Excerpt 001 Gehor

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  • 7/17/2019 Excerpt 001 Gehor

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    d t v T a s c h e n b c h e r 3 0 0 4 7

    G e h r b i l d u n g i m S e l b s t s t u d i u m

    B e a r b e i t e t v o n

    C l e m e n s K h n

    1 . A u f l a g e 1 9 9 3 . T a s c h e n b u c h . 1 4 4 S . P a p e r b a c k

    I S B N 9 7 8 3 4 2 3 3 0 0 4 7 6

    F o r m a t ( B x L ) : 1 2 , 4 x 1 9 , 1 c m

    W e i t e r e F a c h g e b i e t e > M u s i k , D a r s t e l l e n d e K n s t e , F i l m > M u s i k w i s s e n s c h a f t

    A l l g e m e i n > M u s i k p d a g o g i k , G e s a n g s p d a g o g i k

    s c h n e l l u n d p o r t o f r e i e r h l t l i c h b e i

    D i e O n l i n e - F a c h b u c h h a n d l u n g b e c k - s h o p . d e i s t s p e z i a l i s i e r t a u f F a c h b c h e r , i n s b e s o n d e r e R e c h t , S t e u e r n u n d W i r t s c h a f t .

    I m S o r t i m e n t f i n d e n S i e a l l e M e d i e n ( B c h e r , Z e i t s c h r i f t e n , C D s , e B o o k s , e t c . ) a l l e r V e r l a g e . E r g n z t w i r d d a s P r o g r a m m

    d u r c h S e r v i c e s w i e N e u e r s c h e i n u n g s d i e n s t o d e r Z u s a m m e n s t e l l u n g e n v o n B c h e r n z u S o n d e r p r e i s e n . D e r S h o p f h r t m e h r

    a l s 8 M i l l i o n e n P r o d u k t e .

    http://www.beck-shop.de/trefferliste.aspx?toc=8460http://www.beck-shop.de/trefferliste.aspx?toc=8460http://www.beck-shop.de/Kuehn-Gehoerbildung-Selbststudium/productview.aspx?product=717746&utm_source=pdf&utm_medium=clickthru_lp&utm_campaign=pdf_717746&campaign=pdf/717746http://www.beck-shop.de/Kuehn-Gehoerbildung-Selbststudium/productview.aspx?product=717746&utm_source=pdf&utm_medium=clickthru_lp&utm_campaign=pdf_717746&campaign=pdf/717746http://www.beck-shop.de/trefferliste.aspx?toc=8460http://www.beck-shop.de/trefferliste.aspx?toc=8460http://www.beck-shop.de/Kuehn-Gehoerbildung-Selbststudium/productview.aspx?product=717746&utm_source=pdf&utm_medium=clickthru_lp&utm_campaign=pdf_717746&campaign=pdf/717746
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    dtv

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    Gehrbildung ist fr alle, die sich nher mit Musik befassen,

    ein aktuelles Thema. Doch wie betreibt man sie, um zu einem

    mglichst sinnvollen Ergebnis zu kommen ? Vor allem Studie-

    rende an Hochschulen, aber auch Musiker und musizierende

    Laien beschftigt stets von neuem diese Frage, ohne da der

    einzelne fr sich in der Regel eine befriedigende Antwort

    fnde. Clemens Khn gibt in dem vorliegenden Buch fr die

    Gehrbildung im Selbststudium methodisch durchdachte An-

    leitungen, bungen und Arbeitshilfen mit dem Ziel, da mu-

    sikalische Zusammenhnge hrend erfat werden knnen. Er

    nennt die Bedingungen, unter denen eine solche Schulung

    geleistet werden kann, erlutert die Konzeption, nach der er

    vorgeht, und fhrt den Benutzer Schritt fr Schritt von Ein-

    zeltnen und Intervallen ber Akkorde und Melodien zum

    homophonen Satz und schlielich zum Lesen und Hren von

    Kompositionsabschnitten und vollstndigen Werken. Singen,

    spielen, schreiben, hren sind die dabei erforderlichen Ttig-

    keiten, die gemeinsam mit uneingeschrnkter Konzentration

    fr ein positives Ergebnis zusammenwirken mssen.

    Clemens Khn, 1945

    in Hamburg geboren, studierte dort

    Schulmusik, Germanistik, Musiktheorie und Komposition

    sowie in Berlin Musikwissenschaft.

