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ZEITUNG FÜR DEUTSCHLAND Samstag, 14. März 2020 · Nr. 63 / 11 R 1 HERAUSGEGEBEN VON GERALD BRAUNBERGER, WERNER D’INKA, JÜRGEN KAUBE, BERTHOLD KOHLER 3,20 € D 2955 A F.A.Z. im Internet: faz.net Frankfurter Allgemeine Zeitung GmbH; Kundenservice: (069) 75 91 - 10 00, Telefax: (069) 75 91 -21 80 oder www.faz.net/meinabo. Briefe an die Herausgeber: [email protected] Belgien, Frankreich, Italien, Luxemburg, Österreich, Portugal (Cont.), Slowakei, Slowenien, Spanien 4,00 € / Griechenland, Kanaren, Malta, Niederlande, Zypern 4,10 € / Dänemark 32 dkr / Großbritannien 3,70 £ / Schweiz 5,30 sfrs / Ungarn 1120 Ft 4<BUACUQ=fadcae>:w;V;l;m;m Rembrandt war der Meister der Radierung, doch er hatte geniale Vorläufer. Die Albertina in Wien wird sie bald zeigen. Feuilleton, Seite 9 Wie konnte die Welt es zulassen, dass die Sportverbände so groß wurden und sich über alles erheben? Sport, Seite 32 Verbände und Institutionen in der Rhein-Main-Region fordern die Kommunen auf, mehr Flächen bereitzustellen. Rhein-Main-Zeitung, Seite 38 Russland und Saudi-Arabien liefern sich eine Auseinandersetzung – geht es dabei in Wahrheit um Amerika? Finanzen, Seite 25 Nicht nur das Wirtschaftssystem des Landes steht am Abgrund. Es droht der Zusammenbruch der Staatsgewalt. Wirtschaft, Seite 20 F.A.Z. FRANKFURT. Wegen der sprung- haften Ausbreitung des Coronavirus wer- den ab nächster Woche in nahezu allen Bundesländern Schulen und Kindertages- stätten geschlossen. Alle Länder haben versichert, dass Lehrer weiterhin im Dienst sind, um den reibungslosen Ablauf von späteren Prüfungen zu gewährleisten und in den ersten Tagen nach der Schul- schließung auch für eine Notbetreuung zur Verfügung zu stehen. Danach müssten die Familien selbst die Betreuung organisie- ren, ohne auf die Großeltern zurückzugrei- fen, die besonders gefährdet seien, appel- lierte Nordrhein-Westfalens Ministerpräsi- dent Armin Laschet (CDU). Mehrere Länder raten außerdem dazu, von Besuchen in Altenheimen und Pflege- einrichtungen abzusehen. Laschet wandte sich am Freitagnachmittag mit einem dra- matischen Appell an die rund 18 Millio- nen Einwohner seines Bundeslandes. „Un- ser Land steht vor einer riesigen Bewäh- rungsprobe, wahrscheinlich der größten in der Landesgeschichte“, sagte er. „Wir ha- ben es mit einem unsichtbaren Gegner zu tun, dessen Bekämpfung unser Land an den Rand seiner Kräfte führen wird.“ Die Lage erfordere ein Höchstmaß an Solidari- tät vor allem mit älteren und gesundheit- lich schon angeschlagenen Bürgern. Mit dem Rückzug in die eigenen vier Wände dürfe aber „kein Rückzug der Menschlich- keit einhergehen“, sagte Laschet. „Damit diese Krise ein Ende findet, müssen wir jetzt den Anfang für eine nie dagewesene Solidarität machen.“ Am Montag soll es einen G-7-Sonder- gipfel per Video zum Coronavirus geben. Die Bundesregierung ist nach Worten von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) gewillt, alles zu tun, was notwendig sei, damit Deutschland durch diese Krise möglichst gut durchkomme. Man werde „so agieren, wie wir es möglichst kraftvoll tun kön- nen“, sagte Merkel am Freitag. Bundesfi- nanzminister Olaf Scholz (SPD) und Wirt- schaftsminister Peter Altmaier (CDU) kün- digten unterdessen das nach ihren Worten größte Hilfsprogramm für die deutsche Wirtschaft an, das es in der Nachkriegsge- schichte je gegeben habe. Um die Auswir- kungen der Pandemie abzumildern, werde es „unbegrenzte“ Liquiditätshilfen und Staatsbürgschaften geben, sagte Scholz: „Es wird nicht gekleckert, es wird ge- klotzt.“ Altmaier sprach von der „umfas- sendsten und wirksamsten Garantie, die es jemals in einer Krise gegeben hat“. Da- mit wolle man sicherstellen, dass die Wirt- schaft nicht „dauerhaft beschädigt“ werde. Insgesamt stünden rund eine halbe Billion Euro zur Verfügung, sagte Altmaier. „An fehlendem Geld soll es nicht scheitern.“ Die Regierung bezeichnet das Hilfspaket als „Schutzschild für Unternehmen und Be- schäftigte“. Sie plant offenbar noch weite- re Hilfen, denn es hieß, der Schutzschild sei nur der Beginn. Scholz sagte, man habe „noch etwas in der Hinterhand“. Zunächst gebe es kein Konjunkturprogramm, aber falls nötig, „werden wir Maßnahmen tref- fen, dass es mit der Konjunktur wieder auf- wärtsgeht“. Auch eine Staatsbeteiligung an Unter- nehmen sei nicht ausgeschlossen. Zur Fra- ge, ob sich der Bund neu verschulden müs- se, sagte der Finanzminister, es sei „nicht völlig unplausibel, dass wir zusätzlichen Geldbedarf haben“. Vor dem Auftritt der Minister hatten Bundestag und Bundesrat in einem außergewöhnlichen Eilverfahren die geplante Lockerung des Zugangs zu Kurzarbeitergeld beschlossen, mit dem die Bundesagentur für Arbeit Arbeitsplätze in krisengeschüttelten Betrieben stützen soll. Der Deutsche Gewerkschaftsbund und die Arbeitgeber-Bundesvereinigung lobten die Stützmaßnahmen einhellig. Die EU-Kommission will alle Hilfspro- gramme der Mitgliedstaaten im Kampf ge- gen die Corona-Krise unterstützen. „Diese Krise ist eine Prüfung für uns alle, für die Menschen, die Gesundheitssysteme, die Wirtschaft“, sagte Kommissionspräsiden- tin Ursula von der Leyen am Freitag in Brüssel. „Aber ich bin überzeugt, dass die Europäische Union diesem Schock wider- stehen kann.“ Helfen will die EU-Kommission vor al- lem dadurch, dass sie die geltenden EU-Re- geln des Stabilitätspakts und des Wettbe- werbsrechts angesichts der außergewöhnli- chen Lage sehr flexibel auslegt. „Alles, was die Mitgliedstaaten im weiteren Sinne im Kampf gegen diese humanitäre Krise tun, soll von den Regeln des Pakts ausge- nommen werden“, sagte Wirtschafts- und Währungskommissar Paolo Gentiloni die- ser Zeitung. Es werde eine koordinierte Antwort der Mitgliedstaaten auf die Krise geben. Er rechne mit zusätzlichen Staats- ausgaben von mehreren hundert Milliar- den Euro, sagte Gentiloni. In Washington rief Präsident Donald Trump wegen des Virus-Ausbruchs den nationalen Notstand aus. Durch die Maß- nahme bekommen Bundesstaaten und Kommunen Zugriff auf Hilfen in Höhe von rund 50 Milliarden Dollar, um die Ver- breitung der Krankheit einzudämmen. Dä- nemark und Polen kündigten an, ihre Grenzen zu schließen. In Dänemark gilt die Maßnahme bis auf Weiteres ab dem heutigen Samstag, 12 Uhr, in Polen ab Sonntag für zehn Tage. Polnische Staats- bürger, die ins Land zurückkehrten, wür- den für 14 Tage unter Quarantäne gestellt. Die Deutsche Fußball-Liga teilte am Frei- tag mit, dass der für das Wochenende ge- plante Spieltag auf einen unbestimmten Zeitpunkt verlegt werde. Am Dienstag stimmen die Vereine zudem darüber ab, ob der komplette Spielbetrieb bis ein- schließlich 2. April ausgesetzt wird. (Sie- he Seiten 2, 3, 4 und 8, Deutschland und die Welt, Feuilleton, Seiten 9 und 14, Wirt- schaft, Seiten 17, 18, 19, 22, 24 sowie Sport und Rhein-Main-Zeitung.) T.G. BRÜSSEL. In der Europäischen Uni- on hat sich eine Koalition der Willigen ge- bildet, die kranke und unbegleitete Kinder aufnehmen will, die auf griechischen In- seln um Schutz nachsuchen. Zu den be- kannten sieben Staaten seien weitere hin- zugekommen, sagte EU-Innenkommissa- rin Ylva Johansson nach einer Sitzung der Innenminister in Brüssel. Die Zusagen be- liefen sich auf „mindestens 1600 Perso- nen“. Zu klären sei noch, wie das Alter festgestellt werde und wie Corona-Infek- tionen ausgeschlossen würden. „Ich hoffe, dass die erste Person nächste Woche umge- siedelt werden kann“, sagte Johansson. Es handle sich um eine „starke Botschaft der Solidarität mit Griechenland“. Nach Informationen dieser Zeitung ist neben Deutschland, Frankreich, Portu- gal, Finnland, Kroatien, Irland und Lu- xemburg auch Bulgarien zur Aufnahme bereit. Deutschland will 350 bis 400 Kin- der aufnehmen, Frankreich mindestens 300. Die Koalition in Berlin hatte dazu ei- nen gemeinsamen Beschluss herbeige- führt, die Initiative geht auf Innenminister Horst Seehofer (CSU) zurück. Der Be- schluss soll nun auf zwei Gruppen ange- wendet werden. Zum einen ist die Bundes- regierung bereit, etwa hundert Kinder auf- zunehmen, die auf den Inseln in Kranken- hausbehandlung sind; außerdem deren El- tern und Geschwister. Zum anderen will sie einen Teil der unbegleiteten minderjäh- rigen Asylbewerber aufnehmen, die dort unter katastrophalen Umständen in über- füllten Lagern leben. Sie sollen jünger als 14 Jahre sein; Mädchen werden bevor- zugt, weil sie besonders sexualisierter Ge- walt ausgesetzt sind. Widersprüchliche Angaben gibt es über die Zahl unbegleiteter Minderjähriger. Während die EU-Kommission die Zahl mit 5500 von 42 000 Migranten auf den In- seln beziffert, spricht die Bundesregie- rung lediglich von 2000. Ausgewählt wer- den die Betreffenden vom UN-Flücht- lingshilfswerk und von der Internationa- len Organisation für Migration. Nach ei- nem Gesundheitscheck und einer Sicher- heitsüberprüfung (bei erwachsenen Ange- hörigen) sollen sie nach Deutschland ge- flogen werden und den Flüchtlingsstatus erhalten. Sie werden dann den Jugendäm- tern jener Kommunen zugewiesen, die sich um die Aufnahme unbegleiteter Min- derjähriger beworben haben. Die Kom- mission will außerdem die freiwillige Rückkehr von 5000 Migranten finanziell fördern, die vor dem 1. Januar auf den In- seln angekommen sind. Im Gespräch ist eine Prämie von bis zu 2000 Euro pro Per- son. Zur Entlastung Griechenlands hat nun auch die EU-Grenzschutzbehörde Fron- tex ihre Kräfte dort verstärkt. Neben den mehr als 500 Beamten in der Ägäis sind nun auch 100 Beamte aus 22 EU-Staaten an der Landgrenze zur Türkei im Einsatz. Ein weiteres