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www.filmab.jmmv.de Begleitzeitschrift des Jugendmedienverbandes Mecklenburg-Vorpommern e.V. zum 14. FilmKunstFest Schwerin 4. Ausgabe - 08. + 09. Mai 2004

filmab! 2004 #4

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Das unabhängige Magazin zum 14. filmkunstfest Schwerin. Herausgegeben vom Jugendmedienverband MV.

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www.filmab.jmmv.deBegleitzeitschrift des Jugendmedienverbandes Mecklenburg-Vorpommern e.V.zum 14. FilmKunstFest Schwerin

4. Ausgabe - 08. + 09. Mai 2004

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Editorial

Artikel 5 GRUNDGESETZ

Jeder hat das Recht, seineMeinung in Wort, Schrift undBild frei zu äußern und zuverbreiten und sich ausallgemein zugänglichen Quellenungehindert zu unterrichten. DiePressefreiheit und die Freiheitder Berichterstattung durchRundfunk und Film werdengewährleistet. Ein Zensur findetnicht statt.

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Begeisterte filmab!-Leser: Jan Henrik Stahlberg und Marcus Mittermeier

Eine Woche filmab! geht nun mit der vierten und letzten Ausgabe zu Ende.Es war eine aufregende Zeit mit erstklassigen Filmen, großartigen, frischenSchauspielern wie Nora von Waldstätten, und lang bekannten wie Götz George.Filmemacher wie Jan Henrik Stahlberg und Marcus Mittermeier lasen unserMagazin und der Moderator Knut Elstermann gab mit Weitblick seinen Namen fürPetitionen her. Wir konnten auch dieses Jahr von wunderschönen Ausstellungenund klangvollen Konzerten berichten. Doch keine Suppe ohne Haar darin. Die zuerwartenden Sparpläne in der Filmförderung haben nicht nur die Gemüter unsererRedaktion erhitzt, sondern verbreiteten sich wie ein Lauffeuer durch ganz Schwerinund weit darüber hinaus. Reih dich auch mit ein - wir bitten im Namen allerLeidtragenden um deine Unterstützung der Petitionen.

eure filmab!-Redaktion

Petitionssammlung unter: www.filmkultur.jmmv.de

see-you `n Jahr später,

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Impressum

3filmab!

Die filmab! ist eine unabhängige Seminarzeitung des JMMV e.V. zum FilmKunstFest.

Leitung: Friederike Richter, Matthias Baumgart

Kontakt: Wismarsche Str. 126, 19055 Schwerin

Fon: 0160 / 7 76 23 44, E-Mail: [email protected],

homepage: http://www.filmab.jmmv.de/

Herausgeber: Jugendmedienverband Mecklenburg-Vorpommern e.V.,

Budapester Str. 7, 18057 Rostock

V.i.S.d.P.: Friederike Richter

Redaktion: Erik Jalowy [ej], Martin Bildat [mb], Ina Diedrich [id],

Mandy Jochmann [maj], Daniela Kliesch [dk],

Matthias Gäde [mg], Christin Bork [cb], Johannes Barthen [jb],

Friederike Richter [fri], Matthias Baumgart [mab]

Bildredaktion: Johannes Barthen [jb]

Layout: Karen Obenauf [ko], Katrin Kroll [kat]

Belichtung & Druck: c/w Obotritendruck, Münzstr. 3, 19055 Schwerin

Auflage: 550

Ausgabe: 03/ 2004

Die Meinung der Autoren muss nicht mit der Meinung der Redaktion übereinstimmen.

Gruß und Dank an: FilmKunstFest-Büro (Torsten Jahn, Uli Grunert, Hasso Hartmann, Barbara Zickermann, Anne Müller,

Martin Romanski), Sozialwerk PRESSE-CLUB MV e.V. (Herrn Dr. Sabathil, Sibylle Ekat), Falko Fleischmann, Kinder- &

Jugendverein Robin Hood e.V., c/w Obotritendruck, Terra Nord, Evangelische Jugend Schwerin e.V., Landesjugendring

MV e.V. (Friedhelm Heilbrock, Karin Baresel), Tobias „Toasty“ von Mach.

