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Sapere Aude Quia Veritas Vos Liberabit 1 万国学院·学术德语 期末测验

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Sapere Aude Quia Veritas Vos Liberabit

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万国学院·学术德语

期末测验

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1. Materialismus

Bezeichnung einer Gruppe von philosophischen Schulen. Der Materialismus

geht von der metaphysischen Grundannahme aus, dass es nur zwei Prinzipien

gibt: Körper und Bewegung. Alles Seiende (Sein) ist aus den Kombinationen

der ausgedehnten Materie und ihrer Bewegung in der Leere erklärbar. So ergibt

sich die Gestalt des Atomismus: Alles Geschehen lässt sich also auf

Umlagerung, Vereinigung und Trennung der Atome zurückführen. Das hat zur

Folge, dass der Atomismus streng mechanistisch denkt, wobei dem Zufall die

Rolle der produktiven Störung zukommt. 1 Die Materie wird als ewig,

unzerstörbar und – als aus Atomen bestehend – auch undurchdringlich

gedacht. Allein die Leere ist Garant für die Möglichkeit von Bewegung. Von

Demokrit systematisch ausgearbeitet, fand der Atomismus später durch

Lukrez weite Verbreitung.

Der Materialismus kann aufgrund seines auf Kausalverhältnisse gegründeten

Bewegungssystems als Determinismus auftreten, der, da die Bewegung der

Körper keinem anderen Einfluss unterworfen ist, keine (Willens-)Freiheit

zulässt. Andererseits kann aber der Zufall gerade als Ermöglichung der Freiheit

geltend gemacht werden, sodass der Materialismus auch als Indeterminismus

in Erscheinung tritt. Der Materialismus steht immer vor dem Problem, mit

Phänomenen des Geistes (Gedanken, Bewusstsein, Selbstbewusstsein) fertig zu

werden.2 Sie müssen deshalb entweder als Scheinprobleme entlarvt oder einer

genuin materialistischen Lösung zugeführt werden. Die erste Möglichkeit geht

dahin zu konstatieren, es werden bei allem Geistigen die Gehirnfunktionen

bloß noch einmal gedacht, d. h. sinnlos verdoppelt. Die Materie, die mit dem

Vermögen des Denkens ausgestattet ist, schafft sich selbst eine Scheinwelt. Die

zweite Möglichkeit nimmt die Probleme der Metaphysik ernst. Sie lehnt die

Vorstellungen von nicht materiellen Gegenständen nicht von vornherein ab,

sondern sucht sie als notwendige Produkte des Denkens zu beschreiben.

1 zukommen: 应归于,应被...得到 etw. (N) kommt j-m (D) zu 2 fertig: 兼容的

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Auf besonders fruchtbaren Boden fällt der Materialismus im Zeitalter der

Aufklärung (A Neuzeit – Aufklärung). Durch das Bedürfnis, Kirche und

Theologie ihrer Macht zu entkleiden, 3 erwächst die Notwendigkeit, ihre

metaphysischen Fundamente offen zu legen und zu zertrümmern. So gehen in

diesem Falle philosophische Überzeugungen und politisches Engagement

Hand in Hand. Indem der Materialist zeigt, dass es keine transzendenten

Wesenheiten (richtender Gott, Hölle, Paradies) gibt, beraubt er die staatlich-

kirchliche Politik ihrer Grundfesten. Gleichzeitig stellt sich notwendigerweise

das Leib-Seele-Problem (Dualismus Leib – Seele) ein. Der Materialismus kann

das Phänomen der Gedankenwelt nicht leugnen; also muss er plausibel

machen, wie aus chemischen und elektrischen Funktionen so etwas wie das

Wissen um das eigene Sein entstehen kann. Der Mensch wird in der extremen

Form des Materialismus schlicht als Maschine betrachtet, die nicht anders

funktioniert als die anderen Naturdinge auch. Das Denken ist vollständig mit

materiellen Vorgängen verknüpft. Die Seele ist bloß zu erfassen als Äußerung

der sich bewegenden Materie, als die Triebfeder der Maschine, aus der sich alle

Bewegungen des Körpers herleiten lassen.

In seiner Auseinandersetzung mit dem Idealismus hat der Materialismus

zunächst immer den Vorteil, auf unmittelbare Tatsachen verweisen zu können,

da bewegte Körper in der Alltagserfahrung sind, während die komplizierten

Reflexionen des Idealismus einen Zugang erschweren. Damit erstehen aber die

Probleme, mit denen sich auch die nicht materialistische Philosophie befasst:

Wie ist Erkenntnis der Welt möglich? Was ist der Anfang der Bewegung?