Kontingent in dieser Größen- ordnung wird gerade auf die Inseln vor der türkischen Küste verlegt. Z u spät? Angemessen? Es wird dauern, bis ein einigermaßen objektives und faires Urteil über das Krisenmanagement der Bun- deskanzlerin im Angesicht von Coro- na möglich ist. Zu Wochenbeginn war aus der Unionsführung zu hören, es sei noch nicht der richtige Zeit- punkt für eine grundsätzliche Anspra- che der Kanzlerin. Montagvormittag übernahm es noch der Regierungs- sprecher, die Deutschen im Namen seiner Chefin zu beruhigen. Doch schon Stunden später äußer- te Merkel sich erstmals öffentlich zu Corona, und dann kam eine Bewe- gung in Gang, die in ihrer Dimension kaum zu überschätzen ist. Im Tages- rhythmus sagte die Bundeskanzlerin den Deutschen vor, dass sich bis zu siebzig Prozent der Bevölkerung mit dem Virus infizieren würden, stellte – angetrieben vor allem vom bayeri- schen Ministerpräsidenten Söder – flächendeckende Schulschließungen als probates Mittel hin und empfahl ihren mehr als achtzig Millionen Mit- bürgern, auf alle verzichtbaren Sozial- kontakte tatsächlich zu verzichten. Zum Abschluss der Arbeitswoche, die von Normalität weiter entfernt war als alle bisherigen Arbeitswo- chen der Kanzlerin, sagte deren Vize- kanzler unbegrenzte Finanzhilfen zu. Abgesehen vom reflexhaften Quie- ken der AfD, blieb die übliche Kritik aus der Opposition oder gar der Koali- tion aus. In der Stunde der Not ver- sammelt sich das Land einschließlich des verantwortungsbewussten Teils der Politik hinter der politischen Füh- rung. Angela Merkel ist nicht der Typ für große Reden ans Volk. Statt Blut, Schweiß und Tränen bietet sie die Charaktereigenschaften einer schwä- bischen Hausfrau an oder sagt den Menschen Sätze wie „Sie kennen mich“ und „Wir schaffen das“. Als sie 2005 Kanzlerin wurde, war die nicht ablehnende, sondern besorgte Frage zu hören: Kann die das? Das zielte nicht auf politische Inhalte, sondern auf die Frage, ob sie – mancher Frage- steller meinte sicher auch: ob eine Frau – die Mechanismen des politi- schen Geschäfts beherrsche. Diese Frage kann nach 15 Kanzlerinnenjah- ren eindeutig mit einem Ja beantwor- tet werden. Merkel verliert nicht die Nerven oder redet Unsinn, wie das immerhin bei einem leibhaftigen amerikanischen Präsidenten zu beob- achten ist. Dennoch waren ihre Krisenreakti- onseinsätze unterschiedlich erfolg- reich. In der Finanzkrise den Deut- schen zuzusichern, dass ihr Sparver- mögen sicher ist und das Kurzarbei- tergeld zur Stabilisierung der Wirt- schaft zu nutzen, war ein bis heute viel gelobter Schritt. Dagegen muss man selbst dann, wenn man ihren Umgang mit den Flüchtlingen im Sep- tember 2015 richtig fand, zugeben, dass sie keinen Plan hatte, wie mit den im Anschluss weitgehend unge- steuert nach Deutschland gekomme- nen Asylsuchenden umzugehen sei. Jetzt also Corona. Die Kanzlerin muss ihr Vorgehen streng an einer Hierarchie von Zielen ausrichten. De- ren oberstes ist, den Kontrollverlust zu verhindern. Der wäre am sichtbars- ten, wenn Bilder von Infizierten ent- stünden, die nicht gerettet werden können, die sterben, weil das Gesund- heitssystem überfordert ist, wenn es also zu viele schwere Fälle in zu kur- zer Zeit gibt, es mithin nicht gelingt, die Infektionskurve möglichst lang und flach zu halten. Dieses Ziel gab Merkel am Montag öffentlich aus. Wird es erreicht, dann wird Merkels Reaktion und deren Zeitpunkt später als angemessen eingestuft werden. Sonst wird es heißen: Zu spät. Wie empfohlen: Bürger warten vor dem Bürgerhospital in Frankfurt, um sich testen zu lassen. Foto François Klein D.D. FRANKFURT. Vertreter von FDP, Grünen und Linken haben am Freitag ei- nen Gesetzentwurf zur Ablösung der soge- nannten altrechtlichen Staatsleistungen an die Kirchen vorgestellt. Demnach sol- len die Länder „die auf Gesetz, Vertrag oder besonderen Rechtstiteln beruhen- den“ jährlichen Zahlungen an die Religi- onsgesellschaften in den kommenden Jah- ren „durch einmalige Zahlungen oder durch Ratenzahlungen“ ablösen. Die Re- gierungsparteien machten sich den Vor- schlag nicht zu eigen. Die Kirchen zeigten sich gesprächsbereit. (Siehe Seite 6; Kom- mentar Seite 8.) N ach einschneidenden histori- schen Ereignissen ist oft der Satz zu hören, nichts werde jetzt mehr so sein, wie es vorher war. Man hörte diesen Satz nach Revolu- tionen, französischen oder digitalen, nach Welt- und Bürgerkriegen, nach dem Einsturz politischer Systeme oder zuletzt nach dem Attentat auf die Zwillingstürme von New York. Je- des Mal war es verständlich, dass er gesagt wurde, und jedes Mal war er gleichwohl eine Übertreibung. Denn vieles blieb eben doch, wie es war. Manches hätte sich auch ohne die Zä- sur geändert. Und anderes änderte sich nicht so sehr, wie es, je nach- dem, das erste Erstaunen oder Ent- setzen erwarten ließ. Soeben sind wir Zeugen und Be- troffene eines Ereignisses, der Coro- na-Pandemie, das sich ähnlich epo- chal anfühlt. Zwar wird gesagt, die Schulen blieben bis zum Ende der Osterferien oder bis zum Ende ihrer Verlängerung geschlossen. Auch wenn jetzt Messen, Konferenzen, Ausstellungen, Theaterabende und Fußballspiele abgesagt werden, ge- schieht es oft mit dem Hinweis, man werde sich zeitnah mit Ersatztermi- nen melden. Doch in Worten wie „einstweilen“, „bis auf weiteres“, „verschoben“ und „bald“ verbirgt sich nur schlecht die Befürchtung, dass es lange dauern könnte. Mehr aber noch, dass wir nicht sicher sein können, die gesellschaftliche Norma- lität, wie sie sich uns darstellte, zu- rückzubekommen. Diese Normalität ist eine der Gleichzeitigkeit des Verschiedenen. Die einen gehen zur Schule, die ande- ren in den Betrieb, Dritte sind in den Ferien, und wieder andere machen Politik, forschen, beten oder führen Prozesse. Es zeichnet diese Gesell- schaft, mit anderen Worten, eine his- torisch völlig einmalige Differenzie- rung des sozialen Handelns aus. Zu ihren Bedingungen gehört, dass in dieser Gesellschaft nicht alles mit al- lem zusammenhängt. Und auch nicht alles von den Leistungen oder der Unfähigkeit einer einzigen In- stanz abhängig ist, sei es nun die Poli- tik, die Wirtschaft, das Recht oder die Wissenschaft. Die Pandemie greift in diese Bedin- gungen ein. Sie zeigt also nicht nur, dass es zwar Hunderte von Staaten, Tausende von Regionen und unge- zählte Lebensmittelpunkte gibt, aber inzwischen bloß noch eine Gesell- schaft. Sie stellt dieser Gesellschaft und ihren Staaten auch eine bislang ganz unbekannte Aufgabe: so gut wie ihre gesamte Leistungsfähigkeit auf ein einziges Problem zu konzen- trieren oder jedenfalls so gut wie al- les diesem einen Problem unterzu- ordnen. Eine solche Vereinfachung des Sozialen gelingt normalerweise nicht einmal Kriegen. Zugleich stellt die Pandemie vor die Aufgabe, gesellschaftliche Hand- lungsfähigkeit bei gleichzeitigem Wegfall elementarer sozialer Grund- lagen aufrechtzuerhalten. Die Emp- fehlung der Bundeskanzlerin, wo im- mer es möglich sei, solle auf Sozial- kontakte verzichtet werden, hat die eine Hälfte dieser Aufgabe, die medi- zinisch erforderliche, zutreffend be- schrieben. Die andere Hälfte des Pro- blems jedoch besteht darin, dass es ohne Sozialkontakte keine Gesell- schaft gibt. Und ohne Organisatio- nen, in denen sie stattfinden, keine Handlungsfähigkeit. Genau an dieser Stelle meldet sich das Gefühl, in ei- ner historisch völlig unbekannten Si- tuation zu leben. Es wäre unredlich, ihr schon jetzt eine Diagnose zu stel- len. Und sei es die, nichts werde wie- der so werden, wie es einmal war. EU-Staaten wollen 1600 Kinder aufnehmen Koalition der Willigen / Johansson: Starke Botschaft der Solidarität mit Griechenland sat. WASHINGTON. Aus Vergeltung für einen Angriff auf ein Militärlager im Irak haben die amerikanischen Streitkräfte fünf Stellungen der proiranischen Miliz „Kataib Hizbullah“ bombardiert. Kampf- flugzeuge hätten am Donnerstag Ziele im Südirak angeflogen. Unterstützt worden seien sie von britischen Streitkräften, teil- te das amerikanische Verteidigungsminis- terium mit. Ziel des „defensiven Präzisi- onsschlags“ seien fünf Waffenlager gewe- sen. Nach der Tötung des iranischen Ge- nerals Soleimani zu Jahresbeginn drohte der Konflikt zwischen Washington und Teheran militärisch zu eskalieren. Libanesische Bankrotterklärung Angemessen oder zu spät Von Eckart Lohse Werden Staatsleistungen für Kirchen abgelöst? Vergeltungsschlag gegen proiranische Miliz im Irak Briefe an die Herausgeber, Seite 27 Solidarität? hmk./T.G. BRÜSSEL. EU-Chefunter- händler Michel Barnier hat seinen Ent- wurf für einen Partnerschaftsvertrag mit dem Vereinigten Königreich vorgelegt. „Er zeigt, dass eine ehrgeizige und umfas- sende künftige Beziehung möglich ist“, schrieb Barnier auf Twitter. Er verlangt von London die Übernahme anspruchsvol- ler EU-Standards, um fairen Wettbewerb zu garantieren. Außerdem schließt er das Vereinigte Königreich von der wichtigsten EU-Datenbank aus. Die Verhandlungen sollen nächste Woche weitergehen, wegen des Coronavirus wohl per Videokonfe- renz. (Siehe Seite 6.) Merkels oberstes Ziel in der Corona-Krise muss die Vermeidung eines Kontrollverlustes sein. Fast alle Schulen und Kitas schließen Keine Alten- und Pflegeheime besuchen / G-7-Sondergipfel / Größtes Hilfsprogramm für Wirtschaft Der Tod als Überraschung Eine unbekannte Aufgabe Von Jürgen Kaube Kampf um den Ölpreis Barnier präsentiert Partnerschaftsvertrag Wird nichts so sein, wie es vorher war? Es wäre unredlich, schon jetzt eine Diagnose zu stellen. Initiative für Bauland UPLOADED BY "What's News" vk.com/wsnws TELEGRAM: t.me/whatsnws

