es schwerfällt, diesen
Handlungsrichtlinien zu folgen. Die Aussicht auf eine Konfliktlösung ist im Um-
gang mit einer psychisch kranken Person nicht gegeben. Die Ursache der Krank-
heit lässt sich nicht so einfach bekämpfen, wie beispielsweise ein Verstoß gegen
die Straßenverkehrsordnung. Diese Tatsache stimmt die Polizisten unzufrieden,
da sie das Gefühl haben, dem eigenen Anspruch nicht gerecht werden zu kön-
nen.144 Das eigene Rollenverständnis kann ebenfalls ins Wanken geraten, sobald
die Polizei in Kontakt mit hilfsbedürftigen, psychisch erkrankten Personen gerät.
Die soziale Fürsorge, die vor allem den älteren, an Demenz erkrankten Men-
schen gebührt, entspricht nicht dem typischen Aufgabengebiet der Polizei, so-
dass sich Polizeibeamte mit dieser Aufgabe gegebenenfalls nicht identifizieren
können.145
Polizeibeamte verfolgen in der Regel drei verschiedene Handlungsstrategien,
wenn es zu einer Konfrontation mit psychisch Kranken kommt. Die am häufigsten
verwendete Maßnahme seitens der Polizei ist die, die mit Worten auf den Be-
troffenen einzugehen und zu beruhigen versucht. Diese gehegte Absicht kann
allerdings auch, je nach Krankheitsbild, ins genaue Gegenteil umschlagen und
zusätzliche Aggressionen bei dem Gegenüber schüren. Darüber hinaus versucht
die Polizei Hilfestellungen für den psychisch Erkrankten zu leisten, sei es in Form
von Beratung oder in begleitender Funktion. Gewalt sollte in jedem Fall die letzte
Option sein, kann allerdings durch eine aggressive Wirkungsweise des Gegen-
übers oder aus eigenen Empfindungen, wie Angst oder Frustration heraus sowie
zur Durchführung des Auftrags unerlässlich sein.146
Die Bemühungen, im Umgang mit psychisch Kranken strategisch vorzugehen,
erweisen sich in der Realität in den meisten Fällen als untauglich. Fakt ist, dass
es keine allgemeine Richtlinie für den Umgang mit psychisch Kranken gibt. Daher
ist es von großer Bedeutung, in dem Moment der direkten Konfrontation so viele
Informationen wie möglich wahrzunehmen. Verhaltensbeobachtungen spielen
daher eine wichtige Rolle, wenn Polizeibeamte auf psychisch Kranke treffen.147
Verschiedenste Verhaltensformen, beispielsweise „eine übertriebene Motorik“148
des Gegenübers, können Aufschluss über die nächsten Handlungsschritte ge-
ben. Diesbezüglich wurden diverse Untersuchungen durchgeführt. So können
Hinweise aus der Sprache, aus bestehender Unruhe sowie der Gewalt gegen-
141 Litzcke (2003), S. 67. 142 Ebd., S. 67. 143 Ebd., S. 67. 144 Vgl. Ebd., S. 68. 145 Vgl. ebd., S. 75. 146 Vgl. ebd., S.68. 147 Vgl. Schütt (2007), S. 36. 148 Ebd., S. 41.
- 29 -
über Gegenständen für die Polizei gewonnen werden149. Zudem gibt es eine Rei-
he weiterer Verhaltensweisen, die mit psychisch Kranken in Verbindung stehen
und durch Steinert herausgearbeitet wurden:
Feindselige Grundstimmung mit deutlicher Tönung von Angst und
Ärger,
Psychomotorische Erregung, Anspannung und innere Unruhe,
Eingeschränkte Selbstkontrolle: bizarres, rasch wechselndes und
hochgradig ambivalentes Verhalten, eigener Wunsch des Patien-
ten nach Fixierung,
Verbale Gewaltandrohung,
Gewalttätige Gesten, Sachbeschädigungen (Vandalismus),
Kein Ansprechen auf Kontakt- und Behandlungsangebote durch
Arzt oder Bezugsperson,
Fehlende Rückzugsmöglichkeiten, z.B. erkennbar bevorstehende
Zwangseinweisung oder Zwangsbehandlung.150
Um mögliche Problematiken mit psychisch Kranken aus dem Weg zu gehen, ist
ein Kenntnisstand über psychische Krankheiten und dem Umgang mit dieser
Personengruppe ein ganz wichtiger Faktor. Hat man einen Menschen gegen-
überstehen, der an Schizophrenie leidet, muss man mit diesem anders umgehen,
als mit jemanden, der gesund ist. Dies soll anhand des nachfolgenden Beispiels
der Schizophrenie aufgezeigt werden:
151
Abbildung 6 Einsatzkarten: Beispiel der Schizophrenie
149 Vgl. Litzcke (2003), S. 64. 150 Ebd. (2003), S. 64. 151 Heubrock (2009).
- 30 -
Diese Karte, die durch den Verlag der Polizeiwissenschaft herausgegeben wur-
de, beschäftigt sich mit psychischen Krankheiten, in diesem Fall mit Schizophre-
nie. Ganz oben werden die allgemeinen Merkmale der Schizophrenie und darun-
ter Empfehlungen, wie man mit einem psychisch Kranken umgehen sollte, darge-
legt. So wird z.B. beschrieben, dass man schizophrene Personen aussprechen
lassen und aktiv zuhören soll. Dies sind nur zwei der 20 Punkte, die eine Interak-
tion mit diesem Krankheitsbild verbessern können. Ebenfalls wird darauf hinge-
wiesen, was besser im direkten Umgang unterlassen werden sollte. So sollen
Konfrontationen sowie Freundschafts- und Beziehungsangebote vermieden und
dem Gegenüber genug Raum gelassen werden. Somit kann ein guter Kenntnis-
stand über eine psychische Erkrankung für den Polizisten hilfreich sein, um letzt-
lich die Konfliktsituation bewältigen zu können.
Wie das Beispiel der Schizophrenie aufzeigt, spielt in der Interaktion mit psy-
chisch Kranken das eigene Verhalten eine große Rolle, da Polizeibeamte auf
lokale Gegebenheiten, wie die Räumlichkeiten vor Ort152 und das Krankheitssta-
dium des polizeilichen Gegenübers153 keinen Einfluss nehmen können.
Die Kommunikation ist ein wichtiges Mittel, das die Polizei im Umgang mit psy-
chisch Kranken nicht unterschätzen sollte. Im Allgemeinen wird zwischen verba-
ler und nonverbaler Kommunikation unterschieden. Im Bereich der verbalen
Kommunikation können Probleme entstehen, da psychisch Kranke aufgrund ihrer
Erkrankung das ihnen Gesagte nicht mehr richtig einordnen können.154 Wie oben
bereits beschrieben, stellt es sich also als überaus wichtig dar, wie dem Gegen-
über etwas gesagt wird, damit eine beschwichtigende, statt eine aggressive
Grundstimmung hervorgerufen werden kann. Bei der nonverbalen Kommunikati-
on geht es um den Distanzbereich zum Gegenüber. Es gibt vier verschiedene
Bereiche der Distanz. Diese sind die intime-(0-45 cm), die persönliche-(45-120
cm), die soziale- (120-270 cm) und die öffentliche (>4 m) Distanz.155 Sowohl für
den Polizeibeamten, als auch für das polizeiliche Gegenüber stellen Distanzen
eine wichtige Rolle dar. Diese kennzeichnen sowohl die Ebene der Beziehung
als auch den Bereich der Sicherheit. Zwar sollten Polizeibeamte, unter anderem
aus Eigensicherungsgründen, den Sicherheitsabstand wahren, allerdings kann
selbst dieser von dem Gegenüber als bedrohlich empfunden werden. Die Distanz
ist somit eine Kategorie, die von jedem unterschiedlich wahrgenommen wird.
Während für den einen die soziale Distanz zum Gegenüber vollkommen akzep-
tabel erscheint, könnte diese für den anderen immer noch zu intim oder persön-
lich sein und aggressives Verhalten fördern.156 Diese unterschiedlichen Reakti-
onsweisen sind auch in Situationen mit psychisch Kranken zu berücksichtigen
(siehe ebenfalls Karte der Schizophrenie).157
152 Vgl. Schütt (2007). S. 37. 153 Vgl. ebd., S. 41. 154 Vgl. ebd. S. 38-39. 155 Vgl. Krauthan (2013), S. 124-125. 156 Vgl. ebd., S. 125. 157 Vgl. Schütt (2007), S. 39.
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Ebenso können sich weitere Probleme aus Erfahrungswissen und eigens gebil-
deten Stereotypen hervortun. Da sich im polizeilichen Alltag jedoch nicht jede
Einsatzlage genau gleich verhält und es immer wieder zu Abweichungen kommt,
können Fehleinschätzungen und somit Fehler jederzeit entstehen, welche im
Umgang mit psychisch Kranken zu Gewalt und Aggressionen führen können.
Ebenso wirken sich voreiliges, provokantes, patriarchales, aber auch passives
Verhalten gewaltfördernd im Umgang mit psychisch Kranken aus.158 Darüber
hinaus birgt die Unterschätzung von psychisch Kranken weitere Gefahren für die
Polizei. Diese werden oft als hilflos angesehen, dennoch verfügen sie in vielen
Fällen „über weitaus größere Steuerungsfähigkeit“ 159 , als man es sich vorstellen
kann.
Das eigene Verhalten kann aber nur dann angepasst werden, wenn es durch
Aus- und Fortbildungsmaßnahmen dahingehend auch geschult wird. Dies scheint
allerdings weitestgehend bei Polizeibeamten nicht der Fall zu sein. Die zu dem
Vorfall in Berlin befragten Polizeibeamten gaben in dem Zeitungsartikel an, dass
sie sich im Umgang mit psychisch Kranken nicht ausreichend ausgebildet fühlen.
Auch Bodo Pfalzgraf von der Deutschen Polizeigesellschaft unterstützte die Aus-
sage der Beamten in dem Sinn, dass er es als wünschenswert betrachte, wenn
es Angebote im Bereich der Weiterbildungen im Umgang mit psychisch Kranken
geben könnte.160 Tatsache ist, dass es in Hessen ebenfalls ein Ausbildungsdefizit
für den Umgang mit psychisch Kranken geben könnte. Diesbezüglich gab der
ZPD folgendes an:
Unseres Wissens nach gibt es keine Fort- und Weiterbildungs-
maßnahmen, die sich an die Kolleginnen und Kollegen des polizei-
lichen Einzeldienstes richten. […] Für spezielle Zielgruppen inner-
halb der Polizei (z. B. Verhandlungsgruppen) gibt es im Rahmen
ihrer Qualifikation sehr wohl Ausbildungsinhalte, die sich mit psy-
chischen Problemstellungen befassen.161
Daher ist eine Überforderung der Polizeibeamten im Tätigkeitsbereich mit
psychisch Kranken mit hoher Wahrscheinlichkeit in Hessen und somit auch
im Werra- Meißner- Kreis nicht auszuschließen.
Die Problematiken, die generell durch die Interaktion mit psychisch Kranken her-
vorgerufen werden können, können sich im Fall einer Unterbringung weiterhin
verschärfen. Zu beachten ist dabei, dass der Betroffene bei einer Unterbringung
gegen seinen Willen in einer psychiatrischen Unterbringung gebracht werden
soll. Daher kann davon ausgegangen werden, dass psychisch Kranke in solchen
Situationen ein gesteigertes Gewaltpotential an den Tag legen können.162 Diese
Meinung vertritt ebenfalls Herr J.:
Bei dem Umgang mit Betrunkenen, Suchtkranken und psychisch labi-
len oder kranken Menschen kann es immer zur Anwendung unmittel-
158 Vgl. ebd., S. 37-38. 159 Füllgrabe (2012), S. 35. 160 Vgl. Dassler (2013). 161 Vgl. E- Mail mit Herrn P. des Zentral Psychologischen Dienstes vom 22.01.2014 (s. Anlage 4). 162 Vgl. Litzcke (2003), S. 77.
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baren Zwangs kommen. Das impliziert oftmals schon die Situation
und das Aufeinandertreffen zwischen der Staatsgewalt und der be-
treffenden Person. Wer lässt sich schon gern in die Psychiatrie ein-
weisen.163
Dies wird zudem durch eine Studie bestätigt, wonach Gewalt durch psychisch
Kranke vor allem dann auftreten kann, „wenn diese sich zu einem Verhalten ge-
zwungen sehen, dem sie sich nicht gewachsen fühlen“.164 Da die sofortige Un-
terbringung gegen den Willen des Betroffen durchgeführt werden soll, kann dies
ebenfalls eine Ursache von Gewalt darstellen.
Die Situation der Unterbringung ist nicht alleinig auf die Interaktion zwischen dem
Polizisten und dem psychisch Kranken zu beschränken. Das soziale Umfeld des
Betroffenen kann nicht ohne weiteres von dem Geschehen ausgeschlossen wer-
den. Das Schicksal des Angehörigen ist schließlich auch Teil der Familie und
somit wird diese ihr Recht auf Mitbestimmung kenntlich machen. Die Polizei
muss sich somit in den meisten Fällen nicht nur gegenüber der psychisch kran-
ken Person, sondern auch gegenüber deren Angehörigen für ihre Maßnahmen
rechtfertigen. Die Durchsetzung einer Unterbringung ist zwar letztlich Sache der
Polizei, doch wird von vielen Seiten versucht, darauf Einfluss zu nehmen. Neben
der Familie können es auch beliebige Bürger sein, die die Polizei in ihrer Ent-
scheidung zu beeinflussen versuchen.165
6.2 Zwischenfazit
Direkte Kontaktsituationen mit psychisch Kranken können für die Polizei immer
problematisch sein. Dies ist vor allem durch ein erhöhtes Gewaltrisiko und durch
eine Unberechenbarkeit, die von psychisch Kranken ausgehen kann, zu erklären.
Dies wird auch durch Herrn J. bestätigt, der anmerkt, dass das Verhalten von
psychisch kranken Personen augenblicklich von der einen in die andere Stim-
mungslage umschwenken kann.166 Personen, die sich im unmittelbaren Umfeld
befinden, sind eher von Gewalt betroffen als Außenstehende. Eine Ausnahme
bilden dagegen Polizeibeamte, die von Berufs wegen des Öfteren mit psychisch
Kranken konfrontiert sind. Dass es dabei in jedem zweiten Fall zu unmittelbaren
Zwang durch die Polizei kommen kann, bestätigt Herr Dr. Seubert. Jedoch kön-
nen Polizeibeamte nach seiner Ansicht und der von Herrn v. H. durch ihre bloße
Präsenz eine deeskalierende Wirkung auf den psychisch Kranken erzielen und
der Gefahr ohne konkrete Maßnahmen entgegenwirken.167 168
Polizeibeamte sehen den Kontakt mit psychisch Kranken dahingehend als prob-
lematisch an, da sie in den Konfliktsituationen selbst keine Ursachen bekämpfen
und lösen können. Auch fällt es ihnen schwer, die Arbeit mit hilflosen, an Demenz
erkrankten Menschen in ihr Rollenverständnis zu integrieren. Eine falsche Kom-
163 Experteninterview mit Herrn J. vom 14.01.2014 (s. Anlage 1). 164 Litzcke (2003), S. 63. 165 Vgl. ebd., S. 29 und 75. 166 Vgl. Experteninterview mit Herrn J. vom 14.01.2014 (s. Anlage 1). 167 Vgl. Experteninterview mit Herrn v. H. vom 29.01.2014 (s. Anlage 3). 168 Vgl. Experteninterview mit Herrn Dr. S. vom 21.01.2014 (s. Anlage 2).
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munikations- oder Verhaltensweise, die aus fehlendem Fachwissen resultieren
kann oder durch erfahrungsorientiertes Handeln gegebenenfalls hervorgerufen
wird, kann in der Regel Aggressionen bei psychisch Kranken auslösen. Diese
Meinung vertritt auch Herr J.. Er erklärt, dass die Erfahrung im polizeilichen Alltag
eine wichtige Konstante darstellt, die allerdings im Umgang mit psychisch Kran-
ken eine gewisse Gefahr mit sich bringen könnte. Er betont, dass in diesem poli-
zeilichen Tätigkeitsbereich höchste Konzentration aufzubringen ist und eine
ständige Beobachtung erfolgen muss.169 Herr v. H. bestätigt, dass das Verhalten
von Polizeibeamten Aggressivität fördern kann. Dies sei dann der Fall, wenn die
Polizeibeamten nur darauf bedacht sind, die Gefahr abzuwehren und jegliche
soziale Komponente gegenüber psychisch Kranken vermissen lassen.170
Gerade in den Unterbringungssituationen, in denen Betroffene gegen ihren Wil-
len in eine psychiatrische Klinik gebracht werden sollen, ist verstärkt mit Gewalt
zu rechnen. Dies ist Herrn v. H. zu Folge auch kaum anders zu erwarten, da die
Voraussetzung der Eigen- und Fremdgefährdung grundsätzlich eine Gefahr im-
pliziert.171 Eine zusätzliche Erschwernis bilden das soziale Umfeld des psychisch
Kranken sowie unbeteiligte Bürger, die versuchen, auf die Entscheidung der Po-
lizei Einfluss zu nehmen.
Befragte Polizeibeamte aus Berlin gaben an, sich nicht sicher im Umgang mit
psychisch Kranken zu fühlen. Dieses Problem könnte ebenso in Hessen gege-
ben sein, da laut dem ZPD im Umgang mit psychisch Kranken keine Fort- und
Weiterbildungsangebote für den Einzeldienst angeboten werden.
7 Zusammenarbeit zwischen Polizei, Psychiatrie und
Amtsgericht
7.1 Problembeschreibung aus Sicht des Polizeibeamten Herrn
Jatho172
Herrn J. zufolge ist die Zusammenarbeit der verschiedenen Institutionen gele-
gentlich mit Problemen behaftet. Bei der Einweisung von psychisch Kranken wird
eine Kooperation von verschiedenen Einrichtungen vorausgesetzt. Dabei komme
es immer wieder zu verschiedenen Auffassungen. So könne ein behandelnder
Arzt eine ganz andere Sichtweise auf den Umgang mit dem psychisch Kranken
vertreten als die Polizei. In diesem Zusammenhang könne die rechtliche Position
der Polizei als Entscheidungsträger gegenüber dem eigentlich besser ausgebil-
deten Arzt zu Disharmonie führen.
Die Polizei wiederum könne sich ausgenutzt fühlen, wenn sie zu unterstützenden
Maßnahmen in die personell unterbesetzte Psychiatrie gerufen wird. In diesem
Kontext erinnert sich Herr J. an eine Situation zurück, in der durch einen Polizei-
beamten körperliche Gewalt gegenüber einem anderen Patienten angewendet
169 Vgl. Experteninterview mit Herrn J. vom 14.01.2014 (s. Anlage 1). 170 Vgl. Experteninterview mit Herrn v. H. vom 29.01.2014 (s. Anlage 3). 171 Vgl. ebd. 172 Vgl. Experteninterview mit Herrn J. vom 14.01.2014 (s. Anlage 1).
- 34 -
wurde. Da diese Umgangsweise von dem Krankenhauspersonal missbilligt wur-
de, wurde der Polizeibeamte trotz seiner Unterstützung in der unterbesetzten
Psychiatrie wegen Körperverletzung im Amt angezeigt. Seit diesem Vorfall werde
umso genauer geprüft, ob eine polizeiliche Unterstützung im ZPP wirklich not-
wendig sei.