Warum gibt es überhaupt etwas? etc. Damit ist der zunächst gewonnene Vorteil

gegenüber dem Idealismus geschwunden. Der Materialismus hat sich

gegenüber dem Idealismus insofern durchgesetzt, als der Primat der

Naturwissenschaften etabliert ist; doch hat er die Fragen der Metaphysik, in

die er ja selbst mit hinein gehört, nicht befriedigend beantworten können. So

existiert der Materialismus heute hauptsächlich noch in zwei Richtungen: der

dogmatisch-politischen im Sinne des historischen Materialismus, und der

neurophysiologischen, die in der Frage nach der psycho-physischen Einheit

3 entkleiden: G 表示“from…”, e.g. j-n.(A) seines Amtes (G) entkleiden, 解除某人的职务。同理也適用於下句

berauben

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des Menschen vorkommt.

DR. ANDREAS PREUSSNER

Aus: Online-Wörterbuch Philosophie: Das Philosophielexikon im Internet

http://www.philosophie-woerterbuch.de

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2. Die Leiden des jungen Werthers

Mit dem Roman Die Leiden des jungen Werthers (1774) gelingt Goethe ein

Durchbruch zu einem großen Lesepublikum und einer der größten

Romanerfolge des Jahrhunderts.

„Wie froh bin ich, dass ich weg bin!“ Mit diesem Satz eröffnet Werther die Reihe

seiner Briefe, in denen er seine Flucht an den Rand der Gesellschaft als Versuch,

sich selbst zu befreien, schildert. “Wenn ich die Einschränkung so ansehe, in

welche die tätigen und forschenden Kräfte des Menschen eingesperrt sind, ...

kehre (ich) in mich selbst zurück und finde eine Welt!“ Produktiv sein kann

Werther nur dann, wenn ihm die Entfaltung seiner eigenen schöpferischen

Kräfte erlaubt ist. Das scheitert in einer Umwelt, wo um der „Befriedigung des

Bedürfnisses“ willen4 „Einschränkung“ herrscht. So kennzeichnet Werther die

bürgerliche Lebenspraxis mit ihren moralisch-ökonomischen Tugenden, wie

Fleiß, Sparsamkeit, Pflichtbewußtsein, Disziplin, welche Werther zum Beispiel

in Lottes Verlobten Albert fand. Diesem „einförmig Ding“ setzt Werther einen

gesteigerten Subjektivismus, ein äußerstes Freiheitsverlangen entgegen5, das er

freilich nur in einer Anspannung aller Kräfte seiner Phantasie verwirklichen

kann.

In der Liebe zu Lotte findet Werthers „Herz“ außerhalb seiner selbst einen

wichtigen Bezugspunkt. Entscheidend ist ihre 6 Unerfüllbarkeit, die von

vornherein durch die gesellschaftliche Institution der Ehe gegeben ist. Diese

führt Werther trotz erfüllter Augenblicke seelischer Übereinstimmung

schließlich in die Einschränkung zurück, der er zu entfliehen sucht. Weitere

Bezugspunkte für Werthers Herz sind die Einfühlung in die “Unaussprechliche

Schönheit“ der “paradiesischen Natur“, die er als Ausdruck eines Unendlichen

begreift, an dem sein Ich teilhat, und das unmittelbare Verhältnis zu einfachen

Menschen und zu Kindern. In der Gesandtschaftsepisode7 erfährt Werther den

4 um …(G.) willen:为了……的缘故 5 etwas(D.) etwas (A.) entgegensetzen:用……反对…… 6 指 die Liebe 7 指维特在公使馆工作期间。

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„Verdruß” bürokratischer Pflichterfüllung im „Käfig“ der Feudalbürokratie,

welche jedes individuelle Wollen, jede Rücksicht auf Individualität dem

Prinzip einer abstrakten Rationalität unterordnet. Hier stößt Werther auch auf

die scharfe Grenze zwischen Adel und Bürgertum, die die Illusion einer

'menschlich'-privaten Beziehung über die Stände zerstört. Werthers Scheitern

in der Gesellschaft wie in der Liebesbeziehung zu Lotte motivieren dann seine

Einsamkeitserfahrung als ein trotziges Aufbegehren gegen alle Zwänge, eine

„Krankheit zum Tode“, aus der heraus er seinen Selbstmord begeht als eine

letzte Tat der Selbstbestimmung. Dieser Tod, mit dem Werther gegen die Welt

protestiert und gleichzeitig gegen moralische und kirchliche Verbote verstößt,

ist für ihn Heimkehr zu Gott, seinem „Vater“, dem „Unendlichen“, zu dem er

ein unmittelbares Verhältnis hat.

