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MÄRZ 2018 AUSGABE 1 usus FACHZEITSCHRIFT des BTS – Berufsverband der Tierheilpraktiker/-innen Schweiz THEMA | Wirbelsäule TIERMEDIZIN | ERNÄHRUNG | VERHALTENSBIOLOGIE/NEUROENDOKRINOLOGIE | TIERHOMÖOPATHIE TCM – TRADITIONELLE CHINESISCHE MEDIZIN | TEN – TRADITIONELLE EUROPÄISCHE MEDIZIN MANUELLE THERAPIEN

FACHZEITSCHRIFTdes BTS – Berufsverband der ......*(Scott Belsky) Chaltenbodenstrasse 6c 8834 Schindellegi [email protected] +41 (0)44 577 59 61 Wir freuen uns auf Ihre Kontaktaufnahme!

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M Ä R Z 2 0 1 8

A U S G A B E 1

ususFACHZEITSCHRIFTdes BTS – Berufsverband der Tierheilpraktiker/-innen Schweiz

THEMA | WirbelsäuleTIERMEDIZIN | ERNÄHRUNG | VERHALTENSBIOLOGIE/NEUROENDOKRINOLOGIE | TIERHOMÖOPATHIE

TCM – TRADITIONELLE CHINESISCHE MEDIZIN | TEN – TRADITIONELLE EUROPÄISCHE MEDIZIN MANUELLE THERAPIEN

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MÄRZ 2018 | FACHZEITSCHRIFT DES BTS – BERUFSVERBAND DER TIERHEILPRAKTIKER/-INNEN SCHWEIZ 3

E D I T O R I A L

Ich begrüsse Sie herzlich und mit Stolz zur Erstausgabe unserer

Fachzeitschrift «usus». Nach zweijähriger Vorarbeit dürfen wir das

Heft endlich in den Händen halten.

Das Rückgrat: Überall im Leben benötigen wir es, körperlich, geis-

tig und emotional. Der BTS zeigt seit 20 Jahren Rückgrat und geht

kontinuierlich seinen Weg. Zu qualitativ hochwertig ausgebildeten

Fachleuten gehört auch eine kompetente Fachzeitschrift, waren wir

der Meinung. Eine, die uns in unserem Fachbereich weiterbringt,

unser Hintergrundwissen stärkt und uns veranlassen soll, Neues

zu lernen und zu entdecken.

Mit starkem und gesundem Rücken präsentieren wir Ihnen eine

vielseitige Zeitschrift, die aufzeigt, dass es verschiedene Wege gibt,

um Tierpatienten gesund zu erhalten, wieder gesund zu machen

oder in ihren chronischen Krankheiten zu begleiten.

Jede Medizin- oder Therapieform hat ihre Stärken und ihre Schwä-

chen. Bündeln wir die Stärken zu einer stabilen, jedoch flexiblen

Säule, um das Wohlergehen der uns anvertrauten Tiere zu fördern.

Die Zukunft gehört der interdisziplinären und integrativen Tier-

medizin und fordert uns Therapeutinnen und Ärzte auf, Rückgrat

zu zeigen und mit Weitsicht über Grenzen zu gehen – im Sinne

unserer Patienten.

Viel Freude beim Lesen und beim Horizont Erweitern

Nathalie Heuer

Präsidentin BTS

Liebe Leserin, lieber Leser

Fachzeitschrift mit Rückgrat

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MÄRZ 2018 | FACHZEITSCHRIFT DES BTS – BERUFSVERBAND DER TIERHEILPRAKTIKER/-INNEN SCHWEIZ 5

I N H A LT

Editorial 3

Inhaltsverzeichnis 5

Kolumne «ex usu» 7

TiermedizinWenn der Rücken zwickt 8

ErnährungErnährung und Impulskontrolle bei Hunden 12

Verhaltensbiologie/NeuroendokrinologieAusdrucksverhalten und Körperpositionen 16

TierhomöopathieHomöopathie bei akuten Rückenschmerzen 18

Spondylose und Spondylarthrose beim Hund 22

TCM – Traditionelle Chinesische MedizinDie Wirbelsäule im Zusammenspiel

mit den umliegenden Strukturen 26

TEN – Traditionelle Europäische MedizinMykotherapie bei Spondylose und DLSS 30

Spagyrik bei Rückenschmerzen 34

Manuelle TherapienAnatomie und Funktion der Wirbelsäule 38

Impressum / Vorschau 43

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MÄRZ 2018 | FACHZEITSCHRIFT DES BTS – BERUFSVERBAND DER TIERHEILPRAKTIKER/-INNEN SCHWEIZ 7

E X U S U

Woran denken Sie, wenn Sie das Wort Wirbel hören

oder lesen? Mir kommen da in den Sinn: Wasserwir-

bel, Haarwirbel, Wirbelsturm, Kinder, die durchs Haus

wirbeln. Das hat alles mit Bewegung und sich drehen

zu tun. Und woran denken Sie bei dem Wort Säule?

Vielleicht an einen griechischen Tempel, der von vielen

stämmigen, geraden Säulen getragen wird? An Worte

wie dauerhaft, stark, unbeweglich? Unsere Altersvor-

sorge benutzt auch gerne das Wort Säule: erste Säule,

zweite Säule und so weiter. Das soll vor allem Sicher-

heit vortäuschen. Im Alter soll man finanziell getragen,

abgesichert sein. Sollten Sie je das Wort «AHV-Wirbel»

in der Zeitung lesen, ist es um unsere Altersvorsorge

geschehen. Und Kinder, die wie Säulen im Haus rum-

stehen, würden äusserst beunruhigend wirken.

Nur die Evolution hat sich erfolgreich an diese Kom-

bination gewagt, sie hat die Wirbelsäule geschaffen.

Gleichzeitig tragend, schützend und Halt gebend er-

möglicht sie eine bemerkenswerte Beweglichkeit. Vom

zentralsten Nervensystem bis zum periphersten Ner-

venimpuls, alles geht durch die Wirbelsäule. Ein evolu-

tionäres Erfolgsrezept, aber auch ein anfälliges System.

Klar, dass hier die kleinste Störung grosses Leiden ver-

ursachen kann.

Übrigens hat die Evolution der Wirbelsäule ein paar

erstaunliche Ergebnisse hervorgebracht: Fast alle Säu-

getiere haben gleich viele Halswirbel, nämlich deren

sieben. Sogar die Giraffe kommt mit sieben Halswir-

beln aus. Bei diesen sieben Halswirbeln gibts nur ganz

wenige Abtrünnige: Die Seekuh zum Beispiel, genauer

die Rundschwanzseekuh, besitzt nur sechs Halswirbel,

ebenso das Zweifingerfaultier, aber, und da staunt man,

die Eule hat doppelt so viele, nämlich vierzehn Hals-

wirbel. Das ermöglich ihr, den Kopf um 270° zu drehen.

Die Halswirbel sind dann spiralförmig gedreht.

Das sind natürlich äusserst wichtige Informationen für

Sie. Eines Tages sitzt ein solcher Halswirbel-Exot in ih-

rer Praxis. Nicht ein profaner Durchfall, keine zickige

Brunststörung treibt ihn zum Tierhomöopathen oder

zur Tierheilpraktikerin. Nein, er will wissen, ob er noch

alle Wirbel an der Säule hat.

Sollten Sie sich in diesem herausfordernden Moment

noch an diese Kolumne erinnern, dann dürften Sie

einen bleibenden positiven Eindruck beim Halswir-

bel-Exoten hinterlassen.

Das wäre auch für mich eine kleine Chance, mit diesem

Geschreibsel doch noch einen sinnvollen Beitrag zur

Bildung der Tiertherapeuten geleistet zu haben.

Es grüsst Sie herzlich

Denise Bürgmann

Liebe Tiertherapeutin, lieber Tiertherapeut

Halswirbel-Exoten

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«≈»

Bandscheibenerkrankungen beim Hund werden je nach Fall konservativ oder chirur-

gisch behandelt.

Text und Fotos:

Dr. med. vet.

Martin Hofstetter

Wenn der Rücken zwickt

T I E R M E D I Z I N

Bandscheibenerkrankungen sind längst nicht nur ein

Leiden des Dackels. Vor allem die kleineren Hunderas-

sen wie Mops, französische und englische Bulldogge

sowie auch Beagles und viele mehr sind von Band-

scheibenveränderungen betroffen. Man kann zwei Ar-

ten von Bandscheibenvorfällen unterscheiden. Auf der

einen Seite gibt es akute Bandscheibenvorfälle (Hansen

Typ I), wie sie klassisch im Bereich der unteren Brust-

und Lendenwirbelsäule gefunden werden. Auf der

anderen Seite stehen die chronischen Bandscheibenvor-

fälle (Hansen Typ II), wie sie vorwiegend an den Hals-

wirbelsegmenten und lumbosakral auftreten können.

Diese beiden Arten können aufgrund der klinischen

Erscheinung meist eindeutig unterschieden werden.

VERLAUFSUNTERSCHIEDE Bei akuten Bandscheibenvorfällen sind die Nervenaus-

fälle schnell zunehmend und führen bis zum komplet-

ten Verlust der Nervenleitfähigkeit im Rückenmark.

Häufig wird zu Beginn eine gestörte Beweglichkeit

der Hinterbeine beschrieben, die meist innert Minuten

bis Stunden zu einem Verlust der Gehfähigkeit und zu

einem kompletten Ausfall der Motorik führt. Prognos-

tisch ist aber nicht etwa die motorische Fähigkeit vor

Therapiestart entscheidend, sondern die Tatsache, ob

der Patient noch Tiefenschmerz (direkten Druck auf

Knochen, Nagelbett oder Ähnliches) wahrnehmen und

im Gehirn verarbeiten kann. Aber auch wenn diese Fä-

higkeit verloren gegangen ist, ist eine Therapie/Chir-

urgie durchaus Erfolg versprechend. Diese Patienten

benötigen jedoch längere und intensivere Begleitmass-

nahmen wie Physiotherapie, Bewegungsschulung usw.

Die Klinik bei chronischen Bandscheibenprotrusionen

ist viel mehr auf die Schmerzen ausgerichtet und we-

niger stark auf die Nervenausfälle. Bandscheiben, die

häufig dieses klinische Bild zeigen, sind die Halswir-

belsäulensegmente und der lumbosakrale Übergang.

So werden bei diesen Lokalisationen Bewegungen

nicht mehr gerne ausgeführt und vermieden. Im Be-

reich der Halswirbelsäule ist es vorwiegend das Kopf-

wenden zur Seite. Im lumbosakralen Übergang wird

das Treppensteigen vermieden und das Hochspringen

untersagt.

LOKALISATION DER LÄSIONEN Die motorischen Bahnen unseres Nervensystems kön-

nen in zwei Anteile unterteilt werden: oberes Motoneu-

ron (im Gehirn und Rückenmark liegend) und unteres

Motoneuron (peripherer Nerv). Für einen normalen

Reflexbogen sind beide Bahnen erforderlich. Wird ein

Reflex ausgelöst, wird die Information ans Rücken-

mark geleitet. Einerseits findet eine direkte Umschal-

tung an den Muskel statt und andererseits wird die

Information auch ans Gehirn geleitet. Das Gehirn ver-

arbeitet die Information und kontrolliert die aus dem

Reflex resultierende Bewegung. Funktionell bedeutet

das, dass wenn das obere Motoneuron für eine Glied-

masse ausfällt (z. B. durch eine Bandscheibenvorwöl-

bung, Embolie usw.), die Reflexe des betroffenen Beins

1 |

Wirbelsäulenabschnitte (anatomisch)

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nicht mehr vom Gehirn gebremst werden können und

eine übersteigerte Bewegung wahrgenommen werden

kann. Sind die Bahnen des unteren Motoneurons be-

troffen (z. B. durch einen Tumor usw.) wird der Nerv

die Information nicht an weitere Nerven im Rücken-

mark übertragen können und es findet kein Reflex statt.

Aufgrund der Reflexbogenbeurteilung kann die Läsion

in die einzelnen funktionellen Rückenmarksabschnitte

eingeteilt werden.

2 |

Funktionelle Rückenmarksabschnitte und häufige

Bandscheibenveränderungen:

Hochcervical: Bandscheibenprotrusionen (Hansen Typ II)

Tiefcervical: Bandscheibenprotrusion (Hansen Typ II),

Wobbler-Syndrom

Thorakolumbal: Bandscheibenextrusion (Hansen Typ I)

Lumbal: Bandscheibenextrusion (Hansen Typ I)

Lumbosakral: Cauda-equina-Syndrom (Hansen Typ II)

Als grobe Unterscheidung kann gesagt werden, dass

wenn alle Gliedmassen gesteigerte Reflexe aufweisen,

die Läsion in der Halswirbelsäule liegt. Dagegen füh-

ren Rückenmarksläsionen im Bereich von thorakal und

lumbal zu übersteigerten Reflexen in der Hinterhand.

Sind die Reflexe vermindert, ist der periphere Nerv für

den jeweiligen Reflex funktionell betroffen.

Für die Unterscheidung, ob es sich wirklich um ein

neurologisches Problem der motorischen Bahnen han-

delt, ist die Testung der Propriozeption sinnvoll. Dabei

wird getestet, ob der Patient erkennt, dass die Glied-

masse in einer ungeeigneten Position steht oder nicht.

Dazu werden Tests der Unterstützungsreaktionen und

Hüpftests durchgeführt. Die letzteren eignen sich bes-

ser zur Erkennung von Nervenproblemen, da der Pa-

tient diese nicht willentlich beeinflussen kann. Es ist

durchaus möglich, dass ein Patient wegen Schmerzen

eine falsche Pfotenposition nicht korrigieren will und

der Test dann falsch positiv gewertet wird. Es ist des-

halb immer angezeigt, auch eine orthopädische Unter-

suchung zu machen.

WEITERE ABKLÄRUNGEN UND BILDGEBUNG Bei Patienten, bei denen Nervenausfälle erkennbar

sind, ist es zwingend erforderlich, weiterführende Un-

tersuchungen einzuleiten. Solange nur eine Schmerz-

haftigkeit vorliegt, kann eine konservative Therapie

versucht und unterstützende Massnahmen eingeleitet

werden. So sind Schmerztherapie, Physiotherapie mit

Unterwasserlaufbandtraining, Schulung der motori-

schen Fähigkeiten usw. angezeigt. Es sollte aber nicht

die Muskulatur gelockert oder anderweitig manuell

interveniert werden.

Weiterführende Untersuchungen bestehen in der Regel

aus Myelografie, CT, Myelografie-CT oder MRT-Unter-

suchungen.

Wenn in den Untersuchungen kompressive Verände-

rungen wie in den gezeigten Beispielen vorliegen, soll-

te eine chirurgische Lösung angestrebt werden. Diese

ist sehr von der Art der Kompression, deren Ursprung

und Grad abhängig. Prinzipiell kann gesagt werden,

dass akute Veränderungen eine sofortige Lösung brau-

chen. Bei einem schleichend schlechter werdenden Fall

ist der Zeitfaktor weniger entscheidend. Ein Patient mit

geringeren Ausfallserscheinungen wird sich aber gene-

rell schneller und kompletter erholen, als wenn sich die

Veränderungen bereits festgesetzt haben.

T I E R M E D I Z I N

3 |

MRT eines Hundes mit Bandscheibenprotrusion C6–C7:

Es kann eine deutliche Verlagerung des Rückenmarks dargestellt werden

(Pfeil). Die Bandscheibe drückt von unten (ventral) nach dorsal und der

Liquorsaum ist komplett obliteriert (weisser Saum dorsal und ventral des

Rückenmarks). Die Bandscheiben rostral davon sind normal und ohne

Veränderung.

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T I E R M E D I Z I N

THERAPIEKompressive Läsionen müssen dekomprimiert werden,

um den Nerven des Rückenmarks eine normale Durch-

blutung und Funktion ermöglichen zu können. Im Be-

reich der Halswirbelsäule wird dies in der Regel mit

einem sogenannten «Ventral Slot» erreicht. Dabei wird

von ventral her ein länglicher Schlitz in den caudalen

Wirbelkörper gefräst. Durch diesen kann dann das

Bandscheibenmaterial entfernt werden.

Im Bereich der Brust-Lendenwirbelsäule ist eine soge-

nannte Hemilaminektomie oder eine Minihemilaminek-

tomie angezeigt. Die seitliche Wand des Wirbelkanals

wird dabei über der Bandscheibe entfernt und das vor-

gefallene Bandscheibenmaterial kann vom Wirbelbo-

den entfernt werden. Da häufig auch die angrenzenden

Bandscheiben vom Zerfall betroffen sind und vorfallen

können, wird eine Fenestration (Druckentlastung zur

Seite hin) der Bandscheiben vor und nach der vorgefal-

lenen Bandscheibe empfohlen.

Häufig müssen die Hunde nach der Operation stationär

betreut werden. Dies ist insbesondere wichtig, wenn

der Harnabsatz durch die Nervenschädigung nicht sel-

ber durch das Tier kontrolliert werden kann. Zudem

ist in der ersten Zeit ein Vorbeugen von Hautläsionen/

Dekubitus-Wunden entscheidend. Nach ca. drei Tagen

wird im Fall einer Hemilaminektomie mit Unterwasser-

laufbandtraining begonnen. Sobald die Hunde wieder

selber laufen können und der Harnabsatz sichergestellt

ist, können sie nach Hause entlassen werden. Es ist

wichtig, dass auch von zu Hause aus weitere unterstüt-

zende Massnahmen wie Physiotherapie, Akupunktur,

Dry needling usw. angewandt werden.