4/ 2004

Inhalt / Impressum

Partner:

Wir werden gefördert vom:

I n h a l t RückblickKunst oder Kommerz - eine Diskussion 4Island - Hoffnung und Fisch 8Kino für die Kleinen 11

EinblickFilmtalk mit Knut Elstermann 10Umfrage 15Filmförderung - Teil II 12Hurensohn - ein Spielfilm 14

AusblickFremder Freund - ein Spielfilm 6Kurzfilm bei Nacht - dieKurzfilmnacht 7Strähl- ein Spielfilm 13

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filmab! 4/2004

Rückblick

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Auch 2004 bietet dasFilmKunstFest seinen Gästenfünf Tage lang Veranstaltungenrund um die Kultur. Neu imProgramm sind ab diesem Jahrdie Diskussionsrunden mitVertretern aus Kunst, Politikund Wirtschaft. Zum Gesprächmit Moderator Ralf Schenk imFestivalclub war gesternBundestagspräsident Wolfgang

Thierse als "Stargast" geladen.Daneben nahmenSchauspielerin JuttaWachowiak, der

Geschäftsführer desRadiosenders Antenne M-V,

Hans-Ulrich Gienke, und Dr.Sebastian Nordmann,sowohlGeschäftsführerals auch künstleri-scher Leiter der

Kam

pfb

ereit für d

Mecklenburgischen Festspiele, auf demSofa Platz. Kulturjournalist Ralf Schenkbegann das Gespräch mit den aktuellenKürzungsplänen der Landesregierung,wozu Thierse äußerte: „Der Staat darfsich nicht aus der kulturellenFilmförderung verabschieden“, denn erhabe eine öffentliche Verpflichtung derKultur gegenüber. Momentan kommen90 % der Fördermittel ausStaatsfinanzen. In Zukunft wird dieProjektförderung zunehmend auf alter-native Quellen wie Stiftungen oderSponsoring zurückgreifen müssen.Vorreiter auf diesem Gebiet sind dieMecklenburgischen Festspiele, die ledig-lich 10 % ihrer Ausgaben vom Staatbeziehen. Hans-Ulrich Gienke ist nicht

sonderlich begeistert von der staat-lichen Förderung. Er sieht dabei

vor allem die Gefahr derWettbewerbsverzerrung durchdie Tatsache, dass

Da beißt sich der Hund selber in den Schwanz

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Rückblick

Fördergelder automatisch in die Planungdes Jahreshaushaltes miteinbezogen wer-den. Stattdessen sollte Sparsamkeit dieDevise sein, durch Kooperationen diefehlenden finanziellen Mittel versuchenauszugleichen. Nach Jutta WachowiaksErfahrung setzt das enormes Potentialfrei, sollte aber nicht darüber hinwegtäu-schen, dass dadurch ein Erhalt desNiveaus erschwert wird.

Nicht zuletzt leiden unter denzunehmenden Kürzungen imKulturbereich die Projekte, die nichtsofort viel Geld abwerfen und rentabelsind. "Wo nur noch das Event zählt"spricht der Bundespräsident von derVerdrängung anderer Projekte mitQualität.

„Ist Kommerz denn schlimm?“,hält Gienke dagegen und führt zurUnterstreichung seiner Meinung an, wieKünstler nicht nur ihre Werke, sondernauch sich selbst vermarkten. Zudem sindkommerzielle Produkte nicht zwingendvon mangelhafter Qualität.

Als Frau Wachowiak auf die miss-

liche Lage auf dem Arbeitsmarkt zusprechen kommt das Interesse an Kulturdamit in Zusammenhang bringt,schwenkt die Diskussion kurzzeitig zurSteuerpolitik um. Thierse verweist dar-auf, dass Deutschland bei den Steuernim europäischen Vergleich weit hintenliegt, wozu Hans-Ulrich Gienkebemerkt: „Das Schlimme am Leben istja, dass man mit Sachargumenten keineEmotionen aushebeln kann.“

Als Abschluss der einstündigenGesprächsrund stellte Ralf Schenk anseine Gäste die Frage, ob sich eineFörderung, die nur sehr spezielleBereiche von Kultur anspricht, über-haupt lohne. Bundespräsident WolfgangThierse machte deutlich, für wie elemen-tar er den Einfluss der Eltern undSchulen hält. Bereits dort müsse kultu-relles Interesse geweckt und einBedürfnis entwickelt werden, um späterdann gewährleisten zu können, dass sichdie Bürger für die Erhaltung von Kultureinsetzen. [ej]

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SF: Fremder Freund

Keiner hat sie vergessen - dieBilder vom 11. September 2001. Mit denSzenen der erschütternden Anschlägenbeginnt der Spielfilm „Fremder Freund“.

Der Regisseur Elmar Fischer Filmerzählt die Geschichte einer innigenMännerfreundschaft zwischen demDeutschen Chris und Yunes, der ausJemen stammt. Nach einer Party ver-schwindet der 22-jährige Yunes plötzlichspurlos. Es ist der 8. September 2001.

In Rückblenden wird erzählt, wiesich der lebenslustige, junge Mann zueinem strenggläubigen Muslimen entwi-ckelte.