Ebenfalls würden die Situationen als belastend empfunden, in denen die Polizei
ein paar Tage nach einer Unterbringung wieder mit derselben Person zu tun ha-
be, weil der Arzt/ Richter die Meinung einer klinischen Unterbringung nicht vertre-
ten und die Person am Folgetag ihrer Einweisung wieder entlassen wird.
7.2 Problembeschreibung aus Sicht des Richters Dr. Seubert173
Herrn Dr. S. zufolge kann es zu Unstimmigkeiten zwischen der Polizei und den
Mitarbeitern der Psychiatrie kommen, wenn es um die Voraussetzungen der Un-
terbringung des Betroffenen geht. Dabei ginge es vor allem um das Für und Wi-
der der Haftfähigkeit und der Einweisung.
Er beschreibt, dass man sich jährlich zusammensetze und über Problematiken
und gemeinsame zukünftige Wege diskutiere. Zudem würdigte Herr Dr. S. die
Zusammenarbeit mit der Polizei in der Hinsicht, dass diese auch zu den norma-
len Geschäftszeiten, wenn die Richter verhindert sind, Unterbringungen durch-
führe.
Herr Dr. S. weist darauf hin, dass sich die personelle Situation im ZPP problema-
tisch gestalten könne. Durch Unterbesetzungen, vor allem zur Nachtzeit, und
durch ein zu schwach besetztes männliches Pflegepersonal, müsse die Polizei in
dem einen oder anderen Fall bei der täglichen Aufgabenbewältigung in der Psy-
chiatrie behilflich sein.
7.3 Problembeschreibung aus Sicht des Chefarztes Herrn v. H.174
Die Zusammenarbeit der Psychiatrie mit der Polizei und dem Gericht im Werra-
Meißner- Kreis beurteilt Herr v. H. als nahezu reibungslos. Es gebe nur wenige
Situationen, in denen es ihm zufolge zu Differenzen und Machtkämpfen kommen
könne. Diese können durch unterschiedliche Meinungen über Krankheitsbilder
und der einzelnen Persönlichkeitsstrukturen der miteinander korrespondierenden
Personen hervorgerufen werden. Darunter fallen auch Entscheidungen, ob der
Betroffene besser in der Psychiatrie oder in der Gewahrsamszelle der Polizei
aufgehoben ist.
Trotz einer gut funktionierenden Kooperation hält Herr v. H. eine noch engere
Zusammenarbeit zur Lösung von Problemen für unabdingbar. Zwar fände bereits
ein jährliches Treffen an einem Runden Tisch statt, an dem Vertreter der Polizei,
der Psychiatrie und des Gerichts teilnehmen, dennoch plädiert Herr v. H. für eine
regelmäßigere Zusammenkunft auch auf der Arbeitsebene, um sich besser ken-
nenzulernen und die Zusammenarbeit für die Zukunft zu stärken.
173 Vgl. Experteninterview mit Herrn Dr. S. vom 21.01.2014 (s. Anlage 2). 174 Vgl. Experteninterview mit Herrn v.H. vom 29.01.2014 (s. Anlage 3).
- 35 -
7.4 Zwischenfazit
Alle Vertreter der jeweiligen Institutionen beschreiben, dass die Arbeit miteinan-
der in der Regel gut verläuft. Jährliche Zusammenkünfte an einem Runden Tisch
fördern demnach eine gute Zusammenarbeit und tragen zu Problemlösungen
bei. Etwas kritischer beäugt Herr v. H. die Situation. Er bemängelt, dass bisher
kein direkter Informationsaustausch unter den Mitarbeitern der Psychiatrie und
den Polizeibeamten stattfände. Dies sei für ihn sehr wünschenswert, da es zu
einem besseren Kennenlernen führe und zu einer verbesserten Zusammenarbeit
beitrage.175 Wenn Probleme in der Zusammenarbeit bezüglich der sofortigen Un-
terbringungen entstehen, dann sind es für gewöhnlich Einzelfälle, die, laut Dr.
Seubert, bedauerlicher Weise immer vorkommen könnten. Als Beispiel nannte er
die Situation, in der es ein an der Borderline- Störung erkrankter Mensch ge-
schafft hatte, sich in der Gewahrsamszelle der Polizei mit einer Rasierklinge Ver-
letzungen zuzufügen. Vorausgegangen war eine Fehlentscheidung der Polizei,
die eine Haftfähigkeit bejahte, obwohl das Fachpersonal der Psychiatrie diese
verneinte.176
Dass unterschiedliche Meinungen über Krankheitsbilder entstehen können, be-
jahten alle Experten übereinstimmend. Die Uneinstimmigkeiten beruhen in die-
sem Bereich Herrn v. H. zufolge auf den einzelnen Persönlichkeitsstrukturen der
an dem Einweisungsprozess mitwirkenden Parteien. Er erklärt, dass es teilweise
zu Machtkämpfen unter den Beteiligten kommen kann, wenn niemand von seiner
Meinung abweichen möchte. Dieses Problem ist nach Herrn J. unter anderem auf
die rechtliche Situation zurückzuführen. Da die Polizei gemäß dem HFEG die
Entscheidungsgewalt über den Verbleib eines Betroffenen besitzt, kann diese
jeder Zeit die Meinung eines ausgebildeten Arztes überstimmen.177 Herr von Ha-
gen beschreibt diese Situationen folgendermaßen, dass sich mindestens ein Be-
teiligter ungerecht behandelt oder missverstanden fühlt. Da es hier in der Zu-
sammenarbeit um die Unterbringung nach dem § 10 HFEG geht, können diese
Konfliktsituationen vor allem dann entstehen, wenn es um folgende Fragen geht:
Liegen genug Anhaltspunkte vor, die eine Unterbringung rechtfertigen würden
oder soll der Betroffene in die Psychiatrie oder in der Gewahrsamszelle der Poli-
zei untergebracht werden?
Darüber hinaus bemängeln sowohl Herr Jatho als auch Herr Dr. S. die personelle
Unterbesetzung der Psychiatrie. Insbesondere der Mangel an männlichem Pfle-
gepersonal wird von beiden kritisiert, da es diesem zufolge eher zu Gewaltaus-
schreitungen in der Psychiatrie kommen könne. Herr v. H. sieht diesen Zustand
jedoch nicht als Problem an. Seiner Meinung nach würde das männliche Perso-
nal viel eher zu Gewalt auf den Stationen verleiten, wodurch die Polizei im äu-
ßersten Fall ebenfalls zur Unterstützung hinzugezogen werden müsste.178 Wenn
man über die verschiedenen Meinungen hinwegsieht, so bleibt festzuhalten, dass
ein angespanntes Verhältnis zwischen Polizei und Psychiatrie in Folge der per- 175 Vgl. Experteninterview mit Herrn v. H. vom 29.01.2014 (s. Anlage 3). 176 Vgl. Experteninterview mit Herrn Dr. S. vom 21.01.2014 (s. Anlage 2). 177 Vgl. Experteninterview mit Herrn J. vom 14.01.2014 (s. Anlage 1). 178 Vgl. Experteninterview mit Herrn v. H. vom 29.01.2014 (s. Anlage 3).
- 36 -
sonellen Situation entstehen kann. Das Konfliktpotential wird nicht zuletzt durch
das von Herrn J. geschilderte Beispiel, des wegen körperlicher Gewalt angezeig-
ten Polizisten, deutlich.
Dagegen lobt Herr Dr. S. vor allem die Zusammenarbeit mit der Polizei. Er er-
klärt, dass die Polizei auch zu den üblichen Geschäftszeiten Unterbringungen
durchführen würden, wenn er oder ein anderer Richter gerade verhindert seien.
8 Tätigkeitsbereich der Polizei
8.1 Fallzahlenentwicklung von 2009 bis 2013179
8.1.1 PD Werra- Meißner
In diesem Kapitel soll aufgezeigt werden, wie sich die Fallzahlen der Einweisun-
gen, die in den letzten fünf Jahren durch die Polizei im Werra- Meißner- Kreis
durchgeführt worden sind, verhalten. Ziel der Analyse soll es sein, mögliche
Schwerpunkte zu erkennen. Dabei soll der zeitliche Aspekt sowie das Verhältnis
zwischen Mann und Frau in Betracht gezogen werden. Auch werden die Fallzah-
len den Polizeistationen Eschwege, Witzenhausen, Sontra, Hessisch Lichtenau
und dem Polizeiposten Bad Sooden- Allendorf zugeordnet.180
Wie sich die Fallzahlen in den letzten fünf Jahren entwickelt haben, lässt sich nun
anhand der nachfolgenden Grafiken demonstrieren.
2009 2010 2011 2012 2013
97 99 113 112 115
Grafik 1: Unterbringung pro Jahr
Die Einweisungen des Werra- Meißner- Kreises steigen kontinuierlich. Von 97
Einweisungen im Jahr 2009 hat die Unterbringungszahl 2013 einen Höchststand
von 115 erreicht. Dies stellt eine durchschnittliche Zahl von 107,2 Einweisungen
pro Jahr dar. Lediglich das Jahr 2012 weist einen geringeren Wert zum Vorjahr
auf, jedoch beträgt die Differenz nur eine Fallzahl.
2009 2010 2011 2012 2013 Jahre
- 1,02% 1,14% -0,99% 1,03%
Wachstumsrate
zum Vorjahr
179 Vgl. Fallzahlen Polizeidirektion Werra-Meissner von 2009-2013 (s. Anlage 4). 180 Die Fallzahlen von der PD Werra- Meißner sind an dieser Stelle mit den Einweisungsdaten der
Betroffenen wiedergegeben. Alle Berechnungen und erstellten Tabellen sind vom Verfasser
durchgeführt worden. Die einzelnen Fallzahlen sind in Anlage 5 ersichtlich.
- 37 -
Grafik 2: Wachstumsrate der Einweisungen zum Vorjahr
Der steigende Trend ist besonders gut an den prozentualen Werten erkennbar.
Abgesehen vom Jahr 2012 zeichnen sich positive Steigungen ab, die sich zwi-
schen 1,02% und 1,14% bewegen.
Nun soll ein Blick auf die einzelnen Monate geworfen werden.
2009 2010 2011 2012 2013
Durchschnitt/ Jahres-
übergreifend/ Monat
12 10 8 3 16 Januar 49
4 10 7 5 5 Februar 31
2 4 7 6 11 März 30
4 6 9 14 12 April 45
13 12 10 9 7 Mai 51
12 8 10 7 9 Juni 46
10 6 9 11 11 Juli 47
7 11 15 16 7 August 56
8 11 9 6 6 September 40
8 9 6 7 14 Oktober 44
10 6 12 12 12 November 52
7 6 11 16 5 Dezember 45
Grafik 3: Betrachtungsweise der Einweisungen pro Monat
Zu sehen sind nun alle Einweisungen, die in den einzelnen Monaten der vergan-
gen fünf Jahre zu verzeichnen sind. Dabei ist ersichtlich, dass sich die Einwei-
sungen zwischen 2 und 16 Fällen pro Monat bewegen. Um einen Monatsschwer-
punkt ausfindig zu machen, sind auf der rechten Seite der Tabelle alle Monate
der letzten fünf Jahre als Summe berechnet worden. Somit kann herausgelesen
werden, dass sich die Fallzahlen zwischen 30 (März) und 56 (August) bewegen.
Dies ergibt eine Differenz von 26 Einweisungen, was ca. ein Viertel eines durch-
schnittlichen Jahres darstellt. Alle anderen Monate liegen im Bereich von 31 bis
51 Einweisungen. Somit liegen 9 von 12 Monaten nicht unerheblich unter den 56
Fällen. Daher stellt der August den einweisungsstärksten Monat dar.
- 38 -
Des Weiteren soll ein Blick auf die einzelnen Quartale gelegt werden.
2009 2010 2011 2012 2013 Quartal Gesamt Durchnschnitt
18 24 22 14 32 1. Quartal 110 22
29 26 29 30 28 2. Quartal 142 28,4
25 28 33 33 24 3. Quartal 143 28,6
25 21 29 35 31 4. Quartal 141 28,2
Grafik 4: Quartalsberechnung
Die Gesamtzahlen der vier Quartale liegen dicht beieinander. Das erste Quartal
liegt mit 110 Fällen im Vergleich zu dem dritten Quartal, das 143 Fällen verzeich-
net, am weitesten zurück. Auch an den Durchschnittswerten ist erkennbar, dass
sich das dritte Quartal mit 28,6 Einweisungen am deutlichsten von dem ersten
Quartal mit 22 Einweisungen abhebt. Die Quartale zwei und vier liegen mit 142
und 141 Einweisungen dicht an dem dritten Quartal. Somit stellt das dritte Quar-
tal mit den Monaten August, September und Oktober das einweisungsstärkste
Quartal dar.
8.1.2 Polizeidienststellen Eschwege, Sontra, Witzenhausen, Hes-
sisch Lichtenau und Polizeiposten Bad Sooden- Allendorf
Ebenfalls können die Fallzahlen den Polizeistationen und dem Polizeiposten im
Werra- Meißner- Kreis zugeordnet werden.
Jahr Eschwege
Hessisch
Lichtenau Sontra
Witzen-
hausen
Bad Sooden-
Allendorf Gesamt
2009 69 14 1 12 1 97
2010 67 13 0 19 0 99
2011 78 12 3 20 0 113
2012 78 14 1 18 1 112
2013 72 20 1 22 0 115
Gesamt 364 73 6 91 2 536
Grafik 5: Einweisungszahlen der Stationen
Insgesamt liegen in den vergangenen fünf Jahren 536 Fälle im Werra- Meißner-
Kreis vor. Von diesen stellt Eschwege mit 364 Einweisungen den größten Teil
dar. Dies liegt zum einen daran, dass die Pst. Eschwege im Werra- Meißner-
Kreis die größte Dienststelle darstellt. Zum anderen ist die Polizei in Eschwege
auch dann zuständig, wenn Patienten die Psychiatrie verlassen wollen, obwohl
ihr Gesundheitszustand das jedoch nicht zulässt. Daher wird von Seiten der Psy-
chiatrie, außerhalb der Geschäftszeiten, eine Einweisung durch die Polizei nach
HFEG gefordert. Witzenhausen weist mit 91 Fällen die meisten Einweisungen
nach Eschwege auf. Bad Sooden- Allendorf muss gesondert betrachtet werden,
da sich dort nur ein Polizeiposten befindet, der lediglich mit Tagdienst versehen
und somit nicht durchgehend besetzt ist. Somit ist zu erkennen, dass der Pst.
- 39 -
Bereich Eschwege, mit einer Differenz von 273 Einweisungen zu Witzenhausen,
die meisten Unterbringungen zu tätigen hat. Dies ist auch deutlich anhand der
durchschnittlichen Werte pro Jahr und pro Monat zu erkennen:
Grafik 6: Einweisungszahlen der Stationen pro Jahr und pro Monat
8.1.3 Verhältnis zwischen Frau und Mann
In diesem Bereich soll analysiert werden, wie oft Männer und Frauen von den
Einweisungen durch die Polizei betroffen sind. Allerdings konnte bei den Nach-
forschungen über das Geschlecht nicht immer herausgelesen werden konnte, ob
in dem jeweiligen Fall ein Mann oder einer Frau eingewiesen wurde. Diese sind
in den Grafiken mit unbekannt gekennzeichnet.
Jahr Männer Frauen unbekannt Gesamt
2009 68 24 5 97
2010 55 39 5 99
2011 66 46 1 113
2012 66 46 0 112
2013 72 43 0 115
Gesamt 327 198 11 536
Grafik 7: Einweisungsverhältnis von Männern und Frauen
Während in den vergangenen fünf Jahren Männer 327 Mal eingewiesen worden
sind, stellen Frauen mit 199 Einweisungen einen weitaus geringeren Anteil dar.
Die Zahlen der Einweisungen im Jahr 2009 unterscheiden sich deutlich im Ge-
schlechtervergleich. Jedoch ist zu erkennen, dass die Fallzahlen der Frauen in
den folgenden Jahren einen steigenden Trend aufweisen und sich denen der
Männern weiter annähern.
Kategorie Männer Frauen Unbekannt Gesamt
Anzahl 327 198 11 536
Prozent 61,01% 36,94% 2,05% 100,00%
Grafik 8: Prozentuales Verhältnis Männer/ Frauen
Dienststellen Eschwege
Hessisch
Lichtenau Sontra Witzenhausen
Bad
Sooden-
Allendorf Gesamt
Durchschnitt
pro Jahr 72,8 14,6 1,2 18,2 0,4 107,2
Durchschnitt
pro Monat 6,07 1,22 0,1 1,52 0,03 8,93
- 40 -
Aus den prozentualen Werten wird der Unterschied zwischen Männern und
Frauen ebenfalls ersichtlich. In der Gesamtbetrachtung über die fünf Jahre hin-
weg, können ca. 2/3 der Einweisungen den Männern zugeordnet werden.
2009 2010 2011 2012 2013 Jahre
104.580 103.750 103.109 101.843 100.913 Einwohnerzahl
97 99 113 112 115 Einweisungen
Grafik 9: Vergleich Unterbringungsfälle und Bevölkerungszahlen des Werra-
Meißner- Kreises181
Die Einwohnerzahl des Werra- Meißner- Kreis ist in den vergangenen fünf Jahren
rückläufig. Dem gegenüber stehen die Einweisungszahlen, die im gleichen Zeit-
raum kontinuierlich gestiegen sind. Daraus ist abzuleiten, dass in den vergangen
Jahren ein immer größerer werdender Teil der Einwohner im Werra- Meißner-
Kreis von Einweisungen betroffen war.
8.2 Zwischenfazit
Es ist festzuhalten, dass die Anzahl der Einweisungen im Werra- Meißner- Kreis,
die durch die Polizei durchgeführt wurden, von 2009 bis 2013 gestiegen ist. Zu-
dem scheint von Jahr zu Jahr ein größerer Anteil der Einwohner von Einweisun-
gen betroffen zu sein. Zu dieser Tendenz haben sich alle drei Experten in den
Interviews geäußert.
Herr J. begründet die wachsende Zahl der Einweisung zum einen mit dem
Standort der Psychiatrie im Werra- Meißner- Kreis und zum anderen mit der ste-
tig steigenden Zahl der psychischen Erkrankungen in der Gesellschaft.182
Herr Dr. S. und Herr v. H. liefern unterschiedliche Erklärungsansätze für diese
Entwicklung. Herr Dr. S. sieht das Problem unter anderem in den demographi-
schen Gegebenheiten des Landkreises. Durch ein hohes Durchschnittsalter und
ein niedriges Einkommen seien soziale Probleme und schwierige Lebenssituatio-
nen unvermeidbar. Er fügt hinzu, dass im Werra- Meißner- Kreis doppelt so viele
Unterbringungen stattfinden wie im hessenweiten Durschnitt.183 Herr von Hagen
sieht dagegen in der Öffentlichkeit als auch der Politik, die ein erhöhtes Sicher-
heitsbedürfnis in der Gesellschaft befürwortet, einen weiteren Grund für die ho-
hen Unterbringungszahlen. Seiner Erfahrung nach neigen Menschen eher dazu
eine Person unterzubringen, als sich mit dem Vorwurf einer unterlassenen Hilfe-
leistung konfrontieren zu müssen.184
Wenn es um den geschlechtsspezifischen Vergleich geht, stellen die Männer, die
von fast 2/3 der Einweisungen betroffen sind, einen weitaus größeren Teil dar als
Frauen. Dass Männer am häufigsten untergebracht werden, liegt Herrn von Ha-
181 Vgl. Bevölkerungszahlen des Werra- Meißner- Kreises, Auskunft durch den Kreisausschuss, (s.
Anlage 6). 182 Vgl. Experteninterview mit Herrn J. vom 14.01.2014 (s. Anlage 1). 183 Vgl. Experteninterview mit Herrn Dr. S. vom 21.01.2014 ( s. Anlage 3). 184 Vgl. Experteninterview mit Herrn v. H. vom 29.01.2014 (s. Anlage 3).