Frankfurter Allgemeine Zeitung - 14 03 2020

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ZEITUNG FÜR DEUT SC H LAND

Samstag, 14. März 2020 · Nr. 63 / 11 R1 HERAUSGEGEBEN VON GERALD BRAUNBERGER, WERNER D’INKA, JÜRGEN KAUBE, BERTHOLD KOHLER 3,20 € D 2955 A F. A. Z. im Internet: faz.net

Frankfurter Allgemeine Zeitung GmbH; Kundenservice: (069) 75 91 - 10 00, Telefax: (069) 75 91 - 21 80 oder www.faz.net/meinabo. Briefe an die Herausgeber: [email protected]

Belgien, Frankreich, Italien, Luxemburg, Österreich, Portugal (Cont.), Slowakei, Slowenien, Spanien 4,00 € / Griechenland, Kanaren, Malta, Niederlande, Zypern 4,10 € / Dänemark 32 dkr / Großbritannien 3,70 £ / Schweiz 5,30 sfrs / Ungarn 1120 Ft4<BUACUQ=fadcae>:w;V;l;m;m

Rembrandt war der Meisterder Radierung, doch er hattegeniale Vorläufer. Die Albertinain Wien wird sie bald zeigen.Feuilleton, Seite 9

Wie konnte die Welt eszulassen, dass dieSportverbände so groß wurdenund sich über alles erheben?Sport, Seite 32

Verbände und Institutionen inder Rhein-Main-Region forderndie Kommunen auf, mehrFlächen bereitzustellen.Rhein-Main-Zeitung, Seite 38

Russland und Saudi-Arabienliefern sich eineAuseinandersetzung – geht esdabei in Wahrheit um Amerika?Finanzen, Seite 25

Nicht nur das Wirtschaftssystemdes Landes steht am Abgrund.Es droht der Zusammenbruchder Staatsgewalt.Wirtschaft, Seite 20

F.A.Z. FRANKFURT. Wegen der sprung-haften Ausbreitung des Coronavirus wer-den ab nächster Woche in nahezu allenBundesländern Schulen und Kindertages-stätten geschlossen. Alle Länder habenversichert, dass Lehrer weiterhin imDienst sind, um den reibungslosen Ablaufvon späteren Prüfungen zu gewährleistenund in den ersten Tagen nach der Schul-schließung auch für eine Notbetreuung zurVerfügung zu stehen. Danach müssten dieFamilien selbst die Betreuung organisie-ren, ohne auf die Großeltern zurückzugrei-fen, die besonders gefährdet seien, appel-lierte Nordrhein-Westfalens Ministerpräsi-dent Armin Laschet (CDU).

Mehrere Länder raten außerdem dazu,von Besuchen in Altenheimen und Pflege-einrichtungen abzusehen. Laschet wandtesich am Freitagnachmittag mit einem dra-matischen Appell an die rund 18 Millio-nen Einwohner seines Bundeslandes. „Un-ser Land steht vor einer riesigen Bewäh-rungsprobe, wahrscheinlich der größten inder Landesgeschichte“, sagte er. „Wir ha-ben es mit einem unsichtbaren Gegner zutun, dessen Bekämpfung unser Land anden Rand seiner Kräfte führen wird.“ DieLage erfordere ein Höchstmaß an Solidari-tät vor allem mit älteren und gesundheit-lich schon angeschlagenen Bürgern. Mitdem Rückzug in die eigenen vier Wändedürfe aber „kein Rückzug der Menschlich-keit einhergehen“, sagte Laschet. „Damitdiese Krise ein Ende findet, müssen wirjetzt den Anfang für eine nie dageweseneSolidarität machen.“

Am Montag soll es einen G-7-Sonder-gipfel per Video zum Coronavirus geben.Die Bundesregierung ist nach Worten vonKanzlerin Angela Merkel (CDU) gewillt,alles zu tun, was notwendig sei, damitDeutschland durch diese Krise möglichstgut durchkomme. Man werde „so agieren,wie wir es möglichst kraftvoll tun kön-nen“, sagte Merkel am Freitag. Bundesfi-nanzminister Olaf Scholz (SPD) und Wirt-schaftsminister Peter Altmaier (CDU) kün-digten unterdessen das nach ihren Wortengrößte Hilfsprogramm für die deutscheWirtschaft an, das es in der Nachkriegsge-schichte je gegeben habe. Um die Auswir-kungen der Pandemie abzumildern, werdees „unbegrenzte“ Liquiditätshilfen undStaatsbürgschaften geben, sagte Scholz:„Es wird nicht gekleckert, es wird ge-klotzt.“ Altmaier sprach von der „umfas-sendsten und wirksamsten Garantie, diees jemals in einer Krise gegeben hat“. Da-mit wolle man sicherstellen, dass die Wirt-schaft nicht „dauerhaft beschädigt“ werde.Insgesamt stünden rund eine halbe BillionEuro zur Verfügung, sagte Altmaier. „Anfehlendem Geld soll es nicht scheitern.“

Die Regierung bezeichnet das Hilfspaketals „Schutzschild für Unternehmen und Be-schäftigte“. Sie plant offenbar noch weite-re Hilfen, denn es hieß, der Schutzschildsei nur der Beginn. Scholz sagte, man habe„noch etwas in der Hinterhand“. Zunächstgebe es kein Konjunkturprogramm, aberfalls nötig, „werden wir Maßnahmen tref-fen, dass es mit der Konjunktur wieder auf-wärtsgeht“.

Auch eine Staatsbeteiligung an Unter-nehmen sei nicht ausgeschlossen. Zur Fra-ge, ob sich der Bund neu verschulden müs-se, sagte der Finanzminister, es sei „nichtvöllig unplausibel, dass wir zusätzlichenGeldbedarf haben“. Vor dem Auftritt derMinister hatten Bundestag und Bundesratin einem außergewöhnlichen Eilverfahrendie geplante Lockerung des Zugangs zuKurzarbeitergeld beschlossen, mit dem dieBundesagentur für Arbeit Arbeitsplätze inkrisengeschüttelten Betrieben stützen soll.Der Deutsche Gewerkschaftsbund und dieArbeitgeber-Bundesvereinigung lobtendie Stützmaßnahmen einhellig.

Die EU-Kommission will alle Hilfspro-gramme der Mitgliedstaaten im Kampf ge-gen die Corona-Krise unterstützen. „DieseKrise ist eine Prüfung für uns alle, für dieMenschen, die Gesundheitssysteme, dieWirtschaft“, sagte Kommissionspräsiden-tin Ursula von der Leyen am Freitag inBrüssel. „Aber ich bin überzeugt, dass dieEuropäische Union diesem Schock wider-stehen kann.“

Helfen will die EU-Kommission vor al-lem dadurch, dass sie die geltenden EU-Re-geln des Stabilitätspakts und des Wettbe-werbsrechts angesichts der außergewöhnli-chen Lage sehr flexibel auslegt. „Alles,was die Mitgliedstaaten im weiteren Sinneim Kampf gegen diese humanitäre Krisetun, soll von den Regeln des Pakts ausge-nommen werden“, sagte Wirtschafts- undWährungskommissar Paolo Gentiloni die-ser Zeitung. Es werde eine koordinierteAntwort der Mitgliedstaaten auf die Krisegeben. Er rechne mit zusätzlichen Staats-ausgaben von mehreren hundert Milliar-den Euro, sagte Gentiloni.

