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- 226shy
Foumlrderung von persoumlnlichen Ressourcen und Copingstrategien in einer Fishynanzverwaltung Ein praumlventives Verhaltensprogramm Ruumlckhalt fuumlr den
Alltag - in 7 Schritten
Beatrix Lehnhoff Prof Dr Gabriele Elke
1 Einleitung
Die Veraumlnderungen der Arbeitsanforderungen in der Finanzverwaltung sind ebenso wie in
anderen Arbeitskontexten vor allem gekennzeichnet durch eine zunehmende Arbeitsverdichshy
tung komplexer werdende und bestaumlndig veraumlnderte Arbeitsmaterie sowie bestaumlndige Anpasshy
sungsprozesse durch organisatorische und IT-Maszlignahmen die auf Seiten der Beschaumlftigten
mit zunehmenden psychischen Beanspruchungen einhergehen Verschaumlrft wird diese Situatishy
on durch Veraumlnderungen und Belastungsfaktoren die ihren Ursprung in der Struktur des Pershy
sonalkoumlrpers der Finanzverwaltung haben wie u a hoher Anteil an Teilzeitkraumlften steigenshy
der Altersschnitt der Mitarbeiterinnen und steigender Anteil von Mitarbeiterinnen an der Leishy
stungsgrenze Begleiterscheinungen sind zunehmende Krankenstaumlnde gesundheitliche Beeinshy
traumlchtigungen und schwindendes Wohlbefinden auf Seiten der Beschaumlftigten
Im Rahmen des Projektes TNOPE1 mit dem Ziel der Gesundheitsfoumlrderung und -praumlvention
und der Implementierung eines Gesundheitsmanagementsystems in die Finanzverwaltung
konnte eine besondere Gesundheitsbelastung durch Muskel-Skelett-Erkrankungen beobachtet
werden Die Ergebnisse von jaumlhrlichen Gesundheitsbefragungen 2005 und 2006 in neun Fishy
nanzaumlmtern weisen eine woumlchentliche Praumlvalenzrate fuumlr Ruumlckenschmerzen von 40-50 auf
Somit leidet beinahe die Haumllfte der Beschaumlftigten unter Schmerzen im Schulter-fNacken- und
unteren Ruumlckenbereich
2 Ruumlckenschmerzen
Akute Ruumlckenschmerzen klingen in 90 der Faumllle nach einigen Wochen wieder ab (Kohlshy
mann 2003) Dennoch besteht in einigen Faumlllen die Gefahr dass die Beschwerden aufrechter-
INOPE ist ein vom BMBF und DLR gefordertes 3jaumlhriges Forschungsprojekt und steht fiir Integrierte
Netzwerk- Organisations- und Personalenlwickhmg (wwwinopede)
- 227 shy
halten bleiben chronifizieren und letztlich zu schwerwiegenden Beeintraumlchtigungen wie u a
Arbeitsunfahigkeit fuumlhren
21 Biopsychosoziales ModeU der Ruumlckenschmerzen und Risikofaktoren
Die Entstehung von Ruumlckenschmerzen und vor allem deren Chronifizierung kann in den selshy
tensten Faumlllen als monokausales Konzept verstanden werden Vielmehr handelt es sich um ein
multidimensionales Geschehen das erst aus einer biopsychosozialen Perspektive verstaumlndlich
wird Risikofaktoren auf unterschiedlichen Ebenen (somatisch kognitiv-emotional verhalshy
tens- und erlebensbezogen situalionsbezogen) treten in Kombination auf und greifen ineinanshy
der Aspekte des Verhaltens wie z B Schon- oder Vermeidungsverhalten und des Erlebens
wie z B wahrgenommene Schmerzintensitaumlt koumlnnen einerseits praumldisponierend auf die Entshy
stehung von Schmerzen wirken sie koumlnnen andererseits Korrelate oder auch Konsequenzen
des Syndroms darstellen Somatische Faktoren sind zumeist im Hinblick auf die Schmerzentshy
stehung relevant Fuumlr die Aufrechterhaltung hingegen sind psychosoziale Faktoren oft bedeutshy
samer (Pfingsten 2004)
Neben Ruumlckenschmerz in der Ananmese (LuumlhmannZimolong 2006 HestbaekiLeboeufshy
YdelEngbergLauritzenBruunlMalmiche 2003) als aussagekraumlftigster biomechanischer Praumlshy
diktor weisen psychologische Risikofakioren bisweilen eine houmlhere Vorhersagekraft fuumlr zushy
kuumlnftige Ruumlckenschmerzen auf als konventionelle klinische Informationen (Burshy
tonlTillotsonMainIHollis 1995) Zu psychologischen Risikofaktoren gehoumlren beispielsweise
u a Distress (Linton 2005) und Depressivitaumlt (CarrollCassidyCoumlte 2004) dysfunktionale
kognitive Bewertung von Schmerzen wie z B Katastrophisieren (Linton 2005) und die Vershy
meidung sozialer und koumlrperlicher Aktivitaumlten (KlenermanSladeStanley 1995) Des Weiteshy
ren gelten psychosoziale und haumlufig auch arbeitsplatzrelevante Risikofaktoren als verlaumlsslishy
che Praumldiktoren fuumlr die Entwicklung von Ruumlckenschmerzen Zu diesen Faktoren zaumlhlen etwa
Arbeitsunzufriedenheit monotone Arbeit fehlende soziale Unterstuumltzung am Arbeitsplatz
wahrgenommene hohe Arbeitsanforderung und selbst berichteter Stress (Linton 2005)
Viele dieser Faktoren lassen sich in einem Arbeitskontext der von steigenden Anforderungen
Belastungen und Beanspruchungen gekennzeichnet ist auffinden Soll die Entwicklung von
zukuumlnftigen Ruumlckenbeschwerden und damit in Zusammenhang stehenden Beeintraumlchtigungen
aufgehalten unterbunden oder ruumlckgaumlngig gemacht werden wird eine Beseitigung moumlglichst
vieler Risikofaktoren erforderlich
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22 Maszlignahmen
Zur Behandlung von Ruumlckenschmerzen koumlnnen unterschiedliche Maszlignahmen herangezogen
werden Neben klassischen Ansaumltzen wie medikamentoumlser Behandlung Ruumlckenschule Lenshy
denstuumltzguumlrtel Akupunktur und Massage etc erweisen sich verhaltenstherapeutisch ausgeshy
richtete Angebote als besonders wirksam (McCrackenlTurk 2002) Sie bewirken Veraumlnderunshy
gen im SchmerzerIeben Verbesserung des al1gemeinen Funktionsniveaus und verringerte Inshy
anspruchnahme von Leistungen des Gesundheitssystems Kognitiv-behavioral ausgerichtete
Behandlungsangebote erweisen sich hier nicht nur im Vergleich zu Wartelistenshy
Kontrol1gruppen sondern auch gegenuumlber alternativen Behandlungsangeboten wie z B Bioshy
Feedback und Pharmakotherapie als wirksam (MorleylEcclestoneWilliams 1999) Sie zeichshy
nen sich durch den Einsatz und die Vermittlung von Bewaumlltigungs- bzw Copingstratcgien auf
unterschiedlichen Ebenen aus Verhaltenstherapeutisch orientierte Behandlungsansaumltze greishy
fen auf verhaltenstherapeutische Methoden wie z B Entspannung Aktivitaumltenaufbau sowie
kognitive Techniken zur Veraumlnderung von gedanklichen Bewertungen und emotionalen Reakshy
tionen zuruumlck
Um Veraumlnderungen im Verhalten der Beschaumlftigten zu erzielen und somit Risikofaktoren fur
Ruumlckenbeschwerden und damit die Gefahr von Chronifizierung schweren Beeintraumlchtigunshy
gen und Arbeitsunflihigkeit zu beseitigen soHten verhaltenstherapeutisch orientierte praumlvenshy
tiv ausgerichtete Angebote eingesetzt werden die die Beschaumlftigten bzgl angemessenen Umshy
gangs mit Ruumlckenschmerzen schulen ihre Ressourcen staumlrken und ihren Handlungsspielraum
somit erweitern
3 Verhaltensprogramm Ruumlckhalt fuumlr den AHtag - in 7 Schritten als Bestandteil eishy
nes Gesundheitsmanagementsystems
31 Ziele des Programms
Durch das praumlventive und verhaltenstherapeutiscb orientierte Verhaltensprogramm Ruumlckhalt
fUr den Alltag - in 7 Schritten sollen Risikofaktoren abgebaut und Kompetenzen und Resshy
sourcen der Beschaumlftigten in Hinblick auf den Umgang mit Ruumlckenschmerzen und beschwershy
den gefoumlrdert werden um somit die Wahrscheinlichkeit filr ein Auftreten zukuumlnftiger Ruumlkshy
- 229shy
kcnbeschwcrdcn mit seinen Folgen zu minimieren Hier sol1 insbesondere Beeintraumlchtigungen
durch RuumlckcnschmerLcn vorgebeugt werden
32 Merkmale Ablauf und Elemente des Programms
Das Verhaltensprogramm Ruumlckhalt fur den Al1tag - in 7 Schritten richtet sich an arbeitsfaumlshy
hige Personen innerhalb der Finanzverwaltung die eine uumlberwiegend sitzende Taumltigkeit ausshy
uumlben bereits unter Ruumlckensclunerzen gelitten haben und einem im Vorsorgecheck des o g
Gesundheitsprogramms ermittelten mittleren oder hohen Risiko unterliegen zukuumlnftige Ruumlkshy
kenschmcrzen zu entwickeln Das Training ist auf eine Gruppengroumlszlige von 8-12 Personen
ausgerichtet und findet in insgesamt sieben 90-minuumltigen woumlchentlichen Sitzungen statt
Themen der einzelnen Sitzungen sind Informationen und Wissenswertes uumlber Ruumlckenbeshy
schwerden und Haltung Informationen zur Wirbelsaumlule zu Baumlndern Bandscheiben und Musshy
kulatur sowie Sport Bewegung und Entspannung Ferner werden Zusammenhaumlnge des bioshy
psychosozialen Erklaumlrungsmodells in al1gemeinverstaumlndlicher Weise erarbeitet und verdeutshy
licht und das inuner wieder auftauchende Model1 - der Kreislauf des Schmerzes - eingeflihrt
Im Verlauf des Trainings werden Strategien zum Thema Genuss und Aufmerksamkeitslenshy
kung zur Beeinflussung hinderlicher und den Schmerz beguumlnstigender Gedanken sowie Strashy
tegien zur Foumlrderung von Al1tagsbalance vermittelt und cingeuumlbt Ein Uumlberblick uumlber den Abshy
lauf des Programms findet sich in Bild 3-1
Sitzung Inhalt I Ruumlckenschmerz Ziele Uumlbersicht Infonnationen zu Ruumlckenschmerzen und Haltung Ruumlckenshy- was tun uumlbunKen 1 Wunderwerk Informationen zu Wirbelsaumlule Bandscheiben Nerven Muskeln und AnspanshyRUumlcken nung Entspannung Ruumlckenuumlbungen 3 Die Schmerzshy Schmerzwahrnehmung und -verarbeitung (Stoumlrungsmodelle) Hindernisse schleu~e sich zu bewegen Genuss Entspannung Ruumlckenuumlbungen
Gefiihle und Gedanken Gedankenlawine Gedankenstopptechniken hilfreiche 4 Denkste Gedanken Entspannung Ruumlckenuumlbungen
5 Im Zentrum der Gedanken und Koumlrperreaktionen Strategien der internen und externen Aurmerksamkeit Aufmerksamkeitslenkung Entspannung Ruumlckenuumlbul1gCn
Alltagsbalance Energiekuchen Strategien zum Umgang mit Stress Entspanshy6 Balance-Akt nung Ruumlckenuumlbungen Wiederholung Vertiefung Transfer EntspannW1g Ruumlckenuumlbungen7 Null Problemo
Bild 3-1 Inhalte des Trainings Ruumlckhalt fUr den Alltag - in 7 Schritten
- 230shy
Im Gegensatz zu klassischen Bewegungsprogrammen und Ruumlckenschulen liegt der Fokus
nicht auf schweiszligtreibenden Uumlbungen zum Muskelaufbau sondern auf zahlreichen kurzen
Uumlbungen die sieh auch rur den Einsatz arn Arbeitsplatz eignen Das Training kann in Allshy
tagskleidung und in den jeweiligen Raumlumlichkeiten des Arbeitsplatzes erfolgen es senkt dashy
durch die Huumlrden fLir eine Teilnahme
Es beruht auf verhaltensmedizinischen bzw -therapeutischen Grundlagen wie z B denen des
biopsychosozialen Modells der Ruumlckenschmerzen und der Verhaltensanalyse und bedient
sich verhaltenstherapeutiseher Methodik (Aufklaumlrung Aktivienmg Konfrontation positive
Verstaumlrkung ete) Es wurde bzgl Sprache Auswahl und Durchfuhrung der Uumlbungen an den
Arbeitskontext der Finanzverwaltung angepasst und zielt auf die Foumlrderung bestehender Resshy
