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66 5. Sitzung des XX. Vorarlberger Landtages im Jahre 1966
Nun kommen wir zum Punkt 7 der Tagesordnung:
Bericht des Rechts- und Immunitätsausschusses sowie des
Volkswirtschaftlichen Ausschusses über ein Gesetz über
die För-
derung und den Schutz des Fremdenverkehrs (Beilage
9/1966).
Der Ausschuß hat seinen Obmann, Herrn Abg. Dr.
Purtscher, zum Berichterstatter gewählt. Ich bitte ihn um seinen
Vortrag.
Dr. Purtscher: Herr Präsident! Hohes Haus! Der
Vorarlberger Landtag hat sich heute mit einem
Gesetzesentwurf zu befassen, der dem Fremdenverkehr als
einem der bedeutendsten Wirtschaftsfaktoren unseres Landes
Förderung und Schutz garantieren soll. Es ist nicht das erste
Mal, daß der Landesgesetzgeber Vorschriften über
Fremdenverkehrsangelegenheiten, die nach der
Bundesverfassung in die Kompetenz der Länder fallen, erläßt,
doch waren die bisherigen Gesetzesbeschlüsse reine
abgabenrechtliche Vorschriften. Bereits vor 45 Jahren wurde
im Vorarlberger Landtag ein Gesetz über die Einhebung einer
Abgabe vom Mietzins bei vorübergehendem Aufenthalt be-
schlossen. Seit dem Jahre 1921 bestand also bereits eine
Sondersteuer für Einkünfte aus dem Fremdenverkehr, die bis
1938 eingehoben wurde. Mit der Verordnung des Landeshaupt-
mannes vom 10. Juni 1939 wurden die zu
Fremdenverkehrsgemeinden deklarierten Kur- und
Touristenorte ermächtigt, Kur- bzw. Saisontaxen für den
Aufwand von Veranstaltungen mit Bewilligung des
Landeshauptmannes einzuheben. Lediglich fünf Orte, nämlich
die drei Städte Bregenz, Dornbirn, Feldkirch und die damals
schon stärksten Fremdenverkehrsorte Lech und Schruns waren
ermächtigt, neben den Kurtaxen noch Fremdenverkehrsförde-
rungsbeiträge von allen Nutznießern aus dem Fremdenverkehr
zur Deckung jener Erfordernisse zu verlangen, die mit der
Fremdenverkehrspflege in ursächlichem Zusammenhang
stehen. Das Landesgesetz LGB1. Nr. 39/1950 erhob diese
Verordnung zur landesgesetzlichen Vorschrift, wobei die
Ermächtigungsklausel der Landesregierung übertragen wurde.
Eine ständig wachsende Zahl von Gemeinden stellte den
Antrag zur Ermächtigung auf Einhebung von Kur- und
Saisontaxen und von Fremdenverkehrsförderungsbeiträgen, um
entsprechende Leistungen für die Fremdenverkehrsein-
richtungen überhaupt erbringen zu können.
Welche Bedeutung diese beiden Abgaben haben, geht aus
einer Übersicht über die Rechnungsabschlüsse der Vorarlberger
Gemeinden, erstellt von der Landesstelle für Statistik beim Amt
der Vorarlberger Landesregierung, hervor. Demnach sind im
Jahre 1962 nach den als letzte vorliegenden übersichtlichen
Abschlüssen der Gemeinden Vorarlbergs in 62 Gemeinden
Kurtaxen erhoben worden, die damals einen Gesamtertrag von
4,833.000 S ergaben; hingegen wurden nur in 33 Gemeinden,
also in etwa gut einem Drittel der Vorarlberger Gemeinden,
Fremdenverkehrsförderungsbeiträge in einer Höhe von
3,069.000 S erhoben. Es waren aber immerhin 7,9 Mill. S oder
annähernd 3 Prozent der gesamten Budgetsummen der
Gemeinden, die aus diesen beiden
5. Sitzung des XX. Vorarlberger Landtages im Jahre 1966 67
Abgaben wieder zweckgebunden dem Fremdenverkehr zugute
kamen. In der Beilage zur Regierungsvorlage ist aufgezählt,
daß in den Voranschlägen des Jahres 1966 18 Gemeinden des
Bezirkes Bludenz, 15 des Bezirkes Bregenz und nur 5 des
Bezirkes Feldkirch, somit insgesamt 38 Vorarlberger
Gemeinden Fremdenverkehrsförderungsbeiträge mit einer
Gesamtvoranschlagssumme von 3,958.000 S in diesem Jahr
erwarten. In diesem Jahr dürften die Gesamteinnahmen aus
beiden Abgaben annähernd 12 Mill. S erreichen, wovon etwa
zwei Drittel die Gäste in Form von Kurtaxen und ein Drittel
die Nutznießer aus dem Fremdenverkehr entrichten. Eine
sicherlich eindrucksvolle Ziffer, doch beträgt sie kaum mehr
als 1 Prozent der Deviseneinnahmen aus dem
Ausländerfremdenverkehr im Fremdenverkehrsjahr 1964/1965,
der von der statistischen Stelle mit 1,1 Mrd. S beziffert wurde.
Neben der Unternehmerinitiative der Vorarlberger
Hoteliers und Gastwirte, den Bemühungen der
Verkehrsvereine und des Landesverbandes für Fremdenverkehr
und verschiedener anderer Organisationen waren diese
zweckgebundenen Abgaben bestimmt eine wesentliche
Voraussetzung für den enormen Aufschwung des Vorarlberger
Fremdenverkehrs seit dem Zweiten Weltkrieg. Die Gemeinden
wurden damit nämlich in die Lage versetzt, eine Reihe von
fördernden Einrichtungen und Maßnahmen zu schaffen. Seit
dem 1. Jänner d. J. fehlt die rechtliche Grundlage für die
Einhebung der Fremdenverkehrsförderungsbeiträge, da der
Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 18. März
1965 die Verordnung des Landeshauptmannes aus dem Jahre
1939 mangels einer ausreichenden Bestimmung über die
Gesamthöhe der Beiträge als verfassungswidrig aufgehoben
hat. Der Einbau einer diesbezüglichen Bestimmung in die
aufgehobene Verordnung hätte der Entscheidung des
Verfassungsgerichtshofes zwar Genüge getan, doch die
bedeutenden Mängel der geltenden Rechtsvorschriften ließen
dies nicht zweckmäßig erscheinen. Im Interesse der
Rechtsbereinigung wurde die gesamte Materie in einem neuen
Gesetz umfassend geregelt, soferne es sich um allgemeine
Fremdenverkehrsangelegenheiten handelt. Spezialvorschriften
verwaltungsrechtlicher Natur wurden aus Gründen der
Systematik nicht aufgenommen. So soll das Campingwesen in
einem noch zu schaffenden Gesetz über das örtliche Sicher-
heitswesen, die Sicherung von Schipisten oder das Anlegen
von Wanderwegen usw. im Straßengesetz und andere den
Fremdenverkehr tangierende Probleme in anderen Gesetzen
geregelt werden, da sie den Rahmen eines allgemeinen
Gesetzes sprengen würden.
Der vorliegende Gesetzesentwurf verfolgt folgende Ziele:
a) die Förderung des Fremdenverkehrs durch die
Gebietskörperschaften Land und Gemeinden als Träger
von Privatrechten. Wenn auch keine subjektiven
öffentlich-
rechtlichen Ansprüche aus dieser programmatischen
Verpflichtungserklärung erwachsen, so erscheint dieser
Förderungsappell aus volkswirtschaftlichen Gründen im
öffentlichen Interesse geboten;
b) den Schutz des Fremdenverkehrs als eine Aufforderung an
die Gemeinde- und Landesorgane, das vom Gesetzgeber
damit bekundete Interesse am Fremdenverkehr ent-
sprechend wahrzunehmen, und
c) die Ermächtigung der Gemeinden zur Einhebung von
Fremdenverkehrsbeiträgen und Gästetaxen.
Sozusagen als Korrelat zur Förderungsverpflichtung
wurden alle Gemeinden berechtigt zur Einhebung dieser
Abgaben, während bisher ein Antrag an die Landesregierung
gestellt werden mußte, die durch Verordnung zu entscheiden
hatte. In Vorarlberg gibt es heute praktisch keine Gemeinde
mehr, für die der Fremdenverkehr ohne Bedeutung ist. Es ent-
spricht aber auch sicherlich in etwa der Beachtung der
Gemeindeautonomie, diese Abgaben ohne
Genehmigungsverfahren einheben zu dürfen. Es hätte nicht
Vorarlberger Art entsprochen, wenn eine eigene komplizierte
Fremdenverkehrsorganisation festgelegt worden wäre, da diese
Aufgaben mit viel Erfolg vom Landesverband für
Fremdenverkehr und den örtlichen bzw. regionalen
Verkehrsvereinen wahrgenommen werden.
Sosehr das Verdienst dieser Organisationen für die
gedeihliche Entwicklung des Fremdenverkehrs anerkannt
werden muß, so konnte doch deren Verankerung im
Gesetzestext aus präjudiziellen Gründen nicht vorgenommen
werden. Die Nennung von Vereinen in Landesgesetzen wurde
bisher bewußt vermieden, da das Schicksal, der Bestand und
die Zweckerfüllung nicht allein in der Einflußsphäre des
Gesetzgebers liegen. Land und Gemeinden werden sich zur
Erfüllung der nunmehr gesetzlichen Förderungsverpflichtung
wie bisher vorwiegend der örtlichen und regionalen Ver-
kehrsvereine sowie des Landesverbandes für Fremdenverkehr
bedienen, was die Unterstützung durch andere Organisationen,
z. B. Verschönerungsverein, Trachtengruppen usw., nicht
ausschließen, sondern nur ergänzen wird. Die Legitimation der
Verkehrsvereine ist ja durch die Anrufung der Gemeinden
gegeben.
Der Gesetzesentwurf wurde einem umfangreichen
Begutachtungsverfahren unterzogen. Der Landesverband für
Fremdenverkehr hat einen eigenen Arbeitsausschuß für die
Ausarbeitung eines Konzeptes gebildet. Vertreter der
Fremdenverkehrswirtschaft, anerkannte
Fremdenverkehrsfachleute, die Sektion Fremdenverkehr bei der
Vorarlberger Handelskammer, der Gemeindeverband und die
Bezirkshauptmannschaften kamen hiebei zu Wort. Die
Gesetzesausarbeitung oblag der neuen legistischen Abteilung,
die von der Landesstelle für Statistik hinsichtlich der
Ermittlung des Verrechnungsschlüssels unterstützt wurde.
Allen beteiligten Gremien und Personen soll
68 5. Sitzung des XX. Vorarlberger Landtages im Jahre 1966
hier der gebührende Dank ausgesprochen werden.
Die Regierungsvorlage vom 10. Mai 1966 sowie die
Abänderungsvorschläge laut dem Rundschreiben der
Landesregierung vom 26. Mai 1966 wurden am 22. Juni in
einer gemeinsamen Sitzung des Rechts- und Immunitäts- und
des Volkswirtschaftlichen Ausschusses eingehend behandelt,
wobei eine Reihe von Abänderungsanträgen beschlossen
wurde, die noch im Laufe der Spezialdebatte dem Hohen Haus
von mir als dem von den Ausschüssen bestellten
Berichterstatter vorgelegt werden.
Ich ersuche den Präsidenten, die Generaldebatte zu
eröffnen.
Präsident: Ich eröffne die allgemeine Besprechung.
Gemeldet hat sich zum Wort der Herr Abg. Dr. Konzett.
Dr. Konzett: Hohes Haus! Wir haben uns heute mit einem
Förderungs- und Schutzgesetz zugunsten des Vorarlberger
Fremdenverkehrs zu befassen. Der Umstand, daß in diesem
Gesetz die Förderung des Fremdenverkehrs, soweit er im
öffentlichen Interesse gelegen ist, dem Land und den
Gemeinden zur Pflicht gemacht wird, sowie der weitere
Umstand, daß vorsätzliche oder grob fahrlässige Schädigung
des Fremdenverkehrs und seiner Einrichtungen unter
Strafsanktion gestellt wird, läßt die Frage erheben, warum ein
Zweig der Wirtschaft unseres Landes eine solche Sonder-
stellung erhalten soll; das heißt: rechtfertigt die Bedeutung des
Fremdenverkehrs in unserem Lande eine solche
Sonderbehandlung?
Was Anlaß dazu gegeben hat, derartige Überlegungen
anzustellen, hat der Berichterstatter bereits ausgeführt: es war
das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 18. März des
vergangenen Jahres, womit Bestimmungen einer Verordnung
aus dem Jahre 1939 über die Einhebung von
Fremdenverkehrsförderungsbeiträgen wegen des Mangels einer
ausreichenden gesetzlichen Bestimmung über die Gesamthöhe
der vorschreibbaren Beiträge als verfassungswidrig aufgehoben
wurden.
Vorarlberg ist nicht nur das relativ industrie- und
gewerbedichteste Bundesland Österreichs, das Ländle ist nicht
nur das Textilland Österreichs und nicht nur das Land der
weißen Kohle, es ist auch ein Fremdenverkehrsland. Der
Fremdenverkehr gehört heute zu den tragenden Säulen der
Wirtschaft Vorarlbergs. Die Vorarlberger Landesstelle für
Statistik schätzte die Deviseneinnahmen aus dem Auslän-
derfremdenverkehr im Fremdenverkehrs] ahr 1964/65 auf ca.
1,1 Mrd. S. Diese Ziffer ist sehr eindrucksvoll, wenn man
vergleicht, daß im Jahr 1965 der Exporterlös der Vorarlberger
Industrie (ohne Stromerlös) bei rund 1,9 Mrd. Schilling
gelegen ist, wobei auf die Stickereiindustrie 675,5 Mill. S
entfallen sind. Die Deviseneinnahmen aus dem
Fremdenverkehr — der Aktivsaldo der österreichischen Reise
bilanz betrug 1965 rund 11 Mrd. S — tragen ganz
wesentlich zur Abdeckung des österreichischen
Handelsbilanzpassivums bei. Der Fremdenverkehr ist in
unserem Lande umso bedeutungsvoller, als er sich besonders
stark in ehemals bergbäuerlichen Gebieten ausgebreitet hat.
Unter den zehn Gemeinden, die 1964/65 mehr als 100.000
Nächtigungen zu verzeichnen hatten, steht Mittelberg mit
967.581 Übernachtungen weit an der Spitze; es folgen Lech mit
458.808, Schruns mit 271.110 und Bregenz mit 227.689
Ubernachtungen. In dieser Spitzengruppe befinden sich des
weiteren in der Reihenfolge St. Gallenkirch, Tschagguns,
Brand, Klösterle, Feldkirch und Dornbirn. Von den zehn
führenden Fremdenverkehrsgemeinden Vorarlbergs liegen also
sieben außerhalb des Rheintales, das rund zwei Drittel der
Bevölkerung und zwei Drittel der Wirtschaft des Landes
umfaßt. Der Fremdenverkehr bildet einen wirksamen
Schutzwall gegen Landflucht und Entsiedlung und hat in
Vorarlberg dazu geführt, daß auch in jene Regionen ein
gewisser Wohlstand eingezogen ist, in denen für alle übrigen
Wirtschaftszweige nur beschränkte Entwicklungsmöglichkeiten
gegeben sind, wobei allerdings nicht übersehen werden darf,
daß in den letzten Jahren so manches Textilunternehmen
unseres Landes saubere Zweigbetriebe auch in Berggemeinden
zur leichteren Heranholung letzter Arbeitskräftereserven
errichtet hat.
Aus diesen wenigen Hinweisen auf die Bedeutung des
Fremdenverkehrs für unser Land erscheint, wie ich glaube, die
eingangs gestellte Frage bejaht. Daß diesem so wichtigen
Wirtschaftszweig besondere Förderung und auch ein
besonderer Schutz gewährt werden soll, läßt sich auch aus der
nicht unbedenklichen Tatsache ableiten, daß in den letzten drei
Jahren eine erhebliche Verlangsamung der
Aufwärtsentwicklung der Nächtigungsziffern eingetreten ist.