In Washington rief Präsident DonaldTrump wegen des Virus-Ausbruchs dennationalen Notstand aus. Durch die Maß-nahme bekommen Bundesstaaten undKommunen Zugriff auf Hilfen in Höhevon rund 50 Milliarden Dollar, um die Ver-breitung der Krankheit einzudämmen. Dä-nemark und Polen kündigten an, ihreGrenzen zu schließen. In Dänemark giltdie Maßnahme bis auf Weiteres ab demheutigen Samstag, 12 Uhr, in Polen abSonntag für zehn Tage. Polnische Staats-bürger, die ins Land zurückkehrten, wür-den für 14 Tage unter Quarantäne gestellt.Die Deutsche Fußball-Liga teilte am Frei-tag mit, dass der für das Wochenende ge-plante Spieltag auf einen unbestimmtenZeitpunkt verlegt werde. Am Dienstagstimmen die Vereine zudem darüber ab,ob der komplette Spielbetrieb bis ein-schließlich 2. April ausgesetzt wird. (Sie-he Seiten 2, 3, 4 und 8, Deutschland unddie Welt, Feuilleton, Seiten 9 und 14, Wirt-schaft, Seiten 17, 18, 19, 22, 24 sowie Sportund Rhein-Main-Zeitung.)

T.G. BRÜSSEL. In der Europäischen Uni-on hat sich eine Koalition der Willigen ge-bildet, die kranke und unbegleitete Kinderaufnehmen will, die auf griechischen In-seln um Schutz nachsuchen. Zu den be-kannten sieben Staaten seien weitere hin-zugekommen, sagte EU-Innenkommissa-rin Ylva Johansson nach einer Sitzung derInnenminister in Brüssel. Die Zusagen be-liefen sich auf „mindestens 1600 Perso-nen“. Zu klären sei noch, wie das Alterfestgestellt werde und wie Corona-Infek-tionen ausgeschlossen würden. „Ich hoffe,dass die erste Person nächste Woche umge-siedelt werden kann“, sagte Johansson. Eshandle sich um eine „starke Botschaft derSolidarität mit Griechenland“.

Nach Informationen dieser Zeitung istneben Deutschland, Frankreich, Portu-gal, Finnland, Kroatien, Irland und Lu-xemburg auch Bulgarien zur Aufnahmebereit. Deutschland will 350 bis 400 Kin-der aufnehmen, Frankreich mindestens300. Die Koalition in Berlin hatte dazu ei-

nen gemeinsamen Beschluss herbeige-führt, die Initiative geht auf InnenministerHorst Seehofer (CSU) zurück. Der Be-schluss soll nun auf zwei Gruppen ange-wendet werden. Zum einen ist die Bundes-regierung bereit, etwa hundert Kinder auf-zunehmen, die auf den Inseln in Kranken-hausbehandlung sind; außerdem deren El-tern und Geschwister. Zum anderen willsie einen Teil der unbegleiteten minderjäh-rigen Asylbewerber aufnehmen, die dortunter katastrophalen Umständen in über-füllten Lagern leben. Sie sollen jünger als14 Jahre sein; Mädchen werden bevor-zugt, weil sie besonders sexualisierter Ge-walt ausgesetzt sind.

Widersprüchliche Angaben gibt es überdie Zahl unbegleiteter Minderjähriger.Während die EU-Kommission die Zahlmit 5500 von 42 000 Migranten auf den In-seln beziffert, spricht die Bundesregie-rung lediglich von 2000. Ausgewählt wer-den die Betreffenden vom UN-Flücht-lingshilfswerk und von der Internationa-

len Organisation für Migration. Nach ei-nem Gesundheitscheck und einer Sicher-heitsüberprüfung (bei erwachsenen Ange-hörigen) sollen sie nach Deutschland ge-flogen werden und den Flüchtlingsstatuserhalten. Sie werden dann den Jugendäm-tern jener Kommunen zugewiesen, diesich um die Aufnahme unbegleiteter Min-derjähriger beworben haben. Die Kom-mission will außerdem die freiwilligeRückkehr von 5000 Migranten finanziellfördern, die vor dem 1. Januar auf den In-seln angekommen sind. Im Gespräch isteine Prämie von bis zu 2000 Euro pro Per-son.

Zur Entlastung Griechenlands hat nunauch die EU-Grenzschutzbehörde Fron-tex ihre Kräfte dort verstärkt. Neben denmehr als 500 Beamten in der Ägäis sindnun auch 100 Beamte aus 22 EU-Staatenan der Landgrenze zur Türkei im Einsatz.Ein weiteres Kontingent in dieser Größen-ordnung wird gerade auf die Inseln vorder türkischen Küste verlegt.

Zu spät? Angemessen? Es wirddauern, bis ein einigermaßenobjektives und faires Urteil

über das Krisenmanagement der Bun-deskanzlerin im Angesicht von Coro-na möglich ist. Zu Wochenbeginnwar aus der Unionsführung zu hören,es sei noch nicht der richtige Zeit-punkt für eine grundsätzliche Anspra-che der Kanzlerin. Montagvormittagübernahm es noch der Regierungs-sprecher, die Deutschen im Namenseiner Chefin zu beruhigen.

Doch schon Stunden später äußer-te Merkel sich erstmals öffentlich zuCorona, und dann kam eine Bewe-gung in Gang, die in ihrer Dimensionkaum zu überschätzen ist. Im Tages-rhythmus sagte die Bundeskanzlerinden Deutschen vor, dass sich bis zusiebzig Prozent der Bevölkerung mitdem Virus infizieren würden, stellte– angetrieben vor allem vom bayeri-schen Ministerpräsidenten Söder –flächendeckende Schulschließungenals probates Mittel hin und empfahlihren mehr als achtzig Millionen Mit-bürgern, auf alle verzichtbaren Sozial-kontakte tatsächlich zu verzichten.Zum Abschluss der Arbeitswoche,die von Normalität weiter entferntwar als alle bisherigen Arbeitswo-chen der Kanzlerin, sagte deren Vize-kanzler unbegrenzte Finanzhilfen zu.Abgesehen vom reflexhaften Quie-ken der AfD, blieb die übliche Kritikaus der Opposition oder gar der Koali-tion aus. In der Stunde der Not ver-sammelt sich das Land einschließlichdes verantwortungsbewussten Teilsder Politik hinter der politischen Füh-rung.

Angela Merkel ist nicht der Typ fürgroße Reden ans Volk. Statt Blut,Schweiß und Tränen bietet sie dieCharaktereigenschaften einer schwä-bischen Hausfrau an oder sagt denMenschen Sätze wie „Sie kennenmich“ und „Wir schaffen das“. Als sie2005 Kanzlerin wurde, war die nichtablehnende, sondern besorgte Fragezu hören: Kann die das? Das zieltenicht auf politische Inhalte, sondern

auf die Frage, ob sie – mancher Frage-steller meinte sicher auch: ob eineFrau – die Mechanismen des politi-schen Geschäfts beherrsche. DieseFrage kann nach 15 Kanzlerinnenjah-ren eindeutig mit einem Ja beantwor-tet werden. Merkel verliert nicht dieNerven oder redet Unsinn, wie dasimmerhin bei einem leibhaftigenamerikanischen Präsidenten zu beob-achten ist.

Dennoch waren ihre Krisenreakti-onseinsätze unterschiedlich erfolg-reich. In der Finanzkrise den Deut-schen zuzusichern, dass ihr Sparver-

mögen sicher ist und das Kurzarbei-tergeld zur Stabilisierung der Wirt-schaft zu nutzen, war ein bis heuteviel gelobter Schritt. Dagegen mussman selbst dann, wenn man ihrenUmgang mit den Flüchtlingen im Sep-tember 2015 richtig fand, zugeben,dass sie keinen Plan hatte, wie mitden im Anschluss weitgehend unge-steuert nach Deutschland gekomme-nen Asylsuchenden umzugehen sei.

Jetzt also Corona. Die Kanzlerinmuss ihr Vorgehen streng an einerHierarchie von Zielen ausrichten. De-ren oberstes ist, den Kontrollverlustzu verhindern. Der wäre am sichtbars-ten, wenn Bilder von Infizierten ent-stünden, die nicht gerettet werdenkönnen, die sterben, weil das Gesund-heitssystem überfordert ist, wenn esalso zu viele schwere Fälle in zu kur-zer Zeit gibt, es mithin nicht gelingt,die Infektionskurve möglichst langund flach zu halten. Dieses Ziel gabMerkel am Montag öffentlich aus.Wird es erreicht, dann wird MerkelsReaktion und deren Zeitpunkt späterals angemessen eingestuft werden.Sonst wird es heißen: Zu spät.

Wie empfohlen: Bürger warten vor dem Bürgerhospital in Frankfurt, um sich testen zu lassen. Foto François Klein

D.D. FRANKFURT. Vertreter von FDP,Grünen und Linken haben am Freitag ei-nen Gesetzentwurf zur Ablösung der soge-nannten altrechtlichen Staatsleistungenan die Kirchen vorgestellt. Demnach sol-len die Länder „die auf Gesetz, Vertragoder besonderen Rechtstiteln beruhen-den“ jährlichen Zahlungen an die Religi-onsgesellschaften in den kommenden Jah-ren „durch einmalige Zahlungen oderdurch Ratenzahlungen“ ablösen. Die Re-gierungsparteien machten sich den Vor-schlag nicht zu eigen. Die Kirchen zeigtensich gesprächsbereit. (Siehe Seite 6; Kom-mentar Seite 8.)