sourcen sowie des Selbstrnanagements rur einen gesunden Umgang mit der eigenen Ruumlckenshy
gesundheit ab
Neben den woumlchentlichen Sitzungen stellen Hausaufgaben und eine regelmaumlszligige telefonische
Begleitung zwischen den Sitzungen das Telefon-Coaching wichtige Elemente des Trainings
dar Hausaufgaben beziehen sich jeweils auf die in den Sitzungen neu erlernten Strategien und
sind in Form von Arbeitsblaumlttern aufbereitet die dem Teilnehmer die Uumlbung zwischen den
Sitzungen und die vertiefende Auseinandersetzung mit den Inhalten ermoumlglichen sollen Arshy
beits- und Informationsblaumltter werden in ein individuelles Arbeitsbuch einsortiert so dass die
Teilnehmer im Laufe des Trainings ihre persoumlnliohen Rlickenblicher zusammenstellen das
auch nach Ablauf des Trainings noch weiter zur Aufrechterhaltung des Gelernten und zur
Ruumlckbesinnung auf die eigenen Ressourcen und Kompetenzen genutzt werden kann Das Teshy
lefonmiddotCoaching dient der Unterstuumltzung des Selbstmanagements Die Teilnehmer werden vom
Trainervon der Trainerin fur bereits eingesetzte Strategien und Erfolge durch entsprechende
Ruumlckmeldung positiv verstaumlrkt bei Schwierigkeiten und Hindernissen motiviert und untershy
stuumltzt
Um den Teilnehmern welche sich in einer Gruppe bestehend aus Arbeitskollegen und u U
Vorgesetzten wiederfinden die Moumlglichkeit zu gewaumlhren ihre Privatsphaumlre zu schuumltzen sind
Uumlbungen darauf ausgerichtet und abgewandelt eigene Erlebensinhalte und Erfahrungen waumlhshy
rend der Uumlbung zu ermoumlglichen Auf anschlieszligenden Erfahrungsaustausch zur Erarbeitung der
Inhalte wird jedoch verzichtet bzw den Teilnehmern optional angeboten Um Inhalte die
durch die Uumlbungen verdeutlicht werden sollen dennoch erarbeiten zu koumlnnen wird stell vershy
- 231 shy
tretend fLir die fehlenden Teilnehmergespraumlchsbeitraumlge eine virtuelle Modellperson vorgeshy
stellt die alle Kriterien rur eine Teilnahme am Programm errullt und deren Beitraumlge im Anshy
schluss an durchgefLihrte Uumlbungen vorgestellt sowie mit den Teilnelunern diskutiert werden
Jede Sitzung ist nach einem wiederkehrenden Muster aufgebaut Zu Beginn steht die Einfuhshy
rung des Oberthemas der entsprechenden Sitzung in Form einer Uumlbung oder einer Praumlsentatishy
on Nach Informationsvermittlung theoretischer Grundlagen folgen entsprechende Strategien
zum Einsatz im Alltag die den Teilnehmern vorgestellt von ihnen selbst erarbeitet und ggf
ausprobiert werden
Da Bewegung und Aktivierung eine wichtige Rolle rur die Foumlrderung der Rlickengesundheit
darstellen sind Bewegungsuumlbungen die nach geringem Zeitaufwand geringem Schweregrad
und einfacher Anwendbarkeit am Arbeitsplatz ausgewaumlhlt sind Bestandteil jeder Sitzung Ab
Sitzung zwei gilt aumlhnliches auch fiir EntspalU1ungsuumlbungen Da die Gesundheit des Ruumlckens
stark von einer gesunden wie auch belastbaren Muskulatur abhaumlngt und Schmerzen haumlufig
durch uumlbermaumlszligige Anspannung der Muskulatur zustande kommen werden in jeder Sitzung
Moumlglichkeiten vennittelt wie sich Entspannung innerhalb kurzer Zeit und mit einpraumlgsamen
Uumlbungen herstellen laumlsst Neben den Hauptthemen der einzelnen Sitzungen findet durchgaumlnshy
gig die Motivierung zur Aufnahme oder Aufrechterhaltung sportlicher Betaumltigung in der Freishy
zeit der Teilnehmer statt Unterstuumltzt wird dies im Telefon-Coaching und in einzelnen Sitzunshy
gen durch Informationsvermittlung sowie Thematisierung von Hindernissen und deren Uumlbershy
windungsmoumlglichkeiten
4 Einsatz und Evaluation
Das Verhaltenstraining wurde in vier Finanzaumlmtern durchgeftihrt Zugangsvoraussetzungen
fuumlr eine Tcilnalune am Verhaltensprogramm ist das Vorliegen eines erhoumlhten Risikos fLir die
Entwicklung von Ruumlckenschmerzen Die Risikoennittlung erfolgte im Rahmen des Gesundshy
heitsprograrruns Aktion Gesunder Ruumlcken innerhalb der Teilnahme an einer Rlickenshy
Vorsorgeuntersuchung dem sog Rlickencheck Anhand eines Fragebogens zu Staumlrken und
Risiken fuumlr die Ruumlckengesundheit wurde hier das Risiko der Teilnehmer berechnet und eine
Empfehlung fuumlr die Teilnalune am Verhaltensprogramm ausgesprochen wenn ein mittleres
oder hohes Risiko vorlag Insgesamt erhielten diese Empfehlung 193 Personen von denen 50
Personen der Empfehlung nachkamen und am Verhaltenstraining tei lnahmen Das entspricht
- 232shy
einer Teilnahmequote von 2591 Die Teilnehmer waren durchschnittlich 4503 (SD 879)
Jahre alt 82 der Teilnehmer waren weiblich
Die Trainings wurden je nach Kapazitaumlt und Terminmoumlglichkeiten wenige Wochen in Anshy
schluss an die Vorsorgeuntersuchung Ruumlckencheck durchgefuumlhrt
41 Design Stichprobe und Erfolgsindikatoren
Der Einsatz des Verhaltensprogramms wurde im Wartelisten-Kontrollgruppen-Design evalushy
iert Die Teilnehmer des Verhaltensprogramms (Interventionsgruppe n = 10) nahmen jeweils
an einer Fragebogenerhebung zu Beginn des Programms (prauml) und einer zweiten Erhebung
nach Beendigung des Programms (Post) teil Gleichzeitig wurden in einer weiteren Gruppe
(Kontrollgruppe n = 30) Messungen zu vergleichbaren Zeitpunktcn durchgefiihrt ohne dass
diese Gruppe in der Zwischenzeit ein Training erhielt Das Verhaltensprogramm wurde in der
Wartelisten-Kontrollgruppe im Anschluss an die zweite Messung durchgefuumlhrt Aufgrund der
Einbindung der Evaluation in das laufende Geschehen des Gesundheitsmanagements mussten
die Gegebenheiten der Finanzbehoumlrden beruumlcksiChtigt werden und es konnte keine randomishy
sierte Zuteilung zu den Gruppen erfolgen
Der Trainingseffekt wurde durch verschiedene Indikatoren fuumlr einzelne Risiko- und Schutzshy
faktoren auf Erlebens- (Schmerzintensitaumlt Beeintraumlchtigungserleben) emotionaler
(Angst sich zu bewegen Depressivitaumlt) kognitiver (Angst-Vermeidungs-Gedanken
Selbstwirksamkeit) und Verhaltensebene (Allgemeine Bewegungsaktivitaumlt Zeit die
woumlchentlich rur Sport aufgebracht wird) gemessen Im Rahmen des vorliegenden Beitrags
werden die Ergebnisse folgender ausgewaumlhlter verhaltensbezogener und kognitiver Indikatoshy
ren dargestellt die sich auf die Unterstuumltzung und Foumlrderung persoumlnlicher Ressourcen bezie shy
hen die Zeit in Minuten die woumlchentlich fuumlr Sport aufgebracht wurde (Wie viel Zeit hashy
ben Sie sich bisher in der Wochen genommen um Sport zu treiben) die Allgemeine Beshy
wegungsaktivitaumlt (Bitte geben Sie an wie hoch Sie Ihre alltaumlgliche koumlrperliche Bewegung
einschaumltzen lI-stufige Antwortskala) und die Selbstwirksamkeit der Teilnehmer (7 HemS
in Anlehnung an Jerusalem 4-stufige Antwortskala Cronbachs a 839 - 919) Es besteht die
Annahme dass bei Wirksamkeit des Programms die erhobenen Werte der ausgewaumlhlten Indi shy
katoren nach Teilnahme am Verhaltensprogramm und somit nach Schulung Foumlrderung von
Copingstrategien und Kompetenzen sowie Motivienmg ansteigen waumlhrend in der Kontrollshy
- 233 shy
gruppe die zum zweiten Messzeitpunkt noch kein Training erhalten hatte keine Veraumlnderunshy
gen auftretcn
Die Unterschiede zwischen den Gruppen und der Veraumlnderungen uumlber die Zeit wurden vari shy
anzanalytisch uumlberpruumlft (ANOVA mit Messwiederholung)
42 Ergebnisse
Fuumlr die ausgewaumlhlten Indikatoren laumlsst sich folgendes beobachten In der Interventionsgruppe
steigt von Prauml- zu Postmessung die zeit die woumlchentlich fuumlr Sport aufgebracht wurde von
einem Mittelwert von 125 Minuten (SD 10168) zu einem Mittelwert von 19889 (SD
20739) waumlhrend in der Kontrollgruppe die in der Zwischenzeit keine Intervention crhielt ein
deutlicher Ruumlckgang von erstcr (M 20467 SD 19785) zu zweiter Messung (M 16308 SD
13635) zu beobachten ist Die Allgemeine Bewegungsaktivitaumll verzeichnet in der Intervenshy
tionsgruppe einen Anstieg der Mittelwerte von 36 (SD 178) auf 533 (SD 158) waumlhrend die
Werte irulerhalb der Kontrollgruppe beinahe unveraumlndert bleiben Die Selbstwirksamkeit
steigt in der Interventionsgruppe von 261 (SD 073) auf 303 (048) In der Kontrollgruppe
wird ebenfalls ein tendenzieller Anstieg beobachtet welcher jedoch nicht so deutlich ausfaumll1t
wie in der Interventionsgruppe Einen Uumlberblick uumlber Mittelwerte Standardabweichungen
und Effektstaumlrken liefert Bild 4-1
IntcntnlionSitrUPIl Konll9l nlDDt I ~~~~~~ rllppt
Tl S _ I_ TI _ 10Tl TI 1( c 28 I IC rillC 1kIunpakll-idl M 1 SJl $ 13 5tNoumlb SD) ( 1 1) f l SS) (2IIU (207) 1 192 Imiddot ~ idln ich Sport M IIS 1Of~7 16301bull inlln )Iillllttn (sO) 1 046 1092(1U1(t) 1t07l) 11J71S) ll lOS)
~intkt1 1 21 J 03 J7lt)cldurcllcin Sbl 1-4) (074) ISO) lO7) l041) (0S9) N - 19)
Bild 4-1 Mittelwerte und Standardabweichungen der ausgewaumlhlten Indikatoren fuumlr Intershy
ventions- und KontroUgruppe zu den Messzeitpunkten TI und T2 und Effektstaumlrshy
ken der Interventionsgruppe
In der varianzanalytischen Auswertung ergeben sich signifikante Interaktionseffekte zwischen
Zeit und Gruppe fuumlr Zeit die woumlchentlich fuumlr Sport aufgebracht wird (F (1 33) = 6558 p lt
051]2 166) und Al1gemeine Bewegungsaktivitaumlt (F (135) = 10650 P lt 0 I 1]2 = 239)
- 234shy
(siehe Bild 4-2) Das bedeutet dass Veraumlnderungen der beobachteten Messwerte nicht durch
zuPdllige Veraumlnderungen uumlber die Zeit sondern durch Wechselwirkungen zwischen Zeiteffekshy
ten und Gruppenzugehoumlrigkeit zustande kommen Die Zugehoumlrigkeit zur Interventionsgruppe
dh die Teilnahme am Verhaltensprogramm wirkt sich auf die Steigerung der woumlchentlichen
Zeit fuumlr Sport und der allgemeinen Bewegungsaktivitaumlt aus
1d IIr ~
~ 50
t
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shy
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~6308
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Bild 4-2 Veraumlnderungen der durchschnittlichen Zeit die woumlchentlich fuumlr Sport aufgeshy
bracht wird in Minuten und der Bewegungsaktivitaumlt von Messzeitpunkt T I zu
T 2 fuumlr Interventions- und Kontrollgruppe
Innerhalb der Interventionsgmppe zeigen sich sowohl fuumlr die Veraumlnderungen der Variablen
Allgemeine Bewegungsaktivitaumlt (d = 102 CI +- 096) als auch fLir Selbstwirksamkeit (d
= 108 CI +- 096) von Messzeitpunkt eins zu Messzeitpunkt zwei starke Effekte
5 Fazit
Trotz geringer Stichprobengroumlszlige weisen die Ergebnisse der vorliegenden Evaluation des Vershy
haltensprogramms Ruumlckhalt fLir den Alltag - in 7 Schritten auf eine Wirksamkeit bzgl Vershy