Diese Verlangsamung des Zuwachses der Nächtigungen ist in
erster Linie auf eine Verschärfung des Wettbewerbes im
internationalen Fremdenverkehr, besonders im
Sommerreiseverkehr, zurückzuführen. Die Sektion
Fremdenverkehr der Vorarlberger Handelskammer hat sich
sehr eingehend mit der Frage beschäftigt, was getan werden
könnte, um der weiteren Entwicklung des Vorarlberger
Fremdenverkehrs neue Impulse zu geben. Sie hat vor einigen
Wochen eine sehr instruktive Studie zum Thema
herausgegeben: „Möglichkeiten und Voraussetzungen einer
weiteren Entwicklung des Vorarlberger Fremdenverkehrs".
Im Motivenbericht zum vorliegenden Gesetzesentwurf
heißt es: „Von der gesetzlichen Festlegung einer komplizierten
Fremdenverkehrsorganisation wurde abgesehen, da die
Förderungsaufgaben vom Landesverband für Fremdenverkehr,
den Gemeinden sowie den örtlichen und regionalen
Verkehrsvereinen bisher zufriedenstellend wahrgenommen
wurden." Die Richtigkeit dieser Auffassung kann
5. Sitzung des XX. Vorarlberger Landtages im Jahre 1966 69
man uneingeschränkt bestätigen, wenn man das zielklare und
segensreiche Wirken des Landesverbandes und vieler
regionaler und örtlicher Fremdenverkehrsvereine kennt. Aus
freiwilliger, uneigennütziger Arbeit vieler Funktionäre dieser
Organisationen erfloß und erfließt ein nicht unbedeutender Teil
der Fremdenverkehrserfolge.
Nun hätte es der Landesverband für Fremdenverkehr sehr
gerne gesehen, wenn er und mit ihm die bezirklichen und
örtlichen Verkehrsvereine in diesem Gesetze verankert worden
wären. Die Schwierigkeiten, eine befriedigende, auf alle
allenfalls als Hilfsorgane in Betracht kommenden Institutionen
und Vereine Rücksicht nehmende Formulierung zu finden,
führten letztlich dazu, daß es im Rechts- und
Volkswirtschaftlichen Ausschuß nicht zu der gewünschten
Ergänzung des § 1 gekommen ist. Das ist selbstverständlich
kein Hindernis dafür, daß der Landesverband für Frem-
denverkehr auch in Zukunft im Einverständnis mit der
Vorarlberger Landesregierung die Angelegenheiten des
Fremdenverkehrs, soweit es sich nicht um hoheitsrechtliche
Agenden handelt, besorgen wird. Es entspricht gesunder
Vorarlberger Auffassung, nicht alles gesetzlich zu regeln und
auf bürokratische Art und Weise zu erledigen und zu betreiben.
Wir glauben, daß die einschlägigen Agenden ohne weiteres
auch künftig auf vereinsmäßiger Basis besorgt werden können.
Dieser Auffassung entspricht es, wenn das Land Vorarlberg
den größeren Teil des Aufwandes des Landesverbandes für
Fremdenverkehr übernimmt. Aber auch die Kammer der
gewerblichen Wirtschaft für Vorarlberg heißt das durch die
Vorarlberger Art der Organisation der Fremdenverkehrsförde-
rung zum Ausdruck kommende Subsidiaritätsprinzip gut und
zieht daraus die notwendige Konsequenz dadurch, daß sie dem
Landesverband für Fremdenverkehr für das Jahr 1966 den
ansehnlichen Betrag von 600.000 S, das sind über 17 Prozent
des Gesamtbudgets von insgesamt 3,532.000 S, zur Verfügung
stellt. Dazu kommen noch 30.000 S der beiden gast-
gewerblichen Fachgruppen.
Für die Begriffe „Fremdenverkehr" und „Gäste" im Sinne
dieses Gesetzes eine Definition zu finden, war sehr schwierig.
Sowohl im ÖVP-Klub wie im Rechts- und Volkswirt-
schaftlichen Ausschuß war man letztlich der Auffassung, daß
die durch ein Nachtragsschreiben des Amtes der
Landesregierung geänderte und dann im Ausschuß ergänzte
Formulierung befriedigt.
Wenn auch aus der gesetzlich festgelegten
Förderungsverpflichtung des Landes und der Gemeinden als
Träger von Privatrechten niemandem subjektive öffentlich-
rechtliche Ansprüche erwachsen und wenn aus der weiteren
Bestimmung, wonach der Fremdenverkehr und besonders
Maßnahmen und öffentliche Einrichtungen zu seiner Förderung
unter einen besonderen Schutz gestellt werden, keine un-
mittelbaren Rechtspflichten begründet werden,
so handelt es sich dabei doch um begrüßenswerte Appelle
an die Organe des Landes und der Gemeinden, das vom
Gesetzgeber bekundete Interesse am volkswirtschaftlich so be-
deutungsvollen Fremdenverkehr jederzeit zu beachten. Auf
diese programmatischen Erklärungen im Gesetze gestützt, wird
es da und dort möglich sein, bisher mangelhafte, zögernde
Bereitschaft, mehr für den Fremdenverkehr zu tun, zu
verbessern.
Zu begrüßen ist es, daß durch das Gesetz sämtliche
Gemeinden berechtigt werden, Beiträge zu erheben, daß es also
hiezu so wie bisher einer Verordnung der Landesregierung
nicht mehr bedarf. Die Zweckgebundenheit der Abgaben gibt
dafür Gewähr, daß nur jene von den 63 Gemeinden, die bisher
noch keine Fremdenverkehrsförderungsbeiträge eingehoben
haben, künftig Fremdenverkehrsbeiträge einheben können, die
willens sind, gezielte Fremdenverkehrsförderung zu betreiben
und dies durch entsprechende Ansätze im Ge-
meindevoranschlag zu bekunden.
Einen brauchbaren, auf die unterschiedlichen Verhältnisse
in den einzelnen Gemeinden Rücksicht nehmenden Ersatz für
die vom Verfassungsgerichtshof aufgehobenen alten
Bestimmungen zu finden, stellte wohl die schwierigste Aufgabe
dar. Darüber haben sich viele Fachleute den Kopf zerbrochen.
Es mußte eine Berechnungsbasis gefunden werden, die es
einerseits den typischen, vorwärtsstrebenden
Fremdenverkehrsgemeinden ermöglicht, künftig mindestens
gleichviel an Beiträgen einheben zu können wie bisher, die aber
andererseits den neu hinzukommenden Gemeinden keine allzu
verlockende neue Steuerquelle erschließen soll. Es war nicht
nur auf die Bedürfnisse der Gemeinden, sondern auch auf die
Belastung der Steuerzahler Bedacht zu nehmen.
Der erste Berechnungsschlüssel war so kompliziert, daß
der Nichtfachmann damit nicht fertigzuwerden vermochte.
Unser Finanzreferent Landesrat Ilg hat dann einen einfacheren
Vorschlag erarbeitet, der noch dazu die Summe der
vorschreibbaren Fremdenverkehrsbeiträge etwas reduziert. Als
Berechnungsfaktoren erscheinen nunmehr berücksichtigt: die
Gäste- nächtigungen, die Getränkesteuer sowie die
gemeindeeigenen Steuern einschließlich der Ertragsanteile und
der festen Bedarfszuweisungen. Die Berechnungen auf Grund
dieses letzten Schlüssels, also die Auswirkungen auf die
einzelnen Gemeinden, veranlaßte dann den Rechts- und
Volkswirtschaftlichen Ausschuß, die Komponente
„Steuerertrag der Gemeinden" etwas zu erhöhen. Damit dürfte
eine brauchbare Lösung gefunden worden sein.
Wenn im § 6 des Gesetzentwurfes festgelegt wird, daß die
Fremdenverkehrsbeiträge nach dem wirtschaftlichen Nutzen zu
bemessen sind, den der Beitragspflichtige aus dem Aufenthalt
von Gästen zieht, und im § 4 als abgabepflichtig alle Personen
erklärt werden,
70 5. Sitzung des XX. Vorarlberger Landtages im Jahre 1966
die durch eine selbständige Erwerbstätigkeit, also auch die
Privatzimmervermieter, unmittelbar oder mittelbar aus dem
Aufenthalt von Gästen einen wirtschaftlichen Nutzen ziehen,
dann könnte mancher kritische Prüfer dieses Gesetzes
erwarten, daß diesen Grundsatzbestimmungen noch zahlreiche
Ausführungsbestimmungen folgen werden. Das ist nun nicht
der Fall. Ein Blick in die einschlägigen Gesetze anderer
Bundesländer zeigt, wie außerordentlich schwierig es ist, den
Kreis der Beitragspflichtigen und ihre Einstufung in
unterschiedlich zu belastende Interessengruppen gesetzlich
festzulegen. Nicht jeder Gastwirt, nicht jeder
Lebensmittelhändler und nicht jeder Arzt zieht aus dem
Fremdenverkehr bzw. dem Aufenthalt von Gästen in seiner
Betriebs- oder Wohngemeinde den gleichen Nutzen. Es kommt
sehr häufig außerordentlich auf den Standort auch innerhalb
der Gemeinde an. Die Berater aus dem Fremdenverkehr und
dem Gemeindeverband haben daher bewußt davon Abstand
genommen, Vorschläge etwa nach dem Muster des Tiroler
Fremdenverkehrsförderungsgesetzes zu erstatten oder die
gesetzliche Festlegung eines Limits im Einzelfalle
vorzuschlagen. Da sich die bisherige Art der Festlegung der
Einzelbeiträge unter Mitwirkung eines gemeindlichen
Einschätzungsausschusses im großen und ganzen gut bewährt
hat, kam man in den interessierten Kreisen zur
übereinstimmenden Auffassung, es grundsätzlich bei der
bisherigen Art zu belassen. Die Festlegung des Kreises der
Abgabepflichtigen und die Einstufung des einzelnen nach
seinem aus dem Aufenthalt von Gästen gezogenen Nutzen
verbleibt also auch künftig einem von der Gemeindevertretung
zu wählenden Einschätzungsbeirat. Jeder Beitragspflichtige hat
das Recht, in das vom Bürgermeister nach Anhören des
Einschätzungsbeirates erstellte Verzeichnis aller
Beitragspflichtigen, in dem auch das Anteilsverhältnis am
Gesamtaufkommen der Fremdenverkehrsbeiträge angegeben
sein muß, innerhalb der Rechtsmittelfrist Einsicht zu nehmen.
Nur diese Einsichtnahme vermag trotz der -damit verbundenen
leichten Verletzung des Grundsatzes der Geheimhaltung der
Abgabepflicht dem Abgabeschuldner die Basis für die
objektive Beurteilung der Frage zu geben, ob er im Vergleich
mit anderen Beitragspflichtigen gerecht eingeschätzt wurde
oder ob er ein wirkliches oder vermeintliches Unrecht im
Berufungsverfahren bekämpfen soll bzw. kann.
Auch die Möglichkeit, zur Deckung des gemeindlichen
Aufwandes für Einrichtungen und fremdenverkehrsfördernde
Maßnahmen, die den Gästen zugute kommen, eine Gästetaxe,
bisher Kurtaxe oder Ortstaxe genannt, auf Grund einer von der
Gemeindevertretung zu erlassenden Taxordnung einzuheben,
bleibt aufrechterhalten. Der Gesetzesentwurf legt zwar einige
Gruppen von Personen fest, die von der Verpflichtung zur
Entrichtung einer Gästetaxe befreit sind, überläßt aber den ein
zelnen Gemeinden doch noch einen relativ weiten
Spielraum für die eigene Regelung.
In der Frage, ob in diesem Gesetz auch
Sonderstraftatbestände zum Schutze des Fremdenverkehrs und
seiner Einrichtungen festgelegt werden sollen, ob dies
notwendig oder gerechtfertigt ist, könnte man unterschiedlicher
Auffassung sein. Da jedoch der Entwurf so wie das
Bundesgesetz, betreffend die Hintanhaltung von Schädigungen
und Gefährdungen des Fremdenverkehrs aus dem Jahre 1934,
vorsieht, daß die Beeinträchtigung von Förderungsmaßnahmen
und sonstige Verletzung der Fremdenverkehrsinteressen nur
strafbar sind, wenn ein qualifiziertes Verschulden, nämlich
Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit nachgewiesen werden kann,
war man im ÖVP-Klub und dann auch im Rechts- und
Volkswirtschaftlichen Ausschuß einmütig der Meinung, den
§16 gutheißen zu können.
Außerordentlich begrüßt darf es werden, daß dieses Gesetz
auch der so notwendigen Rechtsbereinigung dient, indem es in
seinen Schlußbestimmungen eine Reihe von Gesetzen und
Verordnungen aufhebt.
Namens der ÖVP-Fraktion kann ich die Erklärung ablegen,
daß wir dem vorliegenden Gesetzentwurf unter
Berücksichtigung der vom Rechts- und Volkswirtschaftlichen
Ausschuß beschlossenen Abänderungen und Ergänzungen die
Zustimmung geben. Wir glauben annehmen zu dürfen, daß
dieses Gesetz einen fühlbaren Beitrag zur Förderung und zum
Schutze unseres Fremdenverkehrs leisten wird.
Präsident: Als nächster Redner ist der Herr
Landtagsvizepräsident Dr. Peter gemeldet.
Dr. Peter: Herr Präsident! Verehrte Dame, geschätzte
Herren! Man kann diese Materie wie wahrscheinlich jeden
Gesetzesentwurf vom formalen Gesichtspunkt und auch in ma-
terieller Hinsicht betrachten. Ich wende midi zuerst einer
kurzen formalen Betrachtung zu; nicht deswegen, weil ich dem
irgendwie Vorrang einräumen möchte, sondern eigentlich nur
aus Gründen der Systematik.
Wir beschäftigen uns also heute mit einem
Gesetzesentwurf, leider — ich muß das immer wieder betonen
— verspätet. Es ist bereits vom Herrn Berichterstatter und auch
vom Herrn Generalredner der österreichischen Volkspartei
darauf hingewiesen worden, daß der Verfassungsgerichtshof
schon am 18. März des vergangenen Jahres in seinem
Erkenntnis festgestellt hat, daß die §§ 8 bis 11 der Verordnung
des Landeshauptmannes für Vorarlberg aus dem Jahre 1939
aufgehoben würden, und zwar aus den bekannten Gründen. Es
hat einige Verzögerungen gegeben, aber immerhin wäre es
meines Erachtens möglich gewesen, zeitgerecht, das wäre Ende
Oktober 1965 gewesen, sich mit dieser Materie zu be-
schäftigen, damit kein gesetzloser Zustand eintritt; denn es ist
ja klar, daß wir seit dem
5. Sitzung des XX. Vorarlberger Landtages im Jahre 1966 71
1. Jänner d. J. für die Einhebung der Fremden-
verkehrsförderungsbeiträge und der Kurtaxen keine gesetzliche
Grundlage haben. Es wird im Bericht darauf hingewiesen, daß
schwerwiegende Lücken und sonstige Mängel der noch in
Geltung stehenden Rechtsvorschriften sowie die im Interesse
der Rechtssicherheit gelegene Rechtsbereinigung dafür
sprechen, die ganze Materie neu zu regeln. Das ist eine sehr
gute Begründung, und sie kann selbstverständlich unsere
Zustimmung finden. Es ist daher sehr bedauerlich, daß es zur
Regelung dieser Materie, die mit so schweren Mängeln und mit
so bedeutungsvollen Lücken behaftet war, erst des Anstoßes
eines Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes bedurfte.