Auf Werthers Schreibtisch aufgeschlagen ist Emilia Galotti. 8 Odoardo tötet

Emilia im Namen der überlegenen bürgerlichen Moral, die allerdings aufgrund

der Machtverhältnisse im absolutistischen Staat nicht durchgesetzt werden

kann. Werther steht weniger für seine Klasse als für sich selbst, für sein

unbedingtes Freiheitsverlangen, ein. Dieses richtet sich auch gegen die

zeitgenössische bürgerliche Moral und es transzendiert selbst den Anspruch

auf Entfaltung des Individuums durch ökonomische Praxis in einer

bürgerlichen Gesellschaft. Eine solche Kritik kann zu diesem Zeitpunkt nur

von einer Außenseiterposition formuliert werden. Sie wird gerade von

bürgerlich gesinnten Aufklärern wie Lessing und Nicolai als sozial

unproduktiv und damit die bürgerliche Bewegung gefährdend empfunden.

Nicolai erinnert in seiner Schrift Die Freuden des jungen Werthers (1775) diesen9

daran, daß er gegenüber der Gesellschaft „Pflichten“ hat und „Sohn, Bürger,

Vater, Hausvater, Freund“ sein kann und muss. Daher wandelt sich Nicolais

Hauptfigur vom Subjektivisten zum geselligen Verstandesmenschen, der

heiratet und „ein klein Bauerngütchen10“ kauft.

8 《爱米丽雅·伽洛蒂》,德国启蒙主义者莱辛的著名悲剧。Odoardo 因不堪其女 Emilia 遭受王子的诱拐而

杀死自己女儿的悲剧。 9 指 Werther 10 农庄

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[Geschichte der deutschen Literatur: Antiklassizismus: Sturm und Drang (Hans-G.

Winter). Geschichte der deutschen Literatur, Beltz Athenäum Verlag]

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3. Septuaginta

Der pseudepigraphe Brief des Aristeas an Philokrates (→ Aristeasbrief; Text

des Aristeasbriefs) berichtet, dass König Ptolemaios II. Philadelphos (282-246 v.

Chr.) auf Anraten seines Bibliothekars Demetrios seine berühmte Bibliothek in

Alexandria um das jüdischen Gesetze ergänzen wollte. Auf die Bitte des Königs

sandte der jüdische Hohepriester sechs gelehrte Männer aus jedem der zwölf

Stämme Israels nach Alexandria, die innerhalb von 72 Tagen die Tora ins

Griechische übersetzten.

In der Forschung wird der Aristeasbrief als das fiktive Werk eines gebildeten

hellenistischen Juden des 2. Jh.s v. Chr. 11 betrachtet. Grund für diese

Bewertung ist neben einigen historischen Unstimmigkeiten die Tatsache, dass

seine literarische Form der Form des hellenistischen Briefromans entspricht.

Als Zweck des Aristeasbriefs wird allgemein angenommen, dass einer

bestehenden Toraübersetzung die alleinige Autorität zugesprochen werden

soll.

Dieses Anliegen des Verfassers sollte allerdings nicht überbewertet werden, da

nicht die Beschreibung des Übersetzungsprozesses im Mittelpunkt steht,

sondern vielmehr das vom König für die Übersetzer ausgerichtete Gastmahl

und die dabei stattfindenden Gespräche über Weisheit und gottgefälliges

Leben. Mindestens so wichtig wie die Übersetzung ist für den Verfasser die

Überlegenheit der in der Tora zu findenden Weisheit und des jüdischen Kultes

(Tilly, 29-30). Eine neuere alternative Deutung rechnet mit12 polemisierenden

Tendenzen gegen den jüdischen Tempel in Leontopolis und das dort zu

vermutende schriftgelehrte Zentrum.

Von Philo von Alexandrien wird das Legendenhafte des Berichts später noch

dahingehend gesteigert, dass die Übersetzer jeweils „in Abgeschiedenheit“ an

der Übersetzung der Tora gearbeitet und dennoch „wie unter göttlicher

11 2. Jh.s v. Chr. = 2. Jahrhunderts vor Christus. 12 rechnen mit = lie on

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Eingebung“, als „Propheten“, exakt denselben griechischen Text produziert

hätten. Im frühen Christentum (z.B. Irenäus) wird diese Entstehungslegende

dann auf die anderen heiligen Schriften ausgeweitet. Dass die Übersetzer je für

sich arbeiteten und dennoch denselben Text produzierten, ist für Irenäus

Beweis für die göttliche Inspiration der Übersetzung. Bei Augustinus

schließlich ist erstmalig der Name Septuaginta („siebzig“; in lateinischen

Zahlen: LXX) belegt.