haltensaumlnderungen bzw Aumlnderungen der Selbstwirksamkeitseinschaumltzung auf Seiten der teil shy
nehmenden Beschaumlftigten hin Durch Schulung und Training von Fertigkeiten zum Umgang
mit Ruumlckenschmerzen durch Foumlrderung von Ressourcen und Selbstmanagement mit Hilfe des
praumlventiven verhaltenstherapeutisch orientierten Verhaltensprogramms kommt es zu einer
Steigerung der allgemeinen Bewegungsaktivitaumlt und die Beschaumlftigten investieren deutlich
mehr Zeit fLir sportliche Aktivitaumlten Signifikante Interaktionseffekte innerhalb der Varianzshy
analyse mit Messwiederholung weisen auf einen Einfluss des Verhaltensprogramms auf die
Verhaltensaumlnderung hin Fuumlr Verbesserungen der Selbstwirksamkeit lassen sich bei Teilnehshy
- 235 shy
mem des Verhaltensprogramms starke Effekte beobachten welche jedoch durch die varianzshy
analytische Auswertung nicht unterstuumltzt werden
Da durch den vorgegebenen Ralunen des Gesundheitsprogramms und des Gesundheitsmanashy
gementsystems keine Randomisierung der Gruppen moumlglich war und die Trainings im spezishy
ellen Kontext der Finanzverwaltung angeboten wurden wird eine weitere Evaluation erforshy
derlich sein um eine Generalisierung der erzielten Ergebnisse zu ermoumlglichen
Dennoch deuten die vorliegenden Ergebnisse darauf hin dass durch die Foumlrderung von koumlrshy
perlicher Aktivitaumlt und Selbstwirksamkeit psychologische R isikofaktoren wie Schonverhaltcn
Vermeidung und geringe Selbstwirksamkeitserwartung reduziert und somit die Wahrscheinshy
lichkeit fuumlr die Entwicklung zukuumlnftiger Ruumlckenschmerzen und damit zusammenhaumlngender
Beeintraumlchtigung eingeschraumlnkter Leistungsfahigkeit und drohender Arbeitsunfahigkeit vershy
ringert werden koumlnnen
Der geringe zeitliche Aufwand des Verhaltensprogramms von sieben Sitzungen in sieben
Wochen und damit eine einfache und unkomplizierte Handhabung zusammen mit diesen
Hinweisen auf Wirksamkeit bzgl einer Reduktion von Risikofaktoren und einer Foumlrderung
von Ressourcen und Kompetenzen steigern die Attraktivitaumlt des Programms sowohl fuumlr das
Unternehmen als auch fuumlr Beschaumlftigte
Literaturverzeichnis
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belsaumlule (S 328-339) Muumlnchen Urban amp Fischer
- 237shy
Gefaumlhrdungsbeurteilung Psychische Belastung (GPB) bei der Daimler AG
Ursula SpeIlenberg Kai Taddicken
1 Einleitung
Das Thcmenfeld psychische Belastung wird im gesellschaftlichen Kontext seit einigen Jahren
zunclunend als ein volks- und betriebswirtschaftlicher Problembereich diskutiert Es krull der
Eindruck entstehen dass es sich dabei um ein Trend-Thema handelt wld durch verschiedenste
Organisationen und Verbaumlnde verstaumlrkt eine Politisierung erfahrt
Auch im Betrieb gewirmt die Thematik psychische Belastung immer mehr an Bedeutung und
stellt viele Unternelunen gleichzeitig vor das Problem wie mm den Auswirkungen dieses
Phaumlnomens entgegnen kann Das Auftreten psychischer Belastwlgen in der Arbeitswelt ist
unumstritten und die aktuelle Brisanz um das Thema zeigt dass nach wie vor Infonnationen
und Handlungshilfen rur alle am Arbeitsprozess beteiligten Parteien notwendig sind Derm die
Beruumlcksichtigung von psychischen Belastungen ist nicht nur im Rahmen der gesetzlichen Geshy
fahrdungsbeurteilung ein Thema Ebenso ist es wichtig sich mit der Erfassung und Bewershy
tung psychischer Belastung zu beschaumlftigen um eine wettbewerbsfahige Belegschaft zu geshy
waumlhrleisten
Der vorliegende Beitrag beschaumlftigt sich zunaumlchst mit den Begrifflichkeiten und Hintergruumlnshy
den im Themenfeld psychische Belastungen allgemein geht darm auf die Gefahrdwlgsbeurshy
teilung ein und beschreibt anschlieszligend die Aktivitaumlten der Daimler AG im Bereich psychishy
sche Belastungen
2 Psychische Belastung in der Arbeitswelt
Fuumlr eine sachliche Bearbeitung der Thematik bedarf es zunaumlchst der Entwicklung eines geshy
meinsamen Verstaumlndnisses zum Thema psychische Belastung Die Aufmerksrunkeit im Ausshy
tausch uumlber psychische Belastung wird zumeist einseitig auf einen bestimmten Teil der Geshy
sellschaft gelenkt - auf die Arbeitswelt
- 228shy
22 Maszlignahmen
Zur Behandlung von Ruumlckenschmerzen koumlnnen unterschiedliche Maszlignahmen herangezogen
werden Neben klassischen Ansaumltzen wie medikamentoumlser Behandlung Ruumlckenschule Lenshy
denstuumltzguumlrtel Akupunktur und Massage etc erweisen sich verhaltenstherapeutisch ausgeshy
richtete Angebote als besonders wirksam (McCrackenlTurk 2002) Sie bewirken Veraumlnderunshy
gen im SchmerzerIeben Verbesserung des al1gemeinen Funktionsniveaus und verringerte Inshy
anspruchnahme von Leistungen des Gesundheitssystems Kognitiv-behavioral ausgerichtete
Behandlungsangebote erweisen sich hier nicht nur im Vergleich zu Wartelistenshy
Kontrol1gruppen sondern auch gegenuumlber alternativen Behandlungsangeboten wie z B Bioshy
Feedback und Pharmakotherapie als wirksam (MorleylEcclestoneWilliams 1999) Sie zeichshy
nen sich durch den Einsatz und die Vermittlung von Bewaumlltigungs- bzw Copingstratcgien auf
unterschiedlichen Ebenen aus Verhaltenstherapeutisch orientierte Behandlungsansaumltze greishy
fen auf verhaltenstherapeutische Methoden wie z B Entspannung Aktivitaumltenaufbau sowie
kognitive Techniken zur Veraumlnderung von gedanklichen Bewertungen und emotionalen Reakshy
tionen zuruumlck
Um Veraumlnderungen im Verhalten der Beschaumlftigten zu erzielen und somit Risikofaktoren fur
Ruumlckenbeschwerden und damit die Gefahr von Chronifizierung schweren Beeintraumlchtigunshy
gen und Arbeitsunflihigkeit zu beseitigen soHten verhaltenstherapeutisch orientierte praumlvenshy
tiv ausgerichtete Angebote eingesetzt werden die die Beschaumlftigten bzgl angemessenen Umshy
gangs mit Ruumlckenschmerzen schulen ihre Ressourcen staumlrken und ihren Handlungsspielraum
somit erweitern
3 Verhaltensprogramm Ruumlckhalt fuumlr den AHtag - in 7 Schritten als Bestandteil eishy
nes Gesundheitsmanagementsystems
31 Ziele des Programms
Durch das praumlventive und verhaltenstherapeutiscb orientierte Verhaltensprogramm Ruumlckhalt
fUr den Alltag - in 7 Schritten sollen Risikofaktoren abgebaut und Kompetenzen und Resshy
sourcen der Beschaumlftigten in Hinblick auf den Umgang mit Ruumlckenschmerzen und beschwershy
den gefoumlrdert werden um somit die Wahrscheinlichkeit filr ein Auftreten zukuumlnftiger Ruumlkshy
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kcnbeschwcrdcn mit seinen Folgen zu minimieren Hier sol1 insbesondere Beeintraumlchtigungen
durch RuumlckcnschmerLcn vorgebeugt werden
32 Merkmale Ablauf und Elemente des Programms
Das Verhaltensprogramm Ruumlckhalt fur den Al1tag - in 7 Schritten richtet sich an arbeitsfaumlshy
hige Personen innerhalb der Finanzverwaltung die eine uumlberwiegend sitzende Taumltigkeit ausshy
uumlben bereits unter Ruumlckensclunerzen gelitten haben und einem im Vorsorgecheck des o g
Gesundheitsprogramms ermittelten mittleren oder hohen Risiko unterliegen zukuumlnftige Ruumlkshy
kenschmcrzen zu entwickeln Das Training ist auf eine Gruppengroumlszlige von 8-12 Personen
ausgerichtet und findet in insgesamt sieben 90-minuumltigen woumlchentlichen Sitzungen statt
Themen der einzelnen Sitzungen sind Informationen und Wissenswertes uumlber Ruumlckenbeshy
schwerden und Haltung Informationen zur Wirbelsaumlule zu Baumlndern Bandscheiben und Musshy
kulatur sowie Sport Bewegung und Entspannung Ferner werden Zusammenhaumlnge des bioshy
psychosozialen Erklaumlrungsmodells in al1gemeinverstaumlndlicher Weise erarbeitet und verdeutshy
licht und das inuner wieder auftauchende Model1 - der Kreislauf des Schmerzes - eingeflihrt
Im Verlauf des Trainings werden Strategien zum Thema Genuss und Aufmerksamkeitslenshy
kung zur Beeinflussung hinderlicher und den Schmerz beguumlnstigender Gedanken sowie Strashy
tegien zur Foumlrderung von Al1tagsbalance vermittelt und cingeuumlbt Ein Uumlberblick uumlber den Abshy
lauf des Programms findet sich in Bild 3-1
Sitzung Inhalt I Ruumlckenschmerz Ziele Uumlbersicht Infonnationen zu Ruumlckenschmerzen und Haltung Ruumlckenshy- was tun uumlbunKen 1 Wunderwerk Informationen zu Wirbelsaumlule Bandscheiben Nerven Muskeln und AnspanshyRUumlcken nung Entspannung Ruumlckenuumlbungen 3 Die Schmerzshy Schmerzwahrnehmung und -verarbeitung (Stoumlrungsmodelle) Hindernisse schleu~e sich zu bewegen Genuss Entspannung Ruumlckenuumlbungen
Gefiihle und Gedanken Gedankenlawine Gedankenstopptechniken hilfreiche 4 Denkste Gedanken Entspannung Ruumlckenuumlbungen
5 Im Zentrum der Gedanken und Koumlrperreaktionen Strategien der internen und externen Aurmerksamkeit Aufmerksamkeitslenkung Entspannung Ruumlckenuumlbul1gCn
Alltagsbalance Energiekuchen Strategien zum Umgang mit Stress Entspanshy6 Balance-Akt nung Ruumlckenuumlbungen Wiederholung Vertiefung Transfer EntspannW1g Ruumlckenuumlbungen7 Null Problemo
Bild 3-1 Inhalte des Trainings Ruumlckhalt fUr den Alltag - in 7 Schritten
- 230shy
Im Gegensatz zu klassischen Bewegungsprogrammen und Ruumlckenschulen liegt der Fokus
nicht auf schweiszligtreibenden Uumlbungen zum Muskelaufbau sondern auf zahlreichen kurzen
Uumlbungen die sieh auch rur den Einsatz arn Arbeitsplatz eignen Das Training kann in Allshy
tagskleidung und in den jeweiligen Raumlumlichkeiten des Arbeitsplatzes erfolgen es senkt dashy
durch die Huumlrden fLir eine Teilnahme
Es beruht auf verhaltensmedizinischen bzw -therapeutischen Grundlagen wie z B denen des
biopsychosozialen Modells der Ruumlckenschmerzen und der Verhaltensanalyse und bedient
sich verhaltenstherapeutiseher Methodik (Aufklaumlrung Aktivienmg Konfrontation positive
Verstaumlrkung ete) Es wurde bzgl Sprache Auswahl und Durchfuhrung der Uumlbungen an den
Arbeitskontext der Finanzverwaltung angepasst und zielt auf die Foumlrderung bestehender Resshy
sourcen sowie des Selbstrnanagements rur einen gesunden Umgang mit der eigenen Ruumlckenshy
gesundheit ab
Neben den woumlchentlichen Sitzungen stellen Hausaufgaben und eine regelmaumlszligige telefonische
Begleitung zwischen den Sitzungen das Telefon-Coaching wichtige Elemente des Trainings
dar Hausaufgaben beziehen sich jeweils auf die in den Sitzungen neu erlernten Strategien und
sind in Form von Arbeitsblaumlttern aufbereitet die dem Teilnehmer die Uumlbung zwischen den
Sitzungen und die vertiefende Auseinandersetzung mit den Inhalten ermoumlglichen sollen Arshy
beits- und Informationsblaumltter werden in ein individuelles Arbeitsbuch einsortiert so dass die