    1978

    wurde er Professor

    fr Musiktheorie an der Hochschule der Knste in Berlin

    und wechselte

    1988

    an die Hochschule fr Musik in

    Mnchen; seit

    1998 ist er Inhaber des Lehrstuhls fr Musik-

    theorie an der Hochschule fr Musik Carl Maria von We-

    ber Dresden. Neben zahlreichen Artikeln in Fachzeitschrif-

    ten und Lexika verffentlichte er eine >MusiklehreFormenlehre der Musik< und innerhalb der >Brenreiter

    Studienbcher Musik< die Standardwerke >Analyse lernenKompositionsgeschichte in kommentierten BeispielenMusiktheorie unterrichten Musik ver-

    mitteln< (2006).

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    Clemens Khn

    Gehrbildung im

    Selbststudium

    Brenreiter

    Deutscher Taschenbuch Verlag

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    Zugeeignet Regina Krakau, Ralf Meiner und Ulrich

    Schreiber in Erinnerung an jene Gruppe, mit der

    die gemeinsame Arbeit an Musik eine besondere Lust war.

    Originalausgabe

    1. Auflage Januar 1983 (dtv 10073)

    3., erweiterte Auflage Juni 1985

    12. Auflage April 2007

    Gemeinschaftliche Ausgabe:

    Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH

    Co. KG, Mnchen

    www.dtv.de

    und Brenreiter-Verlag Karl Vtterle GmbH & Co. KG,

    Kassel Basel London New York Praha

    www.baerenreiter.com

    Das Werk ist urheberrechtlich geschtzt.

    Smtliche, auch auszugsweise Verwertungen bleiben vorbehalten.

    1983 Brenreiter Kassel

    Umschlagkonzept: Balk & Brumshagen

    Umschlagfoto: Bavaria Bildagentur

    Satz und Noten: Brenreiter, Kassel

    Druck und Bindung: Druckerei C. H. Beck, Nrdlingen

    Printed in Germany ISBN 978-3-423-30047-6 (dtv)

    ISBN 978-3-7618-0760-6 (Brenreiter)

    ISMN M-006-30682-4

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    INHALT

    Grundstze

    eite

    Gehrbildung allein

    ?

    Bedingungen

    Zur Konzeption

    8

    bungen

    Einzeltne

    20

    Intervalle

    1

    Skalen

    6

    Dreiklnge

    29

    Septakkorde 39

    Akkordfolgen

    5

    Melodien

    6

    Zweistimmigkeit

    8

    Homophone Stze

    78

    Lesen und Hren

    5

    Hr-Liste

    20

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    GRUNDSTZE

    Gehrbildung allein ?

    Man bedenke einmal, so der Stoseufzer eines Kollegen,

    was es kostet, wenn ein Hochschullehrer eine Quinte

    anschlgt. Da es Studienanfngern (und nicht nur ihnen)

    meist schon schwerfllt, einzelne Intervalle hrend aufzufas-

    sen, gehrt zu den Wirklichkeiten des Hochschulalltags. Da

    darum das Fach Gehrbildung sich oft semesterlang mit

    elementaren bungen zu bescheiden hat dem bloen Erken-

    nen von Intervallen, Skalen, Dreiklngen, Septakkorden , ist

    die bedrckende Folge: belastend fr den Schler, dem solches

    Training musikfern erscheinen mu, wie fr den Lehrer, der

    gern Sinnvolleres anbieten wrde als immer wieder angeschla-

    gene Quinten. (Die nicht seltene Konsequenz, da Zwischen-

    oder Abschluprfungen nur in flotterem Tempo denselben

    elementaren Stoff abfragen wie die Aufnahmeprfung, grenzt

    ans Groteske.)

    Die Fhigkeit, ein Intervall oder einen Sextakkord sicher

    erkennen und benennen zu knnen, ist Voraussetzung fr das

    hrende Erfassen musikalischer Zusammenhnge : Die Bewl-

    tigung des Ganzen setzt die Beherrschung des Details voraus.

