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Wie wird das Wetter? Neblig, kalt Lage: Das Tief über Finnland verliert sei- ne Wirkung auf das Wetter in Mitteleuropa. Vom Azorenhoch reicht ein Keil nach Skandi- navien. Kaltluft dringt gegen Deutschland vor. Aussichten: In der Frühe örtlich Nebel, sonst wolkig mit Aufheiterungen und im allgemeinen trocken. Höchsttemperaturen 3 bis 6 Grad, nachts verbreitet leichter Frost, Tiefsttemperaturen um minus 3 Grad. Schwacher Wind aus nördlichen Richtungen. Fairplay-Trophäe HAMBURG. Die Fairplay-Trophäe 1970 - einen von Max Schmeling gestifteten Pokal - verleiht der Verband Deutsche Sportpresse an den Berliner Wolfgang Schmidt. Das beschlossen Präsidium und Verbandsrat des VDS nach einem Vor- schlag der Rhein-Zeitung. Schmidts vor- bildliche Haltung als fünfmaliger Ersatz- mann bei Weltmeisterschaften der Moder, nen Fünfkämpfer wurde damit belohnt. (Der Standpunkt Schmutz-Finken VON REINHARD HAGMANN Des Hamburger Reeders Bemhold Tat ist exemplarisch. Weil es für ihn bequemer und rationeller war, also seinen Gewinn zu steigern versprach, ließ er mindestens 8650 Tonnen Giftbrühe in den Rhein pumpen, statt sie dort hinzufahren, wohin er das Zeug hatte bringen sollen. Gemessen an dem, was er damit uns allen und also auch sich selbst zugefügt hat, ist er bei den Klever Richtern noch recht glimpflich davongekommen. Machen wir uns nichts vor. Bernhold steht für ungezählte andere. Im Grunde für jeden, der seinen Unrat statt auf die Müllhalde an den Feldrain schmeißt, sein Auto samstags am Bach im nächsten Wald wäscht oder mit schlecht eingestelltem Motor die Landschaft verpestet. Oder seine Abfälle durch den Schornstein jagt. Mr. Bernhold und alle, die so denken wie er, mögen nach dem Grundsatz handeln, daß jeder sich selbst der Nächste sei. Wie aber würden sie wohl reagieren, wenn ihnen ei- nes Tages gesagt werden müßte, sie dürften sich nur noch in abgekochtem Wasser wa- schen, müßten wegen der Luftverschmutzung ständig ein Filter vor Mund und Nase tragen und dürften nichts mehr zu sich nehmen, das nicht vorher vom nächsten Lebensmittel- Überwachungsamt auf Unbedenklichkeit ge- prüft sei. Das würden sie sicher unerträglich finden, obwohl sie selbst zu solcher Unbill beigetragen haben. Schade nur, daß Herrn Bernholds Richter ihm so wenig Chancen gaben, darüber nach- zusinnen, warum heute soviel von Umwelt- schutz geredet wird. Rauschgift-Tod FHANKFURT Vermutlich an einer Überdosis eines Opiates ist ein 20jähriger Schüler in einem Frankfurter Kranken- haus gestorben. Der Jugendliche wäre das sechste Rauschgiftopfer, das seit August 1969 in Frankfurt registriert wurde. We- gen Verstoßes gegen das Opiumgesetz und wegen Einbruchs in eine Apotheke lagen gegen den Schüler zwei Haftbefehle vor. Arzt kann schweigen BONN. Die Bundesregierung will die ärztliche Schweigepflicht auch bei Kindes- mißhandlung nicht aufheben. Bundes- justizminister Jahn wandte sich in der Beantwortung einer kleinen Anfrage von Oppositionspolitikern damit gegen die Empfehlung des Europarates, wonach Ärzten die Benachrichtigung der Behör- den bei Fällen von Kindesmißhandlung zur Pflicht gemacht werden soll. Die Bundesregierung sieht auch in regelmäßi- gen Zwangsuntersuchungen nicht schul- pflichtiger Kinder kein geeignetes Mittel, einen verbesserten Schutz zu erreichen. Landsberg soll niemand hören MÜNCHEN/LANDSBERG. Auf die dringende Bitte des Landsberger Oberbürgermeisters Hammberger hat der Bayerische Rundfunk am Montag das für den Abend des selben Tages vorgesehene sozialkritische