Teilnehmer im Laufe des Trainings ihre persoumlnliohen Rlickenblicher zusammenstellen das
auch nach Ablauf des Trainings noch weiter zur Aufrechterhaltung des Gelernten und zur
Ruumlckbesinnung auf die eigenen Ressourcen und Kompetenzen genutzt werden kann Das Teshy
lefonmiddotCoaching dient der Unterstuumltzung des Selbstmanagements Die Teilnehmer werden vom
Trainervon der Trainerin fur bereits eingesetzte Strategien und Erfolge durch entsprechende
Ruumlckmeldung positiv verstaumlrkt bei Schwierigkeiten und Hindernissen motiviert und untershy
stuumltzt
Um den Teilnehmern welche sich in einer Gruppe bestehend aus Arbeitskollegen und u U
Vorgesetzten wiederfinden die Moumlglichkeit zu gewaumlhren ihre Privatsphaumlre zu schuumltzen sind
Uumlbungen darauf ausgerichtet und abgewandelt eigene Erlebensinhalte und Erfahrungen waumlhshy
rend der Uumlbung zu ermoumlglichen Auf anschlieszligenden Erfahrungsaustausch zur Erarbeitung der
Inhalte wird jedoch verzichtet bzw den Teilnehmern optional angeboten Um Inhalte die
durch die Uumlbungen verdeutlicht werden sollen dennoch erarbeiten zu koumlnnen wird stell vershy
- 231 shy
tretend fLir die fehlenden Teilnehmergespraumlchsbeitraumlge eine virtuelle Modellperson vorgeshy
stellt die alle Kriterien rur eine Teilnahme am Programm errullt und deren Beitraumlge im Anshy
schluss an durchgefLihrte Uumlbungen vorgestellt sowie mit den Teilnelunern diskutiert werden
Jede Sitzung ist nach einem wiederkehrenden Muster aufgebaut Zu Beginn steht die Einfuhshy
rung des Oberthemas der entsprechenden Sitzung in Form einer Uumlbung oder einer Praumlsentatishy
on Nach Informationsvermittlung theoretischer Grundlagen folgen entsprechende Strategien
zum Einsatz im Alltag die den Teilnehmern vorgestellt von ihnen selbst erarbeitet und ggf
ausprobiert werden
Da Bewegung und Aktivierung eine wichtige Rolle rur die Foumlrderung der Rlickengesundheit
darstellen sind Bewegungsuumlbungen die nach geringem Zeitaufwand geringem Schweregrad
und einfacher Anwendbarkeit am Arbeitsplatz ausgewaumlhlt sind Bestandteil jeder Sitzung Ab
Sitzung zwei gilt aumlhnliches auch fiir EntspalU1ungsuumlbungen Da die Gesundheit des Ruumlckens
stark von einer gesunden wie auch belastbaren Muskulatur abhaumlngt und Schmerzen haumlufig
durch uumlbermaumlszligige Anspannung der Muskulatur zustande kommen werden in jeder Sitzung
Moumlglichkeiten vennittelt wie sich Entspannung innerhalb kurzer Zeit und mit einpraumlgsamen
Uumlbungen herstellen laumlsst Neben den Hauptthemen der einzelnen Sitzungen findet durchgaumlnshy
gig die Motivierung zur Aufnahme oder Aufrechterhaltung sportlicher Betaumltigung in der Freishy
zeit der Teilnehmer statt Unterstuumltzt wird dies im Telefon-Coaching und in einzelnen Sitzunshy
gen durch Informationsvermittlung sowie Thematisierung von Hindernissen und deren Uumlbershy
windungsmoumlglichkeiten
4 Einsatz und Evaluation
Das Verhaltenstraining wurde in vier Finanzaumlmtern durchgeftihrt Zugangsvoraussetzungen
fuumlr eine Tcilnalune am Verhaltensprogramm ist das Vorliegen eines erhoumlhten Risikos fLir die
Entwicklung von Ruumlckenschmerzen Die Risikoennittlung erfolgte im Rahmen des Gesundshy
heitsprograrruns Aktion Gesunder Ruumlcken innerhalb der Teilnahme an einer Rlickenshy
Vorsorgeuntersuchung dem sog Rlickencheck Anhand eines Fragebogens zu Staumlrken und
Risiken fuumlr die Ruumlckengesundheit wurde hier das Risiko der Teilnehmer berechnet und eine
Empfehlung fuumlr die Teilnalune am Verhaltensprogramm ausgesprochen wenn ein mittleres
oder hohes Risiko vorlag Insgesamt erhielten diese Empfehlung 193 Personen von denen 50
Personen der Empfehlung nachkamen und am Verhaltenstraining tei lnahmen Das entspricht
- 232shy
einer Teilnahmequote von 2591 Die Teilnehmer waren durchschnittlich 4503 (SD 879)
Jahre alt 82 der Teilnehmer waren weiblich
Die Trainings wurden je nach Kapazitaumlt und Terminmoumlglichkeiten wenige Wochen in Anshy
schluss an die Vorsorgeuntersuchung Ruumlckencheck durchgefuumlhrt
41 Design Stichprobe und Erfolgsindikatoren
Der Einsatz des Verhaltensprogramms wurde im Wartelisten-Kontrollgruppen-Design evalushy
iert Die Teilnehmer des Verhaltensprogramms (Interventionsgruppe n = 10) nahmen jeweils
an einer Fragebogenerhebung zu Beginn des Programms (prauml) und einer zweiten Erhebung
nach Beendigung des Programms (Post) teil Gleichzeitig wurden in einer weiteren Gruppe
(Kontrollgruppe n = 30) Messungen zu vergleichbaren Zeitpunktcn durchgefiihrt ohne dass
diese Gruppe in der Zwischenzeit ein Training erhielt Das Verhaltensprogramm wurde in der
Wartelisten-Kontrollgruppe im Anschluss an die zweite Messung durchgefuumlhrt Aufgrund der
Einbindung der Evaluation in das laufende Geschehen des Gesundheitsmanagements mussten
die Gegebenheiten der Finanzbehoumlrden beruumlcksiChtigt werden und es konnte keine randomishy
sierte Zuteilung zu den Gruppen erfolgen
Der Trainingseffekt wurde durch verschiedene Indikatoren fuumlr einzelne Risiko- und Schutzshy
faktoren auf Erlebens- (Schmerzintensitaumlt Beeintraumlchtigungserleben) emotionaler
(Angst sich zu bewegen Depressivitaumlt) kognitiver (Angst-Vermeidungs-Gedanken
Selbstwirksamkeit) und Verhaltensebene (Allgemeine Bewegungsaktivitaumlt Zeit die
woumlchentlich rur Sport aufgebracht wird) gemessen Im Rahmen des vorliegenden Beitrags
werden die Ergebnisse folgender ausgewaumlhlter verhaltensbezogener und kognitiver Indikatoshy
ren dargestellt die sich auf die Unterstuumltzung und Foumlrderung persoumlnlicher Ressourcen bezie shy
hen die Zeit in Minuten die woumlchentlich fuumlr Sport aufgebracht wurde (Wie viel Zeit hashy
ben Sie sich bisher in der Wochen genommen um Sport zu treiben) die Allgemeine Beshy
wegungsaktivitaumlt (Bitte geben Sie an wie hoch Sie Ihre alltaumlgliche koumlrperliche Bewegung
einschaumltzen lI-stufige Antwortskala) und die Selbstwirksamkeit der Teilnehmer (7 HemS
in Anlehnung an Jerusalem 4-stufige Antwortskala Cronbachs a 839 - 919) Es besteht die
Annahme dass bei Wirksamkeit des Programms die erhobenen Werte der ausgewaumlhlten Indi shy
katoren nach Teilnahme am Verhaltensprogramm und somit nach Schulung Foumlrderung von
Copingstrategien und Kompetenzen sowie Motivienmg ansteigen waumlhrend in der Kontrollshy
- 233 shy
gruppe die zum zweiten Messzeitpunkt noch kein Training erhalten hatte keine Veraumlnderunshy
gen auftretcn
Die Unterschiede zwischen den Gruppen und der Veraumlnderungen uumlber die Zeit wurden vari shy
anzanalytisch uumlberpruumlft (ANOVA mit Messwiederholung)
42 Ergebnisse
Fuumlr die ausgewaumlhlten Indikatoren laumlsst sich folgendes beobachten In der Interventionsgruppe
steigt von Prauml- zu Postmessung die zeit die woumlchentlich fuumlr Sport aufgebracht wurde von
einem Mittelwert von 125 Minuten (SD 10168) zu einem Mittelwert von 19889 (SD
20739) waumlhrend in der Kontrollgruppe die in der Zwischenzeit keine Intervention crhielt ein
deutlicher Ruumlckgang von erstcr (M 20467 SD 19785) zu zweiter Messung (M 16308 SD
13635) zu beobachten ist Die Allgemeine Bewegungsaktivitaumll verzeichnet in der Intervenshy
tionsgruppe einen Anstieg der Mittelwerte von 36 (SD 178) auf 533 (SD 158) waumlhrend die
Werte irulerhalb der Kontrollgruppe beinahe unveraumlndert bleiben Die Selbstwirksamkeit
steigt in der Interventionsgruppe von 261 (SD 073) auf 303 (048) In der Kontrollgruppe
wird ebenfalls ein tendenzieller Anstieg beobachtet welcher jedoch nicht so deutlich ausfaumll1t
wie in der Interventionsgruppe Einen Uumlberblick uumlber Mittelwerte Standardabweichungen
und Effektstaumlrken liefert Bild 4-1
IntcntnlionSitrUPIl Konll9l nlDDt I ~~~~~~ rllppt
Tl S _ I_ TI _ 10Tl TI 1( c 28 I IC rillC 1kIunpakll-idl M 1 SJl $ 13 5tNoumlb SD) ( 1 1) f l SS) (2IIU (207) 1 192 Imiddot ~ idln ich Sport M IIS 1Of~7 16301bull inlln )Iillllttn (sO) 1 046 1092(1U1(t) 1t07l) 11J71S) ll lOS)
~intkt1 1 21 J 03 J7lt)cldurcllcin Sbl 1-4) (074) ISO) lO7) l041) (0S9) N - 19)
Bild 4-1 Mittelwerte und Standardabweichungen der ausgewaumlhlten Indikatoren fuumlr Intershy
ventions- und KontroUgruppe zu den Messzeitpunkten TI und T2 und Effektstaumlrshy
ken der Interventionsgruppe
In der varianzanalytischen Auswertung ergeben sich signifikante Interaktionseffekte zwischen
Zeit und Gruppe fuumlr Zeit die woumlchentlich fuumlr Sport aufgebracht wird (F (1 33) = 6558 p lt
051]2 166) und Al1gemeine Bewegungsaktivitaumlt (F (135) = 10650 P lt 0 I 1]2 = 239)
- 234shy
(siehe Bild 4-2) Das bedeutet dass Veraumlnderungen der beobachteten Messwerte nicht durch
zuPdllige Veraumlnderungen uumlber die Zeit sondern durch Wechselwirkungen zwischen Zeiteffekshy
ten und Gruppenzugehoumlrigkeit zustande kommen Die Zugehoumlrigkeit zur Interventionsgruppe
dh die Teilnahme am Verhaltensprogramm wirkt sich auf die Steigerung der woumlchentlichen
Zeit fuumlr Sport und der allgemeinen Bewegungsaktivitaumlt aus
1d IIr ~
~ 50
t
I==shy~~
shy
__ 09-shy
~6308
~~lUl 1=shybull ~
r ~ ~~~
~
I bull
11 T
Bild 4-2 Veraumlnderungen der durchschnittlichen Zeit die woumlchentlich fuumlr Sport aufgeshy
bracht wird in Minuten und der Bewegungsaktivitaumlt von Messzeitpunkt T I zu
T 2 fuumlr Interventions- und Kontrollgruppe
Innerhalb der Interventionsgmppe zeigen sich sowohl fuumlr die Veraumlnderungen der Variablen
Allgemeine Bewegungsaktivitaumlt (d = 102 CI +- 096) als auch fLir Selbstwirksamkeit (d
= 108 CI +- 096) von Messzeitpunkt eins zu Messzeitpunkt zwei starke Effekte
5 Fazit
Trotz geringer Stichprobengroumlszlige weisen die Ergebnisse der vorliegenden Evaluation des Vershy
haltensprogramms Ruumlckhalt fLir den Alltag - in 7 Schritten auf eine Wirksamkeit bzgl Vershy
haltensaumlnderungen bzw Aumlnderungen der Selbstwirksamkeitseinschaumltzung auf Seiten der teil shy
nehmenden Beschaumlftigten hin Durch Schulung und Training von Fertigkeiten zum Umgang
mit Ruumlckenschmerzen durch Foumlrderung von Ressourcen und Selbstmanagement mit Hilfe des
praumlventiven verhaltenstherapeutisch orientierten Verhaltensprogramms kommt es zu einer
Steigerung der allgemeinen Bewegungsaktivitaumlt und die Beschaumlftigten investieren deutlich
mehr Zeit fLir sportliche Aktivitaumlten Signifikante Interaktionseffekte innerhalb der Varianzshy
analyse mit Messwiederholung weisen auf einen Einfluss des Verhaltensprogramms auf die
Verhaltensaumlnderung hin Fuumlr Verbesserungen der Selbstwirksamkeit lassen sich bei Teilnehshy
- 235 shy