PROGNOSE Hunde mit einer akuten Bandscheibenläsion erholen

sich innert weniger Wochen. Es lässt sich aber nicht

generell sagen, wie viele der verloren gegangenen

Funktionen wieder zurückgewonnen werden. Dies ist

individuell und hängt von sehr vielen Faktoren ab.

Wirbelsäulenoperationen führen in der Regel zu einer

Destabilisation der Wirbelsäule, die während der ers-

ten Monate immer stabiler wird. Man sollte in dieser

Phase die Hunde in der Bewegung einschränken und

keinen Stress auf die Wirbelsäule ausüben. Hunde mit

Halswirbelsäulenveränderungen benötigen in der Re-

gel mehr Zeit, um sich von der chronischen Rücken-

markskompression zu erholen. Das Rückenmark hat

sich in der Regel während einiger Wochen an die Kom-

pression gewöhnt und sich angepasst. Diese Verände-

rungen sind teilweise reversibel und brauchen Geduld

und Zeit.

Abschliessend ist festzuhalten, dass Tiere mit begin-

nenden Nervenausfällen (Propriozeptionsdefiziten)

unbedingt weiterführende Untersuchungen brauchen,

um ein gut funktionierendes Nervensystem und die

damit verbundene Lebensfreude erhalten zu können.

Dr. med. vet. MARTIN HOFSTETTERSpezialist für Kleintierchirurgie, -orthopädie und -neurochirurgieStudium der Veterinärmedizin im Tierspital Zürich 1997–2002

Internship und Residency ECVS und Dissertation am Tierspital

Bern April 2003 bis April 2008

Oberarzt für Chirurgie, Orthopädie und Neurochirurgie an der

VMU Wien April bis Dezember 2008

Oberarzt für Chirurgie, Orthopädie und Neurochirurgie an der

TSK Hünenberg März 2009 bis November 2010

Eröffnung der Überweisungsklinik/Spezialistenklinik ARC in

Herisau 2011

WWW.ARC-O.CH

4 |

Myelografie des Hundes mit einem Wobblersyndrom an der Bandscheibe

C5–C6. Die Kontrastmittelsäule wird von dorsal (oben) und von ventral

(unten) zusammengedrückt und das Rückenmark zu einem sanduhrähnlichen

Erscheinungsbild gezwungen.

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MÄRZ 2018 | FACHZEITSCHRIFT DES BTS – BERUFSVERBAND DER TIERHEILPRAKTIKER/-INNEN SCHWEIZ 11

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O K T O B E R 2 0 1 8

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THEMA | NebennierenTIERMEDIZIN | ERNÄHRUNG | VERHALTENSBIOLOGIE/NEUROENDOKRINOLOGIE | TIERHOMÖOPATHIE

TCM – TRADITIONELLE CHINESISCHE MEDIZIN | TEN – TRADITIONELLE EUROPÄISCHE MEDIZIN

MANUELLE THERAPIEN

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MÄRZ 2018 | FACHZEITSCHRIFT DES BTS – BERUFSVERBAND DER TIERHEILPRAKTIKER/-INNEN SCHWEIZ 12

«≈» Impulskontrolle, eine Fähigkeit zur emotionalen Regulation, ist angeboren. Versuche

haben jedoch gezeigt, dass Kohlenhydrate einen Einfluss darauf haben. Kann die Fähig-

keit zur Impulskontrolle also gefüttert werden?Text und Foto:

Dr. Ute

Blaschke-Berthold

E R N Ä H R U N G

Ernährung und Impuls- kontrolle bei Hunden

WAS IST IMPULSKONTROLLE?Impulskontrolle ist die Fähigkeit, die erste emotiona-

le Reaktion zu hemmen oder zu unterbrechen. Diese

Fähigkeit zur emotionalen Regulation ist angeboren.

Erlernt werden muss, in welchen Situationen sich Im-

pulskontrolle lohnt. Neuronennetze, die Impulskon-

trolle möglich machen, befinden sich im präfrontalen

Cortex (Teil des Frontallappens). Die Fähigkeit zur Im-

pulskontrolle ist schon seit mehreren Jahrzehnten ein

wichtiges Forschungsgebiet in Psychologie und Bio-

medizin. Die Fähigkeit zur Impulskontrolle ist ein be-

deutendes Thema, denn nicht nur Leistungsfähigkeit,

sondern auch emotionales Wohlbefinden und psychi-

sche Gesundheit sind mit ihr verbunden. Wichtige

Ergebnisse betreffen genetische und neurobiologische

Grundlagen, Grenzen der Impulskontrollfähigkeit und

die Bedeutung der Ernährung.

WICHTIGE ERGEBNISSE FÜR DAS VERSTÄNDNIS DER IMPULSKONTROLLEKohlenhydrate in der Nahrung werden in ihre Glucose-

Bausteine zerlegt. Langsam verdauliche Kohlenhy-

drate lassen den Blutzuckerspiegel langsam anstei-

gen und über einen längeren Zeitraum stabil bleiben.

Dagegen führen schnell verdauliche Kohlenhydrate zu

einem kurzen, extremen Anstieg des Blutzuckerspiegels,

der danach aber auch wieder schnell abfällt. Versuche

mit Ratten haben gezeigt, dass nach einer Mahlzeit mit

langsam verdaulichen Kohlenhydraten Aufgaben, die

Impulskontrolle und ausdauernde Aufmerksamkeit be-

nötigen, besser und länger bewältigt werden können als

nach einer Mahlzeit mit schnell verdaulichen Kohlenhy-

draten. Erste Versuche mit Hunden weisen in dieselbe

Richtung. Ausserdem ist die Leistungsfähigkeit bei ei-

ner Suchaufgabe höher, wenn die Hunde vorher gefres-

sen haben. Für diesen Versuch bekamen die Hunde ein

Fertigfutter aus Trute, Poulet, Äpfeln und Kartoffeln.

Weitere Versuche zeigten, dass bereits eine zehnminü-

tige Impulskontrolle – Sitzen und Bleiben alleine in ei-

nem vertrauten Raum – bei Hunden zu einem starken

Abfall des Blutzuckerspiegels führt. Dagegen erfordert

das zehnminütige Warten in einer Box nicht so viel Im-

pulskontrolle, denn der Blutzuckerspiegel sinkt nur

geringfügig.

In einer anderen Versuchsreihe bekamen die Hunde

nach diesem zehnminütigen Test entweder einen Glu-

cose-Drink oder einen Drink mit Süssstoff. Direkt nach

dieser Erfrischung wurden sie mit einem unlösbaren

Futterpuzzle konfrontiert.

Die Hunde, die in der Box nur wenig Impulskontrolle

ausüben mussten, hatten unabhängig von der Gluco-

se-Zufuhr die beste Frustrationstoleranz und Ausdau-

er beim Futterpuzzle. Mit Impulskontrolle beim Sitzen

und Bleiben waren Ausdauer und Frustrationstoleranz

deutlich schlechter, am schlechtesten bei den Hunden,

die den Drink mit Süssstoff bekommen hatten.

In einem weiteren Test zeigten sich die Hunde, die zu-

vor Impulskontrolle ausüben mussten, risikofreudiger

gegenüber einem aggressiv bellenden Artgenossen.

Wie bei Menschen gibt es auch bei Hunden einen Zu-

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MÄRZ 2018 | FACHZEITSCHRIFT DES BTS – BERUFSVERBAND DER TIERHEILPRAKTIKER/-INNEN SCHWEIZ 13

E R N Ä H R U N G

sammenhang zwischen Impulskontrolle, Frustrations-

toleranz, Reaktivität und dem Blutzuckerspiegel. Die

Zufuhr von Glucose erneuert nach der Aufwendung

von Impulskontrolle schnell die Reserven für mehr

Leistung.

Impulskontrolle verbraucht körperliche Ressourcen.

Viele Untersuchungen an Menschen, anderen Tieren

und auch Hunden haben gezeigt, dass ausgeübte Im-

pulskontrolle nachfolgendes Verhalten beeinflusst.

Folgende Fähigkeiten werden verringert:

• Konzentrationsfähigkeit

• Gedächtnisbildung

• Erinnerungsvermögen

• Ausdauer bei schwierigen Aufgaben

Dagegen wird die Bereitschaft grösser, aggressiv auf

Provokation zu reagieren.

Durch die Ausübung von Impulskontrolle kann der

Blutzuckerspiegel bei Mensch und Hund sinken. Dies

ist nicht weiter verwunderlich, denn alle Tiere benöti-

gen Glucose als Energielieferant für ihre Körperzellen;

das Gehirn verbraucht extrem viel Glucose!

Ist die Erneuerung der Reserven für Impulskontrolle

an die Ausschüttung von Insulin gebunden? Die Fä-

higkeit zur Impulskontrolle ist bei Menschen und an-

deren Tieren, auch bei Hunden, nicht abhängig von

der Ausschüttung von Insulin.

Es genügen winzige Mengen Glucose oder Fructose in

der Mundhöhle, damit nach Aufwendung von Impuls-

kontrolle die Fähigkeit zur weiteren Impulskontrolle

und die Frustrationstoleranz wieder besser werden.

Fructose hat also in Bezug auf diese Erholung den-

selben Effekt wie Glucose, obwohl sie nicht zur Aus-

schüttung von Insulin führt. Die Entdeckung von

Glucose und Fructose in der Mundhöhle durch Ge-

schmacksrezeptoren stimuliert Gehirnareale, die für

Motivation insgesamt zuständig sind. Dadurch wird

das mesocorticolimbische System aktiviert: Dopamin

wird im medialen präfrontalen Cortex ausgeschüttet.

Vermutlich sorgt dieser Effekt für eine schnelle Erho-

lung nach der Aufwendung von Impulskontrolle; das

mesocorticolimbische System ist zuständig für die Ent-

deckung von Belohnungsmöglichkeiten, und die Aus-

schüttung von Dopamin fühlt sich gut an.

Glucose in der Mundhöhle aktiviert die erste Pha-

se der Ausschüttung von Insulin. Diese Phase wird

vermittelt durch die Geschmacksrezeptoren und den

Nervus Vagus. Neben den bekannten Effekten des Va-

gus auf autonome Funktionen wie Herzfrequenz und

Verdauung hat dieser auch einen Einfluss auf die Aus-

übung von Impulskontrolle. Impulskontrolle hat also

nicht nur etwas mit Willenskraft zu tun, sondern auch

mit dem Zustand des autonomen Nervensystems.

Insulin steigert kognitive Fähigkeiten bei Mensch und

Tier. Dieses Hormon kann zur Erholung nach aufge-

wendeter Impulskontrolle beitragen, auch wenn es

nicht zwingend notwendig ist, wie die Versuche mit

Fructose gezeigt haben.

RÜCKSCHLÜSSE FÜR DIE PRAXISKohlenhydrate sind wichtiger Bestandteil in der Er-

nährung eines Hundes. Hunde sind Allesfresser und

Generalisten. Dies ist eine wichtige Grundlage für ihre

Erfolgsgeschichte als Begleiter der Menschen. Sie kom-

men mit vielen Lebensbedingungen und Nahrungsbe-

standteilen zurecht. Das bedeutet aber nicht, dass wir

Menschen auch alles, was möglich ist, machen sollten.

Nach aufgewendeter Impulskontrolle steigern Glucose und Fruktose extremschnell Ausdauer und Frustrationstoleranz.Süssstoffe haben nicht diese Wirkung.

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E R N Ä H R U N G

Extreme Ernährungsansätze sind selten ausgewogen.

Extreme befinden sich immer am Rande einer Nor-

malverteilung. Sie sind Randerscheinungen. Trocken-

futter, das fast nur aus Getreide und pflanzlichen Ne-

benerzeugnissen besteht, ist genauso extrem wie ein

Frischfutter, das zu 70–80% aus Fleisch und Innereien

besteht. Hunde sind keine Wölfe. Ökologisch unter-

scheiden sich beide Arten stark voneinander. Beson-

ders deutlich wird dies durch die Tatsache, dass aus

verwilderten Hunden niemals Wölfe werden.

Hunde wie Wölfe haben ein Gen für ein Enzym, das

Stärke verdauen kann. Bei Hunden ist dieses Gen ver-

vielfacht. Das bedeutet: Mehr Gene können aktiviert

werden, und dies führt zu einer grösseren Menge Gen-

produkt, also zu mehr Enzym. Hunde sind dadurch

besser angepasst an eine stärkehaltige Nahrung. Eine

Ausnahme hiervon sind der Siberian Husky und ver-

mutlich noch andere nordische Hundetypen.

Gegen Bananenchips o. ä. in besonders belastenden

Situationen spricht nichts, aber die direkte Zuführung

von Glucose nach Impulskontrolle auf regelmässiger

Basis ist nicht empfehlenswert. Besser ist es, auf eine

regelmässige Zufuhr komplexer Kohlenhydrate mit

dem Futter zu achten. Interessant ist in diesem Zusam-

menhang die Fructose. Fructose wird zu mittelkettigen

Triglyceriden verstoffwechselt, die vom Gehirn eben-

falls als Energiequelle genutzt werden und die sogar

einen neuroprotektiven Effekt haben. Fette mit hohem

Gehalt an mittelkettigen Triglyceriden (z. B. Kokosöl)

zusammen mit komplexen Kohlenhydraten füttern die

Fähigkeit zur Impulskontrolle und die Frustrationsto-

leranz.

Quellen:

Miller, H. C., Pattison, K. F., Psychological …, C. N. D. &

2010. Self-control without a «self»? Common self-control

processes in humans and dogs. journals.sagepub.com.

Miller, H. C., DeWall, C. N., Pattison, K., Molet, M. & Zentall,

T. R. Too dog tired to avoid danger: Self-control depletion in

canines increases behavioral approach toward an aggressive

threat. Psychonomic bulletin & review 1–6 (2012).

Miller, H. C., processes, C. B.-B. & 2012. The breakfast effect:

Dogs search more accurately when they are less hungry.

Elsevier.

Miller, Holly & Pattison, Kristina & Laude, Jennifer & Zentall,

Thomas. (2014). Self-regulatory depletion in dogs: Insulin

release is not necessary for the replenishment of persistence.

Behavioural Processes.

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Wir freuen uns, dass uns in Zukunft Prof. Dr. Annette Liesegang mit ihrem Fachwissen und ihren Erfahrungen zum Thema Ernährung unterstützen wird.

PROF. DR. ANNETTE LIESEGANGDirektorin, EBVS® European Specialist in Veterinary and Comparative Nutrition, Dipl. IVASInstitute of Animal Nutrition, Vetsuisse Faculty, University of Zurich

www.nutrivet.uzh.ch

Prof. Dr. med. vet., Dipl. ECVCN. Ich habe 1994 nach meinem Studium

in Zürich und Montréal meinen Abschluss als Tierärztin gemacht.

Zunächst ging ich in die Gemischtpraxis und konnte im Anschluss

meine Dissertation zur Gebärparese der Milchkuh im September

1997 abschliessen. Anschliessend war ich zunächst als Assisten-

tin, dann als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Tier-

ernährung tätig. 2007 wurde meine Habilitation angenommen und

2009 habe ich meinen europäischen Fachtierarzt für vergleichende

und tierärztliche Ernährung abgeschlossen. Zusätzlich habe ich

2008 eine Zusatzausbildung für Akupunktur (International Vete-

rinary Acupuncture Society) beendet und die Prüfung absolviert.

Seit Juli 2012 bin ich Professorin für Tierernährung und Direktorin

des Institutes für Tierernährung der Vetsuisse Fakultät Zürich.

1

M Ä R Z 2 0 1 8

A U S G A B E 1ususFACHZEITSCHRIFTdes BTS – Berufsverband der Tierheilpraktiker/-innen Schweiz

THEMA | WirbelsäuleTIERMEDIZIN | ERNÄHRUNG | VERHALTENSBIOLOGIE/NEUROENDOKRINOLOGIE | TIERHOMÖOPATHIE

TCM – TRADITIONELLE CHINESISCHE MEDIZIN | TEN – TRADITIONELLE EUROPÄISCHE MEDIZIN

MANUELLE THERAPIEN

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«≈» Emotionen sind die Überlebensprogramme eines Tieres; erste Reaktionen auf Verän-

derungen im Umfeld sind immer emotionale Reaktionen, die sich an der Körperober-

fläche übersetzen. Emotionen werden unterstützt von Reflexen, die eine superschnelle

Reaktion auf Umweltreize ermöglichen. Dieser Artikel bietet Ihnen Informationen zum

Schreckreflex.

Text:

Dr. Ute

Blaschke-Berthold

Fotos:

Dr. Ute

Blaschke-Berthold,

iStockphoto

V E R H A LT E N S B I O L O G I E / N E U R O E N D O K R I N O L O G I E

Ausdrucksverhalten und Körperpositionen

DER SCHRECKREFLEXAlle Tiere reagieren auf plötzliche Veränderungen ih-

res Umfeldes. Dabei können diese Reaktionen durch-

aus unterschiedlich sein. Orientierungsreaktion,

Schreckreflex, reflexive Aggression oder Angst. Welche

Reaktion ausgelöst wird, hängt vom auslösenden Reiz

und von der Befindlichkeit des Tieres ab.

Der Schreckreflex führt zu einer tierartspezifischen

Körperhaltung und hat eine extrem geringe Latenz-

zeit. Am schnellsten reagiert das Nervensystem auf

Geräusche: Innerhalb weniger Millisekunden löst ein

überraschendes, intensives oder bedrohliches Ge-

räusch den Schreckreflex aus.