    Doch gilt es, nicht nur den hochschulischen Unterricht zumin-

    dest von der lhmenden Fixierung auf elementare Hrbungen

    wenn nicht zu befreien, so doch zu entlasten. Bei der relativ

    kurzen Ausbildungszeit Gehrbildung wird in der Regel

    bis

    6

    Semester lang mit nur 1 Wochenstunde unterrichtet ist

    das ein Problem. (Die bliche Isolierung dieses Faches, als

    abgehobene Einzeldisziplin gleichsam in einem luftleeren

    Raum angesiedelt, kommt erschwerend hinzu.) Immer wieder,

    nicht erst zu Prfungszeiten, wird darum von Studenten selbst

    die Frage gestellt, ob und wie man fr sich selbst Gehrbil-

    dung treiben knne Zeichen sowohl fr die Unzufriedenheit

    mit den eigenen Hrproblemen schon bei einfachen Aufgaben

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    wie auch fr die berzeugung von dem Rang dieser Disziplin.

    Kann Gehrbildung auch im Selbststudium geleistet wer-

    den ? Bislang existiert keine Anleitung dazu. Es gibt hervorra-

    gende Lehrbcher*, reich an musikalischen Beispielen und

    methodischen Ideen; sie alle aber sind fr die Hand des

    Lehrers bestimmt und bedrfen der Konstellation Lehrer

    Schler. Nur selten sind jedoch im Studienalltag eine Gruppe

    oder zumindest ein Einzelner greifbar, mit denen man sich

    auerhalb des Unterrichts an diesem Stoff ben kann. Auf sich

    allein verwiesen, scheinen zwei Dinge die Bekanntheit der

    selbstgestellten Aufgabe und der Mangel an Kontrolle

    Hindernisse zu sein : Greife ich am Klavier eine Quinte, wei

    ich sie sogleich, schreibe ich eine Melodie auf, mu ich deren

    Richtigkeit nachprfen knnen. Soll private Gehrbildung

    (unabhngig vom und zustzlich zum regulren Unterricht)

    mglich und praktikabel sein und das hat sich die vorlie-

    gende Schrift zum Ziel gesetzt , mu sie also von bungen

    ausgehen, die Selbstbetrug ausschlieen und Eigenkontrolle

    gewhrleisten. Kaum zu entbehren ist fr derartige bungen

    allerdings ein Tasteninstrument. Doch ist auch derjenige nicht

    auszuschlieen, der nicht darber verfgt; viele Aufgaben sind

    daher auch mit Hilfe eines Melodieinstruments zu bewltigen.

    Die Ausbildung der Hrfhigkeit ist kein Reservat der

    Hochschulen. Diese bungen sind jedem zugnglich und

    ntze. Da hier von der hochschulischen Situation ausgegan-

    gen wurde, zeigt gerade umgekehrt die Dringlichkeit, frhzei-

    * Roland Mackamul, Lehrbuch der Gehrbildung, Band 1 : Elementare Gehrbil-

    dung, Band

    2:

    Hochschul-Gehrbildung, Kassel usw.

    1975 bzw. 1970,

    Brenrei-

    ter. Monika Quistorp, Die Gehrbildung. Das Kernfach musikalischer Erzie-

    hung, Wiesbaden

    1970,

    Breitkopf & Hrtel; dieselbe, bungen zur Gehrbildung,

    3

    Hefte, Wiesbaden

    1974, Breitkopf

    Hrtel. Hermann Grabner, Neue

    Gehrbung, Kassel usw.

    1968,

    Brenreiter. Lars Edlund, Modus novus.

    Lehrbuch in freitonaler Melodielesung, Stockholm

    1963,

    Nordiska Musikforlag.

    Walter Kolneder, Singen. Hren. Schreiben. Eine praktische Musiklehre, Mainz

    1963-967,

    Schott. Gustav Gldenstein, Gehrbildung fr Musiker. Ein

    Lehrbuch, Basel und Stuttgart

    1971,

    Schwabe & Co.

    8

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    tig vorher mit Hrbungen zu beginnen. Dabei weisen die

    allgemeinen Bedingungen des Faches Gehrbildung der

    Konzeption solcher bungen den Weg. Sich diese Bedingun-

    gen in Umrissen zu vergegenwrtigen, hilft Hintergrund, Sinn

    und Ziel der dann folgenden Aufgaben zu verstehen.

    Bedingungen

    1. Hrleistungen dessen mu sich ebenso der privat bende

    bewut sein sind auch von der seelischen Disposition

    abhngig. (Deswegen ist es gerade in dieser Disziplin men-

    schenfeindlicher Unsinn, die Benotung aus der Momentauf-

    nahme einer einzigen Prfung zu gewinnen, statt den ganzen

    vorherigen Zeitraum zu bercksichtigen.)