Chris glaubt trotz Zweifel seinerFreundin lange Zeit nicht daran, dassYunes in die Attentate verwickelt ist. Erist überzeugt, dass dieser keiner Fliegeetwas zu Leide tun könnte. Doch immerwieder muss er sich die Frage stellen,wie gut er seinen Freund wirklich kannn-te.

Je mehr der Film von den vergan-genen Ereignissen berichtet, destooffensichtlicher wird, wie Yunes sichmehr und mehr dem Fundamentalismushingab. So erhitzte er sich ständig darü-

ber, wie benachteiligt Muslime in derwestlichen Welt seien: Er vergleicht dieSituation in Palästina mit demHolocaust.

Chris betreibt zwar intensiveNachforschungen, und seine Zweifelwerden immer größer, aber eine konkre-te Spur von dem verschwundenenFreund findet er nicht.

Elmar Fischer gelingt es mit die-sem Film vor allem durch die unruhigeHandkamera eine sehr reale und intensi-ve Geschichte zu erzählen. Insbesonderedie einfühlsame Musik verstärkt dieEmotionen.

Eine derartige Herangehensweisean diese Thematik ist ungewöhnlich.Weil Fischer aus einer anderenPerspektive erzählt, rücken dieAnschläge selbst in den Hintergrund.„Fremder Freund“ wirft somit die Frageauf, aus welchen Gründen ein normaler,junger Mann zum fundamentalistischenTerroristen wird, der sich selbst undunschuldige Menschen in die Luftsprengt. Das Thema und die brillantenDarsteller machen den Film besonderssehenswert. [dk] + [maj]

Wenn du deinen besten Freund nichtmehr kennst

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Ausblick

Offene Leinwand und Open End

Auch die diesjährige Kurzfilmnacht des FilmKunstFestes verspricht einabwechslungsreiches Programm: Neben den Preisträgern des Bundesvideofestivals2003 - der Experimentalfilm „Etap“ und der Knetfigurentrickfilm „Rosenreigen“ -werden mehr als 25 weitere Kurzfilme gezeigt. Beispielsweise „November“, in dess-sen 14 Minuten Spielzeit ein junger Mann auf sehr poetische Art und Weise dasEnde einer Beziehung zu verarbeiten versucht.

Aufgelockert wird der Abend durch die Pausen, die für die offene Leinwandeingeplant werden. Hierzu darf jeder seinen eigenen Kurzfilm zum Vorführen ein-reichen, insofern er die Chance nutzen möchte, die ehrliche Reaktion desPublikums zu spüren.

Zum Abschluss zeigen Cornelia Cornelsen und Florian Giefer einen infor-mativen Dokumentarfilm über die derzeit angesagteste Rock-Pop-BandDeutschlands: „Wir sind Helden“. Dementsprechend leitet sich auch der diesjährigeTitel des Publikumsmagneten Kurzfilmnacht ab: „Helden - kurzgeschnitten“.

Ein Sarg zum Reinkuscheln

Gleich an zweiter Stelle wird „Eicheoder Lärche?“ gezeigt. Unter der Anleitungdes Regisseurs Karl-Heinz Lotz produziertenJugendliche in einem Film- und Videokurs ander Musik- und Kunstschule Ataraxia diesenviertelstündigen Kurzfilm. Seit Oktober letz-ten Jahres waren die Kursteilnehmer mitIdeenentwicklung und Planung,Drehbuchschreiben und Casting beschäftigt.„Die Idee hinter dem Projekt war, dasHandwerk des Geschichtenerzählens den Jugendlichen beizubringen“, erklärte Lotzin einem Gespräch. Das tatsächliche Drehen war nach drei Wochenenden bewältigt;mit dem Schneiden des Films wurde dem Werk der letzte Schliff verpasst. Vor zweiWochen erreichten die jungen Filmemacher ihr Ziel - einen präsentierfähigenKurzfilm fertiggestellt zu haben. In dem Streifen sorgt ein vorgetäuschterSelbstmord für so einige Irrungen, Wirrungen und vor allem Überraschungen.Skurril ist beispielsweise der Leichenbestatter, der noch am Totenbett die aufgelösteEhefrau mit den Worten „nun machen Sie sich mal keine Sorgen, das ist nicht dererste Tod in der Menschheitsgeschichte“ tröstet. Und: „Das Innenfutter des Sarges- fassen Sie mal drüber - ist doch zum Reinkuscheln.“ [id]

Kurzfilm-Staccato bei Nacht

Karl-Heinz Lotz und sein junges Team

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Länderreihe Island

IslandHoffnung und Fisch

Interview mit Baltasar Kormákur- Schauspieler, Drehbuchautor undRegisseur.

filmab!: Warst du schon mal inDeutschland?