- 41 -
gen zufolge daran, dass diese über einen höheren Testosteron- Spiegel verfü-
gen und daher eher zu Gewalt neigen als Frauen.185
Einen weiteren Grund für die hohe Unterbringungszahl sieht Herr Dr. S. in dem
Drehtüreffekt. Durch finanzielle Einschnitte seitens der Krankenkassen würden
viele Patienten schneller aus der Psychiatrie entlassen werden. Langfristige The-
rapiemöglichkeiten würden nicht weiter finanziert, wodurch die Rückfallquote an-
steige.186 Dem pflichtet Herr v. H. bei. Ihm zufolge gebe es zweifellos einen
Drehtüreffekt, durch den die Polizei öfters in Konfliktsituationen mit psychisch
kranken und suchtabhängigen Menschen geraten könnte. Dennoch sieht er den
Drehtüreffekt nicht durchweg negativ, denn mit jedem Rückfall eines Patienten
und der Wiederaufnahme in die Psychiatrie bestünde die Chance, diesen dazu
zu bringen, dass er irgendwann eigenverantwortlich und aus freien Stücken die
Psychiatrie aufsuchen wird.187
Einen weiteren Grund für die zunehmende Zahl an Unterbringungen sehen alle
drei Experten in den Wohnunterkünften für Suchtabhängige im Werra- Meißner-
Kreis. Diese kommen aus der gesamten Bundesrepublik und müssen bei mehr-
maligen Rückfällen das Wohnheim verlassen. Anschließend leben sie meist ohne
soziale Kontakte und ohne festen Wohnsitz weiterhin im Werra- Meißner- Kreis.
Sobald diese aufgrund ihrer Sucht eine Gefährdungslage hervorrufen und einge-
wiesen werden, finden sie sich unter den Fallzahlen des Werra- Meißner- Kreises
wieder.188
9 Fazit
Aus der geschichtlichen Einordnung geht hervor, dass die Psychiatrie viele Ent-
wicklungsstadien durchlaufen hat. Ausgehend von der reinen Verwahrungsan-
stalt, die sie bis zur Psychiatrie- Enquete zweifelsfrei darstellte, hat sie sich heute
zu einem medizinischen Fachgebiet entwickelt, in dem psychisch Kranke thera-
piert und auf die eigenen Beine, zurück ins Leben gebracht werden können. Das
HFEG ist 1952 in Kraft getreten, gilt nur in Hessen und fällt unter die öffentlich-
rechtliche Form der Unterbringungsmöglichkeit. Da das HFEG lediglich ein Ge-
setz zur Gefahrenabwehr darstellt und den fürsorglichen Charakter eines
PsychKG vermissen lässt, kann festgehalten werden, dass es sich im Gegensatz
zu der Psychiatrie nicht weiterentwickelt hat und keinesfalls dem heutigen Ent-
wicklungsstand entspricht, dennoch aber funktioniert.
Die Voraussetzungen des § 10 HFEG können diverse Problematiken aufwerfen,
die von den Experten im Rahmen der Interviews wahrgenommen und diskutiert
werden. Seitens der Polizei und der Psychiatrie wird die Entscheidung, ob psy-
chische Erkrankungen den Grund einer Gefährdungslage darstellen, als proble-
matisch und belastend eingestuft. Dem steht die Meinung von Herrn Dr. S. ge-
185 Vgl. ebd. 186 Vgl. Experteninterview mit Herrn Dr. S. vom 21.01.2014 (s. Anlage 2). 187 Vgl. Experteninterview mit Herrn v. H. vom 29.01.2014 (s. Anlage 3). 188 Vgl. Experteninterviews mit Herrn J. vom 14.01.2014, Herrn Dr. S. vom 21.01.2014 und Herrn v.
H. vom 29.01.2014 (s. Anlagen 1,2,3).
- 42 -
genüber, der die Erfahrung und die Menschenkenntnis der Polizeibeamten für
vollkommen ausreichend hält, um Unterbringungsvoraussetzungen richtig zu
erkennen. Fehlentscheidungen können im schlimmsten Fall zu einer unrechtmä-
ßigen Unterbringung führen und wegen Freiheitsentziehung im Amt geahndet
werden. Dies kommt nach Meinung der Psychiatrie und des Gerichts wenig bis
gar nicht vor, da die Polizei im Werra- Meißner- Kreis in der Regel nach bestem
Wissen handelt und im Zweifelsfall für die Freiheit des Patienten entscheidet.
Daher scheinen, trotz unterschiedlicher Wahrnehmungen, keine weitreichenden
Probleme, bezüglich der Unterbringungsvoraussetzungen, für die Polizeibeamten
zu bestehen.
Die Durchführung der Unterbringung kann für Polizeibeamte durch eigens an den
Tag gelegtes Verhalten oder durch das Handeln des psychisch Kranken jederzeit
problematisch sein. Dass gerade diese Situationen ein erhöhtes Gewaltpotential
hervorrufen können, ist auf den Grund der Maßnahme an sich zurückzuführen.
Zum einen geht es darum, eine Gefährdungslage abzuwehren und zum anderen
soll der Betroffene gegen seinen Willen untergebracht werden, sodass mit Ge-
genwehr seinerseits zu rechnen ist. Darüber hinaus können Verhaltensweisen
jederzeit schwanken, was psychisch Kranke unberechenbar werden lässt. Umso
wichtiger ist ein entsprechendes Fachwissen über den Umgang mit psychisch
Kranken und die jeweiligen Krankheitsbilder, da durch das eigene Verhalten eine
deeskalierende Wirkung erzielt werden kann. Da laut dem ZPD keine Fort- und
Weiterbildungsangebote für Streifendienstbeamte für diesen Tätigkeitsbereich in
Hessen existieren, können Wissensdefizite bestehen und Fehler in der Hand-
lungsweise der Polizeibeamten des Werra- Meißner- Kreises resultieren. Darüber
hinaus besitzen Polizeibeamte Schwierigkeiten, die Arbeit mit Demenzkranken in
ihr Rollenverständnis zu integrieren. Insbesondere im Werra-Meißner-Kreis, wo
zunehmend mehr alte Menschen leben, wird die Polizei um diese Arbeit aller-
dings nicht umhinkommen, sodass die soziale Fürsorge eine immer größere Rol-
le spielen wird.
Die Zusammenarbeit zwischen der Polizei, dem Gericht und der Psychiatrie im
Werra- Meißner- Kreis wurde von den Experten generell für gut befunden. Prob-
leme seien in der Zusammenarbeit nur dann aufgetaucht, wenn es aufgrund un-
terschiedlicher Auffassungen über Krankheitsbilder und einzelnen Persönlich-
keitsstrukturen zu Machtkämpfen komme. Zudem habe ein Negativbeispiel, das
sich auf die Unterstützung der Polizei in der Psychiatrie beruft, dafür gesorgt,
dass das Verhältnis der Polizei zu den Mitarbeitern der Psychiatrie etwas abge-
kühlt sei. Ebenfalls stellen sich die Situationen für die Polizeibeamten als proble-
matisch heraus, in denen Betroffene innerhalb kürzester Zeit wieder entlassen
werden, weil nach Meinung der Richter und der Ärzte die Voraussetzungen einer
Unterbringung nicht mehr vorliegen und wenige Tage später die Polizeibeamten
wieder mit denselben Betroffenen konfrontiert werden.
Aufgrund der Fallzahlanalyse und den Erklärungsansätzen der Experten ist es
höchst wahrscheinlich, dass die Zahl der sofortigen Unterbringungen im Werra-
Meißner- Kreis in den nächsten Jahren weiterhin steigend verlaufen wird. Durch
die demographischen Gegebenheiten des Landkreises, dem Drehtüreffekt, dem
gegenwärtigen Sicherheitsbedürfnis der Öffentlichkeit und den Unterkünften für
- 43 -
Suchtabhängige hat sich im Werra- Meißner- Kreis eine Grundlage geschaffen,
die aktuell eine Vielzahl von Unterbringungen hervorbringt. Dies hat zur Folge,
dass die Polizeibeamten gegenwärtig und auch zukünftig in noch größerem
Ausmaß mit diesem Tätigkeitsbereich zu tun haben könnten.
10 Schlusswort
Zum Abschluss meiner Arbeit möchte ich noch einen Blick in die Zukunft des
Werra- Meißner- Kreises werfen. Mit Hilfe der Robert- Koch- Studie sowie den
Erkenntnissen über die Fallzahlentwicklung im Werra- Meißner- Kreis lässt sich
zweifelsfrei schlussfolgern, dass mit einem Anstieg der Unterbringungszahlen in
Hessen auch zukünftig zu rechnen ist, sodass dieser Tätigkeitsbereich einen
immer wichtigeren Stellenwert für die Polizei besitzen wird. Daher ist die Frage
zu stellen, ob die Polizei als medizinischer Laie auch zukünftig der richtige An-
sprechpartner in diesem Tätigkeitsfeld sein wird. Gerade weil die Bevölkerungs-
zahl im Werra- Meißner- Kreis sinkend und die Unterbringungszahlen steigend
verlaufen, ist es mit einer bloßen Wegsperrung zur Gefahrenabwehr meiner Mei-
nung nach alleine nicht getan. Aus diesem Grund halte ich, genauso wie die In-
terviewexperten, die Einführung eines PsychKG in Hessen für absolut notwendig,
weil die Polizei zum einen nicht mehr als alleiniger Entscheidungsträger zur Ver-
antwortung gezogen werden kann und zum anderen die Bedürfnisse der Patien-
ten mehr in den Vordergrund rücken. Die Polizei würde somit lediglich als Voll-
zugshilfe in eine Situation eingreifen und die handelnde Institution unterstützen.
Ich bezweifle jedoch, dass ein derartiges PsychKG in der nächsten Zeit einge-
führt wird. Neben dem rechtlichen Aspekt müssen auch strukturelle Veränderun-
gen im Kreis vorgenommen werden, damit eine sofortige Unterbringung auch
ohne die Polizei vorgenommen werden kann. Ein Ausbau des Ordnungsamtes
wäre erforderlich, damit dieses auch außerhalb der üblichen Geschäftszeiten
personell in der Lage ist, Unterbringungen durchzuführen. Daher halte ich den
Vorschlag von Herrn von Hagen, kontinuierliche Treffen auf Arbeitsebene zu or-
ganisieren, für sehr wichtig. Problemsituationen könnten somit wesentlich schnel-
ler und vor allem unter den richtigen Adressaten aufgegriffen und diskutiert wer-
den.
Die Auseinandersetzung mit diesem Themengebiet hat es mir ermöglicht, einen
genaueren Überblick über die Unterbringungssituation im Werra- Meißner- Kreis
zu erlangen. Die Ergebnisse der Arbeit haben mir gezeigt, dass trotz der schwie-
rigen rechtlichen Bedingungen in Hessen ein kooperatives Verhalten gegenüber
psychisch Kranken und eine gute Zusammenarbeit zwischen den Institutionen
der Schlüssel zum Erfolg sein kann.
- 44 -
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Anlagen
Anlage 1: Experteninterview mit Herrn J. von der Polizeistation Eschwege am
14.01.2014
Anlage 2: Experteninterview mit Herrn Dr. S. vom Amtsgericht Eschwege am
21.01.2014
Anlage 3: Experteninterview mit Herrn v. H. vom Zentrum für Psychiatrie und
Psychotherapie am 29.01.2014
Anlage 4: E- Mail des Herrn P. des Zentral Psychologischen Dienstes vom
22.01.2014
Anlage 5: Fallzahlen der Unterbringung im Werra- Meißner- Kreis von 2009 bis
2013, letzter Stand 28.01.2014
Anlage 6: Bevölkerungszahlen des Werra- Meißner- Kreises, Auskunft durch den
Kreisausschuss
Erklärung
Ich erkläre, dass ich die vorliegende Arbeit selbständig und ohne Benutzung an-
derer als der angegebenen Hilfsmittel angefertigt habe; die aus fremden Werken
wörtlich oder sinngemäß übernommenen Gedanken sind unter Angabe der Quel-
len gekennzeichnet.
Ich versichere, dass ich bisher keine Prüfungsarbeit mit gleichem oder ähnlichem
Thema bei einer Prüfungsbehörde oder anderen Hochschule vorgelegt habe.
Eschwege, 17.02.2014
Sebastian Grubbe
Anlage 1: Experteninterview mit Herrn J. von der Polizeistation Eschwege
am 14.01.2014
F.: Herr J., bevor wir mit dem Interview anfangen, sind Sie damit einverstanden,
dass ich dieses Interview elektronisch aufzeichne?
A.: Ja.
F.: Herr J., würden Sie mir am Anfang vielleicht erklären, welchen beruflichen
Werdegang Sie bisher in der Polizei gegangen sind?
A.: Ich bin im Jahr 1975 in den Dienst der Hessischen Polizei eingetreten. Nach
meiner Ausbildung versah ich ab 1978 meinen Dienst bei der Hessischen Bereit-
schaftspolizei in Mühlheim am Main. Im Jahr 1981 wurde ich zum RP Kassel ver-
setzt, wo ich als Funksprecher bis zu meiner Versetzung in den Werra-Meißner-
Kreis, im Jahr 1987, dienstlich tätig war. Seit 1987 versehe ich meinen Dienst im
Werra-Meißner-Kreis. Hier war ich über einen längeren Zeitraum bei der Polizei-
station Hessisch-Lichtenau und bin jetzt seit 2001 als Dienstgruppenleiter bei der
Polizeistation Eschwege tätig.
F.: Herr J.. Im Werra- Meißner- Kreis wird, wie in ganz Hessen, Gebrauch vom
HFEG gemacht. Wann sind Sie das erste Mal damit konfrontiert worden?
A.: Das war Ende der 80er Jahre bei der Polizeistation in Hessisch-Lichtenau.
Damals befand sich das psychiatrische Krankenhaus in der Nähe der Gemeinde
Hausen, am Hohen Meißner, im örtlichen Zuständigkeitsbereich der Pst. Heli.
Immer dann, wenn es um die Unterbringung, um den Transport oder um einge-
wiesene Personen nach dem HFEG ging, war die Pst. Heli involviert. Es galt da-
mals wie heute eine Entscheidung auf Grund des § 10 HFEG über den weiteren
Verbleib der Patienten zu treffen oder aber deren Fixierung anzuordnen.
F.: Herr J.. Wie stehen Sie zu den rechtlichen Ansprüchen, die das HFEG vo-
raussetzt? Sehen Sie es als Problem an, dass Polizisten bei Gefahr in Verzug
entscheiden müssen, ob eine psychische Krankheit vorliegt?
A.: Das HFEG datiert auf das Jahr 1952. Was sich der Gesetzgeber damals da-
bei gedacht hat, den Ordnungsbehörden und der Polizei die „Macht“ zu geben,
bei Gefahr im Verzuge geisteskranke, geistesschwache, rauschgift- oder alkohol-
süchtige Personen bei Fremd- oder Eigengefährdung in eine geschlossene
Krankenabteilung einzuweisen, erschließt sich mir nur zum Teil. Alkohol- und
Rauschgiftkranke dürfte ein ausgebildeter Polizeibeamter mit entsprechender
Lebenserfahrung erkennen. Problematischer dürfte das Erkennen von Geistes-
krankheiten oder Geistesschwäche sein, die entsprechende Maßnahmen nach
dem HFEG rechtfertigen, nämlich Eingriffe in die Grundrechte auf körperliche
Unversehrtheit und die Freiheit einer Person nach Art. 2 (2) GG. Da wir als Poli-
zeibeamte nur „Hobbypsychologen“ sind und während des Studiums vielleicht
einen kleinen Exkurs über Geisteskrankheiten im Zusammenhang mit § 20 StGB
genießen durften, ist sicherlich die eine oder andere Einweisung, die tagtäglich in
Hessen durch Polizeibeamte verfügt und durchgeführt wird, rechtlich angreifbar,
was in letzter Konsequenz ein Strafverfahren für den Kollegen wegen Körperver-
letzung im Amt und Freiheitsberaubung bedeuten würde. Dass die Polizeibeam-
ten nach rechtlicher Würdigung der Einzelfälle und nach bestem Wissen handeln,
wird vorausgesetzt.
F.: Herr J.. Neigt man als Polizeibeamter nach einiger Zeit aus Erfahrung zu han-
deln und inwieweit kann Erfahrung eine Gefahr bei Einweisungen darstellen?
A.: Sicherlich spielt die polizeiliche Erfahrung immer eine Rolle im täglichen
Dienst. So auch bei Einweisungen nach dem HFEG. Erfahrung sollte nicht Blind
machen. Die Einschätzung des polizeilichen Gegenübers sollte daher nicht aus-
schließlich auf Erfahrungswerten beruhen, sondern einer stetigen Bewertung
unterliegen. Gerade bei psychisch auffälligen Personen sollte man stets wach-
sam sein und mit den unterschiedlichsten Reaktionen rechnen. Gemütsschwan-
kungen/ Aggressionen/ Angriffe oder aber das genaue Gegenteil wie tiefe De-
pression mit Suizidgedanken. Alles ist möglich und erfordert die Aufmerksamkeit
der Kollegen.
F.: Wie notwendig halten Sie die Einführung eines PsychKG in Hessen?
A.: Hessen ist eines der wenigen Bundesländer, in denen die Polizei ohne einen
Arzt bei Gefahr im Verzug einweisen kann. Eine gesetzliche Regelung in Form
eines PsychKG, die eine Zwangsmedikation durch einen ausgebildeten Arzt bei
Eigen- und Fremdgefährdung fordert und die Polizei hierdurch entlastet, wäre
auch in Hessen wünschenswert.
F.: Herr J. In Berlin wurde letztes Jahr ein Mann erschossen, weil er mit einem
Messer auf einen Polizeibeamten zugegangen ist. Die befragten Beamten gaben
an, sich nicht sicher im Umgang mit psychisch Kranken zu fühlen. Fühlen Sie
sich sicher?
A.: Das subjektive Sicherheitsgefühl im Umgang mit psychisch kranken Men-
schen kann sicherlich durch Kenntnisse über bestimmte Krankheitsbilder verbes-
sern. Ein entsprechendes Lehrgangsangebot sollte daher für Polizeibeamte vor-
handen sein. Wenn ich weiß, wie jemand „tickt“, kann ich ihn sicherlich besser
einschätzen. Dennoch sollte man den Argwohn immer wach halten.