    Tage, an denen das Hren auch komplexer Zusammenhnge

    leicht fllt, knnen mit solchen wechseln, an denen man selbst

    vor vergleichsweise leichten Hraufgaben kapituliert. Der Fall

    des Absoluthrens (obgleich auch er Schwankungen unter-

    liegt) sei ausgeklammert. Beim ungebten, durchschnittlich

    trainierten und begabten Hrer jedoch, der nicht absolut hrt,

    schlgt fast immer das persnliche Befinden durch und frdert

    oder hemmt das Hrvermgen.

    In der Gehrbildungs-Gruppe wird dies meist noch ver-

    strkt, da es schwer mglich ist, eine Gruppe aus Personen mit

    identischer Hrfhigkeit zusammenzustellen. Das Niveau-

    geflle kann nicht nur fr das schwchste Glied zu einer

    erheblichen Belastung werden; die Angst, eine Aufgabe nicht

    so schnell und sicher wie ein anderer zu lsen oder gnzlich zu

    versagen, fhrt nicht selten zu einer krampfhaften Anspan-

    nung, die erst recht jedes hrende Erfassen vereitelt. (Und

    jeder kennt die Erfahrung, da man durchaus Aufgaben

    bewltigt, die einem anderen gestellt sind, da man aber

    selbst frontal befragt unsicher reagiert.)

    2.

    Beidem dem Konkurrenzdruck der Gruppe wie der

    seelischen Disposition des Einzelnen kann, wenn auch nicht

    eben leicht, begegnet werden : der Gruppensituation durch eine

    9

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    bewut gelassene Atmosphre und behutsame Ausbalancie-

    rung zwischen den Teilnehmern, der individuellen Situation

    schon durch das Wissen um sie (die Erkenntnis seelischer

    Bedingtheit soll nicht billiger Selbsttrstung dienen, aber eine

    grundstzliche Lhmung des Hrens ausschlieen). Schwieri-

    ger aber zu beseitigen ist jenes Hindernis, das nach meiner

    Erfahrung die gravierendste Hr-Barriere darstellt : der Man-

    gel an Konzentration. Ob allein oder in der Gruppe : Jede

    Hraufgabe verlangt die volle, ungeteilte, nur auf diesen

    Gegenstand gerichtete Aufmerksamkeit. Schon der Wille zur

    Konzentration jedoch fllt den meisten auerordentlich

    schwer. In einer Zeit optischer wie akustischer Reizberflu-

    tung unerhrten Ausmaes verwundert dies nicht; fr die

    eigene Hr- und Erlebnisfhigkeit und -intensitt aber kann es

    tdlich sein. Das Abschalten uerer oder gedanklicher Ablen-

    kungen mu den Rckzug in sich selbst, genauer : auf das

    innere Ohr ermglichen und freimachen. Das bedarf, ohne

    Lockerheit preiszugeben, der Anstrengung und, noch vor dem

    eigentlichen Hrvorgang, der willentlichen bung : Unver-

    krampfte Konzentration ist einer der Schlssel zur Hrfhig-

    keit

    3

    Es wre jedoch eine Verengung, die Bewltigung einer

    Hraufgabe lediglich als Akt puren Hrens anzusehen. Hren

    ohne Wissen um es auf eine grobe Formel zu bringen ist

    nicht denkbar. Der Zusammenhang mit, zum Teil sogar die

    Abhngigkeit von bestimmten Kenntnissen bedeutet fr das

    Hren nicht nur eine Erleichterung, sondern ist auch bisweilen

    seine unabdingbare Voraussetzung. Vier Bereiche mchte ich

    ansprechen: die Beherrschung der Notenschrift; satztechni-

    sches Wissen; das Zusammenwirken mit musikalischer Pra-

    xis; der Einflu von Repertoire-Kenntnissen.

    a) Ohne die Beherrschung der Notenschrift kann musikali-

    sches Hren nicht funktionieren (will es sich nicht mit einer

    zweifelhaften Sensibilisierung bescheiden, der sich eine

    feinsinnige Differenzierung von Geruschen oder bloem

    hoch und tief, hell und dunkel verdankt). Denn das

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    Verhltnis von Hrvorgang und Vergegenwrtigung musika-

    lischer Schrift, von Lesen und Hren ist wechselseitig : Das

    stumme Lesen einer Partitur lt, zumindest partiell, Klang-

    vorstellungen lebendig werden; umgekehrt schliet das Hren

    etwa einer Melodie, zumindest ebenso partiell, die gedankliche

    Vorstellung von deren schriftlicher Gestalt ein. Beides stellt

    sich fr den Anfnger nicht von selbst ein. Die bung aber in

    beidem ist unbedingt notwendig, weil Hren auf Konkretion

    angewiesen ist.