Typisch für die Körperhaltung im Schreck sind ge-

krümmter Rücken, eingezogener Kopf und verklei-

nerte Augen. Diese Bewegungen verkleinern die

Körperoberfläche. Der Schreckreflex mit seiner spezi-

fischen Körperposition öffnet die Tür für eine negative

Bewertung des Reizes: Angst und Aggression treten

nach der Schreckreaktion häufig auf. Deswegen sollte

unerwünschtes Verhalten auch nicht durch Schreckrei-

ze unterbrochen werden.

Der Schreckreflex lässt sich durch Training nicht ab-

stellen! Verändert werden können aber die Auslös-

barkeit dieser überlebenswichtigen Reaktion und die

Reaktionen des Tieres aus dem Schreckreflex heraus.

SCHRECKREFLEX UND STRESSDer Schreckreflex schützt den Körper, bevor der

Schreckreiz genauer analysiert werden kann. Schreck

erhöht die Bereitschaft, sich zu verteidigen. Der Tier-

halter sollte deswegen darauf achten, wie oft ein Tier

sich erschreckt. Eine Strichliste ist einfach und schnell

erstellt. Nur mithilfe eines solchen Protokolls können

Veränderungen entdeckt werden; das Gedächtnis al-

leine ist fehlerhaft und trügerisch. Verhaltensberater,

Tierheilpraktiker, Homöopathen und Tierärzte können

besser helfen, wenn Probleme frühzeitig erkannt wer-

den!

Erschreckt sich das Tier immer öfter, ist dies ein

frühzeitiger Hinweis auf körperliche oder emotio-

nale Probleme.

Schreckhaftigkeit ist ein Stress-Symptom. Diverse

Ängste, Trennungsstress und Erkrankungen sind

meist die belastenden Ursachen für Schreckhaftig-

keit bei Mensch und Tier.

ÄNGSTLICHKEIT UND DIE SCHRECKREAKTION Ängstlichkeit ist ein anderer Zustand als Angst

(Furcht). Ängstlichkeit hält das Tier nahezu andau-

ernd in einem Zustand der Erwartung einer Bedro-

hung. Ängstliche Tiere sind chronisch gestresst! Dies

ist nicht abhängig davon, ob das Tier «schon immer»

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V E R H A LT E N S B I O L O G I E / N E U R O E N D O K R I N O L O G I E

so ängstlich gewesen ist oder erst im Laufe der Zeit so

geworden ist.

Ängstliche Tiere erschrecken sich besonders leicht und

dementsprechend häufig! Nach dem Schreck bewerten

sie die Situation prinzipiell negativ und geraten so in

eine Aufwärtsspirale der Ängstlichkeit. Diesen Tieren

muss unbedingt geholfen werden!

• Suche nach den Ursachen der Ängstlichkeit

• Behandlung der Ursachen

• Bearbeitung spezifischer Ängste wie Geräuschangst,

Angst vor Artgenossen oder Trennungsstress

• Generelle Stressreduktion

• Verbesserung des Umgangsstils

• Möglichkeiten zur Aktivierung von Verhalten, das

auf positiven Emotionen beruht, z. B. Suchspiele.

• Nahrungsergänzungen

• Phytotherapie

• Medikation

REGULIERENDER BOTENSTOFF SEROTONINDie Auslösbarkeit des Schreckreflexes wird vom Ge-

hirn an den allgemeinen Zustand des Tieres angepasst.

Der beteiligte Neurotransmitter ist das Serotonin. Der

Tierhalter hat über die Ernährung und Nahrungser-

gänzungen einen gewissen Handlungsrahmen, um die

Synthese des Serotonins im Gehirn zu unterstützen.

• Anreicherung des Futters mit L-Tryptophan

• Trennung von Eiweiss und Kohlenhydraten

• Zusätzlich verbessert stressarme Ausdauerbewe-

gung die Aufnahme des L-Tryptophan an der Blut-

Hirn-Schranke.

Die Wirksamkeit sämtlicher Massnahmen, die den

Serotoninspiegel im Gehirn erhöhen sollen, lässt sich

an der Häufigkeit des Schreckreflexes messen.

Die Häufigkeit des Schreckreflexes ist ein Mass für

die Verbesserung des emotionalen Zustandes! Wir-

ken Massnahmen zur Reduktion des Hintergrund-

stresses, Nahrungsergänzungen, Medikamente und

andere Behandlungsmassnahmen, dann verringert

sich auch die Schreckhaftigkeit des Tieres. Dies ist

aber nur mithilfe einer Protokollierung der Schreck-

reaktionen des Tieres möglich.

Dr. rer. nat. UTE BLASCHKE-BERTHOLDDipl. Biologin, Trainerin und VerhaltenstherapeutinNach der Promotion widmete Ute sich voll und ganz der ange-

wandten Verhaltensforschung und ihren Favoriten, den Haus-

hunden. Nach der Gründung einer Kyno-Praxis für Verhaltens-

therapie wurde schnell deutlich, dass gut informierte und sinn-

voll trainierte Hundebesitzer die beste Vorbeugung gegen Ver-

haltensprobleme bei Hunden sind – so entstand aus der Praxis

heraus die CumCane Hundeschule.

WWW.CUMCANE.DE

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«≈» Die Wirbelsäule ist unser «Rückgrat» – das Symbol für Standhaftigkeit, Stabilität, Hal-

tung, Position beziehen, Selbstbewusstsein, Tragfähigkeit (trägt unseren Rucksack) usw.

Bei unseren Wirbeltieren hat die Wirbelsäule ebenfalls eine tragende Aufgabe, wobei

sie bei unseren Vierbeinern nicht mit unserer senkrechten Aufrichtung (Aufrichtigkeit) zu

vergleichen ist, sondern eher als beweglicher Tragarm des Kopfes und als waagrechte

Aufhängung der inneren Organe dient und eine Brücke bildet von den Vorder- zu den

Hinterbeinen.

Text:

Sabine Rohrer-Bucher

Fotos:

Sabine Rohrer-Bucher,

iStockphoto

T I E R H O M Ö O PAT H I E

Homöopathie bei akuten Rückenschmerzen

Dieser anatomisch-physiologische Unterschied re-

sultiert auch in einer ganz anderen Belastung auf die

Wirbelsäule als bei uns Menschen. Vor allem beim

Pferd, das noch zusätzlich das Reitergewicht zu tra-

gen hat, sollten wir diese andersartige Belastung der

Wirbelsäule nicht ausser Acht lassen. Folglich würde

ich die Rückenprobleme bei Tieren eher auf anatomi-

sche, mechanische Belastungen zurückführen als auf

psychische Faktoren, welche ja beim Menschen oft ei-

nen nicht zu verachtenden Einfluss haben. Viele Tiere

haben «dank» der selektiven Zucht leider schon ge-

netisch bedingt gute Chancen auf Rückenprobleme in

ihrem Leben. Denken wir dabei zum Beispiel an die

Hunderassen mit ihren extrem langen Körpern wie

Basset Hound und Dackel. Auch die abfallende Hin-

terhand des Deutschen Schäferhundes belastet die

Wirbelsäule enorm. Unter den Pferderassen haben

diejenigen mit einer aufrechten, «stolzen» Haltung

oft einen eher schwachen Rücken. Wird beim Reiten

dieser anatomischen Gegebenheit nicht Rechnung ge-

tragen und die Rückenmuskulatur nicht gezielt aufge-

baut, sind Rückenschmerzen beim Pferd vorprogram-

miert. Laut einer Studie der Chirurgischen Tierklinik

der Universität München aus den Jahren 1995 bis 2000

litten knapp 30 Prozent aller untersuchten Pferde an

Rückenerkrankungen.

In der Praxis werden uns akute sowie auch chronische

Fälle von Rückenproblemen begegnen. Hier beschrän-

ke ich mich auf die akuten Fälle.

HOMÖOPATHISCHE BEHANDLUNG AKUTER RÜCKENSCHMERZENWenn wir uns im Repertorium umsehen, finden wir

unter «Rücken – Schmerz» 677 Mittel (ComRep 10).

Wenn wir uns hier nur die 3-wertigen herauspicken,

sind dies bereits 30 Mittel.

Nebst möglichst genauer Lokalisation der Schmerzen

führt uns die Causa zum passenden Mittel. Die Sensa-

tion des Schmerzes bleibt uns leider verborgen. Wenn

wir Glück haben, kann uns der Tierbesitzer über Mo-

dalitäten berichten.

Nicht selten werden auch unsere Tiere Opfer von Un-

fällen, wo wir es mit traumatisch bedingten Rücken-

schmerzen zu tun haben. Unter der Rubrik «Rücken

– Verletzung der Wirbelsäule» finden wir 35 Mittel,

darunter sind nur 2 Mittel 3-wertig, Hypericum und

Natrium sulphuricum. Schauen wir uns mal das Hy-

pericum genauer an.

HYPERICUM PERFORATUMHypericum perforatum, das Johanniskraut, Hexen-

kraut, Teufelsfluch. Seinen Namen bekam es aufgrund

seiner Blütezeit zur Sommersonnenwende um Johan-

ni herum (24.6.). Sein volkstümlicher Name ist auch

Herrgottsblut, denn die Blüten enthalten den Farbstoff

Hypericin, der die Finger rot färbt, wenn man die Blü-

tenblätter zerreibt. In der Phytotherapie wird Hype-

ricum vor allem bei depressiven Verstimmungen ver-

wendet und als sogenanntes «Rotöl» auch äusserlich

angewandt.

In der klassischen Homöopathie ist Hypericum ein

wichtiges Erste-Hilfe-Mittel, vor allem bei schmerzhaf-

ten Nervenverletzungen. Sein Namensgeber Johannes

der Täufer kam durch Enthauptung zu Tode, also durch

Durchtrennung der Halswirbelsäule inkl. des Rücken-

marks. Immer wieder hat sich der Bezug von Hyperi-

cum nicht nur zu den peripheren Nerven, sondern auch

zum Rückenmark und der Halswirbelsäule gezeigt.

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T I E R H O M Ö O PAT H I E

In «Seideneder, Mitteldetails» findet man in der Rub-

rik Rücken folgende Symptome hierzu:

• Halswirbel sind sehr empfindlich gegen Berührung

• Nackenstarre, HWS-Syndrom (Nux-v, Mez, Calc)

mit nach oben und unten ausstrahlenden Schmerzen

• Nach einem Sturz löst die geringste Bewegung der

Arme oder des Halses Schreie aus

• Liegt auf dem Rücken und ruckt mit dem Kopf nach

hinten

• Stiche im Schulterblatt

• Morgens Stechen nahe dem Rand des rechten Schul-

terblattes, in der Nähe der Wirbelsäule

• Schneiden zwischen den Schulterblättern; unter dem

linken Schulterblatt

• Die ganze Wirbelsäule ist empfindlich

• Folgen von Commotio spinalis

• Verletzung der Wirbelsäule; erstes Mittel, um Ent-

zündungen zu vermeiden

(Rhus-t erst, wenn ziehende oder rheumatische

Schmerzen folgen; oder Rückenschwäche mit

Schmerz beim Aufstehen; dann evtl. Calc)

- Verrenkung im Bereich der Wirbelsäule; Luxation;

Schleudertrauma

- Verletzung oder Beschwerden nach spinalen Ein-

griffen

- Mit schiessenden Schmerzen die Wirbelsäule auf-

wärts, oder in die Glieder, < durch jede Bewegung

der Arme

- Durch Erschütterung; Schlag oder Stoss gegen die

Wirbelsäule

- Quetschung

- Meningitische Erscheinungen danach

• Rückenschmerz durch Verletzung

- Sakralregion nach Zangengeburt

• Drückende oder lähmig drückende Schmerzen im

Kreuz

• Stiche im Kreuz; im Schulterblatt

• Verletzungen des Steissbeins durch Fall

- Starke Schmerzen und Unfähigkeit zu gehen oder

sich zu bücken

- Meist nur Druckempfindlichkeit

- Schmerzen schiessen in die Wirbelsäule hinauf

und in die Extremitäten hinunter

- Mit lanzinierenden Schmerzen im ganzen Körper

oder krampfähnliche Bewegungen

- Bei Geburt

FALLBEISPIELBenny, Flat-Coated-Retriever-Mix, männlich, kastriert,

9 Jahre alt.

Benny wurde vor vier Jahren aus einer Auffangstation

in Spanien adoptiert. Über die Vorgeschichte ist nichts

bekannt. Benny war zu Beginn sehr nervös, ängstlich

und hyperaktiv, an Erziehung war nicht viel vorhan-

den. Mit viel Geduld wurde Benny zu einem relativ

angenehmen Hundepartner, wobei er immer noch ein

sehr aktiver Hund ist, der manchmal seine Grenzen

nicht kennt. Er war bei mir bereits in Behandlung we-

gen eines «Zwingerhustens» und einmal wegen einer

Magen-Darm-Verstimmung – beide Male bekam er

Phosphorus, was die betreffende Symptomatik zum

Abklingen brachte. Auch von seinem ganzen Wesen

her passt Phosphorus sehr gut zu Benny.

Im Oktober 2016 wurde er mir mit einem akuten

HWS-Syndrom vorgestellt. Er stand mit vorgestreck-

tem Kopf, getraute sich kaum zu laufen, legte sich

nicht mehr hin, frass und trank nur, wenn der Napf

erhöht stand. Beim Herumtollen war er in ein Bach-

bett hinuntergepurzelt und konnte nur noch mit Hilfe

der Besitzer den Hang hochkrabbeln. Offensichtlich

war dieser Sturz der Auslöser. Die Besitzerin erzählt

aber, dass sie schon mehrmals ähnliches Verhalten bei

ihm beobachtet hatte, jedoch niemals in dieser Ausprä-

gung.

Obwohl im Repertorium unter «Rücken-Schmerz-Cer-

vicalregion» Hypericum nur 1-wertig genannt wird,

habe ich mich für Hypericum entschieden. Benny be-

kam eine Einzeldosis Hypericum C1000. Laut Bericht

der Besitzerin hat sich Benny dann zu Hause innert

einer halben Stunde hingelegt und tief geschlafen. Als

er Stunden später aufwachte, war der Spuk praktisch

vorüber.

Bei nächster Gelegenheit wurden Röntgenaufnahmen

gemacht, die den Verdacht auf einen Bandscheiben-

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T I E R H O M Ö O PAT H I E

SABINE ROHRER-BUCHERTierhomöopathin BTS, eigene Praxis für Gross- und Kleintiere seit 2000Als gelernte Arzt- und Tierarztgehilfin entschied sie sich 1995,

nach Abstechern in andere Tätigkeiten, ihren Traum als Tier-

therapeutin in die Tat umzusetzen, und absolvierte an der ATN

Schweiz und der ATM in Deutschland verschiedene Studien als

Tierheilpraktikerin. Nach dieser mehrjährigen Ausbildung er-

öffnete sie im Jahr 2000 ihre Tier-Naturheilpraxis in Sarnen. Seit

Anbeginn der Ausbildung stand fest, dass die klassische Homöo-

pathie der Schwerpunkt ihrer Tätigkeit bilden würde, worin sie

sich auch bis heute stetig weiterbildet. Im Projekt Kometian ist sie

seit dem Start 2012 als Beraterin für Nutztiere tätig. Gerne nimmt

sie auch Referententätigkeiten wahr.

WWW.TIER-NATURHEILPRAXIS.CH

vorfall bestätigten. Es besteht eine Stufe zwischen dem

3. und 4. Halswirbel, die bereits auch arthrotische

Veränderungen aufweisen. Leider meldete sich die-

ses Problem wieder ab und zu in viel abgeschwäch-

ter Form. Die Besitzerin bekam daraufhin Hypericum

C200 auf Vorrat und kann diese kleinen Rückfälle

damit jeweils schon in den Anfängen gut auffangen.

Begleitend wurde Physiotherapie gemacht und Benny

trainiert mithilfe von Physiobällen die Halsmuskula-

tur, was natürlich wesentlich zur Stabilisierung der

Halswirbelsäule beiträgt.

Mit all diesen Massnahmen geht es Benny stabil gut

und er blieb von weiteren akuten Schmerzzuständen

verschont.

VERGLEICH HYPERICUM/ NATRIUM SULPHURICUMIch denke Hypericum wirkt am besten bei akuten Ner-

venschmerzen, Natrium sulphuricum eher bei länger

bestehenden chronischen Schmerzen und solchen,

die eher im Bindegewebe und der Muskulatur ihren

Sitz haben. Während Hypericum als Modalitäten al-

les schlimmer durch jegliche Bewegung und schlim-

mer durch Berührung hat, ähneln die Modalitäten

von Natrium sulphuricum eher denen von Rhus toxi-

codendron, also eher Besserung durch Bewegung und

das Bedürfnis nach Lagewechsel. Natrium sulphuri-

cum wird wahrscheinlich bei arthrotischen Beschwer-

den, nicht nur des Rückens, zu wenig in die engere

Wahl genommen.