Damit nicht genug, meine Damen und Herren, hat man
sich auch nicht zeitgerecht mit diesen Dingen beschäftigt,
nämlich vor Ablauf der vom Verfassungsgerichtshof gesetzten
Frist, die ja auch wohl überlegt worden sein muß; denn der
Verfassungsgerichtshof denkt wohl etwas dabei, wenn er in
einem Erkenntnis ausspricht, daß die Materie mit Wirkung vom
31. Dezember 1965 als abgelaufen bzw. rechtsunwirksam zu
erklären sei. Wir haben also nicht nur nicht rechtzeitig, sondern
verspätet uns dieser Materie zugewendet. Man muß nun zu
einem legistischen Kunstgriff die Zuflucht nehmen und
bestimmen, daß diese Gesetzesbestimmungen rückwirkende
Kraft haben sollen, obwohl wir alle wissen, meine Damen und
Herren, daß es nicht Grundsatz der österreichischen
Rechtsordnung ist — und im Bürgerlichen Gesetzbuch wird
das ausdrücklich verworfen —, daß Gesetze rückwirkende
Kraft haben sollen. Die Sozialistische Fraktion nimmt das mit
Bedauern zur Kenntnis, und doch müssen wir sagen, daß es
sinnvoll ist, diese Materie so zu regeln, sie umfassend zu regeln
und kein Flickwerk an die Stelle der verfassungswidrigen
Bestimmungen zu setzen. Mit dieser berechtigten Kritik also
meinen wir auch in formaler Hinsicht die Vorgangsweise
begrüßen zu können. Wir stellen uns allerdings die Frage, ob es
nicht im Bereiche des Landesrechts noch mehrere
Rechtsbereiche gibt, die mit derart bedeutungsvollen Lücken
und Mängeln behaftet sind, daß sie dringend der Neuregelung
bedürfen. Daher haben wir ja auch schon vor einiger Zeit den
Antrag gestellt, man möge sich der Rechtsbereinigung
zuwenden und sie energisch in Angriff nehmen. Uns will
scheinen, daß gerade diese Materie wieder uns recht gibt in
unserem Bestreben, die Bereinigung des Landesrechtes
energisch voranzutreiben. Soweit also zum formalen
Gesichtspunkt.
In materieller Hinsicht wurde bereits vom Herrn
Berichterstatter und vom Generalredner der österreichischen
Volkspartei auf die Bedeutung des Fremdenverkehrs nicht nur
für die gesamte österreichische Volkswirtschaft, sondern auch
für die Volkswirtschaft unseres Landes Vorarlberg
hingewiesen. Auch wir Sozialisten anerkennen die Bedeutung
des Fremdenverkehrs und sind der Auffassung, daß es
sehr sinnvoll ist, den Fremdenverkehr zu fördern und ihn
auch bis zu einem gewissen Grad zu schützen. Doch über die
Art des Protektionismus wird noch einiges zu sagen sein. Wir
wissen ganz genau, daß der Saldo aus der Dienstleistungsbilanz
bis 1958 ein großes Aktivum hervorgebracht hat und zum
Anlaß genommen werden konnte, um unser Außenhan-
delspassivum zu decken. So hatten wir beispielsweise im Jahre
1958 nach Deckung des Handelsbilanzpassivums durch den
Saldo der Dienstleistungsbilanz noch ein Aktivum, einen
Uberschuß von 600 Mill. S. Leider ist das in den Folgejahren
anders geworden. Im Jahre 1965 fehlen uns zur Deckung des
Handelspassivums immerhin rund 2 Mrd. S. Man könnte nun
handelspolitische Überlegungen anstellen, die im
Zusammenhang stehen mit der EWG, mit der EFTA und
dergleichen mehr, aber ich glaube, es würde zu weit führen,
sich damit auseinanderzusetzen. Ebenfalls glauben wir
Sozialisten, es wäre verhängnisvoll, wenn man die Entwicklung
unserer Handelsbilanz übersehen und sich, ohne zu überlegen
und die Dinge doch von Grund auf zu behandeln und zu
erwägen, in die EWG stürzen würde, weil die Betrachtung der
Handelsbilanz mit den EWG-Staaten und jene mit den EFTA-
Staaten für uns nämlich die Folge hat, daß wir im Austausch
mit den EFTA-Staaten wesentlich besser dran sind als im
Handel mit den EWG- Staaten im allgemeinen und mit der
Deutschen Bundesrepublik im besonderen. Wir werden also mit
diesem Gesetz und überhaupt mit dem Fremdenverkehr allein
das Problem des Handelsbilanzpassivums Österreichs nicht lö-
sen. Bei dieser Feststellung möchte ich es bewenden lassen.
In dem bereits zitierten Elaborat der Kammer der
gewerblichen Wirtschaft für Vorarlberg vom April d. J. über
„Möglichkeiten und Voraussetzungen einer weiteren
Entwicklung des Vorarlberger Fremdenverkehrs" kommt man
zum Ergebnis, daß der Fremdenverkehr eine der drei tragenden
Säulen (neben der Industrie und der Elektrizitätswirtschaft) der
Vorarlberger Wirtschaft sei. Das ist richtig. Es werden in
diesem Elaborat auch interessante Vorschläge unterbreitet, die
auf weite Strecken auch die Zustimmung der Sozialisten finden
können. Es ist also das überlegen einer Wirtschaftssparte, wie
man sich aus einer Entwicklung, die nicht gewollt und die nicht
befriedigend ist, befreien kann, sehr zu begrüßen. Darauf werde
ich auch noch ganz kurz zurückkommen.
Wir schicken uns also an, auf einem relativ schmalen
Bereich des großen Sektors Fremdenverkehr der
österreichischen Volkswirtschaft, eine Regelung zu treffen und
an die Stelle von Vorschriften aus dem Dritten Reich österrei-
chische Rechtsvorschriften zu setzen. Das ist grundsätzlich in
Ordnung. Wir begrüßen das sehr.
Es wird im § 1 in einer programmatischen Erklärung
festgelegt — darauf wurde auch bereits hingewiesen —, daß
die Gebietskörperschaften Land und Gemeinden den Fremden-
72 5. Sitzung des XX. Vorarlberger Landtages im Jahre 1966
verkehr zu fördern hätten, wenn er im öffentlichen Interesse
liege. Geschätzte Damen und Herren! Es ist doch so, daß wir
hier wieder in ein bereits bekanntes Spannungsfeld kommen.
Der Bedarf nach Förderung des Fremdenverkehrs ist
unermeßlich, wurde auch hier nicht festgestellt; die finanziellen
und die immateriellen Mittel, die zur Förderung des Frem-
denverkehrs zur Verfügung stehen, sind wie alle
Wirtschaftsgüter bei uns knapp. Daher ist die Frage, ob jeder
Fremdenverkehr, der im öffentlichen Interesse gelegen ist, zu
fördern sein wird, dahingehend zu beantworten, daß
selbstverständlich die finanziellen Möglichkeiten dieser
Gebietskörperschaften die Obergrenze dafür bieten werden, in
welcher Art und Weise und in welchem Umfang der Frem-
denverkehr gefördert werden kann. Wenn man noch dazu sagt,
wie es bereits geschehen ist, daß vom Staatsbürger daraus keine
subjektiven Rechte abgeleitet werden können, dann ist damit
eindeutig klargestellt, daß sich weder die Sparte
Fremdenverkehr unserer Volkswirtschaft noch andere große
Hoffnungen machen können, daß für den Fremdenverkehr im
Lande auf Grund dieses Gesetzes nun ein goldenes Zeitalter
anbrechen werde.
Wir bekennen uns auch zu dem Grundsatz, daß die
Gemeinden vom Landesgesetzgeber ermächtigt sein sollen,
eine Steuer einzuheben, und daß ein Relikt aus einer Zeit, die
andere Auffassungen über die Demokratie oder den Rechtsstaat
hatte als wir, beseitigt ist, wonach eine Gemeinde zur
Landesregierung gehen muß und durch eine Verordnung, also
nicht durch den Landesgesetzgeber, bestimmt wird, ob eine
Gemeinde das Recht haben soll, Steuern einzuheben. Wir
betrachten es als einen Akt der Selbstverständlichkeit, daß die
Gebietskörperschaft Gemeinde das Recht haben soll, auf Grund
dieses zu beschließenden Gesetzes die Steuerhoheit auszuüben,
ohne vorher eine Verwaltungsbehörde, die Landesregierung, zu
befragen. Wir bekennen uns auch zu dem Grundsatz,
geschätzte Damen und Herren, daß die Förderung des
Fremdenverkehrs nicht allein aus den Taschen der öffentlichen
Budgets zu erfolgen habe, also aus dem allgemeinen
Steuererträgnis, sondern daß diejenigen, die direkt oder
mittelbar aus dem Fremdenverkehr einen Nutzen ziehen, wie es
so schön heißt, in Form einer Zwecksteuer herangezogen
werden sollen, um in diesem Wirtschaftsbereich fördernd und
helfend einzuspringen.
Wenn im Bericht der Regierungsvorlage dargetan wird,
daß die Gemeinden Vorarlbergs bisher offenbar nicht der
Bedeutung der Vorarlberger Fremdenverkehrswirtschaft ent-
sprechend finanzpolitisch vorgegangen sind, mit anderen
Worten: daß ausgesprochene Fremdenverkehrsgemeinden
überhaupt keine Fremdenverkehrsförderungsbeiträge einge-
nommen haben, dann muß ich mich fragen, nach welchen
Gesichtspunkten hier die Steuerpolitik und die Finanzpolitik
der betreffenden Gemeinden geführt worden ist. Geschätzte Da
men und Herren! Wir dürfen uns nicht einbilden, daß aus
diesen Gemeindevertretern nur wegen der Beschlußfassung
über dieses Gesetz plötzlich andere Gemeindevertreter werden,
die andere Auffassungen über die Art der Finanzpolitik in der
kommunalen Wirtschaft haben und über die Art der Fremden-
verkehrsförderung und der Erschließung neuer Einnahmen. Wir
geben also diesen Gemeindevertretungen nur die rechtliche
Möglichkeit, diese Steuern zu erheben in einem bestimmten
Umfang, worauf noch ganz kurz zu sprechen kommen sein
wird, aber wir haben keine Gewähr dafür und wir wollen der
Gemeinde auch nicht vorschreiben, in welcher Weise bzw. in
welcher Höhe das zu erfolgen hat; denn das würde ja dem
Autonomieprinzip widersprechen. Das soll also in die
Eigenverantwortung der Gemeinden fallen. Ich hoffe, daß die
Gemeindevertretungen im Rahmen ihrer Möglichkeiten,
gemessen am Bedarf, sich entsprechend in ihrer Finanzpolitik
und in ihrer kommunalen Budgetpolitik orientieren.
Es ist überhaupt festzustellen, geschätzte Damen und
Herren, daß Unklarheiten während der ganzen Beratungen
darüber bestanden haben, nach welchen Kriterien hier vorge-
gangen werden soll. Es ist in ganz Vorarlberg keine Zahl
darüber bekannt, welche Erfordernisse für die Förderung des
Fremdenverkehrs eigentlich gegeben sind. Niemand war in der
Lage zu sagen, wie hoch der Bedarf für die Förderung des
Fremdenverkehrs im Lande Vorarlberg und in den einzelnen
Gemeinden des Landes tatsächlich sei. Eine objektive Fi-
nanzpolitik müßte sich danach orientieren; denn wir wissen ja
alle, daß im Gegensatz zum privaten Haushalt der öffentliche
Haushalt seine Einnahmen nach den Ausgaben orientieren kann
und nicht umgekehrt, wie es beim privaten Haushalt der Fall
ist. Man hat in den Vorberatungen nur erklärt, daß die Zahl von
10 Mill. S irgendwie ein Richtwert für uns ist, um den das
tatsächliche Erträgnis aus diesen Steuern sozusagen so
oszillieren hätte, aber nach welchen objektiven Kriterien diese
Zahl 10 Mill. S sich ergibt, konnte nicht gesagt werden.
Warum? Weil eben keine Erhebungen bestehen, weil keine
Unterlagen vorliegen. Man kann, wenn man die verschiedenen
Höhen des Aufkommens durch dieses Gesetz betrachtet,
feststellen, daß im Laufe der Beratungen der Regierungsvorlage
im Ausschuß das Aufkommen eine verschiedene Höhe ange-
nommen hat, je nachdem, welche Einflüsse auf diese Vorlage
einwirkten. Dann machten sich also bestimmte
Gruppeninteressen bemerkbar. Hatte beispielsweise die
Regierungsvorlage ein Gesamtaufkommen von rund 10,8 Mill.
S vorgesehen, so wurde es in der zweiten Variante auf 9 Mill. S
herabgedrückt; dann wurde schließlich eine weitere Revision
hingenommen, und zwar auf 8,2 Mill. S. Schließlich hat sich im
Rahmen der Mehrheitspartei jemand aufgeschwungen und das
Erträgnis um rund 200.000 S auf 8,4 Mill. S erhöht, und in den
Ausschußberatungen kam man schließlich zu einem Oberlimit
von rund 9 Mill. S.
5. Sitzung des XX. Vorarlberger Landtages im Jahre 1966 73
Nun ist die Frage: ist es diesem Wirtschaftszweig bzw. den
Steuerträgern zumutbar, diese 9 Mill. S aufzubringen? Wir sind
der Meinung, daß das wohl zumutbar sei; denn es ist, wie
schon der Herr Berichterstatter darauf hingewiesen hat, ein
verschwindender Prozentsatz von den Deviseneinnahmen des
Vorarlberger Fremdenverkehrs im Jahre 1965, der mit 1,1 Mrd.
S geschätzt wurde. Ich bedauere, daß man hier nur mit
Näherungswerten arbeiten muß, denn diese Zahl ist nicht
errechnet, sondern sie ist geschätzt, und niemand ist daher in
der Lage zu sagen, wie stichhältig sie sei. Wir dürfen aber,
geschätzte Damen und Herren, diese Steuern nicht für sich
allein betrachten, denn sie muß integriert werden in unser
Steuersystem. Da müssen wir sagen, daß insbesondere die
kleinen und mittleren Einkommen ohnedies eine hohe
Steuerlast zu tragen haben. Wenn man das bedenkt, so muß
man doch eingestehen, daß man mit der Gestaltung dieser
Steuermöglichkeit nach oben starken Beschränkungen
unterworfen ist, wenn man nicht die Wirtschaft bzw. das Volk
noch mehr belasten will. Wir Sozialisten geben uns keiner
Illusion hin, daß man etwa mit diesem Schlüssel den Stein der
Weisen gefunden hätte, indem man die Gästenächtigungen, die
Getränkesteuer und die Ertragsanteile irgendwie koordinierend
als Berechnungsgrundlage heranzieht. Man darf an diese Dinge
zweifellos keine absoluten Maßstäbe anlegen, sie würden den
Umständen nicht gerecht, aber wir sind der Meinung, daß es in
etwa doch eine ausgewogene Aufteilung sei, obwohl man ins-
besondere den Gästenächtigungen eine überragende Bedeutung
zumißt, was mit anderen Worten heißt, daß natürlich auch oder
gerade die Privatvermieter ausschlaggebend am Steu-
eraufkommen beteiligt sein sollen. Wir müssen uns auch im
klaren sein, daß dieser Schlüssel, weil er sich auf Fakten stützt,
die in Bewegung sind, von uns weiterhin nicht wesentlich be-
einflußt werden kann; im Gegenteil, wir müssen darauf
hinweisen, daß die Berechnungsbasis „Ertragsanteile" im
wesentlichen vom Bund manipuliert werden kann und daß sich
daher hier Verschiebungen ergeben können, die von uns
vielleicht nicht einmal erwünscht sind. Das heißt, wir haben es
also hier nicht mit fixen Faktoren zu tun, sondern mit
variablen, die uns einmal Ergebnisse ins Haus bringen werden,
über die wir heute noch keine konkreten Aussagen machen
können.
Geschätzte Damen und Herren! Wir Sozialisten halten es
auch für nötig zu erklären, daß dieser Entwurf die
grundlegenden Probleme der Fremdenverkehrswirtschaft
Österreichs und Vorarlbergs nicht wird lösen können, weil er
sich nur auf einen kleinen und schmalen Sektor beschränkt. Und nun komme ich noch ganz kurz auf einiges zurück,
was in dem Expose steht, das uns offenbar im Zusammenhang
mit der Beratung über das Fremdenverkehrsförderungsgesetz
von der zuständigen Kammer der gewerblichen Wirtschaft für
Vorarlberg zugemittelt wurde. Wir haben uns mit dem Frem
denverkehr in unserer Partei schon seit geraumer Zeit
beschäftigt und haben unsere grundlegenden Intentionen auf
diesem Gebiete auch im „Programm für Vorarlberg" formuliert.