F.: Hat sich seit Ihrer ersten Einweisung bis heute etwas an Ihrem Sicherheitsge-
fühl verändert?
A.: Nein.
F.: Wie sehen Sie die Ausbildungsangebote der Polizei in Hessen zu diesem
Thema?
A.: Darüber kann ich keine Aussage treffen, weil ich nicht weiß, welche Lehrgän-
ge an der HPA angeboten werden.
F.: Wie sehen Sie ihre Kollegen im WMK in diesem Fachbereich der Polizei auf-
gestellt?
A.: Ich habe die genauen Zahlen nicht im Kopf, weiß aber, dass wir im hessen-
weiten Vergleich mit zu den Dienststellen gehören, die am meisten Einweisun-
gen nach dem HFEG durchsetzen. Darüber hinaus werden die Kollegen oftmals
gerufen, um notwendige Fixierungen auf der geschlossenen Station des Klini-
kums per “Zehner“ gesetzkonform zu bestätigen.
F.: Wie sieht es mit dem Thema Gewalt bei Einweisungen im WMK aus?
A.: Das kann man nicht pauschal sagen. Bei dem Umgang mit Betrunkenen,
Suchtkranken und psychisch labilen oder kranken Menschen kann es immer zur
Anwendung unmittelbaren Zwangs kommen. Das impliziert oftmals schon die
Situation und das Aufeinandertreffen zwischen der Staatsgewalt und der betref-
fenden Person. Wer lässt sich schon gern in die Psychiatrie einweisen.
F.: Herr J. Wenn jemand nach dem HFEG durch die Polizei eingewiesen wird,
welche anderen Institutionen sind darin involviert?
A.: Es kommt auf den jeweiligen Einzelfall an. Oftmals das DRK oder andere Ret-
tungsdienste, die die Polizei zur Unterstützung holen, weil sie mit einem „Pati-
enten“ nicht klarkommen oder aber, weil bereits im Vorfeld eine entsprechende
Diagnose oder Einweisung eines Arztes vorliegt. Auch wir als Polizei nutzen von
unserer Seite die Rettungsdienste zum Transport der psychisch Kranken in die
Klinik. Die Polizei fährt oftmals zum Schutz der Rettungssanitäter im RTW mit.
Weiter gibt es von Fall zu Fall eine direkte Zusammenarbeit mit Richtern des
Amtsgerichtes. Spätestens aber nach einer Einweisung im Zuge der Unterrich-
tungspflicht des zuständigen Amtsgericht, da ja der Richter über die Fortdauer
der Einweisung innerhalb von 24 Stunden entscheiden muss. Natürlich ist das
Krankenhaus als aufnehmende Institution mit involviert. Auch die Ordnungsäm-
ter, die im Rahmen der Erstbefassung in die Verlegenheit kommen könnten, eine
Einweisung nach dem HFEG zu veranlassen, bedienen sich ab und an im Rah-
men der Vollzugshilfe polizeilicher Unterstützung, speziell dann, wenn es zur
Gewaltanwendung kommen könnte.
F.: Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit?
A.: Im Regelfall gibt es keine Probleme in der Zusammenarbeit mit den anderen
Behörden und Institutionen.
F.: Gibt/ gab es konkrete Probleme bei der Zusammenarbeit?
A.: Ab und an „knirscht“ es schon mal im Getriebe. Da, wo Menschen an Prob-
lemlösungen zusammenarbeiten, kommt es schon mal zu unterschiedlichen Auf-
fassungen. Dies kann zum Beispiel vorkommen, wenn die psychiatrische Abtei-
lung des Klinikums Kollegen zur Unterstützung zu einem aggressiven oder ge-
fährlichen Patienten hinzuzieht, der nach deren Meinung unbedingt fixiert, also
mit Gurten ans Bett gefesselt werden muss, um ihn vor sich oder das Personal
vor ihm zu schützen. Da in letzter Konsequenz die Entscheidung der Polizei über
der des behandelnden Arztes steht, obwohl dieser psychologisch geschult ist,
kann dies zu Differenzen führen, die dann später am Runden Tisch im Experten-
gremium ausdiskutiert werden. Es kommt vor, dass sich die eingesetzten Kolle-
gen vom Krankenhauspersonal „missbraucht“ fühlen, weil sie zur Unterstützung
gerufen werden, um die teils personell unterbesetzt Station – vor allen an Wo-
chenenden und zur Nachtzeit – bei aggressiven Patienten zu unterstützen, was
eigentlich nicht sein sollte. Ich kann mich einen Fall erinnern, wo sich ein Kollege
nach dem Einsatz mit einem hochgradig aggressiven Patienten, bei dem er un-
mittelbaren Zwang in Form körperlicher Gewalt anwenden musste, sich wegen
Körperverletzung im Amt vor dem Amtsgericht verantworten musste. Das Kran-
kenhauspersonal, was ihn zuvor zur Unterstützung gerufen hatte, hatte ihn in der
Folge wegen der Art seines Einschreitens angezeigt.
F.: Wie ist die Geschichte für den Polizeibeamten vor Gericht ausgegangen? Hat
dieses Ereignis für eine Veränderung in der Zusammenarbeit gesorgt?
A.: Da es "knapp" für den Kollegen wurde und sogar dessen Entlassung aus dem
Polizeidienst im Raume stand, kann man sich vorstellen, dass dies einer gedeih-
lichen Zusammenarbeit zwischen Polizei und Krankenhauspersonal nicht gerade
förderlich war. Seither wird umso genauer geprüft, ob die geforderte oder erbete-
ne polizeiliche Unterstützung immer notwendig ist. Das an sich gute Klima der
Zusammenarbeit hat sich seither etwas abgekühlt, was nicht heißt, dass erforder-
liche Maßnahmen seitens der Polizei abgelehnt würden.
F.: Die Polizei und das Ordnungsamt sind nach Gesetz beide für die sofortige
Unterbringung zuständig, wenn Gefahr in Verzug vorliegt. Wie genau stellt sich
die Zusammenarbeit mit dem Ordnungsamt dar? Ab wann ist das Ordnungsamt
nicht mehr zuständig? Wie funktioniert die Zusammenarbeit mit diesem?
A.: Es gilt der Grundsatz der Erstbefassung, also, die Behörde die als erstes um
eine Entscheidung gebeten wird, ist auch die ausführende Behörde. Dies ist zu
einem sehr hohen Prozentsatz die Polizei, weil der Bürger sich hilfesuchend an
diese wendet. Die Möglichkeit die Ordnungsbehörde anzurufen ist vielen Mitbür-
gern nicht bekannt. Und wenn einer "ausrastete, dann wendet man sich eben an
die Polizei. In den wenigen Fällen wo Ordnungsamt und Polizei zusammenarbei-
ten, gab es in der Vergangenheit keine Probleme.
F.: Herr J. Die Fallzahlen der Einweisungen, die durch die Polizei anfallen, sind
nach meinen Recherchen kontinuierlich steigend bei sinkender Bevölkerung im
WMK. Wie erklären Sie sich das?
A.: Ein Erklärungsansatz liegt wohl in der Tatsache, dass wir im Werra-Meißner-
Kreis zum einen die Suchtstation im Klinikum haben, also per se alkohol- und
drogenkranke Menschen dort von Ärzten eingewiesen werden. Überdies haben
wir im Werra-Meißner-Kreis in Großalmerode und Witzenhausen eine Fachklinik
bzw. ein Therapiezentrum für suchtkranke Menschen. Es kommen also von au-
ßerhalb Menschen mit entsprechen Vorerkrankungen in unseren Kreis, mit denen
wir später immer wieder, speziell im Hinblick auf den § 10 HFEG zu tun haben.
Ich könnte hier Namen nennen, die ich aber aus datenschutzrechtlichen Gründen
nicht nennen werde, die bei uns in Hochzeiten fast wöchentlich im Tätigkeitsbuch
auftauchen, weil sie immer wieder eingewiesen werden. Diese Namen sind auch
den Richtern des AG Eschwege mittlerweile wohl bekannt. Die Polizei weist we-
gen Alkoholkrankheit in Verbindung mit Eigen- und Selbstgefährdung ein, das
Krankenhaus / der zuständige Richter entlässt, weil der Betreffende wieder nüch-
tern ist und deshalb die Voraussetzungen nach Expertenmeinung nicht mehr
vorliegen. Tage später dann das gleiche Spielchen von vorn, was für uns als Po-
lizei unbefriedigend ist. Das Problem ist ganz einfach, dass man manchen Men-
schen nicht helfen kann, weil sie sich nicht helfen lassen wollen.
F.: Der Anteil der eingewiesenen Männer liegt deutlich über dem Wert der Frau-
en. Gibt es dafür eine Erklärung?
A.: Hier kann ich keine konkrete Aussage zu treffen. Vielleicht gibt es eine wis-
senschaftliche Studien, hierüber, die die Ursachen analysiert.
F.: Auch hat die Recherche ergeben, dass in den letzten fünf Jahren die meisten
Einweisungen im August stattgefunden haben. Können Sie das erklären?
A.: Auch hierzu kann ich keine Ursache nennen.
F.: Herr J. In der Psychiatrie gab es einen Standortwechsel vom Meißner in die
Stadt. Welche Probleme sehen in Bezug auf das Einweisungsverhalten?
A.: Als Polizei haben wir für eine Einweisung nach 10 HFEG Fakten zu bewerten,
die sich in dem Verhalten der betroffenen Personen begründen. Dies ist eben die
Eigen- und Fremdgefährdung aus einem Krankheitsbild heraus oder aus dem
vorangegangenen Drogen- und Alkoholkonsum, die eine Unterbringung in einer
entsprechenden Einrichtung rechtfertigen. Ob sich diese Einrichtung innerhalb
der Stadt Eschwege oder aber auf dem Meißner, 15 Kilometer von Eschwege
entfernt befindet, ist für die Entscheidung über eine Einweisung vollkommen
irrelevant.
F.: Herr J. Welche sonstigen Probleme sehen Sie, wenn psychisch kranke Men-
schen im WMK eingewiesen werden und im Umgang mit eben diesen?
A.: Wir als Polizei werden das Problem nicht lösen können. Wir haben die psy-
chiatrische Abteilung im Klinikum und deshalb auch vermehrt mit psychisch kran-
ken Menschen zu tun, weil wir eben örtlich zuständig sind. Wenn man Studien
über psychische Krankheiten Glauben schenken kann, dann werden wir künftig
noch mehr Arbeit auf diesem Gebiet bekommen, weil gerade diese Krankheiten
auf dem Vormarsch sind. Burnout, Depression, Angstattacken, Borderliner, Alko-
hol- und Drogensucht sind einige Krankheitsbilder, mit denen wir als Polizei
dienstlich konfrontiert sind und für die wir Lösungen parat haben müssen. Neben
aller Hilfe, die wir diesen Menschen zukommen lassen, sollten wir immer auf un-
sere Eigensicherung achten. Psychisch kranke Menschen sollten wir nicht unter-
schätzen.
Herr J., vielen Dank, dass Sie sich Zeit für meine Fragen genommen haben.
Anlage 2: Experteninterview mit Herrn Dr. S. vom Amtsgericht Eschwege
am 21.01.2014
F.: Herr Dr. S., sind Sie damit einverstanden, dass ich das Gespräch aufzeichne?
A.: Ja.
F.: Erste Frage Herr Dr. S.. Würden Sie mir bitte ein paar Informationen über
ihren beruflichen Werdegang geben?
A.: Ja, ich habe in Göttingen Rechtswissenschaft studiert, war dann in Greifswald
an der Universität. Dort habe ich meine Promotion verfasst. Mein Referendariat
habe ich in Kassel beim Landgericht gemacht und arbeite seit dem Mai 2001 für
die hessische Justiz und bin seit September 2001 hier beim Amtsgericht Esch-
wege tätig.
F.: Herr Dr. S., im Werra- Meißner- Kreis wird wie in ganz Hessen Gebrauch vom
HFEG gemacht. Wann sind Sie das erste Mal in die Situation gekommen, dass
Sie eine Person einweisen mussten?
A.: Die Geschäftsverteilung beim Amtsgericht Eschwege weist die Unterbrin-
gungszuständigkeit den Betreuungsrichtern zu und im Betreuungsrecht bin ich
seit dem Jahr 2002 tätig und insoweit begleitet mit das HFEG, dieser Dinosaurier
unter den Freiheitsentziehungsgesetzen, seit inzwischen etwa 11- 12 Jahren.
F.: Wie stehen Sie zu diesen rechtlichen Ansprüchen?
A.: Also die rechtlichen Voraussetzungen des HFEG sind, ich habe es eben
durch die Formulierung, dass es sich insoweit um einen Dinosaurier handelt,
schon leicht karikierend benannt, Begrifflichkeiten, die aus Sicht der aktuellen
LandesPsychKGs überholt sind. Die Unterbringung nach dem HFEG setzt ja eine
Geisteskrankheit, eine Geistesschwäche, Rauschgift- oder Alkoholsucht voraus.
Schon was die Krankheitsbilder anbelangt merkt man, dass dieses Gesetz aus
dem Jahre 1952 deutlich überholt ist und mit Begrifflichkeiten arbeitet, die heute
in den LandesPsychKGs so nicht mehr verwendet werden. Voraussetzung ist,
dass aus diesen genannten Krankheitsbildern eine erhebliche Gefahr, eine einfa-
che reicht nicht, sondern es ist eine gewisse Mindestschwelle erforderlich, für die
Mitmenschen droht, das ist also die Fremdgefährdung, oder, das ist eine weitere
Variante, dass der Betroffene für sich selbst eine erhebliche Gefahr bildet. Es ist
insoweit eine Fremd- als auch eine Eigengefährdung Tatbestandsvoraussetzung
für eine Unterbringung nach dem HFEG. Was die Voraussetzung anbelangt, ist
es so, dass es sich um Polizeirecht handelt. Schon vom bloßen Umfang her, sind
die heutigen LandesPsychKGs deutlich umfassender und beinhalten auch eine
Vielzahl von therapeutischen Ansätzen. Wenn sie sich neuere Fassungen in an-
deren Bundesländern anschauen, können sie erkennen, dass dort z.B. ein An-
spruch des Patienten auf Behandlungspläne besteht und sehr viele aktive Teil-
haberechte der Patienten normiert werden. Es geht also darum, die Gesund-
heitsbeeinträchtigungen zu überwinden und aktiv anzugehen, während das
HFEG rein die Gefahrenabwehr im Vordergrund hat.
F.: Im Bereich der Gefahrenabwehr spielt natürlich die Polizei eine Rolle. Ich sa-
ge mal, wenn Gefahr in Verzug vorliegt, muss die Polizei ja auch entscheiden ob
sie jemanden einweisen darf oder nicht. Sehen Sie es eventuell als Problem an,
dass die Polizei entscheiden muss, ob so eine psychische Auffälligkeit vorliegt
oder nicht?
A.: Es stellt sich die Frage, wer ist geeignet zu beurteilen, ob eine solche Gefähr-
dungslage besteht. Wenn hiermit nicht die Polizei betraut würde, sondern z.B.
das Ordnungsamt, würde es ja trotzdem, um die Gefährdungslage in den Griff zu
bekommen, der Umsetzung eines Unterbringungsbeschlusses durch die Polizei
bedürfen. Insoweit ist die Personalunion zwischen demjenigen, der die Gefähr-
dungslage erkennt und beurteilt, und demjenigen, der sie auch umsetzen soll,
etwas, was arbeitsökonomisch sinnvoll ist. Spezifisch qualifiziert sind Polizeibe-
amte nicht unbedingt, aber ich frage mich, wer sollte an Stelle dessen handeln:
Der Sozialpsychiatrische Dienst des Kreisgesundheitsamtes? Das Ordnungs-
amt? Die dortigen Mitarbeiter sind, was die Einschätzung von Gefährdungslagen
anbelangt, auch nicht geschulter. Denn der Unterschied zwischen einer Unter-
bringung nach § 10 HFEG und der durch den Richter besteht darin, dass der
Richter langfristig unterbringen kann, aber es hierfür natürlich stets ärztlicher
Stellungnahmen von Ärzten mit Erfahrung auf dem Gebiet der Psychiatrie oder,
wie es der Wunsch des Gesetzgebers ist, von Fachärzten auf dem Gebiet der
Psychiatrie bedarf und das Einholen dieser Stellungnahmen setzt natürlich einen
gewissen Zeitaufwand voraus, was häufig bei Akutsituationen praktisch nicht
gehandhabt werden kann. Wir brauchen den § 10 HFEG oder wie auch immer er
künftig in einem neuen LandesPsychKG gefasst sein könnte unbedingt, um akute
Gefährdungslagen abwenden zu können. Denn wenn ich eine richterliche Unter-
bringung anordne oder genehmige, habe ich einen Zeitvorlauf von einigen Stun-
den.
F.: Wenn ich aber als Polizist jemanden einweisen möchte und die Einweisung
unrechtmäßig ist, dann ordne ich eine Freiheitsentziehung an, die ich nicht an-
ordnen darf oder?
A.: Eine rechtwidrige Freiheitsentziehung würde nach meinem Verständnis nur
vorliegen, wenn sie sehenden Auges bewusst, obwohl keine Fremd- oder Eigen-
gefährdung vorliegt, die Unterbringung anordnen. Sie haben als Polizist, der sie
die Gefährdungslage zu beurteilen haben, ja einen Beurteilungsspielraum. Dass
man sie strafrechtlich sanktioniert aufgrund einer ungerechtfertigten Unterbrin-
gung, wäre nur dann der Fall, wenn sie in völliger Verkennung der Sachlage will-
kürlich eine solche Gefährdung bejahen.
F.: Das heißt, Sie sehen darin kein Problem, dass die Polizei trotz nicht vorhan-
dener medizinischer Ausbildung dahingehend involviert ist?
A.: Da sie ja nur kurzfristige Unterbringungen anordnen können und unverzüglich
eine richterliche Entscheidung über den selbigen Sachverhalt herbeizuführen ist
und dadurch eine gewisse Kontrollinstanz da ist, die dann nach entsprechender
medizinischer Stellungnahme erst entscheiden kann und insoweit der Rechts-
schutz des Betroffenen gewährt ist, weil ärztliches Fachpersonal eingeschaltet
wird, halte ich die Rechtsposition des Betroffenen, der untergebracht wird, für
hinreichend gewahrt.
F.: Wie sehen Sie die Rechtssicherheit der Polizei im Werra- Meißner- Kreis be-
züglich der Unterbringung, denn es muss ja eine Eigen- oder Fremdgefährdung
vorliegen? Und inwiefern wird es im Werra- Meißner- Kreis umgesetzt?
