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  Mikro¨ okonomik II – SoSe 2008 3 Optimalwer tf unktionen und das En ve lope- Theorem Literatur: Breyer (2007), Abschnitt 2.4.2. 3.1 Opti mieru ng ohne Neben bedi ngun gen Das zu l ¨ osende Problem lautet max  x 1 ,  x 2  f (  x 1 ,  x 2 , α).  (3.1) Die x i , i = 1, 2 sind die  endogenen Variablen, w¨ ahrend α die  exogene V a- riable ist. Unser Ziel ist es, die Wirkung einer  ¨ Anderung von  α  auf den  Maximalwert  von  f  zu ermitteln. Dazu l ¨ osen wir zun ¨ achst das Optimie- rungsproblem. Die Bedingungen erster Ordnung lauten  f (  x 1 ,  x 2 , α)  x 1 =  0 (3.2)  f (  x 1 ,  x 2 , α)  x 2 =  0.  (3.3) Daraus ergeben sich die Optimalwerte x i  = x i (α). Wenn wir diese in die Zielfunktion einsetzen, erhalten wir die Optimalwertfunktion Φ(α)  f (  x 1 (α), x 2 (α), α),  (3.4) die den Maximalwert der Zielfunktion in Abh ¨ angigkeit von  α  angibt. 1

Envelope Theorem

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 Mikro¨ okonomik II – SoSe 2008

3 Optimalwertfunktionen und das Envelope-

Theorem

Literatur: Breyer (2007), Abschnitt 2.4.2.

3.1 Optimierung ohne Nebenbedingungen

Das zu losende Problem lautet

max x1, x2

 f ( x1, x2,α). (3.1)

Die xi, i = 1,2 sind die endogenen Variablen, wahrend α die exogene Va-

riable ist. Unser Ziel ist es, die Wirkung einer Anderung von α auf den

 Maximalwert  von f  zu ermitteln. Dazu losen wir zunachst das Optimie-

rungsproblem. Die Bedingungen erster Ordnung lauten

∂ f ( x1, x2,α)

∂ x1= 0 (3.2)

∂ f ( x1, x2,α)

∂ x2= 0. (3.3)

Daraus ergeben sich die Optimalwerte x∗i = xi(α). Wenn wir diese in die

Zielfunktion einsetzen, erhalten wir die Optimalwertfunktion

Φ(α)≡ f ( x1(α), x2(α),α), (3.4)

die den Maximalwert der Zielfunktion in Abhangigkeit von α angibt.

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Jetzt konnen wir die oben gestellte Frage beantworten:

dΦ(α)

dα=

=0

nach (3.2)     ∂ f ( x∗1, x∗2,α)

∂ x1

d x1

dα+

=0

nach (3.3)   ∂ f ( x∗1, x∗2,α)

∂ x2

d x2

dα+∂ f ( x∗1, x∗2,α)

∂α

=∂ f 

∂α(3.5)

Das ist das Envelope-Theorem:

Wenn wir die Wirkung einer  ¨  Anderung in einer exogenen Variablen auf 

eine Optimalwertfunktion ermitteln wollen, brauchen wir nur die direkten

 Effekte zu ber   ucksichtigen. Die indirekten Effekte verschwinden, weil wir 

uns in einem Optimum befinden.

Naturlich kann man das Envelope-Theorem auch auf Minimierungspro-

bleme anwenden.

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Beispiel 1: Die Gewinnfunktion

Die Gewinnfunktion ist definiert durch die Gleichung

π( p,r ,w) ≡ pF [K ( p,r ,w), L( p,r ,w)]− rK ( p,r ,w)−wL( p,r ,w).

wobei K ( p,r ,w) und L( p,r ,w) die aus dem Gewinnmaximierungspro-

blem resultierenden Faktornachfragen sind.

Die Gewinnfunktion ist damit eine Optimalwertfunktion.

Durch Anwendung des Envelope-Theorems erhalten wir

∂π( p,r ,w)

∂ p= F [K ( p,r ,w), L( p,r ,w)] = x( p,r ,w), (3.6a)

∂π( p,r ,w)

∂r = −K ( p,r ,w), (3.6b)

∂π( p,r ,w)

∂w= − L( p,r ,w). (3.6c)

Dieses Ergebnis wird als Hotellings Lemma bezeichnet.