Es ist erfreulich festzustellen, daß wir auf weiten Strecken mit
dem übereinstimmen, was auch in diesem Elaborat enthalten
ist. Insbesondere also sind wir der Meinung, daß es nötig wäre,
die neuesten Erkenntnisse auf dem Gebiete der Raumordnung,
Landesplanung, Gemeindeplanung endlich auch in den Dienst
des Fremdenverkehrs zu stellen: die Erschließung der
bergbäuerlichen Gemeinden durch eine sinnvolle
Straßenplanung und all diese Dinge, wie Ruhedörfer,
Erholungslandschaften, Forcierung des Naturschutzes,
Eindämmung des wilden Siedeins durch Appartementhäuser,
auf die auch hingewiesen worden ist. Geschätzte Damen und Herren! Wir können diese Dinge
nicht ungezügelt einfach ins Kraut schießen lassen. Es muß
auch heute zugebilligt werden, daß man die Regionalplanung,
die man jetzt endlich in die Wege leitet, schon mindestens zehn,
wenn nicht 15 Jahre früher hätte forcieren müssen, um im
Rheintal doch ordnend und sinnvoll eingreifen zu können. Wir
stimmen also hier in weiten Bereichen überein, aber wir
Sozialisten sind der Meinung, daß manches, was da drinnen
steht, überschrieben werden kann mit Interventionismus,
Protektionismus und Reglementierung. Wenn das von eifrigen
Verfechtern der freien Marktwirtschaft, von überzeugten
Neoliberalen geschieht, so hat das irgendwie . . . (Zwischenruf
Dr. Ratz: Wer sind die Neoliberalen, wen meinen Sie damit?)
Ja, Herr Statthalter, das darf ich wohl unterstellen nach dem
Wahlkampf, den wir hinter uns gebracht haben, wo man immer
von der freien Marktwirtschaft gesprochen und uns böse
Sozialisten als die totalitären Verstaatlicher und Verplaner usw.
hingestellt hat. Da muß ich mich schon fragen: Glauben die
Verantwortlichen, mit diesem Protektionismus, mit dem
Dirigismus, mit der Reglementierung, mit der Verschärfung der
Konzessionspolitik die Probleme des Fremdenverkehrs lösen zu
können?
Geschätzte Damen und Herren! Es würde hier zu weit
führen, sich mit allen Fragen einläßlich auseinanderzusetzen,
aber wenn beispielsweise bei Sonderkreditaktionen verlangt
wird, der Zinssatz dürfe nicht höher als 4 Prozent sein, so heißt
das doch nichts anderes, als daß der vom Herrn Finanzminister
und von der österreichischen Nationalbank manipulierte
allgemeine Zins für die Fremdenverkehrswirtschaft zu hoch und
unerträglich ist und sie im Konkurrenzkampf mit der aus-
ländischen Fremdenverkehrswirtschaft hoffnungslos ins
Hintertreffen gelangen läßt. Das heißt also: Interventionismus
des Staates auch auf dem Gebiete der Fremdenverkehrswirt-
schaft, nicht nur in der Landwirtschaft, wo man ja mit anderen
Voraussetzungen zu arbeiten hat. Man verlangt auch mehr
Befähigungsnachweise. Auf weiten Bereichen sicherlich in
Ordnung, aber man glaube ja nicht, daß man durch
Befähigungsnachweise allein die Dinge ordnen
74 5. Sitzung des XX. Vorarlberger Landtages im Jahre 1966
könne; denn das heißt doch nichts anderes als im Grunde
genommen einem wichtigen Prinzip der freien Marktwirtschaft
zu widersprechen, indem man reglementiert und
Behördenschutz für sich in Anspruch nimmt, um die freie
Konkurrenz sich vom Leibe zu halten.
Man verlangt auch eine Verschärfung der
Konzessionspolitik. Ja, geschätzte Damen und Herren, das ist
doch nichts anderes als die Beschränkung der auf dem Markt
wirksamen Kräfte auf dem Gebiete des Fremdenverkehrs auf
den status guo, Abhalten aller neu auftretenden Konkurrenten
im freien Unternehmertum durch die Behörde. (Zwischenruf
Dr. Konzett: Niemand verlangt das!) Durch die Behörde, Herr
Kammeramtsdirektor. (Zwischenruf Dr. Konzett: übertreiben
Sie bitte nicht so!) (Glocke des Präsidenten — Präsident: Bitte
keine Zwiegespräche!) Herr Präsident, ich habe gar nichts
dagegen, wenn wir uns übers Mikrophon unterhalten, aber
eines möchte ich sagen, Herr Kammeramtsdirektor, wenn da
drinnen verlangt wird, daß man bei der baupolizeilichen
Verhandlung die baupolizeiliche Bewilligung ablehnen soll,
wenn sich etwa herausstellen sollte, daß der Betreffende später
einmal um eine Erweiterung der Konzession für seinen Gast-
oder Fremdenverkehrsbetrieb ansucht, so geht man damit weit
über die Vorarlberger Landesbauordnung hinaus. Man verlangt
Dinge, die im Gesetz nicht begründet sind und nie eingebaut
werden, wenn wir Sozialisten noch ein bißchen mitreden
können; denn wohin kämen wir, geschätzte Damen und Herren,
wenn man eine baupolizeiliche Bewilligung, die der Herr X
anstrebt, deswegen ablehnen wollte, weil vielleicht der Bedarf
für den Fremdenverkehrsbetrieb später einmal von der
Handelskammer abgelehnt wird und daher die zuständige Be-
zirkshauptmannschaft — so wird vielleicht unterstellt —, sich
daran haltend, eine Erweiterung dieses Konzessionsansuchens
ablehnen sollte. Das geht also zu weit, geschätzte Damen und
Herren!
In Vorarlberg hält man sehr viel darauf, daß die
Privatzimmervermieter nicht diskriminiert bzw. nicht
reglementiert werden. Ich hatte die Ehre, einem Vortrag
beiwohnen zu dürfen, in dem im Zusammenhang mit den
Besonderheiten des Vorarlberger Verfassungsund
Verwaltungsrechtes ausdrücklich darauf hingewiesen worden
ist, daß wir im Gegensatz zu anderen Bundesländern kein
Privatzimmervermietungsgesetz haben. Das freut mich sehr,
aber wenn man die Vorschläge durchliest, die in diesem
Expose stehen über Möglichkeiten und Voraussetzungen (die
Betonung liegt auf Voraussetzungen) einer weiteren Förderung
des Vorarlberger Fremdenverkehrs, und wenn man dann liest:
Beschränkung der Bettenzahl bei dem Privatzimmervermieter,
Verbote, Einschränkungen, Bewilligungsverfahren, dann muß
man sich fragen, mit welcher Begründung kommt man hierher
und erklärt: der Fremdenverkehr ist der beste Schutzwall gegen
die Entsiedlung und gegen die Landflucht? Ja, geschätzte
Damen und Herren, ich glaube gerade,
daß der Bergbauernhof nur im Rahmen seiner
Privatzimmervermietung die Position auf Höhe 1700 halten
kann und nicht, weil da hinauf der geschätzte Kollege Lingg
ein Hotel bauen will. Es ist, glaube ich, einfach
unverantwortlich, auf der einen Seite eine Landespolitik be-
treiben zu wollen, die sich gegen die Landflucht, gegen die
Entsiedlung richtet und auf der anderen Seite (Zwischenruf Dr.
Ratz: Das tun wir ja! Zwischenruf Dr. Konzett: Das ist so
allgemein und fern aller Kenntnisse! — Verschiedene
Zwischenrufe — Glocke des Präsidenten.) Herr Statthalter, ich
bin der Auffassung, daß dieses Expose von der zuständigen
Interessenvertretung den Abgeordneten zugemittelt wurde unter
bestimmten Auspizien und in der Erwartung einer bestimmten
Reaktion, und ich bin der Auffassung . . . (Zwischenruf Dr.
Konzett: Dann tun wir es in Zukunft nicht mehr. Wir können ja
darauf verzichten.) Nein, ich bedanke mich sehr dafür, Herr
Kammeramtsdirektor; denn die Diskussion über diese Dinge
muß doch irgendwie in Gang kommen, und man wird die
Fragen ja auch nicht nur in dem Sinne beantworten können, wie
sie die Handelskammer sieht, aber ich möchte damit sagen, wir
kommen hier zu einer Frage, geschätzte Damen und Herren, die
heute überhaupt noch nicht im Hohen Landtag behandelt
worden ist, nämlich die negativen Seiten des Fremdenverkehrs.
Es gibt ja leider auch solche. Ich möchte nun nicht darüber
reden, daß der Fremdenverkehr eine Flut von Autos bringt, die
unsere Straßen überlasten und hoffnungslos verstopfen, ein
Geräusch zurücklassen, das die zulässige Phonzahl schon längst
überschreitet und den Rauch, den Gestank, die Abgase mit dem
Kohlenmonoxyd, das uns in absehbarer Zeit alle irgendwie
kreislaufgefährdet und dergleichen mehr. Darüber möchte ich
gar nicht reden. Ich möchte auch nicht über die kulturellen
Gefahren sprechen, über die die zuständigen bischöflichen
Herren Paulus Rusch in Tirol und Bruno Wechner in
Vorarlberg gesprochen haben; auch nicht über die Gefahren des
Fremdenverkehrs für die Erhaltung des bäuerlichen Dorfes. Ich
fühle mich da zuwenig berufen (allgemeine Heiterkeit),
geschätzte Damen und Herren, ich bleibe nämlich in meiner
eigenen Gemeinde und versuche, mich redlich zu ernähren. Ich möchte darüber reden, daß man wohl von einem Schutz
der Fremdenverkehrswirtschaft zu sprechen sich hier getraut,
ohne gleichzeitig zu sagen, daß auch die Konsumenten einen
Schutz benötigen; denn, geschätzte Damen und Herren, wir
stellen immer wieder mit peinlicher Regelmäßigkeit und
Genauigkeit fest, ausgerechnet wenn die Saisonen beginnen,
dann steigen die Preise für Fleisch, für die Wurstwaren und je
nach Saison für Obst, Gemüse u. dgl. (Zwischenruf Graf: Wie
es ihnen paßt!) Wir haben einen traurigen Rekord in der
Hinsicht. Es steht in den Wiener Zeitungen, daß bei uns das
Schnitzel 110 S kostet. Man spricht nicht von einem Konsu-
mentenschutz, der notwendigerweise im Zu-
5. Sitzung des XX. Vorarlberger Landtages im Jahre 1966 75
sammenhang mit den Fremdenverkehrssaisonen Platz greifen
muß. Es ist ja ganz klar, geschätzte Damen und Herren: wenn
in den Reisesaisonen Millionen Ausländer nach Österreich
kommen und nach Kalbfleisch und Rindfleisch fragen, dann
verknappt sich natürlich das Angebot und die Preise steigen.
Da sind wir wieder ganz freie Marktwirtschaftler, aber man
entschließt sich nicht oder nur unter hinhaltendem Widerstand
und sehr zögernd, wie sich erst gestern im Ministerrat
herausgestellt hat, die Schranken zu öffnen nicht nur für den
Personenverkehr, sondern auch für den Viehverkehr, die
Einfuhr von Rindern, Schweinen usw., um das Angebot auf
dem Fleischmarkt zu erhöhen, oder für eine Beseitigung der
Zölle und großzügige Behandlung von Einfuhrgenehmigungen.
Die Regierung hat sich jetzt unter dem Druck der vielen
Proteste in den Betrieben und von Streikdrohungen veranlaßt
gesehen, einiges zu unternehmen, geschätzte Damen und
Herren, aber hier im Landtag wurde vom Konsumentenschutz
nicht gesprochen, sondern .. . (Zwischenruf Dr. Ratz: Das
gehört ja gar nicht daher!) ja, Herr Statthalter, (Glocke des
Präsidenten — Präsident: Ich bitte die Mitglieder des Hohen
Hauses, sich an die Debattenordnung zu halten und keine
Zwischenrufe und Zwischenunterhaltungen zu tätigen.) Das ist
eben die Frage, meine Damen und Herren, ob der Herr Statt-
halter recht hat, daß diese Dinge, die Angelegenheiten, die uns
da täglich so berühren, mit dem Fremdenverkehr, dessen
Förderung und dessen Schutz etwas zu tun haben oder nicht.
Ich will mich auch nicht länger verbreitern über die
Verknappung des Wohnungsangebotes durch den
Fremdenverkehr. Wir haben da unsere Erfahrungen, aber wenn
man der Auffassung ist, daß das nicht zu diesen Fragen gehört,
so möchte ich den Herrn Präsidenten nicht in weitere
Schwierigkeiten bringen. Er könnte ja von der Regierungsbank
aus Unannehmlichkeiten haben (Heiterkeit — Zwischenruf Dr.
Ratz). Nein, nein, er wird sich schon zu wehren wissen, Herr
Statthalter; denn es gilt für ihn das gleiche wie für uns, daß der
Kampf die Kräfte rege hält. Wir sind der Auffassung,
geschätzte Damen und Herren, daß dieses Gesetz, das wir heute
beschließen wollen, dem wir unsere grundsätzliche Zustim-
mung geben, weit davon entfernt ist, die grundsätzlichen
Fragen, die grundlegenden Probleme der
Fremdenverkehrswirtschaft in Österreich und in Vorarlberg, zu
lösen, und wir verbinden damit die Hoffnung, daß wenigstens
auf diesem Teilbereich eine sinnvolle Ordnung eintritt, daß die
Gemeinden, die Fremdenverkehrsverbände, insbesondere der
Landesverband für Fremdenverkehr für Vorarlberg, dessen
Wirken wir ausdrücklich anerkennen wollen, aber auch die
örtlichen Verkehrsvereine, in denen so viel private Initiative,
Mut und Unternehmungssinn steckt, auch weiterhin zugunsten
der Vorarlberger Wirtschaft, zugunsten der Vorarlberger
Bevölkerung wirken. Wir hoffen, mit diesem Gesetz einen
kleinen Beitrag dazu zu geben.
Präsident: Nun ist zur Debatte gemeldet der Herr Abg. Eß.
Eß: Nach diesen sehr weitgehenden Ausführungen des
Herrn Vorredners und der Vorlesung des Herrn Vorvorredners
gestatten Sie mir, daß ich ganz kurz zu einigen Eigenheiten
dieses Gesetzes Stellung nehme. Das Gesetz heißt in seinem
Titel „Gesetz über die Förderung und den Schutz des
Fremdenverkehrs", und der Herr Abg. Dr. Konzett hat es als ein
Förderungs- und Schutzgesetz bezeichnet. Er hat sich damit
allerdings etwas in Widerspruch zur Stellungnahme der
Kammer gesetzt. Es hat also offensichtlich der Herr
Abgeordnete eine etwas andere Meinung als der Kammeramts-
direktor; denn in der Stellungnahme der Kammer heißt es ganz
eindeutig, daß das Gesetz vorwiegend ein Abgabengesetz ist.
Wir Freiheitlichen sind auch der Auffassung, daß es sich in
diesem Falle vorwiegend um ein Abgabengesetz handelt; denn
wenn man bedenkt, daß dem Kapitel „Förderung des
Fremdenverkehrs" 20 Druckzeilen (einspaltig) gewidmet sind
und dem Kapitel „Schutz des Fremdenverkehrs" vier
Druckzeilen — die anderen habe ich natürlich nicht gezählt,
denn es handelt sich dabei um Seiten — dann glaube ich, daß
(Zwischenruf Dr. Ratz: Die Strafbestimmungen gehören auch
dazu!) bitte, man kann sie auch noch dazurechnen, der
ehrlichere Titel ein Abgabengesetz wäre, daß aber der
attraktivere Titel zweifellos das Fremdenverkehrsförde-
rungsgesetz ist. Auch wir stimmen diesem Titel zu, sind aber
der Meinung, daß der Kern des Gesetzes und das Wesen des
Gesetzes in der Festlegung der neuen Abgaben liegt.