Baltasar Kormákur: Ja, vieleMale. Aber ich war seitdem die Mauergefallen ist, noch nicht in den neuenLändern. Ich bin zwar nur kurz durchdie Stadt gelaufen, doch sie ist diebezaubernste in Deutschland, die ichgesehen habe.

filmab!: Die Filmszene in Islandmüsste, an der Einwohnerzahl gemes-sen, sehr übersichtlich sein. Stimmt das?

Baltasar: Allgemein ist die

Die Wikinger besiedelten vor elf-hundert Jahren die bis dahin unbewohn-te Insel Island. Die Lebensbedingungenauf der Insel waren durch die rauenNaturgewalten sehr hart. In diesenJahren sind auch die Islandsagas aufge-schrieben worden und nicht, wie zu derZeit üblich auf Latein, sondern aufIsländsich. Elfen und Geistergeschichtenwaren ein Teil von ihnen. Sie stellen einePhantasiewelt dar, in denen sich dieEinwohner flüchteten. „In diesenFiktionen sieht es wie in Island aus, nursind die Häuser größer, die Wiesen grü-ner und die Schafe dicker“, schildertOlafur Sveinsson. Der isländischeFilmemacher ist in diesem Jahr Mitgliedder Kurzfilmjury.

Weiter berichtet er, dass aufgrundder Isolation Islands die Sprache kaumeinem Wandel unterlegen war und kannso von der heutigen Generation ohneWeiteres gelesen werden.

Erst nach dem Zweiten Weltkriegentwickelte sich in Island eine moderneKultur. Trotz eines großenTraditionsbewusstseins verschließen sichdie Isländer nicht vor anderen Kulturen,so ist in Island eine starkeAmerikanisierung spürbar. Obwohl sichnur 290 000 Einwohner auf einer Flächeso groß wie die Neuen Bundesländer

tummeln, gibt es die gleichen Problemewie bei uns: Arbeitslosigkeit, Armut undDrogenkonsum.

„Allerdings wollte das lange Zeitniemand sehen“, fügte Svinsson hinzu.

In dem Dokumentarfilm „DieSlums von Reykjavik“ zeigt OlafurSveinsson auf drastische Weise dieFolgen der Urbanisierung.Bemerkenswert ist, dass die isländischeBevölkerung außerordentlich jung ist -ganz im Gegensatz zu Mecklenburg-Vorpommern: Ein Viertel derEinwohner ist unter 15 Jahre alt. [mb]

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Länderreihe Island

Filmszene auf der ganzen Welt sehrklein. Das heißt, dass man früher oderspäter alle kennt. Natürlich ist sie inIsland klein, aber nicht so klein, wie duvielleicht denkst. Die Filmszene boomt,aber ich kenne jeden einzelnenFilmemacher dort.

filmab!: Aber das heißt nicht,dass immer die gleichen Leute Filmezusammen machen?

Baltasar: Nein, nicht zwangsläu-fig. Ich bringe zum Beispiel immer aus-ländische Leute mit ins Team: Ich hatteeinen deutschen Kameramann in „101Reykjavik“ dabei, und einen französi-schen in „Die See“.

filmab!: In vielen isländischenFilmen spielen Außenseiter eineHauptrolle, die aber mit sehr vielRespekt dargestellt werden. AkzeptierenIsländer Außenseiter mehr als andereVölker?

Baltasar: Wenn man auf einerInsel wohnt, sieht man die Dingemanchmal etwas anders. Ich glaube, eswürde nie einen Helden in einem islän-

dischen Film geben, wie es sie in ame-rikanischen Filmen gibt. Das wäreirgendwie lächerlich. Es kommt vonunseren Vorfahren, den Wikingern: Esgab keine reine Helden unter ihnen,weil sie immer viele Probleme hatten.Dazu kommt auch noch der schwarze

Humor, den wir haben.filmab!: Wie präsent sind die

Geschichten der isländischen Sagas imheutigen Leben?

Baltasar: Ich glaube, es ist viel prä-senter als die meisten Menschen glauben.Es ist wie mit der Bibel in der westlichenGesellschaft. Die Menschen verhalten sichso, wie die in den Sagas. So ist es auch inunserer Politik: Es wird nicht über dieDinge diskutiert, sondern sie ähnelt ehereinem Massaker.

filmab!: Isländische Filme wirkenimmer sehr melancholisch und traurig. Istdas richtige Leben auch so?

