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Ergänzt und überarbeitet 06.02.2016
Erich Boeck
Relativitätstheorie und Elektrotechnik Theoretische Grundlagen der Elektrotechnik aus der Sicht der speziellen Relativitätstheorie
(überarbeitete Neuauflage)
Relativitätstheorie und Elektrotechnik
Dr. Erich Boeck 2
0 Inhaltsverzeichnis
0 Inhaltsverzeichnis ............................................................................................................... 2 1 Einleitung ............................................................................................................................ 3 2 Begriffe und Größen des elektrischen Feldes ..................................................................... 5
2.1 Ausgangspunkt elektrische Ladung ............................................................................. 6 2.2 Verschiebungsfluss, -dichte ......................................................................................... 7
2.3 Elektrisches Feld.......................................................................................................... 8 2.4 Strom und Stromdichte ................................................................................................ 9 2.5 Im Beobachtungssystem bewegte Ladungen ............................................................. 10
3 Begriffe mit Wirkungen bewegter Ladungen ................................................................... 11 3.1 Einsteins Relativitätsprinzip und Lorentztransformation .......................................... 11 3.2 Kraft zwischen zwei bewegten Ladungen ................................................................. 14 3.3 Allgemeines elektrisches Feld ................................................................................... 17 3.4 Potential und Spannung ............................................................................................. 18
3.5 Transformation von Raumladung und Stromdichte .................................................. 22 3.6 Kraft eines Stromes auf eine Probeladung - Induktionsgesetz .................................. 24 3.7 Verschiebungsfluss, -dichte und Kontinuitätsgleichung ........................................... 30 3.8 Einfluss eines Mediums auf die Felder ...................................................................... 32
3.9 Das Faraday’sche Magnetfeld ................................................................................... 33 3.10 Vorschlag für ein neues Magnetfeld ...................................................................... 34
3.11 Übergang zur relativistischen Elektrodynamik ...................................................... 38 3.12 Darstellung als Modell mit verteilten Elementen .................................................. 41
4 Zusammenfassung und Gegenüberstellung ...................................................................... 44 4.1 Klassische Darstellungsform, aber ohne Magnetfeld ................................................ 44
4.2 Darstellung mit dem Faraday’schen Magnetfeld ....................................................... 45 4.3 Darstellung mit vorgeschlagenem neuem Magnetfeld .............................................. 46 4.4 Vergleich, Vor- und Nachteile, Folgerungen ............................................................ 48
5 Physikalische Begriffe der Quantenphysik ....................................................................... 50 5.1 Von der klassischen zur Quantenphysik .................................................................... 50
5.2 Aussagen der Quantenfeldtheorie .............................................................................. 53 5.3 Ergebnis und Folgerungen ......................................................................................... 54
6 Resümee für Elektrodynamik und Relativitätstheorie ...................................................... 55
7 Anlagen ............................................................................................................................. 58
7.1 Relativitätsprinzip aus den axiomatischen Forderungen ........................................... 58 7.2 Berechnung des Feldes eines geraden Leiters ........................................................... 60 7.3 Berechnung der Induktivität eines Koaxialkabels ..................................................... 62 7.4 Berechnung der Induktivität einer Ringkernspule ..................................................... 63 7.5 Modell mit verteilten Elementen in Tensordarstellung ............................................. 64
8 Literaturverzeichnis .......................................................................................................... 68
Relativitätstheorie und Elektrotechnik
Dr. Erich Boeck 3
1 Einleitung
Die Elektrotechnik ist vorrangig durch praktische und experimentelle Erfahrungen entstanden.
Eine theoretische und mathematische Formulierung wurde vielfach anschließend aufgrund
der gewonnenen Erkenntnisse erstellt. So erscheinen viele Gesetzmäßigkeiten als
„mathematischer Ausdruck einer Messkurve“ (z.B. das Ohm’sche Gesetz). Für die
Herausbildung der Vorstellungen in der Elektrotechnik hat diese Entwicklung nach meiner
Auffassung eine wesentliche Bedeutung gehabt, was insbesondere auch im Begriffssystem
der Elektrotechnik zum Ausdruck kommt.
In meiner Ausbildung habe ich Theorien grundsätzlich immer orientiert auf praktische
Anwendungen erfahren. Vielfach konnte ich dabei erleben, wie sich ganze Felder mit neuen
Gestaltungsmöglichkeiten eröffneten. Daraus folgt die Frage, welche Forderungen sind an
eine Theorie und ihre Vermittlung zu stellen, damit sie für eine praktische Tätigkeit als
unverzichtbares und hervorragendes „Werkzeug“ erkannt wird. Folgende Aspekte erscheinen
mir besonders wichtig:
– Die Theorie muss eine Plausibilitätsebene besitzen, die Anschaulichkeit und
Verständlichkeit anspricht und so Vorstellungskraft und Fantasie erreicht.
– Der Formalismus der Theorie muss für die Lernenden handhabbar sein bzw. bei der
Anwendung werden.
– Bei der Vermittlung sind unmittelbar relevante praktische Konsequenzen und
Schlussfolgerungen aufzuzeigen und die Anwendung muss selbst erlebt werden.
Seit der Herausbildung der Elektrotechnik wird nach meiner Meinung die Tätigkeit auf
diesem Gebiet von drei Besonderheiten dieser Technik bestimmt. Unabhängig von der immer
schnelleren Veränderung von Technologien sind Vorgänge und Prozesse der Elektrotechnik
– grundsätzlich intransparent und nur punktuell durch Messmittel sichtbar zu machen,
– von heute sogar noch stark zunehmender Komplexität und
– generell mit einer Eigendynamik versehen.
Diese Besonderheiten verbinden die Elektrotechnik deutlich mit der Informatik und der
Prozesssteuerung, sie sind aber auch politischen und ökonomischen Prozessen eigen (Dör89
S. 58). Der Umgang mit diesen Besonderheiten verlangt in der Vorstellung von
Elektrotechnikern ein gedankliches Abbild der Vorgänge und Prozesse sowie einen ständigen
Vergleich mit den punktuell sichtbaren Ereignissen. Nur auf diese Weise kann nach meiner
Erfahrung die tatsächliche Funktion kontrolliert, eine Anlage in Betrieb genommen, der
Prozess gesteuert und optimiert, eine Fehlfunktion korrigiert oder gar eine Anlage geplant,
projektiert und errichtet werden.
Für mich wären die genannten Abbilder ohne oben erwähnte Theorien nicht denkbar und so
hat Theorie eine entscheidende Rolle. Wo diese Theorien fehlen, können nur „individuelle
Theorien“ aus eigenen oft oberflächlichen Vorstellungen und praktischen Erfahrungen erzeugt
werden (mit Problemen, wie sie in (Dör89) letztendlich untersucht werden).
Im Altertum waren bereits die Erscheinungen der Anziehungskraft bei „geriebenem“
Bernstein oder bei einigen eisenhaltigen Mineralien bekannt. Es wird auch vermutet, dass
einige Ausgrabungen auf die Möglichkeit zum Galvanisieren (versilbern, vergolden)
hinweisen könnten (sogenannte Batterie von Bagdad). Im 16. und 17. Jahrhundert gab es
mehrere Versuche und Arbeiten zu Magnetismus und Reibungselektrizität. Exakte
Untersuchungen von Ladungen unternahm insbesondere Coulomb (Täu76 S. 238/9). Dennoch
Relativitätstheorie und Elektrotechnik
Dr. Erich Boeck 4
begann eine systematische Untersuchung erst mit den Entdeckungen von Galvani und Volta,
die in ihrer Folge verwendbare Quellen hervorbrachten.
Ein entscheidender Schritt waren die durch Faraday entwickelten Vorstellungen von Feldern
und Feldlinien, verbunden mit dem Übergang zu einer Deutung durch Nahwirkungen, die zu
einer endlichen Ausbreitungsgeschwindigkeit aller Wechselwirkungen führten. Diese
Vorstellungen wurden dann von Maxwell mathematisch in anerkannter Weise formuliert und
weitergeführt. Damit wurden nun für die Physik zwei Probleme sichtbar:
Es muss auch im Vakuum einen Träger für die Felder (die Nahwirkungen) geben, dieses
begünstigte die Äthertheorie, und
die Felder waren nicht invariant gegenüber Galileitransformationen von einem
Inertialsystem in ein anderes. D.h., das bewährte Relativitätsprinzip aus der klassischen
Physik galt für die Felder nicht und dies trennte die physikalischen Theorien.
Die Problematik wurde nicht einfacher, nachdem Michelson und Morley in ihrem Versuch
keinen Ätherwind nachweisen konnten und sich damit die immer komplizierter werdende
Äthertheorie nicht bewährte.
Einsteins Gedanke, umgekehrt vorzugehen und das Relativitätsprinzip der Feldtheorie,
welches er in der Lorentztransformation erkannte, auf die klassische Physik anzuwenden,
schuf wieder eine einheitliche Physik. Dabei ergab sich aber als „Nebeneffekt“ das ersatzlose
Streichen der Äthertheorie und mit ihr vieler Vorstellungen, aus denen die Begriffswelt der
Elektrotechnik z.T. hervorgegangen war. Alle physikalischen Vorgänge waren ausreichend in
der mathematischen Formulierung enthalten und diese wiederum in hervorragender und
vielfältiger Weise praktisch bestätigt worden (Bor69 S. 192ff). Somit entstand aber ein
„Verzicht“ auf das Verständnis der Funktionsweise der oben genannten Nahwirkung. In der
folgenden Zeit wurde durch den Übergang zu mathematischen Räumen mit vierdimensionalen
Koordinaten und dem Tensorkalkül die Anschaulichkeit weiter „vernachlässigt“.
Dass dieses nicht notwendig so sein muss, soll in den folgenden Untersuchungen dargestellt
werden. Dazu werden Vorstellungen, Begriffe und deren Beziehungen konsequent hinterfragt,
von Beginn an mit der speziellen Relativitätstheorie verbunden und konsistent im
Gesamtrahmen der Theorie geordnet. Auf diese Weise sind die exakten Möglichkeiten einer
Plausibilitätsebene zu ergründen. Bei solchem Vorhaben kann auf eine tiefgründige
mathematische Ableitung und Untersuchung nicht verzichtet werden, zumal über die üblichen
Darstellungen hinausgegangen werden muss. Es zeigt sich, dass das Nahwirkungsprinzip
durchgängig nachzuweisen ist, aber dessen „Mechanismus“ in den Theorien nicht beschrieben
oder modelliert wird. Dagegen ergibt die konsequente Nutzung des Prinzips der Probeladung
eine vollständige Beschreibung aller Wirkungen der Felder und führt in plausibler Form zu
deren Begriffssystem.
Relativitätstheorie und Elektrotechnik
Dr. Erich Boeck 5
2 Begriffe und Größen des elektrischen Feldes
Die Darstellung bzw. Ableitung der Grundbegriffe erfolgt in Lehrbüchern auf unter-
schiedliche Weise. Das reicht von einer historischen über eine Einführung aus praktischen
Erwägungen, aus vermeintlichen Analogien bis zu rein formalen Definitionen. Einige Autoren
beginnen mit den Maxwell’schen Gleichungen als eine Art von Axiomen.
Eine tatsächlich axiomatische Darstellung erscheint mir als die ehrlichste Variante für eine
Einführung und Definition der Grundbegriffe in der Elektrotechnik. Dabei wird von
verallgemeinerten und abstrahierten Erfahrungen ausgegangen, die zumindest z.Z. in dieser
abstrakten Form nicht vollständig bewiesen werden können.
Der Ausgangspunkt dafür sind die folgenden grundsätzlichen Beobachtungen zu elektrischen
Ladungen.
Die Erfahrungen zur Ladungserhaltung und des Ladungsausgleichs in der Natur (somit
in der Summe Neutralität), welche als integrale Eigenschaft unverzichtbar sind,
das Prinzip der Nahwirkung, das sich für eine Übereinstimmung mit der Realität
bewährt hat (auch ohne dafür einen konkreten Mechanismus zu beschreiben),
Beobachtungen zu Kraftwirkungen zwischen Ladungen, die mittels Probeladungen
weitgehend exakt und reproduzierbar untersucht werden können.
Daraus folgen vier axiomatische Forderungen:
AF1 Nach dem Prinzip der Nahwirkung muss zwischen „getrennten“ Ladungen eine
Verbindung bestehen, welche für die integrale Bilanz zur Neutralität sorgt
(Ladungserhaltung), vergleiche auch ( 2.4 ).
AF2 Nach dem Prinzip der Nahwirkung muss zwischen „getrennten“ Ladungen eine
Verbindung bestehen, welche die Bewegung der Ladungen in einer integralen
Bilanz vermittelt (Bestreben zum Ladungsausgleich; insbesondere auch
Ladungsbewegung im geschlossenen Stromkreis), vergleiche auch ( 3.67 ).
AF3 Die Kraft einer Ladung auf eine zu dieser ruhenden Probeladung Qp ergibt sich zu
K(x,y,z,t) = Qp E(x,y,z,t)
mit E als Wirkung der Ladung im Punkt P(x,y,z,t) auf Qp (was auf das
Coulomb’sche Gesetz zurückgeht und mit dem Prinzip Probeladung messbar ist).
AF4 Die Kraft einer bewegten Ladung auf eine mit vp bewegte Probeladung Qp ergibt
außerdem
KB(x,y,z,t) = Qp vp x EM(x,y,z,t)
mit EM als zusätzliche Wirkung der Ladung im Punkt P(x,y,z,t) (was auf die
Lorentzkraft zurückgeht und mit dem Prinzip Probeladung messbar ist).
Die Maxwell’schen Gleichungen folgen sodann unmittelbar aus diesen Forderungen und
benötigen keine weiteren axiomatischen Annahmen.
Aus diesen vier axiomatischen Forderungen folgt außerdem direkt das Relativitätsprinzip der
speziellen Relativitätstheorie (siehe Anlage 7.1).
Andererseits können die Forderungen AF2 und AF4 mit Hilfe der speziellen
Relativitätstheorie aus den Forderungen AF1 und AF3, welche bei ruhenden Ladungen sehr
gut direkt nachzuweisen sind, hergeleitet werden.
Im Folgenden soll der letztere Weg beschritten werden. Dazu müssen für die Form der
integralen Bilanz der Forderungen AF1 und AF2 adäquate Beschreibungen gefunden werden.
Relativitätstheorie und Elektrotechnik
Dr. Erich Boeck 6
Die Begriffe sollen zuerst in einem Koordinatensystem untersucht werden, in dem die
erzeugenden Ladungen ruhen.
2.1 Ausgangspunkt elektrische Ladung
Die Ladung wählen wir als einzigen Ausgangspunkt, weil sie als Naturgröße betrachtet und
vielfältig nachgewiesen werden kann. In der Natur gibt es positive und negative Ladungen
immer in gleicher Menge, also ausgeglichen. Es kann aber zeitweilig in begrenzten Gebieten
durch Ladungstrennung (z.B. durch Reibung) ein Überschuss bzw. Mangel erzeugt werden,
auch wenn insgesamt der Ladungsausgleich immer bestehen bleibt. Dabei existiert eine
kleinste Ladungsmenge (Elementarladung q0 = 1,6 ∙ 10 -19 As) 1, d.h.:
Q = N ∙ q0 N = Anzahl .
( 2.1 )
Andererseits wird die Ladungsmenge, wenn sie nicht zur Punktladung vereinfacht werden
kann, durch die Raumladungsdichte ( ρ = Ladung pro Volumenelement ) ausgedrückt.
dV
dQρ und
V
dV ρQ
( 2.2 )
Für die elektromagnetischen Vorgänge und somit die Elektrotechnik hat es sich bewährt,
davon auszugehen, dass sich die Wirkungen der Ladung in Form einer Nahwirkung
ausbreiten. Das Prinzip besteht darin, dass von der Ladung eine Wirkung nur auf ihre
unmittelbare Umgebung erfolgt, diese dann die Wirkung wiederum auf ihre unmittelbare
Umgebung weitergibt usw. An einem betrachteten Raumpunkt kommt die Wirkung also mit
einer entsprechenden Zeitverzögerung an. Damit breiten sich für unsere Untersuchungen (in
der „makroskopischen“ Elektrotechnik) von einer Ladung als Nahwirkung in den Raum
zwei Faktoren aus, die wir beschreiben wollen. Das sind einmal ihre Verbindung mit der
gleichen Größe an Gegenladungen (AF1) und zum anderen eine in jedem Punkt des Raums
zu jeder Zeit messbare Kraftwirkung auf Ladungen (AF3). Beide Faktoren sind
miteinander verbunden, realisieren aber verschiedene Erfahrungstatsachen, sodass beide zu
beschreiben sind. Weil sich der erste Faktor unabhängig vom Material und seiner räumlichen
Anordnung ausbreitet, soll ihm eine primäre Rolle zugestanden werden. Bei praktischen
Berechnungen wird z.B. in der Regel von ihm ausgegangen (siehe (Lun91 S. 169)). Das heißt
auch, dass diese Nahwirkung eine wirkliche Existenz bekommt, auch wenn sie gerade nicht
gemessen wird und ihr Wirkungsmechanismus nicht bekannt ist. Damit werden alle von der
Ladung ausgehenden Wirkungen letztendlich auf Kräfte zwischen Ladungen bei
Beachtung des Nahwirkungsprinzips zurückgeführt.
Außerdem muss drittens die Bewegung der Ladungen selbst beschrieben werden.
1 Im metrischen Maßsystem hat die Ladung keine Grundmaßeinheit bekommen und wird in Amperesekunden
(As) gemessen, aber auch nach Coulomb mit C benannt.
Relativitätstheorie und Elektrotechnik
Dr. Erich Boeck 7
2.2 Verschiebungsfluss, -dichte
Die von einer ruhenden Ladung ausgehende Nahwirkung, die eine Verbindung mit ihren
Gegenladungen realisiert, muss sich durch den dazwischen liegenden Raum ausbreiten. Bei
einer geschlossenen Hüllfläche um die Ladung (so, dass alle Gegenladungen noch außerhalb
liegen) müssen alle Wechselwirkungen durch diese Fläche hindurch (Abb. 2.1). Erhält diese
Wechselwirkung die Bezeichnung Verschiebungsfluss Ψ , beinhaltet der gesamte
Verschiebungsfluss unabhängig vom Material im Raum genau die Information über die
Menge der Ladung (in Abb. 2.1 gerade +Q).
Abb. 2.1: Ladung mit Verschiebungsfluss
Der nicht unbedingt gleichmäßige Fluss dieser Wechselwirkungen (Verschiebungsfluss) in
den Raum, wird durch die Definition einer Verschiebungsflussdichte D beschrieben.
D =
dΑ
d D = D eΨ
( 2.3 )
Dabei erfasst der Vektor D den Anteil des Flusses Ψ, der durch ein senkrecht zu ihm
stehendes Flächenelement (dA , Richtung eΨ) tritt, und hat die Richtung der Ausbreitung von
D als Nahwirkung, was hier als Fluss erscheint. Es gilt demnach der Zusammenhang
Qd gesamt
Hüllfläche
AD ,
( 2.4 )
welcher grundsätzlich die Vorstellung über den Verschiebungsfluss festlegt (AF1) 2. Danach
stellen positive Ladungen eine Quelle und negative eine Senke des Verschiebungsflusses dar
und die Ladung ist die Ursache.
In dieser Fassung des Verschiebungsflusses ist nicht enthalten, wie die Nahwirkung im Detail
funktioniert. Es wird aber die räumliche Verteilung und die Verbindung jeder Ladung mit der
gleichen Menge Gegenladungen wiedergegeben. Mathematisch ist die Verschiebungs-
flussdichte ein Vektorfeld (Betrag und Richtung in jedem Raumpunkt).
Der Verschiebungsfluss und die Verschiebungsflussdichte sind durch die Erscheinung der
Influenz nachweisbar und prinzipiell an jedem Ort messbar 3 (vergleiche (Lun91 S. 154-156)).
2 Damit wird auch die Maßeinheit von Ψ festgelegt. Eine Rechtfertigung der Definition von ( 2.3 ) ergibt sich
dagegen erst durch den experimentellen Zusammenhang in ( 2.6 ). 3 Da diese Methode nicht sehr praktikabel und auch umstritten ist, erfolgt die Messung normalerweise über das
Feld nach ( 2.6 ).
Ψ
dA
Hüllfläche
+Q
Relativitätstheorie und Elektrotechnik
Dr. Erich Boeck 8
Geht der Verschiebungsfluss durch einen Körper, so werden Ladungen des Körpers in
Richtung zur Oberfläche verschoben (Abb. 2.2).
Abb. 2.2: Influenzkörper im Verschiebungsfluss
Diese Ladungstrennung erfolgt genau entsprechend der Größe des durch den Körper tretenden
Verschiebungsflusses 4. (Das hat sicher auch die Namensgebung beeinflusst.)
2.3 Elektrisches Feld
Befindet sich im Raumpunkt P(x,y,z) im Nahwirkungsfeld einer ruhenden Ladung eine
ruhende Probeladung 5 ( Qp ), so erfährt sie eine Kraft K (Abb. 2.3).
Abb. 2.3: Probeladung im Feld einer Ladung
Diese Kraft kann in jedem Punkt des Raumes gemessen werden und stellt somit ebenfalls als
mathematische Beschreibung ein Feld dar, das in jedem Punkt einen Vektor (Betrag und
Richtung) bestimmt. Da dieses Kraftfeld von der Größe der verwendeten Probeladung
abhängt, wird der Begriff des elektrischen Feldes von dieser Abhängigkeit entkoppelt.
pQ
KE EK pQ
( 2.5 )
Die Definition ( 2.5 ) erfolgt also aus der messbaren Kraft auf eine Probeladung. Mit dem
elektrischen Feld und der Verschiebungsflussdichte können die Ergebnisse der beiden oben
4 Material und Größe des Körpers sind so zu wählen, dass die Feldausbreitung nur vernachlässigbar verändert
wird und bewegliche Ladungen (wie in Metallen) vorhanden sind. Weitere Überlegungen siehe Kapitel 3.7 . 5 Die Probeladung soll so klein sein, dass sie vernachlässigbare Rückwirkungen auf das Feld ausübt. Sie dient
nur zur Messung.
– +
– +
– +
– + Influenzkörper
Ψ Ψ
+Q
Ψ
Probeladung in P(x,y,z) +Qp
K
Relativitätstheorie und Elektrotechnik
Dr. Erich Boeck 9
genannten Wirkungsfaktoren (sowie AF1 und AF3) beschrieben werden. Dazu werden diese
Begriffe erfolgreich genutzt, auch wenn in beiden nicht enthalten ist, wie die Nahwirkung vor
sich geht 6.
Weil sich offensichtlich keine materiellen Objekte (Ladungen, Massen …) bewegen, wird
diese Erscheinung als elektrostatisches Feld bezeichnet.
Es sollte beachtet werden, dass hier dem Prinzip der Probeladung 5 eine entscheidende
Rolle zukommt. Allein die Kraftwirkung des Feldes auf eine Probeladung dient zur
Beschreibung des elektrischen Feldes, während auf eine Beschreibung der Funktionsweise
der Nahwirkung und somit auf einen „Zustand“ des Raumes nach Wegfall der Äthertheorie
vollständig verzichtet wird (Bor69 S. 192ff).
Das elektrische Feld und die Verschiebungsflussdichte haben die gleiche Richtung – die
Ausbreitungsrichtung der Nahwirkung – (siehe Abb. 2.3 , radiale Richtung) 8 und hängen
über die Dielektrizitätskonstante (eine Materialkonstante) unmittelbar zusammen. In jedem
Punkt des Raumes gilt:
D = E .
( 2.6 )
Die Dielektrizitätskonstante kann für jedes Material ermittelt werden. Sie wird in der Regel
als Faktor (r = relative Dielektrizitätskonstante) bezogen auf die Dielektrizitätskonstante für
Vakuum (0=8,854 10-12 As/Vm 7) angegeben 8. Dieser experimentell bestätigte
Zusammenhang ist plausibel, da die Verschiebungsflussdichte unabhängig vom Material die
Menge der Ladung übermitteln muss, die Kraftwirkung auf eine Probeladung aber durchaus
vom umgebenden Material beeinflusst werden kann. ( 2.6 ) bestätigt auch die Möglichkeit der
Definition von und D.
2.4 Strom und Stromdichte
Um die Bewegung der Ladungen selbst zu beschreiben (ohne von der Bewegung ausgehende
Wirkungen), wird die eingängige Rechengröße elektrischer Strom I 9 definiert. Der
Ausgangspunkt ist der Sonderfall des linienhaften Leiters (Abb. 2.4), der ruhend im
Beobachtungssystem angeordnet ist.