Der Herr Landesstatthalter hat bei der
Fremdenverkehrstagung in Mellau vom Frem-
denverkehrsförderungsgesetz, als er es kurz erläuterte, als einer
runden Gesetzesvorschrift gesprochen. Bitte, man kann rund in
etwa damit definieren, daß Ecken und Enden nicht vorhanden
sind. Es wäre nun zu weit gegangen, wenn man sagen würde,
daß bei diesem Gesetz es an allen Ecken und Enden fehlt, aber
wir sind doch der Auffassung, daß für die Förderung und den
Schutz des Fremdenverkehrs in Zukunft sicher noch einiges
mehr erforderlich sein wird, als das in vier lapidaren Zeilen
ausgedrückt werden kann. Ich möchte auf einen Umstand, der hier schon angezogen
wurde, hinweisen, und zwar ist das gerade im Hinblick auf die
Förderung und den Schutz des Fremdenverkehrs die Preis-
entwicklung der jüngsten Zeit. Das hat nun einmal tatsächlich
damit etwas zu tun; denn es hilft das schönste Gesetz nichts,
wenn die Preise davonlaufen und wenn sich der Fremde
schließlich einer Preisbildung gegenübersieht, die Österreich als
derzeit noch billiges, allmählich zum teuren Reiseland werden
läßt. Ich glaube, es ist unbedingt notwendig, auf diesen
Umstand hinzuweisen, weil gerade die jüngste Entwicklung
hier zu ernsten Bedenken Anlaß gibt. Es ist das absolut keine
Verdächtigung der Fremdenverkehrswirtschaft, denn die
Impulse, die zu dieser Entwicklung geführt
76 5. Sitzung des XX. Vorarlberger Landtages im Jahre 1966
haben, sind ja von der höchsten Stelle — vom Staate —
ausgegangen.
Es gibt aber noch einiges andere, das dem Fremdenverkehr
in unserem Lande große Sorge macht. Ich möchte dabei etwa
auf die Frage des Personalmangels hinweisen. Hier wäre
unserer Auffassung nach eine etwas großzügigere Auslegung
der Arbeitszeitbestimmungen durchaus zweckmäßig und im
Sinne des Fremdenverkehrs gelegen. Wir meinen dies etwa so,
daß dort, wo Arbeitswilligkeit und Bereitschaft zur Leistung
von Überstunden vorhanden ist, auch die Möglichkeit hiefür
gegeben werden sollte. Wir könnten uns im Laufe der Zeit
weitere gesetzliche Maßnahmen auch im Zusammenhang mit
der Privatzimmervermietung vorstellen. Ich meine hier absolut
nicht eine Einschränkung der Privatzimmervermietung,
sondern lediglich eine gewisse Norm, damit auch die Privat-
zimmer alle jene Voraussetzungen erfüllen müssen, die nun
einmal dazu notwendig sind, daß sich der Gast bei uns wohl
fühlt. Es wurde zwar, ich glaube in einer Rundfunkmeldung,
schon gesagt, daß das Gesetz auch eine gewisse Regelung der
Schipisten und Schiabfahrten enthalte. Sicher war die Meldung
verfrüht, aber ich kann mir denken, daß auch das in einer
absehbaren Zeit im Interesse des Fremdenverkehrs notwendig
sein wird. Ich darf erinnern an ein vielleicht in Zukunft
allenfalls erforderliches Campinggesetz usw. Ich habe hier nur
einige Dinge angeschnitten, die unserer Auffassung nach in
fernerer Zukunft notwendig sein werden, wenn der Frem-
denverkehr wirkungsvoll gefördert und geschützt werden soll. Auf eine andere Eigenheit dieses Gesetzes möchte ich
noch hinweisen, die uns Freiheitlichen nicht besonders
sympathisch ist, die nun aber nach Lage der Dinge zur
Kenntnis genommen werden muß. Ich glaube, es dürfte noch
nicht oft vorgekommen sein, daß ein Gesetz drei Termine für
das Inkrafttreten festlegt. Einmal tritt es rückwirkend mit 1.
Jänner 1965 in Kraft, ein Termin ist vorgesehen mit 1. No-
vember, und die übrigen Gesetzesbestimmungen treten mit
Verlautbarung in Kraft, also auch ein Zustand, den wir nicht als
besonders ideal empfinden.
Trotz dieser Eigenheiten, wie ich sie genannt habe,
stimmen wir Freiheitlichen der Gesetzesvorlage zu, und zwar
aus dem Bewußtsein, daß a) einmal die Regelung der Ab-
gabenbestimmungen unbedingt notwendig ist, wie dies ja
bereits wiederholt dargelegt wurde, und b) auch bezüglich des
Schutzes und der Förderung für diesen wichtigen Wirtschafts-
zweig unseres Landes nun die ersten Schritte in
gesetzgeberischer Hinsicht getan wurden.
Präsident: Es liegen vorerst keine weiteren
Wortmeldungen mehr vor. Ich erteile daher in der besonderen
Besprechung dem Herrn Berichterstatter das Schlußwort.
Dr. Purtscher: Es ist im Laufe der Generaldebatte
zunächst vom Herrn Vizepräsidenten
ein formaler Einwand erhoben worden hinsichtlich der
langen Bearbeitungs- oder Ausarbeitungszeit dieses Gesetzes.
Ich glaube, dazu ist festzustellen, daß sie sicherlich eine lange
Zeitspanne umfaßt; denn es waren immerhin 14 Monate Zeit.
(Im Motivenbericht ist ja angeführt, daß das Erkenntnis vom
18. März erst am 13. April eingegangen ist.) Es ist aber hier im
Hohen Hause hinlänglich bekannt, daß sich vor allem bedingt
durch den enormen Juristenmangel, insbesondere solcher
Juristen, die für legistische Arbeiten in Frage kommen, ein
gewisser Rückstand an Gesetzesarbeit angehäuft hat und daß
wir uns gerade vor einem halben Jahr mit einem, ich darf das
hier wohl sagen, noch wichtigeren Gesetz zu befassen hatten,
nämlich mit dem Gemeindegesetz, das sehr umfangreich war
und dessen nicht zeitgemäßes Inkrafttreten ein Chaos auf
Gemeindeebene gebracht hätte. Ich bekenne mich daher dazu,
daß es in diesem Fall klüger war, in diesem Gesetz eine rück-
wirkende Klausel einzubauen und dieses enorm wichtige
Gemeindegesetz fertigzustellen.
Dann wurde vor allem sehr eingehend auf die
Stellungnahme der Sektion Fremdenverkehr mit dem Titel
„Möglichkeiten und Voraussetzungen einer weiteren
Entwicklung des Vorarlberger Fremdenverkehrs" eingegangen.
Ich darf hiezu nur kurz zu den Worten Interventionismus,
Protektionismus, Dirigismus, Reglementierung Stellung
nehmen; denn wenn man diese ausgezeichnete Studie der
Fremdenverkehrssektion nun nicht gelesen, sondern nur Ihre
Worte, Herr Vizepräsident, gehört hat, so meint man, wir wären
hier in einem Zeitalter der Planifikation. Ich glaube, daß gerade
das nicht herauszulesen ist, denn ich halte diese Studie für
einen außerordentlich wertvollen Beitrag hinsichtlich einer
künftigen gedeihlichen Entwicklung des Fremdenverkehrs im
Hinblick auf die aufgezeigten Schwächen der Steigerungsstufen
im Vorarlberger Fremdenverkehr der vergangenen drei Jahre.
Es ist dort primär darauf hingezeigt, wo die
Entwicklungsmöglichkeiten sind: einmal, daß man die
regionalen, aber auch die zeitlichen Ballungserscheinungen zu
lockern versucht, indem man bemüht ist, in jenen Orten, in
denen sie nicht besteht, eine zweite Saison aufzubauen, und
indem man auch versucht, die regionalen Ballungen des
Fremdenverkehrs etwas zu dezentralisieren. Im Zusammenhang
mit den regionalen Ballungen ist auch auf eine gewisse
Neuorientierung der Konzessionspolitik hingewiesen, und zwar
in Orten mit einem rückläufigen Bettenausnützungsgrad. Es
wird als typisches Beispiel Lech angeführt, wo durch die
enorme Vergrößerung der Bettenkapazität binnen vier Wintern
sich die Vollbelegungstage um über 30 Prozent reduziert
haben. Daher schreibt hier die Sektion Fremdenverkehr, man
werde in diesen Orten den Bedarf nach weiteren
Beherbergungsbetrieben deshalb wohl nur in Ausnahmefällen
bejahen
5. Sitzung des XX. Vorarlberger Landtages im Jahre 1966 77
können. Im übrigen ist diese Stellungnahme etwa keinesfalls
tendierend in der Richtung einer Einschränkung des
Wettbewerbs, im Gegenteil, es wird hier sehr stark dafür
plädiert, daß weitere Fremdenverkehrsbetriebe errichtet
werden können.
Es wurde in diesem Zusammenhang die Forderung nach
einer Zinsbegünstigung erhoben im Hinblick auf den enorm
hohen Anlagekapitalwert, der im Fremdenverkehr, vor allem in
der Hotellerie, erforderlich ist; etwa 90 bis 95 Prozent erfordert
das Anlagekapital, das Umlaufkapital dagegen ist sehr
verschwindend. Es wurde hier auch gerügt, daß der Zinsfuß in
Österreich sowieso eine Sache der Nationalbank wäre. Wir
sind mit unserem hohen Zinsfuß nicht allein. Auch reichere
Nachbarländer haben ähnliche Zinssätze und sind auch bereit,
durch eine Begünstigung bei diesen besonders
kapitalintensiven Anlageinvestitionen einem so wichtigen
Wirtschaftsfaktor zu helfen.
Was die Privatzimmervermietung anlangt, darf ich aber
doch auch aus dieser Stellungnahme einen Satz zitieren, weil
das Gegenteil hier dargelegt werden wollte: „Um Irrmeinungen
entgegenzutreten, sei ausdrücklich festgehalten, daß die
Fremdenverkehrswirtschaft die in der Gewerbeordnung
verankerten Rechte der Privatzimmervermieter
selbstverständlich voll anerkennt und allen gegenteiligen Be-
hauptungen oder Vermutungen zum Trotz der
Privatzimmervermietung grundsätzlich positiv gegenübersteht,
weil sie wesentlich zur Entwicklung des Fremdenverkehrs in
Vorarlberg beigetragen hat." Daß nicht alle Erscheinungen der
Privatzimmervermietung positiv sind — zweifellos. Das hat
eben die Kammer veranlaßt, auch hier gewisse Vorschläge zu
unterbreiten, aber man kann diese meines Erachtens
ausgezeichnete Studie für den Fremdenverkehr Vorarlbergs
nicht damit abtun, daß es nun sozusagen der Wunschtraum
nach Protektionismus, Reglementierung und Einschränkung
des Wettbewerbs wäre. Ich kann das jedenfalls nicht
herauslesen. Negative Auswirkungen des Fremdenverkehrs,
generell, also nicht nur bei der Privatzimmervermietung, sind
sicherlich gegeben. Wir haben daher bereits im § 1 die
Einschränkung auf die Bezeichnung ,,im öffentlichen
Interesse" gelegt, um eben gewisse Auswüchse, wie sie von
der Allgemeinheit nicht zu begrüßen wären, zu verhindern.
Zum Beispiel wäre es nicht zu begrüßen, wenn Aufwendungen
für Freikörperkultur oder weiß ich für was gemacht würden mit
den Abgaben aus dem Fremdenverkehr.
Es ist dann vom Herrn Abg. Eß auf das Verhältnis der
Druckzeilen, die der Förderung und die dem Schutz des
Fremdenverkehrs und den Abgaben gewidmet sind,
hingewiesen worden. Man kann nicht die Zeilen miteinander
vergleichen, weil es ja auf die Wichtigkeit, auf die Tragweite
des jeweils Ausgesprochenen ankommt. Das übrige sind ja
mehr organisationsrechtliche Bestimmungen. Es geht
ja außerdem auch darum, daß es einfach nicht möglich ist,
den Förderungsappell ins Detail zu definieren. Das ist ein Ding
der Unmöglichkeit, ebenso die Schutzbestimmungen. Es gibt ja
verhältnismäßig wenig Tatbestände, die im § 16 geschützt
werden. Ich glaube, darauf kommt es ja an, daß die Steuern
eine wesentliche Voraussetzung der Förderung sind, so daß ja
auch die gesamten Bestimmungen, die sich mit den Abgaben
befassen (sie sind ja zweckgebunden), einen Bestandteil des
Förderungsappelles darstellen und daher auch in etwa die
Förderungswürdigkeit des Fremdenverkehrs hervorheben.
Präsident: Damit ist die allgemeine Besprechung
abgeschlossen. Wir treten nun in die besondere Besprechung
ein. Ich bitte den Herrn Berichterstatter.
Dr. Purtscher: Das Gesetz gliedert sich in vier Abschnitte
und umfaßt 19 Paragraphen. Der Abschnitt I enthält die
Bestimmungen über die Förderung und den Schutz des
Fremdenverkehrs durch die Gebietskörperschaften.
Der § 1 — Förderung des Fremdenverkehrs — verpflichtet
sowohl das Land als auch die Gemeinden als Träger von
Privatrechten, den im öffentlichen Interesse gelegenen Frem-
denverkehr zu fördern. Ich habe bereits erwähnt, daß die
Einschränkung der Förderungswürdigkeit auf den im
öffentlichen Interesse gelegenen Fremdenverkehr sich aus der
Tatsache ergibt, daß eben alle Vorgänge im Zusammenhang
mit dem Fremdenverkehr von der Allgemeinheit begrüßt
werden können. Die Zuweisung der zur Förderung des
Fremdenverkehrs entfalteten Tätigkeit in die Privat-
wirtschaftsverwaltung läßt keine subjektiv öffentlich-
rechtlichen Ansprüche erwachsen und unterwirft die
Förderungstätigkeit nicht den für das Verfahren vor
Verwaltungsbehörden geltenden Vorschriften. Im Verlaufe der
Ausschußberatungen wurde vom Herrn Vizepräsidenten zur
Erwägung gestellt, ob nicht eine Abgrenzung der Verpflichtung
notwendig wäre, z. B. durch die Formulierung ,,im Rahmen
ihrer finanziellen Möglichkeiten". Da jedoch keine konkreten
Angaben über die Höhe und Art der Förderung vorgeschrieben
sind, wurde auch auf eine allgemeine Begrenzungsklausel
verzichtet. Die Zweckgebundenheit der Gästetaxe und der
Fremdenverkehrsbeiträge legen ja andererseits das Minimum
der Förderungstätigkeit mit der Höhe dieser Einnahmen aus den
Abgaben fest. Wie schon in der Generaldebatte zum Ausdruck
kam, wurde dem Anliegen des Landesverbandes für
Fremdenverkehr eine längere Debatte gewidmet, durch
Einfügung eines zweiten Absatzes eine Kannbestimmung über
die Betrauung der Verkehrs- oder anderen Vereine mit den För-
derungsaufgaben aufzunehmen. Aus den bereits erwähnten
Gründen wurde durch Mehrheitsbeschluß davon Abstand
genommen.
78 5. Sitzung des XX. Vorarlberger Landtages im Jahre 1966
Im Abs. 2 ist dann die für die Auslegung des Gesetzes
wichtige Definition des Begriffes „Fremdenverkehr". Die in der
Regierungsvorlage gewählte Formulierung des Fremdenver-
kehrs als Gesamtheit der Vorgänge und Wirkungen, die sich
aus dem vorübergehenden Aufenthalt von Personen in einer
Gemeinde des Landes außerhalb ihres Wohnsitzes ergeben,
umfaßt den gesamten Erholungs-, Bildungs- und
Vergnügungstourismus, alle Formen des Ausflugs- und des
Reiseverkehrs, somit auch den Berufsreiseverkehr. Diese zu
umfassende Auslegung führte zu verschiedenen Einwendungen,
denen die Landesregierung mit dem Abänderungsvorschlag laut
Rundschreiben vom 26. Mai 1966 Rechnung trug. Der
ausschließlich nur Erwerbszwecken dienende Berufsverkehr,
der Schulbesuch sowie der unfreiwillige Aufenthalt (z. B. bei
Häftlingen) ist damit außerhalb des Fremdenverkehrsbegriffes.