Hörspiel Niederlage eines Ungehorsamen der Schriftstellerin Angelika Mechtel ab- gesetzt. In dem Hörspiel, das sich mit dem authentischen Fall eines von einer amerikanischen Firma in Bayern wegen eines Streits um die Arbeits- zeit entlassenen Arbeiters und dessen Schwierigkeiten auf der Suche nach einem neuen Arbeitsplatz beschäftigt, wird der Name der oberbayerischen Kreisstadt erwähnt. In einem Fern- schreiben an Hörfunkdirektor von Cube betonte Hammberger, daß Lands- berg zur Zeit mit einem anderen amerikanischen Unternehmen Ver- handlungen über die Industrieansied- lungen im Landsberger Gebiet führe. Er befürchte eine Beeinträchtigung dieser Gespräche, obwohl Landsberg mit der von der Autorin geschilderten Entlassung des Arbeiters nichts zu tun habe. Kraemer in Bad Ems . RM. MAINZ. Der derzeitige Landrat des Rhein-Lahn-Kreises, Rudolf Ru- metsch, wird im Laufe des Dezember in das Mainzer Innenministerium versetzt und dort zum Leiter der Kommunalab- teilung berufen. Den Landratsposten des Rhein-Lahn-Kreises übernimmt der frü- here Koblenzer Landrat Harms Krae- mer (54). Dies wurde nach einer Kabi- nettsitzung in Mainz mitgeteilt. Zum kommissarischen Landrat des Unterwe- sterwaldikreises wird der Oberregierungs- rat Dr. Norbert Keinen (34), bisher Staats- kanzlei Rheinland-Pfalz, ernannt. Beide Landräte bedürfen zur endgültigen Er- nennung der Bestätigung ihrer Kreistage. terzeichneten Bundeskanzler Willy Brandt und Ministerpräsident Jozef Cyrankiewicz im historischen Palais Radziwill den deutsch-polnisdien Vertrag, der für die Zukunft Aussöhnung und Frieden zwischen beiden Völkern schaffen soll. WARSCHAU. Ergriffen, vor innerer Anspannung blaß, schweigend Un- Der Profit war Bernholds Motiv KLEVE. Wegen fahrlässigen und vor- sätzlichen Verstoßes gegen das Wasser- schutzgesetz hat eine Große Strafkammer des Klever Landgerichts am Montag im ersten deutschen Rheinverschmutzungs- Prozeß den Hamburger Reeder Dr. Jür- gen Bernhold zu einer achtmonatigen Freiheitsstrafe mit Bewährungsfrist ver- urteilt. Außerdem muß Bernhold 5000 Mark Geldstrafe zahlen. Der Prokurist Werner Kortmann wurde wegen dessel- ben Deliktes zu einer Freiheitsstrafe von sieben Monaten verurteilt. Zehn Mitan- geklagte erhielten Geldstrafen zwischen 500 und 5000 Mark. Das Gericht erlegte Bemhold außerdem eine Geldbuße von 80 000 Mark auf, die für die Reinhaltung öffentlicher Gewässer verwendet werden sollen. Reederei-Prokurist Kortmann muß 15 000 Mark an die Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger zahlen. Das Gericht: Bernholds Ziel war der Profit. Nach den Feststellungen des Gerichts waren von den Bernhold-Schiffen zwi- schen 1965 und 1968 insgesamt 8650 Ton- nen hochgiftiger Abwässer in den Rhein gepumpt worden. Aussöhnung und Frieden! Feierlicher VertragsschluB Bonn-Warschau Beide Länder tauschen Botschafter aus Foto: CAF Wieder Diplomat entführt Guerillas verschleppten Schweizer Botschafter in Rio RIO DE JANEIRO/MADRID. Während die Suche der spanischen Polizei nach dem vor fünf Tagen entführten deut- schen Konsul Beihl bisher ergebnislos blieb, haben Guerillas am Montag in Rio de Janeiro den Schweizer Botschafter in Brasilien, Bücher (57), verschleppt. Ähnlich wie bei der Entführung des deutschen Botschafters in Brasilien, Ehrenfried von Holleben, im Juni dieses Jahres blockierten die Entführer mit zwei Autos den Wagen des Botschafters, der sich auf dem Weg zum Dienst befand. Bücher und der Fahrer wurden aufge- fordert auszusteigen. Als sich ein Sicher- heitsbeamter, der Bücher begleitete, zur Wehr