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3.2 Optimierung mit Nebenbedingungen

Hier betrachten wir den folgenden Typ von Problemen, die in der Mi-

krookonomik haufig auftreten:

max x1, x2

 f ( x1, x2,α) u.d.Nb. g( x1, x2) = β. (3.7)

Wir f uhren also eine Nebenbedingung der Form g( x1, x2) = β ein, wobei

β eine exogene Variable ist, z.B. ein Budget, eine Menge, Einkommen,

Zeit, usw. Unser Ziel ist es nun, die Auswirkungen einer Anderung in αund β auf den Maximalwert von f  zu ermitteln.

Um das Problem zu losen, stellen wir die Lagrange-Funktion auf:

L ( x1, x2,λ) = f ( x1, x2,α) +λ [β−g( x1, x2)] . (3.8)

Die Bedingungen erster Ordnung lauten

∂L 

∂ x1=

∂ f ( x1, x2,α)

∂ x1−λ

∂g( x1, x2)

∂ x1= 0 (3.9)

∂L 

∂ x2=

∂ f ( x1, x2,α)

∂ x2−λ

∂g( x1, x2)

∂ x2= 0 (3.10)

∂L 

∂λ= β−g( x1, x2) = 0 (3.11)

und liefern die Optimalwerte x∗i = xi(α,β) and λ∗ = λ(α,β). Wir setzen

diese in die Zielfunktion ein und erhalten die Optimalwertfunktion

Φ(α,β) = f ( x1(α,β), x2(α,β),α) (3.12)

= f ( x1(α,β), x2(α,β),α) +λ(α,β)

=0 nach (3.11)     [β−g( x1(α,β), x2(α,β))]

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Nun konnen wir die Wirkungen der exogenen Variablen auf den Maxi-

malwert der Zielfunktion ermitteln. Dazu leiten wir die maximierte La-

grangefunktion nach den exogenen Variablen ab. Fur α erhalten wir

∂Φ

∂α=

∂ f 

∂ x1

∂ x1

∂α+∂ f 

∂ x2

∂ x2

∂α+∂ f 

∂α−λ(α,β)

∂g

∂ x1

∂ x1

∂α−λ(α,β)

∂g

∂ x2

∂ x2

∂α

+∂λ

∂α[β−g( x1(α,β), x2(α,β))]   

=0 nach (3.11)

(alle Funktionen im Optimum bewertet). Somit ergibt sich

∂Φ∂α

= ∂ f ∂ x1

−λ(α,β) ∂g∂ x1

   =0 nach (3.9)

∂ x1∂α

+ ∂ f ∂ x2

−λ(α,β) ∂g∂ x2

   =0 nach (3.10)

∂ x2∂α

+ ∂ f ∂α

=∂ f 

∂α.

Wieder erkennen wir die Gultigkeit des Envelope-Theorems und nur der

direkte Effekt von α spielt eine Rolle.

Der Effekt von β ergibt sich wie folgt:∂Φ

∂β=

∂ f 

∂ x1

∂ x1

∂β+∂ f 

∂ x2

∂ x2

∂β

+λ(α,β)

1−

∂g

∂ x1

∂ x1

∂β−∂g

∂ x2

∂ x2

∂β

+∂λ

∂β

=0 nach (3.11)     [β−g( x1(α,β), x2(α,β))] .

=

∂ f 

∂ x1−λ(α,β)

∂g

∂ x1

   =0 nach (3.9)

∂ x1

∂β+

∂ f 

∂ x2−λ(α,β)

∂g

∂ x2

   =0 nach (3.10)

∂ x2

∂β+λ(α,β)

= λ(α,β).

Es verbleibt also wieder nur der direkte Effekt von β. Der Lagrange-

 Multiplikator gibt an, wie sich die Zielfunktion ¨ andert, wenn man die

 Beschr   ankung β marginal ver   andert.

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Beispiel 2: Die Kostenfunktion

Beim Kostenminimierungsproblem werden mit der Lagrange-Funktion

L (K , L,λ) = wL + rK +λ( x−F (K , L)) (3.13)

die optimalen Werte K (r ,w, x), L(r ,w, x) und λ(r ,w, x) ermittelt. Durch

Einsetzen dieser Werte in die Lagrangefunktion erhalten wir die Kos-

tenfunktion

C (r ,w, x) = wL(r ,w, x) + rK (r ,w, x)

= wL(r ,w, x) + rK (r ,w, x) (3.14)

+λ(r ,w, x) ( x−F (K (r ,w, x), L(r ,w, x)))

da im Optimum x = F (K (r ,w, x), L(r ,w, x)) gilt. Die Kostenfunktion ist

folglich eine Optimalwertfunktion.