mem des Verhaltensprogramms starke Effekte beobachten welche jedoch durch die varianzshy
analytische Auswertung nicht unterstuumltzt werden
Da durch den vorgegebenen Ralunen des Gesundheitsprogramms und des Gesundheitsmanashy
gementsystems keine Randomisierung der Gruppen moumlglich war und die Trainings im spezishy
ellen Kontext der Finanzverwaltung angeboten wurden wird eine weitere Evaluation erforshy
derlich sein um eine Generalisierung der erzielten Ergebnisse zu ermoumlglichen
Dennoch deuten die vorliegenden Ergebnisse darauf hin dass durch die Foumlrderung von koumlrshy
perlicher Aktivitaumlt und Selbstwirksamkeit psychologische R isikofaktoren wie Schonverhaltcn
Vermeidung und geringe Selbstwirksamkeitserwartung reduziert und somit die Wahrscheinshy
lichkeit fuumlr die Entwicklung zukuumlnftiger Ruumlckenschmerzen und damit zusammenhaumlngender
Beeintraumlchtigung eingeschraumlnkter Leistungsfahigkeit und drohender Arbeitsunfahigkeit vershy
ringert werden koumlnnen
Der geringe zeitliche Aufwand des Verhaltensprogramms von sieben Sitzungen in sieben
Wochen und damit eine einfache und unkomplizierte Handhabung zusammen mit diesen
Hinweisen auf Wirksamkeit bzgl einer Reduktion von Risikofaktoren und einer Foumlrderung
von Ressourcen und Kompetenzen steigern die Attraktivitaumlt des Programms sowohl fuumlr das
Unternehmen als auch fuumlr Beschaumlftigte
Literaturverzeichnis
Burton A K Tillotson K M Main C J Hollis S (1995) Psychosocial Predictors of outshycome in acute and subchronic low back trouble Spine 20 S 722-728
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belsaumlule (S 328-339) Muumlnchen Urban amp Fischer
- 237shy
Gefaumlhrdungsbeurteilung Psychische Belastung (GPB) bei der Daimler AG
Ursula SpeIlenberg Kai Taddicken
1 Einleitung
Das Thcmenfeld psychische Belastung wird im gesellschaftlichen Kontext seit einigen Jahren
zunclunend als ein volks- und betriebswirtschaftlicher Problembereich diskutiert Es krull der
Eindruck entstehen dass es sich dabei um ein Trend-Thema handelt wld durch verschiedenste
Organisationen und Verbaumlnde verstaumlrkt eine Politisierung erfahrt
Auch im Betrieb gewirmt die Thematik psychische Belastung immer mehr an Bedeutung und
stellt viele Unternelunen gleichzeitig vor das Problem wie mm den Auswirkungen dieses
Phaumlnomens entgegnen kann Das Auftreten psychischer Belastwlgen in der Arbeitswelt ist
unumstritten und die aktuelle Brisanz um das Thema zeigt dass nach wie vor Infonnationen
und Handlungshilfen rur alle am Arbeitsprozess beteiligten Parteien notwendig sind Derm die
Beruumlcksichtigung von psychischen Belastungen ist nicht nur im Rahmen der gesetzlichen Geshy
fahrdungsbeurteilung ein Thema Ebenso ist es wichtig sich mit der Erfassung und Bewershy
tung psychischer Belastung zu beschaumlftigen um eine wettbewerbsfahige Belegschaft zu geshy
waumlhrleisten
Der vorliegende Beitrag beschaumlftigt sich zunaumlchst mit den Begrifflichkeiten und Hintergruumlnshy
den im Themenfeld psychische Belastungen allgemein geht darm auf die Gefahrdwlgsbeurshy
teilung ein und beschreibt anschlieszligend die Aktivitaumlten der Daimler AG im Bereich psychishy
sche Belastungen
2 Psychische Belastung in der Arbeitswelt
Fuumlr eine sachliche Bearbeitung der Thematik bedarf es zunaumlchst der Entwicklung eines geshy
meinsamen Verstaumlndnisses zum Thema psychische Belastung Die Aufmerksrunkeit im Ausshy
tausch uumlber psychische Belastung wird zumeist einseitig auf einen bestimmten Teil der Geshy
sellschaft gelenkt - auf die Arbeitswelt
- 230shy
Im Gegensatz zu klassischen Bewegungsprogrammen und Ruumlckenschulen liegt der Fokus
nicht auf schweiszligtreibenden Uumlbungen zum Muskelaufbau sondern auf zahlreichen kurzen
Uumlbungen die sieh auch rur den Einsatz arn Arbeitsplatz eignen Das Training kann in Allshy
tagskleidung und in den jeweiligen Raumlumlichkeiten des Arbeitsplatzes erfolgen es senkt dashy
durch die Huumlrden fLir eine Teilnahme
Es beruht auf verhaltensmedizinischen bzw -therapeutischen Grundlagen wie z B denen des
biopsychosozialen Modells der Ruumlckenschmerzen und der Verhaltensanalyse und bedient
sich verhaltenstherapeutiseher Methodik (Aufklaumlrung Aktivienmg Konfrontation positive
Verstaumlrkung ete) Es wurde bzgl Sprache Auswahl und Durchfuhrung der Uumlbungen an den
Arbeitskontext der Finanzverwaltung angepasst und zielt auf die Foumlrderung bestehender Resshy
sourcen sowie des Selbstrnanagements rur einen gesunden Umgang mit der eigenen Ruumlckenshy
gesundheit ab
Neben den woumlchentlichen Sitzungen stellen Hausaufgaben und eine regelmaumlszligige telefonische
Begleitung zwischen den Sitzungen das Telefon-Coaching wichtige Elemente des Trainings
dar Hausaufgaben beziehen sich jeweils auf die in den Sitzungen neu erlernten Strategien und
sind in Form von Arbeitsblaumlttern aufbereitet die dem Teilnehmer die Uumlbung zwischen den
Sitzungen und die vertiefende Auseinandersetzung mit den Inhalten ermoumlglichen sollen Arshy
beits- und Informationsblaumltter werden in ein individuelles Arbeitsbuch einsortiert so dass die
Teilnehmer im Laufe des Trainings ihre persoumlnliohen Rlickenblicher zusammenstellen das
auch nach Ablauf des Trainings noch weiter zur Aufrechterhaltung des Gelernten und zur
Ruumlckbesinnung auf die eigenen Ressourcen und Kompetenzen genutzt werden kann Das Teshy
lefonmiddotCoaching dient der Unterstuumltzung des Selbstmanagements Die Teilnehmer werden vom
Trainervon der Trainerin fur bereits eingesetzte Strategien und Erfolge durch entsprechende
Ruumlckmeldung positiv verstaumlrkt bei Schwierigkeiten und Hindernissen motiviert und untershy
stuumltzt
Um den Teilnehmern welche sich in einer Gruppe bestehend aus Arbeitskollegen und u U
Vorgesetzten wiederfinden die Moumlglichkeit zu gewaumlhren ihre Privatsphaumlre zu schuumltzen sind
Uumlbungen darauf ausgerichtet und abgewandelt eigene Erlebensinhalte und Erfahrungen waumlhshy
rend der Uumlbung zu ermoumlglichen Auf anschlieszligenden Erfahrungsaustausch zur Erarbeitung der
Inhalte wird jedoch verzichtet bzw den Teilnehmern optional angeboten Um Inhalte die
durch die Uumlbungen verdeutlicht werden sollen dennoch erarbeiten zu koumlnnen wird stell vershy
- 231 shy
tretend fLir die fehlenden Teilnehmergespraumlchsbeitraumlge eine virtuelle Modellperson vorgeshy
stellt die alle Kriterien rur eine Teilnahme am Programm errullt und deren Beitraumlge im Anshy
schluss an durchgefLihrte Uumlbungen vorgestellt sowie mit den Teilnelunern diskutiert werden
Jede Sitzung ist nach einem wiederkehrenden Muster aufgebaut Zu Beginn steht die Einfuhshy
rung des Oberthemas der entsprechenden Sitzung in Form einer Uumlbung oder einer Praumlsentatishy
on Nach Informationsvermittlung theoretischer Grundlagen folgen entsprechende Strategien
zum Einsatz im Alltag die den Teilnehmern vorgestellt von ihnen selbst erarbeitet und ggf
ausprobiert werden
Da Bewegung und Aktivierung eine wichtige Rolle rur die Foumlrderung der Rlickengesundheit
darstellen sind Bewegungsuumlbungen die nach geringem Zeitaufwand geringem Schweregrad
und einfacher Anwendbarkeit am Arbeitsplatz ausgewaumlhlt sind Bestandteil jeder Sitzung Ab
Sitzung zwei gilt aumlhnliches auch fiir EntspalU1ungsuumlbungen Da die Gesundheit des Ruumlckens
stark von einer gesunden wie auch belastbaren Muskulatur abhaumlngt und Schmerzen haumlufig
durch uumlbermaumlszligige Anspannung der Muskulatur zustande kommen werden in jeder Sitzung
Moumlglichkeiten vennittelt wie sich Entspannung innerhalb kurzer Zeit und mit einpraumlgsamen
Uumlbungen herstellen laumlsst Neben den Hauptthemen der einzelnen Sitzungen findet durchgaumlnshy
gig die Motivierung zur Aufnahme oder Aufrechterhaltung sportlicher Betaumltigung in der Freishy
zeit der Teilnehmer statt Unterstuumltzt wird dies im Telefon-Coaching und in einzelnen Sitzunshy
gen durch Informationsvermittlung sowie Thematisierung von Hindernissen und deren Uumlbershy
windungsmoumlglichkeiten
4 Einsatz und Evaluation
Das Verhaltenstraining wurde in vier Finanzaumlmtern durchgeftihrt Zugangsvoraussetzungen
fuumlr eine Tcilnalune am Verhaltensprogramm ist das Vorliegen eines erhoumlhten Risikos fLir die
Entwicklung von Ruumlckenschmerzen Die Risikoennittlung erfolgte im Rahmen des Gesundshy
heitsprograrruns Aktion Gesunder Ruumlcken innerhalb der Teilnahme an einer Rlickenshy
Vorsorgeuntersuchung dem sog Rlickencheck Anhand eines Fragebogens zu Staumlrken und
Risiken fuumlr die Ruumlckengesundheit wurde hier das Risiko der Teilnehmer berechnet und eine
Empfehlung fuumlr die Teilnalune am Verhaltensprogramm ausgesprochen wenn ein mittleres
oder hohes Risiko vorlag Insgesamt erhielten diese Empfehlung 193 Personen von denen 50
Personen der Empfehlung nachkamen und am Verhaltenstraining tei lnahmen Das entspricht
- 232shy
einer Teilnahmequote von 2591 Die Teilnehmer waren durchschnittlich 4503 (SD 879)
Jahre alt 82 der Teilnehmer waren weiblich
Die Trainings wurden je nach Kapazitaumlt und Terminmoumlglichkeiten wenige Wochen in Anshy
schluss an die Vorsorgeuntersuchung Ruumlckencheck durchgefuumlhrt
41 Design Stichprobe und Erfolgsindikatoren
Der Einsatz des Verhaltensprogramms wurde im Wartelisten-Kontrollgruppen-Design evalushy
iert Die Teilnehmer des Verhaltensprogramms (Interventionsgruppe n = 10) nahmen jeweils
an einer Fragebogenerhebung zu Beginn des Programms (prauml) und einer zweiten Erhebung
nach Beendigung des Programms (Post) teil Gleichzeitig wurden in einer weiteren Gruppe
(Kontrollgruppe n = 30) Messungen zu vergleichbaren Zeitpunktcn durchgefiihrt ohne dass
diese Gruppe in der Zwischenzeit ein Training erhielt Das Verhaltensprogramm wurde in der
Wartelisten-Kontrollgruppe im Anschluss an die zweite Messung durchgefuumlhrt Aufgrund der
Einbindung der Evaluation in das laufende Geschehen des Gesundheitsmanagements mussten
die Gegebenheiten der Finanzbehoumlrden beruumlcksiChtigt werden und es konnte keine randomishy
sierte Zuteilung zu den Gruppen erfolgen
Der Trainingseffekt wurde durch verschiedene Indikatoren fuumlr einzelne Risiko- und Schutzshy
faktoren auf Erlebens- (Schmerzintensitaumlt Beeintraumlchtigungserleben) emotionaler
(Angst sich zu bewegen Depressivitaumlt) kognitiver (Angst-Vermeidungs-Gedanken
Selbstwirksamkeit) und Verhaltensebene (Allgemeine Bewegungsaktivitaumlt Zeit die
woumlchentlich rur Sport aufgebracht wird) gemessen Im Rahmen des vorliegenden Beitrags
werden die Ergebnisse folgender ausgewaumlhlter verhaltensbezogener und kognitiver Indikatoshy