A.: Die Polizeibeamten müssen dafür Sorge tragen, dass sie nicht instrumentali-
siert werden. Es gibt manchmal Situationen, in denen Menschen lästig sind, da
sie z. B. aufgrund paranoider Fehlvorstellungen glauben, der Nachbar habe bei
der Stasi gearbeitet, schicke Erdstrahlen auf sie und wolle sie vergiften. Diese
Person hängt dann entsprechende Schilder aus dem Fenster oder beschimpft
den Nachbarn. In solchen Fällen, wo das Verhalten zwar lästig ist, aber keine
erhebliche Fremdgefährdung darstellt, darf man nicht wegen des Drucks der Öf-
fentlichkeit, des Ordnungsamtes oder der politischen Ordnungsträger im Dorf
einknicken. Das ist dann nicht Aufgabe des HFEG, sondern muss über andere
Wege gelöst werden und dann muss man aufpassen, dass man sich nicht in-
strumentalisieren lässt. Meine Erfahrung ist, dass die hiesigen Polizeibeamten,
aufgrund der Vielzahl der Verfahren und des Umstandes, dass es sich doch häu-
fig um bekannte Personen handelt, die eben schon mehrfach in solchen Gefähr-
dungslagen, aufgrund ihrer psychischen Krankheitsbilder in Erscheinung getreten
sind, doch eine hinreichende Sicherheit im Umgang mit der Einschätzung von
Gefährdungslagen haben. Meine Wahrnehmung ist auch, dass die Kollegen im
Zweifel für die Freiheit entscheiden und keine Unterbringung veranlassen. Ich
habe eher die Wahrnehmung, dass Betreuer, im Rahmen des rechtlichen Be-
treuungsverfahrens, wenn sie den Aufgabenkreis Unterbringung und Gesund-
heitsvorsorge haben, häufiger zu Unterbringung neigen, auch manchmal unter
dem Gesichtspunkt jemanden disziplinieren zu wollen, damit keine weiteren Al-
kohol- oder Substanzmissbräuche stattfinden. Auch werden manchmal seitens
der Hausärzte schneller Gefährdungslagen bejaht als dies seitens der Polizisten
der Fall ist. Ich kann nicht sagen, dass die Kollegen vorschnell handelten oder
besonders eifrig unterbringen würden. Das ist nicht meine Wahrnehmung.
F.: Sie hatten gesagt, Sie sind seit 2001 hier im Werra- Meißner- Kreis. Wie ge-
staltet sich die Situation? Gab es in der Zeit, seit dem Sie hier sind, viele un-
rechtmäßige Einweisungen/ gab es eine Zeit, in der es etwas schwierig gewesen
war oder würden Sie sagen, dass das hier ganz gut funktioniert?
A.: Also die Feststellung, ob eine Unterbringung rechtwidrig war, hätte ich nicht
zu treffen. Manchmal ist es so, dass wenige Stunden nach der Unterbringung,
wenn dann die richterliche Anhörung erfolgt ist, der Sachverhallt sich verändert
hat. Also nehmen wir an, in den Abendstunden ist jemand nach § 10 HFEG un-
tergebracht worden und im Laufe des Folgetages erfolgte die richterliche Anhö-
rung. Zu diesem Zeitpunkt kann sich dann die Situation wieder ganz anders dar-
stellten, weil die Situation deeskaliert ist. Dann ist es ganz gut möglich, dass jetzt,
aufgrund der geänderten Tatsachengrundlage, man sagt: „Es liegt keine Eigen-
oder Fremdgefährdung vor, der Betroffene kann heute gehen.“ Das bedeutet
aber nicht, dass ich feststelle, dass am Vorabend die Kollegen rechtswidrig die
Voraussetzungen bejaht hätten. Es haben sich einfach die Verhältnisse geän-
dert, weil der Streit jetzt abgeklungen ist, weil der Betroffene seinen Rausch aus-
geschlafen hat und weil er in der Psychiatrie über Nacht zur Ruhe gekommen ist
und vielleicht sich hat sammeln und festigen können.
F.: Wenn ich aber jemanden trotz alledem für 24 Stunden einweise, dann berau-
be ich ihn ja trotzdem für 24 Stunden seiner Freiheit.
A.: Richtig. Die Ermächtigungsgrundlage, aufgrund der sie in Art. 2 GG eingrei-
fen, ist § 10 HFEG. Das ist die Ermächtigungsgrundlage und wenn die Voraus-
setzungen dieser Norm erfüllt sind, ist ihr Handeln gerechtfertigt.
F.: Wie notwendig halten Sie hier in Hessen die Einführung eines PsychKG?
A.: Ich halte das für dringend notwendig. Nach meinen Kenntnisstand ist aktuell
auch der Hessische Landtag schon mit einer Novelle des HFEG befasst. Aller-
dings ist es nach den ersten Entwürfen, die ich habe einsehen können, lediglich
eine Fortschreibung des HFEG als Polizeigesetz, das die Gefahrenabwehr im
Vordergrund sieht. Die Ansprüche und Teilhaberechte der Patienten sind im Ver-
gleich zu anderen LandesPsychKGs sehr schwach ausgeprägt.
F.: Ich würde diesen Teilbereich mal verlassen und zu den nächsten Fragen
übergehen. Und zwar wurde letztes Jahr in Berlin ein Mann erschossen, weil er
mit einem Messer auf einen Polizisten losgegangen ist. Dort wurden vor Ort Poli-
zisten befragt, ob sie sich sicher im Umgang mit psychisch Kranken fühlen wür-
den und sie sagten, dass es doch erhebliche Defizite gäbe. Daher meine Frage:
Wie sehen Sie die Polizei im Werra- Meißner- Kreis in diesem Fachbereich auf-
gestellt?
A.: Es entzieht sich meiner Kenntnis, ob die Polizei spezifische Schulungen für
die Mitarbeiter vorsieht, so etwas ließe sich in Zusammenarbeit mit der ortsan-
sässigen Psychiatrie sicherlich organisieren. Aber ich denke, man muss in die-
sem Bereich auch die Messlatte nicht zu hoch hängen. Es geht nicht darum, dass
ein Polizeibeamter zwischen einer paranoiden Schizophrenie und einer Borderli-
nestörung differenzieren kann. Er muss lediglich nach seinem gesunden Men-
schenverstand und aufgrund seiner gegenüber einem Normalverbraucher deut-
lich geschulten Wahrnehmung, aufgrund seines spezifischen Berufsalltages prü-
fen, ob in dieser Situation, in der er den Betroffenen antrifft, dieser sich selbst
oder andere in erheblichen Maße gefährdet. Und dafür ist nach meinem Ver-
ständnis ein spezifisches Wissen um psychische Krankheitsbilder nicht erforder-
lich, obwohl es natürlich hilfreich sein kann.
F.: In dem vorgenannten Beispiel ist schon gewisse Gewalt zu erkennen,
dadurch dass jemand erschossen worden ist. Wie sieht es denn mit dem Thema
Gewalt im Werra- Meißner- Kreis aus?
A.: Die Polizei wird seitens des Amtsgerichts und seitens der Betreuungsbehörde
des Werra-Meißner-Kreises in Umsetzung von Unterbringungsbeschlüssen ein-
geschaltet und um Amtshilfe gebeten, wenn der Betroffene nicht freiwillig bereit
ist, sich in die Psychiatrie zu begeben. Soweit liegt das Gewaltmonopol, was die
Ausübung unmittelbaren Zwanges anbelangt, bei der Polizei. Es ist in schät-
zungsweise der Hälfte der Verfahren erforderlich, dass die Polizei unmittelbaren
Zwang anwendet. Rein tatsächlich muss sie sehr selten körperliche Gewalt an-
wenden, weil spätestens durch die physische Präsenz der Polizei die Situation
dann geklärt ist und die Betroffenen dann freiwillig einsteigen. Aber häufig ist es
so, dass psychisch Kranke den „großen Bahnhof“ wollen, dann kommt das RTW
und erst wenn die Polizei auf den Hof rollt, dann sagt er: „Gut, jetzt fahre ich mit.“
Aber dass unmittelbare körperliche Gewalt angewendet muss, ist die absolute
Ausnahme.
F.: Gut, also sehen Sie da keinen Schwerpunkt in Bezug auf Gewalt, dass auch
psychisch Kranke Gewalt anwenden, weil sie ja gegen ihren Willen untergebracht
werden?
A.: Die Situation, dass psychisch Kranke Gewalt anwenden, kommt vor. Aber es
ist, wie ich ausgeführt habe, Gott lob sehr selten der Fall. Leider muss die Polizei
manchmal auch den Mitarbeitern der Psychiatrie Hilfestellung leisten, weil diese
vor Ort nicht hinreichend personell aufgestellt sind. Es sind nicht ausreichend
männliche Pflegepersonen auf Station, die in der Lage wären, einen völlig außer
Rand und Band geratenen Patienten in die Fixierung zu zwingen. In solchen Fäl-
len ist es in der Vergangenheit mehrfach, insbesondere bei Nachtschichten dazu
gekommen, dass Polizeibeamte gebeten worden sind, dem Klinikpersonal zur
Seite zu stehen.
F.: Das ist eine gute Überleitung zu meiner nächsten Frage. Wie gestaltet sich
denn die Zusammenarbeit zwischen dem Gericht, der Polizei und der Psychiat-
rie?
A.: Es finden in der Regel jährlich Besprechungen zwischen der Polizeidirektion
des Werra- Meißner- Kreises, der Psychiatrie, und dem Amtsgericht statt, an de-
nen dann der Chefarzt, der Polizeidirektor und die mit Unterbringungssachen
betrauten Richter teilnehmen. Es wird dann über grundsätzliche Leitlinien der
Zusammenarbeit gesprochen und die jeweiligen Bedürfnisse, Personalsituatio-
nen, etc. erörtert und das hat über die vergangenen Jahre hinweg zu einem sehr
guten Zusammenwirken und einer deutlichen Verbesserung der Zusammenarbeit
geführt. Mir ist es z.B. nicht möglich, wenn ich in einer Verhandlung bin, tagsüber
zu jeder Zeit eine Unterbringung konkret vor Ort selber auszugestalten. Früher
war es so, dass ich über Gefährdungslagen informiert wurde und es dann Poli-
zeibeamte gab, die die Auffassung vertreten haben, was rechtsstaatlich durchaus
gut vertretbar ist, dass die Eilunterbringung nach § 10 HFEG immer nachrangig
sei, also nur zur Notzeit oder dann, wenn ein Richter, der voranging für Freiheits-
entziehung zuständig ist, nicht greifbar ist. Es ist schlichtweg nicht praktikabel,
wenn ich gerade eine Zugewinnausgleichssache im Rahmen eines familienge-
richtlichen Verfahrens bearbeite und zweieinhalb Stunden über Mocca Löffel und
Tiervideos aus dem letzten Familienurlaub diskutiere, dass so lange die Situation
draußen in der Schwebe bleibt und ich dann nach drei Stunden mit dem Facharzt
für Psychiatrie mich vor Ort begebe und dann eine Entscheidung treffe. Dann ist
einfach zu viel Zeit ins Land gezogen. Da ist inzwischen das jeweilige wechsel-
seitige Verständnis um die Arbeitsbelastung und konkrete Situation so, dass ein
sehr guter Workflow vorhanden ist.
F.: Sie hatten eben schon angesprochen, dass zu wenig männliches Pflegeper-
sonal in Eschwege im Zentrum für Psychiatrie und Psychologie vorhanden ist.
Welche anderen konkreten Probleme gibt es in den anderen Bereichen, wenn es
um eine Einweisung geht?
A.: Also ein Problem der Frage der Zuständigkeit zu den normalen Öffnungszei-
ten habe ich gerade angesprochen. Ihre Kollegen sind jederzeit auch tagsüber
bereit für uns tätig zu werden und sich nicht auf Vorrang der richterlichen Einwei-
sung berufen. Manchmal kommt es bei den von ihnen angesprochene Personal-
engpässen der Psychiatrie dazu, dass Polizeibeamte die Gefährdungslage nicht
inhaltsgleich einschätzen wie die Mitarbeiter der Klinik. Die Polizisten bejahen
z.B. eine Haftfähigkeit bei jemanden, der unter einer Borderline Störung leidet
und nehmen den Betroffenen aus der Psychiatrie mit in die Verwahrzellen der
Polizei. Es kann passieren, dass der Betroffene sich dort, weil er in der Lage ge-
wesen ist, eine Rasierklinge in die Zelle einzuschmuggeln, massive Verletzungen
zufügt. Das sind dann aber bedauerliche Einzelfälle, die absolut selten sind, die
aber daher rühren, dass die Gefährdungslage bei spezifischen Krankheitsbildern
unterschiedlich eingeschätzt wird.
F.: So generelle Probleme, die absolut haarsträubend sind in Bezug auf die Ein-
weisung nach dem § 10 HFEG gibt es im Werra- Meißner- Kreis nicht?
A.: Definitiv nicht.
F.: Meine drittletzte Frage hat etwas mit den Fallzahlen zu tun. Ich habe die Fall-
zahlen der letzten fünf Jahre des Werra- Meißner- Kreises, in denen Betroffene
durch die Polizei eingewiesen wurden, genauer angeschaut und habe festge-
stellt, dass die Fallzahlen in der Regel kontinuierlich von Jahr zu Jahr steigen.
Wie erklären Sie sich das?
A.: Wir haben hier im Werra- Meißner- Kreis das Spezifikum, dass wir einerseits
der Landkreis in Hessen sind, mit dem höchsten Altersdurchschnitt von etwas
über 48 Jahren. Insoweit haben wir da einen Rekord. Ein anderer Rekord ist,
dass wir der ärmste Landkreis in Hessen sind, was das Pro- Kopf- Einkommen
anbelangt. Das birgt gewisse soziale Probleme in sich und bezüglich der Kauf-
kraft sind wir unter den 400 Landkreisen in Deutschland im hinteren Viertel. Die-
se Gemengelage des hohen Durchschnittsalters und häufig prekären Lebensver-
hältnissen führt dazu, dass wir viele Unterbringungsverfahren haben, gemessen
an der Einwohnerzahl. Es schlägt sich auch darin nieder, dass wir 2700 Betreu-
ungsverfahren und etwa 250 Unterbringungsverfahren bei unter 100.000 Ein-
wohnern haben, was etwa doppelt so viel ist wie im Landesdurchschnitt.
F.: Dann hat meine Recherche ebenfalls ergeben, dass die Anzahl der Männer,
die eingewiesen werden, deutlich höher ist, als der Anteil der Frauen. Wie ist das
zu erklären?
A.: Hintergrund ist, dass die Männer deutlich häufiger fremdaggressiv sind und
dann nach § 10 HFEG, etwa im Fall von häuslicher Gewalt oder bei Alkohol oder
Substanzmissbrauch bedingten Fällen, in Erscheinung treten. Das ist für mich
durchaus nachvollziehbar. Es deckt sich auch mit meiner Erfahrung als Familien-
richter, was häusliche Gewalt anbelangt, dass Männer häufiger Aggressoren sind
als Frauen.
F.: Und das im Monat August der letzten fünf Jahre ein Höhepunkt der Einwei-
sungen gewesen ist, lässt sich diesbezüglich etwas ableiten?
A.: Dieses Rechercheergebnis überrascht mich. Ich hätte gedacht, dass im No-
vember oder Dezember des jeweiligen Jahres am meisten Einweisungen vorlie-
gen, weil da die meisten Menschen an den Herbstdepressionen leiden und ei-
gengefährdende Äußerungen tätigen. Dass es gerade im August am häufigsten
der Fall ist, ist mir neu, denn schließlich bürgt der Hochsommer für schöne Tage.
Meine Wahrnehmung ist insoweit aber auch verzerrt, weil ich eben nicht nur die
HFEG Unterbringungen, sondern auch die bürgerlichen Unterbringung vor Augen
habe und in meiner Wahrnehmung nicht differenziere, was die Rechtsgrundlage
für die Unterbringung ist. Eher habe ich vor Augen, wie viele Unterbringungssitu-
ationen es gibt und da ist meine Wahrnehmung, dass es im vierten Quartal des
jeweiligen Kalenderjahres seinen Höhepunkt findet.
F.: Sehen Sie durch die aufgrund der steigenden Fallzahlen den Werra- Meißner-
Kreis mit seinen Institutionen gut aufgestellt für die Einweisungen nach dem §10
HFEG?
A.: Es ist so, dass wir hier im WMK über eine gute psychiatrische Versorgungsla-
ge verfügen. Wir haben einen sehr ambitionierten ärztlichen Direktor in unserer
Psychiatrie, der seit vielen Jahren die psychiatrische Grundversorgung stärkt und
ausbaut, was die Institutambulanz, was die Hilfesysteme für substanzmittelmiss-
brauchende Patienten etc. anbelangt. Diese Hilfesysteme hat er in ihrem Ausbau
vorangetrieben. Daneben ist noch zu berücksichtigen, das ergibt auch der Inklu-
sionsbericht des Werra- Meißner- Kreises, dass wir aufgrund einer Mehrzahl von
Trinkerheimen Einwohner haben, die aus anderen Bundesländern zu uns kom-
men und, die dann im Trinkerheim rückfällig werden, dort ihren Platz verlieren
und dann völlig losgelöst hier im Kreis herumschwirren. Diese haben dann kei-
nerlei soziale Bindung in unserer Gegend und lösen Unterbringungsbedarf aus.
Ein weiterer Umstand ist, wir haben auch Unterbringungen durch alte Menschen,
auch Altersdemente können gegenüber Pflegepersonal aggressiv sein und sind
unter Umständen dann im Altenheim nicht mehr führbar, weil sie dementspre-
chendes Fremdgefährdungspotential an den Tag legen und aufgrund der schon
angesprochenen Überalterung in diesem Landkreis haben wir auch aus diesem
Alterssegment, also gerontopsychiatrische Krankheitsbilder, eine Vielzahl von
Einweisungen.
F.: Würden Sie sagen, dass der Umzug der Psychiatrie, vom Land in die Stadt,
auch in gewissen Maßen dazu beiträgt, dass hier ein höheres Fallaufkommen
gegeben ist?
A.: Also die Verlagerung der Psychiatrie von dem ausgegliederten Standort auf
dem Meißner hier in die Innenstadt ist ein Umstand, der nach meinem Verständ-
nis für die Häufigkeit der Einweisung irrelevant ist. Hier geht es um Aspekte der
Inklusion. Hier sollen nicht mehr die „Anormalen oder die psychisch Kranken“
weit weg von der übrigen Bevölkerung ihren Aufenthalt finden, sondern psychi-
sche Krankheitsbilder sind genauso, als wenn man sich das Bein oder den Arm
bricht, Teil des menschlichen Lebens und damit gehören sie, im Sinne der Inklu-
sion, genauso in die Stadt wie derjenige, der sich den Fuß verknackst hat und mit
Krücken gerade von der Unfallchirurgie kommt. Insoweit begrüße ich die örtliche
Verlagerung der Psychiatrie in die Stadt hinein.
F.: Also sehen Sie diesbezüglich keine herauskristallisierende Probleme für den
Werra- Meißner- Kreis?
A.: Nein, die sehe ich nicht.
F.: Gut. Dann zu meiner letzten Frage, die auch sehr allgemein gestellt ist. Wel-
che sonstigen Probleme sehen Sie, wenn psychisch kranke Menschen im Werra-
Meißner- Kreis eingewiesen werden?
A.: Ein Problem ist: Was passiert nach der Akuterkrankung? Das hiesige Kran-
kenhaus ist von der Grundkonzeption darauf eingerichtet, im Fall der akuten Ge-
fährdungslage eine psychiatrische Erstversorgung zu gewährleisten. Die Frage
ist dann: Was mache ich mit Suchtmittelabhängigen im Anschluss an die Entgif-
tungsphase? Was mache ich mit psychisch Kranken, nachdem sie sich psychisch
stabilisiert haben, medikamentös eingestellt sind, in der Folgezeit? Da bietet die
Institutambulanz eine gewisse Versorgung, aber z.B. was langfristige Therapien
anbelangt im Bereich der Suchtmittelerkrankung, könnte es nach meinem Ver-
ständnis noch eine Ausdehnung von Angeboten geben. Wir bringen die Leute zur
Entgiftung, aber was ist dann? Und deswegen haben wir den Drehtüreffekt und
dieselben Personen sind nach 3 Wochen wieder zur Entgiftung in der Psychiatrie.