Baltasar: Wenn man 9 Monatedunklen Winter hat, wird man melancho-lisch. Ich versuche, dem in meinenFilmen, in denen ich Regie führe, etwaszu entkommen. Aber man kann nichtallen Filmen ein fröhliches Ende geben.Im richtigen Leben ist das auch nicht so.Zum Beispiel war „Die See“ in Islanderfolgreicher als „Harry Potter“, die Leutewaren fast geschockt, weil sie so vielWahrheit im Film sehen konnten. Wenn

man genau hinsieht, werden wir alle altund müssen sterben. Die Schönheit destäglichen Lebens fehlt oft, wenn sie nurgrau und nicht farbenfroh dargestelltwird. Wir müssen realistisch sein, dochversuche ich das ernste Leben mit vielHumor zu mischen. [fri]

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Rückblick

Legendär ist inzwischen schon der mitt-ternächtliche Filmtalk mit dem BerlinerFilmjournalist Knut Elstermann, derunter anderem für Radio 1 und den RBBarbeitet. Auf seinem Sofa nahmen schonviele Platz, die Rang und Namen imdeutschen Filmgeschäft haben: MarioAdorf, Maria Schrader, BennoFührmann… Die filmab! passte den sympathischenModerator Donnerstagnacht nach demFilmtalk ab und bat zum Gespräch:

filmab!: Wie und wann kamst du zumFilmtalk beim FilmKunstFestival?Knut Elstermann: Wie ich heute imKatalog las, bin ich seit 1998 dabei.Hasso Hartmann hat mich irgendwann

mal gefragt, ob ich mir eine ähnlicheShow wie beim Filmfest Saarbrückenvorstellen könnte. Dabei sollen die wich-tigsten Filme des Tages, allerdings ohnePublikumsbeteiligung, zusammengefasstwerden.

filmab!: Was ist für dich das Besondeream Festival in Schwerin?Knut: Ich mag, dass es ein totalesPublikumsfest ist; es ist immer wiedertoll. Die Kinos sind voll, auch beischwierigen und nicht sehr prominentenSachen. Das hat sicherlich auch damit zutun, dass die Leute hier sehr ausgehun-gert sind, weil es kein richtigesFilmkunsttheater gibt.

filmab!: Und wie sieht dann deinVergleich mit anderen Festivals aus?Knut: Es ist alles viel intimer und persön-licher auf dem FilmKunstFest. Außerdem istes super, wie Hasso es immer wieder schafftdie verschiedensten Leute hierher zu holen,beispielsweise Götz George. Schaut euch maldie Jury an: Alles schwer beschäftigte Leute.Er hat einfach ein tolles Händchen die Leuteherzubekommen. Und auch optisch ist dieTrophäe eine der schönsten Deutschlands.

filmab!: Du bist immer sehr gelassenbeim Talk. Wie bereitest du dich über-haupt auf die Moderation vor?Knut: Ich bereite mich nicht groß vor,in der Regel schreibe ich mir auch nichtsauf. Nun gut, bei den Namen habe ichmanchmal einen Zettel. Aber sonst istalles spontan. Und natürlich schaue ichmir die Filme vorher an.

Vertauschte Rollen:Knut Elstermann im

Gespräch

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Regiereihe

filmab!: Welcher ist deinpersönlicherSpielfilmfavorit?Knut: Schwer zu sagen!Also, ich finde, dass„Fremder Freund“ wirklichsehr interessant geschriebenist. Speziell mit seiner Artmit dem 11. Septemberumzugehen. Ich mag aberauch "Mitfahrer" sehr.

filmab!: Du hast sicherlichschon von denSparmaßnahmen in derKulturellen Filmförderunggehört. Kannst du unsdeine Sicht der Dinge schil-dern?Knut: Ich habe die Petitiondes Landesfilmzentrumsschon unterschrieben.[maj] + [mg]

Strahlende Gesichter, heiteres Gelächterund lautes Gemurmel - das ist das Kinderkinobeim FilmKunstFest.

Egal ob „Das kalte Herz“,„Schneewittchen“ oder „Hans im Glück“, für dieganz Kleinen ist es ein einzigartiges Erlebnis.Gespannt sitzen sie mit Popcorn und Bonbons imKinosessel und verfolgen die Abenteuer derFiguren auf der großen Leinwand. In diesem Jahrlocken alte DEFA-Märchen die ganze Familie undKindergartengruppen ins Capitol: „Es ist mal eineAbwechslung für die Kinder“, meint eine jungeMutter, „und ich erinnere mich wieder an meineKindheit.“ Schließlich kennt die Filme jeder.