Nach einschneidenden histori-schen Ereignissen ist oft derSatz zu hören, nichts werde

jetzt mehr so sein, wie es vorher war.Man hörte diesen Satz nach Revolu-tionen, französischen oder digitalen,nach Welt- und Bürgerkriegen, nachdem Einsturz politischer Systemeoder zuletzt nach dem Attentat aufdie Zwillingstürme von New York. Je-des Mal war es verständlich, dass ergesagt wurde, und jedes Mal war ergleichwohl eine Übertreibung. Dennvieles blieb eben doch, wie es war.Manches hätte sich auch ohne die Zä-sur geändert. Und anderes ändertesich nicht so sehr, wie es, je nach-dem, das erste Erstaunen oder Ent-setzen erwarten ließ.

Soeben sind wir Zeugen und Be-troffene eines Ereignisses, der Coro-na-Pandemie, das sich ähnlich epo-chal anfühlt. Zwar wird gesagt, dieSchulen blieben bis zum Ende derOsterferien oder bis zum Ende ihrerVerlängerung geschlossen. Auchwenn jetzt Messen, Konferenzen,Ausstellungen, Theaterabende undFußballspiele abgesagt werden, ge-schieht es oft mit dem Hinweis, manwerde sich zeitnah mit Ersatztermi-nen melden. Doch in Worten wie„einstweilen“, „bis auf weiteres“,„verschoben“ und „bald“ verbirgtsich nur schlecht die Befürchtung,dass es lange dauern könnte. Mehraber noch, dass wir nicht sicher seinkönnen, die gesellschaftliche Norma-lität, wie sie sich uns darstellte, zu-rückzubekommen.

Diese Normalität ist eine derGleichzeitigkeit des Verschiedenen.Die einen gehen zur Schule, die ande-ren in den Betrieb, Dritte sind in denFerien, und wieder andere machenPolitik, forschen, beten oder führenProzesse. Es zeichnet diese Gesell-schaft, mit anderen Worten, eine his-torisch völlig einmalige Differenzie-rung des sozialen Handelns aus. Zuihren Bedingungen gehört, dass indieser Gesellschaft nicht alles mit al-

lem zusammenhängt. Und auchnicht alles von den Leistungen oderder Unfähigkeit einer einzigen In-stanz abhängig ist, sei es nun die Poli-tik, die Wirtschaft, das Recht oderdie Wissenschaft.

Die Pandemie greift in diese Bedin-gungen ein. Sie zeigt also nicht nur,dass es zwar Hunderte von Staaten,Tausende von Regionen und unge-zählte Lebensmittelpunkte gibt, aberinzwischen bloß noch eine Gesell-schaft. Sie stellt dieser Gesellschaftund ihren Staaten auch eine bislangganz unbekannte Aufgabe: so gut

wie ihre gesamte Leistungsfähigkeitauf ein einziges Problem zu konzen-trieren oder jedenfalls so gut wie al-les diesem einen Problem unterzu-ordnen. Eine solche Vereinfachungdes Sozialen gelingt normalerweisenicht einmal Kriegen.

Zugleich stellt die Pandemie vordie Aufgabe, gesellschaftliche Hand-lungsfähigkeit bei gleichzeitigemWegfall elementarer sozialer Grund-lagen aufrechtzuerhalten. Die Emp-fehlung der Bundeskanzlerin, wo im-mer es möglich sei, solle auf Sozial-kontakte verzichtet werden, hat dieeine Hälfte dieser Aufgabe, die medi-zinisch erforderliche, zutreffend be-schrieben. Die andere Hälfte des Pro-blems jedoch besteht darin, dass esohne Sozialkontakte keine Gesell-schaft gibt. Und ohne Organisatio-nen, in denen sie stattfinden, keineHandlungsfähigkeit. Genau an dieserStelle meldet sich das Gefühl, in ei-ner historisch völlig unbekannten Si-tuation zu leben. Es wäre unredlich,ihr schon jetzt eine Diagnose zu stel-len. Und sei es die, nichts werde wie-der so werden, wie es einmal war.

EU-Staaten wollen 1600 Kinder aufnehmenKoalition der Willigen / Johansson: Starke Botschaft der Solidarität mit Griechenland

sat. WASHINGTON. Aus Vergeltung füreinen Angriff auf ein Militärlager im Irakhaben die amerikanischen Streitkräftefünf Stellungen der proiranischen Miliz„Kataib Hizbullah“ bombardiert. Kampf-flugzeuge hätten am Donnerstag Ziele imSüdirak angeflogen. Unterstützt wordenseien sie von britischen Streitkräften, teil-te das amerikanische Verteidigungsminis-terium mit. Ziel des „defensiven Präzisi-onsschlags“ seien fünf Waffenlager gewe-sen. Nach der Tötung des iranischen Ge-nerals Soleimani zu Jahresbeginn drohteder Konflikt zwischen Washington undTeheran militärisch zu eskalieren.

LibanesischeBankrotterklärung

Angemessen oder zu spätVon Eckart Lohse

Werden Staatsleistungenfür Kirchen abgelöst?

Vergeltungsschlag gegenproiranische Miliz im Irak

Briefe an die Herausgeber, Seite 27

Solidarität?

hmk./T.G. BRÜSSEL. EU-Chefunter-händler Michel Barnier hat seinen Ent-wurf für einen Partnerschaftsvertrag mitdem Vereinigten Königreich vorgelegt.„Er zeigt, dass eine ehrgeizige und umfas-sende künftige Beziehung möglich ist“,schrieb Barnier auf Twitter. Er verlangtvon London die Übernahme anspruchsvol-ler EU-Standards, um fairen Wettbewerbzu garantieren. Außerdem schließt er dasVereinigte Königreich von der wichtigstenEU-Datenbank aus. Die Verhandlungensollen nächste Woche weitergehen, wegendes Coronavirus wohl per Videokonfe-renz. (Siehe Seite 6.)

Merkels oberstes Ziel inder Corona-Krise mussdie Vermeidung einesKontrollverlustes sein.

Fast alle Schulen und Kitas schließenKeine Alten- und Pflegeheime besuchen / G-7-Sondergipfel / Größtes Hilfsprogramm für Wirtschaft

Der Tod als Überraschung

Eine unbekannte AufgabeVon Jürgen Kaube

Kampf um den Ölpreis

Barnier präsentiertPartnerschaftsvertrag

Wird nichts so sein, wiees vorher war? Es wäreunredlich, schon jetzteine Diagnose zu stellen.

Initiative für Bauland

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SEITE 2 · SAMSTAG, 14. MÄRZ 2020 · NR. 63 F P M FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNGPolitik

Wir sind zugegebenermaßenziemlich früh dran. Aber daniemand weiß, was das Co-

ronavirus mit uns allen noch vorhat,geben wir unseren Vorschlag für dieWahl zum Wort des Jahres sicherheits-halber schon jetzt zu Protokoll. Er lau-tet natürlich: Geisterspiele. Dem unbe-kannten Erfinder dieses Begriffs, derin dieser Zeitung zum ersten Mal am24. September 1959 in einem Artikelüber den Sowjetzonen-Sport auftauch-te und dem Volksmund zugeschriebenwurde, muss man noch heute für sei-nen Geistesblitz danken. Denn damitlässt sich nicht nur treffend dieses fastlautlose Ballgeschiebe beschreiben,bei dem es mangels Pöbels auf denRängen nur noch auf dem Platz zu je-nen Beleidigungen und Schmähungenkommen könnte, ohne die der Fußballkein Fußball ist, wie man jetzt so ofthört. Die Spieler aber sind inzwischenals Rassisten totale Versager, das hatman ihnen erfolgreich abtrainiert.Und so schlichte Gemüter, dass sie dieHand eines Mäzens beißen, der sie mitMillionen füttert, haben nicht einmaljene Fußballer, die vergoldete Steaksessen.

„Geisterspiele“ begeistert uns, weildieser Terminus auch zu Vorgängen inder Politik passt, für die einem sonstdie Worte fehlen würden. Wir denkenda etwa an die überraschende Ent-scheidung des Thüringer Ministerprä-sidenten Ramelow von der Linkspar-tei, mit seiner Stimme dem GenossenKaufmann von der AfD zur Wahl zumVizepräsidenten des Landtags zu ver-helfen – jenes Landtags, von dem Ra-

melow nur dann zum Regierungschefgewählt werden wollte, wenn dasohne eine einzige Stimme von der AfDgeschehen würde. Vollends gespens-tisch wurde dieser Spielzug dadurch,dass die AfD die stille Wahlhilfe Rame-lows widerspruchslos annahm, ob-wohl sie den Linken sonst verteufelt,als wäre er Satans Großvater. An derHufeisentheorie scheint aber doch et-was dran zu sein, schon wegen desHufs.

Das schönste abgekartete Spiel in-klusive Geisterbeschwörung fand inder vergangenen Woche noch tiefer imehemaligen Sowjetreich statt, direkt inMoskau. Dort kam die Duma ganzspontan zu dem Schluss, dass es füralle doch das Beste sei, wenn Wladi-mir Putin auch nach Inkrafttreten sei-ner nagelneuen Verfassung Präsidentbleibe. Doch kann man eine solche Zu-mutung natürlich nicht ohne seine Zu-stimmung beschließen. Also dachtenwie bei einer Séance alle Abgeordne-ten ganz fest an ihn, und schon er-schien Putin mitten unter ihnen, ganzwie Mephisto oder die bezauberndeJeannie. Jetzt muss noch – Russlandist ein Rechtsstaat mit Gewaltentei-lung – das Verfassungsgericht nickenund – Russland ist eine Demokratie –das Volk. Es bekommt dazu Gelegen-heit am 22. April, dem 150. Geburts-tag Lenins, der ehemals berühmtestenMumie der Welt. Purer Zufall? Es gibteinen Roman, da wird ein Einbalsa-mierter noch nach Tausenden von Jah-ren wieder zum Leben erweckt. DerAbgeordneten Tereschkowa, die Putinbeschwor, Russland nicht alleinzulas-sen, würden wir auch das zutrauen,aus mehreren Gründen.