1 |

Hypericum

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«≈» Spondylose und Spondylarthrose können Hunde jeden Alters und jeder Rasse betref-

fen. Dieser Artikel beleuchtet diese Pathologien aus miasmatischer Sicht und stellt ge-

eignete homöopathische Mittel vor.Text:

Denise Bürgmann

Fotos:

iStockphoto

T I E R H O M Ö O PAT H I E

Spondylose und Spondylarthrose beim Hund

DIE PATHOLOGIEDie Spondylosis deformans (Spondylose) beim Hund

entsteht durch eine knöcherne Überbrückung mehrerer

Wirbelkörper der Wirbelsäule. Die Ursachen für das

Entstehen dieser knöchernen Brücken ist noch nicht

geklärt. In Verdacht stehen chronische Belastungen der

Wirbelsäule oder winzige Frakturen der Wirbelkörper,

eine genetische Disposition, Zucht von unnatürlichen

Körperformen, Umwelteinflüsse, Traumata und zu

starke Belastung über einen längeren Zeitraum, z. B.

durch Sport oder Übergewicht. Das Ergebnis sind Fort-

sätze, die an zwei Wirbelkörpern entstehen und lang-

sam aufeinander zuwachsen.

Wenn die noch nicht verbundenen Fortsätze bei Bewe-

gung aneinander reiben, also bei einer noch nicht voll-

ständigen Verknöcherung der Wirbelkörper, entstehen

Schmerzen beim betroffenen Hund und er hat Schwie-

rigkeiten beim Aufstehen, vermeidet Treppensteigen

und mag nicht springen. Auch der Rücken kann durch

die Schmerzen deutlich aufgekrümmt sein. Durch die

Knochenzubildungen kommt es zu einer Reizung der

Knochenhaut, was sehr schmerzhaft für den Hund ist.

Sind die Fortsätze schliesslich miteinander verwach-

sen, hören die Schmerzen auf, dafür verliert die Wir-

belsäule in diesem Bereich an Beweglichkeit. Abgese-

hen davon sind vollständig verknöcherte Spondylosen

beim Hund meistens symptomfrei. Bei einer fortge-

schrittenen Spondylose können in seltenen Fällen auch

Lähmungen und Inkontinenz die Folge sein.

Eine Folge der Unbeweglichkeit von vollständig ver-

knöcherten Spondylosen beim Hund ist eine Arthrose

der sogenannten Facettengelenke, auch Spondylarthro-

se genannt. Diese Facettengelenke sind durch die Spon-

dylosis deformans unbeweglich zueinander geworden

und es bildet sich eine Arthrose, die häufig ohne Symp-

tome bleibt, aber auch Schmerzen verursachen kann.

Mittel der Wahl, um eine Spondylosis deformans beim

Hund zu diagnostizieren, sind eine ausführliche kli-

nische Untersuchung und Röntgenbilder der Wirbel-

säule. Auf diesen sind die knöchernen Brücken meist

deutlich zu erkennen und es ist erkennbar, ob die Ver-

knöcherung abgeschlossen ist oder noch andauert. Un-

terscheiden muss man eine Spondylosis deformans von

der Diskospondylitis oder einem Cauda-equina-Syn-

drom.

Obwohl Hunde jeden Alters und jeder Rasse von einer

Spondylose betroffen sein können, gibt es eine Häu-

fung von schweren Fällen bei grossen Hunden und vor

allem bei Boxern.

Wichtig, um Schmerzen und Verspannungen vorzu-

beugen, ist bei solchen Hunden das Warmhalten. War-

me Hundemäntel, absolut zugfreie, warme Liegeplätze

und das Vermeiden von Nasswerden sind besonders

bei den kurzhaarigen Hunden hilfreich, um Schmerzen

zu lindern oder zu vermeiden.

Langsame Spaziergänge auf gerader Strecke oder

Schwimmen, wenn es warm ist und der Hund dies

mag, sind sinnvoll, um die Muskulatur zu erhalten.

Aber Achtung, die Intensität muss der Leistungsfä-

higkeit des Hundes angepasst werden. Der Hund darf

nicht überfordert werden.

HOMÖOPATHISCHE BETRACHTUNG DER SPONDYLOSE/SPONDYLARTHROSEDie Arthrose im Allgemeinen wird der Syphilinie zu-

geordnet. Sie ist ein Leitsymptom der Syphilinie und

der syphilitischen Tuberkulinie. Vor allem bei Hun-

den, die rassebedingt zur Spondylarthrose neigen, ist

die Syphilinie ins Zentrum der Behandlung zu stellen.

Rassezucht und damit auch Inzucht fördert immer die

syphilitische Konstitution. Knochenauswüchse und

Knochenhautentzündung gehören ebenfalls in die Sy-

philinie. Sehr oft finden wir bei Spondylarthrose-Pati-

enten eine tuberkulinische Belastung.

Leon Vannier (1880–1963) sprach von einer «postlä-

sionellen Tuberkulose». Er meinte damit das Krank-

heitsgeschehen, das nach einer klinisch geheilten Tu-

berkulose auftritt, aber noch immer der Tuberkulose

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T I E R H O M Ö O PAT H I E

Spondylose und Spondylarthrose beim Hund

zuzuordnen ist. Narbenbildung, bindegewebige Ver-

wachsungen, Verklebungen und fibrosklerotische Zu-

stände beobachtete er bei solchen Patienten.1)

«Diese degenerativen Umbauprozesse entwickeln sich

nach Ablauf von Entzündungen, beispielsweise in der

Lunge als Folge der Tuberkulose. Als chronische Arth-

ritiden und Arthrosen, als Knochenspangenbildungen

wie der Spondylarthrose. Nach Ausheilung der Tuber-

kulose bleiben die Nerven der Betroffenen schwach,

ihre Psyche ist leicht irritierbar und sie neigen zu über-

schiessenden psychischen Reaktionen.» 1)

Auch in der Cancerinie finden wir die Spondylarthrose.

Dort steht sie als Warner- oder Stellvertreterkrankheit

für Krebs. Bleiben solche Warnerkrankheiten unange-

tastet, verhindern sie oft über lange Zeit das Auftreten

von Krebs. Werden sie unterdrückt oder verschwinden

sie von selbst, folgt, nach einer Phase relativen Wohlbe-

findens, oft der Krebstumor. 1)

DIE HOMÖOPATHISCHE BEHANDLUNG VON SPONDYLOSE/SPONDYLARTHROSEWas sagt uns dies für den Praxisalltag mit Spondylo-

se-Patienten? Es ist in der Krankengeschichte genau-

estens Ausschau zu halten nach Geschehen, die die

Tuberkulinie und die Cancerinie aktivieren. Fisteln,

Abszesse, insbesondere Drüsenabszesse, Mamma-

abszesse, chronische Durchfälle, chronische Ohrenent-

zündungen oder Ohrenreizungen (beim Hund oft er-

nährungsbedingt, wird dann als allergisch bezeichnet),

Lungenentzündungen, Bronchitis, Allergien, Hautpilz-

erkrankungen und Abmagerung in der KG des Pati-

enten sind weitere Hinweise auf ein tuberkulinisches

Krankheitsgeschehen. Sind solche Krankheiten schon

einmal aufgetreten und unterdrückt worden oder kom-

men sie im Zuge der homöopathischen Behandlung

zum Vorschein, sind sie Wegweiser für ein passendes

Mittel.

Ein besonderes Problem der Tuberkulose-Patienten

ist die schnelle Überlastung der Ausscheidungsorga-

ne. Dem ist bei der Behandlung speziell Beachtung

zu schenken. Pulsatilla zeigt sich hier als starkes Mit-

tel auf tuberkulinischem Terrain. Aber auch die gich-

tischen Drainagemittel im Sinne von Antoine Nebel

(1870–1954) sowie die Säure-Mittel können wertvolle

Dienste leisten.

Drainagemittel gebe ich gerne in Urtinkturen oder als

spagyrische Tropfen. Wenn das Mittel zu giftig ist (z. B.

Hydrastis), verabreiche ich es in einer tiefen D-Potenz

(D1–D6).

Beim Hund sind die Ohren und die Nieren häufig

Ventile der Tuberkulinie. Kommt es während der Be-

handlung zu exzessivem Jucken der Ohren, darf dies

auf keinen Fall unterdrückt werden. Spätestens dann

ist die Ernährung genau unter die Lupe zu nehmen.

Eine gut verträgliche Ernährung entlastet die Ausschei-

dungsorgane gewaltig. Gerade bei alten Hunden achte

ich besonders auch auf eine Unterstützung der Nieren.

Eine chronische Niereninsuffizienz gesellt sich beim al-

ten Spondylarthrose-Patienten gerne dazu.

Die Spondylarthrose ist ein typisches Beispiel einer

chronisch degenerativen Erkrankung und ihrer unter-

schiedlichen Behandlungsansätze. Wir haben verschie-

dene Ebenen, die berücksichtigt werden müssen:

TIEFE CHRONISCHE EBENE – HALTEPUNKT UND DRAINAGEEinmal ist da die tiefe chronische Ebene. Der Halte-

punkt der Arznei und der Krankheit muss derselbe

sein. Die «points of no return» (J.C. Burnett) werden be-

rücksichtigt. Die charakteristischen Symptome können

von Blutsverwandten kommen. Wenn wir auf dieser

Schicht behandeln, können wir ein Fortschreiten der

Knochenzubildung sowie der Arthrose verhindern. Die

Tuberkulinie verschiebt sich auf eine andere Schicht,

vom Bindegewebe aufs Endoderm (Blasenentzündung,

Verdauungsbeschwerden beispielsweise) oder aufs

Ektoderm (Ohren, Bindehaut, Hautausschläge, Pilz-

infekte) oder es zeigen sich syphilitische oder psorische

Symptome. Hier kommen die Drainagemittel als Zwi-

schenmittel oder begleitend zur chronischen Behand-

lung zur Anwendung.

1) Maria Schuller, Lehrbuch der miasmatischen Homöopathik

1 |

Pulsatilla

1

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T I E R H O M Ö O PAT H I E

FORTGESCHRITTENE PATHOLOGIE – GESAMTHEIT DER AKTUELLEN SYMPTOMEOft reicht diese Behandlung nicht. Wenn die Spon-

dylarthrose schon weit fortgeschritten ist, verlangt

der Zustand des Hundes zusätzliche Behandlungen:

Inkontinenz und Lähmungen der Hinterhand, die sich

als Erstes durch das Nachschleifen der Hinterhand mit

den typischen Kratzgeräuschen der Krallen zeigen, be-

dürfen einer anderen Behandlungsstrategie: Da die Ar-

throse nicht mehr rückgängig gemacht werden kann,

müssen wir uns auf eine lebenslange Behandlung der

Symptome einstellen. Da gebe ich gerne Mittel, welche

die Gesamtheit der Symptome berücksichtigen: Mo-

dalitäten sind wichtige Hinweise, die genaue Art der

aktuellen Beschwerden sowie weitere Symptome etwa

des Gemütes oder zum Trink- und Fressverhalten, die

mit den aktuellen Beschwerden aufgetreten sind. Dazu

gehören auch schon länger andauernde charakteristi-

sche Symptome des Tieres, die sich durch sein ganzes

Leben ziehen, wenn sie eben wirklich charakteristisch

oder pathologisch sind. Als Beispiel möchte ich einen

Hund erwähnen, der schon sein ganzes Leben lang

sehr frostig ist und etwa alle ein bis zwei Monate Zit-

teranfälle mit Kälte des Körpers hat. Das ist, homöo-

pathisch gesehen, pathologisch. Ausserdem kommt es

in diesem Stadium oft zu sekundären Belastungsbe-

schwerden. Die Vorderbeine werden überbeansprucht

und die Gelenke schmerzen oder verändern sich ar-

throtisch. Eine Schmerztherapie wird nötig. Da kann

es durchaus sinnvoll sein, auf handfeste Schmerzmittel

der Schulmedizin zurückzugreifen. In Kombination

mit Boswelia in Urtinktur oder spagyrisch sowie mit

einem passenden homöopathischen Mittel kann dieser

alte Spondylose-Patient noch einen relativ beschwer-

defreien Lebensabend verbringen. Sollten durch die

Schmerzmittel Magen- oder Nierenbeschwerden auf-

treten, sind Arsen, Phosphor und Nux vomica gute

Helfer.

Die homöopathische Begleitung eines Spondylarthrose-

Hundes bleibt oft eine Begleitung bis ans Lebensende.

Nur wenn die Krankheit ganz am Anfang behandelt

wird, besteht die Möglichkeit, dies zu heilen oder so

weit aufzuhalten, dass keine Beschwerden entstehen.

Trotzdem kann ein Hund lange Zeit ein beschwerde-

freies oder doch beschwerdearmes Leben führen.

Wichtig für eine erfolgreiche Behandlung ist es, in je-

dem Stadium der Krankheit auf die richtige Ebene ein-

zuwirken. Dabei gibt oft die Reaktion des Hundes auf

ein Mittel den Hinweis auf die nächste Strategie. Man

muss offen bleiben dafür und die Hinweise sehen und

verstehen.

Zum Schluss stelle ich in kurzer Zusammenfassung

die wichtigsten Mittel für die Behandlung einer Spon-

dylarthrose vor:

Aurum«Als ein sehr tiefwirkendes Mittel habe ich Aurum

schätzen gelernt bei degenerativen Knochen- und Ge-

lenkserkrankungen wie Arthrose und Spondylarthrose,

und zwar rein auf Grund der organotropen Beziehung

zum Knochensystem, ohne nähere Ähnlichkeitsbezie-

hung.»2) Mezger empfiehlt Strontium carbonicum als

Zwischenmittel, wenn ein Stillstand in der Besserung

mit Gold eintritt.

• Verschlimmerung von Sonnenuntergang bis Sonnen-

aufgang, in Ruhe

• Besserung an der frischen Luft, bei warmem Wetter,

langsame Bewegung, Bewegung der kranken Teile

• Folgen unterdrückter Absonderungen

• Spätfolgen einer schweren Krankheit

• Haut: Jucken ohne Hautausschlag

• Beim alten Hund Hornhauttrübung, verlangen nach

frischer Luft (Altersherz), zittern

• Nach einer Phase der Kongestion und Hypertrophie

folgt unweigerlich eine Phase der Verknöcherung

und der Destruktion3)

CarcinosinumViele Unterdrückungen, Impfungen, Desensibilisierun-

gen, Allergien unterdrückt, lange Krankengeschichte

evtl. auch der Eltern

Calcium Salze• Wachstumsbeschwerden/Entwicklungsstörungen in

der KG, Kryptorchismus, Zahnung

• Folgen von Knochenverletzungen

• Folgen von Kalküberschuss im industriellen Fertig-

futter (Jacques Millemann, Dr. vétérinaire)

• Scheinträchtigkeit in der KG

• Haut: Dermatosen, Tinea

• Wichtiges Akutmittel: Rhus-t

Wenn Rhus-t im akuten Zustand (Reizung der Kno-

chenhaut, Arthrose, nach Überanstrengung) hilft, ist

das für mich oft schon ein Grund, mit Calcium-c auf

der chronischen Ebene weiterzufahren.

Tellurium• Haut: Pilzinfekte

• Ohren: Entzündung Gehörgang, Jucken

• Wirbelsäule überempfindlich gegen Berührung

2) Dr. Julius Mezger, Gesichtete Homöopathische

Arzneimittellehre 3) Jacques Clerget, Dr. Vétérinaire

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MÄRZ 2018 | FACHZEITSCHRIFT DES BTS – BERUFSVERBAND DER TIERHEILPRAKTIKER/-INNEN SCHWEIZ 25

T I E R H O M Ö O PAT H I E

Strontium carbonicum• Abmagerung, Müdigkeit, Zittern

• Haut juckt heftig

• Hitze und Brennen der Füsse

Radium bromatum• Strukturelle Veränderungen an den Krallen

• Hyperkeratose der Haut, Nase, Ballen

Tuberkulinum residuum KochNach Vannier ist dies das Tuberkulinum der Wahl,

wenn Patienten nach einer ausgeheilten Tuberkulose

immer noch unter dem Einfluss der tuberkulären Toxi-

ne leiden. Die Reaktion dieses Patienten auf die Toxine

zeigt sich an den Gelenken und an der Wirbelsäule in

Form von Arthritis oder fibrosklerotischem Geschehen.

Vannier meint, dass in diesen Fällen nach einer Gabe

Tub-r wahlanzeigende Symptome erscheinen, die oft

nach Rhus-t verlangen. 4) Es ist das Tuberkulinum bei

Spondylarthrose.

Morgan• Kongestionen

• Ängstlich, Erwartungsangst

• Ohren: Ausfluss, Otitis, Ekzeme hinter den Ohren

• Leber, Galle

• Nieren: Steinbildung

• Rheuma, Osteoporose, Arthrose

• Haut: viele Sulfur-Symptome

Morgan pure• Leber, Galle, Hautausschlag

• Ekzeme, Furunkel im Gehörgang

• Brennende Magenschmerzen, Erbrechen von Blut

• Ulcus Duodeni

• Knoten, Risse, Fissuren, Ekzeme, Rheuma an den

Pfoten

• Schilddrüse, Struma

Phosphor acidum• Wachstumsbeschwerden durch zu rasches Wachstum

• Chronische Überanstrengungen

• Überempfindliches Tier

• Phosphaturie

Phosphor• Entzündung der Ohrmuschel mit Jucken und Wärme

• Verlust des Gehörs

• Nierendegeneration bei alten Hunden mit Polyurie

und Inkontinenz

• Schwäche/Lähmung der Hinterhand

• Nachschleppen der Hinterhand

• Hitze an bestimmten Stellen im Lendenbereich

• Abmagerung

• Alte Hunde

SiliceaMezger beschreibt Silicea als Haupt- oder als Zwischen-

mittel bei den degenerativen Umbauprozessen der Tu-

berkulose. Es kann sicher hochdosiert als tiefgreifendes

antituberkulöses Mittel eingesetzt werden, aber auch

als organotropes Mittel in tiefen C- oder D-Potenzen.