Abb. 2.4: Bewegte Ladungen im Leiter und Leiterquerschnitt
6 Bei ruhenden Ladungen tritt der Unterschied zu einer Fernwirkung noch nicht hervor und die Kraft entspricht
dem Coulomb’schen Gesetz. 7 Dieser Wert ergibt sich im metrischen Maßsystem; im Gauß’schen Maßsystem wäre 0 = 1 eine einfache Zahl. 8 Anisotrope Materialien mit Richtungsabhängigkeiten müssen gesondert betrachtet werden. 9 Im metrischen Maßsystem erhielt der Strom eine Grundmaßeinheit benannt nach Ampère (A) .
Leiter Leiterquerschnitt A
vd +q0
I I
Relativitätstheorie und Elektrotechnik
Dr. Erich Boeck 10
Die Ladungen +q0 bewegen sich mit der mittleren Driftgeschwindigkeit vd in Richtung des
Stromes. (Elektronen mit −q0 würden sich mit −vd entgegengesetzt bewegen.) Der Strom
berechnet sich nun aus dem Anteil der Ladungsmenge, die pro Zeiteinheit durch den
Leiterquerschnitt tritt.
dt
dQ I
( 2.7 )
Diese Größe kann natürlich praktisch nicht sinnvoll direkt nach dieser Definition gemessen
werden 10, sondern es werden Wirkungen des Stromes genutzt.
Wenn die in der Regel ungleichmäßige räumliche Bewegung der Ladungen (des Stromes)
beschrieben werden muss, nutzt man den Begriff der Stromdichte S, indem der Anteil des
Stromes durch ein kleines Flächenelement (dA) senkrecht zur Stromrichtung (eI) berechnet
wird.
dA
I dS I eSS
tsflächeQuerschnit
dI AS
( 2.8 )
Die Stromdichte ergibt ebenfalls ein Vektorfeld das elektrische Strömungsfeld.
Die Darstellung der Stromdichte kann auch aus Driftgeschwindigkeit (vd = dsI/dt) und der
Raumladungsdichte 11 erfolgen
I I
I d
dA
I d
dAdt
dQ d
dVdt
dQ d ρ ee
svS
( 2.9 )
und entspricht so direkt der anschaulichen Vorstellung einer mit vd strömenden Raumladungs-
dichte ρ, bei der sich z.B. die Elektronen infolge ihres Feldes gegenseitig weiterschieben.
2.5 Im Beobachtungssystem bewegte Ladungen
Es ist nicht anzunehmen, dass von bewegten Ladungen gerade die gleichen Wirkungen
ausgehen wie von im Beobachtungssystem ruhenden. Deshalb müssen die oben definierten
Begriffe, bis sie verallgemeinert worden sind, jeweils in ihrem Ruhesystem ermittelt und in
das gewünschte Beobachtungssystem transformiert werden. Das heißt aber auch, dass
Begriffe und Größen, die Wirkungen durch bewegte Ladungen beinhalten, erst nach dieser
Verallgemeinerung erarbeitet werden können. Dazu müssen im nächsten Abschnitt die
Grundlagen der speziellen Relativitätstheorie vorangestellt werden.
10 Es wäre nach dem Faraday’schen Abscheidungsgesetz aber in günstigen Fällen möglich. 11 Dabei sind für die Raumladungsdichte nur die beweglichen Ladungsträger mit ihrer jeweiligen
Geschwindigkeit anzusetzen (im Leiter nur die Elektronen mit vd–).
Relativitätstheorie und Elektrotechnik
Dr. Erich Boeck 11
3 Begriffe mit Wirkungen bewegter Ladungen
3.1 Einsteins Relativitätsprinzip und Lorentztransformation
Die Einstein’sche spezielle Relativitätstheorie gilt heute als eine der am besten bestätigten
Theorien und gibt uns das Instrumentarium für die benötigten Transformationen (Reb99 S.
754/5).Für Inertialsysteme 12 mussten auch schon in der Newton’schen Physik die
physikalischen Gesetze unabhängig vom jeweiligen Beobachtungssystem sein. D.h., es kann
durch keine Messung ein ausgezeichnetes System ermittelt werden. Dies wird durch die
plausible Galileitransformation vom Koordinatensystem K{x,y,z} nach K´{x´,y´,z´} erreicht.
r´= r – vt t´= t r = ix + jy + kz ( 3.1 )
Diesem Prinzip widerspricht die experimentell mit hoher Genauigkeit gefundene Konstanz
der Vakuumlichtgeschwindigkeit in jedem Inertialsystem.
Erst durch Einsteins Überlegungen zu den Begriffen der Gleichzeitigkeit (gleichzeitige
Ereignisse an verschiedenen Orten) und des gleichen Ortes (Ereignisse zu unterschiedlicher
Zeit am gleichen Ort) wurde ein neues Relativitätsprinzip gefunden. Die Messung dieser
Ereignisse musste mit Maßstäben und Uhren erfolgen, deren Signale nur mit endlicher
Geschwindigkeit übermittelt werden können. Einstein hat dazu in (Ein70 S. 21 ff) eine sehr
verständliche und plausible Darstellung gegeben. Dieses Relativitätsprinzip wurde von den
Maxwell’schen Gleichungen erfüllt, die eine Beschreibung der elektrodynamischen
Vorgänge darstellt, beruhend auf der Nahwirkungsvorstellung und deren Ausbreitung mit
Lichtgeschwindigkeit. Die Gesetze der Mechanik mussten neu formuliert werden. Sie gehen
aber für kleine Geschwindigkeiten 13 in die bis dahin bekannten Gesetze über und haben sich
für hohe Geschwindigkeiten hervorragend bestätigt.
Als Transformation vom Koordinatensystem K{x,y,z} nach K´{x´,y´,z´} ergibt sich danach
für die Komponenten von r der von Lorentz gefundene Zusammenhang für eine
Standardkonfiguration 14.
x´= 20
2
x
c/ v 1
t vx
x
y´= y z´= z t´=
20
2
20x
c/ v 1
c/x vt
x
( 3.2 )
Wenn die Gesetze der Elektrotechnik vollständig behandelt werden sollen, ist die
Standardkonfiguration oft nicht ausreichend. Liegen gleichförmige Bewegungen in beliebige
Richtungen vor (Abb. 3.1) und wird die Transformation in das Ruhesystem einer
12 Ein Koordinatensystem, das sich gleichförmig und geradlinig (also unbeschleunigt) gegenüber anderen
Koordinatensystemen bewegt. Beschleunigte Bezugssysteme werden erst in der allgemeinen Relativitätstheorie
behandelt. 13 Alle alltäglichen Vorgänge haben Geschwindigkeiten viel kleiner als die Vakuumlichtgeschwindigkeit. 14 Es entspricht der Standardkonfiguration in der Relativitätstheorie, wenn das neue System sich im
Ausgangssystem nur in x-Richtung bewegt.
Relativitätstheorie und Elektrotechnik
Dr. Erich Boeck 12
Abb. 3.1: Bewegte Ladung und Probeladung
Ladung benötigt, müssen
das Koordinatensystem in die Bewegungsrichtung gedreht,
die Lorentztransformation entsprechend Standardkonfiguration durchgeführt und
das Koordinatensystem zurückgedreht werden. 15
Vereinfachend kann man Koordinaten und andere vektorielle Größen in zwei
Vektorkomponenten parallel ( ll ) und senkrecht () zur Transformationsgeschwindigkeit (v0)
zerlegen. Es ist zu beachten, dass die senkrechte Vektorkomponente in einer Ebene senkrecht
zur Richtung der Geschwindigkeit beliebig liegt und für mehrere Vektoren nicht die gleiche
Richtung haben muss (siehe auch (Reb99 S. 819)).
20
2
20
20
2 c/ v 1
c/ t t
c/ v 1
t
0
0
0
0
llllll
rvr
vrrrr
( 3.3 )
Transformationsvorschriften sind auch für die einzelnen physikalischen Größen ermittelt
worden. So sind z.B. Größen wie Ladung oder die Dielektrizitätskonstante invariant und
verändern sich nicht. Andere Größen, die bei den folgenden Überlegungen benötigt werden,
wie das Additionstheorem für Geschwindigkeiten (v´ aus v und der Transformations-
geschwindigkeit v0) und die Kraft (K´ aus K) ergeben sich als parallele und senkrechte
Vektorkomponenten:
2
001
1
2
001
0 1
1
1
c/1
c/ v 1
c/1t
20
20
1vv
v
vv
vvrv
ll
( 3.4 )
2
001
10112
001
1
2
001
1
2
00 11
c/1
PP
c/1
c/ v 1
c/1
)Pc/(20
20
vv
Kv
vv
K
vv
vKK
ll .
( 3.5 )
Dabei ist die Leistung (P = v∙K) in der Relativitätstheorie die mit der Kraft (K)
korrespondierende Größe. Der Index 1 weist auf die betrachtete Ladung oder das Teilchens
„1“ hin.
15 Durch die Längenkontraktion bleiben Winkel im Allgemeinen bei einer Lorentztransformation nicht erhalten.
Eine Komponentenaufteilung der Geschwindigkeit und nacheinander erfolgende Transformationen führen so zu
falschen Ergebnissen.
+Q vd
vp +Qp
x
z
y
Relativitätstheorie und Elektrotechnik
Dr. Erich Boeck 13
Die Transformationen von drll , dr, dt zeigen deutlich das Problem der Gleichzeitigkeit oder
des gleichen Ortes. So folgt aus
rrr
vrvrrrr )d(
c/v 1
t) (t) d(dd
20
20
00 llllllll
gemessen zur gleichen Zeit t im System K{x,y,z}:
rr
rr dc/ v 1
ddd
20
20
llll ,
( 3.6 )
dagegen aus
rrr
vrvrrrr )d(
c/ v 1
)t ()t d(dd
20
20
00 llllllll
gemessen zur gleichen Zeit t´ im System K´{x´,y´,z´}:
rrrr dc/ v 1ddd 2
020llll
.
( 3.7 )
Genauso werden gemessen am gleichen Ort r in K{x,y,z}
20
20 c/ v 1
dttd
( 3.8 )
und gemessen am gleichen Ort r´ in K´{x´,y´,z´}
20
20 c/ v 1dttd .
( 3.9 )
Für die Flächenelemente und das Volumenelement nehmen wir noch eine dritte
Vektorkomponente hinzu, die sowohl auf rll als auch auf r im Sinne eines Rechtssystems
senkrecht steht (r). 16
drdrdrddddV
drdrddd
drdrddd
llll
llllll
ll
rrr
errA
errA
Die Transformation ergibt sich demzufolge, wenn drll enthalten ist, entsprechend der obigen
Formel ( 3.6 ) oder ( 3.7 ). Gemessen zu Zeiten des Zielsystems K´{x´,y´,z´} heißt das:
20
20
20
20
c/ v 1dVVd
dd
c/ v 1dd
AA
AA llll
.
( 3.10 )
Die Komponenten der Verschiebungsflussdichte einer Ladung lassen sich damit ausgehend
vom Ruhesystem K{x,y,z} in ein im Ruhesystem mit v0 bewegtes System K´{x´,y´,z´}
umrechnen. (Die Flächenelemente dAll und dA sind hier parallel und senkrecht zu v0
dagegen ist dAΨ senkrecht zur Ausbreitungsrichtung von .) Gemessen zu Zeiten des
Zielsystems K´{x´,y´,z´}, ergibt sich nach ( 2.3 ) und Abb. 3.2
16 Es ist zu beachten, dass z.B. die senkrecht zur Transformationsgeschwindigkeit liegende Fläche als Vektor,
der senkrecht auf der Fläche steht, ihre Richtung parallel zur Geschwindigkeit hat.
Relativitätstheorie und Elektrotechnik
Dr. Erich Boeck 14
Abb. 3.2: Gleicher Anteil des Verschiebungsflusses durch dAΨ und dA
sowie mit llllll eeD
drdr
Qd
dA
dΨ 2
bzw.
eeDllll drdr
Qd
dA
dΨ 2
und invariantem Q die Transformation 17:
20
20 c/ v 1
DDDD llll .
( 3.11 )
Weil nach ( 2.6 ) D=E ist, erfährt mit invariantem auch das elektrische Feld unter gleichen
Voraussetzungen die gleiche Form der Transformation 18.
20
20 c/ v 1
EEEE llll
( 3.12 )
Nach dieser Betrachtungsweise können nun die im Kapitel 2 beschriebenen Größen für
bewegte Ladungen verallgemeinert werden.
3.2 Kraft zwischen zwei bewegten Ladungen
Das elektrische Feld der Ladung +Q aus Abb. 3.3 wird bestimmt im Koordinatensystem
K´{x´,y´,z´} (bewegt mit vd in K{x,y,z}) und transformiert in das Koordinatensystem
K´´{x´´,y´´,z´´} (bewegt mit v´p in K´{x´,y´,z´} bzw. mit vp in K{x,y,z}). Dabei ergibt sich
v´p nach ( 3.4 ) bei v0 = vd und v1 = vp sowie den Komponenten parallel und senkrecht
zu vd als
2
0dp
p
2
0dp
d p
pc/1
c/ v 1
c/1
20
2d
vv
v
vv
vvv
ll .
( 3.13 )
17 Das gilt, solange nicht zusätzliche Wirkungen zu berücksichtigen sind. Dies muss nachträglich noch einmal
überprüft werden, ist aber ausgehend vom Ruhesystem erfüllt. 18 Eine Transformation über K/Qp können wir erst durchführen, wenn K in Anteile vom Feld einer ruhenden
Ladung und dem zusätzlichen Anteil durch die Bewegung aufgeteilt werden kann (siehe ( 3.21 ), ( 3.23 )).
+Q
v0
dAΨ=dAcos<D,v0>
dA D=eΨdΨ/dAΨ
Dll=ell|D|cos<D,v0>
K
K´
Relativitätstheorie und Elektrotechnik
Dr. Erich Boeck 15
Abb. 3.3: Richtung der Bewegungen und der Feldkomponenten
Dazu muss das nach ( 2.5 ) durch eine in K´{x´,y´,z´} ruhende Messprobeladung ermittelte
Feld E´ in Vektorkomponenten parallel und senkrecht zu v´p zerlegt (E´llp und E´p) und diese
nach K´´{x´´,y´´,z´´} (E´´, E´´llp und E´´p) entsprechend ( 3.12 ) transformiert werden 19.
E´´llp + E´´p = 20
2 c/v 1 p
p
p
E
E ll
( 3.14 )
In K´´{x´´,y´´,z´´} bestimmen wir für die dort ruhende Probeladung die Kraft 20
20
2 c/v 1Q Q
p
p
ppp
EEEK ll
( 3.15 )
Diese Kraft wird zweimal mit ( 3.5 ) zurücktransformiert.
1. Über K´{x´,y´,z´} mit v0=−v´p , veränderten Anstrichen – links Zielsystem, rechts
Ausgangssystem – und v1=v´´p (bei v´´p Null, somit P´´=v´´p∙K´´ ebenfalls Null)
2. Nach K{x,y,z} (unserem gewünschten Beobachtungssystem) mit v0=−vd , wiederum
veränderten Anstrichen und v1=v´p
Es wird
20
2 c/v 1 ppp KKK ll Kv pP 21 .
( 3.16 )
Daraus wird mit ( 3.15 )
EvEE
EK
ppp
p
pp
pp QP Qc/v 1
c/v 1Q
20
2
20
2
ll 21
( 3.17 )
Auf die Tatsache, dass sich die Kraft schon bei einer ruhenden Ladung genauso wie zwischen
zwei ruhenden Ladungen ergibt, kommen wir weiter unten zurück.
19 Es ist zu beachten, dass +Q in K´{x´,y´,z´} kein Magnetfeld erzeugt, es gäbe also keinen Fehler. 20 Es ist zu beachten, dass Qp in K´´{x´´,y´´,z´´} keine Kraft durch ein eventuelles Magnetfeld erfährt, es gäbe
also keinen Fehler. 21 Durch das Punktprodukt ist die zu v´p senkrechte Komponente von K´´ genauso von E´ beliebig.
K´
E´´
+Q
vd
vp
+Qp
x
z
y
v´p
vp
-vd
E´´ll p
E´´p
v´p
v´pll vd
vp
K´´
Relativitätstheorie und Elektrotechnik
Dr. Erich Boeck 16
Die zweite Rücktransformation mit
2
0dp
d
2
0dp
d
2
0dp
2
0d
c/1
PP
c/1
c/ v 1
c/1
P)c/(20
2
vv
Kv
vv
K
vv
vKK
ll
( 3.18 )
führt nach dem Einsetzen der Komponenten aus ( 3.17 ) und von v´p aus ( 3.4 ) zu
20
220
2 c/ v 1cc/ v 1/Q d
2
0dpdp / EvvEEK ll . 22
( 3.19 )
Außerdem wird das elektrische Feld aus dem Ruhesystem K´{x´,y´,z´} nach K{x,y,z}
transformiert ( 3.12 ).
EE
EEE llll 2
02 c/ v 1 d
( 3.20 )
Der Vergleich von ( 3.19 ) und ( 3.20 ) bringt das folgende Ergebnis.
2
0
dppp
cQQ
EvvEK 23
( 3.21 )
Für die Leistung folgt bei gleicher Vorgehensweise
Kv pP .
( 3.22 )
Diese Ergebnisse sind nun zu interpretieren:
– In ( 3.21 ) folgen aus dem elektrischen Feld zwei Anteile für die Kraft.
– Der erste ergibt die Kraft wie zwischen zwei ruhenden Ladungen ( 2.5 ).
– Der zweite entsteht nur bei zwei bewegten Ladungen und entspricht der bekannten
Lorentzkraft (siehe auch (Mie72)), da für das Faraday’sche Magnetfeld
bekanntermaßen für eine Punktladung B = vd x E/c02 gilt.
– Dabei nimmt E den Platz des elektrischen Feldes ein, das im aktuellen System durch
eine ruhende Messprobeladung 24 ermittelt wurde. (Mit vp gleich Null entsteht
E=K/Qp.)
– Zu beachten war, dass bei der Herleitung nie zwei verschiedene senkrechte
Komponenten zur Verknüpfung kamen.
– Mit ( 3.22 ) haben wir offensichtlich einen Zusammenhang, der invariant gegenüber
Lorentztransformationen ist, wie ein Vergleich mit ( 3.17 ) zeigt.
Die nach ( 3.21 ) erhaltene Kraft umfasst alle Kraftanteile zwischen zwei bewegten Ladungen
und geht, wenn eine oder zwei Ladungen ruhen, in die Funktion ( 2.5 ) über.
Indem ( 3.21 ) nur über Kraft und Leistung mit ( 3.5 ) transformiert wird, kann ihre Invarianz
gezeigt werden und es folgen für E und über ( 2.6 ) für D die Transformationen:
22 Zusammenfassen zum Kreuzprodukt möglich, da die parallele Komponente von E´ dabei beliebig ist. 23 Zusammenfassen zum Kreuzprodukt möglich, da die parallele Komponente von E dabei beliebig ist. 24 Die Messprobeladung ruht z.B. dadurch, dass die auf sie wirkende Kraft durch eine mechanische Gegenkraft
gemessen wird (wie bei Coulomb mit einer Torsionswaage).
Relativitätstheorie und Elektrotechnik
Dr. Erich Boeck 17
2
0
2
0
d2
0
0
2
0
2
0
2
0
d0
c/v1
c
c/v1
c
Dv
vD
DD
EvvE
EE llll 25 .
( 3.23 )
Diese Transformationen entsprechen (mit den für das Faraday’sche Magnetfeld bei
Punktladungen bekannten Beziehungen B = v x E/c02 und H = v x D) den Transformationen
für E und B sowie D und H. Es zeigt sich, dass ( 3.12 ) für eine im Ausgangssystem ruhende
Ladung (vd = 0) richtig war.
3.3 Allgemeines elektrisches Feld
Da zur Ableitung der Kraft zwischen zwei bewegten Ladungen kein Magnetfeld benötigt
wurde, soll im Weiteren auf das Magnetfeld verzichtet werden. Stattdessen definieren wir aus
der invarianten Kraft ( 3.21 ) ein allgemeines elektrisches Feld (F) einer Ladung, die sich mit
v bewegt und E erzeugt, das wiederum aber mit einer bewegten Probeladung (vp, Qp)
beobachtet wird. Somit wird die Definition ebenfalls (wie K) invariant.
FKEv
vEK
F p2
0
p
p
Q cQ
( 3.24 )
Diese Definition ist leider nicht völlig unabhängig von den Messbedingungen, da vp nicht
ohne Weiteres eliminiert werden kann. Es wird aber weiter hinten zu sehen sein, dass sie
kompatibel zum allgemeinen vierdimensionalen Feldtensor (Fαβ) ist. Durch das
verallgemeinerte elektrische Feld sind wir nun in der Lage, weitere Größen zu ermitteln, bei
denen Bewegungen mit ihren Wirkungen eine Rolle spielen.
25 Es ist zu beachten, dass alle senkrechten Anteile von E und D in einer Ebene senkrecht zur Richtung der
Geschwindigkeit liegen, aber nicht die gleiche Richtung haben müssen. Sie sind also vektoriell zu addieren.
Hierbei ist nicht auf 0 beschränkt.
Relativitätstheorie und Elektrotechnik
Dr. Erich Boeck 18
3.4 Potential und Spannung
Wird die sich bewegende Probeladung in Abb. 3.4 auf ihrem Weg vom Punkt P1 nach P2 mit
dem Wegelement ds verfolgt, kann einerseits die Änderung ihrer potentiellen Energie und
andererseits die Änderung ihres Impulses untersucht werden.
Abb. 3.4: Weg der Probeladung
sEv
vEsFsK dc
QdQ dΔW
)r(P
)r(P
)r(P
)r(P
2
0
pp
)r(P
)r(P
p
2
1
2
1
2
1
( 3.25 )
Da die Geschwindigkeit vp immer in die Richtung des vom Integral verfolgten Weges zeigt,
muss das Spatprodukt {vp x (…)}∙ds auch stets Null sein und wir erhalten die bekannte Form,
mit der die Spannung (U) definiert werden kann:
)r(P
)r(Pp
)r(P
)r(P
p
2
1
2
1
dQ
W U dQΔW sEsE .
( 3.26 )
Nutzen wir einen absoluten Bezugspunkt (z.B. könnte die potentielle Energie im Unendlichen
Null sein, φ∞=0), erhalten wir den Begriff des elektrischen Potentials (φ).
21
)r(P
)r(Pp
Ud d dQ
W
sEsEsE
( 3.27 )
Wenn sich nach diesem Zusammenhang die Probeladung getrieben von der Kraft des Feldes
bewegt, nimmt ihre potentielle Energie ab (W bzw. φ werden kleiner bzw. der Umsatz ΔW
bzw. U steigen). Diese Energie wird in kinetische Energie, wenn vorhanden in
Reibungswärme oder in andere Energieformen umgewandelt (Energieumwandlung aus dem
Elektrischen ins Mechanische, in Wärme …). Wird dagegen durch eine äußere Kraft die
Probeladung gegen die Kraft des Feldes bewegt, erhöht sich ihre potentielle Energie
(Energieumwandlung vom Mechanischen … ins Elektrische). Daraus folgt ein negatives ΔW
bzw. U oder es wird als Urspannung (E0=−ΔW/Qp=ΔWZufuhr/Qp) bezeichnet.
Entsprechend Abb. 3.4 erhält man die Umkehrung (Lösung des Integrals) von ( 3.27 ) zu
+Q v
vp +Qp
x
z
y
P1(x1,y1,z1,t1)
P2(x2,y2,z2,t2)
ds
Relativitätstheorie und Elektrotechnik
Dr. Erich Boeck 19
gradE 26.
( 3.28 )
Mit der Energie ist in der Relativitätstheorie der Impuls verbunden. Die Änderung des
Impulses der Probeladung ergibt sich, wenn entlang des gleichen Weges (Abb. 3.4), aber
über die Zeit integriert wird.
dtc
QdtQdt
)t(P
)t(P
20
pp
)t(P
)t(P
p
)t(P
)t(P
2
1
2
1
2
1
EvvEFKp
( 3.29 )
Verwenden wir eine Probeladung, die vorher bei P0(x0,y0,z0,t0) geruht hatte (d.h. den Impuls
p0=0 hatte), so ergibt sich der Impuls bei P(x,y,z,t) zu
dt
d dtdt 12
t(P)
)0t(P
0
pKppppKKp .