setzte, schossen die Guerillas drei- mal aus ihren Pistolen und verletzten den Beamten. Anschließend brausten die beiden Autos zusammen mit Bücher mit unbekanntem Ziel davon. Der Fahrer konnte fliehen und die Botschaft infor- mieren. Die blitzschnelle Aktion war von den Passanten und Fahrern anderer Autos kaum bemerkt worden. Der Schweizer Botschafter ist der vierte in Brasilien residierende ausländische Di- plomat, der in den letzten 14 Monaten von Stad'guerillas entführt wurde. Die Guerillas erreichten damit die Freilassung von 60 politischen Häftlingen. Die deutsche Botschaft in Madrid hat am Montag einen Brief des entführten Wahlkonsuls Eugen Beihl-Schäffer er- halten. In diesem dritten Lebenszeichen versichert der Konsul, er werde bisher menschlich behandelt. Der CSU-Bundestagsabgeordnete Prinz zu Löwenstein hat am Montagabend an- geboten. sich für den Entführten in die Hände der Basken zu begeben. Der Ab- geordnete bezeichnet sich als Freund der Basken und des verstorbenen Präsiden- ten der Basken-Republik. An der Zeremonie nahm auch Partei- chef Gomulka teil, der mit seiner Rede am 18. Mai 1969 den deutsch-polnischen Dialog eröffnet hatte. Nach den Regie- rungschefs unterschrieben die Außen- minister Scheel und Jedrychowski, die den Vertrag paraphiert hatten. Kern- punkt des Vertrags ist Artikel X, in dem die Oder-Neiße-Linie als Westgrenze Polens anerkannt wird für die Dauer der Existenz der Bundesrepublik Deutsch- land. In den weiteren Artikeln wird Ge- waltverzicht und das Fortgelten früher geschlossener Verträge vereinbart. Die Familienzusammenführung, die in einem Briefwechsel notifiziert ist, hat bereits mit Verhandlungen des Deutschen und Polnischen Roten Kreuzes ihren Anfang genommen. Die deutsche Delegation hatte in War- schau mit Würde und auch für die Polen eindrucksvoll die Stunde der Wahrheit bestanden. Kanzler Brandt legte am Mahnmal der polnischen Soldaten einen Kranz nieder. Eine Ehrenkompanie der polnischen Garde präsentierte das Ge- wehr. Am Denkmal im jüdischen Getto kniete Willy Brandt nieder, stumm die Hunderttausende ermordeter jüdischer Bürger ehrend. Am Montagnachmittag verhandelten Brandt und Gomulka sowie die Außen- minister. Am Abend erwiderte der Bun- deskanzler ein Essen, das Cyrankiewicz am Vorabend gegeben hatte. Am Diens- tagmorgen ist ein abschließendes Ge- spräch der beiden Regierungschefs vor- gesehen. Beide Länder werden Botschafter aus- tauschen und damit diplomatische Be- ziehungen aufnehmen. Der Bundeskanz- ler erklärte zum Vertragsabschluß: Wir geben nichts preis, was nicht längst ver- spielt worden ist. Verspielt nicht von uns, die wir in der Bundesrepublik Deutsch- land politische Verantwortung tragen, sondern verspielt von einem verbrecheri- schen Regime, vom Nationalsozialismus. Der Vertrag bedeutet nicht, daß wir die Vertreibung nachträglich legitimieren. (Fortsetzung auf Seite 2) Parteichef Wladyslaw Gomulka (links) unter- hält sich nach der Vertragsunterzeichnung bei einem Glas Sekt mit Außenminister Wal- ter Scheel. Foto: dpa Nach der Kranzniederlegung vor dem Mahnmal im ehemaligen Warschauer Getto verharrte Willy Brandt Knieend im Gedenken an die Opfer des Aufstandes 1943. Nach der Unterzeichnung des deutsch-polnischen Ver- trages: Bundeskanzler Brandt und Polens Ministerpräsident Cyran- kiewicz geben sich die Hand. In der Mitte (mit Brille) der polnische Parteichef Wladyslaw Gomulka. Links hinter Willy Brandt Professor Carlo Schmid. Ganz links Staatssekretär Egon Bahr, ganz rechts der polnische Außenminister Jedrychowski. Foto: dpa