1.2. Entstehungstheorien

Die Anfänge der Septuagintaübersetzung liegen in Alexandria. Mehrheitlich

geht man allerdings nicht von einem königlichen Edikt als Anlass der

Übersetzung aus, sondern von Bedürfnissen der griechisch-sprachigen

jüdischen Gemeinde in Alexandria, der größten und wichtigsten Gemeinde der

Diaspora.

Durch die Herausforderungen des multikulturellen Hellenismus war die

jüdische Gemeinde zur Wahrung ihrer eigenen Identität auf die heiligen

Schriften in der allgemeinen Verkehrssprache angewiesen. Ein weiterer Zweck

der Übersetzungen war neben der liturgischen Verwendung in der Synagoge

möglicherweise auch der juristische Gebrauch. Die Übersetzung begann sicher

mit der Tora, die übrigen Schriften kamen dann im Lauf der nächsten zwei bis

drei Jahrhunderte hinzu.

In der Forschung des späten 19. und frühen 20. Jh.s konkurrierten zwei Modelle

zur Entstehung der Septuaginta. Die „Urtext-Theorie“ (oder

„Einheitshypothese“) von Paul Anton de Lagarde (1827-1891) geht davon aus,

dass alle Manuskripte der einzelnen Bücher der Septuaginta auf jeweils eine

griechische Ur-Übersetzung des entsprechenden Buches zurückgehen. Die

Differenzen in den heute vorliegenden Manuskripten haben sich nach de

Lagarde erst im Zuge der Überlieferung und teilweise durch bewusste

Bearbeitungen entwickelt. Dagegen besagt die von Paul Kahle (1875-1964) ab

1915 entwickelte Hypothese, dass jeweils mehrere Übersetzungen der

einzelnen Septuaginta-Schriften an verschiedenen Orten entstanden. Einen Ur-

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Text zu rekonstruieren, ist nach Kahle nicht möglich, da ein solcher niemals

existierte.

Die heutige Forschung tendiert, bestätigt u.a. durch die Arbeiten von Alfred

Rahlfs, mehrheitlich zu einer modifizierten Lagarde’schen Urtext-Theorie. Auf

diesem Ansatz basiert auch die Arbeit des Göttinger Septuaginta-

Unternehmens, das sich zum Ziel gesetzt hat, die ursprüngliche Textgestalt der

Septuaginta zu erschließen.

Aus: Wissenschaftliche Bibellexikon

Carsten Ziegert, Siegfried Kreuzer

(erstellt: April 2012)

Permanenter Link zum Artikel:

http://www.bibelwissenschaft.de/stichwort/28417/

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4. Otto von Bismarck

Er ist eine der schillerndsten Persönlichkeiten der deutschen Geschichte. Durch

seine von "Blut und Eisen" geprägte Kriegspolitik erlangte Preußen die

absolute Vormachtstellung in Kontinental-Europa. Otto von Bismarck wurde

zum Volkshelden, zum Gründervater und zum ersten Kanzler des Deutschen

Reiches. Der Name Bismarck steht für soziale Reformen, aber auch für den

Kampf gegen Sozialisten und katholische Kirche. Die Ära Bismarck endete 1890,

doch der Mythos Bismarck währt weit über seinen Tod hinaus.

Bismarcks Weg in die Politik

Otto von Bismarck wird am 1. April 1815 in Schönhausen geboren. Im selben

Jahr wird auf dem Wiener Kongress nach Napoleons endgültiger Niederlage

Europa neu geordnet. Sein Vater ist Spross eines altpreußischen

Adelsgeschlechts und besitzt außer große Ländereien und Reichtum auch

großen politischen Einfluss. Nach dem Abbruch des Studiums kehrt er zurück

zur Heimat. Bismarck engagiert sich mehr und mehr auf politischer Ebene. Er

gehört dem konservativen Lager an und ist ein Verfechter der Monarchie.

Deswegen steht er im Revolutionsjahr 1848 auf Seiten des Preußen-Königs

Friedrich Wilhelm IV.

Der König belohnt Bismarcks politisches Engagement und entsendet ihn 1851

nach Frankfurt am Main, wo Bismarck beim Deutschen Bund die Interessen

Preußens vertreten soll. Dort kämpft er für eine Aufwertung der preußischen

Position in der vom Hause Habsburg bestimmten deutschen Gesamtpolitik.

