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Europas längste gedeckte Holzbrücke technischen Ingenieursleistung an Pfeilern und Jochen wird nicht mehr vom Verkehr behindert, jedermann bietet sich die Gelegenheit zum Blick auf die erneuerten Fassaden der Altstadt. So bedeutet die Einweihung der neuen Fridolinsbrücke im Jahr 1979 keinen Abschied von der alten, sondern die Bewältigung eines Schrittes der Zukunft im Einklang mit der Vergangenheit. Text: Adelheid Enderle Name: Alte Rheinbrücke Bauwerksnr: 841 3 512 Brückennr: 23 Lage: Bad Säckingen (D) nach Stein (CH) bei km 39,675 der badischen Rheinkilometer Länge: 203,7 m (206,5 m mit Vordächern) Breite: 3,4 bis 5,0 m Erstellung: 520 m³ Eichen- und Fichtenholz 1. Erwähnung: Kolmarer Annalen für die Zeit Vor 1270 Tourismus GmbH Bad Säckingen Waldshuter Str. 20 79713 Bad Säckingen Tel.: +49 (0) 77 61 - 56 83 0, Fax: - 56 83 17 [email protected] www.badsaeckingen.de Daten: schon seit Jahrhunderten das beste Eichenholz lieferte und dessen Qualität auch die Basler für ihre Brückenbauten bevor-zugten. Die verschiedenen Herstellungsarbeiten, welche Baldischwiler an der Säckinger Brücke in drei Bauperioden innerhalb von dreißig Jahren durchführte, kamen einem Neubau der gesamten Brücke in ihrer Holzkonstruktion gleich. So kann Blasius Baldischwiler als Schöpfer der heutigen Konstruktion der Bad Säckinger Holzbrücke bezeichnet werden. Spätere Reparaturen haben sich auf das Auswechseln schadhaft gewordener Einzelteile beschränkt. Als Folge der Neuordnung der politischen Verhältnisse in Europa wurde das bislang vorder-österreichische Fricktal dem schweizerischen Gebiet zugeschlagen, 1806 fiel Säckingen mit dem Breisgau an das Herzogtum Baden. Während im Rheinbett der Talweg die neue Grenze zwischen den nun benachbarten Staatsgebilden markierte, wurde auf der Holzbrücke die genaue Mitte zwischen den beiden Brückenenden als Hoheitsgrenze festgelegt. Die Brücke verblieb weiterhin in ihrer gesam- ten Länge im Besitz der Stadt. Am Brückeneingang auf schweizerischer Seite befand sich das städtische Zollhäuschen, der Brückenzoll betrug in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts für eine Person 1 Kreuzer, für eine Person zu Pferde oder ein mitgeführtes Stück Vieh 2 Kreuzer. Allerdings blieben die für die Stadt bestimmten Transporte zollfrei. Auch Gäste der Säckinger Thermalquellen waren vom Zoll befreit. 1869 übernahm der badische Staat die Brücke in sein Eigentum, der städtische Brückenzoll fiel weg. Zwischen 1960 und 1963 erfuhr die Säckinger Rheinbrücke ihre bislang letzte größere Reparatur. Verursacht durch den Bau des neuen Rheinkraftwerkes und die dadurch bedingte Rheinbettvertiefung mussten die alten Pfeiler neu fundiert und verstärkt werden. So steht die Brückeunverrückt im Strom und bietet ein eindrucks- volles Zeugnis vom Können ihrer Erbauer. Mit der Einweihung der neuen Brücke werden der alten Vorgängerin einstige Funktionen zurückzugeben. Die ungestörte Passage über den Rhein steht dem Fußgänger wieder offen, die Betrachtung der

Europas längste gedeckte Holzbrücke

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Page 1: Europas längste gedeckte Holzbrücke

Europas längste gedeckte Holzbrücke

technischen Ingenieursleistung an Pfeilern und Jochen wird nicht mehr vom Verkehr behindert, jedermann bietet sich die Gelegenheit zum Blick auf die erneuerten Fassaden der Altstadt. So bedeutet die Einweihung der neuen Fridolinsbrücke im Jahr 1979 keinen Abschied von der alten, sondern die Bewältigung eines Schrittes der Zukunft im Einklang mit der Vergangenheit.