Feierlicher VertragsschluB Bonn-Warschau Beide Länder ...projekt.rhein-zeitung.de/files/titelseiten/rz_1970-12-08_01_284.pdfFeierlicher VertragsschluB Bonn-Warschau Beide Länder

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Wie wird das Wetter?

Neblig, kalt

Lage: Das Tief über

Finnland verliert sei-

ne Wirkung auf das

Wetter in Mitteleuropa.

Vom Azorenhoch reicht

ein Keil nach Skandi-

navien. Kaltluft dringt

gegen Deutschland vor.

Aussichten: In der

Frühe örtlich Nebel,

sonst wolkig mit Aufheiterungen und im

allgemeinen trocken. Höchsttemperaturen

3 bis 6 Grad, nachts verbreitet leichter

Frost, Tiefsttemperaturen um minus

3 Grad. Schwacher Wind aus nördlichen

Richtungen.

Fairplay-Trophäe

HAMBURG. Die Fairplay-Trophäe 1970

- einen von Max Schmeling gestifteten

Pokal - verleiht der Verband Deutsche

Sportpresse an den Berliner Wolfgang

Schmidt. Das beschlossen Präsidium und

Verbandsrat des VDS nach einem Vor-

schlag der Rhein-Zeitung. Schmidts vor-

bildliche Haltung als fünfmaliger Ersatz-

mann bei Weltmeisterschaften der Moder,

nen Fünfkämpfer wurde damit belohnt.

(Der Standpunkt

Schmutz-Finken

VON REINHARD HAGMANN

Des Hamburger Reeders Bemhold Tat ist

exemplarisch. Weil es für ihn bequemer und

rationeller war, also seinen Gewinn zu

steigern versprach, ließ er mindestens 8650

Tonnen Giftbrühe in den Rhein pumpen,

statt sie dort hinzufahren, wohin er das Zeug

hatte bringen sollen. Gemessen an dem, was

er damit uns allen und also auch sich selbst

zugefügt hat, ist er bei den Klever Richtern

noch recht glimpflich davongekommen.

Machen wir uns nichts vor. Bernhold steht

für ungezählte andere. Im Grunde für jeden,

der seinen Unrat statt auf die Müllhalde an

den Feldrain schmeißt, sein Auto samstags

am Bach im nächsten Wald wäscht oder mit

schlecht eingestelltem Motor die Landschaft

verpestet. Oder seine Abfälle durch den

Schornstein jagt.

Mr. Bernhold und alle, die so denken wie

er, mögen nach dem Grundsatz handeln, daß

jeder sich selbst der Nächste sei. Wie aber

würden sie wohl reagieren, wenn ihnen ei-

nes Tages gesagt werden müßte, sie dürften

sich nur noch in abgekochtem Wasser wa-

schen, müßten wegen der Luftverschmutzung

ständig ein Filter vor Mund und Nase tragen

und dürften nichts mehr zu sich nehmen,

das nicht vorher vom nächsten Lebensmittel-

Überwachungsamt auf Unbedenklichkeit ge-

prüft sei. Das würden sie sicher unerträglich

finden, obwohl sie selbst zu solcher Unbill

beigetragen haben.

Schade nur, daß Herrn Bernholds Richter

ihm so wenig Chancen gaben, darüber nach-

zusinnen, warum heute soviel von Umwelt-

schutz geredet wird.

Rauschgift-Tod

FHANKFURT Vermutlich an einer

Überdosis eines Opiates ist ein 20jähriger

Schüler in einem Frankfurter Kranken-

haus gestorben. Der Jugendliche wäre das

sechste Rauschgiftopfer, das seit August

1969 in Frankfurt registriert wurde. We-

gen Verstoßes gegen das Opiumgesetz und

wegen Einbruchs in eine Apotheke lagen

gegen den Schüler zwei Haftbefehle vor.

Arzt kann schweigen

BONN. Die Bundesregierung will die

ärztliche Schweigepflicht auch bei Kindes-

mißhandlung nicht aufheben. Bundes-

justizminister Jahn wandte sich in der

Beantwortung einer kleinen Anfrage von

Oppositionspolitikern damit gegen die

Empfehlung des Europarates, wonach

Ärzten die Benachrichtigung der Behör-

den bei Fällen von Kindesmißhandlung

zur Pflicht gemacht werden soll. Die

Bundesregierung sieht auch in regelmäßi-

gen Zwangsuntersuchungen nicht schul-

pflichtiger Kinder kein geeignetes Mittel,

einen verbesserten Schutz zu erreichen.