( 3.30 )
Zur Untersuchung dieser Beziehung werden davon der Rotor und die Divergenz gebildet. So
ist ersichtlich, welche Wirbel und Quellen p erzeugen. Der Rotor bzw. die Divergenz werden
jeweils zu einem festgehaltenen Zeitpunkt t (gleiche Zeit) am Ort der Probeladung r(x,y,z)
und einer differenziellen Ortsverschiebung dr = ds gebildet 27.
dtc
)(Q)(20
pp
EvvrotErotprot
( 3.31 )
Der erste Term in ( 3.31 ) (rotE) wird für unsere Anordnung (Abb. 3.4), in der ein reines
Potentialfeld (oder Gradientenfeld E=−gradφ) vorliegt 26, durch rot(gradφ)=0 zu Null. Der
zweite Term kann nach der Produktenregel unter Beachtung der Vektoreigenschaften
entwickelt werden.
ppppp div div)()()( vBBvBgradvvgradBBvrot
( 3.32 )
Dabei wurde nur zur Vereinfachung der Schreibweise 2
0c
EvB
gesetzt. Da vp kein
Vektorfeld ist und zum festgehaltenen Zeitpunkt nur am Ort der Probeladung existiert, kann
dies nur als konstanter Parameter gelten und seine Ableitung wird Null (erster und vierter
Term in ( 3.32 ) fallen weg). Der dritte Term wird wieder entwickelt.
)()()(div ErotvvrotEEv
( 3.33 )
In ( 3.33 ) ist v ein konstanter Parameter (existiert nur am Ort von +Q) und seine Ableitung ist
Null. Der zweite Term ist aus gleichem Grund Null wie für ( 3.31 ), sodass in ( 3.32 ) auch
der dritte Term wegfällt. Es bleibt
26 Das Feld E war im aktuellen System mit einer dort ruhenden Messprobeladung ermittelt worden, die selbst
keine Impulsänderung erfährt, und die Probeladung Qp soll keine Rückwirkungen auf das Feld haben. 27 Die Integration erfolgt über t, sodass die partiellen Ableitungen nach dem Ort unter dem Integral erfolgen
können.
Relativitätstheorie und Elektrotechnik
Dr. Erich Boeck 20
dtc
Q)(20
pp
Ev
gradvprot .
( 3.34 )
Da vp die Bewegungsgeschwindigkeit von Qp ist, wird mit vpdt=dsp substituiert und die
Integration entlang eines Weges und die Ableitung in Wegrichtung (–dsp∙grad) 28 heben sich
auf.
BrotAEvEv
gradsprot
:eiche verglc
Qc
dQ)(20
p20
pp
( 3.35 )
Vor einer Diskussion dieses Ergebnisses soll die Divergenz untersucht werden.
dtc
div)div(Q)div(20
pp
EvvEp
( 3.36 )
Weil Qp eine Probeladung ist und keine Rückwirkungen 29 haben soll, muss in ( 3.36 ) der
erste Term verschwinden. Der zweite Term wird wieder entwickelt.
BrotvvrotBBv div ppp
( 3.37 )
Weil vp wiederum kein Vektorfeld ist, bleibt nur der zweite Term von ( 3.37 ) und wird noch
einmal entwickelt.
vEEvEgradvvgradEEvrot div div )()()(
( 3.38 )
Auch hierbei existiert v nur am Ort von +Q und kann nicht wie ein Feld am Ort von Qp
abgeleitet werden und für div E gilt das Gleiche wie bei ( 3.36 ). Es bleibt
dt c
Q)div( p2
0
p
Egradvvp .
( 3.39 )
Da vp kein Feld ist und somit zu festem Zeitpunkt als konstanter Parameter gelten muss, gilt
dt } )( {c
Qdt } {
c
Q)div( p2
0
p
p20
p
gradvgradvEvgradvp .
( 3.40 )
Eine Änderung des Feldes am festen Ort von Qp erfolgt nur durch die Bewegung der Ladung
Q mit v in der Zeit dt, was anstelle der Änderung zu fester Zeit über den Weg ds =vdt genutzt
werden kann.
28 Da das Feld entlang des Weges abnimmt (die Entfernung wird größer, Abb. 3.5), haben dsp und grad
entgegengesetzte Richtungen. 29 Die Probeladung darf selbst keine Quelle oder Senke für das Feld sein.
Relativitätstheorie und Elektrotechnik
Dr. Erich Boeck 21
Abb. 3.5: Feld von +Q am Ort s–ds und s zur Zeit t und beim Ort s zur Zeit t und t+dt
Aus Abb. 3.5 ist erkennbar, dass
–v E/s = (–v ∙ grad)E = E/t
gibt. Des Weiteren soll wiederum mit vp dt = dsp substituiert werden (vp ist die
Bewegungsgeschwindigkeit von Qp) und die Integration entlang des Weges über die
Ableitung in Wegrichtung (–dsp∙grad) 30 heben sich auch hier auf.
t με div :he vergleic
tμεQ
tc
Q)div(
)t
( dc
Q } )( d{
tc
Q)div(
0000p2
0
p
p2
0
p
p2
0
p
Ap
gradsgradsp
( 3.41 )
Mit Gleichung ( 3.41 ), die der Lorenzkonvention entspricht 31, und Gleichung ( 3.35 ) werden
genau die bekannten Definitionen des Vektorpotentials erfüllt.
Das Vektorpotential war als mathematische Lösung aber ohne direkten Bezug zu
physikalischen Größen gefunden und definiert worden. Nach obigen Untersuchungen können
wir das Vektorpotential direkt als
A = p / Qp mit dA/dt = F = E +
2
0
pc
Evv
( 3.42 )
identifizieren bzw. definieren.
Es würde allerdings auch der Anteil der Lorentzkraft
2
0
pB2
0
p
p
Bewegung
Bc
dtdmit dtcQ
dt EvvA
Evv
KA
( 3.43 )
30 Da das Potential entlang des Weges abnimmt (größere Entfernung Abb. 3.5), haben dsp und grad
entgegengesetzte Richtungen. 31 Gegenüber der Coulombkonvention (divA=0) können mit der Lorenzkonvention invariante Gleichungen
formuliert werden. Es wurde die bekannte Beziehung c0–2 = 00 benutzt.
+Q
v
vp +Qp
x
z
y
t
t+dt
ds
E+dE zu t+dt
E+dE E
s s–ds
Zur festen Zeit t:
Am gleichen Ort s:
Relativitätstheorie und Elektrotechnik
Dr. Erich Boeck 22
entsprechend der obigen Untersuchung als Definition ausreichen 32, da bereits dadurch die
Bedingungen ( 3.35 ) und ( 3.41 ) des Vektorpotentials erfüllt sind.
Somit entsteht der Impuls der Probeladung durch die Quelle div A, wenn φ/t existiert, und
durch den Wirbel rot A, wenn bewegte Ladungen ein Feld E erzeugen.
Mit unserem allgemeinen elektrischen Feld haben wir nun aus der Energieänderung und der
Impulsänderung zwei Potentialfelder nach dem Prinzip der Probeladung abgeleitet – das
skalare Potential φ und das Vektorpotential A.
Die Potentiale transformieren sich wie Energie und Impuls.
Vergleiche:
p2
0
2
0
2
00
2
0
2
0
0
2
0
2
0
2
00
2
0
2
0
0
Q: | c/v1
W)c/(
c/v1
WW
c/v1
)c/(
c/v1
pvp
ppv
AvA
AAv
ll
ll
( 3.44 )
Diese Transformation ist schon seit langem in dieser Form für φ und A bekannt. Genauso wie
die Raumkoordinaten (r) und die Zeit (t), die Kraft (K) und die Leistung (P), elektrisches Feld
und (vxE)/c2 (entspricht dem Magnetfeld) oder Energie und Impuls gibt es viele Größen, die
sich bei einer Transformation gegenseitig ineinander umwandeln.
3.5 Transformation von Raumladung und Stromdichte
Das einfache Modell, das seit Abb. 3.1 verfolgt wird, muss wesentlich erweitert werden,
damit Vorgänge mit elektrischen Strömen untersuchen werden können.
Abb. 3.6: Leiter mit beweglichen (vd) und festen Ladungen
Der Leiter in Abb. 3.6 besteht z.B. aus Kupfer und hat eine gleiche Anzahl positiver an ihren
Gitterplätzen feststehender Ionen und frei beweglicher Elektronen. Die Elektronen –q0 sollen
sich alle mit der mittleren Driftgeschwindigkeit vd = i(–vd) bewegen und so den Strom I
ergeben. Im Volumenelement dV=dA∙ds ergibt sich die Raumladung ρ nach ( 2.2 ) und die
Stromdichte S nach ( 2.9 ).
Ein Beobachter im System K´{x´,y´,z´,t´}, das sich mit v0 in Stromrichtung bewegt, sieht nun
mit –v0 bewegte Ionen und mit ca. –i(v0+vd) bewegte Elektronen. Außerdem erscheinen ds
32 Offensichtlich trifft diese Definition für das Faraday’sche Magnetfeld zu. In (Reb99 S. 667) wird darauf
hingewiesen, dass ( 3.35 ) und ( 3.41 ) noch weitere Eichtransformationen offen lassen. In Abschnitt 3.10 wird
gezeigt werden, dass mit Definition ( 3.42 ) dieser Freiheitsgrad vergeben ist.
Leiter
Leiterquerschnitt A
vd –q0
I I
ds
+q0
+ + +
+ +
Relativitätstheorie und Elektrotechnik
Dr. Erich Boeck 23
und somit dV verkleinert. Dagegen sieht er in dV und dV´ die gleiche Anzahl Ionen und
Elektronen, d.h. die gleichen Ladungsmengen. Für die Ionen gilt demzufolge:
020
20
0
20
20
20
20
c/v1
ρ)(ρρ
c/v1
ρ
c/v1dV
dQ
Vd
dQρ
vvvS
( 3.45 )
Aus ( 3.45 ) kann die Beziehung (siehe (Bor69 S. 253))
22
022
020
20
220
220
220
2ρcρ)c/v1(cρcρvρcS
( 3.46 )
abgeleitet werden, die invariant bezüglich Lorentztransformationen ist. Damit ergeben sich
die Transformationsgleichungen (für Abb. 3.6 ist S+=0 einzusetzen):
20
20
0
20
20
200
c/v1
ρ
c/v1
c/ρρ
vSS
Sv.
( 3.47 )
Mit dieser Transformation folgt analog für die Elektronen 33:
20
20
0d
20
20
0
20
20
20d0
20
20
200
c/v1ρ
c/v1
ρ
c/v1
c/1ρ
c/v1
c/ρρ
vvvSS
vvSv
( 3.48 )
Waren im System ruhend zum Leiter ρ+ = − ρ– (d.h. ρges = 0), S+ = 0 und S– = vd ρ– = Sges ,
ergibt sich in einem mit v0 bewegten System
20
20
d
20
20
20d0
ges
c/v1ρ
c/v1
c/ρρ
vS
vvges .
( 3.49 )
Für den bewegten Beobachter erscheint somit der Leiter als negativ geladen, während der
ruhende Beobachter ihn als ungeladen sieht 33.
33 (ρ−=neg, vd=−ivd ) Das Ergebnis muss noch genauer untersucht werden (siehe Anfang und Ende Kapitel 3.6).
Alle S sind parallel zu v0; eine zusätzlich senkrecht vorhandene Stromdichte ergäbe S´= S.
.
.
Relativitätstheorie und Elektrotechnik
Dr. Erich Boeck 24
3.6 Kraft eines Stromes auf eine Probeladung - Induktionsgesetz
Eine zum Leiter ruhende Probeladung (Abb. 3.7) erfährt sowohl von den ruhenden Ionen wie
von den bewegten Elektronen eine Kraft 34.
Abb. 3.7: Probeladung neben einem Leiter ruhend
Wird durch die Probeladung (infolge der Kraftwirkungen) ein ungeladener Leiter beobachtet,
so sieht man dagegen mit einer mit den Elektronen (vd) mitbewegten Probeladung wegen
20
2d
20dd
ges
c/v1
c/ρρ
vv einen positiv geladenen Leiter. Weil beide Fälle symmetrisch sind
(Ionen ruhen und Elektronen haben −ivd bzw. Elektronen ruhen und Ionen haben +ivd), ist
dieses Verhalten nicht plausibel. Da es außerdem durch Messungen nicht nachgewiesen
werden kann 35, wird im Weiteren davon ausgegangen, dass ein Beobachter mit einer z.Z.
unbekannten Geschwindigkeit vn den Leiter ungeladen sieht (d.h. ρ+ = −ρ– für einen mit vn
bewegten Beobachter).
Das Koordinatensystem K´{x´,y´,z´,t´) soll sich mit vn in Richtung des Stromes (x–Richtung
in Abb. 3.7) bewegen. Die in dV´=ds´∙dA´ vorhandenen Ionen (dQ+) und Elektronen (dQ–)
erzeugen elektrische Felder (dE´+ und dE´–), die mit in K´{x´,y´,z´,t´) ruhenden
Messprobeladungen ermittelt werden und auf unsere mit v´p=−vn bewegte Probeladung
entsprechend ( 3.21 ) die Kraft (dK´) ausüben.
2
0dp
2
0dpp c/ddc/dd Qd EvvEEvvEK
( 3.50 )
In diesem System soll der Beobachter einen ungeladenen Leiter sehen, d.h. dQ+= −dQ– und
somit für die ruhende Messprobeladung dE´+= −dE´– . Mit v´d+=−vn und v´d– (nach der
Addition für Geschwindigkeiten) wird:
20nd
20
2n
dnd20
ndnp
c/1
c/v1mit
c
d)(Qd
vvvvv
EvvvK
.
Durch das Kreuzprodukt in dK´ existiert nur eine Komponente senkrecht zu vn und die
Leistung dP´=vn∙dK´ ist Null. Die Transformation nach K{x,y,z,t} über ( 3.5 ) ergibt mit
v1=v´p=−vn und v0=−vn :
34 Der Versuch einer ähnlichen Ableitung in (Sch76) kann hier nicht verfolgt werden, da er wichtige Probleme
auslässt und so nicht allgemeingültig ist. 35 Bei z.B. ca. 10 A und 1mm2 erreicht vd nur ca. 1 mm/s, d.h. vd
2/c02≈3∙10–23
.
Leiter
A
vd –q0
I I
dsL
+q0
+ + +
+ +
x
y
z
rds→p
+Qp
Relativitätstheorie und Elektrotechnik
Dr. Erich Boeck 25
2
0
2
n
2
0
2
n
2
0nd
2
0
2
n
2
0
dnp2
0
2
n
2
0
2
n
c/v1
c/v1
c/1
c/v1
c
dQ
c/v1
c/v1dd
vv
EvvKK .
( 3.51 )
In ( 3.51 ) ist die parallele Komponente von dE´− wegen des Kreuzproduktes ohne Belang,
sodass nur die senkrechte Komponente nach ( 3.23 ) transformiert werden muss.
20
2n
20dn
20
2n
20dn
c/v1
c/vv1d
c/v1
c/)d(dd
EEvvE
E 36
( 3.52 )
Nach Einsetzen von ( 3.52 ) in ( 3.51 ) erhalten wir die in K{x,y,z,t} beobachtete Kraft
20
dnp2
0
dnp
c
dQ
c
dQd
Evv
EvvK
und es ergibt sich das allgemeine elektrische Feld (dF) sowie in unserem Fall das mit
ruhender Probeladung gemessene elektrische Feld (dE) zu:
2
0
dn
p c
d
Q
ddd
Evv
KEF ,
( 3.53 )
d.h., die Kraft ist nicht Null, sondern es gibt einen Unterschied für die Kraft ausgehend von
einer bewegten bzw. einer ruhenden Ladung, wenn vn≠0 ist. Es bleibt zu untersuchen, welche
Größe für vn anzusetzen ist. Um die Kraft bzw. das Feld – ausgehend vom gesamten Leiter –
auf unsere ruhende Probeladung zu berechnen, sind die Kräfte aller im Leiter bewegten
Ladungen zu addieren, d.h., es ist über den Leiter (−∞<sL<+∞, sL entspricht x in Abb. 3.7) zu
integrieren (Überlagerungsprinzip). Die Integration ist für unser Modell 37 (entsprechend Abb.
3.7) konvergent und lautet, wenn der senkrechte Abstand der Probeladung von der Mitte des
Leiters r genannt wird:
evEv
vK
EFr 2π
I μ
c
)(sd)(s
Q
0n
Qruhenden der Ort Am
Leiter
2
0
LLdn
pp
38.
( 3.54 )
Für unseren Leiter können wir das Integral über vd x dE− in ( 3.54 ) auch nach Einführung
einer wirksamen Geschwindigkeit vw und eines Summenfeldes E− durch
M
gesamt
2
0
2
0w
Leiter
2
0
LLd
cc)/ (
c
)(sd)(sEB
EvEv
Ev
39
( 3.55 )
ersetzen (B bzw. EM erst einmal nur eine abkürzende Schreibweise 40).
36 Die Richtung von vd =−ivd ist die gleiche wie von −vn und senkrecht zu dE− . 37 Das Modell wird sich im Weiteren als zu einfach erweisen, deshalb wird noch eine Korrektur erfolgen. Siehe
Ende dieses Kapitels. 38 e ist sowohl senkrecht auf vd als auch auf dE− im Sinne eines Rechtssystems. Das Ergebnis folgt für
I(sL)≈const≠f(sL), was der üblichen Berechnung nach dem Durchflutungsgesetz entspricht. Vergleiche auch das
Ringintegral mit dem Biot-Savart’schen Gesetz vd x dE−/c02= 0vdρ−Ads x r/4πr3=0Ids x r/4πr3.
39 E− am Ort von Qp gesehen und B bzw. EM am Ort von Qp gemessen. E−=∫dE−≈ρ−A/2πr0 und vw≈vd (bei
I(sL)≈const) für das benutzte Modell. 40 B und EM siehe Kapitel 3.9 und 3.10, da als Gesamtgröße über die Kräfte messbar eine sinnvolle Abkürzung.
Relativitätstheorie und Elektrotechnik
Dr. Erich Boeck 26
Zur Untersuchung soll von ( 3.54 ) die Rotation berechnet werden. Dazu werden zu gleicher
Zeit t0 die partiellen räumlichen Ableitungen gebildet.
BvBgradvBvrotErot div)(}{ nnn
Die Ableitungen von vn=const wurden bei der Entwicklung weggelassen und div B wird mit
der analogen Begründung Null wie schon bei ( 3.33 ). Es bleibt:
/dxdv nn BBgradvErot .
( 3.56 )
Für unser Modell (Abb. 3.7) ergibt rot E = 0, weil B in gleichem Abstand vom Leiter
konstant ist und nur die Ableitung in Richtung des Leiters (durch das Punktprodukt) bleibt.
Existiert dagegen eine zeitliche Änderung des Stromes I(t) = ρ− vd∙A gemessen am gleichen
Ort x0 , so besteht gemessen zur gleichen Zeit t0 ein I(x) entlang des Leiters infolge der
endlichen Ausbreitungsgeschwindigkeit des Stromes im Kupferleiter. Damit erweitert sich
unsere Frage nach vn dahingehend: Für welche Geschwindigkeit können wir (vn∙grad)B
(gleiche Zeit t0) durch B/t (gleicher Ort x0) ausdrücken. Es ist offensichtlich nur für vn
gleich der Ausbreitungsgeschwindigkeit des Stromes im Kupferleiter (cku< c0) der Fall. Dieser
Fall hat die Besonderheit, dass ein sich mit cku entlang des Leiters bewegender Beobachter in
seinem System immer ein gleiches I´(x´) sieht, d.h. einen stationären Leiter ohne zeitliche
Änderungen. Identifizieren wir vn = icku , erhalten wir die Maxwell’sche Gleichung
pQruhenden der Ort Am
Leiter
2
0
LLd
c
)(sd)(s
tt
EvBErot .
( 3.57 )
Das negative Vorzeichen folgt aus der Tatsache, dass ein an festem Ort zunehmendes I(t)
dagegen zu fester Zeit ein in Richtung des Stromes und somit seiner Ausbreitung
abnehmendes I(x) ergibt.
Abb. 3.8: Leiterschleife neben einem Leiter
Betrachten wir die Probeladung als Ladung in einem Wegelement einer Induktionsleiter-
schleife (dsI) nach Abb. 3.8, so folgt aus einer Integration von ( 3.54 ) bzw. ( 3.57 ) über die
Leiterschleife (zusätzlich zu der Integration über den Leiter 41) die induzierte Spannung bzw.
in entgegengesetzte Richtung eine induzierte Urspannung (d.h. auch, dass hier kein reines
Potentialfeld besteht).
41 In Abb. 3.8 entspricht das Wegelement dsL = dx und der Weg sL = x .
dsL
x
y
z
Leiter
A
vd –q0
I I +q0
+ + +
+ +
+Qp
K
uind
dsI
Relativitätstheorie und Elektrotechnik
Dr. Erich Boeck 27
oder
Schleifeder Fläche
Schleifeder Fläche eifeLeiterschl
Iind
eifeLeiterschl
I
Leiter
2
0
LLdku
eifeLeiterschl
Iind
dt
d du
dc
))(s(ρd)s(c du
ABAErotsE
sEv
isE
42
( 3.58 )
Die beiden Gleichungen ( 3.58 ) können mit dem Modell in Abb. 3.8 für eine Leiterschleife
gelöst werden und ergeben (auch wenn B als magnetische Flussdichte herkömmlich berechnet
würde) dasselbe Resultat. Der physikalische Gedankengehalt ist aber sehr verschieden:
– Die erste Gleichung zeigt deutlich die Voraussetzung, dass für die Ausbreitung des
Stromes durch eine Nahwirkung entlang des Leiters vd(sL) und/oder ρ−(sL) 43 vorhanden
sein müssen. Bei Gleichstrom ist dies nicht der Fall (d.h. uind=0). Wenn sich der Strom
zeitlich ändert, kann dagegen (durch die Nahwirkung) der Strom niemals sofort über den
gesamten Leiter den neuen Wert annehmen. Wäre cku=∞ , gäbe es keine vd(sL) und/oder
ρ(sL) und somit keine Ruheinduktion. Der Strom hätte sofort überall den neuen Wert.
– Dagegen steht in der zweiten Gleichung letzten Endes nur der Zusammenhang zwischen
den gemessenen Größen (uind und d/dt).
Nun erweitern wir unser Modell um eine mechanische Bewegung der Leiterschleife (vm) und
nehmen an, dass ein Sekundärstrom unsere Probeladung mit vI bewegt (Abb. 3.9).
Abb. 3.9: Leiterschleife mit mechanischer Bewegung der Schleife (vm) und Sekundärstrom (vI)
An diesem Modell kann eine eventuelle Veränderung durch vI und eine gleichzeitig
auftretende Bewegungsinduktion untersucht werden. Es wird mit dem veränderten
2
0kumI
2
kumI
2
0kumI
ku m Ip
c/c)(1
c/c 1)(
c/c)(1
c20
ivv
vv
ivv
ivvv
llll
aus ( 3.50 ) anstatt ( 3.53 )
42 Das Ringintegral läuft in Abb. 3.8 von der Pfeilspitze zum Pfeilanfang der induzierten Spannung, welche sich
an einem äußeren Widerstand durch den Strom infolge der Kräfte ergäbe (siehe auch Abb. 3.10). 43 Nur dann wird das äußere Ringintegral (über dsI) nicht Null, da ein Teil der Leiterschleife näher am größeren
Strom ist.
dsL
x
y
z
Leiter
A
vd –q0
I I +q0
+ + +
+ +
+Qp
uind
dsI
vI
vm
Relativitätstheorie und Elektrotechnik
Dr. Erich Boeck 28
20
dkumI2
0
dp
c
d)c(
c
d d
Evivv
EvvE .
( 3.59 )
Dabei ist zu sehen, dass vI und vm durch die Rechnung nur „hindurchlaufen“ und auch ohne
Nahwirkung bestehen bleiben 44. „vI“ führt zu einer Kraft, die immer senkrecht zum Leiter ist,
keine zusätzliche Induktion bewirkt, aber als Antriebskraft (z.B. für elektrische Maschinen)
genutzt wird. Dagegen führt „vm“ zu einer zusätzlichen Induktionsspannung – der bekannten
Bewegungsinduktion. Folglich ist der prinzipielle physikalische Unterschied deutlich. Die
Bewegungsinduktion beruht auf der Lorentzkraft und benötigt eine Nahwirkung zu ihrem
Verständnis nicht unmittelbar. Die Ruheinduktion entsteht durch die Lorentzkraft und die
Ausbreitung von Stromänderungen als Folge einer Nahwirkung. Beide haben die Form
uind=∫(v x B)∙dsLeiter=∫KLorentz∙dsLeiter/ΔQ mit v als Geschwindigkeit der Leiterschleife vom
ruhenden Feld B aus betrachtet 45. (Ein mit der Ausbreitungsgeschwindigkeit icku mitbewegter
Beobachter sieht einen stationären Leiter und zeitkonstante Felder.) Beide führen jeweils für
einen Betrachter ruhend zur Leiterschleife (d.h. ruhende Probeladungen) zu uind=d{∫B∙dA}/dt
(entsprechend rotE=−B/t).