Unter Anwendung des Envelope-Theorems erhalten wir

∂C (r ,w, x)

∂ x= λ(r ,w, x), (3.15)

d.h. der Wert des Lagrange-Multiplikators entspricht den Grenzkosten.

Des Weiteren ergibt sich

∂C (r ,w, x)

∂r = K (r ,w, x) (3.16)

∂C (r ,w, x)

∂w= L(r ,w, x). (3.17)

Die Ableitungen nach den Faktorpreisen ergeben somit die bedingten

Faktornachfragen. Dies wird auch als Shepards Lemma bezeichnet.

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Beispiel 3: Die indirekte Nutzenfunktion

Beim Nutzenmaximierungsproblem werden mit der Lagrange-Funktion

L ( x1, x2,λ) = U ( x1, x2) +λ( M − p1 x1− p2 x2) (3.18)

die optimalen Werte x1( p1, p2, M ), x2( p1, p2, M ) und λ( p1, p2, M ) ermit-

telt. Durch Einsetzen dieser Werte in die Lagrangefunktion erhalten wir

die indirekte Nutzenfunktion

V ( p1,

 p2,

 M ) = U ( x1( p1,

 p2,

 M ),

 x2( p1,

 p2,

 M ))= U ( x1( p1, p2, M ), x2( p1, p2, M )) (3.19)

+λ( p1, p2, M ) ( M − p1 x1( p1, p2, M )− p2 x2( p1, p2, M ))

da im Optimum M  = p1 x1 + p2 x2 gilt. Die indirekte Nutzenfunktion ist

somit eine Optimalwertfunktion.

Unter Anwendung des Envelope-Theorems erhalten wir

∂V ( p1, p2, M )

∂ M = λ( p1, p2, M ). (3.20)

Fur die exogenen Preise p1 und p2, die in der Nebenbedingung, lasst sich

das Envelope-Theorem analog anwenden. Wir erhalten

∂V ( p1, p2, M )

∂ pi= −λ( p1, p2, M ) xi( p1, p2, M ), i = 1,2. (3.21)

Folglich gilt

 xi( p1, p2, M ) = −

∂V ( p1, p2, M )

∂ pi

∂V ( p1, p2, M )

∂ M 

. (3.22)

Dies wird als Roy’sche Identit   at bezeichnet.

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Beispiel 4: Optimierung bei exogener Ressourcenmenge

Von einer Ressource sei nur eine bestimmte Menge¯

 R vorhanden. Die-se k onne f ur unterschiedliche Zwecke eingesetzt werden. Sei E i( Ri) der

Erlos beim Einsatz der Menge Ri in der Verwendung i. Das Gewinnma-

ximierungsproblem besteht darin, die Ressource optimal auf die unter-

schiedlichen Verwendungen aufzuteilen. Nimmt man an, dass sonst keine

Kosten anfallen, dann ist das Problem bei n moglichen Verwendungen:1

max R1,..., RnΠ =

n

∑i=1 E i( Ri) u.d.Nb.

n

∑i=1 Ri =¯

 R

Die Lagrangefunktion lautet

L ( R1, . . . , Rn,λ) =n

∑i=1

 E i( Ri) +λ

¯ R−

n

∑i=1

 Ri

. (3.23)

Als Losung erhalt man R∗i ( ¯ R), i = 1, . . . ,n sowie λ( ¯ R). Die Anwendung

des Envelope-Theorems ergibt

∂Π

∂ ¯ R= λ( ¯ R).

D.h. der Lagrange-Multiplikator gibt den Grenzgewinn der Ressource

wieder. Dieses Große ist nutzlich, um abzuschatzen, wie viel man hochs-

tens f ur eine Erhohung der Ressourcenmenge zahlen sollte bzw. was man

mindestens fordern sollte, wenn man etwas von der Ressource abgibt.

Hierbei ist zu beachten, dass die Abschatzung in der Regel umso weni-

ger genau ist, je mehr man von der Ressource zukauft bzw. abgibt (siehe

Aufgabe 3.2).

1Hinzu kommt im allgemeinen Fall noch die Bedingungen Ri ≥ 0, i = 1, . . . ,n. Wir gehen der Ein-

fachheit halber davon aus, dass diese nicht binden.

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