    b) Das Wissen um satztechnische Regeln, Formeln oder

    Eigenarten kann das hrende Auffassen sttzen. Paradigma-

    tisch sei dies an einem Detail gezeigt. Die Lsung der Aufgabe,

    einen Choralsatz J. S. Bachs zu erfassen und zu notieren,

    profitiert von der Kenntnis der Stimmfhrungsregeln und

    harmonischer Progression. Schreibe ich, im Sinne der ber-

    geordneten Zweistimmigkeit (Paul Hindemith), zunchst

    beispielsweise folgenden Sopran und Ba auf,

    dann kann ich den Verlauf von Alt und Tenor, ohne auf sie

    berhaupt beim Hren geachtet zu haben, nahezu schlufol-

    gern eine Vorwegnahme, die ihrerseits dann natrlich der

    Hrkontrolle bedarf.

    An den Schluformeln von Zeilenenden lt sich das Verfah-

    ren noch handgreiflicher machen. Stets sind sie kadenzierende

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    Alt:

    enor: -- Quinte Tenor: --Terz

    Quinte

    Wendungen, wenn nicht die vollstndige Kadenz. Da der

    Leitton, sofern im Alt oder Tenor gelegen, regulr weiterge-

    fhrt wird,

    kommt bei Bach so gut wie nie vor. Die Regel ist bei ihm der

    zur Quinte oder Terz abspringende Leitton, wodurch ein

    vollstndiger Tonika-Dreiklang garantiert wird. Als Formel

    gefat, ergeben sich daher lediglich drei Mglichkeiten, die in

    Bach-Chorlen stereotyp wiederkehren:

    Durch hrende Kontrolle lt sich unschwer die jeweils

    vorliegende Version erschlieen. (Selbst bei einem Vorspiel auf

    dem Klavier; denn es ist mit nur wenig bung mglich, sich

    auf eine Stimme zu konzentrieren, sie gleichsam reliefartig

    hervortreten zu lassen, whrend man die anderen Stimmen

    innerlich wegfiltert.)

    c) Der Leser sei ermuntert, diese Formeln, in Dur- und

    Molltonarten bis zu vier # und b , wiederholt zu spielen (und

    dabei auch jede einzelne Stimme singend zu verfolgen). Denn

    unverkennbar ist der Einflu praktischen Musizierens auf das

    musikalische Hren. Ein Geiger, der ein Intervall bestimmen

    soll, greift innerlich oder direkt sichtbar dieses Intervall

    instinktiv auf einer imaginren Violine; ein Pianist, der eine

    12

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    Akkordfolge bestimmen soll, vollzieht diese Folge instinktiv

    auf einem imaginren Klavier mit. Nicht nur der Kopf, auch

    die Finger hren : Das Hren konkretisiert sich auch in

    instrumentalpraktischen Vorstellungen, wie umgekehrt diese

    Vorstellungen auf das Hren zurckwirken. Hraufgaben am

    Instrument nachzuvollziehen oder umgekehrt das Instru-

    mentalspiel mit Hraufgaben zu begleiten, ist deshalb von

    eminenter Wichtigkeit.

    d) Auf der Basis eines schmalen Repertoires kann Hrfhig-

    keit nicht gedeihen. Andersherum formuliert : Wer viel und

    verschiedenartige Musik aufgenommen und verarbeitet hat,

    dem wird ihr hrendes Begreifen leichter fallen. Dies gilt selbst

    fr elementare Aufgaben. Gewi ist es mglich und auch

    notwendig, beispielsweise am isolierten Dominantseptakkord,

    seinen Umkehrungen und Auflsungen gleichsam abstrakte

    Hrbungen anzustellen. Doch bleibt dies demjenigen totes

    Training, der nicht die Funktion des Akkordes im musika-

    lischen Kontext erfahren hat, oder hier jetzt genauer : der nicht

    aufgrund von Werkkenntnis um den unterschiedlichen Rang

    des Akkordes etwa in einem Choral von Bach und einem

    Klavierstck von Claude Debussy wei.