Diese gleichartige Betrachtung und die Rückführung auf Kräfte können für die anfangs
genannte Plausibilitätsebene sehr gut eingesetzt werden.
(Der Term −B/t beinhaltet offenbar nicht grundsätzlich eine Nahwirkung.)
Auch wenn diese Ergebnisse mit den Erwartungen übereinstimmen, muss noch eine
Ungenauigkeit unseres Modells korrigiert werden. Die Kraft selbst aus Gleichung ( 3.54 )
entsteht auch bei Gleichstrom, ist relativ groß, wurde aber nie beobachtet (nur rotE bzw. uind
werden bei Gleichstrom Null).
Bei genauer Überlegung fällt auf, dass das Modell in Abb. 3.7, Abb. 3.8 und Abb. 3.9
gegenüber der Realität zu stark vereinfacht wurde. In jedem geschlossenen Stromkreis wird
von der Quelle gleichzeitig in den „Hinleiter“ ein Strom eingespeist, welcher sich mit cku
vorwärts ausbreitet, und aus dem „Rückleiter“ entnommen, was sich rückwärts genauso mit
cku ausbreitet. Somit muss der Teil „Rückleiter“ von einem System K´´{x´´,y´´,z´´,t´´}, das
sich mit −vn=icku in K{x,y,z,t} bewegt, beobachtet werden. In diesem Fall erhalten wir statt
Gleichung ( 3.53 ):
20
dku
p c
dc
Q
ddd
Evi
KEF
und für die Rotation ergibt dies anstatt Gleichung ( 3.56 ):
/dxdc c kuku BiBgradiErot .
Da dieses Mal das an einem festen Ort zunehmende I(t) zu fester Zeit ein in Richtung des
Stromes (und somit entgegen seiner Rückwärtsausbreitung) zunehmendes I(x) ergibt, wird
wegen −( icku ∙grad)B (gleiche Zeit t0) gleich −B/t (gleicher Ort x0) der Rotor identisch mit
( 3.57 ) wiederum:
pQruhenden der Ort Am
Rückleiter
2
0
LLd
c
)(sd)(s
tt
EvBErot .
In Abb. 3.10 sind die Kräfte gegenübergestellt, die durch die Ausbreitung in Stromrichtung
(rote Pfeile) und gegen Stromrichtung (blaue Pfeile) entstehen. Dabei werden die Kräfte desto
44 Bei Weiterführung der Rechnung sowohl für Gleichstrom als auch für cku→ ∞ 45 Betrachtungsstandpunkt, aber mit Transformation des Ergebnisses in das System ruhend zur Leiterschleife.
Relativitätstheorie und Elektrotechnik
Dr. Erich Boeck 29
geringer, je weiter sie von der Ausbreitungsquelle und somit den Leiterteilen mit schon
größerem Strom I(x)=ρ−(x) vd(x)∙A entfernt sind.
Da die Kräfte entgegengesetzte Richtungen haben, ist deutlich zu sehen, dass der Rotor in
beiden Fällen die gleiche Richtung haben muss.
Abb. 3.10: Kräfte in der Leiterschleife infolge beidseitiger Stromausbreitung
Folgende Überlegungen verdeutlichen, dass die Stromausbreitung (die Ausbreitung des
Stromanstiegs) von jeder Seite zur Hälfte erfolgt. Auf der Einspeiseseite des Leiters wird der
Strom erhöht, d.h., es fließen mehr Elektronen in Richtung Quelle hinaus, als sofort hinterher-
rücken können. Damit entsteht eine positive Raumladung der feststehenden Ionen. Auf der
Entnahmeseite des Leiters wird der Strom ebenfalls erhöht, d.h., es fließen mehr Elektronen
in den Leiter hinein, als sofort weiterrücken können. Hier entsteht eine negative Raumladung
durch den Elektronenüberschuss. Nur, wenn beide Prozesse bis zum anderen Ende des Leiters
hindurchlaufen, gibt es nach Beendigung des Stromanstieges einen Ausgleich und der Leiter
hat überall gleich viele Elektronen und Ionen. An einem feststehenden Ort addieren sich die
von beiden Seiten kommenden Anstiege zum richtigen I(t) und die gegenüber einem
einseitigen Modell 46 halben Kräfte (Abb. 3.10) ergeben zusammen die gleiche Differenz. Bei
Gleichstrom ist der Strom über dem Leiter konstant (I(x)=const). Die Kräfte sind dann nicht
vom Abstand abhängig und somit heben sie sich völlig auf 47.
Dieses korrigierte Vorstellungsmodell stimmt jetzt mit allen bekannten experimentell
bestätigten physikalischen Erkenntnissen überein und führt die Induktion vollständig auf
eine Kraftwirkung zurück.
In eine mathematische Herleitung müssen also alle entscheidenden beobachteten
physikalischen Gegebenheiten bewusst eingebracht werden, um eine Übereinstimmung mit
der Realität zu sichern.
Indem wir von Gleichung ( 3.57 ) die Divergenz bilden, was für ein beliebiges B(t) zu Null
führen muss, erhalten wir noch eine weitere Maxwell’sche Gleichung.
0div divt
div0
BBrotE
( 3.60 )
Das zeigt, dass B=(v x E/c02)gesamt keine Quellen und Senken besitzt, von denen es ausgeht
bzw. an denen es endet. Die abkürzende Schreibweise B fasst hier die Wirkungen von vielen
sich bewegenden Ladungen in einer Art Rechengröße zusammen, das soll weiter untersucht
werden.
46 Z.B. wären dafür in Abb. 3.10 nur die „roten“ Kräfte, aber doppelt so groß vorhanden. 47 Da die Ausbreitung von beiden Seiten über den ganzen Leiter erfolgen muss, ist auch die x-Position der
Leiterschleife in unserem Modell belanglos.
Ausbreitung Entnahme schon entnommener Strom
x
y
z
vd –q0
I I +q0
+ + +
+ +
K
uind
K
Ausbreitung Einspeisung schon eingespeister Strom
icku
Relativitätstheorie und Elektrotechnik
Dr. Erich Boeck 30
In diesem Abschnitt wurde das Ruheinduktionsgesetz nur mit Hilfe der Kraftwirkungen
zwischen bewegten Ladungen, der Ausbreitung von Stromänderungen als Nahwirkung und
den Transformationen der speziellen Relativitätstheorie abgeleitet. Ein Magnetfeld war dazu
nicht erforderlich.
Es ergibt sich nun, dass ein zum Leiter ruhender Beobachter bei Gleichstrom tatsächlich
einen ungeladenen Leiter sieht. Der Mechanismus und die Bedingungen dabei konnten
genauer geklärt werden. So breitet sich eine Stromänderung von beiden Seiten einer Quelle
aus. Ein Beobachter sieht, solange zeitliche Änderungen stattfinden, einen stationären Leiter,
wenn er sich mit der Ausbreitungsgeschwindigkeit neben dem Leiter mitbewegt. Über die
Kräfte (als plausibler Antrieb für eine induzierte Spannung) ist darüber hinaus genau sichtbar,
welcher Teil der Leiterschleife welchen Beitrag zur Induktionsspannung leistet. Der
Unterschied zur Bewegungsinduktion, die die Nahwirkung nicht explizit erfordert, wurde
deutlich. Der Zusammenhang mit einer Nahwirkung oder ein plausibler Antrieb ist dagegen in
der einfacher anwendbaren Maxwell’schen Gleichung rotE=−B/t (bzw. in der für w
Leiterschleifen geltenden Gleichung uind= w d/dt) nicht eindeutig erkennbar.
3.7 Verschiebungsfluss, -dichte und Kontinuitätsgleichung
Zur Vervollständigung der Vorstellungen über den Verschiebungsfluss sind noch einige
Überlegungen anzufügen. Nach dem Gauß’schen Satz wird Gleichung ( 2.4 ) zu
Volumen
ges
VolumenHüllfläche
dV ρQΨdV divd DAD
und, da dies allgemein gelten muss, folgt somit aus dieser Darstellung des Verschiebungs-
flusses direkt die bekannte Maxwell’sche Gleichung.
ρ div D
( 3.61 )
Diese besagt (in mathematischer Formulierung), dass ein Verschiebungsfluss von Ladungen
ausgeht oder an ihnen endet. Des Weiteren folgt aus Gleichung ( 3.24 ) 48
2
0
p0
0 cc
c
Evv
EF
( 3.62 )
eine Gleichung, in der beide Klammerausdrücke die gleiche Maßeinheit besitzen. Nach
Multiplikation dieser mit c02 wird daraus
DvvDF p00
2
0 ccεc
( 3.63 )
und auch hierbei besitzen beide Klammerausdrücke die gleiche Maßeinheit. Durch Vergleich
von ( 3.62 ) und ( 3.63 ) findet man die Beziehung
DvDvEv
02
00
2
0
μcε
1
c
49.
( 3.64 )
48 Wenn keine Punktladung (vxE/c0
2)ges (vergleiche ( 3.55 )) und (vxE/c2)ges in Medien (vergleiche Absatz 3.8) 49 Es wurden die bekannten Beziehungen c0
–2=00 (in Medien c–2= bei (vxE/c2)ges) benutzt.
Relativitätstheorie und Elektrotechnik
Dr. Erich Boeck 31
Damit ist mit Dv der Bewegungsanteil 50 als Gegenstück zur Verschiebungsflussdichte D
gefunden 51 (vergleiche auch Transformation nach ( 3.23 )).
Für diesen Ausdruck soll die Rotation durch Entwickeln berechnet werden.
vDDvDgradvvgradDDvrot div div
Dabei ist die Rotation zur gleichen Zeit am gewünschten Punkt P(r) und der Verschiebung
um dr zu bestimmen. An diesem Ort ist die Bewegung der erzeugenden Ladung v kein Feld
und so als Konstante aufzufassen. Analog zu Abb. 3.5 wird −(v∙grad)D = D/t und mit
( 3.61 ) sowie S = v ρ 52 folgt somit
gest
SD
SDvrot
,
( 3.65 )
wiederum eine bekannte Maxwell’sche Gleichung. Wird von ( 3.65 ) die Divergenz gebildet,
erhält man wegen div(rot{ })=0 und nach Einsetzen von ( 3.61 )
0t
ρdivoder 0
tdiv
S
DS .
( 3.66 )
Dieses entspricht der bekannten Kontinuitätsgleichung. Danach müssen die Bilanz aus Zu-
und Abfluss von Ladungen sowie der Speicherung und Entnahme von Ladungen pro Zeit in
einem Volumen in der Summe Null sein, was auch völlig plausibel ist.
Während das el. Feld E und (2
0c/Ev )gesamt über ihre Kraftwirkungen gemessen werden
können, ist eine direkte Messung von ( Dv )gesamt als Gegenstück für die Verschiebungsfluss-
dichte nicht bekannt. Die Integralform von ( 3.65 ) – das Durchflutungsgesetz –, aber auch ein
Teilintegral davon können mit der Rogowskispule nachgewiesen werden (Lun91 S. 217 und
230 ff).
Fläche umrundete
umfasst
Fläche umrundete
gesges
Ring
Idd)(d)( ASADvrotsDv
Da der Messeffekt letzten Endes bei der praktischen Realisierung auf das Induktionsgesetz
(also eine Kraftwirkung) zurückgeht, ist die Methode umstritten. Dieses gilt ähnlich auch für
die Verschiebungsflussdichte D, denn die Messung durch die Influenz geht letztendlich auch
auf die Kraft auf Ladungen zurück. In (Bec73 S. 115/6) wird auf diese Schwierigkeit weiter
eingegangen und darauf verwiesen, dass D und hier genauso H=(vxD)ges offenbar eine Art
Rechengrößen darstellen. Dagegen versuchen andere Autoren sogar, diese Begriffe zu
umgehen, was dann aber nicht durchgehalten werden kann. Das Problem geht auf die
vernünftige Auffassung zurück, in einer Theorie keine nicht notwendigen Größen
einzuführen.
Bei uns wurde in Kapitel 2 und speziell 2.2 die Verschiebungsflussdichte D infolge von AF1
als Nahwirkung eingeführt, welche die Weitergabe der Verbindung zu ihren Gegenladungen
durch den Raum unabhängig von dessen Material beschreibt. Genauso gibt ( Dv )gesamt nach
AF2 als Nahwirkung zusätzlich den Bewegungszustand zu ihren Gegenladungen durch den
Raum unabhängig von dessen Material weiter 53. Da in der Praxis wie auch nach ( 3.66 ) eine
Ladungstrennung nur zeitweilig möglich ist und immer wieder ein Ausgleich erfolgt, ist es
50 Hier kann analog die abkürzende Schreibweise (vxD)ges=H=DM genutzt werden, siehe Kapitel 3.9 und 3.10. 51 Mit dem Zusammenhang zwischen den Größen 1/0c0
2=0 (bzw. 1/c2= in Materie). 52 divD wird am Punkt r gebildet und ρ(r) mit v(r) ergibt dort S(r). 53 In Folge werden Ladungen nur in einem geschlossenen Stromkreis (inklusive Verschiebungsstrom) bewegt,
deutlich sichtbar an ( 3.67 ).
Relativitätstheorie und Elektrotechnik
Dr. Erich Boeck 32
sinnvoll, die Verbindung der Ladung mit ihrer Gegenladung auch unabhängig von den
Kraftwirkungen zu beschreiben. Im Gesamtzusammenhang wird das auch an den
Gleichungen ( 3.61 ) und ( 3.65 ) deutlich. Solange der Mechanismus der Nahwirkung nicht
genauer bekannt ist, kann diese Beschreibung natürlich nur die Ergebnisse dieser
Wirkungen wiedergeben. Zumindest als Rechengröße, die die Ergebnisse der genannten
Nahwirkung günstig beschreibt, haben beide Begriffe ähnliche Berechtigung wie z.B. der el.
Strom, welcher praktisch auch nur über andere Größen (Spannungsabfall, magnetische
Kräfte…) gemessen wird.
3.8 Einfluss eines Mediums auf die Felder
Nachzutragen ist der Einfluss, den ein Medium im Unterschied zum Vakuum auf die Größen
(vxD)ges und (vxE/c02)ges verursacht. Experimentell gesichert sind die Beziehungen D = E und
B = H (oder auch E = S), deren Verhalten gegenüber Lorentztransformationen in (Reb99
S. 546ff, 614ff,709ff) gezeigt wurde, sowie Beziehungen an Materialgrenzen 54 (Abb. 3.11).
Abb. 3.11: Senkrecht und parallel zur Materialgrenze
Dieses Verhalten zeigt, dass ein Verschiebungsfluss D sowie der magnetische Fluss B, der
senkrecht () durch eine Materialgrenze geht, stetig sein müssen (was hineinfließt, muss
herausfließen; vergleiche ( 3.60 ) und ( 3.61 )). Dagegen verändern sich in diesem Fall E und
H entgegengesetzt wie die Materialkonstanten bzw. . Genau in umgekehrter Weise verhält
es sich parallel (II) zu einer Materialgrenze 55.
senkrecht: D1 = D2 B1 = B2 E1/E2 = 2/1 H1/H2 = 2/1
parallel: E1II = E2II H1II = H2II D1II /D2II = 1/2 B1II /B2II = 1/2
Gleiche Ergebnisse sollen sich für (vxD)ges und (vxE/c02)ges ergeben.
Aus D1 = D2 wird nach Multiplikation und Zusammenfassen für alle Ladungen
(vxD1)ges = (vxD2)ges,
was genau mit H1II = H2II übereinstimmt (wenn in Abb. 3.11 die Bewegung der Ladungen v 56
nach vorn zeigt).
54 Es sollen hier Überlegungen zu homogenen isotropen Medien ausreichen. 55 An der Grenzfläche sollen keine Ladungen, Urspannungen bzw. Ströme existieren. 56 Die Geschwindigkeit der Ladungen v hängt nicht vom Material ab.
E
D
divD=0 rotE=0
H
B
divB=0 rotH=0
Relativitätstheorie und Elektrotechnik
Dr. Erich Boeck 33
Aus B1 = B2 wird mit B = H, H = (vxD)ges sowie D = E
1H1 = 2H2
1 (vxD1II)ges = 2 (vxD2II)ges
11 (vxE1II)ges = 22 (vxE2II)ges .
Daraus folgt c02 (vxE/c0
2)ges = (c0/c)2 (vxE/c02)ges = (vxE/c2)ges und dies stimmt mit B
überein. (Vergleiche Beispielrechnungen in Anlage 7.2.)
Demzufolge wird das Kraftgesetz ( 3.21 ) in Medien zu:
, QQ c
QQ ppp2
dppp BvE
EvvEK
ges und es folgt der Zusammenhang:
(vxE/c2)ges = () (vxE)ges = (vxD)ges.
Detailliertere Untersuchungen für Felder in Materialien erfolgen z.B.in (Reb99 S. 546ff,
614ff,709ff).
3.9 Das Faraday’sche Magnetfeld
Wie kann auf der Basis der vorangegangenen Überlegungen ein Magnetfeld konzipiert
werden? Dazu sind folgende Anforderungen zu berücksichtigen:
1. Ein skalarer Fluss (mit bezeichnet) soll ein Analogon zum el. Strom darstellen und
muss in unserem vorangegangenen Kalkül neu geschaffen werden.
2. Eine vektorielle Flussdichte (als Flussanteil pro senkrechtem Flächenelement in
Richtung des Flusses − mit B bezeichnet) soll als Analogon zur Stromdichte fungieren
und muss identifiziert werden.
3. Damit der Fluss eine skalare Größe wird, muss = ∫ B∙dA sein.
4. Ein Fluss muss beim (senkrechten) Durchgang durch verschiedene Medien (wie der
Strom) stetig sein.
5. Es muss in Flussrichtung ein skalarer magnetischer Spannungsabfall (mit Vm
bezeichnet) definiert werden können.
Für die Flussdichte kommt (vxE/c2)gesamt als auch (vxD)gesamt infrage. Beide Ausdrücke haben
die gleiche Richtung, der erste würde zur Maßeinheit Vs/m2 und der zweite zu A/m führen 57.
Ausschlaggebend ist, dass B = (vxE/c2)gesamt stetig durch Materialgrenzen geht. Parallel zur
Grenze darf es unstetig sein.
Dagegen ist H = (vxD)gesamt senkrecht zu einer Materialgrenze unstetig, aber parallel dazu
stetig (siehe Abb. 3.11). Damit definieren wir weiterhin:
AEv
d c
)( Φ
Fläche gesamt
2
.
Und aus
2
1
gesamtm d)(V sDv
57 Im Gauß’schen Maßsystem hätten beide die gleiche Maßeinheit und im Vakuum sogar die gleiche Größe.
Relativitätstheorie und Elektrotechnik
Dr. Erich Boeck 34
kann mit einem Integrationsweg in Flussrichtung ein magnetischer Spannungsabfall definiert
werden.
Wir erhalten formal ein Magnetfeld, dem wir eine Vorstellung analog dem el. Strom zuordnen
können. Die Maxwell’schen Gleichungen ( 3.57 ), ( 3.61 ), ( 3.65 ) und ( 3.60 ) behalten
selbstverständlich die bekannte Form. und Vm sind keinen wirklichen Erscheinungen
zuzuordnen, sondern bleiben eine komplexe Wirkung, sie können aber analog zu Strom und
Spannung verwendet werden. Außer über Kräfte (Lorentzkraft, induzierte Spannungen, …)
existiert auch kein wirklicher messtechnischer Zugang.
Obwohl die Analogie zum el. Strom es in gewissem Maße suggeriert, ist die Richtung des
magn. Flusses nicht identisch mit der Ausbreitungsrichtung der Nahwirkung, wie es bei Strom
und Verschiebungsfluss der Fall ist. Als Ungereimtheit erscheint darüber hinaus, dass eine
Kraftwirkung einerseits auf das el. Feld, aber andererseits auf die Flussdichte führt. Genauso
wie das Gesamtfeld F wird auch der Feldtensor Fαβ vom el. Feld, jedoch von der magn.
Flussdichte gebildet.
Dieses Magnetfeld, das Faraday experimentell und mit seiner Vorstellungskraft auf ganz
anderem Wege gefunden hat, ist aber in wichtigen Bereichen sehr gut anwendbar und somit
heute unverzichtbar. Es existieren erprobte und bewährte Berechnungsmethoden sowie ganze
Kataloge von berechneten Anordnungen.
3.10 Vorschlag für ein neues Magnetfeld
Kann ein Magnetfeld definiert werden, das wie der el. Strom (mit seiner Ausbreitungsrichtung
bei Änderungen) oder wie der Verschiebungsfluss in die Richtung der Nahwirkung fließt?
Dazu sind folgende Gesichtspunkte einzubeziehen:
1. Es sollte die bewegte Ladung auch direkt als Ursache erscheinen.
2. Die Richtung des Flusses geht in die Ausbreitungsrichtung der Nahwirkung.
3. Eine Flussdichte und ein Spannungsabfall/Potential sind zu definieren.
Die Lösung liegt in der Überlegung, dass z.B. die Verschiebungsflussdichte – mit ihrer
Ursache einer skalaren Größe – in die Ausbreitungsrichtung der Nahwirkung fließt und so die
Größe der Ladungsmenge weiterreicht. Ein neuer magnetischer Fluss muss nun seine Ursache
(die bewegte Ladung, d.h. für eine Punktladung vQ – im Folgenden mit QM bezeichnet 58)
weiterleiten. Damit fließt ein Vektor (Betrag und Wirkungsrichtung) in Ausbreitungsrichtung.
An die Stelle der skalaren Größe tritt hier ein Vektor. Durch eine geschlossene Oberfläche um
eine bewegte Ladung 59 fließt somit insgesamt 60:
inhalt-Volumen
inhalt-Volumen
fläche-Ober
MgesM dV)t
(dV)()(dD
SDvrotDvAΨQ gesges .
( 3.67 )
Gibt es keine Änderung der Ladungen pro Zeit, wird ( 3.67 ) auf der rechten Seite zu
Q dV ρ vv .
58 Zur Unterscheidung verwenden wir die Buchstaben des elektrostatischen Feldes mit dem Index „M“. 59 Bei mehreren Ladungen ist nach dem Überlagerungsprinzip (vxD)gesamt anstelle (vxD) zu setzen. Befindet sich
innerhalb der Oberfläche der geschlossene Stromkreis, wird QM = 0 (vergleiche auch Anlagen 7.3 und 7.4). 60 Nach dem Gauß’schen Satz und mit ( 3.65 ). Aus ( 3.67 ) folgt auch das Durchflutungsgesetz.
Relativitätstheorie und Elektrotechnik
Dr. Erich Boeck 35
Somit haben wir den Weg gefunden, da eine Flussdichte DM = v x D in Ausbreitungsrichtung
der Nahwirkung stetig durch Materialgrenzen geht (vergleiche H in der rechten Darstellung
von Abb. 3.11). Eine solche Vorstellung von ΨM ist genau analog zu ( 2.4 ) − dem
Verschiebungsfluss Ψ. Die Definition ergibt sich somit zu:
A
MMNah
Nah
MM d und
d
d)( DAΨe
A
ΨDvD ges 59.
( 3.68 )
Dabei zeigen die Richtungen von dANah und von eNah in die Ausbreitungsrichtung der
Nahwirkung 61 (entspricht der Richtung von D, da die gleiche Nahwirkung) und sie sind
senkrecht zu DM und ΨM (ΨM hat die Richtung von v). Die Maxwell’sche Gleichung ( 3.65 )
wird nach Vergleich mit ( 3.67 ) und ( 3.68 ) zu
gesMt
SD
SDrot
.
Völlig konsistent zu ( 2.2 ) ergibt sich aus ( 3.67 ) auch die Beschreibung einer räumlichen
Verteilung der bewegten Ladungen
t
ρ tdV
d Mges
Dv
DS
QS .
( 3.69 )
Für den Spezialfall eines linienhaften Leiters, in dem normalerweise keine Ladungen
gespeichert werden, folgt dann
dt
dQd I
heLeiterfläc
AS
und somit
ML
heLeiterfläc
LL ΔΔQd ρΔIΔ QvAvss .
( 3.70 )
Dabei wird davon ausgegangen, dass v und somit ΔQM über die Leiterlänge ΔsL (und über
den Leiterquerschnitt) eine konstante Richtung haben. Hier wird ein erster Unterschied bei
der Handhabung von QM gegenüber Q sichtbar: Durch den Vektorcharakter können nicht
beliebig große Gebiete zusammengefasst werden. (Man denke an einen gebogenen Leiter.)
Damit werden bewegte Ladungen QM bzw. ΔQM = I ΔsL (also der Strom) zum Antrieb des
Magnetfeldes. Es hat also wie das elektrische Feld mit Q ebenfalls eine natürliche Quelle 62.