F.: Das heißt der Drehtüreffekt würde logischerweise wieder zu Maßnahmen
nach § 10 HFEG führen?
A.: Genau, es stellt somit wieder ein Problem dar. Einige ihrer Kollegen haben so
vertraute Leute, die immer wieder untergebracht werden müssen, dass ich
scherzhaft sage: Wir können für diesen oder jenen Patienten einen eigenen
Hausdruck machen, da sie im Jahr so oft untergebracht werden. Der Drehtüref-
fekt hat sich aufgrund der immer kürzer werden Verweil- und Behandlungsdauer
in der Klinik verschärft. Die Krankenkassen haben, was die Kostengewährung für
Behandlung von psychisch Kranken anbelangt, zu Beginn des Jahres 2013 nach
meinem Kenntnisstand, einen deutlichen Schnitt angesetzt und das führt dazu,
dass die Krankenhäuser rentabler arbeiten können, die Patienten immer früher
entlassen werden und daher ist natürlich der Heilungserfolg auch immer schwä-
cher und sie kommen früher wieder. Ob das in der Gesamtbilanz volkwirtschaft-
lich sinnstiftend ist, kann ich nicht beurteilen. Ein anderes Problem ist, dass wir
auch in Spitzenzeiten hier eine deutliche Überbelastung der Psychiatrie haben,
d.h. das Haus ist überfüllt und sie müssen sogar Aufnahmen zurückweisen und
damit können natürlich auch die Therapieangebote usw. nicht mehr mit der gebo-
tenen Qualität oder zumindest suboptimal erbracht werden, was sicherlich dem
langfristigen Heilungserfolg entgegen steht. Aber um diese Fragen im Detail zu
klären, halte ich es für geboten, mit Herrn von Hagen als ärztlichen Direktor, der
speziell zu diesen Kostenfragen mit den Aspekt der Verweildauer und der Frage
der örtlichen Situation. Ist das ZPP auf dem Meißner oder hier in der Stadt bes-
ser aufgehoben?
F.: Ok. Dann sind wir am Ende des Interviews angekommen. Vielleicht können
Sie ja noch einmal in ein bis zwei Sätzen sagen, was sie positiv bzw. problema-
tisch sehen in Bezug auf die Einweisung nach § 10 HFEG?
A.: Problematisch ist, dass die Ermächtigungsgrundlage des § 10 HFEG inzwi-
schen über 60 Jahre alt ist und damit den Anforderungen an ein zeitgemäßes
LandesPsychKG bei weitem nicht mehr genügt. Es ist nicht geklärt, wie im Rah-
men von Unterbringungen nach HFEG medizinische Zwangsmaßnahmen umge-
setzt werden können. Insoweit ist das Bundesverfassungsgericht im Rahmen des
bürgerlichen Betreuungsrechts zu einer Verfassungswidrigkeit der alten Bestim-
mungen gekommen und hat deswegen vor einem Jahr dazu Anlass gegeben,
dass eine Gesetzesnovelle erfolgt ist. In diesem Bereich, was die Patientenrechte
anbelangt, besitzt das HFEG erhebliche Defizite. Aus der Sicht des handelnden
Polizisten wird sich durch eine Gesetzesnovelle nicht viel ändern. Es wird auch in
Zukunft eine Ermächtigungsgrundlage geben, die bei einer Gefährdungslage, die
so seitens der Polizeibehörde oder des Ordnungsamtes wahrgenommen wird, es
dem Polizeibediensteten ermöglicht, eine Entscheidung zu treffen. Das Problem
ist, dass das HFEG die Position des Patienten viel zu schwach ausgestaltet, so-
dass wir aktuell mit dem HFEG fast gar nicht arbeiten, sondern in Fällen, in de-
nen ärztliche Zwangsmaßnahmen erforderlich sind, bringen wir nach § 1906 BGB
unter. Ein Beispiel: Jemand leidet unter Wahnvorstelllungen und glaubt, er wird
vergiftet und will deswegen keine Medikamente nehmen. Er glaubt ja auch, die
Medikamente vergiften ihn. Dann muss man ihn zwingen die Medikamente zu
nehmen und dafür gibt aktuell das HFEG keine Ermächtigungsgrundlage. Das
geht dann nur nach einer Unterbringung nach bürgerlichem Recht.
F.: Und wie sieht es mit der positiven Seite aus?
A.: Mir fehlen die Vergleichsmöglichkeiten mit anderen Landkreisen. Ich kann
nicht sagen, dass die Zusammenarbeit hier besser, schlechter, anders ist als in
anderen Landkreisen. Ich kann es somit nur isoliert betrachten, aber aufgrund
der überschaubaren örtlichen Verhältnisse, des Umstandes, dass nur sehr weni-
ge Betreuungsrichter hier tätig sind und wir hier eine hohe personelle Kontinuität
haben, kennen mich inzwischen viele Mitarbeiter der Polizeistation, sodass man
sehr viele Dinge auf dem kleinen Dienstweg erledigen und sehr effizient arbeiten
kann. Gerade im Bereich der zwischenmenschlichen Zusammenarbeit sind wir
gut aufgestellt, weil auch Herr Polizeidirektor Beck sich, seitdem er hier tätig ist,
so aktiv eingebracht hat. In früheren Zeiten hat es die jährlichen Koordinierungs-
treffen nicht gegeben. Ich möchte auch noch einmal darauf hinweisen, dass
wenn es aktuelle Problemsituationen gegeben hat, wir z.B. mit dem Fall des
Borderline Erkrankten, der sich in der Zelle selbst Verletzungen zugefügt hat,
dass in diesen Fällen eine akute Gesprächssitzung der Mitarbeiter des ZPP auch
unter Einbindung meiner Person und des Betreuers oder der anderen Beteiligten
fallanlässlich stattgefunden hat, um aus den aktuellen Problemen für die Zukunft
zu lernen. Also insofern sind wir ein einem kontinuierlichen Abstimmungsprozess.
Herr Dr. S., ich bedanke mich bei Ihnen recht herzlich, dass Sie sich als Inter-
viewpartner zur Verfügung gestellt haben.
Anlage 3: Experteninterview mit Herrn v. H. vom Zentrum für Psychiatrie
und Psychotherapie am 29.01.2014
F.: Herr v. H., haben Sie etwas dagegen, wenn ich das Gespräch elektronisch
aufzeichne?
A.: Nein.
F.: Können Sie mir etwas über Ihren beruflichen Werdegang erzählen?
A.: Ich bin jetzt seit 1986 Chefarzt in dieser Region für die Psychiatrie und Psy-
chotherapie zuständig und bin auch parallel dazu immer in beratender Tätigkeit
beim Gesundheitsamt gewesen. Daher denke ich, dass ich einen guten Überblick
über sämtliche Problematiken besitze, die hier im Landkreis vorgefallen sind oder
auch nicht. Vorher hatte ich meine Facharztausbildung gemacht und bin quer
durch Deutschland gegangen, Baden- Württemberg, Bayern, Saarland und Nie-
dersachsen. Dann habe ich eine längere Zeit als Facharzt im Sozialpsychiatri-
schen Dienst in Uelzen in Niedersachsen gearbeitet. Zu dieser Zeit, es war so
um 1980 herum, als auch das niedersächsische PsychKG entstanden ist. Daher
kenne ich, vom ganzen Bundesgebiet eigentlich, wie die Verantwortlichkeiten im
Vorfeld einer stationären Behandlung, geteilt oder nicht geteilt worden sind, zwi-
schen Polizei, Ordnungsämtern und Medizin. Von daher kenne ich das Ping-
Pong- Spiel der Verantwortung. Das ist mit dieser Gesetzgebung, wo es über
Hilf- und Schutzmaßnahmen von psychisch Kranken ging, die in den einzelnen
Bundesländern nach und nach vollzogen worden, meiner Meinung nach etwas
besser geworden. Nur in Hessen haben wir noch das Ping- Pong- Spiel.
F.: Wie sehen Sie die rechtlichen Aspekte des HFEG?
A.: Die sind negativ für den psychisch Kranken selbst, weil es sozusagen nur um
staatl. Gewalteinflussnahme geht, aber es wird nie an Alternativen gedacht. Auch
wird nicht daran gedacht, wie man auch denjenigen in seiner aktuellen Notsitua-
tion helfen kann. Es wird nur darüber entschieden: Ist die öffentliche Ordnung
gefährdet oder stellt derjenige durch sein Verhalten eine Gefahr dar? Aber es
wird nie danach gefragt, welche Hilfen ihm angeboten werden können, dass er
vielleicht keine Gefahr mehr darstellt. Gerade da ist der große Widerspruch zwi-
schen Hessen und den anderen Bundesländern. Das macht sich auch in der
Richtung bemerkbar, dass letztlich der Leidtragende der Patient ist, auf den
eventuell, nicht immer, unangemessen die staatl. Gewalt zukommt und er, zu-
mindest in der aktuellen Situation, keine Möglichkeit hat, dagegen zu wehren.
F.: Aus Sicht der Polizei: Sehen Sie es als Problem an, dass die Polizei ent-
scheiden muss, ob bei einer Einweisung eine psychische Krankheit vorliegt?
A.: Ja, sehe ich, ohne dass ich die Kompetenz der einzelnen Polizisten dadurch
in Frage stellen möchte. Ich glaube, dass es für ihn eine Überforderung darstellt
entscheiden zu müssen, ob es sich nur um eine Gefährdung jeglicher Art handelt
oder ist das Handeln des Betroffenen, der die Gefährdung verantwortet, ein
krankhaftes Handeln. Und da sehe ich jeden Polizisten vom Prinzip her, durch
seine Ausbildung, wenn er das nicht gelernt hat, mehr oder weniger überfordert.
Und ich glaube, dass viele Probleme, die in der Zusammenarbeit zwischen Medi-
zin und der Polizei auftreten, auf diese Überforderung zurückgeführt werden
kann. Der Polizist ist im konkreten Fall der Fachmann für die Beurteilung einer
Gefahr, jedoch ist er nicht der Fachmann, ob die Gefahr durch eine Krankheit
hervorgerufen wird oder nicht. Dafür ist der Mediziner zuständig. Und das wird
durch die augenblickliche Gesetzeslage nicht wiedergespiegelt. Der Polizist wird
mehr in die Verantwortung genommen, weil er eigentlich auch noch ohne ärztli-
chen Beschied sagen muss: Das ist eine Gefahr, die aufgrund einer Krankheit
hervorgerufen wird. Er muss letztlich alleine und ohne ärztlichen Beistand ent-
scheiden. Daher denke ich, dass es für den Einzelnen im Alltag eine Überforde-
rung darstellen kann.
F.: Kann man vielleicht auch sagen, dass der eine oder andere Polizeibeamte in
diesem Bereich mehr aus Erfahrung handelt als aus seinem Wissen? Und inwie-
fern kann das eine Gefahr darstellen?
A.: Das ist gewiss eine Bauchentscheidung. Das kann dazu führen, dass es zu
einer Fehlentscheidung wird. Der Polizist kann einen psychisch Kranken in den
Polizeigewahrsam stecken, wobei derjenige einen Suizid begeht. Das wäre eine
Fehlentscheidung. Umgekehrt kann er aber auch entscheiden, einen richtig Kri-
minellen in die Psychiatrie zu tun. Daher könnte unser Klientel, dass sehr schutz-
bedürftig ist, zusätzlich belastet und kann auch gefährdet werden, weil psychisch
Kranke von ihrer Biografie her sehr stark traumatisiert sind, eventuell auch durch
kriminelle Verhaltensweisen, die sie erleben mussten. Deswegen kann ein derar-
tiges früheres Trauma wieder aktualisiert werden. Auch das wäre auch eine
Fehlentscheidung. Somit ist das eher ein Teamentscheid, würde ich sagen, wo
einer hinkommt, als dass das nur eine Berufsgruppe alleine entscheidet.
F.: Gibt/ gab es seit dem Sie hier im Werra- Meißner- Kreis sind solch gravieren-
de Probleme?
A.: Es gab zumindest ein Problem vor einigen Monaten, wo jemand mit einer
Borderline- Störung nach unserer Meinung unbedingt im Krankenhaus zu halten
und unterzubringen war. Der Polizist dagegen hatte jedoch entschieden, diesen
in die Haft zu nehmen. In der Haft kam es dann zu einem Suizidversuch. Ande-
rerseits gab es auch Entscheidungen, wo von unserer Seite aus gesagt wurde,
dass der Betroffene nicht so schwer gestört ist, sondern dass eher eine kriminelle
Verhaltensweise anzusehen ist. Der Polizist dagegen hatte jedoch gesagt: Ne,
der bleibt bei ihnen. Daher gab es einen Dissens durch die unterschiedlichen
Meinungen in der Beurteilung des Falles. Ich weiß auch von niedergelassenen
Kollegen, von Hausärzten usw., dass es dort noch viel größere Dissens Situation,
die dabei auch höchst empfindlich und beleidigt reagiert haben, als sie sagten,
dass jemand untergebracht werden müsse und der Polizist entschieden hatte,
dass derjenige aber zu Hause bleibt. Es gibt einfach unterschiedliche Wahrneh-
mungen. Das bedeutet nicht, dass der eine schlechter oder besser ist. Jeder be-
trachtet die Situation aus seiner beruflichen Perspektive.
F.: Wie funktioniert Ihrer Meinung nach die Zusammenarbeit zwischen Ihnen, der
Polizei und Gericht?
A.: Im Prinzip denke ich, dass in 95-98% der Fälle die Zusammenarbeit problem-
los von statten geht. Wenn es Schwierigkeiten in der Vergangenheit gegeben
hat, wage ich zu behaupten, dass es eher an der Persönlichkeitsstruktur des Po-
lizisten oder des Arztes gelegen hat, dass solch ein Dissens in einen Machtkampf
ausgeartet ist und indem letztlich derjenige dann entschieden hat, der die Macht
hat und das ist die Polizei. Aber es gab auch Situationen, in denen die Polizei
nicht adäquat auf die Krankheitssymptome des Patienten reagieren konnte. Ich
denke, dass das auch völlig normal ist und immer wieder passiert. Wie soll man
das auch anders verlangen? Wir sind damit tagtäglich konfrontiert und besitzen
eine andere Erfahrung und Strategien mit auffälligen Verhalten umzugehen als
ein Polizist, der mehr oder weniger nur danach vorgeht: Besteht eine Gefahr oder
besteht keine Gefahr? Es gibt gewiss in 2-5% immer wieder Spannungen, die
dazu führen, dass dann die Persönlichkeitsstruktur des Einzelnen vielleicht zu
hoch gespielt wird. Aber wenn im Grunde genommen 95-98% der Situationen
ohne Probleme von statten gehen, kann ich davon ausgehen, dass eine gute
Zusammenarbeit existiert.
F.: Kommt es des Öfteren auch zu unrechtrechtmäßigen Unterbringungen?
A.: So etwas kommt in den seltensten Fällen vor. Jedoch würde ich dann nicht
von einer unrechtmäßigen Unterbringung sprechen, sondern von einer Fehlplat-
zierung. Das wäre dann der Fall, wie wir am Anfang schon gesagt haben, dass
jemand evtl. eher in die Gewahrsamszelle gehört und nicht in die Psychiatrie und
umgekehrt. Ich denke, dass diese Situationen nicht mehr als 5% aller Fälle be-
tragen.
F.: Letztes Jahr ist in Berlin ein psychisch kranker Mensch durch einen Polizisten
erschossen worden, weil dieser mit einem Messer auf den Polizisten losgegan-
gen ist. Wie sehen Sie die Polizei im Werra- Meißner- Kreis in Bezug auf Fach-
wissen und Umgang mit psychisch Kranken aufgestellt?
A.: Ich kann mich in meiner 30 jährigen Berufstätigkeit hier an zwei bis drei Situa-
tionen mit psychisch Kranken erinnern, in denen das SEK aktiv geworden ist.
Das ist Gott sei Dank alles glimpflich verlaufen. Was ich mir aber, auch aufgrund
des Berliner Vorfalls, nachträglich gewünscht hätte ist, dass man vielleicht einen
Fachmann in einer solchen Situation hinzuzieht, ehe solche Einsätze organisiert,
besprochen und entschieden werden. Vor allem dann, wenn man davon ausge-
hen kann, dass es sich um eine Situation mit einem psychisch Kranken handeln
könnte, denn diese Patienten, die Einsätze mit einem SEK hinter sich gebracht
haben, sind häufig zusätzlich traumatisiert worden. Ich weiß zwar, dass es auch
einen Polizeipsychologischen Dienst gibt, jedoch kenne ich aber die Entschei-
dungswege nicht, wann das SEK eingesetzt wird. Wenn man sich aber vor dem
endgültigen Startschuss solche Gedanken noch einmal machen und noch einmal
gemeinsam über die Situation diskutieren könnte und die gesamte Situation eben
nicht nur unter Gesichtspunkten der Gefahr betrachtet, dann könnte dem psy-
chisch Kranken schon ein bisschen mehr geholfen werden.
F.: Wie sieht die unmittelbare Kontaktsituation zwischen psychisch Kranken und
Polizisten bezüglich der Gewalt aus?
A.: Viele Fälle werden durch die Uniform und der Anwesenheit der Polizisten ent-
schärft. Allerdings kann sich das Verhalten des Polizeibeamten negativ auf den
psychisch Kranken auswirken, wenn dieser nur im Sinne der Gefahrenabwehr
handelt und keinerlei zwischenmenschliche Beziehung zu seinem Gegenüber
aufbaut. Dies kann ein aggressives Verhalten bei dem psychisch Erkrankten för-
dern. Eine ähnliche Problematik besteht bei älteren, an Demenz erkrankten Men-
schen. Aufgrund deren Hilfsbedürftigkeit und nicht zu Letzt aufgrund des fortge-
schrittenen Alters sind Polizisten gehemmt, Gewalt anzuwenden, obwohl diese in
den einen oder anderen Fällen erforderlich wäre. Zudem halte ich es für möglich,
dass in Unterbringungssituationen verstärkt mit Gewalt zu rechnen ist, da ja
durch die Voraussetzungen der Selbst- und Fremdgefährdung bereits Gewalt
vorliegt.
F.: Wie nötig halten Sie die Einführung eines PsychKG in Hessen, wenn es bei
dem HFEG nur um die Gefahrenabwehr geht?