Diese Ausklammerung des Berufsverkehrs würde wieder
bedeuten, daß Personen, deren Aufenthalt ausschließlich der
unmittelbaren Berufsausübung gewidmet ist, keine Gästetaxe
zu entrichten hätten. Wenn dies auch sachlich gerechtfertigt
wäre, ist eine derartige Abgrenzung praktisch undurchführbar,
da die Beurteilung der unmittelbaren Berufsausübung dem
Unterkunftgeber nicht zugemutet werden kann. Aus diesem
Grund war daher auch eine neue Gästedefinition notwendig, die
im Abs. 3 festlegt: „Gäste sind alle Personen, die sich freiwillig
in einer Gemeinde des Landes außerhalb ihres Wohnsitzes auf-
halten." Der Gästebegriff wurde dadurch vom aktiven
Fremdenverkehrsteilnehmer gelöst und ein eigener weitest
gefaßter Begriff gebildet. Die Umschreibung des Wohnsitzes
im Abs. 4 entspricht expressis verbis dem § 7 Gemeindegesetz.
Präsident: Ich eröffne die Debatte um § 1. Wünscht
jemand das Wort? Es ist nicht der Fall. Dann lasse ich zuerst
abstimmen über die neue Formulierung des Abs. 2, wie Sie
Ihnen im Protokoll des Rechtsausschusses vorliegt. Wer mit
dieser neuen Formulierung einverstanden ist, wolle bitte mit
der Hand ein Zeichen geben. Ist angenommen. Ich lasse ab-
stimmen über den neuen Abs. 3: Gästebegriff. Wer damit
einverstanden ist, wolle bitte mit der Hand ein Zeichen geben.
Danke, ist angenommen. Wer einverstanden ist, daß der bis-
herige Abs. 3 nun zum Abs. 4 wird, wolle nun ebenfalls mit der
Hand ein Zeichen geben. Danke, damit ist § 1 erledigt; wir
kommen zum § 2.
Dr. Purtscher: Die Schutzbestimmung der öffentlichen
Einrichtungen und Maßnahmen des Fremdenverkehrs ist
zunächst programmatischer Natur ohne materiell-rechtlichen
Inhalt, da nicht unmittelbare Rechtspflichten erwachsen. Es ist
eine Aufforderung an die Landesund Gemeindeorgane bej
Wahrnehmung ihrer übrigen Aufgaben das Interesse des
Fremden
verkehrs jederzeit zu beachten. Die Mißachtung der
Schutznorm ist mit der Strafandrohung des § 16 unter Sanktion
gestellt.
Präsident: Wünscht zum § 2 jemand das Wort? Es ist
nicht der Fall. Wir kommen zu § 3.
Dr. Purtscher: § 3 enthält die nach den §§ 5 und 8 des
Finanz-Verfassungsgesetzes erforderliche gesetzliche
Ermächtigung zur Abgabeneinhebung durch die Gemeinden.
Es bedarf keiner besonderen Genehmigung durch die
Landesregierung mehr, da künftig alle Gemeinden gesetzlich
berechtigt sind, Fremdenverkehrsbeiträge einzuheben.
Bezüglich der Zweckwidmung ist eine Lockerung eingetreten,
da die Einnahmen zur Deckung des Aufwandes für
fremdenverkehrsfördernde Maßnahmen und Einrichtungen
dienen können. Die Beitragserhebung fällt in den eigenen
Wirkungsbereich der Gemeinden.
Präsident: Wünscht zu § 3 jemand das Wort?
Der Herr Landesrat Ilg hat das Wort.
Ilg: Hoher Landtag! Wir sollten die Verabschiedung
dieses an sich sehr kurz gefaßten § 3 des
Fremdenverkehrsgesetzes nicht vorübergehen lassen, ohne
nicht ausdrücklich darauf hinzuweisen, daß es sich hier wieder
einmal um ein Beispiel mehr handelt, wo der Landtag und die
Landesregierung auf dem Gebiete der Verwaltungsreform
Taten setzt. Verwaltungsvereinfachung und Verwaltungs-
reform kann ja nicht in der Form entstehen, daß irgendwie
einmal eine Generalvorlage vorgelegt und beschlossen wird,
sondern in der Praxis wird sich das immer nur so abspielen
können, daß im Rahmen von Gesetzesund Verordnungs- oder
anderen Beschlüssen viele kleine einzelne Akte gesetzt werden,
die im Verfahren oder in der Beschäftigung der öffentlichen
Dienststellen irgendwie Erleichterungen und Vereinfachungen
bringen.
Hier war es bisher doch auch so, daß jedes Jahr
mindestens zwei Verordnungen im Landesgesetzblatt
erschienen sind, womit die eine oder andere Gemeinde über
ausdrücklichen Regierungsbeschluß ermächtigt worden ist,
Fremdenverkehrsbeiträge zu erheben. Nach erfolgtem
Gemeindevertretungsbeschluß mußte eine Eingabe an das Amt
der Landesregierung gemacht werden, wodurch immerhin eine
Reihe von Dienststellen damit beschäftigt worden sind und das
Landesgesetzblatt eine Bereicherung erfahren hat. Das geht
nun künftig viel einfacher vor sich, weil die Gemeinde allein
beschlußfähig ist und ein derartiger Schriftverkehr mit den
Landesbehörden deshalb gar nicht mehr notwendig ist. An sich
vielleicht eine kleine und einfache Sache, aber doch von
Bedeutung als Beweis dafür, daß es Möglichkeiten gibt,
Vereinfachungen auch heute in die Tat umzusetzen.
5. Sitzung des XX. Vorarlberger Landtages im Jahre 1966 79
Wenn ich schon am Worte bin, darf ich darauf hinweisen,
daß dasselbe sich auch beim § 19 vollzieht, wo durch dieses
neue Gesetz soundsoviele, ich glaube es sind mindestens zehn,
Rechtsvorschriften aufgehoben werden. Da wird vielleicht
übersehen, daß der Landtag bei der Beschlußfassung von
Gesetzen die Zahl der Gesetze nicht immer vermehrt, sondern
es gibt einmal Situationen, wo der Landtag sogar die Zahl der
Gesetze vermindert. Das geschieht in diesem Falle, wenn hier
gleich zehn Rechtsvorschriften aufgehoben werden. Man sieht
also auch hier, daß man, ohne daß es im Gesetz selber drinnen
steht, auf dem Gebiete der Verwaltungsreform und
Verwaltungsvereinfachung auch weiterhin tätig ist. Das wollte
ich eigens vermerken, weil das sonst vielfach zusehr übersehen
wird.
Wenn ich schon am Worte bin, darf ich vielleicht eine
Äußerung des Herrn Abg. Konzett in der Generaldebatte
richtigstellen. Sie bezieht sich zwar auf den § 5, wo ein neuer
Vorschlag im Rechtsausschuß beschlossen wurde, der
richtigerweise nicht von mir stammt, sondern von der
legistischen Abteilung. Es hat die Finanzabteilung wohl auch
eine Variante ausgearbeitet, die auf eine Vereinfachung
abzielte, die dann mitbestimmend war für das Finden einer
dritten Variante, die bei der legistischen Abteilung den
Ausgang genommen hat. Damit nicht im Stenographischen
Bericht etwas Falsches drinnen steht, habe ich das Bedürfnis
gehabt, das richtigzustellen.
Präsident: Weitere Wortmeldungen zum § 3? Es ist nicht
der Fall, dann lasse ich abstimmen über den Antrag des
Ausschusses, das Wort ,,zu erheben" durch das Wort „ein-
zuheben" zu ersetzen. Wer damit einverstanden ist, wolle ein
Zeichen mit der Hand geben. Ist angenommen, und wir
kommen somit zu § 4.
Dr. Purtscher: § 4 umschreibt den Kreis der
Abgabeschuldner. Die Abgabepflicht wurde eingeschränkt
dadurch, daß künftig unselbständig Erwerbstätige, die einen
Nutzen aus dem Fremdenverkehr erzielen, nicht mehr ab-
gabepflichtig sind. Unter dem Begriff „selbständiger
Erwerbstätiger" ist die Privatzimmervermietung inbegriffen, da
im Kundmachungspatent zur Gewerbeordnung die Beher-
bergung von Fremden ein Erwerbszweig der häuslichen
Nebenbeschäftigung darstellt. Das Wort „Fremdenverkehr"
wurde durch „Aufenthalt von Gästen" ersetzt. Im Abs. 2 sind
die Gebietskörperschaften von der Abgabepflicht
ausgenommen, da deren Aufwand ja vorwiegend aus Erträgen
von Abgaben gedeckt wird, so daß es unzweckmäßig wäre,
davon wiederum Abgaben einzuheben. Auch die Durchsetz-
barkeit (z. B. bei Autobuslinien der ÖBB) wäre fraglich. Die
sonstigen Körperschaften des öffentlichen Rechts hingegen
verbleiben nadi Meinung der Ausschüsse abgabepflichtig.
Präsident: Wünscht zum § 4 jemand das Wort?
Der Herr Abg. Lingg.
Lingg: Hoher Landtag! Bei den Beratungen in den
verschiedenen Ausschüssen zum kommenden
Fremdenverkehrsgesetz hörte man des öfteren von den
Schwierigkeiten, die da und dort zwischen den gewerblichen
Zimmervermietern und den Privatzimmervermietern bestehen.
Die Meinung vieler in den einzelnen Fremdenverkehrsorten ist
die, daß Privatzimmervermieter und die gewerblichen Zimmer-
vermieter grimmige Gegner seien. Dem ist aber gar nicht so.
Ganz im Gegenteil! Das Gastgewerbe braucht die
Privatzimmervermieter. Wenn wir den Stand der Fremden-
betten in Vorarlberg ansehen, haben wir den Beweis dafür. Im
Jahre 1965 war der Stand an Fremdenbetten in Vorarlberg
52.468; davon sind 24.850 Privatbetten, 21.308 gewerbliche
Betten und 6310 andere, also in Campings, Jugendlagern usw.
Schon aus diesen Zahlen können wir ersehen, daß es in
Vorarlberg ohne viele Privatzimmer schlecht gestellt wäre. Was
aber die gewerblichen Betriebe (da meine ich insbesondere das
Gastgewerbe) verlangen — und das mit Recht — und was die
Fachgruppe Beherbergung in der Kammer anstrebt, ist: gleiche
Pflichten auch für die Privatzimmervermieter. Alle
Privatzimmervermieter, die über den häuslichen Nebenerwerb
hinaus Zimmer vermieten, müssen um eine Konzession
ansuchen, sollen auch eine Konzession bekommen, wenn die
gewerbepolizeilichen Vorschriften in dem betreffenden Haus
erfüllt werden. Diese gibt eine gerechte Erfassung aller Privat-
zimmervermieter, die über die Vorstellung „Nebenerwerb"
hinaus Zimmer vermieten, und hilft mit, Ordnung auch dort zu
schaffen, wo bis heute das Auge des Gesetzes nicht hineinsehen
konnte. Wenn uns dies gelingt, werden auch die Herren der
kommenden Einschätzungsausschüsse leichter und gerechtere
Arbeit leisten können, in den Gemeinden und Verkehrsvereinen
wird eine bessere Zusammenarbeit möglich werden und nicht
zuletzt wird uns auch der Gast für diese Bemühungen dankbar
sein. Es ist auch schon davon geredet worden, daß auch eine
Regelung für die Campingplätze kommen soll. Je früher dies
sein wird, desto leichter wird es sein, auch dort eine gerechte
Lösung zu finden. Der Herr Berichterstatter und der Herr
Kollege Dr. Konzett haben bereits klargestellt, daß mit den
Personen, die durch eine selbständige Erwerbstätigkeit un-
mittelbar oder mittelbar aus dem Aufenthalt von Gästen einen
Nutzen ziehen, auch die Privatzimmervermieter erfaßt sind. Auf
diese Klarstellung möchte ich ganz besonders noch einmal
hinweisen. Aber zum Schluß möchte ich noch einmal sagen, es
besteht keine Feindschaft seitens des Gastgewerbes gegen die
Privatzimmervermieter, nur eine den heutigen Gegebenheiten
entsprechende Rechtslage muß geschaffen werden.
80 5. Sitzung des XX. Vorarlberger Landtages im Jahre 1966
Präsident: Weitere Wortmeldungen zum § 4 liegen nicht
vor. Der Herr Berichterstatter verzichtet. Ich komme daher zur
Abstimmung: Erstens ist im Abs. 1 das Wort „dem Fremden-
verkehr" zu ersetzen durch „den Aufenthalt von Gästen". Wer
damit einverstanden ist, wolle mit der Hand ein Zeichen geben.
Danke, ist angenommen. Zweitens muß ich beim Abs. 2 über
den Passus „und sonstigen Körperschaften des öffentlichen
Rechtes" gesondert abstimmen. Wer für die Aufnahme dieses
Passus in den Abs. 2 ist, wolle mit der Hand ein Zeichen geben.
Es ist nicht die Mehrheit, daher ist dieser Passus gestrichen.
Damit ist der § 4 erledigt, und wir kommen zum § 5.
Dr. Purtscher: § 5 normiert das Ausmaß der
Fremdenverkehrsbeiträge. Das Fehlen einer solchen
Bestimmung führte zur Aufhebung der Verordnung aus 1939
auf Grund des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes.
Das Suchen eines geeigneten Schlüssels für ein Limit der
Steuereinhebung verursachte am meisten Überlegungen und
Berechnungen bei der Gesetzesausarbeitung. In wiederholten
Besprechungen zwischen Fremdenverkehrsexperten und
Vertretern des Landesverbandes für Fremdenverkehr und den
Verkehrsvereinen wurde unter Berücksichtigung des bisherigen
Aufkommens ein Schlüssel ausgearbeitet, wie er in dem eine
ganze Halbseite umfassenden § 5 der Regierungsvorlage zum
Ausdruck kommt. Diesem sicherlich sehr gründlich
ausgearbeiteten Entwurf haften jedoch folgende Mängel an:
erstens ist er sehr kompliziert und umfangreich; zweitens
müßten die Gemeinden Daten verwenden, die sie nicht zur
Verfügung haben, sich also erst jeweils beschaffen müßten, und
drittens sind gewisse eingebaute Kriterien nicht von
entscheidender Bedeutung, wie z. B. die Belagstage. Sicherlich
hängt der Ertrag des einzelnen Gastbetriebes wohl maßgebend
von der Ausnützung der Bettenkapazität ab, doch kann in jeder
einzelnen Gemeinde im Rahmen der Einschätzungstätigkeit
viel besser auf die individuellen Gegebenheiten Rücksicht
genommen werden.
Mit dem Rundschreiben der Landesregierung vom 26. Mai
1966 wurde ein neuer und einfacherer Schlüssel vorgeschlagen,
der eine übersichtlichere und besser verständlichere Regelung
ermöglicht. Er basiert auf wenigen typischen Daten, die in der
Gemeinde erhältlich sind, was eine Verwaltungsvereinfachung
darstellt, da die Landesstelle für Statistik nicht mehr für die
Ermittlung des Höchstbetrages eingeschaltet werden muß.
Die beiden Ausschüsse haben sich zur abgeänderten
Fassung bekannt, allerdings modifiziert dadurch, daß der
Hundertsatz des Steuerertrages nach lit. c geändert wurde.
Wichtigster Faktor der Bemessungsgrundlage für das
Höchstaufkommen ist der Gast bzw. seine Nächtigung. Die
Nächtigungsziffern sind mit der jeweiligen Gästehöchsttaxe mit
einem Drit
tel zu vervielfachen. In der Ermittlung der
Aufkommensgrenze ist jede Nächtigung derzeit mit 1,66 S
berücksichtigt. Ungefähr drei Viertel des Gesamtaufkommens
im Land beruhen auf den Nächtigungsdaten. Für manche
Gemeinde ist aber der Ausflugsverkehr von großer Bedeutung.
Die Passanten benützen genauso die
Fremdenverkehrseinrichtungen. Dieser Ausflugsverkehr kommt
im Getränkesteueraufkommen der Gemeinde zum Ausdruck.