    Mehr noch ist ein breit gefchertes Repertoire fr die

    Hranalyse zu fordern. Banal zu sagen, da dies die

    grundlegende Voraussetzung ist fr die Fhigkeit, Werke

    stilistisch, formal, harmonisch, satztechnisch zu beschreiben

    und einzuordnen. (Das Risiko des Scheiterns ist freilich auch

    dann nicht auszuschlieen. Wer je am Radio ein unbekanntes

    Werk vergeblich zu entziffern suchte oder bei seiner Bemhung

    die Wahrheit verfehlte, wei, wie klglich man danebengreifen

    kann. Der Effekt fr das musikalische Hren aber und

    deswegen ist das Einlassen auf das Radio mehr als ein

    amsantes Spiel: nmlich eine hochrangige bung ist

    betrchtlich. Man mu nicht entlegene Beispiele aufsuchen

    die

    2.

    Symphonie von Charles Ives, informationslos vorge-

    spielt, wird fast jeden in Verlegenheit setzen , um musikali-

    sches Stilbewutsein auszubilden.)

    13

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    Aus diesem Grunde ist im Anhang eine Hr-Liste beige-

    geben. Ihr Unvollstndigkeit vorzuhalten, ist nicht schwer;

    doch sollten, um den Preis von Lcken, Schwerpunkte gesetzt

    werden. Die Hrliste umfat einen Katalog von Werken, deren

    Kenntnis als Mindestvoraussetzung anzusehen ist. Sie soll

    weder gngeln noch nicht Genanntes ausschlieen, sondern

    Orientierung ermglichen. Der richtige Umgang mit diesen

    Werken, soll er fruchtbar sein, ist entscheidend : Sie wren

    hrend, lesend, spielend das Ineinander ist wichtig : die

    verschiedenen Anstze sttzen sich gegenseitig zu erar-

    beiten.

    Hrbegabungen sind gleichwohl unterschiedlich orien-

    tiert. Bekannt ist, da Spielern von Melodieinstrumenten das

    Erfassen linearer Vorgnge leichter fllt als das harmonisch-

    vertikaler Verlufe, whrend es sich bei Spielern von Tastenin-

    strumenten umgekehrt verhlt. Die private bung sollte sich

    darum schwerpunktmig gerade dem zuwenden, was einem

    nicht so zugnglich ist : Die Perfektionierung des ohnehin

    Gekonnten trgt der Ausbildung umfassender Hrfhigkeit

    wenig ein.

    5

    Notendiktate sind, respektiert man den Zusammenhang

    von Lesen und Hren, sinnvoll und unentbehrlich. (Da sie

    berdies zur disziplinierten Rechenschaft ber das Gehrte

    zwingen, ist wesentlich.) Eine Diktataufgabe jedoch, kommen-

    tarlos so oft wiederholt, bis auch der letzte sie niedergeschrie-

    ben hat, wre ein Alptraum. Ebensowenig wie fr Gehrbun-

    gen zu zweit oder mehreren ist leerlaufende Repetition fr das

    private Studium eine weiterfhrende Hilfe. Sie provoziert ein

    sukzessiv-gedankenloses Aufnehmen und verhindert, was dem

    Hren erst die Richtung weist : eine Methode. Je nach Gegen-

    stand werden die Methoden wechseln; der angemessene

    Zugang wird von der Sache diktiert.

    Ein beraus wichtiger Anhalt um einen Gesichtspunkt

    herauszugreifen ist die Fixierung von Bezugstnen. An dem

    berhmten Thema von Bachs Passacaglia c-moll fr Orgel

    (BWV 582)

    sei ein Netz von Relation, Identitt, Zusammen-

    14

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    hang skizziert, das ganz oder nur zu Teilen erfat der

    tonrumlichen Orientierung hilfreich ist.

    r

    Kadenz-Bass-1

    Wirr bleibt der folgende Ausschnitt (>Air< aus Bachs Partita

    moll BWV 830), so lange man sich, fterem Hren vertrauend,

    punktuell vortastet. Die Sequenzidee wird sofort erkannt

    werden. Doch erst verbunden mit vertikalem Denken das

    Aufspren des Sekundganges (wie Hindemith die sekund-

    mige Verbindung melodischer Hoch- und Tiefpunkte

    nannte) ist die angemessene Hrmethode, der sich das Beispiel

    mhelos erschliet.

    LKadenz-Bass

    Anders gearteter Musik ist anders beizukommen. Entschei-

    dend bleibt jeweils das Wie des methodischen Schlssels,

    nicht die Frage nach dem Wie oft stumpfer Wiederholung.