A.: Ich halte ein PsychKG für absolut erforderlich, weil diese Auswüchse dann
eben nicht der Polizei oder einem anderen in die Schuhe geschoben werden
können. Die Fragestellung, so sagt es der Gesetzgeber eigentlich: Gibt es nicht
noch einen anderen Weg der Gefahrenabwehr? Stichwort dann Verhältnismäßig-
keit der Mittel. Und das ein reines Schutzgesetz letztlich diese Reflexion eigent-
lich nicht zulässt, man macht es sich einfach einfach, weil der Mensch ein be-
quemer Mensch ist. In solchen Fällen, mit solchen Menschen, mit denen wir es
zu tun haben, ist es denke ich immer wieder erforderlich, immer wieder erst zu
reflektieren: Gibt es nicht noch einmal einen anderen Weg? Wir haben ja hier in
der Klinik durchaus Problematiken wo wir sagen müssen, jetzt müssen wir einen
Menschen fixieren und eben auch gegen seinen Willen eine Spritze geben. Das
kann eigentlich nur eine gemeinsame Entscheidung aller sein, die an dem Fall
beteiligt sind und nicht nur eines einzelnen. Das heißt, man muss das noch ein-
mal gemeinsam diskutieren und reflektieren, ehe man sich zu so einer Maßnah-
me entscheidet. Und das denke ich sollte im Vorfeld gemeinsam laufen. Ich ken-
ne es, wie gesagt, aus dem Sozialpsychiatrischen Dienst in Uelzen und dem
PsychKG aus Niedersachsen. Als ich dort tätig war, habe ich Nachbarkreis von
Uelzen gewohnt. Wenn die Polizei jemanden aufgegriffen und mit auf die Wache
genommen hatten und es dort ging es um die Frage ging, ob es ein psychisch
Kranker ist und wie man ihm am besten helfen könne, wurde ich durch die Polizei
kontaktiert und auf die Dienststelle gebracht. Dort habe ich mich dann mit den
Menschen auseinandergesetzt. Dabei war es manchmal möglich, einen anderen
Weg zu wählen und einige Unterbringung in eine Klinik zu umgehen, was, wie ich
denke, ein dankbarer Weg, ohne viel Gewalt, für den Betroffenen selbst, aber
auch für alle anderen Beteiligten gewesen war. Nach dem HFEG würde dieser
sofort in die Klinik geschafft und für 24 Stunden untergebracht werden, bis der
Richter eine Entscheidung über den weiteren Verbleib fällt.
F.: Wie sehe denn so ein Weg aus?
A.: Also, in vielen Fällen macht das die Polizei ja selbst, besonders bei Suchtfa-
milien. Da gibt es ja häufig Streit und wenn dann die Nachbarschaft aktiv wird
und die Polizei kontaktiert, wird durch die Polizei vor Ort eine Lösung angestrebt.
Manchmal funktioniert es, manchmal funktioniert es nicht. Dann muss die Polizei
entscheiden, ob jemand in die Klinik oder die Gewahrsamszelle der Polizei ge-
bracht wird. Solche Krisen haben häufig was mit Abhängigkeiten zu tun. Dann
haben wir solche Psychotiker, wie in dem Beispiel aus Berlin, der Wahrneh-
mungsstörungen besitzt und unter Realitätsverlust leidet. Das sind aber die sel-
tensten Fälle. Meistens sind die Psychotiker in einer psychosozialen Betreuung.
Bei denen kommt es aber ganz besonders drauf an, eine persönliche Beziehung
und Kommunikation herzustellen. Das ist dann mit Fachleuten besser als mit
Leuten, die es nie gelernt haben. Und da kann man dann meistens auch Lösun-
gen finden, entweder über Angehörige oder über Freunde, Bekannte oder aber
eine freiwillige Aufnahme, welche gegenüber einer Zwangseinweisung auch
möglich wäre. Wenn man sich die Zahl der Zwangseinweisungen ansieht, die,
wie ich glaube, in den letzten paar Jahren gestiegen ist, dann stellt das doch e-
her ein negatives Bild für die gesamte Versorgung dar. Und je weniger Zwangs-
einweisung, desto besser ist die Vernetzung der psychosozialen Versorgung.
Optimal ist denke ich, in Uelzen war es so, wenn auch die Polizei über die ge-
samte psychosoziale Szene Adressen, Ansprechpartner und Kontakte besitzt,
um in Notfällen diese auch sofort herbeiholen zu können.
F.: Wenn ich Sie richtig verstehe, dann würden Sie sich diese Vorgehensweise
auch im Werra- Meißner- Kreis wünschen?
A.: Ich wünsche mir das so, ja. Die gesetzliche Notwendigkeit wäre gegeben,
wenn wir ein PsychKG haben würden. Aber so lange wir hier nicht diese gesetzli-
che Notwendigkeit haben, wird jeder in seiner eigenen Suppe rühren. Man kann
natürlich auf der freiwilligen Ebene an einem Runden- Tisch versuchen, sich be-
kannt zu machen, aber da spielen natürlich auch einige datenschutzrechtliche
Aspekte eine Rolle. Man kann natürlich nicht über spezielle Personen und in al-
len Fällen darüber reden. Natürlich wäre es schon wünschenswert, wenn es ei-
nen dauerhaften institutionalisierten Arbeitskreis der psychosozialen professiona-
len Szene und der Polizei geben würde, in dem auch ein Telefonnummer Aus-
tausch stattfinden würde.
F.: Bei dem Vorfall in Berlin wurden auch andere Polizeibeamte befragt. Diese
gaben an, dass sie sich nicht recht sicher im Umgang mit psychisch Kranken
fühlen würden. Wie sehen Sie die Situation im Werra- Meißner- Kreis?
A.: Ich denke, dass ich das bestätigen kann, ohne dass ich jemanden auf die
Füße trete. Ich bin nicht im Polizeirecht ausgebildet und die Polizei ist nicht in
medizinischen Dingen ausgebildet. Das ist erst einmal so das Grundsätzliche.
Das Zweite ist eben, was noch einmal die Forderung nach einem PsychKG mit
klarer verantwortlicher Regelung unterstreicht, dass man solche Dinge wie Frei-
heitsberaubung nicht einer einzelnen Berufsgruppe übertragen kann, sondern
dass es eine gemeinsame Verantwortung der Gesellschaft ist und derjenigen, die
an diesem Fall direkt beteiligt sind. Und ich glaube, wenn dann jemand sagt, wir
sind nicht so richtig gut ausgebildet, heißt das eigentlich nur, dass die Verantwor-
tung, die mir übertragen wird, mehr oder weniger nicht von mir alleine getragen
werden kann. Aber ich muss sie irgendwie tragen, weil man das so erwartet. Da
glaube ich, brauch jeder in seiner Berufsgruppe die Entlastung, dass man solche
Verantwortung wie Freiheitsentziehung nur gemeinsam tragen kann.
F.: Und das geht nur über ein einheitlich geregeltes PsychKG?
A.: Ja.
F.: Ich würde nun gerne zu einem anderen Themenkomplex übergehen. In mei-
nen Recherchen ist mir aufgefallen, dass die Fallzahlen von 2009 bis 2013 der
Einweisungen, die durch die Polizei durchgeführt worden sind, stetig gestiegen
sind, obwohl die Einwohnerzahl im Werra- Meißner- Kreis in den letzten fünf Jah-
ren kontinuierlich gesunken ist. Besitzen Sie dafür einen Erklärungsansatz?
A.: Das könnte einerseits an den Punkten der mangelnden Kooperation und Ko-
ordination liegen, über die wir bisher geredet haben. Auch könnte es an einer
gemeinsamen Abstimmung liegen: Nach welchen Kriterien wollen wir überhaupt
entscheiden? Denn das sind letztlich alles subjektive Kriterien, darüber brauchen
wir uns nichts vorzumachen. Das geht häufig nach Bauchgefühl und nicht nach
Objektivität. Das ist das eine. Das andere ist, dass Polizei und ich sage auch mal
die Psychiatrie, mehr oder weniger auch Kinder eines aktuell gesellschaftlichen
Bildes und Denkens sind. Und wenn in der Gesellschaft ganz allgemein und von
der Politik dann noch gefördert, Sicherheit eines der obersten Gebote ist, dann
fällt es der Polizei oder der Psychiatrie leichter, jemanden einzuweisen oder auf-
zunehmen, um damit einem Verfahren wegen unterlassener Hilfeleistung oder
Freiheitsberaubung im Amt zu umgehen. So sind wir Abbilder unseres gesell-
schaftlichen Denkens. Und wenn man so die aktuelle Diskussion in den letzten
fünf Jahren verfolgt, so hat die Publizistik mehr oder weniger hochgespielt, wel-
che Gefahren von psychisch Kranken ausgehen können. Oder auch ihr Berliner
Fall geht zwar mit einem anderen Vorzeichen durch die Presse, aber letztlich
werden Vorurteile bedient, dass psychisches Kranksein auch immer gleich Krimi-
nalität oder kriminelles Verhalten beinhaltet.
F: Also kann man zusammenfassen, dass ihrer Meinung nach die hohen Einwei-
sungszahlen dadurch zustande kommen, dass durch die Öffentlichkeit und die
Politik das Sicherheitsgefühl in den Vordergrund gestellt wird?
A: Nein. Ich will nicht schwarz-weiß malen, das hat nicht nur eine Ursache. Aber
es ist mit einer wesentlichen Ursache, dass die öffentliche Meinung wieder mehr
nach Sicherheit schreit. Wenn zum Beispiel eine Sexualstraftat geschehen ist,
dann wissen sie, was in der Presse abläuft und wie da die öffentliche Meinung
auch beeinflusst wird, ohne den Einzelfall allerdings genau zu betrachten. So
haben wir die Diskussion über den hessischen Maßregelvollzug genauso wie
über die Sicherungsverwahrung, die sehr deutlich macht, dass es im Moment
wieder mehr nach staatlichen Eingriffen und Sicherheit abläuft. Dies war in den
Jahren von 1975 bis ungefähr 1995 anders, als sich die Sozial- und Gemeinde-
psychiatrie so entwickelte. Da war die Haltung in der Politik und in Fachkreisen,
dass man ohne geschlossene Einrichtungen auskommt. Es gibt also immer eine
Welle im gesellschaftlichen Denken und Verhalten, die entweder mehr auf Tole-
ranz oder mehr auf Sicherheit aus ist. Das ist so ein Aspekt. Der andere Aspekt
ist, dass wir auf der einen Seite die UN-Behindertenrechtskonventionen haben,
die den freien Willen eines jeden Einzelnen betont. Auf der anderen Seite wird
mehr Sicherheit gesetzgeberisch durchgesetzt und auf der dritten Seite sind BVG
und BGH noch auf der liberalen Schiene, die besagt, dass man die Verhältnis-
mäßigkeit der Mittel und alles gesetzlich regeln muss, wenn es nur eine
Zwangsmaßnahme gibt. Das sind ja gesellschaftliche Widersprüche, die da auf
jeden Einzelnen, auf die Polizei und auf die Psychiatrie, einwirken. Wir müssen
dann im Alltag den richtigen Weg in diesem Spannungsverhältnis finden und das
macht die ganze Sache so schwierig. Die Haftpflichtprozesse innerhalb der Me-
dizin nehmen zu, ich weiß nicht, wie es innerhalb der Polizei ist. Es gibt also im-
mer Ermittlungsverfahren, auch gegen mich. Insofern sehen Sie, dass viele
Komponenten eine Rolle spielen, die letztlich in der Regel dazu führen, ein zu
hohes Kontroll- und Sicherheitsbedürfnis durchzusetzen und dadurch mehr
Zwangseinweisungen zu veranlassen, als dass man Mut hat, Verantwortung zu
übernehmen. Das sag ich einfach!
F: Das heißt, dass man schneller als nötig geneigt ist, Personen einzuweisen?
A: Ja.
F: Könnten sich ihrer Meinung nach auch räumliche Strukturen, das Durch-
schnittsalter und/ oder das Durchschnittseinkommen des Werra-Meißner-Kreises
auf die Zahl der Einweisungen auswirken? Sind die Einweisungen einer bestimm-
ten sozialen Schicht zuzuordnen?
A: Es ist eindeutig so, dass es die Psychiatrie und die stationäre Psychiatrie mit
den niedrigeren sozialen Schichten zu tun hat. Wir haben überproportional Harz
IV – Empfänger und eher schlecht ausgebildete Leute in Behandlung, als Perso-
nen mit Abitur, Studium oder Ähnlichem. Das liegt aber nicht daran, dass die rei-
cheren oder besser ausgebildeten Leute gesünder sind, sondern daran, dass sie
sich woanders eine teure Privatklinik leisten können. Von daher spüren wir schon
die soziale Benachteiligung. Man könnte auch sagen, dass Leute einer höheren
sozialen Schicht andere Kontrollmechanismen haben, durch die zum Beispiel
Gewalt in der Familie anders ausbalanciert wird, als in einer Alkoholikerfamilie
hier in „down-town“. Von daher glaube ich schon, dass es soziale Schichtunter-
schiede gibt, allerdings nicht von der Krankheitshäufigkeit oder Auffälligkeit her.
F: In meinen Recherchen habe ich herausgefunden, dass überproportional mehr
Männer als Frauen zwangseingewiesen werden. Gibt es hierfür eine Erklärung?
A: Nun, man kann natürlich sagen, dass das Hormon Testosteron mehr Aggres-
sionsbereitschaft bereit stellt als das Östrogen. Es hat gewiss grundsätzlich et-
was mit einem eindeutigen Geschlechtsunterschied in der Aggressionsbereit-
schaft zu tun. Damit kann man unter anderem auch vergleichen, warum weibli-
ches Führungspersonal ganz anders führt als männliches.
F: Könne der Drehtüreffekt, der sich aus der drastische Verkürzung der stationä-
ren Behandlungs- und Verweildauer ergibt, ein Erklärungsansatz für die steigen-
den Unterbringungszahlen darstellen?
A: Der Drehtüreffekt liegt nicht so sehr an der Verweildauer eines
Patienten. Hier macht sich eher eine Änderung in den therapeutischen Strategien
bemerkbar. Wenn ich heute zum Beispiel einen alkoholabhängigen Menschen
nach zehn Tagen entlasse, kann es durchaus sein, dass er dann nach weiteren
zehn Tagen wieder aufgenommen wird. Aber dann ist es nicht wie früher, dass
ich wieder von vorne anfange, sondern ich setze dann da an, wo ich mit der Be-
handlung aufgehört habe und setzte sie fort. Ich würde den Drehtüreffekt nicht
negativ, sondern als ein ständiges Bemühen betrachten, eine bessere therapeu-
tische Beziehung mit dem Patienten aufzubauen. Ich versuche also therapeu-
tisch zu nutzen, was mir eventuell von ökonomischen Zwängen aufgedrückt wor-
den ist. Die Krankenkassen finden es nämlich überhaupt nicht gut, wenn ein Al-
koholkranker über vier oder sechs Wochen an einem Stück behandelt wird. Die
Krankenkasse sagt dann nämlich, dass wir nach dem Gesetz für die Akuterkran-
kung zuständig sind und dass das, was wir dann machen, Rehabilitation darstellt,
wofür wiederum der Rentenversicherungsträger zuständig ist. Das heißt, die
ökonomischen Zwänge haben wiederum uns gezwungen, die therapeutischen
Strategien zu verändern. Das sieht dann so aus, dass ein Patient, der früher
einmal im Jahr durchschnittlich 80 Tage am Stück bei uns blieb und behandelt
wurde, heute zehnmal für acht bis zehn Tage zu uns kommt. Die Verweildauer
insgesamt pro Jahr hat sich quasi nicht verändert, wohl aber die Anzahl der Be-
handlungsintervalle.
F: Dann hat man doch als Polizeibeamter bei steigenden Intervallzahlen häufiger
mit rückfällig gewordenen Alkohol- oder Drogenabhängigen zu tun, da diese
dann nicht nur einmal, sondern mehrmals wegen Eigen- oder Fremdgefährdung
eingewiesen werden müssen?
A: Ja, aber die Polizei hat nur dann etwas mit diesen Patienten zu tun, wenn sie
auffällig werden und eventuell eine Gefährdung darstellen. Ansonsten sehen Sie
die Patienten ja nur zufällig. Ich muss noch einmal betonen, dass unser thera-
peutisches Ziel darauf gerichtet ist, eine tragfeste Beziehung zu dem Patienten
aufzubauen und die Beziehung, wenn sie denn wirklich tragfest ist, zu nutzen,
um Verhaltensänderungen beim Patienten zu induzieren. Das ist natürlich bei
einer achttägigen Verweildauer, wie sie momentan bei Suchtkranken durch-
schnittlich vorgesehen ist, nicht gegeben. Das heißt, wir müssen mehr oder we-
niger schauen, dass wir durch häufiges Wiedersehen diese Beziehung festigen,
um dann mit dem Patienten an Verhaltsänderungen zu arbeiten. Sie würden ver-
stehen, wenn sie Einzelfälle verfolgen würden, dass wir es schon als Erfolg ver-
stehen, wenn wir es schaffen, zu einem Schizophrenen eine Beziehung aufzu-
bauen, was mittelfristig weniger Zwangseinweisungen nach sich ziehen würde.
Wir können dann im Vorfeld, also bevor die Krankheit wieder akut wird, interve-
nieren und den Patienten überzeugen, freiwillig zu uns zu kommen. Die Ent-
scheidung des Patienten, sich rechtzeitig und freiwillig zu uns in Behandlung zu
geben, stellt für uns schon einen enormen therapeutischen Erfolg dar. Aus die-
sem Grund sehe ich den Drehtüreffekt eher als therapeutisches Instrument der
Befähigung von Patienten zum Aufbau eines Selbstmanagements. Das ist unser
Ziel und das bekommen wir in der Regel auch hin. In dieser Region haben wir ja
eine Wohnunterbringung in Witzenhausen, die besonders Abhängigkeitserkrank-
te aus allen Psychiatrien des Bundesgebietes aufnimmt. Die Leute werden dort
zwar angesiedelt, nach zweimaligem Rückfall allerdings auf die Straße gesetzt.
Wir bekommen die Leute dann hier her und müssen es spätestens beim zweiten
Mal geschafft haben, so eine Beziehung aufzubauen, dass sie neue Hilfen an-
nehmen und dass sie nicht wieder in die Obdachlosigkeit entlassen werden. Das
ist schon ein hartes Stück Arbeit, das da vor uns liegt, aber in den meisten Fällen
schaffen wir es trotzdem. Ich denke mal und ich habe da einen ganz guten Über-
blick über die dreißig Jahre, die ich hier tätig bin, dass wir Alkoholkranke so nach
dem vierten oder fünften Mal dann so weit haben, dass sie freiwillig kommen.
F: Das bedeutet dann aber Umkehrschluss, dass sie vier oder fünf Mal unfreiwil-
lig hier her kommen, oder?
A: Ja, aber das ist für die unstete Beziehung und die Schwierigkeit, überhaupt in
eine feste Beziehung einzutreten, schon eine gute Leistung und das innerhalb
kürzester Zeit. Natürlich haben wir auch Personen, die 25 oder 30 Mal bei uns im
Jahr aufgenommen werden. Das sind nicht viele, aber es gibt solche Leute, bei
denen die Polizei gar nicht mehr tangiert wird. Die machen das dann freiwillig
oder ambulant.
F: Aber auszuschließen ist das natürlich nicht.
A: Nein.
F: Wahrscheinlich doch dann insbesondere bei Leuten, die von außen in den
Werra-Meißner-Kreis kommen und hier keine soziale Bindung haben. Geben Sie
mir da Recht?
A: Insbesondere dann, wenn sie die Eigenschaft haben, unter Alkoholeinfluss
ihre Aggressionen auszuleben.
F: Heißt das, dass die steigenden Fallzahlen im Werra-Meißner-Kreises mit dem
Zugang an Patienten „von außen“ in Zusammenhang gebracht werden können?