Aus der Lorentzkraft, d.h. dem Bewegungsanteil von unserer Gesamtkraft F, definieren wir
nun das magnetische Feld EM völlig analog zu ( 2.5 ).
MMp2ppBewc
Q EQEv
uK
ges
( 3.71 )
Die Definition EM = (vxE/c2)ges mit EM = DM wird hier gewählt, damit die Bedingungen an
Materialgrenzen und das Kraftgesetz konsistent bleiben.
Das Feld ist wiederum aus der Kraft abgeleitet und somit auch messbar. Mit ( 3.35 ) und dem
Vektorpotential A aus ( 3.42 ) ergibt sich analog zum elektrostatischen Feld (dort E=−gradφ)
hier das magn. Feld zu
61 Die linke Formel von ( 3.68 ) ist nur für dANah und in kartesischen Koordinaten so einfach angebbar. 62 Der Anteil D/t folgt eigentlich aus der vierdimensionalen Ableitung (inhomogene DGL; siehe Seite 47) und
erlangt außerdem nur bei elektromagnetischen Wellen praktische Bedeutung (Bec73 S. 141).
Relativitätstheorie und Elektrotechnik
Dr. Erich Boeck 36
rotAE M .
( 3.72 )
Somit übernimmt das Vektorpotential A direkt die Potentialfunktion in diesem Magnetfeld
und man könnte mit ΔA eine Spannungsfunktion festlegen.
z)y,(x,P
z)y,(x,P
M
z)y,P(x,
Bezug
M
2
1
dΔ d EsAEsA 63
( 3.73 )
Dabei zeigt ds (wie dANah) in die Richtung der Nahwirkung. EM hat die gleiche Richtung wie
DM, so dass A und ΨM ihrerseits die gleiche vektorielle Richtung besitzen ( auf ds und auf
EM) und beide in die Ausbreitungsrichtung der Nahwirkung fließen (bzw. abfallen).
Unsere eingangs formulierten Forderungen werden damit vom so gestalteten Magnetfeld
erfüllt und AF2 und AF4 sind konkret gefasst.
Wird ( 3.72 ) in das Induktionsgesetz ( 3.57 ) 64 eingesetzt und beachtet, dass rot(grad{ }) = 0
auf beiden Seiten (vergleiche ( 3.31 )) bei der Lösung dieser Differenzialgleichung
hinzugefügt werden muss, ergibt sich eine weitere bekannte Form des Gesetzes.
rot{E+gradφ} = − rot{A/t +gradφ}
E= −2gradφ −A/t = −gradφ −AB/t 65 ( 3.74 )
Wird in die Lorenzkonvention ( 3.41 ) die Substitution (AB, B reiner Bewegungsanteil siehe (
3.43 ) vergleiche (Reb99 S. 667))
A = AB + und = B /t
eingesetzt, werden
div A = 00 /t und EM = rot A
zu
div AB + div = 00 B /t + 00 2/t2 und EM = rot AB + rot .
Mit div = ·() = und rot = rot grad = 0 sowie der Eichtransformation
c02 2/t2 = 0 (siehe (Reb99 S. 667))
werden daraus
div AB = 00 B/t und B = rot AB .
Für A = p/Qp und somit A/t = gradφ + AB/t 65 muss aber mit der obigen Substitution
()/t = grad werden, was tatsächlich eine Lösung von c2 2/t2 = 0 66 ist. Damit
folgt dann /t = (d.h. genauso B = 0) und aus den beiden Substitutionsgleichungen
werden A/t = gradφ + AB/t sowie = . Ein Freiheitsgrad zu zusätzlichen
Eichtransformationen ist mit der Definition A = p/Qp also nicht mehr offen. Die
Lorenztransformation von A und erfolgt nach ( 3.44 ). EM = rotA, sowie divA 66 und alle
Maxwell’schen Gleichungen bleiben unverändert.
63 Für den Rotor ergibt sich eine Abhängigkeit vom Koordinatensystem, diese einfache Umkehrung gilt nur bei
kartesischen Koordinaten (siehe auch Anlage 7.4) 64 ( 3.57 ) war am Ort der ruhenden Qp abgeleitet worden. 65 Es war A/t=F=−gradφ+AB/t ; vergleiche ( 3.24 ), ( 3.28 ), ( 3.42 ) und ( 3.43 ). Es liegt kein reines
Potentialfeld mehr vor, mit dem Anteil von AB/t sind vielmehr „Urspannungen“ verbunden. Bei Ruhe (Qp
ruht) wird dagegen A/t=F=E=−gradφ. 66 Dabei ist wie bei ( 3.36 ) für divE dt 0 zu setzen, da hier eine gleichartige Ableitung vorliegt.
Relativitätstheorie und Elektrotechnik
Dr. Erich Boeck 37
Bildet man von ( 3.72 ) die Divergenz, ergibt sich noch die fehlende Maxwell’sche Gleichung
0div M E
entsprechend zu ( 3.60 ).
Für genügend kleine Gebiete (ds und dANah), in denen ΔA und ΔΨM noch konstante
Richtungen haben, kann ein skalarer magn. Widerstand definiert werden.
M
M
MNah
MMMd
d
dA
dsμ Rmit R
DA
Es
Ψ
AΨA 67
( 3.75 )
Der gesamte magn. Widerstand muss durch Reihen- und Parallelschaltung bei Beachtung der
Richtungen von ΔA und ΨM gebildet werden. Für dieses Magnetfeld soll (anstelle des
Koppelflusses Φkop beim Faraday’schen Magnetfeld) eine Koppelspannung ΔAKop eingeführt
werden. Dazu wird die sich senkrecht zum Leiter ausbreitende (abfallende) magnetische
Spannung nach ( 3.73 ) entlang des gesamten Leiters addiert (Windungszahl mal Länge einer
Windung = w lLW = Leiterlänge).
)( I LdΔ wdΔΔA Kop
schleife-Leiter
L
Leitersdes Länge
LKop sAsA
( 3.76 )
Hierbei ergibt sich das Ringintegral über eine Leiterschleife bei richtiger Reihen- und
Parallelschaltung gerade so, dass ΨMges=w lLW I multipliziert mit RM zu der bekannten
Induktivität L führt (siehe auch Anlage 7.3). Aufgrund von ( 3.58 ) und ( 3.72 ) wird
I Ldt
d dΔw
dt
ddwu
schleife-Leiter
L
schleife-Leiter
Lind
sAsE
( 3.77 )
und wir erhalten die bekannte Strom–Spannungs–Beziehung für eine Induktivität.
In den Anlagen 7.3 und 7.4 werden mit diesem Magnetfeld zwei Anordnungen berechnet.
Dabei ist das vollkommen andere Herangehen an die Berechnung im Vergleich mit dem
Faraday’schen Magnetfeld zu erkennen. Die Berechnungen erbringen natürlich die gleichen
Ergebnisse, wenn gleichartige Näherungen durchgeführt werden.
Wie in Kapitel 2.1 für das elektrische Feld gehen von dem Ausgangspunkt bewegte Ladung
QM wiederum zwei Wirkungsfaktoren aus, die durch das vorgeschlagene Magnetfeld
beschrieben werden:
– Die Weitergabe der Ursache mit einer Nahwirkung und
– eine Kraftwirkung auf andere bewegte Ladungen.
Damit haben wir eine analoge physikalische Vorstellung entwickelt und vergleichbare
Anschaulichkeit erreicht. Der Preis dafür, dass die Ausbreitungsrichtung der Nahwirkung
zusätzlich einbezogen wurde, ist ein durch die gerichteten Größen und die Vektorprodukte
höherer Schwierigkeitsgrad bei der mathematischen Handhabung.
67 ds und dANah liegen anders als beim Faraday’schen Magnetfeld.
Relativitätstheorie und Elektrotechnik
Dr. Erich Boeck 38
3.11 Übergang zur relativistischen Elektrodynamik
Mit dem vorgeschlagenen Magnetfeld ist ein adäquater Übergang zum Tensorkalkül und der
vierdimensionalen Raumzeit möglich, bei dem die physikalischen Vorstellungen nicht einem
Formalismus weichen müssen. Der Tensorkalkül wird somit einfach eine effektive
Schreibweise für unsere physikalischen Zusammenhänge.
Bei der Darstellung der vierdimensionalen Raumzeit schließen wir uns der neueren Literatur
(z.B. (Reb99 S. 798ff)) an. Deshalb schreiben wir als Komponente mit dem Index „0“ eine
reelle Zeitkoordinate c0t und mit den Indices „1“ bis „3“ die drei kartesischen
Raumkoordinaten x, y, z als kontravarianten Vektor (obere Indices)
{xα}={x0, x1, x2, x3}={c0t, x, y, z}
und als kovarianten Vektor (untere Indices)
{xα}={x0, x1, x2, x3}={c0t, −x, −y, −z} .
Außerdem verwenden wir das metrische Maßsystem 68. Da keine Rechnungen ausgeführt
werden sollen, können weitere Zusammenhänge und Rechenregeln z.B. in (Reb99 S. 798ff)
verfolgt werden. Hier wird nur die koordinatenabhängige Schreibweise benutzt und es sollen
griechische Indices für die vierdimensionalen Tensorkomponenten verwendet werden.
Der Vierervektor der Geschwindigkeit ergibt sich mit c0 als Nullkomponente und den
Komponenten des Geschwindigkeitsvektors u zu:
uα = (u0, u1, u2, u3) = (c0, ux, uy, uz) γ kontravarianter Vektor und
uα = (u0, u1, u2, u3) = (c0, −ux, −uy, −uz) γ kovarianter Vektor. ( 3.78 )
Dabei ist γ der Faktor 20
2 c/u1/1 , wird mit dem Betrag der aktuellen Geschwindigkeit u
gebildet und bewirkt in diesem Fall die Invarianz des Vierervektors gegenüber
Lorentztransformationen. Durch Multiplikation mit der Ladung Q erhalten wir einen
Vierervektor der bewegten Ladung
Qα = (Q0, Q1, Q2, Q3) = uα Q = (c0, ux, uy, uz) γ Q . ( 3.79 )
Dieser besitzt als Nullkomponente ein Äquivalent zur ruhenden Ladung und ansonsten die mit
u bewegte Ladung. Diese können wir z.B. als Probeladung für eine bewegte Ladung
einschließlich ihres Ruheanteils einsetzen. Ähnlich erhält man einen Vierervektor der
Stromdichte mit
Sα = (S0, S1, S2, S3) = (c0 ρ, S1, S2, S3) mit ρ = dQ/dV = γ dQ/dV0 = γ ρ0 69
Sα = uα ρ0 = (c0, ux, uy, uz) γ ρ0 , ( 3.80 )
welcher einerseits ein Äquivalent zur Raumladung ρ (Nullkomponente) ist, andererseits mit
der Stromdichte S = u ρ verbunden ist und so die räumliche Verteilung unserer bewegten
Ladungen beschreibt.
68 Leider gibt es in der Literatur eine Fülle von Varianten, sodass diese Festlegungen vorangestellt werden
müssen. Hier werden die Möglichkeiten kontra- und kovarianter Vektoren/Tensoren genutzt, wodurch imaginäre
Komponenten nicht benötigt werden. 69 Siehe ( 3.10 ) ρ muss wegen dV transformiert werden, 0 (im Ruhesystem von dQ) kann als Invariante genutzt
werden ( vergleiche auch (Nol12 S. 66)).
Relativitätstheorie und Elektrotechnik
Dr. Erich Boeck 39
Ein Vierervektor des Verschiebungsflusses, der die Nahwirkungen weitergibt und die
axiomatischen Forderungen AF1 und AF2 (Abschnitt 2) erfüllt – die der ruhenden und der
bewegten Ladung – kann mit
Ψαges = Qα
( 3.81 )
definiert werden. Somit erhalten wir für eine gesamte Flussdichte, die beide Anteile beinhaltet
und die Ausbreitung als Nahwirkung im Raum beschreibt, den mit Hαβ bezeichneten
schiefsymmetrischen Vierertensor aus beiden Flussdichten.
0DDDc
D0DDc
DD0Dc
DcDcDc0
H
MxMyz0
MxMzy0
MyMzx0
z0y0x0
( 3.82 )
Hαβ ist mit Fαβ ( 3.83 ) bezüglich c0D mit dem Materialfaktor 1/c02 = c2/c0
2 verbunden,
dagegen für DM nur mit . Im Vakuum ergibt sich derselbe Faktor. Eine Lösung durch
Ersetzen von c0D durch cD und E/c0 durch E/c führt allerdings offensichtlich nicht zu
invarianten Tensoren 70. Eine formale Lösung erfolgt in Anlage 7.5. (Vergleiche auch mit der
Darstellung in ( 3.63 ), ( 3.64 ) und Absatz 3.8.
Noch deutlicher wird der Vorteil bei der Definition des Gesamtfeldes aus Gesamtkraft und
Probeladung, die vollkommen analog zu unserem allgemeinen elektrischen Feld in ( 3.24 )
erfolgt und die axiomatischen Forderungen AF3 und AF4 (Abschnitt 2) erfüllt. Vergleiche
auch mit der Darstellung in ( 3.62 ). Es ergibt sich die kurze elegante Schreibweise mit einem
schiefsymmetrischen Vierertensor Fαβ für das Gesamtfeld (vp ist nur noch in Q bzw. u):
Kβ = Qα Fαβ = QProbe uα F
αβ 71
mit einer Darstellung der Komponenten von Fαβ in Matrixform folgt
0EEc/E
E0Ec/E
EE0c/E
c/Ec/Ec/E0
F
MxMy0z
MxMz0y
MyMz0x
0z0y0x
( 3.83 )
und
Kβ = (K0, K1, K2, K3) = (P/c0, Kx, Ky, Kz) γ . ( 3.84 )
Dabei ist P = u · K die Leistung der bewegten Probeladung und führt zur Nullkomponente des
Vierervektors der Kraft (siehe auch ( 3.5 )). Für eine Probeladung mit der Geschwindigkeit
Null wird Qα = (c0, 0, 0, 0) QProbe 72 und die Multiplikation mit dem Feldtensor Fαβ ergibt:
70 Das Produkt FαβFαβ=2(E2/c2-EM
2) erhält dann c2 statt c02.
71 Hierbei wurde die Einstein’sche Summenkonvention benutzt, sodass über den Ausdruck, wenn gleiche untere
und obere Indices vorkommen, die Summe über diesen Index von 0 bis 3 zu bilden ist, ohne dass ein
Summenzeichen explizit geschrieben wird. 72 γ wird für u=0 zu 1.
Relativitätstheorie und Elektrotechnik
Dr. Erich Boeck 40
KβRuhe = (0, Kx, Ky, Kz) = QProbe (0, Ex, Ey, Ez)
mit
EβRuhe = (0, Ex, Ey, Ez)/γv = (E0, E1, E2, E3) und γv= 2
0
2 c/v1/1 73.
( 3.85 )
(Es ist durch Ausmultiplizieren entsprechend Zeilenvektor Qα mal Matrix Fαβ ersichtlich.)
Dieses EβRuhe entspricht genau unserem durch eine ruhende Probeladung gemessenen
elektrischen Feld ( 2.5 ). Dabei ist EβRuhe ein Vierervektor (Tensor 1. Stufe invariant
gegenüber Lorentztransformationen). Er ist aber nach einer Transformation im neuen
Koordinatensystem nicht mehr durch eine in diesem ruhende Probeladung gemessen und
somit dort unbrauchbar. Mit ( 3.85 ), den Beziehungen in ( 3.68 ), ( 3.71 ) und der
Geschwindigkeit der das Feld erzeugenden Ladung v kann der Feldtensor Fαβ ähnlich wie in (
3.24 ) ausgedrückt werden.
Fαβ = (vα EβRuhe − Eα
Ruhe vβ)/c0
2 mit vα = (c0, vx, vy, vz) γv
und
Kβ = Qα (vα Eβ
Ruhe − EαRuhe v
β)/c02
( 3.86 )
Die Beziehung ( 3.86 ) steht für das Kreuzprodukt in ( 3.24 ), während die Nullkomponenten
einem Punktprodukt entsprechen. Ein Übergang zur Matrixschreibweise des Tensors würde
wieder ( 3.84 ) ergeben. Durch die Tensorschreibweise wird hier mit ( 3.86 ) aber eine
explizite Schreibweise erreicht.
Nicht als Letztes lassen sich die beiden Potentialfunktionen φ und A zu einem
Gesamtpotential zusammenfassen.
Φα = (Φ0, Φ1, Φ2, Φ3) = (2φ/c0, Ax, Ay, Az) 74
( 3.87 )
Es wird: Fαβ = (∂Φ ∂Φ) bei ∂α =(∂/∂c0t, ∂/∂x, ∂/∂y, ∂/∂z) bzw. ∂α =(∂/∂c0t, ∂/∂x, ∂/∂y, ∂/∂z),
d.h. −2gradφ −A/t und rotA .
Diese Schreibweise entspricht damit der Zusammenfassung von Energie und Impuls einer
Probeladung dividiert durch die Größe der Probeladung und somit genau der Vorstellung
analog ( 3.27 ) und ( 3.42 ) bei Beachtung ihrer Verbindung entsprechend ( 3.74 ).
Auch auf der Ebene der Tensorschreibweise in der vierdimensionalen Raumzeit finden wir
die gleiche Vorstellung von der Ausgangsgröße Ladung mit zwei Wirkungsfaktoren und
deren Ausbreitung als Nahwirkungen entsprechend den axiomatischen Forderungen aus
Abschnitt 2 realisiert:
– Vermittlung ihrer Größe und ihres Bewegungszustandes (Forderung AF1, AF2),
– Kraftwirkung auf andere Ladungen (Forderung 3, 4).
Genauso konnte aus Energie und Impuls der Probeladung ein Potential festgelegt werden. Es
bleibt die gleiche Problematik beim Messen der Größen und auch hier sind nur die Ergebnisse
der Nahwirkung in der Beschreibung enthalten.
73 „v“ ist die Geschwindigkeit der das Feld E erzeugenden Ladung im aktuellen Koordinatensystem. 74 In der Literatur gibt es unterschiedliche Definitionen ( (Nol12 S. 66), (Reb99 S. 859ff)). Diese ist mit ( 3.83 )
sowie den Definitionen auf Seite 47 konsistent.
Relativitätstheorie und Elektrotechnik
Dr. Erich Boeck 41
3.12 Darstellung als Modell mit verteilten Elementen
Interessante Gesichtspunkte ergeben sich noch einmal bei einer Darstellung als Modell mit
verteilten Elementen (Boe78). Dabei werden die Wirkungsfunktionen in einem
Volumenelement dV (bzw. ΔV für Verfahren mit der „Finite-Elemente-Methode“) in der
Form einer „elektrischen“ Ersatzschaltung mit verteilten Parametern ausgedrückt, wie sie von
den Telegrafengleichungen bekannt sind. Abb. 3.12 zeigt schematisch die Komponenten der
Stromdichte, die durch das Volumenelement strömt 75. Alle Maxwell’schen Gleichungen
sollen durch diese Funktionsdarstellung erfüllt werden. Für eine bessere Übersichtlichkeit der
Abbildung werden die Komponenten zu einem Vektor zusammengefasst. Es werden drei
Anteile benötigt:
– für die Verschiebungsflussdichte D,
– die Leitungsstromdichte SL und
– die magnetische (Verschiebungs-)Flussdichte DM .
Abb. 3.12: Räumliches Modell mit verteilten Elementen (nur für Stromdichte)
Die Verkopplung kann mit Spannungs- und Stromquellen realisiert werden. Abb. 3.13 zeigt
das vollständige Modell. Die Maxwell’schen Gleichungen ergeben sich dafür aus den
Knotenpunkt- und den Maschengleichungen. Die Richtungen im Zweig für DM sind so
dargestellt, dass dieser Zweig als vor den anderen aus der Ebene herausführend (x-Richtung)
gesehen werden muss, wenn SL genau nach rechts (y-Richtung) läuft.
75 R"=1/κ und CR"=dCR/dV=ρ/U sind speziell auf das Volumenelement bezogene Parameter.
Sz+dSz
Sy
Sx
Sz
Sx+dSx
Sy+dSy
x
y
z
dy
dz Rx"dx
Rz"dz
Ry"dy
CR"ds
dx
Relativitätstheorie und Elektrotechnik
Dr. Erich Boeck 42
Abb. 3.13: Modell mit verteilten Elementen für D, SL und DM
Man erhält aus
dem oberen Knoten : dD = divD → divD = ρ ,
der oberen Masche : E = gradU – ΔAB/t → rotE = – EM/t ,
dem mittleren Knoten : dSL=dSR=divSLds =–(ρ/t)ds , → divSL= /t
der mittleren Masche : E = gradU – ΔAB/t ,
dem unteren Knoten : dDM=dDML+dDMV=rotDM → rotDM = SL + D/t 76 und
der unteren Masche : EM = rotΔA → divEM = 0 77 .
(Zusätzlich gelten: D=εE, SL=κE und EM=μDM .)
Dieses Modell zeigt sehr deutlich, dass dem Volumenelement dV nur von seinen unmittelbar
benachbarten Volumenelementen D, SL, DM sowie U (bzw. φ) und ΔA (bzw. A) übergeben
wird. Um die Funktionen in dV zu realisieren sind darüber hinaus keinerlei Informationen
76 Die mathematische Form rotDM hat aus der Sicht der Ausbreitungsrichtung die physikalische Aussage einer
Divergenz, das zeigt der Knotenpunktsatz (genauso wie die Definitionen von DM). 77 Die mathematischen Formen rotΔA bzw. divEM haben aus der Sicht der Ausbreitungsrichtung die
physikalische Aussage eines Gradienten bzw. einer Rotation, das zeigt der Maschensatz (genauso wie die
Definitionen von EM und ΔA).
D D+dD
U =ρ/CR" U+dU
E∙ds
dEind=
(ΔAB/t)∙ds
∙ds/ε
dD=
ρ ds
dU
dEind=
(ΔAB/t)∙ds
SL SL+dSL
U =ρ/CR" U+dU
E∙ds
∙ds/κ
dSR=
ds ρ/t
CR"ds
dU
DM
DM+dDM
ΔA
ΔA+dΔA
dΔA=dsAxEM
μdsAx
dDML=
dsAxSL
dDMV=
dsAxD/t
ds in Richtung von E, D, S
Ausbreitungsrichtung, dsA
Vektorrichtung
Relativitätstheorie und Elektrotechnik
Dr. Erich Boeck 43
oder Wirkungen von entfernten Volumenelementen notwendig und es werden D, SL, DM
sowie U und ΔA wiederum nur an unmittelbar benachbarte Volumenelemente weitergegeben.
Das heißt, es wird ein echtes Nahwirkungsprinzip in diesem Modell verdeutlicht.
Würden wir hierbei auf ein Magnetfeld (DM, EM) „verzichten“, müsste nach ( 3.55 ) der
Zusammenhang c
d
dVOrt von amLadungenbewegten alleüber
2
0
d
Ev
für EM und analog für DM in jedem dV
berechnet werden 78. Dazu wären Informationen über Größe und Bewegung aller Ladungen
(unabhängig von ihrer Entfernung) zur Bestimmung der notwendigen Resultate für dV
erforderlich. Auch ein Ersetzen von D = E und DM = EM/ würde zumindest Informationen
über innere Parameter der Nachbarelemente erfordern. Diese Vorgehensweise würde dem
Prinzip einer echten Nahwirkung entgegenstehen. Außerdem ist der Charakter des in dieser
Theorie implementierten Nahwirkungsprinzips so deutlich erkennbar:
Die Weitergabe von Ergebnissen der von Ladungen ausgehenden Wirkungen (über die
definierten Felder mit Hilfe von Funktionsbausteinen) nur an direkt benachbarte
Volumenelemente, ohne einen „Mechanismus“ für die Wechselwirkungen selbst in
diesem Modell zu beschreiben.
Aus dieser Sicht sind alle vier axiomatischen Forderungen AF1 bis AF4 notwendig. Neben
der Verbindung mit der gleichen Menge Gegenladungen (D entsprechend AF1) den
Kraftwirkungen auf Ladungen (nach AF3 und AF4; als Gesamtkraft entsprechend F für E
und EM) muss für das Nahwirkungsprinzip der Bewegungszustand (hier DM nach AF2)
übertragen werden, um das genannte Nahwirkungsprinzip vollständig zu realisieren.
Das Modell kann durch Hinzufügen weiterer Elemente (z.B. für Diffusionsströme,
Rekombinations- und Generationsvorgänge) ausgebaut werden. Dazu muss die
Leitungsstromdichte nach Notwendigkeit in Teilmodelle für die Trägerarten aufgeteilt
werden. Teilmodelle können auch zusammengefasst werden (so D nach Übergang zu D/t
mit SL zur Gesamtstromdichte S). Genauso können theoretisch ganz andere
Nahwirkungsprozesse wie die Wärmeleitung/Speicherung mit Quellen durch SL einbezogen
werden (Boe78).