Durch Ermittlung der Kopfquoten soll der Anteil der eigenen
Wohnbevölkerung zum Getränkesteueraufkommen
ausgeschieden werden. Die Kopfquote wird mit 50 multipliziert
für die Schlüsselermittlung. Ferner sollen fünf Promill der
Finanzkraft der Gemeinde, und zwar der Ertrag der
gemeindeeigenen Steuern, ausgenommen der bereits
berücksichtigten Getränkesteuer sowie der Ertragsanteile, und
die besonderen Bedarfszuweisungen als drittes Kriterium für
das Höchstaufkommen verankert werden, um allzugroße aus
der wechselnden Nächtigungsfrequenz sich ergebende
Schwankungen auszugleichen.
Während die Formel der ersten Regierungsvorlage ein
Steuergesamtaufkommen von 10,840.000 S ergeben hätte,
führt die von den Ausschüssen auf der Basis der zweiten Re-
gierungsvorlage abgeänderte Fassung zu einem Ertrag an
Fremdenverkehrsbeiträgen von 9,005.000 S. Bezogen auf die
heuer laut den Voranschlägen der Gemeinden zur Einhebung
gelangenden 3,958.000 S ergibt sich somit die Möglichkeit
einer Erhöhung um 127 Prozent. Der erste Regierungsentwurf
hätte sogar ein Plus von 174 Prozent ergeben. Ich darf hier dem
Herrn Vizepräsidenten versichern, daß keinerlei
Gruppeninteressen vorlagen, als versucht wurde, durch die
Erhöhung der lit. c einen Schlüssel zu finden, der es auch der
Stadtgemeinde Bludenz z. B. ermöglicht, ein Aufkommen wie
bisher zu haben, aber doch auf der anderen Seite anderen Ge-
meinden noch recht großen Spielraum einräumt.
Bei den Steuerzahlern, die bisher schon beträchtliche
Fremdenverkehrsbeiträge bezahlten, mag dies Befürchtungen
hinsichtlich einer Steuerlawine auslösen, doch das
Gesamtergebnis täuscht. So kann in Bludenz in Zukunft nur
den heurigen Voranschlagsansatz erheben, Lech hat einen
Spielraum von 4 Prozent, Schruns 26 Prozent, Bregenz 29
Prozent, während Mittelberg auf Grund der enormen Näch-
tigungsziffern bis zu 123 Prozent erhöhen könnte. Die stärkste
Anhebung könnte Gaschurn vornehmen, nämlich auf das
15fache. Aus den Steigerungsbeträgen der Bezirke ersieht man,
daß vor allem die Gemeinden des Rheintals, die bisher weniger
für diesen Zweck aufgewendet haben, am meisten Erhöhungs-
möglichkeiten eingeräumt erhalten, und zwar der Bezirk
Feldkirch 203 Prozent, Bregenz 170 Prozent, der Bezirk
Bludenz hingegen nur 72 Prozent.
5. Sitzung des XX. Vorarlberger Landtages im Jahre 1966 81
Es wird Aufgabe der einzelnen Gemeindevertretungen
sein, in der Einhebung das richtige Maß zu finden. Es ist zu
betonen, daß das normierte Ausmaß ein Limit nach oben
darstellt und keinesfalls etwa eine Empfehlung. Bei jenen
Gemeinden, die bisher keine oder nur geringe
Fremdenverkehrsförderungsbeiträge eingehoben haben, würde
die Anhebung auf den Höchstbetrag zu großen Belastungen
des Steuerzahlers.führen. Ich möchte hier auch die Worte des
Landesfinanzreferenten Landesrat Ilg in den
Ausschußberatungen wiederholen, der auch die Hoffnung zum
Ausdruck brachte, daß das Gesetz eine maßvolle Anwendung
findet. So erwähnte Herr Landesrat Ilg, der frühere Stolz einer
Gemeinde, niedrige Steuersätze einzuheben, weiche immer
mehr und mehr einer Mentalität des Ausschöpfens der
Steuerbefugnisse bis zum letzten. Außerdem kommt bei diesen
Abgaben erschwerend hinzu, daß ja keine konkreten Zahlen,
wie Umsatz, Nächtigung usw., die Grundlage darstellen,
sondern es ist die Abgabe eine reine Ermessens- oder
Einschätzungsfrage.
Präsident: § 5 steht zur Diskussion. Herr Landesrat
Müller.
Müller: Hoher Landtag! Der § 5 gab Anlaß zu längeren
Debatten sowohl in den Klubs als. auch insbesondere in den
vorberatenden Ausschüssen. Das Ergebnis dieser Beratungen
war der uns nun vorliegende Schlüssel. Es wird nun anhand der
Anwendung dieses Schlüssels den Gemeinden des Landes ein
Betrag von etwa 9 Mill. S für Zwecke der Fremdenver-
kehrsförderung zur Verfügung stehen, wobei allen, glaube ich,
klar sein muß, daß diese etwa 9 Mill. S dem Gast in erster
Linie zugute kommen müssen und daß diese Beträge keines-
wegs etwa für Werbemaßnahmen verwendet werden dürfen.
Das ist in den Gesetzen sehr eindeutig klargelegt. Der
Landesverband für Fremdenverkehr hat in seinem Schreiben,
das er abgegeben hat, ausdrücklich darauf hingewiesen, daß
die Mittel, die durch dieses Gesetz hereinkommen, in erster
Linie dem Gast zugute kommen müssen und nicht für Werbe-
zwecke verwendet werden sollen. Das steht im Schreiben des
Landesverbandes für Fremdenverkehr, wenn Sie nachschauen.
Wenn wir hier gehört haben, daß aus den im Jahre 1962
verfügbaren Mitteln nur etwa 3 Mill. S zur Verfügung waren,
so glaube ich, dürfen wir doch feststellen, daß nun den Ge-
meinden in Zukunft gewisse Mittel zur Frem-
denverkehrsförderung wirklich zur Verfügung stehen können.
Nun hat aber insbesondere der Debattenredner
Kammeramtsdirektor Dr. Konzett darauf hinverwiesen, daß in
den letzten Jahren eine Verlangsamung der Nächtigungszahlen
eingetreten ist und daß man eigentlich sehr große Sorge hat,
daß in der Zukunft der Fremdenverkehr nicht mehr in dem
Ausmaße zunehmen wird, wie das die letzten Jahre war und
daß damit auch gewisse wirtschaftliche
Überlegungen angestellt werden müssen, Überlegungen auch,
wie man etwa den Fremdenverkehr weiter fördern soll. Es ist
von verschiedenen Vorrednern dargelegt worden, daß in diesem
Gesetz ja absolut nicht etwa alles drinnen ist, was der
Fremdenverkehrsförderung dienen könnte. Wenn wir nun
Vergleichszahlen hören, wie es in anderen Ländern ausschaut,
wenn wir hören müssen, daß beispielsweise die Schweiz im
Jahre 1965 58,9 Mill. S allein der Fremdenverkehrswerbung
zugute kommen ließ (dem gegenüber steht Österreich mit einer
insgesamten Zahl von nur etwa 19 Mill. S), wenn wir aus den
Statistiken feststellen können, daß beispielsweise Italien über
52 Mill. S und das verhältnismäßig arme Griechenland zur
Förderung des Fremdenverkehrs 47 Mill. S zur Verfügung
stellt, so glaube ich, liegt es auch, sehr verehrte Herren Abge-
ordnete, an uns, in Zukunft hier etwas zu tun, wenn es um die
neuen Voranschläge geht.
Der Herr Abg. Vizepräsident Dr. Peter hat auch darauf
hingewiesen, daß mit dem Fremdenverkehr allein die
Zahlungsbilanz nicht verbessert werden kann. Das ist richtig.
Wir geben zu, daß nicht allein die Einnahmen aus dem
Fremdenverkehr dazu ausreichen werden, die Zahlungsbilanz
auszugleichen, aber wir können sie sicher bedeutend steigern
dadurch, daß wir dem Fremdenverkehr eben mehr Mittel zur
Verfügung stellen, um insbesondere in der Werbung das
wiederum zu ersetzen, was uns ansonsten verlorengeht.
(Zwischenruf Graf: Der Preisvergleich!) Den Preisvergleich
könnten wir heute schon noch aushalten. Man hat, wenn der
Herr Präsident darauf jetzt hinweist, auch darauf hingewiesen,
daß da gewisse Schwierigkeiten sind, und man hat darauf hin-
gewiesen, daß ein gewisser Dirigismus von Seiten der Kammer
etwa da wäre. Man will also eine gewisse Voraussetzung
schaffen, daß die Leute einen Befähigungsnachweis erbringen.
Ich erinnere jene Herren, die kürzlich der Einladung der
französischen Fluggesellschaft auf die Schattenburg gefolgt
sind, daran, daß die Franzosen dargelegt haben, daß sie sehr
viele Leute in ihrem Heimatland haben, die Österreich lieben
und schätzen gelernt haben und sehr gerne hier zu der
Bevölkerung und in diese Berge kommen würden, daß sie aber
deshalb nicht gern kommen, weil sie hier nicht das notwendige
Essen, die Qualität des Essens bekommen. Wenn nun jeder hier
irgendeine Gaststätte aufmacht und dem Gast nicht das zu
bieten vermag, was der Gast heute verlangt, so glaube ich, ist es
manchmal notwendig, daß man hier auch gewisse
Voraussetzungen schafft. Sie sehen in anderen Ländern, daß
dort z. B. Befähigungsnachweise verlangt werden. Es kann
beispielsweise in Frankreich — das ist ja das typische Land der
kulinarischen Genüsse, und wir wissen, daß die Franzosen sehr
gerne gut essen und trinken, und sie sind auch ein Großteil
unserer Gäste in Österreich — keiner eine Konzession
bekommen,
82 5. Sitzung des XX. Vorarlberger Landtages im Jahre 1966
der nicht ein ausgezeichneter Koch ist, der nicht den Beweis
erbringt, daß er zumindest eine Küche ordentlich führen kann.
Bei uns werden keinerlei Voraussetzungen verlangt, und es
kann jeder irgendwie anfangen. Das ist dem Fremdenverkehr
nicht immer dienlich. Man muß also, glaube ich, auf diese
Sachen schon auch etwas Rücksicht nehmen.
Wenn man andere Preisvergleiche mit heranzieht, so
können sich unsere Fremdenverkehrsbetriebe, ob Sie in den
Bregenzerwald gehen oder im ganzen Land die durchschnittlich
guten Fremdenverkehrsbetriebe anschauen, durchaus
vergleichen mit denen in anderen Ländern. Ich gebe zu, daß wir
geneigt sind, vielfach das Beispiel der benachbarten Schweiz
zu nehmen, wo durch eine jahrzehntelange gepflegte
Fremdenverkehrswirtschaft Qualität und Quantität sicher
vorzüglich sind. Es zeigt sich auch, daß der Landesverband für
Fremdenverkehr in seinen Rundschreiben und in seinen
Tagungen immer wieder darauf hinweist und daß die Gastwirte
angewiesen werden, dem Gast qualitativ und quantitativ etwas
Ordentliches zur Verfügung zu stellen. Unser Gast ist nicht
derjenige, der Krach macht, wenn er qualitativ und quantitativ
etwas Richtiges auf dem Tisch hat und er dafür ein paar
Schillinge mehr zahlen muß. Das ist gar nicht so. Er ist gerne
bereit, etwas Ordentliches zu zahlen, wenn er dafür eine
ordentliche Leistung erhält. Dann glaube ich, meine verehrten
Damen und Herren Abgeordnete, kann sich unsere
Fremdenverkehrswirtschaft im Verhältnis relativ zu den
anderen, zu den Nachbarstaaten, schon in etwa messen.
Präsident: Weitere Wortmeldungen liegen nicht mehr vor.
Der Herr Berichterstatter.
Dr. Purtscher: Ich darf nur noch hinsichtlich der
Verwendung der Mittel für Werbung aus diesen beiden
Abgaben sagen, daß Fremdenverkehrsförderungsbeiträge für
Werbemaßnahmen verwendet werden können, nicht aber die
Gästetaxen, weil die ja dem Gast zugute kommen müssen.
Präsident: Ich lasse nun über den neu formulierten § 5
abstimmen. Wer mit dem Antrag des Rechts- und
Volkswirtschaftlichen Ausschusses einverstanden ist, wolle mit
der Hand ein Zeichen geben. Danke, ist angenommen. Wir
kommen nun zum § 6 -— Bemessung.
Dr. Purtscher: Die Bemessung nach dem wirtschaftlichen
Nutzen aus dem Aufenthalt von Gästen erfolgt sinngemäß nach
der bisherigen Regelung. Der Wortlaut wurde der Terminologie
des Verfassungsgerichtshofes angepaßt. Wie bisher ist der
Bürgermeister damit betraut, im Rahmen des von der Ge-
meindevertretung bestimmten Gesamtaufkommens den
Abgabeanspruch im Einzelfall jähr
lich festzusetzen. Die nach dem deutschen Abgaberecht
übliche Aufteilung in ein Einreihungs- und
Vorschreibungsverfahren mit doppeltem Rechtsmittelzug
verursachte unnötigen Verwaltungsaufwand. Die Einschätzung
des Abgabeanspruches ist eine Verfügung, gegen die zwar kein
Rechtsmittel zulässig ist, doch kann mit der Berufung gegen
den Bescheid auch das Ergebnis der Einschätzung angefochten
werden, wodurch die Rechte der Parteien nicht geschmälert
werden. Wie bisher ist ein Kollegium von Sachverständigen bei
der Ermittlung des Abgabeanspruches beratend tätig. Um
Verwechslungen mit einem Verwaltungsausschuß nach § 46
Gemeindegesetz zu vermeiden, wurde die bisherige Bezeich-
nung „Einschätzungsausschuß" auf „Einschätzungsbeirat"
abgeändert. Die Einsichtnahme in das Beitragsverzeichnis
widerspricht zwar dem Grundsatz der Geheimhaltung der Ab-
gabepflicht, erscheint jedoch gerechtfertigt, weil die
Einschätzung des einzelnen von der Einstufung der übrigen
Beitragspflichtigen unmittelbar abhängt. Auch das bisherige
Einschaurecht hatte ja keine nachteiligen Wirkungen.
Präsident: Wünscht jemand zu § 6 das
Wort? Es ist nicht der Fall. Ich lasse über die zweimalige
Ersetzung des Wortes „Fremdenverkehr" durch „Aufenthalt
von Gästen" abstimmen. Wer damit einverstanden ist, wolle ein
Zeichen mit der Hand geben. Danke, ist angenommen. Wir
kommen zum § 7.
Dr. Purtscher: Einschätzungsbeirat. Dieser Paragraph
sieht die notwendigen organisationsrechtlichen Bestimmungen
über die Zusammensetzung und die Tätigkeit des Ein-
schätzungsbeirates vor. In den Beirat können nur Bürger, die
selbst beitragspflichtig sind, von der Gemeindevertretung auf
die Dauer ihrer Funktionsperiode gewählt werden, wobei auf
die verschiedenen Berufsgruppen, die für eine Beitragsleistung
in Frage kommen, Rücksicht zu nehmen ist. Die Bedingung,
wonach der Einschätzungsbeirat nur aus beitragspflichtigen
Bürgern bestehen kann, bildet ein wirksames Korrektiv gegen
einseitige und wirtschaftsfremde Einstufungen. Die Beratung
des Bürgermeisters oder des von ihm beauftragten Mitgliedes
des Gemeindevorstandes soll in den Sitzungen des
Einschätzungsbeirates erfolgen. Infolge der geringen
Mitgliederzahl des Beirates ist das nötige Quorum mit zwei
Dritteln festgesetzt. Die Verhandlungsschrift über die
Beschlüsse des Einschätzungsbeirates ist im
Berufungsverfahren von Bedeutung. Mit der Unterzeichnung
des Protokolls soll eine vom Bürgermeister verschiedene
Person betraut werden, da sich seine Entscheidung eventuell
nicht mit dem Inhalte der Niederschrift deckt.
Präsident: Wünscht dazu jemand das Wort? Es ist nicht
der Fall.