    6. Voraussetzung fr das eben Gesagte ist die Fhigkeit,

    einen musikalischen Gedanken in seinem Zusammenhang

    aufzufassen; das wiederum setzt eine Gedchtnisleistung

    voraus. Deren Abhngigkeit von der erwhnten Konzentra-

    tionsfhigkeit ist offenkundig : Viele haben bereits nach

    Erklingen eines dritten oder vierten Tons den ersten aus dem

    Ohr verloren. Darum bedarf besonders das Gedchtnis immer

    wieder des Trainings, in allmhlicher Steigerung von Lnge

    15

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    und Komplexitt des Gehrten und in zunchst getrennter

    Konzentration auf rhythmische, lineare und harmonische Ver-

    lufe.

    Erst auf dieser Basis ist es mglich, den zweiten (schwieri-

    geren) Schritt zu vollziehen: das Behaltene und innerlich

    plastisch vor sich Gesehene in der skizzierten Weise aufzu-

    schlsseln.

    Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile. Der bliche

    folgenschwere Fehler, sich beim Hren etwa einer einstimmi-

    gen Melodie von Intervall zu Intervall fortzuhangeln, vereitelt

    den berblick ber das Ganze. Gerade umgekehrt mu das

    Bemhen darauf gerichtet sein, beim Ganzen anzusetzen, es in

    grobem Umri zu erfassen, durch beziehendes Denken

    genauer zu beschreiben und dann erst sich noch offen gebliebe-

    nen Details zuzuwenden. Ein einfaches Beispiel (aus : Hinde-

    mith, >Ludus tonalis() :

    11 111 : 111M11

    IM MW 771

    VD

    I Y MM

    111M111 110 er

    11 YM

    tI irr 4 :

    d

    amm

    T Me

    7

    Takte, markant aufsteigender Beginn, sequenzierend fallende

    Fortsetzung. Anfangs- und Endton identisch. Steigende groe

    Terz anfangs, fallende kleine Terz am Schlu. Korrespondenz

    der

    nsonsten bis auf eine Synkope als Stau (Vorbereitung

    des Falls) nur -Bewegung. Intervalle : nur Sekunden, Terzen,

    Quarten; drei sich berlappende Sequenzen (je aus kl.

    2,

    kl.

    2,

    gr.

    3, kl. 3) im Terzabstand.

    Durch solche einzelnen, sich immer dichter herantastenden

    Schritte wird jede Hraufgabe lsbar. Die folgende Melodie

    (Bla Bartk, Konzert fr Orchester, 1. Satz) diene dem

    eigenen Versuch. Man spiele (oder singe ) sie, nhere sich ihr

    in hnlicher Weise (nach zwei- oder dreimaligem Vorspiel ohne

    Blick auf den Notentext), und notiere sie dann aus dem

    Gedchtnis :

    16

  • 7/17/2019 Excerpt 001 Gehor

    18/21

    t1IITM_ IJ

    L_MMI _ ^

    ........

    rx r r

    7.

    Die alte Streitfrage, in welchem Mae sich Hrbungen

    nur auf das Klavier fixieren drfen, sollte nicht allzu voreilig

    zuungunsten des Klaviers beantwortet werden. So falsch und

    verhngnisvoll einseitig es wre, allein vom Klavier auszuge-

    hen schon von den heutigen Mglichkeiten im Bereich der

    Medien her ist eine solche Begrenzung gar nicht einsehbar ,

    so falsch wre seine vorschnelle Verbannung. Nicht nur, da

    es sich zur Darstellung und vor allem zum praktischen

    Nachvollzug hervorragend eignet und anbietet. Auch werden

    etwa Nicht-Pianisten besttigen, da es ihnen meist schwerer

    fllt, vom Klavier als vom eigenen Instrument her etwas

    hrend aufzunehmen. Die Praktikabilitt des Klaviers darf

    zwar nicht zur Ausrede fr Faulheit oder Einfallslosigkeit in

    der Gehrbildung dienen; doch sollte man das Urteil differen-

    zieren.

    Auch fr das private Studium bedeutet dies : Das Klavier

    darf und mu ohne Skrupel benutzt werden; einer gehrs-

    migen Fixierung aber auf den Klavierklang ist (da im Selbst-

    studium das Life-Vorspiel verschiedener Instrumente aus-

    scheidet) durch die Einbeziehung der Medien zu begegnen.

    B.