ren dargestellt die sich auf die Unterstuumltzung und Foumlrderung persoumlnlicher Ressourcen bezie shy
hen die Zeit in Minuten die woumlchentlich fuumlr Sport aufgebracht wurde (Wie viel Zeit hashy
ben Sie sich bisher in der Wochen genommen um Sport zu treiben) die Allgemeine Beshy
wegungsaktivitaumlt (Bitte geben Sie an wie hoch Sie Ihre alltaumlgliche koumlrperliche Bewegung
einschaumltzen lI-stufige Antwortskala) und die Selbstwirksamkeit der Teilnehmer (7 HemS
in Anlehnung an Jerusalem 4-stufige Antwortskala Cronbachs a 839 - 919) Es besteht die
Annahme dass bei Wirksamkeit des Programms die erhobenen Werte der ausgewaumlhlten Indi shy
katoren nach Teilnahme am Verhaltensprogramm und somit nach Schulung Foumlrderung von
Copingstrategien und Kompetenzen sowie Motivienmg ansteigen waumlhrend in der Kontrollshy
- 233 shy
gruppe die zum zweiten Messzeitpunkt noch kein Training erhalten hatte keine Veraumlnderunshy
gen auftretcn
Die Unterschiede zwischen den Gruppen und der Veraumlnderungen uumlber die Zeit wurden vari shy
anzanalytisch uumlberpruumlft (ANOVA mit Messwiederholung)
42 Ergebnisse
Fuumlr die ausgewaumlhlten Indikatoren laumlsst sich folgendes beobachten In der Interventionsgruppe
steigt von Prauml- zu Postmessung die zeit die woumlchentlich fuumlr Sport aufgebracht wurde von
einem Mittelwert von 125 Minuten (SD 10168) zu einem Mittelwert von 19889 (SD
20739) waumlhrend in der Kontrollgruppe die in der Zwischenzeit keine Intervention crhielt ein
deutlicher Ruumlckgang von erstcr (M 20467 SD 19785) zu zweiter Messung (M 16308 SD
13635) zu beobachten ist Die Allgemeine Bewegungsaktivitaumll verzeichnet in der Intervenshy
tionsgruppe einen Anstieg der Mittelwerte von 36 (SD 178) auf 533 (SD 158) waumlhrend die
Werte irulerhalb der Kontrollgruppe beinahe unveraumlndert bleiben Die Selbstwirksamkeit
steigt in der Interventionsgruppe von 261 (SD 073) auf 303 (048) In der Kontrollgruppe
wird ebenfalls ein tendenzieller Anstieg beobachtet welcher jedoch nicht so deutlich ausfaumll1t
wie in der Interventionsgruppe Einen Uumlberblick uumlber Mittelwerte Standardabweichungen
und Effektstaumlrken liefert Bild 4-1
IntcntnlionSitrUPIl Konll9l nlDDt I ~~~~~~ rllppt
Tl S _ I_ TI _ 10Tl TI 1( c 28 I IC rillC 1kIunpakll-idl M 1 SJl $ 13 5tNoumlb SD) ( 1 1) f l SS) (2IIU (207) 1 192 Imiddot ~ idln ich Sport M IIS 1Of~7 16301bull inlln )Iillllttn (sO) 1 046 1092(1U1(t) 1t07l) 11J71S) ll lOS)
~intkt1 1 21 J 03 J7lt)cldurcllcin Sbl 1-4) (074) ISO) lO7) l041) (0S9) N - 19)
Bild 4-1 Mittelwerte und Standardabweichungen der ausgewaumlhlten Indikatoren fuumlr Intershy
ventions- und KontroUgruppe zu den Messzeitpunkten TI und T2 und Effektstaumlrshy
ken der Interventionsgruppe
In der varianzanalytischen Auswertung ergeben sich signifikante Interaktionseffekte zwischen
Zeit und Gruppe fuumlr Zeit die woumlchentlich fuumlr Sport aufgebracht wird (F (1 33) = 6558 p lt
051]2 166) und Al1gemeine Bewegungsaktivitaumlt (F (135) = 10650 P lt 0 I 1]2 = 239)
- 234shy
(siehe Bild 4-2) Das bedeutet dass Veraumlnderungen der beobachteten Messwerte nicht durch
zuPdllige Veraumlnderungen uumlber die Zeit sondern durch Wechselwirkungen zwischen Zeiteffekshy
ten und Gruppenzugehoumlrigkeit zustande kommen Die Zugehoumlrigkeit zur Interventionsgruppe
dh die Teilnahme am Verhaltensprogramm wirkt sich auf die Steigerung der woumlchentlichen
Zeit fuumlr Sport und der allgemeinen Bewegungsaktivitaumlt aus
1d IIr ~
~ 50
t
I==shy~~
shy
__ 09-shy
~6308
~~lUl 1=shybull ~
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~
I bull
11 T
Bild 4-2 Veraumlnderungen der durchschnittlichen Zeit die woumlchentlich fuumlr Sport aufgeshy
bracht wird in Minuten und der Bewegungsaktivitaumlt von Messzeitpunkt T I zu
T 2 fuumlr Interventions- und Kontrollgruppe
Innerhalb der Interventionsgmppe zeigen sich sowohl fuumlr die Veraumlnderungen der Variablen
Allgemeine Bewegungsaktivitaumlt (d = 102 CI +- 096) als auch fLir Selbstwirksamkeit (d
= 108 CI +- 096) von Messzeitpunkt eins zu Messzeitpunkt zwei starke Effekte
5 Fazit
Trotz geringer Stichprobengroumlszlige weisen die Ergebnisse der vorliegenden Evaluation des Vershy
haltensprogramms Ruumlckhalt fLir den Alltag - in 7 Schritten auf eine Wirksamkeit bzgl Vershy
haltensaumlnderungen bzw Aumlnderungen der Selbstwirksamkeitseinschaumltzung auf Seiten der teil shy
nehmenden Beschaumlftigten hin Durch Schulung und Training von Fertigkeiten zum Umgang
mit Ruumlckenschmerzen durch Foumlrderung von Ressourcen und Selbstmanagement mit Hilfe des
praumlventiven verhaltenstherapeutisch orientierten Verhaltensprogramms kommt es zu einer
Steigerung der allgemeinen Bewegungsaktivitaumlt und die Beschaumlftigten investieren deutlich
mehr Zeit fLir sportliche Aktivitaumlten Signifikante Interaktionseffekte innerhalb der Varianzshy
analyse mit Messwiederholung weisen auf einen Einfluss des Verhaltensprogramms auf die
Verhaltensaumlnderung hin Fuumlr Verbesserungen der Selbstwirksamkeit lassen sich bei Teilnehshy
- 235 shy
mem des Verhaltensprogramms starke Effekte beobachten welche jedoch durch die varianzshy
analytische Auswertung nicht unterstuumltzt werden
Da durch den vorgegebenen Ralunen des Gesundheitsprogramms und des Gesundheitsmanashy
gementsystems keine Randomisierung der Gruppen moumlglich war und die Trainings im spezishy
ellen Kontext der Finanzverwaltung angeboten wurden wird eine weitere Evaluation erforshy
derlich sein um eine Generalisierung der erzielten Ergebnisse zu ermoumlglichen
Dennoch deuten die vorliegenden Ergebnisse darauf hin dass durch die Foumlrderung von koumlrshy
perlicher Aktivitaumlt und Selbstwirksamkeit psychologische R isikofaktoren wie Schonverhaltcn
Vermeidung und geringe Selbstwirksamkeitserwartung reduziert und somit die Wahrscheinshy
lichkeit fuumlr die Entwicklung zukuumlnftiger Ruumlckenschmerzen und damit zusammenhaumlngender
Beeintraumlchtigung eingeschraumlnkter Leistungsfahigkeit und drohender Arbeitsunfahigkeit vershy
ringert werden koumlnnen
Der geringe zeitliche Aufwand des Verhaltensprogramms von sieben Sitzungen in sieben
Wochen und damit eine einfache und unkomplizierte Handhabung zusammen mit diesen
Hinweisen auf Wirksamkeit bzgl einer Reduktion von Risikofaktoren und einer Foumlrderung
von Ressourcen und Kompetenzen steigern die Attraktivitaumlt des Programms sowohl fuumlr das
Unternehmen als auch fuumlr Beschaumlftigte
Literaturverzeichnis
Burton A K Tillotson K M Main C J Hollis S (1995) Psychosocial Predictors of outshycome in acute and subchronic low back trouble Spine 20 S 722-728
Carroll L J Cassidy J D Coumlte P (2004) Depression as a risk factor for onset of an epishysode oftroublesome neck and low back pain Pain 107 S 134- 139
Hestbaek L Leboeuf-Yde C Engberg M Lauritzen T Bruun N H Malmiche C (2003) The course of low back pain in a general population Results from a 5-year proshyspective study Journal of Manipulative and Physiological Therapeutics 26 (4) S 213shy219
Klenennan L Slade P D Stanley M E (1995) The prediction of chronicity in patients with an acute attack of low back pain in a general practice setting Spine 20 S 478-84
KOhimann T (2003) Muskuloskelettale Schmerzen in der Bevoumllkerung Der Schmerz 17 (6) S405-411
- 236shy
Linton S J (2005) Do psychological factors increase the risk for back pain in the general population in both a cross-sectional and prospective analysis European Journal of Pain
9 S 355-361
Luumlhmann D Zimolong B (2006) Praumlvention von Ruumlckenerkrankungen in der Arbeitswelt In Badura B Schellschmidt H Vetter C (Hrsg) Fehlzeitenreport 2006 S 63-97
Berlin Springer
McCracken L M Turk D C (2002) Behavioral and cognitive-behavioral treatments for
chronic pain Spine 15 S 2564-2573
Morley S Eccleston C Williams A ( 999) Systematic review and meta-analysis of ranshydomized controlled trials of cognitive behaviour therapy and behaviour therapy for
chronic pain in adults excluding headache Pain 80 1-13
Pfingsten M (2004) Psychologische Faktoren In Hildebrandt et al (Hrsg) Die Lendenwirshy
belsaumlule (S 328-339) Muumlnchen Urban amp Fischer
- 237shy
Gefaumlhrdungsbeurteilung Psychische Belastung (GPB) bei der Daimler AG
Ursula SpeIlenberg Kai Taddicken
1 Einleitung
Das Thcmenfeld psychische Belastung wird im gesellschaftlichen Kontext seit einigen Jahren
zunclunend als ein volks- und betriebswirtschaftlicher Problembereich diskutiert Es krull der
Eindruck entstehen dass es sich dabei um ein Trend-Thema handelt wld durch verschiedenste
Organisationen und Verbaumlnde verstaumlrkt eine Politisierung erfahrt
Auch im Betrieb gewirmt die Thematik psychische Belastung immer mehr an Bedeutung und
stellt viele Unternelunen gleichzeitig vor das Problem wie mm den Auswirkungen dieses
Phaumlnomens entgegnen kann Das Auftreten psychischer Belastwlgen in der Arbeitswelt ist
unumstritten und die aktuelle Brisanz um das Thema zeigt dass nach wie vor Infonnationen
und Handlungshilfen rur alle am Arbeitsprozess beteiligten Parteien notwendig sind Derm die
Beruumlcksichtigung von psychischen Belastungen ist nicht nur im Rahmen der gesetzlichen Geshy
fahrdungsbeurteilung ein Thema Ebenso ist es wichtig sich mit der Erfassung und Bewershy
tung psychischer Belastung zu beschaumlftigen um eine wettbewerbsfahige Belegschaft zu geshy
waumlhrleisten
Der vorliegende Beitrag beschaumlftigt sich zunaumlchst mit den Begrifflichkeiten und Hintergruumlnshy
den im Themenfeld psychische Belastungen allgemein geht darm auf die Gefahrdwlgsbeurshy
teilung ein und beschreibt anschlieszligend die Aktivitaumlten der Daimler AG im Bereich psychishy
sche Belastungen
2 Psychische Belastung in der Arbeitswelt
Fuumlr eine sachliche Bearbeitung der Thematik bedarf es zunaumlchst der Entwicklung eines geshy
meinsamen Verstaumlndnisses zum Thema psychische Belastung Die Aufmerksrunkeit im Ausshy
tausch uumlber psychische Belastung wird zumeist einseitig auf einen bestimmten Teil der Geshy
sellschaft gelenkt - auf die Arbeitswelt
- 232shy
einer Teilnahmequote von 2591 Die Teilnehmer waren durchschnittlich 4503 (SD 879)
Jahre alt 82 der Teilnehmer waren weiblich
Die Trainings wurden je nach Kapazitaumlt und Terminmoumlglichkeiten wenige Wochen in Anshy
schluss an die Vorsorgeuntersuchung Ruumlckencheck durchgefuumlhrt
41 Design Stichprobe und Erfolgsindikatoren
Der Einsatz des Verhaltensprogramms wurde im Wartelisten-Kontrollgruppen-Design evalushy