Text: Adelheid Enderle

Name: Alte RheinbrückeBauwerksnr: 841 3 512Brückennr: 23Lage: Bad Säckingen (D) nach Stein (CH)

bei km 39,675 der badischen Rheinkilometer

Länge: 203,7 m (206,5 m mit Vordächern)Breite: 3,4 bis 5,0 mErstellung: 520 m³ Eichen- und Fichtenholz1. Erwähnung: Kolmarer Annalen für die Zeit

Vor 1270

Tourismus GmbH Bad SäckingenWaldshuter Str. 2079713 Bad SäckingenTel.: +49 (0) 77 61 - 56 83 0, Fax: - 56 83 [email protected]

Daten:

schon seit Jahrhunderten das beste Eichenholz lieferte und dessen Qualität auch die Basler für ihre Brückenbauten bevor-zugten. Die verschiedenen Herstellungsarbeiten, welche Baldischwiler an der Säckinger Brücke in drei Bauperioden innerhalb von dreißig Jahren durchführte, kamen einem Neubau der gesamten Brücke in ihrer Holzkonstruktion gleich. So kann Blasius Baldischwiler als Schöpfer der heutigen Konstruktion der Bad Säckinger Holzbrücke bezeichnet werden. Spätere Reparaturen haben sich auf das Auswechseln schadhaft gewordener Einzelteile beschränkt.

Als Folge der Neuordnung der politischen Verhältnisse in Europa wurde das bislang vorder-österreichische Fricktal dem schweizerischen Gebiet zugeschlagen, 1806 fiel Säckingen mit dem Breisgau an das Herzogtum Baden. Während im Rheinbett der Talweg die neue Grenze zwischen den nun benachbarten Staatsgebilden markierte, wurde auf der Holzbrücke die genaue Mitte zwischen den beiden Brückenenden als Hoheitsgrenze festgelegt. Die Brücke verblieb weiterhin in ihrer gesam-ten Länge im Besitz der Stadt. Am Brückeneingang auf schweizerischer Seite befand sich das städtische Zollhäuschen, der Brückenzoll betrug in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts für eine Person 1 Kreuzer, für eine Person zu Pferde oder ein mitgeführtes Stück Vieh 2 Kreuzer.

Allerdings blieben die für die Stadt bestimmten Transporte zollfrei. Auch Gäste der Säckinger Thermalquellen waren vom Zoll befreit. 1869 übernahm der badische Staat die Brücke in sein Eigentum, der städtische Brückenzoll fiel weg. Zwischen 1960 und 1963 erfuhr die Säckinger Rheinbrücke ihre bislang letzte größere Reparatur. Verursacht durch den Bau des neuen Rheinkraftwerkes und die dadurch bedingte Rheinbettvertiefung mussten die alten Pfeiler neu fundiert und verstärkt werden. So steht die Brückeunverrückt im Strom und bietet ein eindrucks-volles Zeugnis vom Können ihrer Erbauer. Mit der Einweihung der neuen Brücke werden der a l t e n Vo r g ä n g e r i n e i n s t i g e F u n k t i o n e nzurückzugeben. Die ungestörte Passage über den Rhein steht dem Fußgänger wieder offen, die Betrachtung der

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Stadt und Brücke

Die Brücke im Mittelalter

Über die verschiedenen Bauepochen der Bad Säckinger Brücken in früheren Jahrhunderten sind wir leider nur mangelhaft unterrichtet, da städtische Archivalien aufgrund des großen Stadtbandes von 1272 fehlen. Ein gewisses Bild der Entwicklung lässt sich trotzdem aus indirekten Quellen ermitteln. Es zeigt, dass sich im Schicksal der Brücke die Geschichte der Stadt mit ihren Bürgern spiegelt. Infolge seiner früheren Insellage hatte Bad Säckingen seit dem Hochmittelalter zwei Brücken, welche die Verbindung nach beiden Ufern des Rheines herstellten. Die steinerne Bogenbrücke über den nördlichen Rheinarms wurde 1830 eingedämmt und ruht heute noch im Erdreich unter der Steinbrückstraße. Ein bewegteres Schicksal erlebte dagegen die Holzbrücke. Sie symbolisiert durch alle Jahr-hunderte den Lebenswi l len der Stadtbewohner. Das Wirtschaftsleben war eng mit ihr verflochten, umso mehr, da bis in das 19. Jahrhundert das eigentliche wirtschaftliche Hinterland der Stadt im linksrheinischen Fricktal lag.