• Mangel an Lebenswärme

• Empfindliche Konstitutionen

• Gehörgangekzem

• Wachstumsprobleme

• Chronisch vergrösserte Drüsen

• Haut: Ekzeme, Keloide, Warzen

DENISE BÜRGMANNTierhomöopathin BTS und Tierpsychologin ATNAusbildung als Tierhomöopathin, Tierpsychologin ATN in Zü-

rich. Weiterbildung in Tierhomöopathie bei Christiane Krüger.

Ausbildung in klassischer Homöopathie an der Akademie der

Homöopathischen Heilkunst in Rapperswil. Sie führt seit 20 Jah-

ren eine eigene Praxis für Tierhomöopathie in Landquart und seit

2016 in Basel und gibt seit 2001 Kurse für Landwirte am Plantahof

in Landquart und an anderen Landwirtschaftlichen Schulen. Do-

zentin für Tierhomöopathie und Ethologie an der Samuel Hahne-

mann Schule in Zürich.

WWW.TIERHOMOEOPATHIE-BASEL.CH

4) Frans Vermeulen, Monera, Kingdom Bacteria & Viruses

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MÄRZ 2018 | FACHZEITSCHRIFT DES BTS – BERUFSVERBAND DER TIERHEILPRAKTIKER/-INNEN SCHWEIZ 26

«≈»Die Wirbelsäule beschäftigt uns täglich – in der einen oder anderen Form. Gerne wer-

den die Ursachen von Schmerzen im Rückenbereich der Wirbelsäule und ihren allfälli-

gen, mittels bildgebenden Verfahren festgestellten Veränderungen zugeordnet. Etwas

genauer hinzuschauen lohnt sich aber.

Text und Fotos:

Monika Roggo

T C M – T R A D I T I O N E L L E C H I N E S I S C H E M E D I Z I N

Die Wirbelsäule im Zusammenspiel mit den umliegenden Strukturen

DIE WIRBELSÄULE IN DER TCMEs ist nicht etwa der Du Mai (Lenkergefäss) der am

engsten bei der Wirbelsäule verläuft, es ist der Chong

Mai (Durchdringungsgefäss). Der Chong Mai ent-

springt im Unterbauch (am Uterus, wenn vorhanden),

verläuft nach hinten und über Ren1 (Huiyin) zur Wir-

belsäule. Der eine Ast des Chong Mai zieht innerhalb

der Wirbelsäule nach oben. Ein weiterer Ast zieht ab

Ma30 (Qichong) der Innenseite des Hinterbeines ent-

lang zur Pfote, ein anderer Ast fliesst bei Ni11 in den

Nieren-Hauptmeridian und zieht an der Bauchseite

entlang zum Thorax und weiter bis zum Mund.

Der Du Mai (Lenkergefäss) entspringt im hinteren

Abdomen, zieht nach hinten über das Perineum und

dorsal der Wirbelsäule bis zum Nacken, weiter in der

Mediane über den Kopf bis zur Oberlippe. Der Du Mai

hat mehrere Äste: Einer zieht über den After entlang

dem Sakrum zu den Nieren, ein weiterer zieht auf der

Bauchseite via Nabel weiter zum Herzen und zum

Kopf.

Ein dritter Ast zieht zusammen mit dem Blasenmeridi-

an von Du1 aus zu Bl1.

Der Ren Mai (Konzeptionsgefäss) entspringt im Unter-

bauch (am Uterus, wenn vorhanden) und zieht in der

Mediane über Abdomen/Thorax zur Unterlippe. Ein

Ast entspringt im unteren Becken und zieht in der Wir-

belsäule zum Nacken.

Der Dai Mai (Gürtelgefäss) entspringt im Bereich von

Le13, zieht durch Gb26/27/28 und umkreist die Len-

denregion wie ein Gürtel.

Wenn wir uns nur einmal die Verläufe dieser vier Son-

dermeridiane anschauen, so stellen wir eine direkte

Verbindung der Wirbelsäule zu den inneren Becken-

organen und den Nieren fest.

Die Hautregion TaiYang (Grosses Yang) überzieht die

plantare Seite der Hintergliedmasse und den ganzen

Rückenbereich und Nacken. Über die Hautregionen

können äussere Einflüsse (Wind, Kälte, Feuchtigkeit) in

das Meridian- und Organsystem eindringen. Das Gros-

se Yang wird gebildet durch die Meridiane Blase und

Dünndarm.

Der Blasenmeridian bietet uns zudem in der TCM mit

den Shu-Punkten eine gute Diagnose- und Therapie-

möglichkeit. Er entspringt beim inneren Augenwinkel,

zieht lateral der Mediane über den Kopf in den Nacken.

Im Nacken trennt er sich in zwei Hauptäste, die paral-

lel der Wirbelsäule entlang über den Rücken und die

Glutealregion zur Kniekehle ziehen. Hier verbinden

sie sich wieder und ziehen weiter als Hauptast bis zur

fünften Zehe lateral.

Die Shu-Punkte gelten als Zustimmungspunkte zu den

Organen und Meridianen. Zur Diagnosestellung prü-

fen wir mittels Palpation der Punkte, ob wir eine Fülle

respektive eine Leere im betreffenden Organ respektive

Meridian feststellen. Mit der Nadelung der Shu-Punk-

te greifen wir direkt auf die Organe/Meridiane zu. Es

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T C M – T R A D I T I O N E L L E C H I N E S I S C H E M E D I Z I N

handelt sich auch hier um die Organe und deren Funk-

tionen, wie sie in der TCM beschrieben werden. Ein

direkter Rückschluss auf die Funktion der Organe, wie

sie in der wissenschaftlichen Medizin beschrieben wer-

den, ist nicht jederzeit möglich.

Mit dem Denkmodell der TCM lassen sich die mögli-

chen Zusammenhänge von Schmerzen, Sensibilitäts-

störungen oder Veränderungen der Gewebestruktur

entlang der Wirbelsäule mit Ungleichgewichten in

den inneren Organen schlüssig erklären. Andererseits

lohnt es sich immer, bei chronisch rezidivierenden,

therapieresistenten Erkrankungen der inneren Organe

(z. B. chronisch rezidivierende Zystitis, Verdauungsbe-

schwerden, ungeklärte abdominale Schmerzen usw.)

die Wirbelsäule und ihre umliegenden Strukturen ge-

nauer anzuschauen.

DIE WIRBELSÄULE, DER THORAX UND DAS MEDIASTINUMUm die sensible Halswirbelsäule zu schonen, greift

der Hundebesitzer heutzutage gerne zum Brustge-

schirr. Dabei wird leider nur zu oft vergessen, dass die

Brustwirbelsäule der zentrale Abschnitt der gesamten

Wirbelsäule ist und dass sich Schläge und chronische

Fehlbelastungen z. B. durch schrägen Zug im Brustge-

schirr sehr schnell auf die ganze Wirbelsäule und damit

auf das gesamte parietale System fortsetzen können.

Zug am Brustgeschirr kann sich zudem über sämtliche

Strukturen des Thorax in die Viszera (Eingeweide) fort-

setzen; eine ernst zu nehmende, leider oft unberück-

sichtigte Tatsache.

Das Mediastinum stellt den thorakalen Teil des zentra-

len Faszienzuges dar, welcher von der Schädelbasis bis

zum Beckenboden reicht. Das Mediastinum beinhaltet

das Perikard, den Thymus, die Nervi phrenici (Inner-

vation Zwerchfell), die grossen Herzgefässe, die Tra-

chea, den Oesophagus, den N. vagus, die Vena azygos

(zieht durch Hiatus aorticus aus dem Bauchraum in

den Thorax, mündet in Vena cava superior), den Duc-

tus thoracicus und den Grenzstrang.

Das Mediastinum inseriert dorsal an den Thoraxwir-

beln, ventral am Sternum und caudal am Zwerchfell.

Durch das Ligamentum pulmonale (zwischen cauda-

lem Lungenlappen und Mediastinum) wird die Verbin-

dung zwischen der Pleura mediastinalis und der Pleu-

ra pulmonalis hergestellt.

Der knöcherne Thorax – bestehend aus Brustwirbelsäu-

le, Rippen und Sternum – wird cranial begrenzt durch

das erste Rippenpaar und caudal durch das letzte Rip-

penpaar.

Das Zwerchfell inseriert am Sternum, an 9.–13. Rippe

und 3.–4. Lendenwirbel, wird innerviert durch den

N. phrenicus und hat drei Durchlässe: Hiatus aorticus

mit Aorta, Vena azygos dextra, Ductus thoracicus; Hia-

tus oesophagus mit dem Oesophagus und Teilen des

N. vagus sowie dem Foramen venae cavae mit der V.

cava caudalis und dem N. phrenicus dexter.

Direkt unterhalb der Wirbelsäule zieht der Trun-

cus sympathicus über den laterodorsalen Rand des

Zwerchfells.

Das Zwerchfell ist über Bänder und Faszien mit der Le-

ber, der rechten Niere, dem Magen und den Ovarien

direkt verbunden.

Die beiden Muskeln Psoas minor und Psoas major sind

an ihrem Ursprung eng mit dem linken Zwerchfells-

pfeiler verbunden, M. psoas minor zieht zum Tuber-

culum M. psoas minoris am Os ileum und M. psoas

major zum Trochanter minor am Femur. M. quadratus

lumborum entspringt an den letzten Brustwirbel- und

ersten Lendenwirbelquerfortsätzen und endet medial

am Os ileum.

Das Becken und die Hintergliedmasse haben eine di-

rekte Verbindung zum Zwerchfell.

DAS PERIPHERE VEGETATIVE NERVEN- SYSTEM, DIE WIRBELSÄULE UND DIE VISZERADie Zentren des Sympathikus liegen im Brust- und

Lendenmark, die Zentren des Parasympathikus im

Hirnstamm und im Sakralmark. Der Grenzstrang

(Truncus sympathicus) liegt paarig links und rechts der

Wirbelsäule, verläuft vom Occiput bis zum Sakrum, die

Ganglienkapseln stellen eine Fortsetzung des Epineuri-

ums dar, welches wiederum eine Fortsetzung der Dura

mater darstellt.

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T C M – T R A D I T I O N E L L E C H I N E S I S C H E M E D I Z I N

Das Ganglion cervicale craniale liegt auf der Höhe des

ersten Halswirbels, die austretenden Nervenfasern ver-

sorgen den Kopfbereich. Die Ganglien im Brustteil des

Sympathikus liegen zwischen den Rippenköpfchenge-

lenken und der Wirbelsäule. In diesem Bereich liegt die

Versorgung der meisten abdominalen Organe. Durch

diese enge anatomische Lage kann man davon ausge-

hen, dass Veränderungen im Bereich der Wirbelsäule

und der Wirbel-Rippengelenke einen Einfluss auf das

sympathische Nervensystem ausüben können.

Der lumbale Teil des Sympathikus bedient die Organe

im unteren Abdomen, der sakrale Teil in erster Linie

die Beckenorgane.

Der craniale Teil des Parasympathikus versorgt alle

Kopforgane sowie die Organe der Brust- und Bauch-

höhle, der Sakralteil versorgt die Beckenorgane.

SCHLUSSBETRACHTUNGDieser kleine, unvollständige Exkurs in die Anatomie

und die Verläufe einiger Meridiane soll den interes-

sierten Leser dazu anregen, sich die Komplexität des

Körpers mit all seinen anatomischen Strukturen (die

anderen Komponenten sind erst mal unberücksich-

tigt) erneut ins Bewusstsein zu rufen. Es gibt unzäh-

lige Möglichkeiten, Disharmonien und Störungen im

Körper fortzusetzen und damit Symptome auszulösen,

deren Ursachen ganz woanders liegen.

FAZITSchmerzen entlang der Wirbelsäule müssen nicht zwin-

gend ihre Ursache an der Wirbelsäule haben, ebenso

können Veränderungen an der Wirbelsäule im ganzen

Körper und in allen Systemen Symptome hervorrufen.

Med. vet. MONIKA ROGGOAkupunktur, Phytotherapie, OsteopathieStaatsexamen 1987 in Bern

Ausbildung zur Spezialtierärztin für Akupunktur

Eröffnung der Tieräztlichen Praxis für Akupunktur & Kräutermedizin 1992 in Basel

Ausbildung zur TCM-Therapeutin, 1999–2014 eigene TCM Praxis in Basel

Ausbildung in Osteopathie für Kleintiere 2013–2016

WWW.DIE-ANDERE-KLEINTIERPRAXIS.CH

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«≈» Vitalpilze werden gern und erfolgreich bei Spondylose und DLSS (Degenerative lumbo-

sakrale Stenose) – auch Cauda-equina-Syndrom genannt – eingesetzt, beispielsweise

zur Linderung der Schmerzen.Text:

Claudia Sutter

Fotos:

GFVS,

Gesellschaft für

Vitalpilzkunde Schweiz

T E N – T R A D I T I O N E L L E E U R O PÄ I S C H E M E D I Z I N

Mykotherapie bei Spondylose und DLSS

Bis ins Mittelalter fanden Pilze vielfältige Anwendung

gegen Fieber, Schmerzen, Entzündungen und andere

Beschwerden. Im asiatischen Raum wurde dieses Wis-

sen bis in die Neuzeit erhalten. In unseren Breitengra-

den gewannen Kräuter immer mehr an Bedeutung und

verdrängten so die Pilze aus der Medizin. In der TCM

bedient man sich schon seit Jahrtausenden ihrer Heil-

kraft.

Mittlerweile erleben Heilpilze ein Comeback und fin-

den immer mehr Anwendung, auch in der Tierthera-

pie. Die Forschung stösst laufend auf immer neuere

Erkenntnisse, wie etwa, dass bestimmte Steroide und

Triterpene eine immunsuppressive Wirkung haben,

was zum Beispiel für Behandlungen von allergischen

Hauterkrankungen oder sogar schweren Autoimmun-

erkrankungen von Bedeutung ist.

Da klinische Studien aus dem asiatischen Raum nicht

in vollem Masse den Anforderungen für die Zulassung

in Europa entsprechen, dürfen Pilze hierzulande nicht

als Medikamente verkauft werden, sondern lediglich

als Nahrungsergänzungspräparate.

INHALTSSTOFFE Die Vitalpilze bestehen zu 90% aus Wasser, wenig

Fett und etwa 2–6% Kohlenhydraten. Ihr Eiweissge-

halt liegt bei 1,5–4,5 g pro 100 Gramm und kann bis

zu 40% Rohprotein in der Trockenmasse betragen. Die-

ses Pilzeiweiss enthält viele essenzielle Aminosäuren.

Ausserdem sind D-, E- und B-Vitamine, Enzyme und

Spurenelemente, Triterpene, Adenosin, Chitin und Gly-

koproteine enthalten.

KRANKHEITSVERLAUFBei der Spondylosis deformans, in der TCM als Bi-Syn-

drom bezeichnet, sind meist degenerative Veränderun-

gen der Bandscheiben die Hauptursache. Diese führen

dann zu den typischen Spondylophyten. Die Folge da-

von ist eine gewisse Instabilität des gesamten Skelett-

systems, insbesondere im Brust- und Lendenwirbelbe-

reich. Verknöcherungen können in ganze Umbauten

der Wirbelsäule münden und sind prinzipiell als Re-

paraturmassnahmen des Organismus zu betrachten,

als Versuch des Organismus, die Stabilität des Skeletts

zu erhalten. Spondylophyten bilden teilweise ganz

neue Verbindungsstücke zwischen Wirbelkörpern aus.

Durch Neubildungen werden auch Gelenke angegrif-

fen, sodass Gelenkverschleiss in Form von Arthrose in

Kombination mit der Spondylose auftritt. Bis zur kom-

pletten Versteifung der Wirbelkörper treten auch Band-

scheibenvorfälle und Lähmungserscheinungen durch

Beeinträchtigungen von Nervensträngen auf. Folge der

Gelenkserkrankungen sind Muskelatrophien.

1 2

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T E N – T R A D I T I O N E L L E E U R O PÄ I S C H E M E D I Z I N

HEILPILZE ALS LANGZEITTHERAPEUTIKADegenerative Prozesse in der Wirbelsäule sind im Vor-

marsch. Vor allem mittelgrosse bis grosse Hunderassen

sind häufig betroffen. Oft werden die Hunde bereits

mit Entzündungshemmern und Schmerzmitteln be-

handelt, wenn sie in meiner Praxis vorgestellt werden.

Eine teure Operation kommt für viele Halter nicht in-

frage oder die Symptomatik lässt eine OP noch offen.

Qi- und Xue-Stagnationen (Transformation von

Schleim) löse ich mithilfe der Akupunktur. Zusätzlich

setze ich als Langzeittherapeutika chinesische Heilpil-

ze ein. Manchmal verändert sich während eines Krank-

heitsverlaufs die Kombination der verabreichten Pilze

mehrmals.

MIT HEILPILZEN ZUR SCHMERZBEFREIUNG ODER SCHMERZLINDERUNGAuricularia, auch Judasohr genannt, bewirkt mit sei-

nem spezifischen Auricularia-Biopolymer eine deut-

liche Senkung der Triglycerid- und LDL-Choleste-

rin-Werte. Damit erreichen wir eine erhöhte Viskosität

des Blutes, was sich wiederum durch eine verbesserte

Durchblutung der Gelenke auszeichnet und die Sauer-

stoffaufnahme der Zellen erhöht. Sein Gehalt an Ade-

nosin wirkt gefässerweiternd und stärkend, was gera-

de bei Bewegungsmangel von Bedeutung ist. Neben

anderen Inhaltsstoffen ist der Auricularia reich an Ka-

lium, Kalzium und B-Vitaminen. In der Chinesischen

Medizin hat der Pilz eine befeuchtende und entzün-

dungshemmende Wirkung auf die Schleimhäute. Auri-

cularia befeuchtet die Lunge, verteilt und reguliert Qi.