iert Die Teilnehmer des Verhaltensprogramms (Interventionsgruppe n = 10) nahmen jeweils
an einer Fragebogenerhebung zu Beginn des Programms (prauml) und einer zweiten Erhebung
nach Beendigung des Programms (Post) teil Gleichzeitig wurden in einer weiteren Gruppe
(Kontrollgruppe n = 30) Messungen zu vergleichbaren Zeitpunktcn durchgefiihrt ohne dass
diese Gruppe in der Zwischenzeit ein Training erhielt Das Verhaltensprogramm wurde in der
Wartelisten-Kontrollgruppe im Anschluss an die zweite Messung durchgefuumlhrt Aufgrund der
Einbindung der Evaluation in das laufende Geschehen des Gesundheitsmanagements mussten
die Gegebenheiten der Finanzbehoumlrden beruumlcksiChtigt werden und es konnte keine randomishy
sierte Zuteilung zu den Gruppen erfolgen
Der Trainingseffekt wurde durch verschiedene Indikatoren fuumlr einzelne Risiko- und Schutzshy
faktoren auf Erlebens- (Schmerzintensitaumlt Beeintraumlchtigungserleben) emotionaler
(Angst sich zu bewegen Depressivitaumlt) kognitiver (Angst-Vermeidungs-Gedanken
Selbstwirksamkeit) und Verhaltensebene (Allgemeine Bewegungsaktivitaumlt Zeit die
woumlchentlich rur Sport aufgebracht wird) gemessen Im Rahmen des vorliegenden Beitrags
werden die Ergebnisse folgender ausgewaumlhlter verhaltensbezogener und kognitiver Indikatoshy
ren dargestellt die sich auf die Unterstuumltzung und Foumlrderung persoumlnlicher Ressourcen bezie shy
hen die Zeit in Minuten die woumlchentlich fuumlr Sport aufgebracht wurde (Wie viel Zeit hashy
ben Sie sich bisher in der Wochen genommen um Sport zu treiben) die Allgemeine Beshy
wegungsaktivitaumlt (Bitte geben Sie an wie hoch Sie Ihre alltaumlgliche koumlrperliche Bewegung
einschaumltzen lI-stufige Antwortskala) und die Selbstwirksamkeit der Teilnehmer (7 HemS
in Anlehnung an Jerusalem 4-stufige Antwortskala Cronbachs a 839 - 919) Es besteht die
Annahme dass bei Wirksamkeit des Programms die erhobenen Werte der ausgewaumlhlten Indi shy
katoren nach Teilnahme am Verhaltensprogramm und somit nach Schulung Foumlrderung von
Copingstrategien und Kompetenzen sowie Motivienmg ansteigen waumlhrend in der Kontrollshy
- 233 shy
gruppe die zum zweiten Messzeitpunkt noch kein Training erhalten hatte keine Veraumlnderunshy
gen auftretcn
Die Unterschiede zwischen den Gruppen und der Veraumlnderungen uumlber die Zeit wurden vari shy
anzanalytisch uumlberpruumlft (ANOVA mit Messwiederholung)
42 Ergebnisse
Fuumlr die ausgewaumlhlten Indikatoren laumlsst sich folgendes beobachten In der Interventionsgruppe
steigt von Prauml- zu Postmessung die zeit die woumlchentlich fuumlr Sport aufgebracht wurde von
einem Mittelwert von 125 Minuten (SD 10168) zu einem Mittelwert von 19889 (SD
20739) waumlhrend in der Kontrollgruppe die in der Zwischenzeit keine Intervention crhielt ein
deutlicher Ruumlckgang von erstcr (M 20467 SD 19785) zu zweiter Messung (M 16308 SD
13635) zu beobachten ist Die Allgemeine Bewegungsaktivitaumll verzeichnet in der Intervenshy
tionsgruppe einen Anstieg der Mittelwerte von 36 (SD 178) auf 533 (SD 158) waumlhrend die
Werte irulerhalb der Kontrollgruppe beinahe unveraumlndert bleiben Die Selbstwirksamkeit
steigt in der Interventionsgruppe von 261 (SD 073) auf 303 (048) In der Kontrollgruppe
wird ebenfalls ein tendenzieller Anstieg beobachtet welcher jedoch nicht so deutlich ausfaumll1t
wie in der Interventionsgruppe Einen Uumlberblick uumlber Mittelwerte Standardabweichungen
und Effektstaumlrken liefert Bild 4-1
IntcntnlionSitrUPIl Konll9l nlDDt I ~~~~~~ rllppt
Tl S _ I_ TI _ 10Tl TI 1( c 28 I IC rillC 1kIunpakll-idl M 1 SJl $ 13 5tNoumlb SD) ( 1 1) f l SS) (2IIU (207) 1 192 Imiddot ~ idln ich Sport M IIS 1Of~7 16301bull inlln )Iillllttn (sO) 1 046 1092(1U1(t) 1t07l) 11J71S) ll lOS)
~intkt1 1 21 J 03 J7lt)cldurcllcin Sbl 1-4) (074) ISO) lO7) l041) (0S9) N - 19)
Bild 4-1 Mittelwerte und Standardabweichungen der ausgewaumlhlten Indikatoren fuumlr Intershy
ventions- und KontroUgruppe zu den Messzeitpunkten TI und T2 und Effektstaumlrshy
ken der Interventionsgruppe
In der varianzanalytischen Auswertung ergeben sich signifikante Interaktionseffekte zwischen
Zeit und Gruppe fuumlr Zeit die woumlchentlich fuumlr Sport aufgebracht wird (F (1 33) = 6558 p lt
051]2 166) und Al1gemeine Bewegungsaktivitaumlt (F (135) = 10650 P lt 0 I 1]2 = 239)
- 234shy
(siehe Bild 4-2) Das bedeutet dass Veraumlnderungen der beobachteten Messwerte nicht durch
zuPdllige Veraumlnderungen uumlber die Zeit sondern durch Wechselwirkungen zwischen Zeiteffekshy
ten und Gruppenzugehoumlrigkeit zustande kommen Die Zugehoumlrigkeit zur Interventionsgruppe
dh die Teilnahme am Verhaltensprogramm wirkt sich auf die Steigerung der woumlchentlichen
Zeit fuumlr Sport und der allgemeinen Bewegungsaktivitaumlt aus
1d IIr ~
~ 50
t
I==shy~~
shy
__ 09-shy
~6308
~~lUl 1=shybull ~
r ~ ~~~
~
I bull
11 T
Bild 4-2 Veraumlnderungen der durchschnittlichen Zeit die woumlchentlich fuumlr Sport aufgeshy
bracht wird in Minuten und der Bewegungsaktivitaumlt von Messzeitpunkt T I zu
T 2 fuumlr Interventions- und Kontrollgruppe
Innerhalb der Interventionsgmppe zeigen sich sowohl fuumlr die Veraumlnderungen der Variablen
Allgemeine Bewegungsaktivitaumlt (d = 102 CI +- 096) als auch fLir Selbstwirksamkeit (d
= 108 CI +- 096) von Messzeitpunkt eins zu Messzeitpunkt zwei starke Effekte
5 Fazit
Trotz geringer Stichprobengroumlszlige weisen die Ergebnisse der vorliegenden Evaluation des Vershy
haltensprogramms Ruumlckhalt fLir den Alltag - in 7 Schritten auf eine Wirksamkeit bzgl Vershy
haltensaumlnderungen bzw Aumlnderungen der Selbstwirksamkeitseinschaumltzung auf Seiten der teil shy
nehmenden Beschaumlftigten hin Durch Schulung und Training von Fertigkeiten zum Umgang
mit Ruumlckenschmerzen durch Foumlrderung von Ressourcen und Selbstmanagement mit Hilfe des
praumlventiven verhaltenstherapeutisch orientierten Verhaltensprogramms kommt es zu einer
Steigerung der allgemeinen Bewegungsaktivitaumlt und die Beschaumlftigten investieren deutlich
mehr Zeit fLir sportliche Aktivitaumlten Signifikante Interaktionseffekte innerhalb der Varianzshy
analyse mit Messwiederholung weisen auf einen Einfluss des Verhaltensprogramms auf die
Verhaltensaumlnderung hin Fuumlr Verbesserungen der Selbstwirksamkeit lassen sich bei Teilnehshy
- 235 shy
mem des Verhaltensprogramms starke Effekte beobachten welche jedoch durch die varianzshy
analytische Auswertung nicht unterstuumltzt werden
Da durch den vorgegebenen Ralunen des Gesundheitsprogramms und des Gesundheitsmanashy
gementsystems keine Randomisierung der Gruppen moumlglich war und die Trainings im spezishy
ellen Kontext der Finanzverwaltung angeboten wurden wird eine weitere Evaluation erforshy
derlich sein um eine Generalisierung der erzielten Ergebnisse zu ermoumlglichen
Dennoch deuten die vorliegenden Ergebnisse darauf hin dass durch die Foumlrderung von koumlrshy
perlicher Aktivitaumlt und Selbstwirksamkeit psychologische R isikofaktoren wie Schonverhaltcn
Vermeidung und geringe Selbstwirksamkeitserwartung reduziert und somit die Wahrscheinshy
lichkeit fuumlr die Entwicklung zukuumlnftiger Ruumlckenschmerzen und damit zusammenhaumlngender
Beeintraumlchtigung eingeschraumlnkter Leistungsfahigkeit und drohender Arbeitsunfahigkeit vershy
ringert werden koumlnnen
Der geringe zeitliche Aufwand des Verhaltensprogramms von sieben Sitzungen in sieben
Wochen und damit eine einfache und unkomplizierte Handhabung zusammen mit diesen
Hinweisen auf Wirksamkeit bzgl einer Reduktion von Risikofaktoren und einer Foumlrderung
von Ressourcen und Kompetenzen steigern die Attraktivitaumlt des Programms sowohl fuumlr das
Unternehmen als auch fuumlr Beschaumlftigte
Literaturverzeichnis
Burton A K Tillotson K M Main C J Hollis S (1995) Psychosocial Predictors of outshycome in acute and subchronic low back trouble Spine 20 S 722-728
Carroll L J Cassidy J D Coumlte P (2004) Depression as a risk factor for onset of an epishysode oftroublesome neck and low back pain Pain 107 S 134- 139
Hestbaek L Leboeuf-Yde C Engberg M Lauritzen T Bruun N H Malmiche C (2003) The course of low back pain in a general population Results from a 5-year proshyspective study Journal of Manipulative and Physiological Therapeutics 26 (4) S 213shy219
Klenennan L Slade P D Stanley M E (1995) The prediction of chronicity in patients with an acute attack of low back pain in a general practice setting Spine 20 S 478-84
KOhimann T (2003) Muskuloskelettale Schmerzen in der Bevoumllkerung Der Schmerz 17 (6) S405-411
- 236shy
Linton S J (2005) Do psychological factors increase the risk for back pain in the general population in both a cross-sectional and prospective analysis European Journal of Pain
9 S 355-361
Luumlhmann D Zimolong B (2006) Praumlvention von Ruumlckenerkrankungen in der Arbeitswelt In Badura B Schellschmidt H Vetter C (Hrsg) Fehlzeitenreport 2006 S 63-97
Berlin Springer
McCracken L M Turk D C (2002) Behavioral and cognitive-behavioral treatments for
chronic pain Spine 15 S 2564-2573
Morley S Eccleston C Williams A ( 999) Systematic review and meta-analysis of ranshydomized controlled trials of cognitive behaviour therapy and behaviour therapy for
chronic pain in adults excluding headache Pain 80 1-13
Pfingsten M (2004) Psychologische Faktoren In Hildebrandt et al (Hrsg) Die Lendenwirshy
belsaumlule (S 328-339) Muumlnchen Urban amp Fischer
- 237shy
Gefaumlhrdungsbeurteilung Psychische Belastung (GPB) bei der Daimler AG
Ursula SpeIlenberg Kai Taddicken
1 Einleitung
Das Thcmenfeld psychische Belastung wird im gesellschaftlichen Kontext seit einigen Jahren
zunclunend als ein volks- und betriebswirtschaftlicher Problembereich diskutiert Es krull der
Eindruck entstehen dass es sich dabei um ein Trend-Thema handelt wld durch verschiedenste
Organisationen und Verbaumlnde verstaumlrkt eine Politisierung erfahrt
Auch im Betrieb gewirmt die Thematik psychische Belastung immer mehr an Bedeutung und
stellt viele Unternelunen gleichzeitig vor das Problem wie mm den Auswirkungen dieses
Phaumlnomens entgegnen kann Das Auftreten psychischer Belastwlgen in der Arbeitswelt ist
unumstritten und die aktuelle Brisanz um das Thema zeigt dass nach wie vor Infonnationen
und Handlungshilfen rur alle am Arbeitsprozess beteiligten Parteien notwendig sind Derm die
Beruumlcksichtigung von psychischen Belastungen ist nicht nur im Rahmen der gesetzlichen Geshy
fahrdungsbeurteilung ein Thema Ebenso ist es wichtig sich mit der Erfassung und Bewershy
tung psychischer Belastung zu beschaumlftigen um eine wettbewerbsfahige Belegschaft zu geshy