A: Ja klar. Psychische Krankheiten sind nicht mehr geworden. Auch Suchtkrank-
heiten sind teilweise genetisch festgelegt. Es gibt nicht mehr Burnouts, Depressi-
onen, Psychosen oder Alkohol- und Suchtkranke vom Medizinisch-
Epidemiologischen her, sondern das ist dann mehr oder weniger entweder durch
Zuzug in eine Wohneinheit, wie wir sie in Witzenhausen haben, bedingt oder na-
türlich durch Neuerkrankungen. Pro 100.000 Einwohner liegt der Anteil der Psy-
chosen bei 5%, die Depressionen und Angststörungen bei 10% und die Sucht-
krankheiten auch stabil bei 5%. Also es wird immer wieder so etwas geben, dass
am Anfang erst einmal die Krankheitsuneinsichtigkeit oder die affektive Entglei-
sung mit Aggressionen stehen und das ist dann unsere Aufgabe, das langfristig
zu befrieden. Aber das geht natürlich nicht von heute auf morgen. Das ist pro-
zesshaft zu betrachten.
F: Bis vor ein paar Jahren war ja dieser Teil der Psychiatrie noch auf dem Meiß-
ner angesiedelt. Welche Vor- oder Nachteile sehen Sie bei der derzeitigen An-
gliederung an das allgemeinmedizinische Krankenhaus hier in Eschwege?
A: Aus polizeilicher Sicht könnte dies einen Nachteil auf den Standort in Hessisch
Lichtenau haben, weil eines Tages vielleicht die Frage gestellt wird, ob man die-
sen Standort, je nach ökologischem Zwang, noch braucht. Als ich 1986 begon-
nen habe, habe ich von vornherein keinen Hehl daraus gemacht, dass die Psy-
chiatrie auf der grünen Wiese nicht meine Idealvorstellung ist. Es hat dann zwan-
zig Jahre gedauert, 2006 sind wir umgezogen. Man braucht bei solchen Prozes-
sen, wie auch bei psychischen Heilungsprozessen, einen langen Atem. Der Um-
zug war für mich einerseits wichtig, weil die Infrastruktur einer Stadt uns hilft, die
Wiedereingliederung von psychisch Kranken besser vollziehen zu können. Auch
sind die Rehabilitationsmöglichkeiten hier besser. Andererseits war für mich die
Einbindung der Psychiatrie in das allgemeinmedizinische Geschehen sehr wich-
tig, denn auf dem Meißner waren wir ganz allein auf uns gestellt. Psychisch krank
sein heißt ja nicht, frei von körperlicher Krankheit zu sein und hat oft ja auch kör-
perliche Ursachen. Diagnostik und Therapie eingebettet in die allgemeine Medi-
zin hat für den Patienten den Vorteil einer besseren medizinischen Versorgung
und für uns Fachleute ein besseres Gefühl, nichts übersehen zu haben.
F: Haben Sie das Gefühl, dass die Fallzahlen durch die Verlagerung in die Stadt
angestiegen sind?
A: Das was gestiegen ist, sind die unangemeldeten Notaufnahmen in der Nacht.
Diese Aufnahmen wurden bestimmt vorher in der Notaufnahme der Allgemein-
medizin von den Chirurgen und Internisten bearbeitet, die sich die Patienten
dann angesehen und anschließend behalten oder nach Hause geschickt haben.
Jetzt werden die Notaufnahmen gleich einer Fachbehandlung zugeführt.
F: Notaufnahmen warum?
A: Weil einige Patienten merken, dass etwas mit ihnen nicht stimmt und weil es
anderen Ärzten leichter fällt, ihre Patienten nach hier in die Psychiatrie zu über-
weisen, als es ihnen früher gefallen ist, diese in die Klinik auf den Meißner zu
überweisen. Früher haben das unsere Internisten und Chirurgen abgefedert, weil
der Meißner so weit weg war. Die Schwelle, in die Psychiatrie zu kommen, ist seit
dem Umzug in die Stadt niedriger geworden und hat zu einer erhöhten Frequen-
tierung in der Nacht geführt.
F: Geht das auch mit Mehrarbeit durch Polizei einher?
A: Das glaube ich nicht. Ich gehe lediglich von einer Verlagerung bei der Polizei
aus. Das, was heute der Polizei in Eschwege Mehrarbeit verschafft, hat früher die
Polizei in Hessisch Lichtenau bearbeitet.
F: Wie sehen Sie sich personell aufgestellt?
A: Miserabel. Wir haben Personalengpässe, wie die Polizei sie auch hat. Das hat
bei uns allerdings weniger etwas mit ökonomischen Kriterien zu tun als mit
Standortnachteilen. Ich weiß nicht, wie es bei der Polizei ist, aber in der ländli-
chen Region will hochqualifiziertes Fachpersonal einfach nicht tätig sein. Die wol-
len in Göttingen tätig sein, die wollen in Kassel tätig sein, aber nicht in Eschwege
oder Hessisch Lichtenau. Das sind so Dinge, die eine größere Rolle spielen.
Deshalb haben wir einen Mangel an Fachärzten, an Ärzten allgemein, auch an
anderen Therapeuten, Psychologen und Sozialarbeitern. Aber letztlich müssen
wir uns in der Personalpolitik was einfallen lassen. Es muss sich lohen, in der
Provinz zu arbeiten.
F: Da spielt doch wahrscheinlich insbesondere das männliche Personal eine Rol-
le. In meinem Praktikum wurden wir ein- oder zweimal zur Unterstützung von
zwei weiblichen Mitarbeiterinnen bei einer Fixierung gerufen.
A: Ja und nein. Ich kann es nicht objektivieren und nur aus dem Bauchgefühl
sagen, dass mit steigender Anzahl hier beschäftigter Frauen das Potential an
Aggressivität sinkt. Hätten wir Frauen und Männer gleichermaßen beschäftigt,
wäre ich überzeugt, dass wir mehr Aggressionen hätten und Sie trotzdem geru-
fen würden. Ich glaube eher, dass die 75 bis 80%ige Frauenbesetzung weniger
auch an Aggressionen produziert und hätten wir mehr Männer, würde es allein
aus dieser Tatsache mehr Aggressionen geben. Aus polizeilicher Sicht würde es
meiner Meinung keinen Unterschied machen, wenn wir nachts mehr männliches
Personal hätten. Was man machen könnte, wenn wir mehr Personal insgesamt
hätten, wäre kommunikatives Intervenieren, bevor es „zu spät“ ist. Aber noch-
mals: Mehr Männer provoziert mehr Aggression – davon bin ich überzeugt.
F: Sehen Sie denn den Bereich der gemeindenahen Psychiatrie im Werra-
Meißner-Kreis gut aufgestellt?
A: Es kann immer noch besser werden, aber im Prinzip denke ich, dass die psy-
chiatrischen Angebote, die wir haben, schon relativ hochwertig sind. Wir haben
neben dem stationären Angebot auch teilstationäre Angebote, die beiden Tages-
kliniken in Eschwege und Witzenhausen, wir haben die Ambulanzen in Eschwe-
ge und Witzenhausen und gerade gestern war ich bei der kassenärztlichen Ver-
einigung, wir werden jetzt in Hessisch Lichtenau auch eine Ambulanz eröffnen
können und das bedeutet, dass sozusagen der Werra-Meißner-Kreis „im Dreieck“
wieder ambulant versorgt wird. Wir versorgen im ambulanten Bereich knapp
3000 Patienten. Man kann sich bei sinkenden Einwohnerzahlen nicht vorstellen,
dass immer mehr Patienten auf uns zukommen. Dann haben wir jetzt in Witzen-
hausen eine neue Geriatriestation eröffnet, die von einer Kollegin von mir, also
auch von einer Psychiaterin, chefärztlich geleitet wird und wo wir auch den ge-
rontopsychiatrischen Bereich mehr nach Witzenhausen verlagern wollen. Da wir
immer älter werden, wird dieses Teilfachgebiet sehr wichtig und wird mit betreu-
tem Wohnen und mit Spezialambulanz weiter strukturiert werden. Im Bereich des
ambulanten betreuten Wohnens haben wir als Träger 80 bis 100 Menschen, die
von uns in ihren eigenen Wohnungen betreut werden. Der Verein Aufwind eben-
falls, der noch über zwei Wohnheime mit je 20 oder 25 Plätzen verfügt. Der Ver-
ein Aufwind hat weiterhin Arbeitsplätze, eine Werkstatt für Behinderte, die GWE,
und sehr unterschiedliche Angebote. In Eschwege zwei mehr industrielle Ferti-
gungsanlagen, in Witzenhausen eine industrielle Fertigungsanlage zusammen
mit der Werralandwerkstätte und mehrere Kooperationsprojekte mit Firmen im
Sinne eines ersten Arbeitsmarktes auch für Behinderte in Witzenhausen, Abtero-
de und Datterode. Dann gibt es noch das Gastwerk in Witzenhausen, so einen
Mittagstisch und die Kaffeerösterei in Witzenhausen. So kommt also ein Gesamt-
versorgungsgebiet zusammen, das im Bundesgebiet schon einmalig ist – also
auf einer Fläche von 100.000 Einwohnern und dann noch in einer ländlichen
Struktur. Das ist also Zusammenarbeit Klinik, Verein Aufwind und wenn wir dann
noch die Drogenberatungsstelle hinzunehmen und Drogenprävention und unsere
Ambulanzen denke ich, kann man hier auf ein Versorgungsgebiet blicken, das es
für Behinderung im Allgemeinen, und nehmen wir auch noch Werraland für die
geistig Behinderten hinzu, kaum in der Bundesrepublik gibt. Das gesamte Ver-
netzungssystem kann natürlich noch deutlich besser werden. Ich denke hier an
eine gemeinsame inhaltliche Ausrichtung, gemeinsame institutionalisierte Infor-
mationsweitergabe und Fortbildung, wo auch die Polizei eventuell mit einbezo-
gen werden kann. Insgesamt gesehen ist das von der vorgehaltenen Struktur
schon sehr gut.
F: Dann würde ich das Interview mit meiner letzten Frage abschließen wollen.
Welche sonstigen Probleme sehen Sie, wenn psychisch Kranke durch die Polizei
eingewiesen werden?
A: Ja, wir kommen da auf unsere Ausgangsdiskussion zurück. Wir müssen mehr
zu einer Arbeitsteilung kommen. Wir müssen auch die gesetzliche Regelung fin-
den und auch beidseitig der Politik Druck machen, dass klarer geregelt wird, wer
für was verantwortlich ist und dass wir gesetzlich zu einer institutionellen gemein-
samen Zusammenarbeit verdonnert werden. Die freiwilligen Zusammenkünfte
einmal oder zweimal im Jahr auf höchster Ebene bringen schon was, aber für
den Alltag bringt es nicht, glaube ich. Also wenn Richter Seubert, Ihrem Präsident
und ich zusammen sitzen, dann ist das etwas, um die Stimmungen auf beiden
Seiten auszugleichen, aber auf der direkten Arbeitsebene müsste ein regelmäßi-
ger Austausch stattfinden. Also der Beamte im Schichtdienst und der Stationsarzt
hier müssten näher zueinander kommen. Ich denke, dass wir, unabhängig von
der Gesetzeslage, in dieser Richtung etwas gemeinsam auf die Beine bringen
sollten. Es ist nun einmal eine Binsenwahrheit, dass man Dinge besser auf die
Reihe bekommt und sich besser versteht, wenn man sich persönlich kennt.
F: Das heißt also, die generelle Verbindung der einzelnen Institutionen unterei-
nander könnte insbesondere von einem persönlichen Kennenlernen auf Arbeits-
ebene profitieren?
A: Wenn auf dieser Ebene ein institutioneller Austausch schafft, glaube ich, dann
bringt das mehr. Wir haben ja einen Pfleger, der früher bei der Polizei gearbeitet
hat. Das ist Gold wert, weil der beide Denkweisen kennt. Daran merkt man dann
auch, wenn so zwei unterschiedliche Denkweisen zueinander kommen, dass
man das nur durch einen gemeinsamen Austausch schaffen kann. Dann gibt es
noch weniger Probleme im Alltag. Ja, das ist bezogen auf die Polizei zu sagen.
Ansonsten wird es immer Probleme geben. Es wäre auch zu schön oder zu trau-
rig, wenn es keine Probleme gibt. Was die Versorgung angeht, das kann alles
natürlich optimiert, anders strukturiert und noch mal vernetzter werden, ohne da
jetzt in Einzelheiten zu gehen.
Herr v. H., ich bedanke mich sehr herzlich bei Ihnen, dass Sie sich als Inter-
viewpartner zur Verfügung gestellt haben.
Anlage 4: E- Mail von Herrn Probst des Zentral Psychologischen Dienstes vom 22.01.2014
Gesendet: Mittwoch, 22. Januar 2014 um 13:25 Uhr
Von: [email protected]
Betreff: WG: Bachelorthesis
Hallo Herr Grubbe,
zu ihrer Anfrage möchte ich Ihnen gerne folgende Informationen zukommen las-
sen:
Unseres Wissens nach gibt es keine Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen, die
sich an die Kolleginnen und Kollegen des polizeilichen Einzeldienstes richten.
Die Einschätzung von psychisch "auffälligen" Personen durch Polizeibeamte ori-
entiert sich vorrangig daran, ob Hinweise auf eine Fremd- oder Eigengefährdung
vorhanden sind (siehe auch § 1 HFEG). Es besteht dort nicht das Möglichkeit
(auch nicht das Erfordernis), zu erkennen / definieren, um was für eine psychi-
sche Problemstellung oder Sucht es sich in der jeweiligen polizeilichen Aufga-
benstellung handelt. Die Einweisung in eine psychiatrische Einrichtung dient ja
gerade dazu, dies ggf. festzustellen. Im Übrigen sollte uns klar sein, dass
Psychologen nicht umsonst ein langes Studium absolvieren, um qualitative Aus-
sagen zu solchen Fragestellungen geben zu können. Polizeibeamtinnen-/ beam-
te haben da andere Schwerpunkte.
Insofern orientiert sich das Verhalten und die zu treffenden Maßnahmen der Kol-
leginnen und Kollegen insbesondere an ihrer Einsatz- und Lebenserfahrung und
zielt daraufhin ab, Gefährdungsmomtente für die Allgemeinheit oder die/den Be-
troffenen zu unterbinden / zu minimieren.
Für spezielle Zielgruppen innerhalb der Polizei (z. B. Verhandlungsgrup-
pen) gibt es im Rahmen ihrer Qualifikation sehr wohl Ausbildungsinhalte, die
sich mit psychischen Problemstellungen befassen. Desweiteren werden eben-
falls Sachbearbeiterinnen und Sachbearbeiter der Kriminalpolizei und der de-
zentralen Ermittlungsgruppe, die Gefährdungslagen in Zusammenhang mit
Häuslicher Gewalt, Stalking und Irrationaler Gewalt bearbeiten und mit der
Gefährdungsbewertung vertraut sind, fortgebildet (Seminar Gefährdungsla-
genmanagement).
Im Rahmen ihrer Tätigkeit für das "Psychosoziale Netzwerk der hessi-
schen Polizei" beschäftigen sich Personalberater und Soziale Ansprechpart-
ner ebenfalls mit der Thematik von psychsischen Problemstellungen (z. B.
Grundlagenqualifikation Soziale Ansprechpartner). Diese Ansprechpersonen
beschäftigen sich aber im Rahmen ihrer Tätigkeit mit Bediensteten der hessi-
schen Polizei, ebenso wie es sich bei Fortibildungsseminaren für Führungs-
kräfte der hessischen Polizei (Dienstrecht / Psychosoziale Problemstellungen)
im Schwerpunkt um den Umgang mit Mitarbeitern innerhalb der Polzeiorgani-
sation handelt. Die dort erlangten Kenntnisse können die Seminarteilnehmer
natürlich auch im Rahmen anderer Tätigkeiten für sich nutzen.
Da ich Ihnen nicht versichern kann, dass meine Informationen vollständig sind,
können sich noch gerne an die Abt. Fortbildung der HPA wenden um dort zu er-
fragen, ob es weitere Fortbildungsveranstaltungen zu der von Ihnen angespro-
chenen Thematik gibt.
mit freundlichen Grüßen,
i. A. Klaus Probst
Polizeiakademie Hessen
Zentraler Polizeipsychologischer Dienst
Psychosoziale Unterstützung
Personalberatungsstelle
Schönbergstraße 100
65199 Wiesbaden
Tel.: 0611 / 9460 - 6222
Fax: 0611 / 9460 - 6229
E-Mail: [email protected]
Anlage 5: Fallzahlen der Unterbringung im Werra- Meißner- Kreis von 2009
bis 2013, letzter Stand 28.01.2014
Jahreszahl einweisende Dienststelle Datum Geschlecht
2009
876/2009 HENH-ESCHWEGE-PST 01.01.2009 05:30 m
5938/2009 HENH-ESCHWEGE-PST 02.01.2009 23:00 w
21783/2009 HENH-HESS-LICHTENAU-PST 07.01.2009 22:00 m
41440/2009 HENH-WITZENHAUSEN-PST 13.01.2009 14:00 m
54649/2009 HENH-ESCHWEGE-PST 16.01.2009 15:35 m
54961/2009 HENH-ESCHWEGE-PST 16.01.2009 16:30 m
58256/2009 HENH-ESCHWEGE-PST 17.01.2009 21:00 m
65147/2009 HENH-ESCHWEGE-PST 19.01.2009 17:45 m
69445/2009 HENH-ESCHWEGE-PST 20.01.2009 18:05 w
70300/2009 HENH-ESCHWEGE-PST 21.01.2009 01:30 u
96902/2010 HENH-WITZENHAUSEN-PST 27.01.2009 09:00 w
107157/2010 HENH-ESCHWEGE-PST 29.01.2009 16:00 u
115783/2009 HENH-HESS-LICHTENAU-PST 01.02.2009 22:46 m
119706/2009 HENH-ESCHWEGE-PST 02.02.2009 19:50 w
162001/2009 HENH-ESCHWEGE-PST 11.02.2009 16:50 m
205634/2009 HENH-HESS-LICHTENAU-PST 24.02.2009 02:00 m
241211/2009 HENH-HESS-LICHTENAU-PST 04.03.2009 11:35 u
343790/2009 HENH-ESCHWEGE-PST 27.03.2009 18:14 m
374153/2009 HENH-ESCHWEGE-PST 03.04.2009 17:20 m
410490/2009 HENH-ESCHWEGE-PST 13.04.2009 01:10 w
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Anlage 6: Bevölkerungszahlen des Werra- Meißner- Kreis
Hallo Herr Grubbe,
wie telefonisch besprochen.
Die Einwohnerzahlen 2011/2012 sind aufgrund des Zensus 2011 (Registergestützte
Volkszählung) angepasst worden.
Bei Fragen melden Sie sich gern bei unserer Frau M. oder mir.
Mit freundlichen Grüßen aus Eschwege-Oberhone
H. P.
Fachbereich 8 - Ländlicher Raum, Natur- u. Landschaftsschutz, Wirtschaft und Verkehr
Fachdienst 8.2 - Wirtschaftsförderung und Verkehr
Werra-Meißner-Kreis - Der Kreisausschuss, Honer Straße 49, 37269 Eschwege