5. Sitzung des XX. Vorarlberger Landtages im Jahre 1966 83
Dr. Purtscher § 8 — Fälligkeit. Die vierwöchige Frist für
die Fälligkeit deckt sich mit der Rechtsmittelfrist. Diese
Festlegung schließt nicht aus, daß Ratenzahlungen oder
Vorschreibungen in Teilbeträgen möglich sind. Im
Durchführungserlaß sollen daher die Gemeinden besonders
darauf aufmerksam gemacht werden.
Präsident: Wünscht dazu jemand das Wort? Es ist nicht
der Fall.
Dr. Purtscher: III. Abschnitt: Gästetaxe. Der § 9 enthält
die Ermächtigung zur Einhebung der Gästetaxe, die bisher
Kur- bzw. Saisontaxe genannt wurde. In der neuen Titulierung
kommt der Steuerträger besser zur Geltung. Die im § 9
vorgesehene Ermächtigung entspricht im wesentlichen § 3 für
die Fremdenverkehrsbeiträge, doch ist die Zweckwidmung auf
Einrichtungen und fremdenverkehrsfördernde Maßnahmen, die
den Gästen zugute kommen, eingeschränkt, also z. B. auf
Veranstaltungen, auf Gästeeinrichtungen, wie Bänke usw.,
nicht aber den Aufwand von Prospekten. Ein Aufwand für eine
spätere Saison darf daher nicht aus dem Aufkommen der
Gästetaxe gedeckt werden. Der neue Entwurf läßt offen, mit
dem Ertrag der Gästetaxe den Betriebsaufwand von
Einrichtungen und Veranstaltungen für die Gäste und
Maßnahmen für die Instandhaltung bestehender oder für In-
vestitionen (allerdings nur kurzlebiger) Einrichtungen
abzudecken. Bisher mußte der Aufwand zur Förderung des
Fremdenverkehrs nach der 1939er-Verordnung primär aus dem
Aufkommen an Taxen bestritten werden, die Nutznießer
konnten erst sekundär zu Beitragsleistungen herangezogen
werden. Die Taxordnung erfordert eine Verordnung der
Gemeindevertretung, die gemäß § 80 Gemeindegesetz der
Aufsichtsbehörde vorzulegen ist. Die Inhaber von
Beherbergungsbetrieben haben Anspruch auf Ausfertigung der
Taxordnung und sind auch verpflichtet, sie ihren Gästen auf
Verlangen zur Einsichtnahme zur Verfügung zu stellen. Eine
Aushangverpflichtung der Taxordnung erschien nicht
zweckmäßig, da die Entwicklung der letzten Jahre zeigt, daß
immer mehr Betriebe dazu übergehen, Inklusivpreise
festzulegen.
Präsident: Wünscht jemand zum § 9 das Wort? Es ist
nicht der Fall. Ich lasse also über den Abs. 1, über den Ersatz
des Wortes „zu erheben" durch das Wort „einzuheben" ab-
stimmen. Wer damit einverstanden ist, den bitte ich, ein
Zeichen mit der Hand zu geben. Danke, ist angenommen.
Dr. Purtscher: § 10. Analog zu § 4 ist als
Abgabenschuldner in diesem Fall der Gast zu nennen.
Präsident: Wünscht dazu jemand das Wort? Es ist nicht
der Fall. § 11.
Dr. Purtscher: Von der Abgabepflicht befreit werden laut
Gesetz jene Personen, deren Besteuerung allgemein als unbillig
zu beurteilen wäre. Aus familienpolitischen Gründen ist die
Befreiung von Kindern bis 14 sowie den nahen Angehörigen
im Sinne des Allgemeinen Verwaltungsgesetzes sowie der
Schüler beim Schulbesuch angebracht. Gäste, die bereits drei
Monate hindurch Gästetaxe entrichtet haben, dürften einen
angemessenen Beitrag geleistet haben. Den Gemeinden steht es
frei, aus sozialen und kulturellen Gründen in der Taxordnung
noch weitere Personenkreise von der Steuerpflicht zu befreien.
Nur Personen mit generellen Merkmalen, nicht aber individuell
genannte Personen (z. B. Jugendliche von 14 bis 18 Jahren),
können befreit werden. Mit der Bestimmung des Abs. 2 wird
die Beweislast verschoben, da ansonsten die Behörde nach-
weisen müßte, daß Befreiungsgründe nicht bestehen. Die
Abgabefreiheit liegt jedoch im Interesse des Gastes.
Präsident: Wünscht zum § 11 jemand das Wort? Es ist
nicht der Fall. Ich lasse daher über die Ergänzung der lit. a im
Abs. 1 abstimmen im Sinne des Antrages der Ausschüsse. Wer
damit einverstanden ist, wolle ein Zeichen mit der Hand geben.
Danke, ist angenommen. Wir kommen zum § 12.
Dr. Purtscher: Nach dem Finanz-Verfassungsgesetz 1948
ist wie für die Fremdenverkehrsbeiträge auch für die von der
Gemeindevertretung festzusetzende Gästetaxe eine gesetzliche
Begrenzung erforderlich. Wie bisher ist die Taxe in
Fixbeträgen zu bestimmen. Das örtliche Gästetaxeaufkommen
muß an den für die Gäste ausgerichteten Förderungsmaß-
nahmen orientiert sein. Eine Abstufung der Steuern kann nach
Jahreszeit, Ortsteilen oder bestimmten Zeitabschnitten
erfolgen. Das Limit wurde dem Vorschlag des
Gemeindeverbandes gemäß mit 5 S je Nächtigung normiert.
Die Wertsicherungsklausel ermöglicht die Abänderung der
Obergrenze bei Indexschwankungen von mindestens 1 S
Auswirkung durch Verordnung der Landesregierung. Im Abs. 4
ist für das Zollausschlußgebiet Mittelberg ein der Kaufkraft
angepaßter Umrechnungsschlüssel von Schilling in Deutsche
Mark vorgesehen, der durch eine Verordnung der Landes-
regierung festzusetzen ist.
Präsident: Wünscht jemand das Wort zu § 12? Es ist nicht
der Fall. Ich lasse abstimmen über die Eliminierung des
Druckfehlers „Tagesordnung" in „Taxordnung" im Abs. 1. Wer
damit einverstanden ist, den bitte ich, mit der Hand ein Zeichen
zu geben. Danke, ist angenommen. Wer mit dem Einschub des
Wortes „je Nächtigung" im Abs. 3 einverstanden ist, wolle ein
Zeichen mit der Hand geben. Danke, ist ebenfalls
angenommen. Wir kommen zu § 13.
84 5. Sitzung des XX. Vorarlberger Landtages im Jahre 1966
Dr. Purtscher: Die Fälligkeit der Gästetaxe wurde mit
dem letzten Aufenthaltstag bestimmt, weil erst dann deren
Höhe endgültig feststeht. Der Unterkunftgeber haftet für die
Einhebung und für die Erfüllung der Abgabepflicht. Für die
Abfuhr ist eine Frist von vier Wochen nach Fälligkeit
eingeräumt. Abs. 4 definiert drei Gruppen von
Unterkunftgebern: Inhaber von Beherbergungsbetrieben,
Privatzimmervermieter und die Besitzer von Grundstücken, die
zum Campieren verwendet werden. Das Nächtigen in Zelten
oder Wohnwagen begründet ebenso die Abgabepflicht, doch
haften die Grundbesitzer nicht, wenn das Campieren auf ihrem
Grundstück ohne Entgelt erfolgt, da dies meist ohne Wissen
der Besitzer geschieht. Für die unentgeltlich campierenden
Gäste ist im Abs. 5 die Abfuhr der Gästetaxe an die Gemeinde
direkt vorgeschrieben. Zur einheitlichen Rechnungslegung
kann die Taxordnung Vordrucke bestimmen, welche die Ge-
meinde unentgeltlich den Unterkunftgebern beistellen muß.
Präsident: Wünscht dazu jemand das Wort? Es ist nicht
der Fall. Ich lasse über Abs. 4 im Sinne des Ausschußantrages
abstimmen. Wer damit einverstanden ist, wolle mit der Hand
ein Zeichen geben. Danke, im Sinne des Ausschusses
angenommen. § 14.
Dr. Purtscher: Die Auskunftspflicht der Abgabeschuldner
und der Unterkunftgeber sowie die Kontrollmöglichkeit der
zuständigen Gemeindeorgane erscheint im Interesse der ehr-
lichen Steuerzahler sowie im Interesse der Gemeinden, denen
die Ertragshoheit zusteht, geboten.
Präsident: Wünscht dazu jemand das Wort? Es ist nicht
der Fall. § 15.
Dr. Purtscher: Wenn entgegen den gesetzlichen
Bestimmungen die Abgabe bei Fälligkeit nicht oder nicht voll
entrichtet wird, ist die amtliche Bemessung durch den
Bürgermeister vorgeschrieben.
Präsident: Wünscht dazu jemand das Wort? Es ist nicht
der Fall. § 16.
Dr. Purtscher: Der IV. Abschnitt enthält die Straf-,
Behörden-, Übergangs- und Schlußbestimmungen. Die
Straftatbestände zum Schutz des Fremdenverkehrs sind im
wesentlichen aus dem Bundesgesetz, betreffend die Hintanhal-
tung von Schädigungen und Gefährdungen des
Fremdenverkehrs, BGBl. II Nr. 67/1934, übernommen. Es sind
wenig erfaßbare Tatbestände. Die im § 2 genannten
öffentlichen Einrichtungen und Förderungsmaßnahmen sind
unter lit. a und b als schutzwürdige Rechtsgüter
hervorgehoben. Ob öffentliche Einrichtungen mißbraucht oder
nachteilig gebraucht wurden, ist nicht von den
Eigentumsverhältnissen, sondern von der Zweckwidmung zum
öffentlichen
Gebrauch abhängig. Lit. c ist als wirksame Sanktion gegen
unwahre böswillige Berichterstattung vorgesehen, die im
Hinblick auf die Bedeutung der Massenmedien einerseits und
der Sensationslust andererseits eine evident drohende Gefahr
für den Fremdenverkehr darstellt. Für die Strafbarkeit ist bei lit.
a bis c ein qualifiziertes Verschulden, dolus oder culpa lata,
nachzuweisen. Die Tatbestände d bis f ergeben sich aus dem
Gesetzesinhalt. Die Absätze 5 und 6 sichern die örtliche
Zuständigkeit der Strafbehörden in Vorarlberg auch für den
Fall, daß die Schädigung des Vorarlberger Fremdenverkehrs in
anderen Bundesländern oder auf inländischen Schiffen auf dem
Bodensee begangen wurde.
Präsident: Wünscht zum § 16 jemand das Wort? Es ist
nicht der Fall. § 17.
Dr. Purtscher: Die Erhebung der im II. und III. Abschnitt
geregelten Abgaben fällt gemäß Art. 118 Abs. 2 der
Bundesverfassung in den eigenen Wirkungsbereich der
Gemeinden. Die Gemeindevertretung hat daher über Berufun-
gen gegen Abgabenbescheide nach § 45 Gemeindegesetz zu
entscheiden. Abs. 2 der Regierungsvorlage sah vor, der
Landesregierung die aufsichtsbehördlichen Befugnisse
einzuräumen mit der Begründung, daß ein Konnex zwischen
dem Abgabenrecht und der Gemeindegebarung bestehe. Die
Ausschüsse waren für eine Streichung des Abs. 2, um keine
Ausnahme vom § 88 des Gemeindegesetzes, das vor kurzem
erst beschlossen wurde, zu statuieren. Damit ist die
Aufsichtsbehörde die Bezirkshauptmannschaft.
Präsident: Wer wünscht zum § 17 das Wort? Es ist nicht
der Fall. Ich lasse daher gesondert über den Abs. 2 abstimmen.
Der Ausschuß hat die Streichung beantragt. Wer für die
Aufnahme ist, möge mit der Hand ein Zeichen geben. Er ist
abgelehnt. Dann ergibt sich daraus die Notwendigkeit, den
bisherigen Abs. 3 in Abs. 2 umzubenennen. Wer dafür ist,
wolle mit der Hand ein Zeichen geben. Danke, ist
angenommen.
Dr. Purtscher: Der § 18 ermöglicht die Durchsetzbarkeit
eventuell offener Abgabenforderungen. Uber ab Inkrafttreten
der neuen Bestimmungen anhängige Verfahren kann die
Landesregierung nur mehr als Aufsichtsbehörde kassatorisch
entscheiden. Abs. 3 ist eine Ubergangsregelung, da für die
Berechnung des Höchstausmaßes der Fremdenverkehrsbeiträge
jeweils das zweitvorangegangene Jahr heranzuziehen ist. Die
für 1966 und 1967 fehlende Grundlage wird durch die
Bestimmung des Abs. 3 geregelt.
Präsident: Wünscht zum § 18 jemand das Wort? Nicht der
Fall, dann lasse ich über die Einfügung dieses Abs. 3, wie er
eben vom Berichterstatter dargestellt wurde, abstimmen.
5. Sitzung des XX. Vorarlberger Landtages im Jahre 1966 85
Wer damit einverstanden ist, wolle ein Zeichen mit der Hand
geben. Danke, ist angenommen. § 19.
Dr. Purtscher: Zur Sicherung des Beitragsaufkommens
muß der II. Abschnitt bezüglich der Fremdenverkehrsbeiträge
rückwirkend in Kraft treten, und zwar ab 1. Jänner 1966. Für
das Inkrafttreten der Bestimmungen über Gästetaxen nach dem
III. Abschnitt wurde der 1. November 1966 deshalb gewählt,
weil dann ein neues Fremdenverkehrsjahr beginnt. Dadurch ist
auch den Gemeinden Zeit gegeben für die Vorbereitung der
Taxordnung. Abs. 2 bringt zum Ausdruck, daß dieses Gesetz
einen im Interesse der Rechtsklarheit und der Rechtssicherheit
begrüßenswerten Beitrag zur Rechtsbereinigung darstellt, kann
doch eine ganze Liste von Gesetzen und Verordnungen aufge-
hoben werden.
Präsident: Wünscht zum § 19 jemand das Wort? Es ist
nicht der Fall. Ich lasse nun abstimmen erstens über die
Einfügung einer lit. e, wonach eine Polizeiverordnung über die
Beschränkung der Aufenthaltsdauer in Fremdenverkehrsorten
des Reichsgaues Tirol und Vorarlberg für ungültig erklärt wird.
Wer damit einverstanden ist, wolle ein Zeichen mit der Hand
geben. Danke, daraus ergibt sich, daß die bisherige lit. e in lit. f
umgesetzt wird. Wer damit einverstanden ist, wolle ebenfalls
ein Zeichen mit der Hand geben. Danke, ist angenommen.
Wir kommen nun zu Titel und Eingang des Gesetzes.
Dr. Purtscher: Das Gesetz führt den Titel „Gesetz über
die Förderung und den Schutz des Fremdenverkehrs",
Kurzfassung „Fremdenverkehrsgesetz" und Abkürzung
„FVkG". Dieses Einschließen des „k" war erforderlich, weil
eine Abgrenzung gegenüber dem Finanzverfassungsgesetz zu
treffen war.
Präsident: Wünscht dazu jemand das Wort? Es ist nicht
der Fall. Dann lasse ich in zweiter Lesung über alle jene Punkte
und Paragraphen abstimmen, über die bisher noch keine Ab-
stimmung erfolgt ist, weil Einmütigkeit bestand. Wer damit
einverstanden ist, wolle ein Zeichen mit der Hand geben.
Danke, ist in zweiter Lesung angenommen.
Dr. Purtscher: Ich beantrage die Durchführung der dritten
Lesung.
Präsident: Wünscht in der dritten Lesung noch jemand zu
dem Gesetzentwurf das Wort? Es ist nicht der Fall. Ich bitte
also jene Damen und Herren des Hohen Hauses, die mit dem
Gesetz in dritter Lesung einverstanden sind, mit der Hand ein
Zeichen zu geben. Danke. Damit ist auch dieser Punkt der
Tagesordnung abgeschlossen. Ich danke dem Herrn Bericht-
erstatter.