Er wirkt unter anderem auf Milz, Magen (schützt das

Magen-Yin) und Leber.

Der Reishi oder Glänzende Lackporling galt im bekann-

ten Arzneimittelbuch «Shen Long Ben Tsao» aus China

schon vor 2000 Jahren als «König der Heilpflanzen».

Sein hoher Gehalt an Triterpenen hat eine cortisonähn-

liche Wirkung und dämmt die Histaminausschüttung.

Triterpene wirken stark entzündungshemmend. Auch

bei Muskelatrophien hilft Reishi. Das im Reishi ent-

haltene Adenosin wirkt beruhigend und entspannend

auf die Muskulatur und hat eine dem Neurotransmit-

ter Azetylcholin entgegengesetzte Wirkung. Die Erre-

gungsübertragung zwischen Nerv und Kontraktion

der glatten Muskulatur wird herabgesetzt.

Mit den Eigenschaften dieses Heilpilzes können Hit-

ze und Schleim ausgeleitet werden. Er tonisiert, nährt

und reguliert Qi und Xue. Sein starker Bezug zur Leber

wirkt blutreinigend und fördert die Ausscheidung fett-

löslicher Giftstoffe. Reishi leitet Hitze und Schleim aus.

Die Inhaltsstoffe des Shiitake können den Schleim lö-

sen und die Feuchtigkeit beseitigen. Sein Organbezug

zur Milz ist hilfreich, um Qi und Xue über die Milz

zu stärken. Ausserdem wirkt Shiitake tonisierend auf

das Wei Qi. Dieser Heilpilz wirkt basisch, vermindert

Spondylophyten, wirkt schmerzstillend und entzün-

dungshemmend. Weil Shiitake und Reishi zusammen

schmerz- und entzündungslindernd wirken, machen

sie Bewegungseinschränkungen rückgängig. Shiitake

ist in der Lage, Deformationen in Gelenken zurückzu-

bilden und das Fortschreiten der Ossifikation zu ver-

langsamen.

Sein hoher Anteil an Vitamin D unterstützt die Cal-

cium-Phosphor-Aufnahme und wirkt somit gegen die

Osteolyse.

Der Pleurotus oder Austernpilz eliminiert Wind, Kälte

und Hitze-Nässe, löst und transformiert Feuchtigkeit,

Nässe und Schleim. Der Pleurotus tonisiert Milz- und

Magen-Qi.

Dieser Pilz entspannt Muskeln und Gelenke, stärkt

Venen, Bänder und Knorpel. Dadurch wird die Mus-

kelfunktion verbessert. Er fördert die Blutbildung und

das Wachstum junger Zellen, auch im Knochenmark.

Seine Inhaltsstoffe haben antineoplastische und ent-

zündungshemmende Eigenschaften.

1 |

Agaricus

2 |

Auricularia

3 |

Shiitake

4 |

Reishi

5 |

Pleurotus

3 4 5

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T E N – T R A D I T I O N E L L E E U R O PÄ I S C H E M E D I Z I N

Das Polysaccharid Pleuran hat eine antioxidative Wir-

kung, was sich positiv auf die Eindämmung von freien

Radikalen und Metastasen auswirkt. Der Austernpilz

wirkt immunmodulierend, da er die Produktion von

Laktobazillen, Enterokokken und Bifidobakterien un-

terstützt.

NEUROLOGISCHE AUSFALLSTÖRUNGENDas Cauda-equina-Syndrom ist eine Kombination ver-

schiedener neurologischer Ausfallstörungen infolge

Kompression der Nervenwurzeln im Lumbosakralbe-

reich.

Die TCM geht dabei von Qi- und Xue-Stagnation im

Du Mai aus. Ebenfalls betroffen sind der Blasen- und

Gallenblasenmeridian. Um die Regeneration periphe-

rer Nerven zu stimulieren, verwende ich den Igelsta-

chelbart, Hericium. Seine Inhaltsstoffe Hericenon und

Erinacin, ein Diterpenoid, stimulieren den Nerven-

wachstumsfaktor (NGF). Durch diesen werden die

Myelinscheiden wieder aufgebaut, welche die Ner-

venzellen ernähren und schützen. Ausserdem bewirkt

NGF die Regulation der TH1- und TH2-Immunant-

wort im ZNS.

Essenzielle Aminosäuren, Polysaccharide und Poly-

peptide machen diesen Pilz zu einem wertvollen Heil-

mittel und stärken darüber hinaus das körpereigene

Immunsystem.

FALLBEISPIEL: EIN HUND MIT RÜCKENMARKSINFARKTVor einigen Jahren durfte ich einen vierjährigen Deut-

schen Schäferhund nach einem Rückenmarksinfarkt

behandeln. Nando hatte eine sehr schlechte Prognose

vom Tierarzt erhalten. Nachdem ich den Hund die ers-

ten zwei Jahre regelmässig mit Akupunktur behandelt

hatte, absolvierte ich die Ausbildung zur Mykothera-

peutin. Nando sollte, mit Einverständnis der Halterin,

mein «Versuchsobjekt» für die Heilkraft der Pilze wer-

den.

Absichtlich hatten wir niemandem von unserem Pro-

jekt erzählt, um eventuelle Voreingenommenheiten zu

umgehen.

Das Gangbild des Hundes veränderte sich zusehends.

Er konnte wieder mit dem Schwanz wedeln, kippte

kaum mehr auf eine Seite weg und seine Stopps funk-

tionierten jedes Mal. Im Hundetraining bemerkten alle,

die Nando schon länger kannten, dass sich sein Gang-

bild um einiges harmonischer und koordinierter zeigte.

Nando starb im Sommer 2016 mit beinahe 10 Jahren!

HEILPILZE ALS UNTERSTÜTZUNG BEI CHEMISCHEN MEDIKAMENTENWenn Tiere auf chemische Medikamente angewiesen

sind, unterstütze ich sie gerne mit Heilpilzen. NSAID

(non-steroidal anti-inflammatory drugs), auch NSAR

(deutsche Bezeichnung), wie Onsior, Metacam oder

Carprox können gastrointestinale Nebenwirkungen

verursachen.

Um solchen Nebenwirkungen entgegenzuwirken, set-

ze ich auch hier wiederum auf die Heilpilze. So steht

der Reishi mit seinem Bezug zur Leber im Vorder-

grund. Denn er entgiftet und schützt die Leberzellen.

Cordyceps stärkt das Nieren-Jing sowie das Wei Qi.

Der Pleurotus hilft mit seiner immunstärkenden Wir-

kung. Hericium stärkt Magen- und Darmschleimhaut

und wirkt gegen Tumoren im Verdauungstrakt.

6

7

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T E N – T R A D I T I O N E L L E E U R O PÄ I S C H E M E D I Z I N

PILZPULVER VOM GANZEN PILZ ODER EXTRAKTEOb ich in der Mykotherapie Extrakte oder Pilzpulver

verabreiche, richtet sich nach den Beschwerden. Ich

persönlich verwende Extrakte, wenn ich eine schnelle

Wirkung, insbesondere auf das Immunsystem haben

möchte. Bei leichteren Krankheiten oder chronischen

Geschehen wie z. B. Arthrose greife ich zum Pilzpulver.

Beim Pulver muss darauf geachtet werden, dass jeweils

der ganze Pilz verwendet wird: also der oberirdische

Pflanzenteil und das Myzel, welches im Boden wächst.

Im Pulver des ganzen Heilpilzes sind Tausende Inhalts-

stoffe enthalten. Unter anderem Enzyme, Adenosine,

Vitamine, Triterpene, Glykoproteine.

Enzyme spielen bei der Entgiftung eine wichtige Rolle.

Da bei der Herstellung von Extrakten jedoch die Pilze

erhitzt werden, gehen einige Inhaltsstoffe wie Vitami-

ne, Triterpene sowie die Enzyme verloren. Dafür ent-

halten Extrakte ein Mehrfaches an Polysacchariden.

Dementsprechend stark bzw. schnell kann ihre Wir-

kung auf das Immunsystem sein. Dennoch enthalten

Extrakte nicht den «gesamten Pilz», so wie ihn die Na-

tur uns zu Verfügung stellt.

ZUM SCHLUSSSelbstverständlich kann dieser kurze Bericht nicht kom-

plett alle Inhaltsstoffe der jeweiligen Pilze behandeln

und sämtliche Krankheitsbilder beleuchten, bei denen

die hier erwähnten Heilpilze zum Einsatz kommen. Es

ist lediglich «die halbe Wahrheit» im Rahmen der Mög-

lichkeiten, um einen kleinen Einblick in diese interes-

sante und natürliche Therapiemethode zu gewähren.

Ich habe versucht, die TCM mit der TEN zu verbinden,

da die Mykotherapie sowohl in der TEN als auch in der

TCM wirkungsvoll eingesetzt werden kann.

Sämtliche Pilze und Pilzextrakte sollten langsam über

mehrere Tage eingeschlichen werden, denn sie wirken

entgiftend auf den Organismus!

Quellen:

Vitalpilzratgeber, Jürgen Guthmann

Heilen mit Pilzen, Petra Friedrich, Tierheilpraktikerin

Mykotherapien.com

GFVS, Gesellschaft für Vitalpilzkunde Schweiz

vetpharm.uzh, Institut für Veterinärpharmakologie und

-toxikologie

CLAUDIA SUTTERBTS zertifizierte Tierheilpraktikerin TCM und Manuelle Therapien2006–2009 Ausbildung zur Tierheilpraktikerin TCM

(Paramed & ifT Deutschland), 2009 Praxiseröffnung

«Akupunktur für Tiere» in Neuenkirch (LU)

Seit 2012 Vorstandsmitglied beim BTS

2012 Ausbildung zur Mykotherapeutin

2014 Diplomabschluss Craniosacral Therapie (ifT)

Seit Juni 2014 «Serpa Sana», Praxis für Tiergesundheit in

Krumbach, Geuensee, Telefon 076 528 51 65

WWW.SERPA-SANA.CH

6 |

Cordyceps

7 |

Hericium

8 |

Polyporus

8

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«≈» Spagyrische Essenzen in der Tierheilkunde – eine Einführung in die Philosophie, die

Herstellung und die Anwendungsmöglichkeiten der Spagyrik bei Rückenschmerzen

Text:

Nicole Mumenthaler

Fotos:

Heidak

T E N – T R A D I T I O N E L L E E U R O PÄ I S C H E M E D I Z I N

Spagyrik bei Rückenschmerzen

GESCHICHTE DER SPAGYRIKDie Ursprünge der Spagyrik gehen auf das 2. /3. Jahr-

hundert in Ägypten zurück, auf Hermes Trismegistos.

In Europa entwickelte Paracelsus (1493–1541) die Spa-

gyrik in ein eigenes medizinisches Fachgebiet. Um das

16. Jahrhundert blühte die Alchemie, bevor die ersten

Forschungen im Bereich der Chemie die alte Wissen-

schaft zurückdrängte. Mit Alchemie verbinden die

meisten von uns die Versuche im Mittelalter, aus Blei

und Ähnlichem Gold herzustellen, doch die wichtigs-

ten Techniken der Alchemie, das Trennen, Lösen, Schei-

den (Spago) und das Binden, Vereinen (Ageiro, aus

dem Griechischen) beschreibt genau die Herstellung

der spagyrischen Essenzen.

HERSTELLUNG DER PFLANZEN-SPAGYRIKDie noch heute gültige Form der Herstellung wurde in

Deutschland von Carl Friedrich Zimpel (1801–1879) de-

finiert. Zimpel war ein engagierter Homöopath, der auf

der Suche war nach einer Heilmethode, die noch besser

wirken sollte als die damals gängige Medizin und die

Homöopathie. Vor etwa 30 Jahren nahm die Spagyrik

in spezialisierten Drogerien in der Schweiz ihren Platz

ein, in diesen Jahren wird sie von Therapeuten entdeckt.

Die meist pflanzlichen Ausgangsstoffe (Frischpflanzen

oder getrocknete Pflanzen, sogenannte Drogen) werden

nach einer ersten Qualitätsprüfung geschnitten und mit

einer speziellen Hefe im Gärbottich 20–25 Tage vergo-

ren. Nach der jeder Pflanze eigenen Gärzeit wird die

erste Trennung in Form einer Wasserdampfdestillation

durchgeführt. Die nach der Destillation übriggebliebene

Maische wird verbrannt und mehrmals kalziniert, d. h.

so lange mit hohen Temperaturen durchgeglüht, bis nur

noch das Mineralstoffgemisch zurückbleibt, welches der

Pflanze vorher ihre Struktur gegeben hatte. Dieses «Sal»

wird zwischen den Kalzinierungen mehrmals zerrieben,

damit bei der anschliessenden Zusammenführung des

Destillates und der Asche, der sogenannten spagyri-

schen Hochzeit, möglichst alles gelöst werden kann. Da-

durch ist praktisch die gesamte Pflanze in der spagyri-

schen Essenz enthalten und nicht nur ein Teil davon wie

bei einem wässrigen oder alkoholischen Auszug. Diese

Verarbeitungsspezialität zahlt sich im deutlich breiteren

Wirkungsfeld der Essenzen aus, wenn man die Einsatz-

möglichkeiten mit normalen Tinkturen, Tee und anderen

Anwendungsgebieten vergleicht.

Nach der Herstellung werden die Essenzen wiederum

im Labor auf ihre Qualität geprüft und danach an die

darauf spezialisierten Verkaufsstellen weitergeschickt.

MINERAL-SPAGYRIKSeit einigen Jahren hat sich das Sortiment der Spagy-

rik in einem Riesenschritt erweitert – einerseits um

Mineralstoffe, die zum Teil auch aus dem Bereich der

Schüssler Salze bekannt sind, ergänzt aber mit einigen

eher unbekannten Spezialitäten wie Vanadium metal-

licum oder Molybdaenum metallicum – unbekannt,

aber für spezielle Indikationen wie Störungen im Ei-

weissstoffwechsel wunderbare Helfer. Hergestellt

wird diese Art der Spagyrik nach den Richtlinien des

Spagyrikers Conrad Johann Glückselig (1864–1934)

und den Vorschriften des Homöopathischen Arznei-

buchs (HAB). Wichtigstes Element ist auch hier die

1

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T E N – T R A D I T I O N E L L E E U R O PÄ I S C H E M E D I Z I N

Spagyrik bei Rückenschmerzen

Destillation, dadurch kommt neben der Information

auch die Heilkraft in die Essenz. Mit der Mineralspa-

gyrik lassen sich die Mängel an Elektrolyten in der Zel-

le ausgleichen, nicht mit Menge an Spurenelementen,

sondern im Bereich der Verwertungsstörungen, also

dass die Substanzen den Weg an ihren Bestimmungs-

ort finden.

SPABIONIKEtwas ganz Besonderes für mich ist die Spabionik.

Dies sind fünf Essenzen, welche den Anteil der Ele-

mente, der in der westlichen Heilkunde im Laufe der

Zeit verloren gegangen ist, als energetische Ergänzung

wieder in die Spagyrik zurückbringt. Es sind dies die

Essenzen Lava (Feuer), Calcium carbonicum natura-

le (weisser Marmor, Erde), Cuprum oxydatum niger

(Tenorit, Luft), Aqua maris (Meerwasser, Wasser) und

Ferrum sidereum (Eisenmeteorit, Äther). Diese Art

Spagyrik unterstützt eine spagyrische Mischung auf

eine die Wirkung verstärkende Art, ich schätze diese

Möglichkeit, um blockierte Stoffwechsel wieder in den

energetischen Fluss zu bringen. Bei Autoimmuner-

krankungen hilft Lava, das gegen den eigenen Körper

gerichtete Feuer zu mindern, bei hochemotionalen Si-

tuationen hilft Ferrum sidereum als das den anderen

Elementen übergeordnete, immaterielle Element z. B.

die Schilddrüse zu schützen oder Narben nach Opera-

tionen oder Verletzungen zu entstören.

ANWENDUNGSMÖGLICHKEITEN UND DOSIERUNGNachdem die Mischung nach den individuellen Be-

dürfnissen zusammengestellt wurde, stehen viele An-

wendungsmöglichkeiten offen. Die einfachste und gän-

gigste Methode ist natürlich oral – man spritzt es direkt

in den Mund. Je nach Tier(-art) oder Situation kann

man die Essenz auch mit dem Futter, dem Trinkwasser

oder einem «Gutzi» geben. Bei Pferden und Hunden

empfiehlt sich eine kleine Lektion, um sich die Beloh-

nung zu verdienen. Katzen akzeptieren einen Spritzer

der Essenz im Futter in der Regel gut, sonst spritzt

man einen Spritzer auf die Pfote – die sofort abgeleckt

wird – oder gibt einen Spritzer auf den Nacken oder

irgendwo sonst aufs Fell. Bei stumpfen Verletzungen,

Arthrosen und vielen anderen Indikationen hat sich

die kombinierte Anwendung, innerlich und äusserlich,

bewährt. Bei akuten Entzündungen und Verletzungen

arbeite ich gerne mit Heilerde (z. B. Aion A), die mit ei-

nigen Spritzern Spagyrik versetzt wird. Auch die bei

den Menschen sehr bewährte Inhalation kann man bei

Tieren anwenden, z. B. bei verschnupften Katzen. Da-

neben sind spezifische Anwendungen wie das Benet-

zen von Akupressurpunkten möglich.