Heute steht Software für die „Finite-Elemente-Methode“ zur Untersuchung der elektrischen
und magnetischen Felder von Spulen und Magnetanordnungen zur Verfügung und wird z.B.
im Elektromaschinenbau genutzt.
Im Anhang 7.5 wird dieses Modell auf die Verwendung von Tensoren umgeformt.
78 Wenn sich auch positive Ladungen bewegen, sind diese ebenfalls einzubeziehen.
Relativitätstheorie und Elektrotechnik
Dr. Erich Boeck 44
4 Zusammenfassung und Gegenüberstellung
4.1 Klassische Darstellungsform, aber ohne Magnetfeld
Im vorangegangenen Kapitel 3 war zu sehen, dass auf das Magnetfeld prinzipiell verzichtet
werden könnte. Damit erfolgt eine Kurzdarstellung der Begriffe und ihrer Struktur in
nachfolgender Weise:
1. Ausgangspunkt:
Ladung (invariant 79) Q Naturgröße
Raumladungsdichte 81 ρ=dQ/dV dV ρQ
Volumen
bei räumlicher Verteilung
2. Bewegung der Ladungen mit der mittleren Driftgeschwindigkeit vd :
El. Strom Definition: I=dQ/dt Rechengröße
Stromdichte S= I
IdA
dIe
=ρ− vd bei räumlicher Stromverteilung
Kontinuitätsgleichung divS+ρ/t=0 Ladungserhaltung
3. Wirkungsweitergabe, Nahwirkung:
Verschiebungsfluss Ψ Nahwirkungsweitergabe
Festlegung über 81 Ψges=Q= AD d
Verschiebungsflussdichte D=
edA
dΨ bei räumlicher Flussverteilung
4. Kraftwirkung auf eine Probeladung Qp , bewegt mit der Geschwindigkeit up :
Gesamtkraft (invariant 80) K=QpF messbar Zusatz P=up∙K (invariant 80)
Gesamtfeld Definition: F=K/Qp =E+up×(vd×E)/c02 Feld E gemessen mit up=0
Aus Potentialen 81 E=−2gradφ−A/t −gradφ=gradU
Beziehung zum Fluss D= E
zur Stromdichte S = κ E
5. Potentiale aus Energie- und Impulsänderung der Probeladung:
El. Potential Definition: φ=W/Qp mit W=
s1 ·dsK el. Spannung U=φ1 − φ2
Vektorpotential Definition: A=p/Qp mit p= s1
s0 ·dtK mit ΔA=A2−A1
Die Maxwell’schen Gleichungen ergeben sich in dieser Darstellung sofort aus den
Definitionen 81 sowie durch die Analyse von Dvrot entsprechend ( 3.65 ).
79 Invariant gegenüber einer Lorentztransformation. 80 Das Gesetz ist invariant gegenüber einer Lorentztransformation. 81 Durch Bilden von rotE und divrotE ergeben sich die Maxwell’schen Gleichungen ( 3.57 ) und ( 3.60 ) bzw.
durch Anwenden des Gauß’schen Satzes auf Q die Gleichung ( 3.61 ).
Relativitätstheorie und Elektrotechnik
Dr. Erich Boeck 45
Es sind demzufolge bereits in dieser Darstellung alle Gesetze des Elektromagnetismus
enthalten und sicher wäre es möglich, Methoden zu erarbeiten, mit denen alle notwendigen
Berechnungen und Untersuchungen durchgeführt werden könnten, ohne ein Magnetfeld
einzuführen.
4.2 Darstellung mit dem Faraday’schen Magnetfeld
Als Rechengrößen sollen komplexe Wirkungen zusammengefasst werden, sodass neue
Begriffe erscheinen, aber nur als „Ersatz“ und Zusammenfassung für vorhandene.
Die ersten drei Darstellungspunkte entsprechen Abschnitt 4.1 :
1. Ausgangspunkt:
2. Bewegung der Ladungen mit der mittleren Driftgeschwindigkeit vd :
3. Wirkungsweitergabe, Nahwirkung:
Die nächsten beiden werden reduziert:
4. Kraftwirkung auf eine Probeladung Qp:
Kraft K=QpE messbar
El. Feld Definition: E=K/Qp
Aus Potentialen: E=−gradφ−AB/t
Beziehung zum Fluss D= E
zur Stromdichte S = κ E
5. Potential aus Energieänderung der Probeladung:
Elektrisches Potential φ=W/Qp mit W=
s1 ·dsK el. Spannung U=φ1 − φ2
Ein Magnetfeld wird ergänzt:
6. Magnetischer Fluss, Flussdichte:
magn. Fluss Definition mit =
Fläche
AB d
Flussdichte Definition: B=
e
dA
d {=(vxE−/c2)ges} in Analogie zur el. Stromdichte
magn. Feld Definition: H=grad Vm {=(vxD− ges)} in Analogie zum el. Feld
magn. Spannung Vm Definition mit Vm=
W eg
sH d
magn. Urspannung Θ Definition mit Θ = umfasst
Ströme Um
Id sH
Die ersten Maxwell’schen Gleichungen ( 3.56 ), ( 3.60 ) und ( 3.61 ) ergeben sich wie bei
Abschnitt 4.1 aus den Definitionen und die letzte ( 3.65 ) kann aus der Analyse der magn.
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Urspannung für einen geschlossenen Umlauf um Ströme mit Berücksichtigung der
Kontinuitätsgleichung abgeleitet werden.
4.3 Darstellung mit vorgeschlagenem neuem Magnetfeld
In dieser Darstellung ergeben sich zwei parallele Begriffe für die ruhende und die bewegte
Ladung. Dazu werden nach Aufteilung in Ruhe- und Bewegungsanteil ähnlich wie beim
Faraday’schen Magnetfeld komplexe Wirkungen zu neuen Begriffen als „Ersatz“ eingeführt.
1. Ausgangspunkt:
Ladung/bewegte Ladung Q QM Naturgröße
Spezialfall für Punktladung QM=u Q
Spezialfall für linienhaften Leiter ΔQM=I ΔsLeiter
Ladungs-, Stromdichte ρ=dQ/dV Sges=dQM/dV bei räumlicher Verteilung
Umkehrung 82 dV ρQ
Volumen
Volumen
ges
Volumen
M dVt)dV/( SDSQ
Verbindung beider durch D/t
Kontinuitätsgleichung divS+ρ/t=0 Verbindung→Ladungserhaltung
2. Spezialfall der Bewegung von Ladungen in linienhaften Leitern mit vd :
El. Strom Definition: I=dQ/dt Umkehrung:
Stromdichte aus dem Strom S= I
IdA
dIe
=ρ−vd I heLeiterfläc
dAS
3. Wirkungsweitergabe, Nahwirkung:
Verschiebungsfluss Ψ ΨM Nahwirkungsweitergabe
Festlegung über 82 Ψges=Q= AD d ΨMges=QM= Md DA
Verschiebungsflussdichte D= Nah
NahdA
dΨe
DM= Nah
Nah
M
dA
de
Ψ
bei räuml. Flussverteilung
4. Kraftwirkung auf eine Probeladung Qp , bewegt mit der Geschwindigkeit up:
Ruhe-, Bewegungskraft Kruh=QpE Kbew=QMpxEM messbar
Feld Definition: E=Kruh/Qp EM=KbewxeQMp/QMp
Aus Potentialen82 E=−2gradφ−A/t EM=rot A Verbindung beider durch A/t
Beziehung zum Fluss D= E DM=(1/μ) EM
zur Stromdichte S = κ E
5. Potentiale aus Energie- und Impulsänderung der Probeladung:
Potentiale Definition: φ=W/Qp A=p/Qp
mit W=
r(P) ·dsK p=
t(P)
) t(P0
·dtK
Spannungen U=φ1 − φ2 ΔA=A2−A1
Es ist deutlich zu erkennen, dass
82 Durch Anwenden des Gauß’schen Satzes auf Q bzw. QM und durch Bilden von rotE und divEM ergeben sich
die Maxwell’schen Gleichungen.
Relativitätstheorie und Elektrotechnik
Dr. Erich Boeck 47
– alle Maxwell’schen Gleichungen direkt in den Begriffsdefinitionen enthalten sind 82,
– sich unsere Vorstellungen konsistent in beiden Teilen gestalten und unsere neuen Begriffe
QM, ΨM, DM, EM von der natürlichen Ursache – der bewegten Ladung – einschließlich der
Nahwirkung abgeleitet werden.
– sich die Zusammenfassung beider Teile in einem Tensor zu einer gemeinsamen
Begriffsdefinition (Abschnitt 3.11) direkt anbietet.
Für eine gemeinsame Darstellung ergibt sich eine sehr effektive Schreibweise:
1. Ausgangspunkt und Ursache:
Ladung/bewegte Ladung Q QM Qα = (c0, ux, uy, uz) γ Q 83
Spezialfall für Punktladung Q QM=u Q Qα = (c0, ux, uy, uz) γ Q
Ladungs-, Stromdichte ρ=dQ/dV S = dQM/dV Sα = uαρ0 = (c0, ux, uy, uz)γρ0 83
2. Wirkungsweitergabe, Nahwirkung:
Verschiebungsfluss Ψ ΨM Ψα
Festlegung über Ψges = Q ΨMges = QM Ψαges = Qα
= AD d = Md DA
Verschiebungsflussdichte D=Nah
Nah
dA
dΨ
e DM=
Nah
NahM
dA
d
eΨ Hαβ=
3. Kraftwirkung auf eine Probeladung Qp , bewegt mit der Geschwindigkeit up :
Ruhe-, Bewegungskraft Kruh=QpE Kbew=QMpxEM Kβ = Qα Fαβ 84 (= QProbe uα Fαβ)
Feld Definition: E=Kruh/Qp EM=KbewxeQ/QMp Fαβ=
Aus Potentialen: E= EM=rot A Fαβ = (∂Φ ∂Φ) siehe 74
4. Potentiale aus Energie- und Impulsänderung der Probeladung:
Potentiale Definition: φ=W/Qp A=p/Qp Φα = (2φ/c0, Ax, Ay, Az)
Die Maxwell’schen Gleichungen im Sinne der Divergenz ergeben sich hier als inhomogene
Differentialgleichungen ∂β Hαβ = Sα
entsprechen divD=ρ und rotDM−D/t=SL ,
und die Gleichungen im Sinne der Rotation als homogene Differenzialgleichungen
∂α Fβγ+∂β Fγα+∂γ Fαβ=0 85
entsprechen divEM=0 und rotE+EM/t=0 .
Der physikalische Inhalt der elektrodynamischen Vorgänge abgeleitet aus der Ladung, den
vier Forderungen AF1 bis AF4 als Nahwirkungsprinzip und der Relativitätstheorie kann so
adäquat dargestellt werden. Die Quelle ist die Naturgröße Qα (bzw. Sα ohne Idealisierung als
Punktladung), die gesamte Nahwirkung wird durch Ψα bzw. Hαβ weitergegeben und das
gesamte Feld durch Kβ = Qα Fαβ aus der Kraft definiert.
83 Die Verbindung D/t (bzw. EM/t) erscheint in der Tensorform nicht als Quelle sondern folgt aus den
entsprechenden vierdimensionalen Ableitungen des Gesamtfeldes Hαβ (bzw. Fαβ). ρ0 siehe ( 3.45 ) und ( 3.80 ). 84 Hier eine explizite Schreibweise der Definitionsgleichung des Gesamtfeldes. 85 Siehe auch Fußnoten 76 und 77. Nur die Indexkombinationen {α,β,γ} mit {0,1,2} bzw. {0,2,1}, {0,3,1} bzw.
{0,1,3}, {0,2,3} bzw. {0,3,2} und {1,3,2} bzw. {1,2,3} ergeben je zwei gleiche nicht triviale Gleichungen (bei
insgesamt 64 Kombinationen für 3 aus 4).
0DDDc
D0DDc
DD0Dc
DcDcDc0
MxMyz0
MxMzy0
MyMzx0
z0y0x0
0EEc/E
E0Ec/E
EE0c/E
c/Ec/Ec/E0
MxMy0z
MxMz0y
MyMz0x
0z0y0x
−2gradφ−A/t
Relativitätstheorie und Elektrotechnik
Dr. Erich Boeck 48
4.4 Vergleich, Vor- und Nachteile, Folgerungen
Der Verzicht auf die Einführung eines Magnetfeldes hätte den
Vorteil:
Es werden keinerlei Begriffe eingeführt, die nicht unbedingt notwendig sind.
Nachteil:
Das Nahwirkungsprinzip kommt nicht zur Geltung. Anstatt v und E von jeder Ladung für
den betrachteten Punkt muss (vxE/c2)ges messtechnisch ermittelt werden.
Ohne die Beherrschung der Vektoranalysis und des notwendigen Formalismus der
speziellen Relativitätstheorie sind die Wirkungen bewegter Ladungen sowie selbst
einfache Berechnungen nicht vermittelbar. D.h., in Schule, Gymnasium und Berufsschule
könnte diese Form nicht gelehrt werden.
Das Faraday’sche Magnetfeld entspricht der historischen Entwicklung und hat den
Vorteil:
Es ist als Analogieschluss zum elektrischen Strom und mit seinen linearen Gleichungen
(für einfache Anordnungen) auch in Schule, Gymnasium und Berufsschule gut
vermittelbar.
Nachteil:
Die „Ersatz-“ bzw. Rechengrößen weisen nach heutigem Erkenntnisstand (keine
Äthertheorie) nicht auf die Ursachen hin, sondern implizieren bei Schülern neue, aber
nicht vorhandene Ursachen.
Die Ausbreitungsrichtung der Nahwirkung wird in dieser Vorstellung nicht beschrieben.
Das vorgeschlagene Magnetfeld hat den
Vorteil:
Die neuen Begriffe QM, ΨM, DM, EM werden von der natürlichen Ursache einschließlich
einem Nahwirkungsprinzip abgeleitet. Sie stellen den Bewegungsanteil einer Aufteilung
der Beschreibung in Ruhe und Bewegungsanteil dar.
Physikalisches Verständnis und Anschaulichkeit können bis in die Tensorschreibweise
der relativistischen Elektrodynamik beibehalten werden.
Nachteil:
Ohne die volle Beherrschung der Vektorrechnung kann diese Form der Theorie nicht
vermittelt werden.
Selbst einfache Anordnungen benötigen mehr mathematischen Aufwand und es fehlen
(zumindest noch) erprobte Methoden und Aufgabenkataloge.
Bewegte Ladungen als Ursache für das Magnetfeld sind seit längerem bekannt und in den
Lehrmeinungen heute fest verankert. (Schon Ampère hat auch für magnetische Materialien
auf molekulare Ströme hingewiesen (Lun91 S. 219).) Ein Verzicht auf das Magnetfeld in der
Theorie hat sich aber nicht durchgesetzt. Gegen einen Verzicht spricht außer historischen
Gründen die einfache Handhabung gerade des Faraday’schen Magnetfeldes für grundlegende
Anordnungen (z.B. Spulen mit geschlossenen Eisenkernen verschiedener Geometrie). Die
Überlegungen in Kapitel 3.12 zeigen darüber hinaus, dass eine vollständig funktionierende
Nahwirkungsvorstellung einen Bewegungsanteil benötigt. Diese analog zu Strom (bzw.
Verschiebungsfluss) und Spannung zu handhabenden Größen sind insbesondere auch
messtechnisch in geeigneter Form verfügbar.
Relativitätstheorie und Elektrotechnik
Dr. Erich Boeck 49
Theoretische Untersuchungen zu magnetischen Monopolen, die bislang noch nicht
nachgewiesen werden konnten (Reb99 S. 469ff), zeigen immer wieder, dass noch keine
abgeschlossenen Erkenntnisse vorliegen. Dennoch werden neue Erkenntnisse im
Mikrobereich unsere „makroskopischen“ vielfach experimentell gesicherten Gesetze in dieser
„effektiven Theorie“ (im Sinne von (Haw10 S. 35)) nicht grundlegend beeinflussen, sondern
höchstens Interpretationen korrigieren. Auch dann wird ein Ingenieur mit den bekannten
Theorien weiter seine Aufgaben erfüllen, weil sie für ihn alles enthalten.
Die Situation mit drei verschiedenen theoretischen Fassungen für die Erscheinungen des
Magnetfeldes (die einen praktisch gleichen Gültigkeitsbereich und gleiche Genauigkeit
aufweisen) verdeutlicht, dass Theorien
– nicht einfach eine logische Zusammenfassung von Beobachtungen sind, sondern von
Menschen und ihren Ordnungsideen gestaltet werden (siehe auch (Fis02 S. 17 u. ff))
– und erst weitere Erkenntnisse zeigen werden, welche Theorie ausreichend
entwicklungsfähig ist oder ob weitere Varianten und Ideen erforderlich sind.
Bei der Vermittlung auch allgemeinbildender theoretischer Kenntnisse der Elektrotechnik
sollte heute zumindest ein Hinweis auf das Relativitätsprinzip der Feldtheorie und somit auf
die Relativitätstheorie und prinzipielle Zusammenhänge zwischen bewegten Systemen
dazugehören. Danach dürfte es das Verständnis (Plausibilitätsebene) nicht behindern, wenn
Begriffe auf das reduziert werden, was notwendig und gesichert ist. So können das
Magnetfeld z.B. als erfolgreich anzuwendende Analogiekonstruktion zum elektrischen Strom
eingeführt und die Begriffe und Vm als Rechengrößen für komplexe Wirkungen bewegter
Ladungen dargestellt werden.
Im Rahmen einer theoretischen Elektrotechnik sollte zusätzlich mit dem vorgeschlagenen
Magnetfeld und den durch die Relativitätstheorie verdeutlichten Zusammenhängen die
Vorstellungskraft weiter vertieft werden.
Dem Verständnis fügt es nach meiner Erfahrung auch keinen Schaden zu, wenn eine
erfolgreich anwendbare und handhabbare Theorie noch nicht als endgültig abgerundet
erscheint. Das gilt besonders, wenn die „effektive Theorie“ eine erkennbar in sich
geschlossene und vollständige Struktur erreicht hat.
Die Plausibilitätsebene von Theorien hängt auch vom Erfassen und Verstehen ihrer inneren
Logik und Struktur ab. Eine nur in Bruchstücken erfasste Theorie kann die mit ihr mögliche
praktische Gestaltungsfähigkeit nicht erreichen. Deshalb wurde in den Untersuchungen Wert
darauf gelegt, die physikalischen Vorstellungen vom Anfang bis zur Formulierung im
Rahmen der vierdimensionalen Raumzeit durchgängig zu gestalten.
Besonders auffallend bei der gezeigten Entwicklung der Theorie ist, dass eine detaillierte
Wirkungsweise (ein „Mechanismus“) für die elektromagnetischen Vorgänge und
Wechselwirkungen nicht beschrieben wurde bzw. werden konnte sowie dieser andererseits
auch nicht notwendig war. Das Prinzip der Probeladung erlaubte es sinnvolle Definitionen zu
finden, um alle Vorgänge effektiv zu beschreiben.
Dennoch folgt daraus der Gedanke, in Theorien der Mikrowelt (vornehmlich der Quanten-
und Quantenfeldtheorie) danach zu suchen. Im nächsten Abschnitt soll dafür ein Zugang zu
diesen Theorien angeführt werden, der insbesondere auch deren Charakter der Beschreibung
von Vorgängen und Gesetzmäßigkeiten deutlich werden lässt.
Relativitätstheorie und Elektrotechnik
Dr. Erich Boeck 50
5 Physikalische Begriffe der Quantenphysik
Aus physikalischen Beobachtungen folgen in der Regel Modelle zur Beschreibung des
Verhaltens und diese werden dann zu Theorien erweitert und zusammengefasst. Aus den
Modellen (und Theorien) werden Voraussagen abgeleitet, welche dann durch Beobachtungen
verifiziert werden können. Die Beschreibung in Modellen kann durch verschiedene Methoden
(unterschiedliche mathematische Strukturen und Formalismen, verschiedene graphische
Symbole usw.) erfolgen. Besonders interessant ist die Ebene, auf der die Modellbeschreibung
geschieht. So kann einerseits
eine möglichst vollständige Beschreibung z.B. des äußeren und inneren physikalischen
Verhaltens oder
eine Beschreibung nur aller äußeren Beobachtungen (Blackbox – Prinzip) mit allen dazu
notwendigen Parametern (z.B. Ersatzschaltbild des Transformators), aber genauso
eine Beschreibung der äußeren Beobachtungen nur für einen interessierenden
Anwendungsfall (z.B. Vierpolersatzschaltung eines Transistors)
vorhanden sein. In (Haw10 S. 12/13, 35, 42-45) werden Überlegungen zu Modellen,
effektiven Theorien (welche die Beschreibung nicht auf Subelemente zurückführen), der
Möglichkeit verschiedener Theorien für den gleichen Sachverhalt (welche alle ihre
Berechtigung haben) u.A. behandelt.
Im Folgenden soll untersucht werden, was die Quantenphysik in diesem Sinne beschreibt.
5.1 Von der klassischen zur Quantenphysik
Ein für unser Vorhaben geeigneter Zugang zur Quantenphysik wird in (End06 S. 13-95)
verständlich und nachvollziehbar entwickelt und soll hier kurz skizziert werden.
Als Anknüpfungspunkt wurden in (End06 S. 14) die Grundlagen der klassischen Mechanik
nach Newton verwendet. Schon Newton nutzt in seinem ersten Axiom einen Zustandsbegriff
(zumindest indirekt den Zustand der Ruhe ohne Einwirkung von Kräften). In der
Weiterentwicklung der Axiomatik durch Euler mit der Feststellung von „inneren Prinzipien“
(aus denen Newtons erstes Axiom folgt) und „äußeren Prinzipien“ für die Bewegung
(Bewegungsänderungen insbesondere durch Einwirkung von Kräften) wird in (End06 S. 18)
eine Vorbereitung auch zur Nutzung für nichtklassische Systeme gesehen.
Eine Untersuchung des linearen ungedämpften harmonischen Oszillators als Modellsystem
zur Beschreibung periodischer Vorgänge wird mit verallgemeinerten Koordinaten und
Geschwindigkeiten vorgenommen ( iqmit q verallgemeinerte Koordinaten und iqmit qverallgemeinerte Geschwindigkeiten; i für alle Freiheitsgrade (End06 S. 20)). Nach dem
Übergang zu den Lagrange’schen und den Hamilton’schen Bewegungsgleichungen treten die
einzelnen Körper und deren Bewegungseinschränkungen nicht mehr explizit auf und es kann
von ihren Eigenschaften abgesehen werden. Das trifft auch für nichtklassische Systeme zu
(End06 S. 21). Die Hamilton’schen Bewegungsgleichungen führen für das genannte Modell-
system zu konservativen Systemen (T(q,p) kinetische, V(q) potentielle und E Gesamtenergie).
H(q,p) = T(q,p) + V(q) = E = const ( 5.1 )
Relativitätstheorie und Elektrotechnik
Dr. Erich Boeck 51
Mit der Hamilton - Funktion H(q,p) (p kanonischer Impuls anstelle von q ) ergibt sich dabei
eine Erhaltungsgröße, weil diese nicht explizit von der Zeit abhängt (End06 S. 23). Das kann
des Weiteren zur Zustandsbeschreibung genutzt werden. Bei solchen konservativen
Systemen, die aus mehreren (bis auf Ort und Geschwindigkeit) gleichen Körpern bestehen,
können diese untereinander ohne Veränderung der Erhaltungsgrößen vertauscht werden. (Das
führt bei quantenmechanischen Systemen zur Ununterscheidbarkeit.)
Euler hat dem Zustandsbegriff bereits eine zentrale Bedeutung gegeben, wie es auch in der
Quantenmechanik der Fall ist (End06 S. 30). Eine Änderung der Zustandsgröße ist von der
Zustandsgröße selbst unabhängig.
Im Weiteren wurde nach Helmholtz mit dem Konzept der Konfiguration (entspricht den
Lagebeziehungen der Körper) ein Zusammenhang zwischen der Gesamtenergie und der
Konfiguration eines Systems von Körpern dargestellt (End06 S. 41). Nach ( 5.1 ) ergibt sich
für Konservative Systeme, dass ohne äußere Einwirkungen nur Konfigurationen entsprechend
der Erhaltungsgröße E = T + V = const möglich sind. (End06 S. 43).
Aus einer Untersuchung, welche Konfigurationen für die Körper passend sind, folgt ein
Auswahlproblem, das auf nichtklassische Systeme erweitert wird (End06 S. 45-67).
Zusammengefasst sind für die klassische Newton’sche Mechanik Konfigurationen
entsprechend E – V(x) 0 sowie Impulskonfigurationen entsprechend E – T(p) 0 möglich.