Der fünfjährige Clemens schaute sogarzwei Filme mit seiner Mutti: „Ich fand „Hans imGlück“ toll“, doch hatte er keine Angst vor derbösen Hexe, die Schneewittchen vergiften wollte,obwohl er kundtat: „Die war gemein!“

Am liebsten geht die kleine Bentje mitihrem Papa ins Kino. Doch der musste leiderarbeiten und so kam die Sechsjährige mit ihrerOma her: „Ich habe die ganze Zeit gelacht. Amlustigsten war der Schluckauf von Hans.“

Das besondere Highlight wird auch diesesJahr wieder die Kinder-Film-Party sein. Mit demFilm „Das singende, klingende Bäumchen“ ausdem Jahr 1957 beginnt die Feier am Sonnabendum 14:30 Uhr im Capitol. Danach geht es ab insFestivalzentrum „Der Wurm“ um die Ecke, woauf die Kleinen viele Überraschungen, Musik undTanz um den Wunschbaum erwartet. Also jedeMenge Spaß! [dk] + [maj]

Kino für die Kleinen

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SF: Jargo

Filmförderung Ade?

Johann-Jacob Wulf & Norbert KrebsAbiturienten Goethe-Gymnasium„Es gibt ein klares Argument: wenn Götz

George extra 14 Stunden aus Südafrika und ArminMueller-Stahl aus Amerika anreisen, weil sie hier einEhrenpreis kriegen, ist das schon sehr viel. UndSchwerin kann es sich leisten, sie zu fragen, ob siekommen.“

Dipl. Ing. (FH) Hans-Ulrich TrosienDEHOGA M-V e.V. PräsidiumsmitgliedRestaurant "Zum Stadtkrug"„Wir profitieren wirtschaftlich natürlich vom

FilmKunstFest. Es ist auch ein Imagegewinn, weilwichtige Menschen angezogen werden, die etwas dar-stellen und Einfluss haben. Wir haben das Personalverdoppelt und durch das Festival sind die Hotels voll-ler Gäste. Das soll man auch mal schön so lassen!“

Torsten Schländer Stellvertretender Standortleiter der

Spielbank Schwerin„Wir haben hier in den letzten drei Tagen

einen sehr großen Andrang gehabt, etwa 15 Prozentüber der normalen Besucherfrequenz. [...] In demMoment zu sparen, wenn das kleine PflänzchenFilmKunstFest zu blühen beginnt, ist für mich nichtnachvollziehbar.“

Gabriele KotteLeiterin der Filmförderung M-V„Wir warten händeringend auf eine

Entscheidung, Projekte müssen beginnen undFilmproduktionen können nicht anlaufen. Denn blie-be alles beim Status Quo, müsste die Filmförderungschließen, das Landesfilmzentrum müsste inInsolvenz gehen und dies wäre eine Gefahr für dasFilmKunstFest. Wir brauchen ein kulturell orientier-tes Wirtschaftsmodell.“

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SF: Strähl

Der Protagonist HerbertSträhl hofft auf ein besseresLeben. Er ist Drogenfahnderund selbst tablettenabhängig, erist ein sensibler und verständ-nisvoller Mensch. Das macht esihm schwer, in seinem Berufzu bestehen, denn er sieht dieMenschen hinter der Fassadeund ist im Zwiespalt zwischenPflicht und Mitgefühl. Durch dieAufeinanderfolge unvorhergesehenerEreignisse lernt er Carol kennen. Siehat eine Beziehung mit einemDrogenabhängigen. Bei einer Razziastürzt sich dieser aus dem Fenster undsagt bei der Polizei aus, er sei vonSträhl gestoßen worden. Als der dar-aufhin suspendiert wird, entführt erCarol, um ihren Freund zu einerRevision seiner Aussage zu bringen.Dabei verliebt er sich in Carol, die baldseine Gefühle erwidert.

Carol ist der Meinung, dass,wenn man ohne hinzuschauen fünfSmarties aus der Packung nimmt, diesedie Zukunft voraussagen können.Grün verheißt Hoffnung und die Farbekommt in dem Film sehr häufig vor.So ist auch Carols Pullover grün.

Mit seinem Debüt hat derRegisseur Manuel Flurin Hendry einesehr gute Darstellung der Drogenszenegeschaffen. Ein tragischer Film, dessenIronie in Missgeschicken immer dannzum Tragen kommt, wenn versuchtwird etwas im Leben zu verbessern.