    Die Fhigkeit zu bewutem, differenziertem, verstndi-

    gem, auch: urteilsfhigem Hren, gepaart mit der Fhigkeit,

    auch gelesene (statt gehrte) Musik innerlich erklingen zu

    lassen, ist nach meinem Verstndnis letztlich das Ziel der

    Gehrbildung. Niemals, so meine berzeugung, wird Hrana-

    lyse an die komplexe Flle musikalischer Werke heranreichen

    knnen (man hte sich hier vor berschtzungen) ; umgekehrt

    aber liefe bloe Textanalyse Gefahr, in Abstraktion steckenzu-

    bleiben.

    Das Vermgen und auch die Bereitschaft, sich auf ein Hren

    von Musik einzulassen, das tatschlich die Musik als heraus-

    17

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    19/21

    forderndes Gegenber im Auge hat und das sich nicht mit

    vordergrndig-plakativen Feststellungen zufriedengibt, son-

    dern dem inneren Gefge und dem jeweils musikalisch Eige-

    nen nahezukommen sucht dies Vermgen und diese Bereit-

    schaft sind zu schulen. Beides weist auch dem privaten

    Hrstudium den Weg.

    Zur Konzeption

    Aus den vorherigen berlegungen resultiert den Mglichkei-

    ten und Bedingungen eines Einzelstudiums angepat die

    Anlage dieser Schrift. Nur stichwortartig seien darum wenige

    Dinge angesprochen.

    ueres Format und Umfang sollen die Schrift als Vade-

    mecum brauchbar machen. Auch deshalb waren der Anzahl

    der abgedruckten Literatur-Beispiele Grenzen gesetzt; sie

    sollen gleichwohl im jeweiligen Fall den konkreten musika-

    lischen Bezug verdeutlichen und darber hinaus zur Anwen-

    dung auf weitere, selbst gewhlte Beispiele anregen.

    Die Progression von leicht zu schwer, von elementaren

    Bausteinen zum zusammenhngenden Ganzen soll dem

    Anfnger einen hinreichend stringenten Lehrgang, dem Fort-

    geschritteneren einen individuellen Einstieg und verschiedene

    Anregungen bieten. Da dabei dem Singen ein hervorragender

    Stellenwert zugewiesen wird, gehorcht nicht primr dem

    Zwang, einem Einzelnen praktikable bungen an die Hand zu

    geben. Es ist vielmehr meine berzeugung, da singendes

    Erfassen das Nachvollziehen mit dem eigenen Krper als

    dem empfindlichsten aller Instrumente die innere Ton- und

    Hrvorstellung grundlegend und am entscheidendsten frdern

    kann. Darum unterschtze man beispielsweise nicht die

    scheinbar triviale Aufforderung, einen bestimmten Ton nach-

    zusingen : Viele haben bereits damit, nicht allein aus Scheu vor

    stimmlicher Veruerung, erhebliche Schwierigkeiten.

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    Singen, Spielen, Schreiben (ein kleines Notenheft sollte

    immer parat sein), Hren : Notwendig ist, da die Ttigkeiten

    zusammenwirken. Und wichtig noch dies : Kontinuitt des

    bens ist frderlicher als seine Zusammenballung auf einen

    Termin (besser jeden Tag

    10

    Minuten als einmal wchentlich

    2

    Stunden) ; ungeschmlerte Konzentration auf wenige bungen

    trgt mehr ein als oberflchlicher Durchlauf zahlreicher bun-

    gen. Und : Gehrbildung ist, nimmt man sie ernst, geistig

    anstrengend, je mehr, desto angestrengter man sich an einem

    Aufgabentypus festbeit. Die Inhalte sollten deshalb variieren,

    um Geist und Ohr neue Anreize und Richtungen zu geben.

  • 7/17/2019 Excerpt 001 Gehor

    21/21

    BUNGEN

    Einzeltne

    0

    Am Instrument einzelne Tne in bequemer Stimmlage vorspie-

    len nachsingen.

    Umgekehrt: Beliebige einzelne Tne singen; versuchen, deren

    Tonhhe zu bestimmen; am Instrument kontrollieren.

    Vorgespielte sehr hohe/tiefe Tne in die eigene Stimmlage

    umdenken und nachsingen. (Wichtig: Kopf und Kehle in

    unverndert lockerer Haltung lassen nicht entsprechend der

    Tonhhe nach oben bzw. unten recken und dadurch ver-

    krampfen )

    0

    bung 0 und 0

    gemischt. (Tempo der Tonfolge steigern )

    20