1858 übernimmt der liberal gesinnte Prinz Wilhelm von Preußen die

Regierungsgeschäfte von seinem kranken Bruder. Bismarck erkennt, dass der

neue Regent nicht auf Konfrontationskurs mit Österreich gehen möchte und

schickt ihm eine mahnende Denkschrift. Darin spricht er von der nationalen

Idee und vom großen Vorteil, den eine Machtexpansion Preußens mit sich

bringt.

Wege zur Macht

Wilhelm I. reagiert diplomatisch besonnen. Er stellt den hitzigen Junker

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vorläufig kalt, schickt ihn als preußischen Gesandten zunächst nach St.

Petersburg, später nach Paris. Doch 1862 ist Bismarck wieder da und wichtig

wie noch nie. Er wird zum Retter in einer inneren Verfassungskrise, die sich

zwischen König, Regierung, Abgeordnetenhaus und Militär gefährlich

zugespitzt hat und die beinahe in einen Staatsstreich der Generäle mündet.

Es geht dabei um die Kontrolle über die Armee, die der König in seinen Händen

halten möchte und um haushaltspolitische Kompetenzen. Bismarck erklärt

dem König gegenüber, dass er bereit ist, notfalls auch gegen das

Abgeordnetenhaus regieren zu können. Aus diesem Grund wird er vom

Regenten zum Ministerpräsidenten ernannt. In seiner berühmten "Blut und

Eisen"-Rede weist Bismarck deutlich darauf hin: Krieg scheint für ihn das

passende Mittel, um die Vorherrschaft Preußens zu erlangen.

Mit "Eisen und Blut" für Preußens Gloria

Das aufkeimende nationale Bewusstsein in der Bevölkerung, der Traum von

einem geeinten großen Deutschen Reich, ist der Nährboden für die

Bismarck’sche13 Kriegs- und Expansionspolitik, die für Preußen die ersehnte

Vormachtstellung bringen soll. Als es mit Dänemark zum Streit um Schleswig

und Holstein kommt, lässt Bismarck diesen Konflikt durch das Militär beheben.

Vereint besetzen preußische und österreichische Truppen die beiden

Herzogtümer. Preußen übernimmt die Verwaltung Schleswigs, Österreich

verwaltet Holstein. Doch aus den Bundesgenossen des dänischen Krieges

werden bald erbitterte Feinde.

1866 kommt es im Ringen um die Vormachtstellung auf dem Kontinent zum

Bruderkrieg zwischen Österreich und Preußen, den die preußischen Truppen

nach blutigen Kämpfen gewinnen. Mit der Gründung des Norddeutschen

Bundes erfolgt nun der erste wichtige Schritt auf dem Weg zur Einheit

Deutschlands.

Der nächste Anlass für die Weiterführung seiner "Blut und Eisen"-Politik ist der

Deutsch-Französische Krieg im Jahre 1870. Durch einen geschickten Schachzug

erreicht Bismarck, dass die süddeutschen Länder gezwungen sind, auf Seiten

des Norddeutschen Bundes in den Krieg einzutreten.

13 俾斯麦式的

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Bismarcks Aufstieg

Der vom Norddeutschen Bund und den süddeutschen Ländern gemeinsam

errungene Sieg über Frankreich wird von Bismarck sofort politisch genutzt.

Am 18. Januar 1871 wird Wilhelm I. im Spiegelsaal von Schloss Versailles zum

deutschen Kaiser proklamiert und der einheitliche deutsche Nationalstaat

ausgerufen. Otto von Bismarck wird zum ersten Kanzler dieses neu

geschaffenen Reiches.

Aufgrund seiner Größe, seiner militärischen Stärke und der rasant wachsenden

Industrialisierung wird Deutschland zur stärksten politischen und

wirtschaftlichen Macht in Europa. Doch kaum ist dieses Ziel erreicht, tauchen

Probleme an der innenpolitischen Front auf.

Mit scharfen Gesetzen versucht Bismarck, die Sozialisten, in denen er eine

Gefahr sieht, in die Schranken zu verweisen. Fast gleichzeitig setzt er mit der

katholischen Kirche und der ihr nahe stehenden Zentrumspartei eine harte

auseinander. Im sogenannten Kulturkampf entkräftet er den klerikalen

Einfluss auf den Staat. Darüber hinaus sorgt er mit sozialen Reformen für eine

Verbesserung der Lebensbedingungen der Arbeiterschaft.