waumlhrleisten
Der vorliegende Beitrag beschaumlftigt sich zunaumlchst mit den Begrifflichkeiten und Hintergruumlnshy
den im Themenfeld psychische Belastungen allgemein geht darm auf die Gefahrdwlgsbeurshy
teilung ein und beschreibt anschlieszligend die Aktivitaumlten der Daimler AG im Bereich psychishy
sche Belastungen
2 Psychische Belastung in der Arbeitswelt
Fuumlr eine sachliche Bearbeitung der Thematik bedarf es zunaumlchst der Entwicklung eines geshy
meinsamen Verstaumlndnisses zum Thema psychische Belastung Die Aufmerksrunkeit im Ausshy
tausch uumlber psychische Belastung wird zumeist einseitig auf einen bestimmten Teil der Geshy
sellschaft gelenkt - auf die Arbeitswelt
- 234shy
(siehe Bild 4-2) Das bedeutet dass Veraumlnderungen der beobachteten Messwerte nicht durch
zuPdllige Veraumlnderungen uumlber die Zeit sondern durch Wechselwirkungen zwischen Zeiteffekshy
ten und Gruppenzugehoumlrigkeit zustande kommen Die Zugehoumlrigkeit zur Interventionsgruppe
dh die Teilnahme am Verhaltensprogramm wirkt sich auf die Steigerung der woumlchentlichen
Zeit fuumlr Sport und der allgemeinen Bewegungsaktivitaumlt aus
1d IIr ~
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~6308
~~lUl 1=shybull ~
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Bild 4-2 Veraumlnderungen der durchschnittlichen Zeit die woumlchentlich fuumlr Sport aufgeshy
bracht wird in Minuten und der Bewegungsaktivitaumlt von Messzeitpunkt T I zu
T 2 fuumlr Interventions- und Kontrollgruppe
Innerhalb der Interventionsgmppe zeigen sich sowohl fuumlr die Veraumlnderungen der Variablen
Allgemeine Bewegungsaktivitaumlt (d = 102 CI +- 096) als auch fLir Selbstwirksamkeit (d
= 108 CI +- 096) von Messzeitpunkt eins zu Messzeitpunkt zwei starke Effekte
5 Fazit
Trotz geringer Stichprobengroumlszlige weisen die Ergebnisse der vorliegenden Evaluation des Vershy
haltensprogramms Ruumlckhalt fLir den Alltag - in 7 Schritten auf eine Wirksamkeit bzgl Vershy
haltensaumlnderungen bzw Aumlnderungen der Selbstwirksamkeitseinschaumltzung auf Seiten der teil shy
nehmenden Beschaumlftigten hin Durch Schulung und Training von Fertigkeiten zum Umgang
mit Ruumlckenschmerzen durch Foumlrderung von Ressourcen und Selbstmanagement mit Hilfe des
praumlventiven verhaltenstherapeutisch orientierten Verhaltensprogramms kommt es zu einer
Steigerung der allgemeinen Bewegungsaktivitaumlt und die Beschaumlftigten investieren deutlich
mehr Zeit fLir sportliche Aktivitaumlten Signifikante Interaktionseffekte innerhalb der Varianzshy
analyse mit Messwiederholung weisen auf einen Einfluss des Verhaltensprogramms auf die
Verhaltensaumlnderung hin Fuumlr Verbesserungen der Selbstwirksamkeit lassen sich bei Teilnehshy
- 235 shy
mem des Verhaltensprogramms starke Effekte beobachten welche jedoch durch die varianzshy
analytische Auswertung nicht unterstuumltzt werden
Da durch den vorgegebenen Ralunen des Gesundheitsprogramms und des Gesundheitsmanashy
gementsystems keine Randomisierung der Gruppen moumlglich war und die Trainings im spezishy
ellen Kontext der Finanzverwaltung angeboten wurden wird eine weitere Evaluation erforshy
derlich sein um eine Generalisierung der erzielten Ergebnisse zu ermoumlglichen
Dennoch deuten die vorliegenden Ergebnisse darauf hin dass durch die Foumlrderung von koumlrshy
perlicher Aktivitaumlt und Selbstwirksamkeit psychologische R isikofaktoren wie Schonverhaltcn
Vermeidung und geringe Selbstwirksamkeitserwartung reduziert und somit die Wahrscheinshy
lichkeit fuumlr die Entwicklung zukuumlnftiger Ruumlckenschmerzen und damit zusammenhaumlngender
Beeintraumlchtigung eingeschraumlnkter Leistungsfahigkeit und drohender Arbeitsunfahigkeit vershy
ringert werden koumlnnen
Der geringe zeitliche Aufwand des Verhaltensprogramms von sieben Sitzungen in sieben
Wochen und damit eine einfache und unkomplizierte Handhabung zusammen mit diesen
Hinweisen auf Wirksamkeit bzgl einer Reduktion von Risikofaktoren und einer Foumlrderung
von Ressourcen und Kompetenzen steigern die Attraktivitaumlt des Programms sowohl fuumlr das
Unternehmen als auch fuumlr Beschaumlftigte
Literaturverzeichnis
Burton A K Tillotson K M Main C J Hollis S (1995) Psychosocial Predictors of outshycome in acute and subchronic low back trouble Spine 20 S 722-728
Carroll L J Cassidy J D Coumlte P (2004) Depression as a risk factor for onset of an epishysode oftroublesome neck and low back pain Pain 107 S 134- 139
Hestbaek L Leboeuf-Yde C Engberg M Lauritzen T Bruun N H Malmiche C (2003) The course of low back pain in a general population Results from a 5-year proshyspective study Journal of Manipulative and Physiological Therapeutics 26 (4) S 213shy219
Klenennan L Slade P D Stanley M E (1995) The prediction of chronicity in patients with an acute attack of low back pain in a general practice setting Spine 20 S 478-84
KOhimann T (2003) Muskuloskelettale Schmerzen in der Bevoumllkerung Der Schmerz 17 (6) S405-411
- 236shy
Linton S J (2005) Do psychological factors increase the risk for back pain in the general population in both a cross-sectional and prospective analysis European Journal of Pain
9 S 355-361
Luumlhmann D Zimolong B (2006) Praumlvention von Ruumlckenerkrankungen in der Arbeitswelt In Badura B Schellschmidt H Vetter C (Hrsg) Fehlzeitenreport 2006 S 63-97
Berlin Springer
McCracken L M Turk D C (2002) Behavioral and cognitive-behavioral treatments for
chronic pain Spine 15 S 2564-2573
Morley S Eccleston C Williams A ( 999) Systematic review and meta-analysis of ranshydomized controlled trials of cognitive behaviour therapy and behaviour therapy for
chronic pain in adults excluding headache Pain 80 1-13
Pfingsten M (2004) Psychologische Faktoren In Hildebrandt et al (Hrsg) Die Lendenwirshy
belsaumlule (S 328-339) Muumlnchen Urban amp Fischer
- 237shy
Gefaumlhrdungsbeurteilung Psychische Belastung (GPB) bei der Daimler AG
Ursula SpeIlenberg Kai Taddicken
1 Einleitung
Das Thcmenfeld psychische Belastung wird im gesellschaftlichen Kontext seit einigen Jahren
zunclunend als ein volks- und betriebswirtschaftlicher Problembereich diskutiert Es krull der
Eindruck entstehen dass es sich dabei um ein Trend-Thema handelt wld durch verschiedenste
Organisationen und Verbaumlnde verstaumlrkt eine Politisierung erfahrt
Auch im Betrieb gewirmt die Thematik psychische Belastung immer mehr an Bedeutung und
stellt viele Unternelunen gleichzeitig vor das Problem wie mm den Auswirkungen dieses
Phaumlnomens entgegnen kann Das Auftreten psychischer Belastwlgen in der Arbeitswelt ist
unumstritten und die aktuelle Brisanz um das Thema zeigt dass nach wie vor Infonnationen
und Handlungshilfen rur alle am Arbeitsprozess beteiligten Parteien notwendig sind Derm die
Beruumlcksichtigung von psychischen Belastungen ist nicht nur im Rahmen der gesetzlichen Geshy
fahrdungsbeurteilung ein Thema Ebenso ist es wichtig sich mit der Erfassung und Bewershy
tung psychischer Belastung zu beschaumlftigen um eine wettbewerbsfahige Belegschaft zu geshy
waumlhrleisten
Der vorliegende Beitrag beschaumlftigt sich zunaumlchst mit den Begrifflichkeiten und Hintergruumlnshy
den im Themenfeld psychische Belastungen allgemein geht darm auf die Gefahrdwlgsbeurshy
teilung ein und beschreibt anschlieszligend die Aktivitaumlten der Daimler AG im Bereich psychishy
sche Belastungen
2 Psychische Belastung in der Arbeitswelt
Fuumlr eine sachliche Bearbeitung der Thematik bedarf es zunaumlchst der Entwicklung eines geshy
meinsamen Verstaumlndnisses zum Thema psychische Belastung Die Aufmerksrunkeit im Ausshy
tausch uumlber psychische Belastung wird zumeist einseitig auf einen bestimmten Teil der Geshy
sellschaft gelenkt - auf die Arbeitswelt
- 236shy
Linton S J (2005) Do psychological factors increase the risk for back pain in the general population in both a cross-sectional and prospective analysis European Journal of Pain
9 S 355-361
Luumlhmann D Zimolong B (2006) Praumlvention von Ruumlckenerkrankungen in der Arbeitswelt In Badura B Schellschmidt H Vetter C (Hrsg) Fehlzeitenreport 2006 S 63-97
Berlin Springer
McCracken L M Turk D C (2002) Behavioral and cognitive-behavioral treatments for
chronic pain Spine 15 S 2564-2573
Morley S Eccleston C Williams A ( 999) Systematic review and meta-analysis of ranshydomized controlled trials of cognitive behaviour therapy and behaviour therapy for
chronic pain in adults excluding headache Pain 80 1-13
Pfingsten M (2004) Psychologische Faktoren In Hildebrandt et al (Hrsg) Die Lendenwirshy
belsaumlule (S 328-339) Muumlnchen Urban amp Fischer
- 237shy
Gefaumlhrdungsbeurteilung Psychische Belastung (GPB) bei der Daimler AG
Ursula SpeIlenberg Kai Taddicken
1 Einleitung
Das Thcmenfeld psychische Belastung wird im gesellschaftlichen Kontext seit einigen Jahren
zunclunend als ein volks- und betriebswirtschaftlicher Problembereich diskutiert Es krull der
Eindruck entstehen dass es sich dabei um ein Trend-Thema handelt wld durch verschiedenste
Organisationen und Verbaumlnde verstaumlrkt eine Politisierung erfahrt
Auch im Betrieb gewirmt die Thematik psychische Belastung immer mehr an Bedeutung und
stellt viele Unternelunen gleichzeitig vor das Problem wie mm den Auswirkungen dieses
Phaumlnomens entgegnen kann Das Auftreten psychischer Belastwlgen in der Arbeitswelt ist
unumstritten und die aktuelle Brisanz um das Thema zeigt dass nach wie vor Infonnationen
und Handlungshilfen rur alle am Arbeitsprozess beteiligten Parteien notwendig sind Derm die
Beruumlcksichtigung von psychischen Belastungen ist nicht nur im Rahmen der gesetzlichen Geshy
fahrdungsbeurteilung ein Thema Ebenso ist es wichtig sich mit der Erfassung und Bewershy
tung psychischer Belastung zu beschaumlftigen um eine wettbewerbsfahige Belegschaft zu geshy
waumlhrleisten
Der vorliegende Beitrag beschaumlftigt sich zunaumlchst mit den Begrifflichkeiten und Hintergruumlnshy
den im Themenfeld psychische Belastungen allgemein geht darm auf die Gefahrdwlgsbeurshy
teilung ein und beschreibt anschlieszligend die Aktivitaumlten der Daimler AG im Bereich psychishy
sche Belastungen
2 Psychische Belastung in der Arbeitswelt
Fuumlr eine sachliche Bearbeitung der Thematik bedarf es zunaumlchst der Entwicklung eines geshy
meinsamen Verstaumlndnisses zum Thema psychische Belastung Die Aufmerksrunkeit im Ausshy
tausch uumlber psychische Belastung wird zumeist einseitig auf einen bestimmten Teil der Geshy
sellschaft gelenkt - auf die Arbeitswelt