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Geschichte im Postkartenbild Band7 Otto May Europa und die „Gelbe Gefahr” Vom Boxer-Aufstand zum russisch-japanischen Krieg Verlag Franzbecker

Europa und die „Gelbe Gefahr” - Verlag Franzbecker...3.2.3 Die Schlacht am Yalu.....142 3.2.4 Die Schlacht von Liaoyang .....153 3.2.5 Die Eroberung von Port 3.2.6 Die Schlacht

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Page 1: Europa und die „Gelbe Gefahr” - Verlag Franzbecker...3.2.3 Die Schlacht am Yalu.....142 3.2.4 Die Schlacht von Liaoyang .....153 3.2.5 Die Eroberung von Port 3.2.6 Die Schlacht

Geschichte im Postkartenbild Band7

Otto May

Europa und die „Gelbe Gefahr”

Vom Boxer-Aufstand zum russisch-japanischen Krieg

Verlag Franzbecker

Page 2: Europa und die „Gelbe Gefahr” - Verlag Franzbecker...3.2.3 Die Schlacht am Yalu.....142 3.2.4 Die Schlacht von Liaoyang .....153 3.2.5 Die Eroberung von Port 3.2.6 Die Schlacht

1. Auflage Januar 2016Veröffentlicht im Verlag Franzbecker

Hildesheim

© 2016 Verlag Franzbecker, HildesheimSatz Otto May

Gestaltung Walter Franzbecker

ISBN 978-3-88120-934-2Geschichte im Postkartenbild

Band 7

Unsere Adresse im Internetwww.franzbecker.de

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Inhalt

1. Europa und der Boxeraufstand ................................................................................................. 11.1. Vorgeschichte ................................................................................................................... 1

1.1.1 „Völker Europas, wahrt eure heiligsten Güter“ ............................................................ 11.1.2 Die europäische Einflussnahme auf China .................................................................. 61.1.3 Die Vorzeichen eines Konflikts ...............................................................................21

1.2. Die Boxer-Bewegung...................................................................................................... 291.2.1 Der Geheimbund der Boxer ......................................................................................291.2.2 Die chinesische Führung und die Geheimbünde ........................................................32

1.3. Der Verlauf des Boxer-Aufstands ....................................................................................371.3.1 Sicherheitsprobleme der Gesandtschaften in Peking.................................................371.3.2 Der Angriff auf Taku und die Belagerung der Gesandtschaften ..................................421.3.3 Die Befreiung der Gesandtschaften in Peking ...........................................................481.3.4 Der Einsatz der Expeditionsarmee ............................................................................531.3.5 Die Rückkehr der Expeditionsarmee und der Friedensschluss ..................................77

1.4. Die Postkarten zum Boxeraufstand .................................................................................861.4.1 Die Charakterisierung der Gegner ............................................................................. 861.4.2 Die Karten vor und nach dem Aufstand im Vergleich .................................................931.4.3 Die wesentlich beteiligten Verlage ............................................................................99

2. Die Entwicklung der Postkarte von 1900 bis 1904 .............................................................. 1113. Europa und der Russisch-japanische Krieg ..........................................................................122

3.1. Vorgeschichte ...............................................................................................................1223.2. Der Kriegsverlauf .........................................................................................................126

3.2.1 Der Überfall auf Port Arthur ...................................................................................1263.2.2 Chemulpo und Port Arthur als erste Kriegsziele .....................................................1303.2.3 Die Schlacht am Yalu ...............................................................................................1423.2.4 Die Schlacht von Liaoyang ......................................................................................1533.2.5 Die Eroberung von Port Arthur................................................................................1573.2.6 Die Schlacht von Mukden........................................................................................1693.2.7 Von der Doggerbank-Affäre zur Schlacht von Tsushima ..........................................1733.2.8 Der Friedensvertrag ................................................................................................1813.2.9 Die Folgenden des Krieges .....................................................................................195

3.3 Die Postkarten zum Russisch-Japanischen Krieg...........................................................1963.3.1 Tiersymbolik bei den Postkarten .............................................................................1963.3.2 David gegen Goliath ................................................................................................2013.3.3 Die neue „Gelbe Gefahr“ .........................................................................................2033.3.4 Zur Rolle Englands..................................................................................................2133.3.5 Die Darstellungen zu den beteiligten Ländern .........................................................221

3.3.5.1 Zur Darstellung Chinas und Koreas .................................................................2213.3.5.2 Zur Darstellung Japans ....................................................................................2263.3.5.3 Zur Darstellung Russlands ...............................................................................233

3.3.6 Die Motive auf europäischen Postkarten.................................................................2453.3.6.1 Die Europäer als Beobachter des Geschehens .................................................2453.3.6.2 Zu den Karten der europäischen Staaten ..........................................................251

4. Nachwort .............................................................................................................................262Literatur: .................................................................................................................................263

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1. Europa und der Boxeraufstand

1.1. Vorgeschichte

1.1.1 „Völker Europas, wahrt eure heiligsten Güter“

Der deutsche Kaiser Wilhelm II. hielt sich auch im Bereich der Kunst für kompetent,entwarf Trophäen und Pokale und zeichnete gern historische Bilder, wie es die untereAbbildung zeigt. Am 30. April 1895 fertigte er eine Skizze unter dem Titel „Völker Euro-pas, wahrt eure heiligsten Güter“ an und gab diese zur Ausarbeitung dem Kasseler Historien-maler Hermann Knackfuß.