Landsberg soll

niemand hören

MÜNCHEN/LANDSBERG. Auf die

dringende Bitte des Landsberger

Oberbürgermeisters Hammberger hat

der Bayerische Rundfunk am Montag

das für den Abend des selben Tages

vorgesehene sozialkritische Hörspiel

Niederlage eines Ungehorsamen der

Schriftstellerin Angelika Mechtel ab-

gesetzt. In dem Hörspiel, das sich mit

dem authentischen Fall eines von

einer amerikanischen Firma in Bayern

wegen eines Streits um die Arbeits-

zeit entlassenen Arbeiters und dessen

Schwierigkeiten auf der Suche nach

einem neuen Arbeitsplatz beschäftigt,

wird der Name der oberbayerischen

Kreisstadt erwähnt. In einem Fern-

schreiben an Hörfunkdirektor von

Cube betonte Hammberger, daß Lands-

berg zur Zeit mit einem anderen

amerikanischen Unternehmen Ver-

handlungen über die Industrieansied-

lungen im Landsberger Gebiet führe.

Er befürchte eine Beeinträchtigung

dieser Gespräche, obwohl Landsberg

mit der von der Autorin geschilderten

Entlassung des Arbeiters nichts zu tun

habe.

Kraemer in Bad Ems

. RM. MAINZ. Der derzeitige Landrat

des Rhein-Lahn-Kreises, Rudolf Ru-

metsch, wird im Laufe des Dezember in

das Mainzer Innenministerium versetzt

und dort zum Leiter der Kommunalab-

teilung berufen. Den Landratsposten des

Rhein-Lahn-Kreises übernimmt der frü-

here Koblenzer Landrat Harms Krae-

mer (54). Dies wurde nach einer Kabi-

nettsitzung in Mainz mitgeteilt. Zum

kommissarischen Landrat des Unterwe-

sterwaldikreises wird der Oberregierungs-

rat Dr. Norbert Keinen (34), bisher Staats-

kanzlei Rheinland-Pfalz, ernannt. Beide

Landräte bedürfen zur endgültigen Er-

nennung der Bestätigung ihrer Kreistage.

terzeichneten Bundeskanzler Willy Brandt und Ministerpräsident Jozef

Cyrankiewicz im historischen Palais Radziwill den deutsch-polnisdien

Vertrag, der für die Zukunft Aussöhnung und Frieden zwischen beiden

Völkern schaffen soll.

WARSCHAU. Ergriffen, vor innerer Anspannung blaß, schweigend Un-

Der Profit war

Bernholds Motiv

KLEVE. Wegen fahrlässigen und vor-

sätzlichen Verstoßes gegen das Wasser-

schutzgesetz hat eine Große Strafkammer

des Klever Landgerichts am Montag im

ersten deutschen Rheinverschmutzungs-

Prozeß den Hamburger Reeder Dr. Jür-

gen Bernhold zu einer achtmonatigen

Freiheitsstrafe mit Bewährungsfrist ver-

urteilt. Außerdem muß Bernhold 5000

Mark Geldstrafe zahlen. Der Prokurist

Werner Kortmann wurde wegen dessel-

ben Deliktes zu einer Freiheitsstrafe von

sieben Monaten verurteilt. Zehn Mitan-

geklagte erhielten Geldstrafen zwischen

500 und 5000 Mark. Das Gericht erlegte

Bemhold außerdem eine Geldbuße von

80 000 Mark auf, die für die Reinhaltung

öffentlicher Gewässer verwendet werden

sollen. Reederei-Prokurist Kortmann muß

15 000 Mark an die Deutsche Gesellschaft

zur Rettung Schiffbrüchiger zahlen. Das

Gericht: Bernholds Ziel war der Profit.

Nach den Feststellungen des Gerichts

waren von den Bernhold-Schiffen zwi-

schen 1965 und 1968 insgesamt 8650 Ton-

nen hochgiftiger Abwässer in den Rhein

gepumpt worden.

Aussöhnung und Frieden!

Feierlicher VertragsschluB Bonn-Warschau

Beide Länder tauschen Botschafter aus

Foto: CAF

Wieder Diplomat entführt

Guerillas verschleppten Schweizer Botschafter in Rio

RIO DE JANEIRO/MADRID. Während

die Suche der spanischen Polizei nach

dem vor fünf Tagen entführten deut-

schen Konsul Beihl bisher ergebnislos

blieb, haben Guerillas am Montag in Rio

de Janeiro den Schweizer Botschafter in

Brasilien, Bücher (57), verschleppt.

Ähnlich wie bei der Entführung des

deutschen Botschafters in Brasilien,

Ehrenfried von Holleben, im Juni dieses

Jahres blockierten die Entführer mit zwei

Autos den Wagen des Botschafters, der

sich auf dem Weg zum Dienst befand.