Konfigurationen bzw. Impulskonfigurationen entsprechend E – V(x) 0 bzw. E – T(p) 0
ermöglichen zwar eine der klassischen analoge Theorie, die aber in der Wirklichkeit keine
Entsprechung hat. Beide Konfigurationen bzw. Impulskonfigurationen gemeinsam (d.h. alle
Konfigurationen werden angenommen) ermöglichen dagegen kein im gesamten Bereich
gültiges klassisches Bewegungsgesetz. D.h., für diesen Fall muss die Verbindung zwischen
klassischer Kraft und klassischem Impuls bei äußeren Einwirkungen für die Zustands- und
Bewegungsgleichungen durch eine völlig neue Beschreibung mit neuen nichtklassischen
Größen für den Gesamtbereich ersetzt werden. Weil nun keine punktweisen Beziehungen von
V und T für jede einzelne Konfiguration/Impulskonfiguration erstellt werden können, sind
dazu alle Konfigurationen mit allen Impulskonfigurationen zu verbinden (End06 S. 68).
Die Energie soll weiterhin nur durch x- und p- abhängige Ausdrücke (Vnkl, Tnkl) gebildet
werden. Da die Konfigurationen bzw. Impulskonfigurationen nicht mehr begrenzt sind,
können nur effektive Ausdehnungen im Raum bzw. Impulsraum angegeben werden und die
nichtklassischen Ausdrücke (Vnkl, Tnkl) selbst müssen für die Energie begrenzt bleiben. Das
wird durch Multiplikation mit begrenzenden Funktionen realisiert. In (End06 S. 69) werden
dazu FEnkl(x/x0) und GEnkl(p/p0) eingeführt (mit x0 und p0 charakteristische Länge und Impuls
und somit F und G dimensionslos). Die Gesamtenergie Enkl für ein nichtklassisches System
ergibt sich dann aus der Integration ( 5.2 ) über alle Vnkl = FEnkl(x/x0)V(x) und Tnkl =
GEnkl(p/p0)T(p) zu:
dp )(p/pG
dp T(p) )(p/pG
dx )(x/xF
dx V(x) )(x/xFE
0Enkl
0Enkl
0Enkl
0Enkl
nkl .
( 5.2 )
Die Funktionen FEnkl(x/x0) und GEnkl(p/p0) beziehen sich beide auf die Energie, sind so nicht
unabhängig voneinander und können auch als Gewichtsfunktionen (Wahrscheinlichkeiten)
der Beiträge jeder Konfiguration bzw. Impulskonfiguration angesehen werden. Sind die
möglichen Konfigurationen bzw. Impulskonfigurationen auf eine klassische Bahn beschränkt,
folgt aus ( 5.2 ) die klassische Darstellung (End06 S. 70). Dabei müssen FEnkl(x/x0) und
GEnkl(p/p0) immer positiv bleiben. Das wird mathematisch durch
Relativitätstheorie und Elektrotechnik
Dr. Erich Boeck 52
FEnkl(x/x0) = |fEnkl(x/x0)|2 = f Enkl (x/x0) fEnkl (x/x0) bzw.
GEnkl(p/p0) = |gEnkl(p/p0)|2 = g Enkl(p/p0) gEnkl(p/p0)
( 5.3 )
und somit durch den Übergang zu Wahrscheinlichkeitsamplituden erreicht (End06 S. 71) (mit
f, g, f und g komplex bzw. konjugiert komplex) . Für die Verbindung zwischen fEnkl(x/x0) und
gEnkl(p/p0) kommen nur Integraltransformationen infrage, um alle Konfigurationen mit allen
Impulskonfigurationen für den nichtklassischen Fall zu verbinden. In (End06 S. 72) wurde die
Fouriertransformation gewählt, die alle mathematisch notwendigen Bedingungen erfüllt.
0
0E
p x
px i
0Ep
dp )(p/pg e
2π
1 )(x/xf 00
0
0E
p x
px i
0Ex
dx )(x/xf e
2π
1)(p/pg 00
( 5.4 )
Nach Einführen des Hamiltonoperators für V(x) und T(p) und Einsetzen in ( 5.2 ) wird in
(End06 S. 75) gezeigt, dass die Forderungen
0 )x/x(f ]E(x)H[ 0Enklnkl und
0 )p/p(g ]E(p)H[ 0Enklnkl
( 5.5 )
die Erfüllung der Gleichung ( 5.2 ) garantieren.
Schließlich ist mit etwas Umformen der Gleichungen ( 5.5 ) zu erkennen, dass diese den
stationären Schrödinger-Gleichungen in Orts- bzw. Impulsdarstellung entsprechen. Dabei ist
)x/x(ffür ψ(x) x 0Enkl0 und )p/p(gfür (x) p 0Enkl0 einzusetzen. Für x0 p0 wird der Wert
ermittelt (End06 S. 76) (Vergleiche auch (Reb05 S. 95) zeitunabhängige Schrödinger-
Gleichung).
EH und EψψH
( 5.6 )
Durch Untersuchungen zur möglichen und „verträglichen“ Zeitabhängigkeit der beiden
Funktionen fEnkl(x/x0) und gEnkl(p/p0) werden die Gleichungen ( 5.5 ) in (End06 S. 85-94) zu
den nichtstationären Schrödinger-Gleichungen verallgemeinert (Vergleiche auch (Reb05 S.
75) allgemeine Wellengleichung).
H t
i und ψH ψ t
i
( 5.7 )
Die Schrödinger’sche Wellengleichung wird zur Bestimmung der Wahrscheinlichkeits-
amplituden sowie der Wahrscheinlichkeiten ||2 selbst verwendet. Somit manifestieren sich
in ihr die Grundlagen der gesamten Quantenmechanik.
Zusammenfassend wurden folgende Modifikationen bzw. Verallgemeinerungen gegenüber
der klassischen Mechanik vorgenommen:
1. Nach Übergang zu den Lagrange’schen und den Hamilton’schen
Bewegungsgleichungen treten die einzelnen Körper und ihre Eigenschaften nicht mehr
explizit auf.
2. Mit dem Euler’schen Zustandsbegriff und dem Helmholtz’schen Konzept der
Konfigurationen wurden anstatt E – V(x) 0 alle Konfigurationen (E – V(x) 0 sowie
E – V(x) 0) und genauso alle Impulskonfigurationen zugelassen.
Relativitätstheorie und Elektrotechnik
Dr. Erich Boeck 53
3. Da keine punktweisen Beziehungen für jede einzelne Konfiguration bzw.
Impulskonfiguration mehr bestehen, sind durch neue nichtklassische Größen alle
Konfigurationen mit allen Impulskonfigurationen verbunden worden.
4. Das wird durch Multiplikation mit begrenzenden Funktionen (oder
Wahrscheinlichkeiten) realisiert.
5. Der Übergang zu Wahrscheinlichkeitsamplituden verbindet alle Konfigurationen mit
allen Impulskonfigurationen und umgekehrt, was für diesen nichtklassischen Fall
jeweils durch eine gegenseitige Fouriertransformation realisiert wird.
6. Die Zeitabhängigkeit der beiden Funktionen fEnkl und gEnkl ergibt dann die endgültige
Schrödinger’sche Wellengleichung.
Aufgrund dieser Vorgehensweise erscheint klar ersichtlich zu sein, dass die Quantenmechanik
generell nicht das Verhalten einzelner Teilchen (Quantenobjekte) beschreibt, sondern ein
Modell für die Wahrscheinlichkeiten der möglichen Zustände (insbesondere Orte und
Impulse) darstellt. Genauso können den Funktionen fEnkl bzw. gEnkl jeweils nur in
ihrer Gesamtheit eine Bedeutung zugesprochen werden. Einzelne Komponenten dieser
Funktionen (z.B. einzelne Wellen aus der Fourierdarstellung) können im Allgemeinen nicht
interpretiert werden.
5.2 Aussagen der Quantenfeldtheorie
In der Quantenfeldtheorie geht es darum, Teilchen und Felder einheitlich zu beschreiben, um
deren Wechselwirkungen adäquat behandeln zu können. Dafür müssen die Quantentheorie,
die Feldtheorie und die spezielle Relativitätstheorie vereint werden. Dieses kann auf
verschiedenen Wegen erfolgen (vergleiche (Reb05 S. 614)). So wird z.B. bei der
– kanonischen Feldquantisierung von einem klassischen Lagrange’schen und
Hamilton’schen Formalismus aus der Übergang zu Operatoren für alle Variablen und
Feldvariablen vorgenommen oder bei der
– Feynman’schen Pfadintegralmethode erfolgt eine Summation aller möglichen Pfade
für Wirkungen zwischen Quelle und Ziel.
In (End06 S. 26-29) werden zuerst das Modell linearer harmonischer Oszillatoren zu einem
Modellsystems vieler gekoppelter harmonischer Oszillatoren erweitert und dann deren
Schwingungszustände als Normalmoden dargestellt. Das führt zu einem Modellsystem
ungekoppelter harmonischer Oszillatoren. Nach der Entwicklung in Normalmoden kann
die quantenmechanische Beschreibung (analog wie in Kapitel 5.1) jedoch hierbei auf die
Orts- und Impulsvariablen der Normalmoden ausgeführt werden (End06 S. 136-138). Die
Hamiltonfunktion wird so eine Summe einzelner (ungekoppelter) Oszillatoren.
Den Variablen der Normalmoden werden danach Erzeugungs- und Vernichtungsoperatoren
zugeordnet und so die Besetzungszahldarstellung erreicht (wie bei den beiden vorgenannten
Wegen letztendlich auch).
So stellt die Quantentheorie für Vielteilchensysteme ein Modellsystem dar, das von einem als
bekannt vorausgesetztem Grundzustand Anregungszustände des Gesamtsystems
(entsprechend der Besetzungszahldarstellung) beschreibt. Diesen Anregungszuständen
werden dann Quasiteilchen zugeordnet.
Anschließend erfolgt in (End06 S. 155-165) der Übergang vom genannten Vielteilchensystem
zur Quantenfeldtheorie. Die dynamischen Variablen sind dabei Felder, d.h. räumlich
verteilte Systeme mit unendlich vielen Freiheitsgraden. Hierbei werden die Feldvariablen der
Relativitätstheorie und Elektrotechnik
Dr. Erich Boeck 54
Normalmodenentwicklung unterzogen, die Normalmoden quantisiert und dafür die
Besetzungszahldarstellung eingeführt.
In der Quantenelektrodynamik werden insbesondere Wechselwirkungen zwischen
elektromagnetischem Feld und anderen Quantenobjekten (Elektron, Positron…) beschrieben.
Dafür hat Feynman die nach ihm benannten Graphen entwickelt, um alle dabei möglichen
Übergänge erfassen, darstellen und in die Berechnung einbeziehen zu können. Auch bei
dieser graphischen Modellierung geht es immer um die Wahrscheinlichkeiten. Dazu können
durch die Graphen alle Erhaltungsgrößen zu Beginn und nach einem Übergang eindeutig
kalkuliert werden (siehe z.B. (Reb05 S. 756ff), (Fey11 S. 101ff)). Eine Beschreibung, ein
Modell des tatsächlichen Ablaufs ist aber nicht damit verbunden. So ist sicher die Aussage in
(Fey11 S. 49) zu verstehen: „ … die Physik … muss sich damit bescheiden, lediglich die
Wahrscheinlichkeit, mit der ein Photon auf einen Detektor auftreffen wird, vorherzusagen,
ohne ein befriedigendes Modell über den tatsächlichen Ablauf dieses Geschehens anbieten zu
können.“
5.3 Ergebnis und Folgerungen
In der Quantentheorie, der Quantenfeldtheorie und der Quantenelektrodynamik wurden
Modelle und Modellsysteme entwickelt, die mit hoher Genauigkeit Wahrscheinlichkeiten für
Quantenereignisse beschreiben, welche makroskopisch beobachtet und verifiziert werden
können. Das entspricht auch genau der Situation aller Beobachtungsmöglichkeiten. In der
Quantenmechanik kann letzten Endes nur die Beeinflussung makroskopischer Parameter (z.B.
von Sensoren) durch Quantenereignisse gemessen werden. So wird in (Daw78 S. 16/17)
formuliert, in der Quantenmechanik kann „nur mit Hilfe von „Geräten“ untersucht werden,
d.h. mit Hilfe makroskopischer Systeme, die die Einwirkungen der Mikroobjekte in die
makroskopische Sprache übersetzen.“ Bilanzen für makroskopisch erfassbare
Erhaltungsgrößen (z.B. Energie, Impuls, Ladung …) werden durch die Wahrscheinlichkeiten
ihrer Verteilung dargestellt und letztlich durch die Modelle sichergestellt. Dagegen erscheinen
Übergangsvorgänge in ihren detaillierten Abläufen nicht.
Genauso stellen Quasiteilchen Anregungen eines ganzen Systems dar, können nicht
unabhängig von diesem System betrachtet und auch nicht als Zustand an einem isolierten Ort
interpretiert werden. Daher können Quasiteilchen (z.B. Photonen) die Erhaltungsgrößen z.B.
des elektromagnetischen Feldes sichern. Sie geben aber keine Auskunft darüber, wie eine
bestimmte Feldgröße zu einer Zeit an einen Ort kommt.
Somit erscheint die anfangs bereits angesprochene Ebene für die Modellbeschreibung als eine
Beschreibung aller äußeren Beobachtungen (ähnlich dem Blackbox – Prinzip) mit allen dazu
notwendigen Parametern. Diese Modelle sind auf dieser Ebene naturgemäß vollständig
(zumindest bei entsprechender Ausgestaltung).
Bei der Entwicklung und später der Interpretation der Quantentheorie wurden überdies
unterschiedliche Modellvorstellungen erarbeitet: so fast zeitgleich die Heisenberg’sche
Matrizenmechanik und die Schrödinger’sche Wellenmechanik und später auf der Letzteren
aufbauend die Bohm’sche Mechanik. Trotz unterschiedlichen gedanklichen Hintergrundes ist
deren mathematische Übereinstimmung nachweisbar und diese sind genau gleich (wenn deren
Formalismen ebenso lösbar sind). Sicher durch diesen Hintergrund wurden in (Haw10 S. 35,
42) immer wieder Ausführungen zu Modellen, Theorien bzw. effektiven Theorien erörtert.
Relativitätstheorie und Elektrotechnik
Dr. Erich Boeck 55
6 Resümee für Elektrodynamik und Relativitätstheorie
Werden die Begriffe der Elektrodynamik darauf reduziert, was entsprechend der
experimentellen Erfahrungen und deren theoretischen Beschreibung unbedingt gesichert ist
(vergleiche Kapitel 4.4), können diese Begriffe auch für die spezielle Relativitätstheorie nur
noch diese Bedeutung haben. Folgerichtig konnte und musste diese Betrachtungsweise mit
ihrer Vorstellung auch bis zum Tensorkalkül und der vierdimensionalen Raumzeit konsistent
bleiben und durfte (wie in 3.11 gezeigt) keine Widersprüche ergeben.
Die spezielle Relativitätstheorie übernimmt das Relativitätsprinzip und die Beschreibung der
Felder von der Elektrodynamik, deshalb ist auch in der speziellen Relativitätstheorie die
eigentliche elektromagnetische Wechselwirkung mit ihrem Nahwirkungsprinzip nicht
wirklich enthalten. Es sollten somit keine Aussagen getroffen bzw. Schlussfolgerungen über
diese Wechselwirkung formuliert werden.
Die Aussage, dass sich alle physikalischen Wirkungen maximal mit Lichtgeschwindigkeit
(c0) ausbreiten können, ist somit nicht vollständig bewiesen (allerdings auch nicht widerlegt).
Mit „makroskopischen“ Messungen sind solche Größen in einem Punkt der Raumzeit
beobachtbar wie die Kraft F, die Energieänderung W, die Impulsänderung p, die Ladung Q
und Ähnliche 86. Deshalb sollte obige Aussage wie folgt vorsichtiger formuliert werden.
Physikalische Wirkungen, die makroskopisch beobachtbar sind, stehen an jedem Ort
frühestens zu einer Zeit zur Verfügung, die einer Ausbreitung mit Lichtgeschwindigkeit (c0)
entspricht.
Auf diese Weise steht also das Ergebnis der elektromagnetischen Wechselwirkung nach einer
Zeit zur Verfügung, die einer Ausbreitung mit Lichtgeschwindigkeit entspricht. Über die
Wechselwirkung selbst erfolgt aber keine Aussage. Damit wird nicht bewiesen, dass es
schnellere Wirkungen gibt, aber wir sind zumindest nicht berechtigt, es für z.Z. nicht direkt
beobachtbare in keiner Theorie unmittelbar beschriebene Wirkungen auszuschließen.
Wichtige Konsequenzen wären:
Makroskopisch beobachtbare Teilchen und Wirkungen können nach wie vor nur
Geschwindigkeiten erreichen, die kleiner als (bestenfals gleich wie) die
Lichtgeschwindigkeit (c0) sind. Das folgt daraus, dass die makroskopisch
beobachtbaren Kräfte für zu schnelle Teilchen nicht mehr rechtzeitig zur Verfügung
stehen und somit keine weitere Beschleunigung ermöglichen.
Elementarteilchen wie Photonen müssen nicht mehr ausschließlich punktförmige
Teilchen sein, da über innere „nicht beobachtbare Wechselwirkungen“ keine
einschränkenden Aussagen erfolgen sollten.
Felder können nicht ohne weiteres als Zustand des Raumes interpretiert werden, bis
eine brauchbare Beschreibung der elektromagnetischen Wechselwirkung gefunden
worden ist. Sie beschreiben aber zutreffend die Wirkungen auf Probeladungen 87.
86 Auch in der Quantenmechanik wird mit Hilfe makroskopischer (Mess-) Systeme die Einwirkung von
Mikroobjekten auf makroskopische Parameter beobachtet (siehe 5.3). 87 In der Äthertheorie war diese Interpretation prinzipiell möglich. Durch deren ersatzlose Aufhebung muss eine
Interpretation als Zustand des Raumes folgerichtig fortfallen, andernfalls ergibt sich wieder eine unterschwellige
unbekannte Äthervorstellung.
Relativitätstheorie und Elektrotechnik
Dr. Erich Boeck 56
Die genannten Konsequenzen zeigen, dass in der „makroskopischen“ Physik für die
Anwendung der speziellen Relativitätstheorie keine Einschränkungen entstehen. Auch die
Untersuchungen in der Quantenmechanik sind nicht unmittelbar betroffen. Es könnte aber
eine gewisse Öffnung für weiterführende Fragestellungen erfolgen. Z.B. wäre die Frage nach
physikalischen Vorgängen innerhalb von Quantenobjekten dann zuzlässig.
Dabei kann für die elektromagnetische Wechselwirkung davon ausgegangen werden,
gilt für die Ergebnisse einer Wechselwirkung das Superpositionsprinzip und
müssen wie bei einer Nahwirkung nur die unmittelbar an einem Volumenelement V
durch die Wechselwirkung ankommenden „Ergebnisse“ bekannt sein (um alles für das
Volumenelement ermitteln zu können 88),
dann muss diese Wechselwirkung auch selbst dem Superpositions- und dem Nahwirkungs-
prinzip unterliegen. Somit wird auch die von Faraday eingeführte Nahwirkungsvorstellung
noch einmal bestätigt.
Die Frage nach der Abhängigkeit der Kräfte von der Geschwindigkeit bei ihrer Einwirkung
auf die Bewegung von Körpern verursacht keine unmittelbare Änderung der
Relativitätstheorie. Die beobachtete Wirksamkeit der Kraft (K) auf die Beschleunigung ( x )
wird durch
) (m dt
d m xxK
( 6.1 )
beschrieben. Die dabei erfasste Abhängigkeit von der Geschwindigkeit ( x v ) des Teilchens
kann ohne weiteres dem Proportionalitätsfaktor – Masse (m) – zugeordnet werden.
2(v/c) 1m/ M(v)mit M(v) dt
d xK
( 6.2 )
Somit ergeben sich tatsächlich keine Änderungen in der Theorie und jede weitere
Interpretation sollte verschoben werden bis plausible Erkenntnis des Prozesses der
Wechselwirkung zur Realisierung der Nahwirkung vorliegen.
Bereits Einstein hat starre Körper als Koordinatensystem und Beobachter mit Maßstäben und
Uhren verwendet (Ein05 S. 892/3). Damit wurde ein Beobachtungssystem zur Grundlage der
Untersuchungen. Das Beobachtungssystem benötigt
einen Bezugskörper (repräsentiert ein Koordinatensystem),
Maßstäbe und Uhren sowie
ein Signal (hier Lichtstrahlen) zur Feststellung der Koinzidenz eines Ereignisses mit
einem Punkt (Ort und Zeit) auf dem Bezugskörper.
In der Praxis können Messungen nur mit einem konkreten Beobachtungssystem ausgeführt
werden. Durch Einstein wurde es auch in die Theorie zur Beschreibung der Raumzeit
eingeführt. Es ist dabei fest mit den physikalischen Eigenschaften der verwendeten „Materie“
verbunden.
In der speziellen Relativitätstheorie gehört dazu die Verbindung der Konstanz der
Vakuumlichtgeschwindigkeit mit dem Relativitätsprinzip (gleiche Gestalt der Beobachtungen
in Inertialsystemen). Das erforderte ein vierdimensionales pseudoeuklidisches
88 Vergleiche mit Abschnitt 3.12.
Relativitätstheorie und Elektrotechnik
Dr. Erich Boeck 57
Koordinatensystem (c0t, x, y, z) sowie die Lorentztransformation zwischen inertialen
Beobachtungssystemen.
Unter dem Einfluss von Gravitation breiten sich Lichtstrahlen nicht mehr geradlinig (also mit
konstanter Geschwindigkeit) aus. Deshalb musste in der allgemeinen Relativitätstheorie das
Beobachtungssystem verändert werden. Weil Lichtstrahlen weiterhin zur Feststellung der
Koinzidenz genutzt werden sollten, ergab sich ein nichtstarrer Bezugskörper mit zudem
allgemeinen Koordinaten (Bezugsmolluske (Ein70 S. 70)). Durch die Metrik dieser
pseudoriemannschen Koordinaten bewegt sich Licht auf Geodäten (kürzeste Verbindung
zweier Punkte) und somit wird wieder eine eindeutige Feststellung der Koinzidenz möglich.
Die Metrik wird in jedem Raumzeitpunkt nur von der Wirkung der Gravitation und dem
aktuellen Bewegungszustand des Beobachtungssystems festgelegt. (Auch hierbei ist ein
„Mechanismus“ für die gravitative Wechselwirkung nicht erforderlich. Es wäre die Wirkung
auf eine Probemasse ähnlich wie die auf eine Probeladung ausreichend.)
Mit dem Beobachtungssystem wurde die Beschreibung einer real existierenden Raumzeit
ermöglicht, die in einer dialektischen Beziehung zu allgemeinen abstrakten Raum- und
Zeitvorstellungen steht. Ohne allgemeine Vorstellung von Raum- und Zeit (wie auch in der
Philosophie) gibt es keine konkrete Raumzeit. Abstrakte Vorstellungen sind praktisch nicht
nutzbar und die konkrete Raumzeit realisiert solche nicht direkt. So wird teils sogar gefordert,
Raum als Ursache physikalischer Vorgänge wegzulassen (Bor69 S. 267).
Jedes Beobachtungssystem hat seinen Gültigkeits- und Anwendungsbereich und ist ohne
Materie nicht möglich. So sind mit den beiden oben genannten Beobachtungssystemen
sicherlich keine Ereignisse beobachtbar, die sich schneller als Licht bewegen (sie werden von
Lichtstrahlen nicht erreicht). Andererseits ist z.B. noch kein Signal bekannt, mit dem eine
genügende Auflösung für den Mikrobereich möglich wäre.
Diese Überlegungen sollten zeigen, dass der Begriff des Beobachtungssystems – konsequent
angewandt – zu mehr Anschaulichkeit und Plausibilität in den Theorien führen kann, selbst
wenn zu vermuten ist (Haw10 S. 39), dass wir ein verzerrtes Bild der Wirklichkeit mit jedem
Beobachtungssystem sehen.
Relativitätstheorie und Elektrotechnik
Dr. Erich Boeck 58
7 Anlagen
7.1 Relativitätsprinzip aus den axiomatischen Forderungen
Zum Auffinden eines in den axiomatischen Forderungen AF1 bis AF4 enthaltenen
Relativitätsprinzips soll von folgenden Voraussetzungen ausgegangen werden:
1. Alle physikalischen Gesetze gelten in der gleichen Form in allen inertialen
Beobachtungssystemen.