Und dann geisterte natürlich auchnoch Donald Trump über den Rasendes Weißen Hauses. Den Präsidentenhat offenbar die Panik erfasst, Coronakönnte ihm die Wiederwahl vermas-seln. Weil eine Erhöhung der Einfuhr-zölle auf das Virus, das sich einfachnicht erpressen lässt, nichts gebrachthätte, wollte Trump gleich ganz dieGrenzen für den Personen- und Wa-renverkehr aus mit Corona versifftenGegenden schließen – bis ihm einer zu-flüsterte, dass die komplette Einstel-lung des Imports nicht wirklich einegute Idee sei. Blödes Spiel!

Zum Glück fand Trump aber wiederPrügelknaben, die schuld an allemsind: Seiner Horrorgeschichte nach ha-ben die (Kontinental-)Europäer dasCoronavirus nach Amerika einge-schleppt wie damals die Konquistado-ren die Syphilis. Und wer sind die bes-ten, also schlimmsten Europäer? Na-türlich wir Deutsche! Das wird unsTrump, der uns ohnehin schon aufdem Kieker hat, noch heimzahlen,wenn er doch gewinnt. Und noch schei-nen die Amerikaner den Poltergeistnicht austreiben zu wollen, den sie vorvier Jahren riefen. Trumps Geister-stunde könnte also durchaus in die Ver-längerung gehen, in seinem Fall aberwohl eher auf dem Golfplatz. bko.

FRAKTUR

In Zeiten der Pandemie müssen sichdie Italiener an vieles gewöhnen,was vor zwei Wochen noch undenk-bar schien. Ein ganzes Land, ein

ganzes Volk steht unter Hausarrest, dernur für lebensnotwendige Besorgungenkurzfristig verlassen werden darf. Dazuwird der katholischen Nation Italien auchnoch der geistliche Trost nur noch auf vir-tuellem Wege zugestanden. Weil Gottes-dienste seit Mittwoch verboten sind, grei-fen Geistliche auf die elektronische Formder Verkündigung zurück und streamenGottesdienste und Gebete übers Internet.Auch Papst Franziskus hatte das Angelus-Gebet am Sonntag nicht wie gewohnt amoffenen Fenster des Apostolischen Pa-lasts gesprochen, sondern in der dortigenBibliothek, von wo aus die Bilder aufGroßleinwände am Petersplatz übertra-gen worden waren. Dorthin waren abernur wenige Gläubige gekommen. Seit Mit-te der Woche ist der Petersplatz gesperrt.

Im Bistum Rom wird jeden Abend dieAbendmesse aus dem menschenleerenSantuario Madonna del Divino Amoreüber den katholischen Sender TV2000 so-wie über einschlägige katholische Inter-netportale übertragen. Keinen virtuellenErsatz gibt es für Beisetzungsfeiern. Mehrals tausend Menschen sind in Italien bis-her an der durch das Coronavirus verur-sachten Lungenkrankheit gestorben. AusNeapel wurde am Montag vom Tod einerunter Epilepsie leidenden 47 Jahre altenFrau berichtet, die mit ihrem Bruder unddessen Kindern in einem Haushalt gelebthatte, der sich wegen einer Coronavirus-Infektion wie vorgeschrieben in gemeinsa-me Quarantäne begeben hatte. Der Leich-nam der Verstorbenen wurde erst andert-halb Tage später von Behördenmitarbei-tern in Schutzkleidung abgeholt und so-gleich zum Friedhof geschafft. Die Fami-lie durfte die Quarantäne nicht verlassen.

Dass viele Corona-Opfer auf ähnlichunwürdige Art und Weise ihre letzte Ruhefinden, wird in der Öffentlichkeit kaumthematisiert. Heftigen Streit gibt es hinge-gen über die Schließung von Kirchen. DasBistum Rom hatte am Donnerstagabendverfügt, dass von Freitag an alle Kirchendes Hauptstadtbistums bis zum 3. Aprilzugesperrt bleiben sollten. Bisher warendie Kirchen in Rom wie auch in anderenBistümern ungeachtet des allgemeinenVersammlungsverbots, das auch für Mess-feiern gilt, wenigstens zum stillen Gebetgeöffnet gewesen, sofern die Gläubigendabei den erforderlichen Mindestabstandvon einem Meter voneinander einhielten.Die zuständigen Gemeindepfarrer wür-

den für die strikte Einhaltung der Schlie-ßungsverfügung sorgen, hatte das Bistummitgeteilt. Die harte Entscheidung dienedem Gemeinwohl, so die Begründungvon Kardinalvikar Angelo De Donatis.„In diesen Zeiten werden unsere Häusermehr als sonst zu Hauskirchen.“ Der Vor-gabe des Bistums Rom widersetzte sicham Freitagmorgen demonstrativ Kurien-kardinal Konrad Krajewski. Der Päpstli-che Almosenverwalter, ein enger Vertrau-ter von Papst Franziskus, öffnete seineTitularkirche Santa Maria Immacolataall’Esquilino eigenhändig.

„Unter voller Berücksichtigung der Si-cherheitsnormen ist es mein Recht, denArmen eine offene Kirche zu bieten“, sag-te der Kardinal dem vatikanischen Inter-netportal „Vatican News“. So könnten dieArmen „das Eucharistiesakrament anbe-ten, das in dieser Zeit großer Schwierig-keiten der ganzen Welt Trost gibt“, sagteKrajewski. Die Titularkirche des polni-schen Kardinals liegt im Stadtteil Esquili-no nahe dem Bahnhof Termini, wo es vie-le Obdachlose gibt. In einer Erklärungvom Freitagmittag nahm das Bistum Romdie allgemeine Schließungsverfügungdann zurück. Nun sollen die Priester derPfarrkirchen jeweils gemeinsam mit denGläubigen über „verantwortungsvolle Zu-gangsmöglichkeiten“ zu den Gotteshäu-sern entscheiden. Schon in seiner überdas Internet verbreiteten Frühmesse vomFreitag hatte der Papst gesagt, dass „dras-tische Maßnahmen nicht immer gut“ sei-

en. In die gleiche Kerbe hatte zuvor schonder Historiker und Gründer der katholi-schen Gemeinschaft „Sant’Egidio“, An-drea Riccardi, geschlagen. Niemals seienin der Geschichte Italiens Messen ausge-setzt worden, schrieb Riccardi in einemGastbeitrag für die Tageszeitung „Corrie-re della Sera“ vom vergangenen Sonntag.Gerade in Krisenzeiten sei die Kirche „im-mer ein wichtiger Bezugspunkt gewesen,wie etwa von 1943 bis 1945 während derZeit der deutschen Besatzung und ange-sichts der von den Besatzern verübten Ge-walttaten“. Riccardi verwies darauf, dassdas Messeverbot bei vielen das Gefühlder Verlassenheit verstärken würde: „Wirunterschätzen die Folgen der Einsamkeit.Warum Messe und gemeinsames Kirchen-gebet verbieten, wenn wir diese doch un-ter Einhaltung der hygienischen Sicher-heitsvorschriften feiern könnten?“

Der Mailänder Erzbischof Mario Delpi-ni stieg aufs Dach des für Messen gesperr-ten Doms und sprach vor der goldenenStatue der Madonna ein Gebet. „Stehedeinen erschöpften Kindern bei, die uner-müdlich um die Heilung der Kranken rin-gen, gib ihnen Kraft, Geduld, Güte, Ge-sundheit und Frieden!“ Das Bild des be-tenden Erzbischofs war am Donnerstagauf den Titelseiten mehrerer italienischerTageszeitungen zu sehen, nachdem Minis-terpräsident Giuseppe Conte die Schlie-ßung aller Kaffeebars, Restaurants undnahezu aller Geschäfte außer Supermärk-ten und Apotheken verkündet hatte.

Geisterſpiele

löw. WIEN. In Österreich sind am Frei-tag die Maßnahmen zur Eindämmungdes Coronavirus weiter verschärft wor-den. Von nächster Woche an werdenalle Geschäfte geschlossen, die nichtder unmittelbar notwendigen Versor-gung dienen; geöffnet bleiben Anbieterunentbehrlicher Produkte und Dienst-leistungen wie Lebensmittelhändler,Zeitungskioske, Apotheken und Bankfi-lialen. Bars und Restaurants müssenvon 15 Uhr an schließen. Der Zug- undFlugverkehr mit den besonders belaste-ten Ländern Schweiz, Frankreich undSpanien wird eingestellt, die Grenzüber-gänge zur Schweiz werden weitgehendgeschlossen, wie es bereits mit Italiengehandhabt wird.

Diese Schritte sind vorerst auf eineWoche befristet. Zuvor hatte die konser-vativ-grüne Regierung unter Bundes-kanzler Kurz (ÖVP) und VizekanzlerKogler (Die Grünen) bereits ein Ver-sammlungsverbot für Gruppen überhundert (im Freien: 500) Personen undein Ende des regulären Schulunter-richts bis Ostern beschlossen. Beson-ders hart wird der Schnitt für zwei Ge-biete in Tirol, in denen es viele Corona-Ansteckungen gegeben hat: das Paz-nauntal mit Tourismusorten wie Ischglund Galtür sowie St. Anton am Arlberg.14 Tage lang soll dort prinzipiell nie-mand hinein- oder hinausfahren. Urlau-ber aus Österreich wie aus dem Aus-land können abreisen, sollen sich dannaber zu Hause in eine zweiwöchige Qua-rantäne begeben. Kurz versicherte, dieBewohner würden „selbstverständlichbestens versorgt“.