Zum Ausdruck kommt diesbesonders, als Carol mit ihrem Freunddie Wohnung von Strähl nach Tablettendurchsucht, weil sie keine Drogenbesorgt bekommen. Mit den Tablettenhoffen sie, sich von ihrer Heroinsuchtlösen zu können. Doch in diesemMoment betritt Strähl seine Wohnungmit einem halben Kilo Heroin. Ermöchte damit Carols Freund animieren,dass er seine Aussage zurücknimmt.Besonders gut dargestellt sind dieBeziehungen von Abhängigkeit, Angst,Gefahr und die Menschlichkeit. Dochletztlich sind die Charaktere mit ihrenProblemen auf sich allein gestellt. DerFilm zeigt keine Vorurteile auf, wie sie inDarstellungen über Drogenabhängigkeitim Vordergrund stehen. Es geht um eineLiebe zwischen zwei Menschen verschie-dener Herkunft, die beide das Bedürfnishegen, ihre Wahrnehmung für diese Weltzu ändern. Das Ende ist nur ein bedingtpositives, vermittelt trotzdem ein glückli-ches Gefühl. Erneut wird dasSmartieorakel befragt und prophezeitSchlechtes. [cb]

Strähl

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SF: Hurensohn

„Meine Mama heißt Silvia und sieist Kellnerin“ plappert der kleine naiveOzren den Huren vor der häuslichenHofeinfahrt entgegen. „Deine Mama istgewiss keine Kellnerin und sie hat vieleNamen“ bekommt als Antwort vom bei-stehenden Luden.

Wie auch im gleichnamigenRoman von Gabriel Loidolt, erzählt dieFilmgeschichte vom Leben des JungenOzren und seiner Mutter Silvia, die nachder Flucht aus Jugoslawien in Österr-reich ihren Weg sucht.

Auf der Reise zur Liebe seinerMutter begleitet Onkel Ante, derMüllfahrer, und Silvias Schwester, zurSeite stehend, Ozrens Lebensweg. Alsunbemerkt und wenig angepasst kannder Charakter des Jungen beschriebenWerden. Trotz dessen oder gerade weildie Figur ein solch tiefes Wasser wider-spiegelt ist jede Geste und jederGefühlsausbruch vermehrt interessant.Wenn Ozren als kleiner Junge in seinernaiven Art von allen möglichenMenschen aus seinem Umfeld inErfahrung bringen will was den eineHure sei, oder seine Männlichkeit pro-

klamiert wenn er mit seinem Onkel denersten Schnaps trinkt. Am sticht hinge-gen seine feminine Weichheit gegenüberden Frauen und Mädchen hervor.

Der Kamerablick, ist in„Hurensohn“ das dritte Auge welchesdem Zuschauer erlaubt mit Ozren mit-zuwachsen. Durch die immerwiederkeh-renden Bilder, zum Beispiel derWohnung und der umliegenden Straßen,wird dem Publikum die Möglichkeitgegeben, sich schnell in die Umgebungeinzuleben und jede achso kleine aberwichtige Veränderung aufzunehmen.Der aufmerksame Beobachter wird nichtnur den langsamen Aufstieg der Mutterzur Edelhure mitbekommen, sondernauch das stetigen wachsende depressiveVerhalten von heranwachsenden Ozrengespannt achten.

„Hurensohn“ ist ein Film, wel-chem dem Zuschauer wirklich erlaubt inein beachtenswertes Leben einzutau-chen.

Nach diesem Film wird sicherlichauch für das Publikum festzustellen sein,dass eine solche Wirklichkeit häufigervorkommt als man glaubt. [mg]

Ozren und Silvia

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15filmab!4/ 2004

Rückblick

Der Festivalfreitag ist vor allemvon Schwerinern gut besucht gewesen.Vier Filme waren ausverkauft: „OBrother, Where Art Thou“ - ist einerunter mehrern sehr beliebten Filmen derRegiereihe.

Ich fragte nach Eindrücken, derschon gesehenen Filme:

„Schöne Frauen“ war top, amschönsten fand ich, dass diePersönlichkeiten in den Vordergrundgestellt wurden und dass ihr Leben derSchwerpunkt war, und nicht dieHandlung im Vordergrund stand, son-dern die einzelnen Persönlichkeiten undwie sie zueinander gefunden haben.“

„Nichts als die Wahrheit“: der isteinfach total genial gemacht. „Ich weiß,dass ein bisschen von mir in jedem voneuch steckt!“

„So Nah - So Fern“ klang ausdem NDR-Special am interessantesten.“

„O, Brother,where are you?“ist der Überfilm!

„Engel des Universums“ fand ihnganz gut, allerdings vom Thema her sehrernst. Was ich an dem Filmkunstfest ver-misse, sind die lustigen Filme wie„Verrückt nach Paris“.