Für Kleintiere empfehlen wir einen Spritzer pro An-

wendung, ab etwa Grösse Schäferhund drei Spritzer,

für Pferde 5 Spritzer. Da im Gegensatz zur Homöo-

pathie stoffliche Anteile in der Essenz enthalten sind,

macht diese Anpassung Sinn. Menschen nehmen pro

Anwendung drei Spritzer. Die spagyrischen Essenzen

werden nach den individuellen Bedürfnissen zusam-

mengestellt.

KOMBINATION MIT ANDEREN THERAPIENSpagyrik kann aus meiner Erfahrung heraus sehr gut

mit anderen Therapiemethoden kombiniert werden.

Wird ein Antibiotikum eingesetzt, so kann man zeit-

gleich das Immunsystem und die Lymphe stärken,

Virenbestandteile und Bakterientoxine ausleiten, die

Leber und den Darm bei der Entgiftung unterstützen.

So kann man den Körper vor einem Rückfall schützen,

weil die Selbstheilungskräfte angeregt werden und der

Körper in seiner Abwehr wieder selber aktiv wird und

so lernt, mit den Keimen umzugehen. Auch beim Ein-

satz von Schmerzmitteln und Entzündungshemmern

kann man mit der Spagyrik zeitgleich die Schleimhäute

des Magen-Darm-Traktes schützen, die Leber und Nie-

re bei der Ausleitung unterstützen und so die Neben-

wirkungen stark reduzieren.

Auch mit Homöopathie kann die Spagyrik gut kombi-

niert werden. Natürlich gibt man nicht ein Antidot zum

ausgewählten homöopathischen Mittel, sondern setzt

dann eher Essenzen ein, die ihren Wirkschwerpunkt

im phytotherapeutischen Bereich haben und die Aus-

leitung, das Immunsystem unterstützen, die Nerven

beruhigen oder was auch immer im Moment für diese

1 |

Kalzinierung

2 |

Calcium fluoratum

2

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T E N – T R A D I T I O N E L L E E U R O PÄ I S C H E M E D I Z I N

Situation stimmig ist. «Ja was ist denn jetzt besser – die

Homöopathie oder die Spagyrik?» ist eine häufig ge-

stellte Frage. Ich möchte auf keine dieser zwei Metho-

den verzichten müssen – es ergibt sich aus der Situati-

on, womit man arbeitet. In der Spagyrik kann man mit

einer Mischung, die in der Regel fünf Essenzen enthält,

einen breiteren Weg einschlagen: Bei einer Infektion

kann ich gleichzeitig die Immunabwehr stärken, die

Ausscheidung von Toxinen verbessern und etwas für

die individuelle Symptomatik und für Gemütssymp-

tome beimischen. Die Essenz sollte mehrmals täglich

gegeben werden. Ist dies nicht möglich, ist vielleicht

eher die Homöopathie ein Weg – je nach Möglichkeit

und Situation.

SPAGYRIK BEI RÜCKENSCHMERZENDie Auswahl der spagyrischen Essenzen richtet sich

nach den gezeigten Symptomen, Modalitäten (wann,

bei welchen Bedingungen, Temperaturen etc. geht es

besser oder schlechter), bekannten oder vermuteten

Ursachen (Unfall, Verletzung, Arthrose, Spondylose,

Neuropathien aufgrund von Durchblutungsstörungen,

Diabetes oder Einengung eines Nervs, Reizleitungs-

störungen durch toxische Ursachen (Quecksilberver-

bindungen in Impfungen, Umweltgifte) oder Autoim-

munprozesse.

Einige Essenzen, die bei Rückenschmerzen eingesetzt

werden, stelle ich kurz vor. Ich beschränke mich auf

Essenzen, die in der Homöopathie nicht gebräuchlich

sind.

Olibanum (indischer Weihrauch, Boswellia serrata):

Olibanum ist eine der wichtigsten Essenzen, wenn es

um Autoimmunprozesse und chronische Entzündun-

gen geht. Im Bereich Rücken sind dies Morbus Bech-

terew, autoimmunbedingtes Rheuma, Lupus erythe-

matodes sowie auch häufig unklare, immer wieder

aufflackernde Entzündungen. Ein weiterer Aspekt, der

auch in der Tierheilkunde immer mehr an Bedeutung

gewinnt, ist eine Unverträglichkeit von Klebereiweis-

sen (Gluten) im getreidehaltigen Futter. Neben den

Schäden im Darm werden auch die Myelinscheiden der

peripheren Nerven geschädigt, was eine verminderte

Reizleitung zur Folge hat. Je nachdem, welche Bereiche

betroffen sind, kann es von Gangstörungen, Schwäche

der Hinterhand bis Verlust der Kontrolle der Schliess-

muskeln von Darm und Harnröhre kommen.

Ribes nigrum (schwarze Johannisbeere): Auch diese Es-

senz wird bei degenerativen Reizleitungsstörungen der

peripheren Nerven eingesetzt, vor allem wenn eine di-

abetische Neuropathie beteiligt ist. Sind Störungen der

Blutzuckerregulation feststellbar, sollte die Bauchspei-

cheldrüse mit Vaccinium myrtillus (Heidelbeere) und

Lycopodium (Bärlapp) unterstützt werden. Obwohl

die diabetische Neuropathie in der Schulmedizin als

irreversibel eingeschätzt wird, habe ich in der Praxis

schon erlebt, dass sich die Nerven erstaunlich erholt

haben. Auch beim Cauda-equina-Syndrom lohnt sich

ein Einsatz von Ribes nigrum.

Piper methysticum (Kawa-Kawa, Rauschpfeffer): Wenn

aufgrund von Angst, Stress, Nervosität, Überforde-

rung, Erwartungsspannung oder Schmerzen der Mus-

keltonus erhöht ist, kann Piper methysticum die Ner-

ven wunderbar glätten, die ganze Situation entspannen

und auch ein verkrampfter Rücken schwingt bei der

Bewegung wieder mit.

Ähnlich entkrampfend wirken auch Harpagophytum

(Teufelskralle), vor allem wenn Arthrosen der grossen

Gelenke und Verspannungen vorhanden sind, sowie

auch Petasites (Pestwurz), welche vor allem auch ent-

spannend im Nackenbereich wirkt.

Nux vomica (Brechnuss) ist vor allem bekannt wegen

seiner entkrampfenden und entgiftenden Wirkung im

grossen Bereich der Verdauungsbeschwerden und Ver-

giftungen – sei es, dass ein Hund Schokolade erwischt

hat (als Erstmassnahme!), sich ein Pony am Kraftfutter

überfressen hat oder um die Nebenwirkungen von di-

versen Medikamenten zu lindern, vor allem Schmerz-

und Entzündungsmittel. Die Leber sowie die Niere

werden in der Entgiftung unterstützt, Magenreizungen

beruhigt, die Darmschleimhaut entspannt. Bei der Be-

handlung von Beschwerden des Bewegungsapparats

gehört Nux vomica für mich dazu, wenn der Patient

auf der einen Seite gestresst ist – sei es seine gallige

Laune, Gereiztheit infolge von Schmerzen, therapie-

müde Tiere, die einfach nur noch ihre Ruhe möchten,

3

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T E N – T R A D I T I O N E L L E E U R O PÄ I S C H E M E D I Z I N

lange Medikation gegeben ist – und eine deutliche

Schwäche der Hinterhand feststellbar ist. Der Hund

springt nicht mehr in den Kofferraum, die Katze traut

sich nicht mehr auf den Katzenbaum, Pferde haben

Mühe beim Aufstehen – es sei denn, es ist irgendeine

Ablenkung oder Motivation gegeben: Läutet es an der

Haustüre, so ist der Dackel trotz seiner Dackellähme

der erste an der Türe oder bei der Fütterung sowieso

der erste am Napf oder Trog – Hauptsache der andere,

rangniedrigere bekommt es nicht!

Berberis vulgaris (Berberitze, Sauerdorn): Berberis ist

eines der sogenannten Drainagemittel – sie kommt

zum Einsatz, wenn die Entgiftung, vor allem über die

Nieren, nicht so effizient ist, wie sie sein sollte und die

Abbauprodukte des Eiweissstoffwechsels nicht aus-

geschieden, sondern abgelagert werden. Der Körper

schiebt diese Stoffe dorthin, wo bereits eine Störung

feststellbar ist – Arthrose, Verkrampfung von Muskeln

etc. – in der Homöopathie spricht man von der gich-

tischen Diathese. Indem mit ausscheidungsunterstüt-

zenden Essenzen wie der Berberis die physiologischen

Ausleitungswege aktiviert werden, lagern sich keine

entzündungsfördernden Stoffe im Bindegewebe und

keine steinbildenden Strukturen in der Niere ab. Da-

durch kann ein beginnender Hexenschuss, rheumati-

sche Erkrankungen im muskulären und Gelenkbereich

sowie Übersäuerung nach Anstrengungen spürbar ge-

lindert werden. Wichtig ist, genügend Flüssigkeit dazu

anzubieten, damit die Stoffe auch ausgeschwemmt

werden. Typisch bei Berberis ist eine Erschöpfung, sei

es auf der psychischen und/oder körperlichen Ebene,

geforderte Anstrengung wird kaum verkraftet. Bei al-

len Situationen, bei denen die Nieren geschwächt sind

aufgrund vorheriger Infekte (Streptokokkeninfekte,

Mandeln), muss die Fütterung vor allem in Bezug auf

artgerechte Eiweisse unbedingt mitberücksichtigt wer-

den. Berberis kann gut mit Solidago (Goldrute) und

Equisetum (Schachtelhalm) kombiniert werden.

Calcium fluoratum (Flussspat, Schüssler Salz Nr. 1):

Calcium fluoratum ist eines der wichtigsten Mineral-

salze, die wir auch als flüssige spagyrische Essenz zur

Verfügung haben, wenn es um die Festigkeit von Bin-

degewebe geht – oder auch um Ablagerungen, z. B. als

Spondylose oder als Exostose nach Verletzungen oder

wenn die Sehnen und Bänder ihre Elastizität immer

mehr verlieren und immer starrer werden. In diesem

Fall hat sich die Kombination über die Fütterung mit

essenziellen Fettsäuren und Vitamin E bewährt, um die

Geschmeidigkeit zu erhalten und einer Verkürzung der

Sehnen entgegenzuwirken. Hat es bereits Zubildungen

gegeben, so empfehle ich unbedingt die kombinierte

äusserliche Anwendung direkt am Brennpunkt – sei

es durch äusserliches Besprühen der betroffenen Stelle

oder in Kombination mit Ultraschall. Jedes Mittel bein-

haltet beide Polaritäten – zu starres Gewebe oder zu lo-

ckeres, beides wird von Calcium fluoratum abgedeckt,

d. h. der Körper soll wieder zur richtigen Stabilität zu-

rückfinden. Bei lockeren Bändern, erweiterten Venen,

Organsenkungen infolge zu schlaffem Bindegewebe,

schlechter Zahnqualität und schlechter Haar-/Krallen-

qualität hat Calcium fluoratum ebenso seinen Platz.

Dies ist nur eine kleine Auswahl aus einem grossen Be-

reich der Möglichkeiten aus der Spagyrik.

Für Fragen zur Spagyrik stehe ich Interessierten gerne

zur Verfügung!

Quellen:

Hans-Josef Fritschi, Manfred Meier: Pflanzen-Spagyrik und

Mineral-Spagyrik, diverse Schulungsunterlagen der Firma

Heidak der letzten 25 Jahre, eigene Texte und Erfahrungen

NICOLE MUMENTHALERNaturheilpraktikerin, TierhomöopathinNach 20 Jahren in der Drogerie, mit Schwerpunkt Naturheilmittel

für Mensch und Tier, Ausbildung zur Naturheilpraktikerin und

Tierhomöopathin, Praxis Arnika für Mensch und Tier in Amris-

wil, TG. Referentin in der HEIDAK für Spagyrik für Tiere, Semi-

nare für Laien und Fachleute, Referentin an der DIFT Schule für

Tierheilpraktiker, Tobel TG

Praxis Arnika, Bahnhofstrasse 34, 8580 Amriswil

[email protected]

3 |

Ribes nigrum

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MÄRZ 2018 | FACHZEITSCHRIFT DES BTS – BERUFSVERBAND DER TIERHEILPRAKTIKER/-INNEN SCHWEIZ 38

«≈»Die Wirbelsäule ist eine gleichzeitig flexible und stabile Verbindung zwischen Kopf und

Becken. Belastungen wirken u. a. auf Knochen und Nerven und verursachen so Störun-

gen, die sich in verschiedensten Symptomen äussern können.Text:

Nadja Maurer

Fotos:

IMAGINE ©

nadja maurer (Autorin)

markus a. jegerlehner

(Fotograf)

Präparate NMBE,

Naturhistorisches

Museum Bern

M A N U E L L E T H E R A P I E N

Anatomie und Funktion der Wirbelsäule

DIE WIRBELSÄULEViele traditionelle medizinische Lehrmeinungen neh-

men die Wirbelsäule als Mitte und Basis. Alle Muskeln,

alle Faszien orientieren sich zur Wirbelsäule hin oder

zu ihr zurück. Die Spannkraft und die freie Funktio-

nalität der Organe beeinflussen sich gegenseitig. Die

Wirbelsäule selbst ist einer ständigen Flut von Reizen

ausgesetzt. Morphologisch gesehen – was ihre Archi-

tektur betrifft – besteht die Säule aus Wirbeln, d. h. aus

ineinander gestapelten Körpern. Sie hat die Fähigkeit,

als Ganzes eine seitliche Bewegung und viel Rotation

auszuführen.

Die Lordose (Krümmung der Wirbelsäule nach unten)

und die Kyphose (Krümmung nach oben) gleichen das

Gesamtsystem Wirbelsäule aus. So wird der Stapel aus

Wirbeln zu einer flexiblen und stabilen Verbindung

vom Kopf zum Becken.

EMBRYOLOGIEDie Chorda dorsalis ist bei allen Wirbeltieren das ers-

te Stützorgan des Achsenskeletts. Sie ist ein noch un-

gegliederter Stab aus der Hypophysentasche bis zum

Ende des Schwanzes. Erst später wird dieser «Stab» bis

auf die Nuclei pulposi – die Zwischenwirbelscheiben –

zurückgebildet. Die Vorläufer sind mesenchyme Knor-

pelmodelle, aus denen wird sich die chondrale Ossifi-

kation bilden und es werden Ersatzknorpel entstehen.

Die mesenchymalen Wirbel sind Sklerotomzellen um

die Urwirbel der Chorda dorsalis und bilden die sekun-

dären Sklerotome, die durch einen intrasegmentalen

Spalt in eine caudale und eine craniale Hälfte getrennt

werden. Die benachbarten Sklerotome wachsen defi-

nitiv zusammen und bilden die einzelnen Wirbel. Als

Rest der Chorda dorsalis bleibt der zentrale Nucleus

pulposus und er bildet die Zwischenwirbelscheibe.

Der Wirbelkörper bildet nach ventral den Hämalbogen,

nach dorsal den Wirbelbogen und an der Seite die Fort-

sätze für die Rippen.

Die Verknorpelung geht von paarigen Zentren aus, die

sich vereinen. Dorn- und Gelenkfortsätze entstehen

1 |

Bei Hunden mit starker Flexion bereits ab Ende BWS kann es

vorkommen, dass das Sacrum und das ISG verwachsen. Typische

Erkrankung der Wind- und Laufhunde. Bei frühzeitiger Unterstüt-

zung durch regulative Körperarbeit, wie sie in der Biodynamik

praktiziert wird, kann dieser Verknöcherung vorgebeugt werden,

und zwar durch bewusste Bewegungen, die den Hund animieren,

selber in die Extension zu strecken. Die bei vielen Rassen verbrei-

tete Spondylose bewirkt nebst den Osteophytenspangen, dass

L6 häufig kollabiert. Typisch ist der grosse Axis, der bei Beute-

greifern verstärkt ausgewachsen ist.

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aus den Knorpelzentren der Bögen. Die Verknöche-

rung erfolgt durch drei primäre Knochenkerne. Einer

liegt im Wirbelkörper, zwei liegen im Wirbelbogen. Es

entstehen die sekundären Ossifikationszentren in den

Dornfortsätzen, Lendenwirbelquerfortsätzen und der

Epiphysenplatte.

DER ZEITLICHE ABLAUFDie Ossifikation zeigt ein gesetzmässiges und konstan-

tes Verhalten. Die Abfolge richtet sich nach der Grösse

der Skelettelemente. Die primären Knochenkerne ori-

entieren sich hauptsächlich danach. Zur Zeit der Ge-

burt sind bei den Nestflüchtern fast alle Ossifikations-

kerne angelegt, während bei Nesthockern um die Zeit

der Geburt die Epi- und Apophysenkerne noch fehlen.

Letztere Entwicklung setzt sich postnatal fort. Der Ab-

schluss der Verknöcherung mit Epiphysenschluss ist

beim Pferd und bei der Ziege mit 7,5 J., beim Rind und

Schaf mit 4,5 J., beim Schwein mit 3,5 J., beim Hund mit

2 J., bei der Katze mit 1 J. erreicht. (1, 2)

MORPHOLOGIE UND FORMDie endgültige Form der Wirbelsäule bildet sich bei

Nestflüchtern pränatal, bei Nesthockern postnatal.