Kurz rief die Bevölkerung auf, dieEinschränkungen zum Wohl der durcheine mögliche Ansteckung besondersgefährdeten Menschen wie Alte undKranke zu akzeptieren. Sie bedeuteten„Entschleunigung“ für die einen, für an-dere aber auch Arbeit bis an die Belas-tungsgrenze, sagte Kurz und dankte Me-dizinern und Pflegern, Polizisten undVersorgern. „Ab Montag müssen wir un-ser soziales Leben auf ein Minimum re-duzieren“, fügte er hinzu.

Bislang sind nach den Angaben vonGesundheitsminister Anschober (DieGrünen) 432 Corona-Erkrankungen be-stätigt worden. Die Zahl erscheine ge-ring, doch habe es in den vergangenenTagen Zuwächse um jeweils vierzig Pro-zent gegeben. Er verwies auf die italie-nische Region Lombardei, in der die Ge-sundheitsinfrastruktur zu kollabierendrohe. Dort sei die Entwicklung zu-nächst ähnlich verlaufen wie bislang inÖsterreich, nur mit einem negativen

„Vorsprung“ von zwei Wochen. „Wirwollen eine Entwicklung wie in Italienmit allen demokratischen Handlungs-möglichkeiten vermeiden. Unser Zielist es, Zeit zu gewinnen.“ Wann dieMaßnahmen zurückgefahren werdenkönnten, hänge von der Beurteilungder Entwicklung ab, die ständig vorge-nommen werde.

Im Gesundheitswesen gibt es eben-falls Einschränkungen: Für Patientenin Krankenhäusern gilt generell ein Be-suchsverbot. So soll verhindert werden,dass das medizinische und pflegendePersonal angesteckt wird und womög-lich ganze Abteilungen geschlossen wer-den müssen. Ausnahmen sind Kinder-und Palliativstationen. Das Außenmi-nisterium in Wien gab eine Reisewar-nung höchster Stufe für Frankreich, Spa-nien und die Schweiz aus, wie sie we-gen Corona bereits für Italien, Iran undTeile Chinas gilt. ÖsterreichischenStaatsbürgern dort wird dringend emp-fohlen, zurückzukehren. Wenn keineFlüge und Züge mehr verkehren, willdas Außenministerium die Rückkehr er-möglichen. Was die Einstellung des Ver-kehrs mit diesen Ländern betrifft, versi-cherte Innenminister Nehammer(ÖVP), das richte sich nicht gegen die-se, sondern ausschließlich „gegen dasVirus“. Maßstab sei die Empfehlungder Fachleute. Grenznahe Pendler ausder oder in die Schweiz sollen – mit ent-sprechenden Nachweisen – weiterhindie Grenze überqueren können.

Auf der anderen Seite haben Slowe-nien, Ungarn, die Slowakei und dieTschechische Republik ihrerseits dieGrenze zu Österreich geschlossen. Indiesen Ländern ist die Corona-Ausbrei-tung noch nicht ganz so weit. In Öster-reich ruft das vor allem Sorgen wegender großen Zahl an Altenpflegern ausdiesen Ländern hervor. Nach Angabendes Wiener Gesundheitsstadtrats PeterHacker geht es um 60 000 24-Stunden-Pflegekräfte, die nach Österreich pen-deln. Wenn sie nicht mehr ein- und aus-reisen könnten, „dann bekommen wirschlagartig ein Problem, das größer istals die Corona-Erkrankungen“, sagteder SPÖ-Politiker im ORF-Fernsehen.

Die Regierungspolitiker riefen die Be-völkerung zugleich dazu auf, besonnenzu bleiben und sich nicht von falschenNachrichten beunruhigen zu lassen, diein sozialen Netzen kursierten. Wedersolle die Hauptstadt Wien mit ihrenzwei Millionen Einwohnern „abgerie-gelt“ werden, noch werde es Ausgangs-sperren geben, versicherte Kurz. Auchdie Lebensmittelversorgung sei gesi-chert.

Noch in den vergangenen Tagen pilgertenim Königreich Zehntausende Fans in Fuß-ballstadien. Die Regierung macht keineVorgaben. Wenn Veranstaltungen abge-sagt werden, geschieht das auf Betreibender Organisatoren; so setzte die PremierLeague die Fußballspiele am Freitag bisvorerst zum 3. April aus. Auch Universitä-ten, Schulen und Kindergärten bleiben ge-öffnet, und jeder darf ins Land einreisen.Premierminister Boris Johnson wider-setzt sich dem globalen Trend zu drasti-schen Maßnahmen – und beruft sich aufwissenschaftliche Empfehlungen. Immermehr Bürger beginnen jedoch zu fragen:Was weiß ihre Regierung, was Regierun-gen in anderen Hauptstädten nicht wis-sen? Nicht nur die meisten Länder aufdem Kontinent, auch die Verantwortli-chen auf der Nachbarinsel Irland versu-chen, die Ausbreitung des Coronavirusmit der Schließung von Bildungseinrich-tungen und dem Verbot von Großveran-staltungen einzudämmen. Das beliebteNachrichtenmagazin „Newsnight“von derBBC zeigte am Donnerstagabend eine in-ternationale Vergleichstafel, auf der Groß-britannien als einsame Ausnahme hervor-stach. Aber Johnson zeigt sich unbeein-druckt von seiner Außenseiterrolle.

Mangelnde Aufklärung, gar Verharmlo-sung kann man ihm nicht vorhalten. Fasttäglich gibt er, flankiert von seinen bei-den Fachberatern, Pressekonferenzen, indenen er auch vor dramatischen Aussa-gen nicht zurückschreckt. Als er am Don-nerstagabend die aktuellen Zahlen vor-stellte – 590 offizielle Infektionen, 10 000geschätzte Infektionen, zehn Tote im Kö-nigreich –, sagte er: „Noch sehr viel mehrFamilien werden Angehörige vor ihrerZeit verlieren.“ Johnson und seine beidenBerater, der „Chefmediziner“ ProfessorChris Whitty und der oberste Wissen-schaftsbeauftragte der Regierung, der Me-diziner Patrick Vallance, vertreten die

Haltung, dass drastische Maßnahmenzum gegenwärtigen Zeitpunkt kontrapro-duktiv wirken könnten. Sie fürchten, dasssie einer „Müdigkeit“ Vorschub leistenund nicht mehr befolgt würden, wenn es,vielleicht in einigen Wochen, am wichtigs-ten sei. „Die Verhaltensforschung zeigt,dass die Menschen mit den besten Absich-ten beginnen, aber der Enthusiasmus voneinem bestimmten Punkt an abnimmt“,sagte Whitty, der auf Epidemiologie spe-zialisiert ist. Laut Vallance hat die emp-fohlene Selbstisolierung jener, die Sym-ptome zeigten, die „größte Wirkung“ imKampf gegen das Virus. „Am wahrschein-lichsten infiziert man sich durch Familien-angehörige und Freunde an einem klei-nen Ort, nicht an einem großen Ort.“ AmFreitag erklärte Vallance, es sei davon aus-zugehen, dass das Coronavirus zu einem„jährlichen“ Phänomen werde. Insofernsei die Strategie der Regierung, den Ge-sundheitsdienst zu entlasten, nicht aberdas Virus vollständig zu stoppen. Weil dieüberwältigende Mehrheit der Menschennur leicht erkranke, sei der Aufbau einer„Herdenimmunität“ wünschenswert. Die-se sei erreicht, wenn etwa sechzig Prozentder Bevölkerung infiziert seien. DiesenProzess gelte es allerdings in die Länge zuziehen.

Beide Berater genießen einen tadello-sen Ruf, und niemand zieht ihre Qualifi-kation in Zweifel. Kritiker halten ihnenund der Regierung allerdings vor, dass siedie zahlreichen – sich teilweise widerspre-chenden – Empfehlungen aus den Wissen-schaftsdisziplinen fragwürdig gewichten.Kritisiert wird insbesondere, dass sie Ver-haltensforschern und Modellberechnernso großes Gewicht beimessen. Am Diens-tag mischte sich mit Richard Horton einSchwergewicht in die Debatte ein. DerChefredakteur der Medizinzeitschrift„The Lancet“ griff die Regierung in Stak-kato-Sätzen an: „Boris Johnson und Ge-

sundheitsminister Matt Hancock behaup-ten, sie folgten der Wissenschaft. Aberdas ist nicht wahr. Die Beweislage ist klar.Wir brauchen eine rasche Umsetzung so-zialer Distanzierung und Schließungsre-geln. Die Regierung spielt Roulette mitder Öffentlichkeit.“

Hortons Kritik, die von vielen Virolo-gen geteilt wird, ist auch im politischenRaum angekommen. Der langjährige Ge-sundheitsminister Jeremy Hunt, der nachseiner Kandidatur für den Parteivorsitzvon Johnson ins Abseits geschoben wor-den war, holte am Donnerstag zumSchlag aus: Er nannte es „überraschendund besorgniserregend“, dass die Regie-rung Großveranstaltungen nicht untersa-ge. Großbritannien sei nur vier Wochenvon der aktuellen Notlage in Italien ent-fernt. „Man sollte annehmen, dass alles,was wir in diesen vier Wochen tun, daraufgerichtet ist, die Verbreitung des Virus zuverlangsamen.“ Druck erhält der Premier-minister auch aus dem rechtspopulisti-schen Lager. Nigel Farage hielt Johnsoneinen „Mangel an Führungsstärke“ vorund forderte, Flugverbindungen in beson-ders betroffene Gebiete einzustellen.Eher links eingestellte Regierungskritikerwiederum unterstellen Johnson, er stellemit seiner Herangehensweise das Wohler-gehen der Wirtschaft über die Gesund-heit der Bevölkerung.