Gestern traf ich viele Besucher,die nicht in die ausverkauften Filmegekommen sind. Auf die Frage hin, obsie enttäuscht darüber seien, bekam ichfolgende Antworten:

„Es wundert mich, dass es hier sogut besucht ist und die Leute aus demHaus gehen. Also es ist schön, dass hierin Schwerin einmal etwas los ist. Ichhabe lieber einen ausverkauften Film, alswenn die Besucher fehlen würden unddamit das FilmKunstFest an Reiz ver-liert.“

„Ich finde es immer wieder beein-druckend, dass das Festival jedes Jahr soguten Anklang findet.“ [cb]

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16 filmab! 4/2004

Programm

15.00 Uhr Capitol 2 Hommage Götz GeorgeAus einem deutschen Lebenvon Theodor Kotulla

15.00 Uhr Capitol 4 RegiereiheFargo von Joel Coen

15.30 Uhr Capitol 3 LänderreiheDie See von Baltasar Kormákur

16.00 Uhr Capitol 5 WettbewerbJargo von Maria Solrun Sigurdardóttir Grounded von Christian Ditter

17.00 Uhr Capitol 4 WettbewerbFremder Freund von ElmarFischer Sieben von André Kotte

17.00 Uhr FORUMKINO Der Film zur AusstellungManche mögen’s heißvon Billy Wilder

18.00 Uhr Capitol 3 DokfilmreiheGrenze von Holger Jancke

18.00 Uhr FESTIVALCLUB „Island – ein Filmland?“18.30 Uhr Capitol 2 Länderreihe

Nói Albinói von Dagur Kári18.30 Uhr Capitol 5 Wettbewerb

Zwischen Nacht und Tagvon Nicolai Rohde Die Eisbaderin von Alla Churikova

19.30 Uhr Capitol 4 WettbewerbHurensohn von Michael Sturminger Zur Zeit verstorben von Thomas Wendrich

20.00 Uhr Capitol 1 RegiereiheO Brother, Where Art Thou?von Joel Coen

20.15 Uhr Capitol 3 NDR-Special/PreviewDer Boxer und die Friseusevon Hermine Huntgeburth

20.30 Uhr Capitol 2 LänderreiheFiasko von Ragnar Bragason

21.00 Uhr Capitol 5 WettbewerbMuxmäuschenstill von Marcus Mittermeier Europa von Carlo Avventiund Christophe Bruncher

22.00 Uhr Capitol 4 WettbewerbSträhl von Manuel Flurin HendryDie Überraschung von Lancelot von Naso

22.00 Uhr SPEICHER KURZ-FILM-NACHTHelden - KurzgeschnittenOffene Leinwand open end

22.15 Uhr Capitol 3 Hommage Götz GeorgeMein Vater von Andreas Kleinert

22.30 Uhr Capitol 1 Hommage Götz GeorgeSolo für Klarinettevon Nico Hofmann

23.00 Uhr Capitol 2 RegiereiheThe Man Who Wasn´t Therevon Joel Coen

23.00 Uhr FESTIVALCLUB Ragnarök – Die PartyHeiße Drinks und Coole Musik mit Eric Stoffer

Sonnabend, 8. Mai 200410.00 Uhr Capitol 1 Kinderkino

Schneewittchen von Gottfried Kolditz

11.00 Uhr Capitol 3 Hommage Götz GeorgeKirmes von Wolfgang Staudte

11.00 Uhr Capitol 4 Literarische Matinee„Das Glück wird niemals alt“Lesung mit Katrin Sass

11.30 Uhr Capitol 2 RegiereiheBarton Fink von Joel und Ethan Coen

11.30 Uhr Capitol 5 LänderreiheNói Albinói von Dagur Kári

13.00 Uhr Capitol 3 Hommage Götz GeorgeMein Vater von Andreas Kleinert

13.15 Uhr Capitol 4 LänderreiheEngel des Universums von Fridrik Thór Fridriksson

14.00 Uhr Capitol 2 RegiereiheThe Big Lebowski von Joel Coen

14.30 Uhr Capitol 1 KinderkinoHans im Glück von Rolf Losansky

14.30 Uhr Capitol 5 Hommage Götz GeorgeSolo für Klarinette von Nico Hofmann

15.00 Uhr Capitol 3 LänderreiheDie Slums von ReykjavikDokfilm von Ólafur Sveinsson

15.00 Uhr Capitol 5 WettbewerbHurensohn von MichaelSturmingerZur Zeit verstorben vonThomas Wendrich

16.30 Uhr Capitol 2 DokfilmreiheBilder finden von BenjaminGeissler

16.30 Uhr Capitol 5 WettbewerbFremder Freund von Elmar Fischer Sieben von André Kotte

17.00 Uhr Capitol 2 NDR-Special/PreviewKatzenzungen von Torsten Fischer

17.00 Uhr Capitol 4 WettbewerbSträhl von Manuel Flurin HendryDie Überraschung von Lancelot von Naso

19.30 Uhr Capitol 1 Abschlussveranstaltungab ca. 20.30 Uhr Capitol 5 Aufführung Preisträgerfilme

Sonntag, 9. Mai 2004