Abb. 1, Karikatur des deutschen Kaisers als Maler, sign. Bigot ca. 1905

Abb. 2, Karte mit einer historischen Zeichnung Kaiser Wilhelms II.

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Das Bild zeigt Erzengel Michael mit einem Flammenschwert auf einem Felsen. Zur Linkenbefinden sich unter dem Zeichen des Kreuzes europäische Symbolgestalten in der Formvon walkürehaften Frauendarstellungen. Germania übernimmt mit gezücktem Schwert dieFührung, unterstützt durch Russland. Auch Frankreichs Marianne erscheint kampfbereit,während England zögert und von Italien und der Austria aufgefordert wird, sich anzu-schließen.

Abb. 3/4, „Völker Europas, wahrt eure heiligsten Güter“, ca. 1900(Die obere Karte enthält ein Signum des Kaisers, die untere einen russischem Text.)

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Auf der anderen Seite befinden sich blühende Landschaften, die von einer Feuerwalzebedroht werden. Der Rauch dieses Gefahrensymbols bildet einen Drachen, auf dem sicheine Buddha-Figur befindet, über die Bismarck sagte, dass sie ihn an der Auslegung störe.Da um die Jahrhundertwende die Drucktechnik so weit fortgeschritten war, dass man denMarkt mit recht billigen Kopien überschwemmen konnte, wurde das Bild sehr schnelleinem großen Publikum bekannt gemacht. Auch in den Kajüten der Dampfer der deut-schen Ostasienlinien hing es, und mit teuren Rahmen wurde es an ausländische Staatsmän-ner und Diplomaten verteilt.Insbesondere schickte Wilhelm die Zeichnung auch an den russischen Zaren und lieferte ineinem Brief auch seine Interpretation mit. „Sie zeigt die europäischen Mächte, jede durchihren Genius vertreten, zusammengerufen durch den vom Himmel gesandten ErzengelMichael, wie sie sich im Widerstand gegen das Eingreifen des Buddhismus, des Heiden-tums und der Barbarei zur Verteidigung das Kreuzes vereinigen. Besonderer Nachdruckist auf den vereinigten Widerstand aller europäischen Mächte gelegt, der ebenso notwen-dig ist gegen unsere gemeinsamen inneren Feinde: Anarchismus, Republikanismus, Nihi-lismus. Ich bin so frei, Dir ein Blatt zu schicken mit der Bitte, es als ein Zeichen meinerwarmen, aufrichtigen Freundschaft für Dich und Russland entgegenzunehmen“ [Zit. nachRöhl II, 2010, S. 1009f]. Der Zar bedankte sich für das „charming picture“. In seinenArchiveintragungen fand man aber später die Notiz: „Empfing den Flügeladjutanten desKaisers, Moltke, mit einem Brief und einer Gravur für mich vom langweiligen Herrn Wil-helm“ [Ebda].Vermutlich erkannte er auch die versteckte Tendenz des Bildes, dass Russland sich nachOsten orientieren sollte. Manchmal wurde auch die Vermutung geäußert, dass Bismarckanstelle des Buddhas lieber ein Symbol für Russland gesehen hätte.

Andererseits entstand für den deutschen Kaiser mit dem Erstarken der ostasiatischen Län-der ein Schreckgespenst, von dem er sich nicht lösen konnte. Dieses Bedrohungsszenariowar nicht neu; Völkerwanderung, der Zug der Nibelungen und der Kampf mit Attila warenin der europäischen Geschichtsschreibung immer präsent. Allerdings trat diese Gefahr imLaufe der Jahrhunderte zurück, zumal die Türkenkriege gegen andere Mächte geführt wer-den mussten.Aber der von Japan siegreich beendete Krieg gegen China 1895/96 ließ die Angst vorOstasien wieder zum Thema werden. Dabei wurde eben durch diesen Krieg die europäi-sche Allianz zerstört. Während England bei den Friedensverhandlungen für Japan eintrat,ergriffen die anderen Europäer für China Partei, da sie sich dadurch ein Entgegenkommender chinesischen Regierung bei der Errichtung von Handels- und Flottenstützpunkten er-hofften.

In dieser Zeit entstand auch der Begriff „Gelbe Gefahr“.Diese „Yellow Peril“ oder „Péril jaune“ war allerdings auch in anderen Ländern durchausauf der Tagesordnung, da das Schlagwort besonders geeignet war, teleskopartig die Di-stanz zur ostasiatischen Gefahr zu verkürzen und ein Eingreifen in Asien als Präventiv -Verteidigung zu sehen.

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Das beschriebene Bild Kaiser Wilhelms wurde für viele Karikaturen ausgenutzt. Im obe-ren Bild dieser Seite versammeln sich die europäischen Mächte um ein Whiskey-Fass undeinem karikierten Teufel, der das Kreuz auf dem Original ersetzt. Hier wird die Gefahr desFriedens innerhalb der europäischen Staaten gesehen.Die untere Darstellung diente dem Antisemitismus um die Jahrhundertwende. Hier ist derBuddha durch eine furchtbare Karikatur eines geldgierigen Juden ersetzt, der auf einemUngeheuer Europa bedroht.

Abb. 5/6, Karikaturen, die auf das Bild Kaiser Wilhelms zurückgehen, ca. 1900