2. Eine Umrechnung der Messwerte vom Ausgangs- zum Zielbeobachtungssystem
erfolgt nur als Funktion der Geschwindigkeit des Zielsystems im Ausgangssystem.
3. Naturkonstanten wie c0, 0, oder 0 sowie Naturgrößen (wie eine Punktladung Q) sind
in allen Beobachtungssystemen gleich.
Die Ladungsanordnung in Abb. 7.1 wurde so einfach gewählt, damit außer den
grundlegenden Abhängigkeiten alle weiteren Einflüsse vermieden werden (nur
Punktladungen, Bewegungen in x - Richtung mit gleicher Geschwindigkeit).
Abb. 7.1: Bewegte Ladung und Probeladung
Im Beobachtungssystem K{x,y,z} ergibt sich die Kraft zwischen beiden Ladungen (Ruhe-
und Bewegungsanteil) nach den Axiomen AF3 und AF4 89, vergleiche auch ( 3.21 ) 90.
EE
EvvEEKK )
c
v (1 QQ
cQQQ
2
0
2
pp2
0
ppp IIIIII
Dabei ist in v x E nur die Komponente E von E (senkrecht zu v) wirksam.
Im Beobachtungssystem K´{x´,y´,z´}, welches sich mit den Ladungen Q und Qp mitbewegt,
folgt analog:
EEKK pp QQ IIII
Entsprechen die Umrechnungen der Messwerte (Transformation nach Voraussetzung 2) den
Funktionen II(v) und (v) 91, werden
IIIIII KK (v) sowie KK (v) und somit
IIIIII EE (v) sowie EE )/c v (1 Q (v) 2
0
2
p
89 Auf Seite 5 wurden diese Kräfte gemäß experimentellen Erfahrungen zu Axiomen postuliert; siehe ferner D in
( 2.4 ), DM in ( 3.67 ), deren Umkehrungen ( 2.3 ) und ( 3.68 ), dazu den Zusammenhang mit E, EM in ( 3.64 ). 90 Für eine Punktladung kann B=vxE/c0
2 aus dem Biot-Savart’schen Gesetz bestimmt werden. 91 Es ist nicht anzunehmen, dass parallel und senkrecht zu v die gleiche Transformation erscheint.
+Q v
v
+Qp
y
x
E
EII
E
Relativitätstheorie und Elektrotechnik
Dr. Erich Boeck 59
und es ergibt sich durch Gleichsetzen für die Komponenten der Kraft
IIIIIIIIIIII EEKK pp QQ (v) (v) und
EEKK p2
0
2
p Q )c
v (1Q (v) (v) .
Mit 0 E'II = D'II = eII dQ/dA' und 0 E' = D' = e dQ/dA'II, gemäß den Axiomen AF1 und
AF2 92, werden daraus mit dA' = II dA (Fläche liegt , Flächenvektor II zu v) und
dA'II = dAII (Fläche liegt II, Flächenvektor zu v)
IIIIIIIIIIII eeEE )dAdQ/(Q )A(dQ/dQ εQ εQ (v) pppp
)( )dAdQ/(Q)( )A(dQ/dQ εQε )c
v (1Q (v) ppp2
0
2
p eeEE IIII .
Hieraus müssen sich zwangsläufig
1(v) II und
2
0
2 c/v1/1(v)
ergeben, was zumindest für diese einfache Anordnung konsistent ist.
Weil dA = dy x dz und II = 1 sowie dAII = dz x dx und = sind, wird offensichtlich nur dx
mit umgerechnet.
Bei den weiteren Überlegungen sind Fragen der gleichen Zeit bzw. des gleichen Ortes zu
lösen. Für zwei Ereignisse kann der Ortsunterschied dx im Zielsystem entweder bei fester
Zeit t des Ausgangssystems mit dem Ortsunterschied dx oder am gleichen Ort x mit dem
Zeitunterschied dt verbunden sein. Zusätzlich muss die Bewegung des Zielsystems und somit
in obiger Anordnung von x(t) = x0 + vt jeweils vt abgezogen werden. Zu gleicher Zeit im
Ausgangssystem wird somit
20c/v 1
t) (t) d(d γ) d(d
2
vxvxxxxxxx .
Das impliziert die Transformation für x im Ausgangs-, zu x im Zielsystem
20c/v 1
t
2
vxx sowie y = y und z = z
( 7.1 )
entsprechend dy und dz.
Bewegt sich in K{x,y,z} ein Lichtstrahl mit c0 = x/t = x/t in x – Richtung (bei Beachtung der
Voraussetzung 3) wird die Umrechnung von t nach t einfach sichtbar
20
20 c/v 1
c/ xt
c/v 1
ttt
2
00
2
00
vcvccx und demzufolge
20c/v 1
xc
vt
t2
2
0
.
( 7.2 )
Das in den axiomatischen Forderungen AF1 bis AF4 entsprechend der Voraussetzungen 1, 2
und 3 enthaltene Relativitätsprinzip ist mit den Transformationen ( 7.1 ) und ( 7.2 ) zu
realisieren, welche mit der Lorentztransformation übereinstimmen.
92 Mit ( 2.4 ) und ( 3.67 ) sowie deren Umkehrungen ( 2.3 ) und ( 3.68 )
Relativitätstheorie und Elektrotechnik
Dr. Erich Boeck 60
7.2 Berechnung des Feldes eines geraden Leiters
Nach dem Faraday’schen Magnetfeld folgt aus dem Durchflutungsgesetz für einen unendlich
langen geraden dünnen Leiter:
r 2π
IH und somit
r 2π
IμB
Eine Berechnung mit dem neu vorgeschlagenen Magnetfeld erfolgt über (vxD)ges.
Abb. 7.2: Unendlich langer gerader Leiter
Nach Abb. 7.2 wird |DM| zu (cos realisiert hier die Komponente senkrecht zu vd):
0
3/222d
0
3/222dgesdM)r(x 4π
dx A ρ 2
)r(x 4π
dQ 2 )(
rv
rvDvD
0
3/222
0
3/222
dM
)r(x
dx
2π
r I
)r(x 4π
dxr A vρ 2 D
H r 2π
I DM
BDE r 2π
Iμ μ MM
Das Ergebnis zeigt DM ≙ H und EM ≙ B.
Das gleiche Resultat ergibt sich bei Benutzung der Bilanzgleichung ( 3.67 ) für einen
konzentrischen Zylinder um den Leiter (bei /t=0).
r π2
ID Idαr D
dx Iddx)(dαdx
dV)t
()(d
M
2
0
M
schnittLeiterquer
2
0
d
inhalt-Volumen
fläche-Ober
d
ASDvr
DSDvA
Auch für unterschiedliche Materialien, die konzentrisch um den Leiter angeordnet sind,
folgen dieselben Resultate wie nach dem Faraday’schen Magnetfeld.
Für Materialien, die halbseitig zum Leiter angeordnet sind (Abb. 7.3),
Abb. 7.3: Leiter mit halbseitig unterschiedlichen Materialien
vd + dx
A
r
x x
D
B2
I
1;1 2;2
H2 B1
H1
Relativitätstheorie und Elektrotechnik
Dr. Erich Boeck 61
kann wiederum das Durchflutungsgesetz verwendet werden.
r π)μ(μ
I μμBB
r π)μ(μ
I μH
r π)μ(μ
I μH
I )/μμ (1 Hr π Hr π Hr πd
21
2121
21
12
21
21
21121
sH
Eine formale Berechnung über (vxD)ges nach dem neu vorgeschlagenen Magnetfeld führt nicht
zu diesem richtigen Ergebnis (es fehlt die Wirkung der Ausbreitungsgeschwindigkeit).
Der Weg über die Bilanzgleichung ( 3.67 ) unter Voraussetzung EM1 = EM2 (= B) an der
Materialgrenze zeigt Folgendes (bei /t=0):
. I dαr )D v)(μ/μ(1
dx IddxD vrdα D vrdαdx
dV)t
()(d
)(μ/μ)( )(μ)(μ
c c c
2/
2/
1d21
schnittLeiterquer
2/
2/
2/3
2/
2d1d
inhalt-Volumen
fläche-Ober
d
1d212d2d21d1
2
22
2d
2
11
1d
2
1
1dM1
AS
DSDvA
DvDvDvDv
DvDvEvE
Damit werden:
. r π)μ(μ
I μμE
r π)μ(μ
I μμE
r π)μ(μ
I μD
r π)μ(μ
I μD
21
21M2
21
21M1
21
1M2
21
2M1
Diese entsprechen der Berechnung nach dem Durchflutungsgesetz.
Dieses Beispiel demonstriert, dass die beiden zueinander analogen Bilanzgleichungen ( 2.4 )
und ( 3.67 ) eigenständige Informationen beinhalten (vergleiche auch 4.3).
M
inhalt-VolumenHüllfläche
M
inhalt-VolumenHüllfläche
dV)t
(d bzw. QQdV ρd QD
SDAAD
Die Wirkungen von EM1 und EM2 (senkrecht zu deren Ausbreitungsrichtung) sind genauso
wie die von E1und E2 an der soeben behandelten Materialgrenze gleich. Es sind aber
anscheinend zusätzlich zu den Materialkonstanten ( und ) die Ausbreitungsgeschwin-
digkeiten c1 und c2 zu berücksichtigen.
Die für diesen Fall experimentell bestätigte Erkenntnis B1 = B2 entspricht EM1 = EM2.
Relativitätstheorie und Elektrotechnik
Dr. Erich Boeck 62
7.3 Berechnung der Induktivität eines Koaxialkabels
Es soll ein gerades Stück eines konzentrischen Koaxialkabels der Länge l berechnet werden.
Abb. 7.4: Koaxialkabel (Strom fließt im Innenleiter nach vorn, im Außenleiter nach hinten)
Ausgehend von Gleichung ( 3.67 ) mit dem konzentrischen Zylindervolumen Länge mal
Kreisfläche ( l πr2 ) erhalten wir (ohne D/t):
Länge
fläche-KreisLänge
fläche-Kreis
M dAds dAds)( SDrot .
Da die Gleichung für jede Länge gilt, müssen schon die inneren Integrale gleich sein. Mit
dem Stokes’schen Satz folgt somit das Durchflutungsgesetz.
umfasst
fläche-Kreis
eKreisflächum Ring
M Id d ASsD
Bilden wir das Integral auf einem konzentrischen Ring, so ist |DM| aus Symmetriegründen
konstant und DM zeigt immer in die Richtung von ds. Wir erhalten in den Bereichen:
2
i
2
Mr π
r π Ir 2 D Innenleiter
Ir 2 M D Isolator
)r(r π
)r (r π Ir 2
2
a1
2
a2
22
a2M
D Außenleiter
Mit EM=μDM wird im Bereich des Isolators die magnetische Spannung
i
I
r
r
I
r
r
M
r
r
MNahr
rln
2π
μI
r
dr
2π
μIddΔ
iii
eeErEsA .
Dabei war EM immer senkrecht auf dr und das Ergebnis zeigt in die Richtung des Stromes im
Innenleiter. Auf einer konzentrischen Zylinderfläche ist aus Symmetriegründen |DM|=const
und es steht jedes Flächenelement dA senkrecht auf DM, sodass sich ΨM ebenfalls in Richtung
des Stromes (eI) ergibt.
l Ir 2π
Ilr 2πd II
ntel(r)Zy linderma
MMges eeDAΨ
Weil nun ΨMges für jeden Zylinderring gleich bleibt und dΔA auf dem ganzen Zylinderring
gleich groß ist und immer in dieselbe Richtung zeigt, wird der magnetische Widerstand 93
l 2
)r/ln(rμ
l I 2
)r/ln(r μIR ia1ia1
M
.
93 Dieser magn. Widerstand unterscheidet sich vom Faraday’schen Magnetfeld.
r
ra1
ri
EM, DM
ra2 0 ≤ r ≤ ri Innenleiter
ri ≤ r ≤ ra1 Isolator
ra1 ≤ r ≤ ra2 Außenleiter
Relativitätstheorie und Elektrotechnik
Dr. Erich Boeck 63
Die Induktivität L für den Bereich des Isolators ergibt sich nach ( 3.76 ) zu
i
a1IIMgesM
Leiter
Leiter
Kop
r
rln
2
μll) 0l(R
I
1dΔ
I
1
I
ΔAL
eeΨsA .
Der erste Term in der Klammer steht für die Integration entlang des Innenleiters und der
zweite zurück entlang des Außenleiters. (Da ΔA beim Innenleiter von ri bis ra1 integriert
wurde, kann für den Rückleiter ΔA nur von ra1 bis ra1 integriert werden und wird Null.) Die
Induktivität stimmt mit der Rechnung nach dem Faraday’schen Magnetfeld überein. Durch
die Symmetrie und die günstigen Richtungen war diese Rechnung nur unwesentlich
komplizierter, da die Kreuzprodukte zwar zu beachten waren, sich aber kaum ausgewirkt
haben.
7.4 Berechnung der Induktivität einer Ringkernspule
Es soll ein hochpermeabler Ring mit kreisförmigem Querschnitt vom Radius rq (rq << rR dem
Radius des Ringes) dicht mit einer Lage Windungen umwickelt sein (Abb. 7.5).
Abb. 7.5: Ringkernspule und ihr Querschnitt
Da der Ring eine viel höhere Permeabilität besitzt, hat er einen viel höheren magnetischen
Widerstand und es wird dadurch in Luft nur ein vernachlässigbarer Spannungsabfall ΔA
entstehen 94. Bilden wir auf dem mittleren Umfang (lm) das Durchflutungsgesetz, wird
m
MmM
l
Ml
μwIE d.h. I wlD d
m
sD .
Da rq << rR ist, sollen DM und EM als hinreichend konstant angesehen werden. Es ergibt sich
der magnetische Spannungsabfall von rq bis zur Mitte (r=0)
q
r
0
MUmfang
r
0
M
0
r
M drEddΔ erEEsA .
Nach ( 3.75 ) folgt die Koppelspannung (eUmfang hat die Richtung von dsL – entspricht der
Stromrichtung – mit |dsL|=rdα)
Il
μπrwπ2
2
r
l
μwIwrdα drEwΔA
m
2
q2
2
q
m
2
schleife-Leiter
0
r
0
MKop
q
.
94 Vergleichbare Näherung zur Vernachlässigung des äußeren Φ beim Faraday’schen Magnetfeld.
EM, DM
nach vorn
Ψ und in die
gleiche Richtung
ΔA auf einer Linie
|ΔA|=const
I rq
Ausbreitungsrichtung
lm =2πrR
Eisenkern
Leiter
Relativitätstheorie und Elektrotechnik
Dr. Erich Boeck 64
Für L=ΔAKop/I ergibt sich auch hier das gleiche Ergebnis wie bei der Rechnung nach dem
Faraday’schen Magnetfeld (Phi76 S. 98).
Es ist aber nicht einfach möglich, den magnetischen Widerstand zu bestimmen. Zwar haben
in jedem kleinen Volumenelement dΔA und dΨ die gleiche Richtung, aber im Gegensatz zum
Beispiel in Anlage 7.3 sind schon im benachbarten Volumenelement die Richtungen etwas
anders.
Bei einer Betrachtung in Zylinderkoordinaten muss hier berücksichtigt werden, dass rot ΔA
eine andere Form annimmt und somit ( 3.73 ) ebenfalls angepasst werden muss (EM zeigt in
unserem Fall in z-Richtung).
zrα
Mdα
)d(
r
1
dr
)d(r
r
1e
AAArotE
In diesem Beispiel existiert nur ein ΔAα und das Integral wird
r
0
MM
r
0
r
0
MM
2
drrEr
1
2
rE)r(ΔA
)r(Ardrdr
)Ad(rdrrEE
2
r
Und somit wird nach Integration über den Leiter (entspricht w Leiterschleifen)
2
schleife-Leiter
0
q
Mq2
schleife-Leiter
0
qqKop dαr 2
Erwdαr )r(ΔAwΔA
und wir erhalten das gleiche Ergebnis wie oben.
Mit dΨM entsprechend ( 3.68 ) wird der magnetische Widerstand aus einer Parallelschaltung
m
M
2
0
mm
M
m
Ma
amM
Ma
amM
a
aM
M
mMM
l 4
μR
μ
2 l2
μ
dα l2
R
1
μ
dα l2
μDr
dαr lD2
Er
dαr lD2
)r(ΔA
)r(dΨ)
R
1d(
rdα lD)r(dΨ
Der magnetische Gesamtwiderstand scheint aber eine Täuschung zu sein, da kein Fluss ΨMges
existiert, der hindurchfließt. Weil DM immer in z-Richtung zeigt, ergibt das Kreuzprodukt mit
dA (zeigt immer in radiale Richtung) ein ΨM in Richtung des Kreisumfanges. Die Integration
von Vektoren, die „aneinander gehängt“ einen geschlossenen Kreis ergeben, ist Null. (Beim
Beispiel in Anlage 7.3 hätten wir auch Null erhalten, wenn wir die Zylinderfläche um Hin-
und Rückleiter gelegt hätten.)
Das verdeutlicht die Problematik beim Umgang mit dem vektoriellen Fluss ΨM und der
vektoriellen Spannung ΔA.
7.5 Modell mit verteilten Elementen in Tensordarstellung
Werden die Komponenten von D und DM in Abb. 3.13 zum Verschiebungsflusstensor H
zusammengefasst, SL in den Tensor S überführt sowie dΔΦ = (∂Φ∂Φ)ds = Fds
als Gesamtspannung verwendet, folgt Abb. 7.6.
.
.
Relativitätstheorie und Elektrotechnik
Dr. Erich Boeck 65
Abb. 7.6: Modell in Tensordarstellung
Dabei bedeuten die Schreibweisen:
U/c0 wird zu ΔΦ mit Φα = (2φ/c0, Ax, Ay, Az) (der Bezugspunkt ist hier ohne Belang).
dU/c0 wird zu dΔΦ und im Sinne eines Gradienten zu (∂Φ ∂Φ) ds = F ds .
Der Faktor M 95 verbindet H mit F, sodass alle c0D mit 1/c0 = (c/c0)2 und alle DM mit
multipliziert werden und so E/c0 und EM ergeben.
FM = {0, EM} hat nur Komponenten von EM im schiefsymmetrischen Tensor.
Mit dem Faktor K = {1/c0, 0. 0, 0} wird KS KS + FM = F. ähnlich
95 MHαβ entsprticht dem H in (Reb99 S. 864), M beinhalter die Materialabhängigkeit und wirkt wie ein Operator.
DM
DM+dDM
ΔA
ΔA+dΔA
dΔA=dsAxEM
μdsAx
dDML=
dsAxSL
dDMV=
dsAx (c0D)/t
ds in Richtung von E, D, S
Ausbreitungsrichtung, dsA
Vektorrichtung
c0D c0(D+dD)
U/c0=ρ/c0CR" (U+dU)/c0
E∙ds/c0
dEind/c0=
(ΔAB/t)∙ds
∙ds/c02
c0dD
=c0ρds
dU/c0
dEind/c0=
(ΔAB/t)∙ds
SL SL+dSL
U/c0=ρ/c0CR" (U+dU) /c0
E∙ds/c0
∙ds/κ c0
dSR=
ds ρ/t
c0CR"ds
dU/c0
H H+∂H
ΔΦ= ρ/c0CR" ΔΦdΔΦ
dΔΦ=(∂Φ∂Φ)ds=Fds
FMds ∂Hg
= S
MHds
(KSKS)
ds
S S+∂S
Relativitätstheorie und Elektrotechnik
Dr. Erich Boeck 66
Die Faktoren ds geben den Änderungen die Größe für das Volumenelement, treten in
Gleichungen auf beiden Seiten auf und fallen so letztendlich heraus.
Der Faktor/Operator M ist wie folgt zu handhaben.
F
0EEc/E
E0Ec/E
EE0c/E
c/Ec/Ec/E0
1000
0100
0010
000
0DDDc
D0DDc
DD0Dc
DcDcDc0
1000
0100
0010
000
μ
HμH
MxMy0z
MxMz0y
MyMz0x
0z0y0x
MxMyz0
MxMzy0
MyMzx0
z0y0x0 20
2
20
2
c
c
c
c
MMM
M beinhaltet die Materialabhängigkeit des ruhenden Mediums (K mit MH=F). M wird
beim Übergang in ein mit v bewegtes Beobachtungssystem (K) selbst nicht transformiert. Es
wird mit D = E und EM = DM
M H = M αγ
βδH
γδ = αγ
βδF
γδ = F .
Nach Vergleich der Komponenten auf beiden Seiten ergibt sich:
EII = (1/)DII und EMII = DMII sowie
E + vxEM = (1/){D + vxH/c02} und
EM vxE/c02 = {DM vxD} .
Nach Umformen und Ineinander - Einsetzen werden daraus 96:
E = 2{(1v2/c2)D + (1c02/c2)vxH/c0
2} und
(1/)EM = 2{(1 (c2/c02)v2/c0
2)DM (1c2/c02)vxD} .
Darin kommen zumindest für homogene isotrope Medien die Effekte in bewegten Medien mit
nεμ/c/cc 00 (Brechungsindex) zum Tragen.
Da in K nur die Materialabhängigkeit steht, ist dieses ebenfalls nicht zu transformieren. Der
Ausdruck KS KS + FM ist ein schiefsymmetrischer Tensor zweiter Stufe, was durch
sein Transformationsverhalten überprüft werden kann. Damit kann die Leitungsstromdichte
S mit F im Modell funktional über verknüpft werden. Auf analoge Weise wie oben ergibt
sich mit KγS
γ´ KαγS
γ´, ausgehend vom ruhenden Medium (K mit ´= 0), für ein mit v
bewegtes Beobachtungssystem (K):
KS KS = KγS
γ´ KαγS
γ´ mit γS
γ´= = = S
und es wird:
.
96 Vergleiche auch (Reb99 S. 803) und (Kar11 S. 50), für c=c0 bzw. v=0 werden wieder E= D, EM = DM und S
= (E + vxEM) bzw. E.
z
y
x
x
2
00
S
S
)γρ vS(
)γS v/cρ(c
z
y
x
0
S
S
S
ρc
000κc/S
000κc/S
000κc/S
κc/Sκc/Sκc/S0
0z
0y
0x
0z0y0x
Relativitätstheorie und Elektrotechnik
Dr. Erich Boeck 67
.
Aus KγS
γ´ KαγS
γ´ + αγ
βδFM
γδ = F folgt durch Vergleich der Komponenten:
SL = γ(E + vxEM) 97 .
So können in diesem Modell formal D und DM zu Hαβ bzw. mit M zu Fαβ sowie E=S/ und EM
ebenfalls zu Fαβ zusammengefasst werden.
Der Knotenpunkt führt zu:
∂βHαβ = Sα und entspricht der inhomogenen DGL im Sinne der Divergenz
(vergleiche: divD = 0 und rotDM ∂D/∂t = SL), außerdem wird:
∂Sα = 0 ,
und der Maschenumlauf (oben über MHds) führt zu:
dΔΦ = (∂Φ ∂Φ) ds = MH ds = Fαβ ds im Sinne eines Gradienten
(vergleiche: E/c0 = 2grad(/c0) ∂A/∂c0t und EM = rotA; ohne ds).
Daraus wird nach weiterer Differenziation die homogene DGL ∂α Fβγ+∂β Fγα+∂γ Fαβ = 0
(entsprechend rotE + ∂EM/∂t = 0 und divEM = 0). Somit ergeben sich alle Maxwell’schen
Gleichungen.
Wird der Maschenumlauf alternativ über den unteren Weg geführt:
dΔΦ = (∂Φ ∂Φ) ds = (KS KS)ds + FMds = Fαβds 98
folgt das gleiche Resultat.
Die Stromquelle fügt das durch SL erzeugte Magnetfeld hinzu, die Spannungsquelle fügt
durch eine Anpassung an Fαβds die Induktion ein. Die Induktion durch ∂A/∂c0t von dΔΦ ist
in Fαβds enthalten. Genauso sind und ∂D/∂t in ∂βHαβ bereits berücksichtigt. Alle
Materialeigenschaften sind nur in M und K und demzufolge fest mit dem Volumenelement
dV (d.h. dem Ort) verbunden. Es sind also keine Informationen über entfernten Quellen oder
über die Nachbarelemente erforderlich.
Eine Formulierung des Modells von Abb. 7.6 mit Hilfe von Tensoren kann eventuell auch als
lokaler Minkowskiraum in der allgemeinen Relativitätstheorie genutzt werden.
97 γ(SII´v´)=SII, S´=Sbzw. E´II= EII, E´=γ(E+vxEM) sowie S´=E´und ´=0; Vergleiche auch (Reb99 S.
863ff) und (Kar11 S. 50) 98 (1/κc0)SL =SL/(c0)=E/c0 sowie zusätzlich mit EM aus FM
Relativitätstheorie und Elektrotechnik
Dr. Erich Boeck 68
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