Die älteste Erwähnung einer Brücke in Bad Säckingen findet sich in den Kolmarer Annalen für die Zeit vor 1270. Im April des Jahres 1343 schlichtete Königin Agnes von Ungarn offene Differenzen zwischen Stift und Stadt, bei der auch die Brücke Gegenstand derAuseinander-setzungen

war. Aus diesem Jahr stammt auch die Kenntnis der ersten Hochwasserkatastrophe, bei der die Brücke und mehrere Häuser weggerissen wurden. Dieses Schicksal widerfuhr der Brücke, damals noch auf zwölf Pfeilern stehend, in der Folge noch öfters. In den Februartagen des Jahres 1408 richtete ein starker Eisgang große Schäden an. Um die Kosten des Wiederaufbaues zu decken, überließen die Herzöge von Österreich der Stadt „zu einer hilf und widerbringung derselben prugg“ die Einnahmen aus dem Rheinzoll. Brücken- und Rheinzoll waren seitdem die wichtigsten Einnahmen der Stadt. Sie betrugen ungefähr ein Drittel des städti-schen Gesamteinkommens, wobei allerdings ein Großteil wieder für den Unterhalt des immer gefährde-ten Bauwerks aufzubringen war. Als das große Hochwasser von 1480 beinahe alle Joche der Brücke wegriss, musste die Stadt für den Wiederaufbau eine für die damalige Zeit immense Summe von über 1000 Gulden als Schuldenlast aufnehmen. Nachdem schon 1506 der Rhein erneute Zerstörungen angerichtet hatte und 1570 ein gewaltiges Hochwasser zu verzeichnen war, entschloss man sich zu einer völlig neuen Baukonstruktion, bei welcher die bislang hölzernen Pfahljoche durch steinerne ersetzt werden sollten. Der Bau solcher Steinpfeiler stellte den Baumeister vor große Schwierigkeiten. Nun ruht die Brücke auf sieben Steinpfeilern, von denen heute nur noch sechs sichtbar sind. Das siebte Trägerwerk ist im 19. Jahrhundert in die Rheinufermauer auf der schweizerischen Seite einbe-zogen worden.

Die Brücke in der Neuzeit

Mit dem Neubau der steinernen Brückenpfeiler war für die Zukunft die Gefahr der Zerstörung durch Hochwasser weitgehend gebannt. Spätere Über-schwemmungen verursachten nur noch Teilschäden. Bedrohlich dagegen blieben Kriege, welche in den folgenden zwei Jahrhunderten oft das Hochrheingebiet überzogen. Als im 30-jährigen Krieg der Pfalzgraf mit schwedischen Truppen heranrückte, wurde die Brücke nieder-gebrannt. Für 20 Jahre besorgte eine Fähre den Verkehr zwischen den beiden Ufern. Erst 1653 konnte der Wiederaufbau beginnen. 1678 zerstörten die kaiserlichen Truppen wieder ein Joch, um den heranrü-ckenden Franzosen den Übergang zu sperren. Eine Reparatur der Brücke fiel abermals1774 an, als ein Hochwasser ein Joch zerstörte und vier Jahre später einen Stein-pfeiler vollständig unterspülte. Man bat Regierung und Landstände um einen finanziellen Beitrag, wurde jedoch abschlägig beschieden, da die Bad Säckinger Brücke keinem Nah- oder Fernstraßen-netz integriert war. Nach Vorschlag der Regierung sollte die Brücke gar abgebrochen und durch einen Fährbetrieb ersetzt werden. Das benötigte Geld wurde erneut aufgenommen. Zwei Laufenburger Bürger, der Maurermeister Zech und der Zimmer-mann Blasius B a l d i s c hw i l e r, e rh i e l te n d e n A u f t ra g z u r Wiederherstellung der Brücke. Als im April 1799 die Franzosen zwei Brückenbögen zerstörten, erhielt Baldischwiler erneut den Reparaturauftrag. Im Mai 1800 weilte er für drei Wochen mit seinen Holzarbeitern im Säckinger Wald, der, am Hang des Eggberg gelegen,