Bücher und der Fahrer wurden aufge-

fordert auszusteigen. Als sich ein Sicher-

heitsbeamter, der Bücher begleitete, zur

Wehr setzte, schossen die Guerillas drei-

mal aus ihren Pistolen und verletzten den

Beamten. Anschließend brausten die

beiden Autos zusammen mit Bücher mit

unbekanntem Ziel davon. Der Fahrer

konnte fliehen und die Botschaft infor-

mieren. Die blitzschnelle Aktion war von

den Passanten und Fahrern anderer

Autos kaum bemerkt worden.

Der Schweizer Botschafter ist der vierte

in Brasilien residierende ausländische Di-

plomat, der in den letzten 14 Monaten

von Stad'guerillas entführt wurde. Die

Guerillas erreichten damit die Freilassung

von 60 politischen Häftlingen.

Die deutsche Botschaft in Madrid hat

am Montag einen Brief des entführten

Wahlkonsuls Eugen Beihl-Schäffer er-

halten. In diesem dritten Lebenszeichen

versichert der Konsul, er werde bisher

menschlich behandelt.

Der CSU-Bundestagsabgeordnete Prinz

zu Löwenstein hat am Montagabend an-

geboten. sich für den Entführten in die

Hände der Basken zu begeben. Der Ab-

geordnete bezeichnet sich als Freund der

Basken und des verstorbenen Präsiden-

ten der Basken-Republik.

An der Zeremonie nahm auch Partei-

chef Gomulka teil, der mit seiner Rede

am 18. Mai 1969 den deutsch-polnischen

Dialog eröffnet hatte. Nach den Regie-

rungschefs unterschrieben die Außen-

minister Scheel und Jedrychowski, die

den Vertrag paraphiert hatten. Kern-

punkt des Vertrags ist Artikel X, in dem

die Oder-Neiße-Linie als Westgrenze

Polens anerkannt wird für die Dauer der

Existenz der Bundesrepublik Deutsch-

land. In den weiteren Artikeln wird Ge-

waltverzicht und das Fortgelten früher

geschlossener Verträge vereinbart. Die

Familienzusammenführung, die in einem

Briefwechsel notifiziert ist, hat bereits

mit Verhandlungen des Deutschen und

Polnischen Roten Kreuzes ihren Anfang

genommen.

Die deutsche Delegation hatte in War-

schau mit Würde und auch für die Polen

eindrucksvoll die Stunde der Wahrheit

bestanden. Kanzler Brandt legte am

Mahnmal der polnischen Soldaten einen

Kranz nieder. Eine Ehrenkompanie der

polnischen Garde präsentierte das Ge-

wehr. Am Denkmal im jüdischen Getto

kniete Willy Brandt nieder, stumm die

Hunderttausende ermordeter jüdischer

Bürger ehrend.

Am Montagnachmittag verhandelten

Brandt und Gomulka sowie die Außen-

minister. Am Abend erwiderte der Bun-

deskanzler ein Essen, das Cyrankiewicz

am Vorabend gegeben hatte. Am Diens-

tagmorgen ist ein abschließendes Ge-

spräch der beiden Regierungschefs vor-

gesehen.

Beide Länder werden Botschafter aus-

tauschen und damit diplomatische Be-

ziehungen aufnehmen. Der Bundeskanz-

ler erklärte zum Vertragsabschluß: Wir

geben nichts preis, was nicht längst ver-

spielt worden ist. Verspielt nicht von uns,

die wir in der Bundesrepublik Deutsch-

land politische Verantwortung tragen,

sondern verspielt von einem verbrecheri-

schen Regime, vom Nationalsozialismus.

Der Vertrag bedeutet nicht, daß wir die

Vertreibung nachträglich legitimieren.

(Fortsetzung auf Seite 2)

Parteichef Wladyslaw Gomulka (links) unter-

hält sich nach der Vertragsunterzeichnung

bei einem Glas Sekt mit Außenminister Wal-

ter Scheel. Foto: dpa

Nach der Kranzniederlegung vor dem Mahnmal im ehemaligen Warschauer

Getto verharrte Willy Brandt Knieend im Gedenken an die Opfer des Aufstandes 1943.

Nach der Unterzeichnung des deutsch-polnischen Ver-

trages: Bundeskanzler Brandt und Polens Ministerpräsident Cyran-

kiewicz geben sich die Hand. In der Mitte (mit Brille) der polnische

Parteichef Wladyslaw Gomulka. Links hinter Willy Brandt Professor

Carlo Schmid. Ganz links Staatssekretär Egon Bahr, ganz rechts

der polnische Außenminister Jedrychowski. Foto: dpa