Unter Morphologie versteht man die Architektur der

Wirbelkörper. Die Aufteilung in Halswirbelsäule,

Brustwirbelsäule, Lendenwirbelsäule, Sacralwirbel

und Schwanzwirbel steht im Zusammenhang mit ihrer

Funktionalität. Die verschiedenen Achsen im Körper

haben unterschiedliche Aufgaben.

Die HWS ist zentriert und muss den Kopf halten. Die

BWS befindet sich aussen und ist gut sicht- und pal-

pierbar (ausser TH 1). Dieser Abschnitt muss aussen

liegen, um Platz und Sicherheit für den Rumpf zu bie-

ten, Platz für Herz und Lunge sowie die Beweglichkeit

der Rippen und freie Atmung zu ermöglichen.

Die LWS ist trotz sicht- und palpierbarer Dornfortsätze

im Innern des Körpers verbunden. Sie gewährleistet

ein Vorschwingen der Hintergliedmassen und die Nie-

renbewegung (mindestens eine Wirbellänge).

Das Sacrum überträgt die Bewegung von hinten nach

vorne. Die Schwanzwirbel beginnen gleich hinter dem

Sacrum und verjüngen sich zu rudimentären Wirbel-

körpern. Sie dienen dem Gleichgewicht und sie sind

ein sehr wichtiges Kommunikationsmittel.

Die Morphologie der Wirbelsäule als Einheit ermög-

licht das sichere Erhalten des Rückenmarks vom Aus-

tritt aus dem Schädel bis zum Sacrum/Cauda equina.

Der Schutz des Rückenmarks muss gleichzeitig stabil

und flexibel sein. Der Liquorfluss hat einen Rhythmus

und verändert sein Volumen. Der Rhythmus entsteht

durch die embryonal angelegte Bewegung – Einrollen

und Strecken. Der Liquor schwillt regelmässig an und

wieder zurück. Das Hirn selbst wird wie ein Schwamm

grösser und wieder kleiner, mit fortgesetzter Bewegung

zum Sacrum hin und zurück. Entsprechend dieser Be-

wegung nannte Sutherland diese embryonale Bewe-

gung, die das ganze Leben hindurch seinen Rhythmus

behält, die Primäre Atmung PR, oder «breath of life».

Hahnemann sprach von der Dynamis. Beide Praktiker

vergleichen die Vitalität – das Leben – mit den Gezei-

ten. Schädel und Wirbelsäule sind eine untrennbare

Einheit, die bei allen Wirbeltieren Spiegel des inneren

Geschehens sind (akut und chronisch).

Die Formgebung, bei Hals/Brust-Lordose und der

Wechsel zur Kyphose beim Widerrist, zurück zur Lor-

dose hinter dem Widerrist, zur erneuten Kyphose bei

der Kruppe und je nach Tierart die Form des Beckens,

gewährleisten eine stabile und flexible Konstruktion,

die halten, unterstützen und in der Schwerkraft ausba-

lanciert bewegen kann. Dies erzeugt die individuelle

Gestalt. Ein sehr gerader Rücken ist sehr stabil, aber

nicht flexibel, ein sehr stark geschwungener Rücken ist

sehr flexibel, aber nicht stabil.

BEWEGUNGDie Wirbelsäule beim Tier bildet einen Bogen oder eine

Sehnen-Bogenbrücke. Die wichtigsten Anteile sind

Pectoralis- und Serratusmuskeln, die Abdominalmus-

2 |

Bei katzenartigen Schleichgängern ist die Wirbelsäule leichter

und beweglicher als bei anderen Wirbeltieren. Typischer-

weise wird der Widerrist von den Schulterblättern seitlich

verdeckt. Das Präparat ist ein Luchs.

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keln und die grossflächigen Sehnenanteile der Hüft-

gelenksreflektoren. Am Hals und am Rücken liegen

die lig. nuchae und supraspinale, der M. splenius, der

M. erector spinae und die Hüftgelenksextensoren. Dass

die Wirbelsäule einen Bogen spannen kann und eine op-

timale physiologische Lokomotion stattfindet, geschieht

über die Aktivierung des M. serratus ventralis (und

folgende reflektorische und bewusste Übertragungen),

die zu einer Entspannung der Rückenmuskulatur führt.

Der Rücken schwingt, die Hinterbeine greifen locker

unter den Rumpf in die Richtung des Schwerpunkts.

Die Rückenmuskulatur des Tieres besteht aus

dynamischen Bewegungsmuskeln!

Beim Menschen hat die Rückenmuskulatur eine

aufrechte Haltungsfunktion gegen die Schwerkraft!

Die Wirbelsäule kennt drei Hauptbewegungen: die

Flexion, die Extension und die Seitenbiegung mit Ro-

tation. Die Richtung ändert sich im Wechsel von ver-

tikal (von vorne nach hinten und zurück), horizontal

(rechts/links Ausschlag) und diagonal. Diese Wech-

sel bewirken in jeder Gangart oder Tätigkeit (fressen,

trinken, spielen usw.) ein gleichförmiges, im besten

Fall geschmeidig anmutendes Gang- respektive Bewe-

gungsbild.

Die HWS kann sich in alle Richtungen sehr stark be-

wegen. Zum Brustkorbeinlass hin wird die Bewegung

geringer. Die BWS selber ist stark eingeschränkt in ih-

rer Bewegung. Die Extension ist in den ersten 5–6 W

(je nach Tierart) sehr eingeschränkt, nimmt aber caudal

zu. Die letzten 5 W der BWS bis L2 sind sehr beweglich

in der Extension und Flexion.

Das Sacrum besteht ursprünglich aus mehreren Wir-

beln, der Tierart entsprechend postnatal verwachsen.

Die enge Verbindung zum ISG und die Achsenbil-

dung im Sacrum selbst sind ausschlaggebend für die

Kraftübertragung. Vor allem bei Hunden kann es vor-

kommen, dass LW mit dem Sacrum verwachsen sind

und eine unphysiologische Hoch-, Tief- oder Schräg-

stellung bewirken.

Die Schwanzwirbel sind in ihrer Bewegung Cy1–4 ein-

geschränkt, ab ca. Cy5 dienen sie als Balancierstange

und sind entsprechend in alle Richtungen beweglich.

Ausgenommen sind Kurz- und Schraubenschwänze

bei bestimmten Hunderassen.

Funktionsstörungen sind von aussen sichtbar. Das Tier

zeigt ein hartes, steifes oder schwankendes, schwaches

Bild. Unkoordiniertheit oder Lahmheit bedeutet immer

ein gestörtes Bewegungsbild. Das Heben und Senken

von Kopf und/oder Schwanz ist gestört oder unmög-

lich.

Dabei gilt es zu beobachten, wie dieses Gangbild ent-

steht, wie sich das Grundmuster zeigt, in welchen Wie-

derholungen und woher die spezifische oder allgemei-

ne Funktionsstörung kommt. Das heisst, die Bewegung

genau zu beobachten und zu erkennen, wann und wie

eine neue Bewegung von einem anderen Gelenk dazu

kommt, z. B. vom Knie- oder Hüftgelenk, von Schul-

ter- oder Karpalgelenk. Dabei kann bereits eingegrenzt

werden, in welcher Region die Störung entsteht und

wie sie sich anpasst oder wie sie kompensiert wird. Ein

weiteres Muster lässt uns erkennen, welche Richtung

Schwierigkeiten bereitet, es zeigt, wie das Tier oder be-

stimmte Regionen organisiert sind. Hier erkennen wir

auch den Übergang von der Biomechanik, die uns die

Funktionalität erklärt und deren Störung, zur Biody-

namik, die mit dieser Erkenntnis nach den ursprüng-

lichen Kräften fragt. Wo sind aussergewöhnliche Träg-

heitskräfte entstanden, die sich nicht mehr mit der

gesunden Dynamik verbinden, sondern segmentale

Schutzvorrichtungen «installieren» und dadurch mit

der Störung leben können?

BELASTUNGEN – STÖRUNGENDie unterschiedliche Morphologie der WS-Abschnitte

ermöglicht viele Bewegungen und viel Informations-

austausch (Nervensystem, Rückenmark, Spinalner-

ven). Belastungen wirken auf das Knochen- und auf

3 |

Der langgezogene Beckenring und die stark gebogenen

Lendenwirbel der Katzen. Oft unbemerkt kommt es vor, dass

LW mit der Beckenschaufel verwachsen. Die Katze hinkt

ohne weitere Beschwerden unregelmässig.

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das Nervensystem. Einerseits sind die Übergänge der

unterschiedlichen Abschnitte Schlüsselgelenke im Sin-

ne der Aufgabe, d. h. Trennung und Verbindung, aber

sie sind andererseits auch Schwachpunkte, weil sich

die Struktur ändert.

Atlas C1 und Axis C2 bilden eine Einheit, die eine Be-

wegungs- und Tragefunktion mit dem Schädel (Occi-

put) hat.

Der erste Brustwirbel TH1 ist in seiner Form und Funk-

tion einzigartig. Er bildet den Schlüssel zum Rumpf der

zweiten Körperhöhle – den Brustkorbeinlass.

Der Übergang zur LWS bedeutet ein Stück WS ohne an-

dere Knochenverbindung und bildet zum Sacrum das

Lumbosacralgelenk, ein entscheidendes Gelenk zum

Beckenraum. In der Reiterei ist es eines der wichtigsten

Gelenke, was Tragkraft und Schwung anbelangt – die

sogenannte Hankenbeugung kann nur bedingt erlernt

werden. Das Öffnen und Schliessen des LSG entschei-

det über die Kraftübertragung der Hintergliedmassen

auf die WS. Über das Sacrum und ISG wird die WS in

Schwingung versetzt oder nicht.

Anatomische Voraussetzungen entscheiden oft auch,

wie gut sich das LSG bei der Geburt öffnet und

schliesst. Die Beweglichkeit und Lage des Sacrum

werden von aussen entweder in der Schiefe der Trias

Occiput – Atlas – Axis oder dem Becken sichtbar. Das

Sacrum kann im Verhältnis zum Beckenring tief oder

hoch liegen. Der Übergang zum Schwanz Cy1–3 kann

sehr berührungsempfindlich sein. Die Beweglichkeit

dieser Wirbel beeinflusst das Gleichgewicht eines Tie-

res. Die Stellung sollte der Tierart entsprechend neutral

sein (mittig, oben, unten usw.) In der lockeren, gesun-

den Bewegung bildet der Schwanz eine sichtbare Fort-

setzung der Körperbewegung in einer schwingenden

S-Form. Die offensichtliche Schwanz-/Schweifschief-

haltung ist meistens ein muskuläres Problem und keine

Störung der WS-Funktion.

SCHALTSTELLENDie Lordose ist die Anpassung nach unten, die Kypho-

se nach oben gleicht die Kräfte wieder aus. Das heisst

aber auch, dass die WS Umkehrbewegungen in ihrem

eigenen System hat. Dieser Umkehrmoment liegt in-

nerhalb der verschiedenen Abschnitte. Der sogenannte

Pivot Point gibt eine neue Richtung an. Die Belastung

kommt von oben nach unten, der Pivot Point bezeich-

net den Wirbel, der die Last aufnimmt und in eine an-

dere Richtung lenkt.

In der HWS liegt dieser Punkt bei C3 und C4. Beim

Pferd ist C3/C4 sehr anfällig auf eine rigide Reiter-

hand. Die Wirbel C3–C5 sind oft schmerzempfindlich

und verursachen sehr viele reiterliche «Probleme».

Pferde werden sehr widerspenstig, entweder sie weh-

ren sich oder sie geben auf. C3/C4 treffen bei hoher

Kopfhaltung fast horizontal aufeinander, entsprechend

ist die Krafteinwirkung auch horizontal und erzeugt

starke Scherkräfte.

Hunde, die eine Beissausbildung absolvieren (Schutz-

hunde), sind vermehrt den Scherkräften ausgesetzt.

Die Schmerzübersetzung zeigt sich bei C5, der stark

4 |

Die HWS zeigt den breitesten Wirbel am Atlas, die Verjün-

gung zu C7 nimmt kontinuierlich zu. Die fächerartige Öffnung

am Widerrist und die Scapula lassen erkennen, wie weit

vorne der Sattel aufliegen darf. Viele Sättel sind letzt-

endlich zu lang und werden durch die Schulteraktivität noch

weiter nach hinten versetzt, somit wird der Übergang zur

LWS zur Druck-Schwachstelle. Der Umschaltpunkt liegt beim

breitesten Wirbel bei L3. Beim Pferd ist das Lumbosacral-

gelenk von grosser Bedeutung in der Reiterei. Der Übergang

Sacrum-Coccyx ist eine weitverbreitete Schwachstelle und

sehr empfindlich.

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in der Extension mit grosser Krafteinwirkung beim

Beissen drückt. Alle Tiere, die in Anbindevorrichtun-

gen gehalten werden, entwickeln bei C3/4 eine Berüh-

rungsempfindlichkeit. Beim physiologischen Fressen

auf dem Boden werden die Zwischenwirbelscheiben

erneut mit Flüssigkeit durchtränkt, werden elastischer

und können ihre Pufferfunktion wieder erfüllen. Die

Schmerzen oder die Empfindlichkeit regulieren sich

wieder zu neutral, über die Entspannung bei C5–7.

In der BWS befindet sich der Pivot Point bei TH4. Die

Umschaltung der Kräfteeinwirkung liegt in der Flexion

der WS, das heisst für die BWS das Öffnen des Wider-

rists, insbesondere das Anheben von TH4/5. Die freie

Bewegung und Funktion von TH4 schützen das Herz

vor emotionalen Belastungen. Die Schwerkraft dringt

hier durch den Körper (Gleichgewicht von oben/un-

ten, hinten/vorne), das Herz sollte diese Belastungen

nicht übernehmen.

Zwischen BWS und LWS entsteht ein sehr bewegli-

ches Scharnier, gleichzeitig sitzt hier die Spannung des

Zwerchfells. Der Umschaltpunkt liegt bei L3, hier ist

das vasomotorische Zentrum. Liegen hier Störungen

vor, sehen wir Tiere mit übermässig nach oben ge-

drückten Rücken in der LWS. Die Tiere können zusätz-

lich aufgedunsen sein oder einzelne Ödeme am Bauch

oder in der Rückenlage aufweisen. In diesem Segment

liegt die Niere, im Übergang BWS/LWS. Ist L3 steif

und unbeweglich, kann die Niere sich nicht in ihrem

eigenen Rhythmus bewegen, dies erzeugt sichtbare

Symptome. Das Zwerchfell kann stark nach oben vorne

verspannt sein, das Bild ergibt bei allen Tierarten viel

Wind in der Bauchlinie.

Cy1–4 schliesst sich dem Sacrum an, ab Cy5 sind die

Schwanzwirbel frei beweglich, nicht mehr mit dem Be-

cken verbunden. Cave! Tiere können überraschend ag-

gressiv auf Manipulationen zwischen Cy1–4 reagieren.

Der Pivot Point muss meiner Erfahrung nach in den

Cy 1–4 sein. Die Anzahl Wirbel im Schwanz variiert

nicht nur der Tierart entsprechend, sondern auch in-

nerhalb der Art.

FAZITDie Ausführung über die Anatomie und Funktion sind

nicht vollständig. Es ist mir ein grosses Anliegen zu

berücksichtigen, dass Unterschiede in der Nutzung

der verschiedenen Tierarten auch unterschiedliche He-

rausforderungen darstellen. Der Sporthund hat andere

Probleme als das Reitpferd. Das Boxenpferd hat andere

Probleme als der Sofahund. Ob Kuh oder Ziege, Vogel

oder Echse, Katze oder Fisch, die Wirbelsäule muss die

Mitte sein, sie muss frei beweglich sein. Ist sie es nicht,

ist das immer mit starken Schmerzen verbunden.

Quellen und weiterführende Literatur:

1) Embryologie der Haustiere, Bertram Schnorr und Monika

Kressin

2) Prüfungsvortrag 2013, ICSB® nadja maurer

3) IMAGINE, Band 1, 2, 3, 4 biodynamische craniosakral

arbeit mit tieren, nadja maurer

NADJA MAURER Dipl. Tierhomöopathin BTS, Dipl. Craniosacral Balancing Therapist® 1986–89 Arbeit mit Wildpferden in Ecuador

1990 Gründung des «ausbildungszentrum für menschen und

pferde», seither Betreuung und Leitung einer Herde von 22–25

Pferden. Pferdeausbildung, Leitung Seminare Körperarbeit für

Tiere, Ausbildungs-Konzept und Leitung BCSA «biodynamische

craniosakral arbeit mit tieren» div. Lehraufträge an verschiede-

nen Institutionen (CH, D, E) in Ethologie, BCSA©, Tierhomöopa-

thie u. Miasmatik.

seit 1998 praktizierende Tierhomöopathik (SHS, BTS)

WWW.NARIM.CH

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DIE 2. AUSGABE DES USUS ERSCHEINT IM OKTOBER 2018

Redaktionsschluss: 20. Juli 2018 Es erwarten Sie unter anderem spannende Artikel zum Hauptthema Nebennieren:

1

O K T O B E R 2 0 1 8

A U S G A B E 2

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TIERMEDIZINMorbus Cushing und Morbus Addison

HOMÖOPATHIEDie Behandlung von Cushing beim Hund und beim Pferd, die jeweiligen Besonderheiten

MANUELLE THERAPIEDer hormonelle Regelkreislauf und das vegetative Nervensystem

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