All dies scheint den Premierministernicht anzufechten. Seine Regierung stehtbislang zu seinem Kurs, und viele Kom-mentatoren loben Johnson für sein kali-briertes Auftreten. Am Freitag ließ er ei-nen Regierungssprecher die wachsendeKritik mit nüchternen Worten zurückwei-sen: „Wir folgen den Empfehlungen unse-res wissenschaftlichen Chefberaters unddes Chefmediziners. Unser Ziel ist es, denGipfel der Epidemie hinauszuzögern, sodass der Nationale Gesundheitsdienst mitsich verbesserndem Wetter in einer stärke-ren Verfassung ist.“

Ein Gebet an die Madonna: Erzbischof Delpini auf dem Mailänder Dom Foto Ropi

Der britische SonderwegJohnson hält nichts von drastischen Maßnahmen / Von Jochen Buchsteiner, London

Freitag, der DreizehnteÖsterreich schließt die meisten Geschäfte

mic./rso. PARIS/STUTTGART. Frank-reich ist zunehmend irritiert über dieGrenzkontrollen der Bundespolizei ander deutsch-französischen Grenze, die„ohne Absprache“ eingeführt wurden.Die zuständige Regionalpräfektin Josia-ne Chevalier sagte: „Ich bin von meineneigenen Polizeibeamten darüber infor-miert worden. Diese Methode ist etwasüberraschend. Das Virus kennt keineGrenzen“, sagte sie der französischenPresse. Angesichts der im Aachener Ver-trag beschlossenen besseren Abstim-mung in den grenznahen Regionenschaltete sich auch die französische Bot-schaft in Berlin ein. In einem Kommuni-qué wurde darauf hingewiesen, dass dieneue Region „Grand Est“ (etwa: GroßerOsten) zehn Departements umfasst undvom Elsass bis zur Champagne reicht.

Die französische Botschaft stellterichtig, dass allein das DepartementHaut-Rhin (Oberrhein) mit Colmar alsPräfektursitz Anlass zu besondererWachsamkeit gebe. In den meisten ande-ren Departements der Großregion seiendie Infektionsfälle niedriger als im be-nachbarten Baden-Württemberg. AmOberrhein sind laut Angaben der Bot-schaft bislang 359 Corona-Infektionenbekannt, das seien 61 Prozent der Fällein der gesamten Region. Die Fälle ge-hen auf ein Fastentreffen der evangeli-schen Freikirche „La Porte Ouverte“ inMulhouse vom 17. bis 24. Februar zu-rück. Die Kirche ist bis auf weiteres ge-schlossen, aber nicht alle der mehr als2000 Teilnehmer der Fastenwoche konn-ten nachverfolgt werden.

In Baden-Württemberg verstarbschon am 4. März ein 67 Jahre alterMann aus dem Rems-Murr-Kreis, dermit seiner Frau an den Fastentreffen teil-genommen hatte. Der Leichnam warerst im Nachhinein auf Corona unter-sucht worden. Seine 70 Jahre alte Frauwird seit einer Woche intensivmedizi-nisch betreut. In Frankreich sind fastalle Regionen von den Pfingstchristen-Fällen betroffen. Etliche Teilnehmer ka-men auch aus der Schweiz und ausDeutschland. „Das Krisenmanagementin dieser Epidemie sollte durch enge Ko-operationsbereitschaft geprägt sein, be-sonders im grenznahen Bereich“, mahn-te die französische Botschaft.

In Freiburg, in Südbaden und auch inder baden-württembergischen Landes-

regierung verfolgt man die Entwick-lung der Corona-Pandemie im Elsassseit Tagen mit großer Sorge und auch ei-ner gewissen Verärgerung. Angeblichsei es den französischen Behördennicht gelungen, Kontakte von infizier-ten Personen dauerhaft zu verfolgen.Weil auch in Südbaden die Sorgewuchs, dass bei einem weiteren Anstiegder Zahl der Infizierten das Gesund-heitssystem kollabieren könnte, tratendie Stadt Freiburg und die LandkreiseBreisgau-Hochschwarzwald, Ortenau,Emmendingen und Lörrach am Freitagdie Flucht nach vorn an: „Wir müssenalles tun, damit wir nicht oder zumin-dest nicht schnell auch Risikogebietwerden“, sagte Stefan Breiter (CDU),der für öffentliche Ordnung zuständige,beigeordnete Bürgermeister Freiburgs.

Deshalb entschied man, alle Veran-staltungen mit mehr als fünfzig Teilneh-mern zu verbieten. „Wir haben Sorgen,dass unser Gesundheitssystem an Gren-zen stößt, wenn wir das Tempo, mitdem sich das Virus verbreitet, nicht mi-nimieren.“ Theater, Bäder und öffentli-che Einrichtungen wie Museen und dasPlanetarium werden ebenfalls geschlos-sen. Für noch wichtiger als diese loka-len Maßnahmen halten die Politiker inSüdbaden aber die Verstärkung derGrenzkontrollen auf deutscher Seite.Die Landrätin für Breisgau-Hoch-schwarzwald, Dorothea Störr-Ritter(CDU), sagte in einer Pressekonferenzam Freitag in Freiburg: „Ich hoffe, dassnoch heute die amtliche Anweisungkommt, die Grenzkontrollen weiter aus-zuweiten.“ Es müsse Gesundheitskon-trollen geben, und Corona-Verdachtsfäl-le müssten künftig nach Frankreich zu-rückgeschickt werden.

Vor allem am Wochenende besuchenFranzosen gern die großen Supermärk-te in Deutschland. Viele Kommunalpoli-tiker ärgert, dass die sonst gerngesehe-nen Gäste ihr Verhalten trotz der drama-tischen Lage nicht geändert hätten.„Alle Bürger müssen ihr soziales Kon-taktverhalten prüfen, es geht nicht mehrdarum, mit einer Salamitaktik an einerSchraube zu drehen“, sagte Störr-Ritter.Nach der Sondersitzung der grün-schwarzen Landesregierung kündigteder baden-württembergische Innenmi-nister Thomas Strobl (CDU) stärkereMaßnahmen an; es werde spürbare Ein-schränkungen im Grenzverkehr geben.

Beten gegen das Virus

Wie Mephisto: gespenstisch still undleise Zeichnung Wilhelm Busch

„Das Virus kenntkeine Grenzen“Paris ist durch nicht abgesprochene Kontrollenan der deutsch-französischen Grenze verstimmt

In Italien sind auchGottesdienste untersagtworden. Das BistumRom ordnete sogar dieSchließung aller Kirchenan. Doch die Protestewaren zu stark.

Von Matthias Rüb, Rom

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Page 3: Frankfurter Allgemeine Zeitung - 14 03 2020

FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG SAMSTAG, 14. MÄRZ 2020 · NR. 63 · SEITE 3Politik

Er habe den Zweiten Weltkrieg von An-fang bis Ende mitgekämpft und sei da-nach in Kriegsgefangenschaft geraten:Über „Corona“ mache er sich da keinenKopf. Das Gespräch mit einem betagtenBewohner des Kreszentia-Stiftes in Mün-chen, das Geschäftsführer Christian Pokawiedergibt, zeigt seiner Meinung nach die„relativ relaxte Einstellung“ der Seniorender Einrichtung beim Umgang mit der Kri-se. Die Bewohner würden beherzt und be-sonnen darauf reagieren, große Ängstehätten die wenigsten.

Trotzdem steht für Christian Poka undsein Team nicht erst seit diesem Freitag,an dem die bayerische Gesundheitsminis-terin Melanie Huml (CSU) „massive“ Ein-schränkungen der Besuche in Seniorenhei-men angekündigt hat, der Schutz der ih-nen anvertrauten Menschen unter beson-deren Vorzeichen. Einschränkungen imPublikumsverkehr gibt es im Stift, in dem215 Menschen leben, 150 von ihnen imvollstationären Pflegebereich, ohnehinschon länger: Abgesagt wurden alle Tref-fen mit Kindergartengruppen, geselligeZusammenkünfte der Bewohner dürfennicht mehr „bereichsübergreifend“ statt-finden, Geburtstagsfeiern sollen im engenWohnbereich durchgeführt und Besuchegenerell deutlich reduziert werden.

Gerade erst hat Poka der Kreisverwal-tung eine Absage für die am Sonntag statt-findende Kommunalwahl erteilt: DasStift, bislang immer als Wahllokal ge-nutzt, steht diesmal nicht zur Verfügung.Auch wenn bis Donnerstag noch überlegtwurde, wie man eine größtmögliche Tren-nung von Wahlvolk und Bewohnern hinbe-kommen kann. Die Kreisverwaltung habe,so Poka, mit Unverständnis auf seine ab-schlägige Entscheidung reagiert. „Dochwir können nicht einerseits die Besucherauf Abstand halten und dann HunderteWähler in die Nähe von Pflegebedürftigenbringen.“ Bei der Europawahl hätten die

Wähler schließlich in langen Schlangen an-stehen müssen. „Das können wir nicht ris-kieren.“ Es gehe darum, Infektionen nichtin die Einrichtung „hineinzutragen“.

Schon die Einschränkungen des norma-len Besuchsverkehrs akzeptieren mancheAngehörigen nicht: Poka berichtet vondem Telefonat mit einer erbosten Frau,die sich beschwert hatte, weil eine Bekann-te nicht zu ihrer Mutter ins Zimmer durf-te. „Sie lassen sie jetzt da rein!“, habe sieihn angewiesen. Um die Folgen der Be-suchsverbote für Angehörige und vor al-lem Bewohner zu mildern, sollen im Kres-zentia-Stift nun Skype-Räume eingerich-tet und Kopfhörer angeschafft werden.

Im besonders betroffenen Kreis Heins-berg in Nordrhein-Westfalen sind die Pfle-ge- und Seniorenheime schon seit rundzweieinhalb Wochen damit konfrontiert,den Kontakt zwischen Senioren und Ange-hörigen zu reduzieren. „Dabei stoßen wirauf viel Verständnis“, sagt Andreas Wag-ner, Geschäftsführer des Awo-Kreisver-bands Heinsberg. „Angehörige, die dochkommen müssen, halten sich vorbildlichan die Hygienevorschriften und das Ver-meiden von Umarmungen oder Küssen.“Außerdem habe man Besuchsgelegenhei-ten im Foyer eingerichtet, damit Verwand-te nicht in die Wohnbereiche müssten.Auch die Senioren selbst zeigten großesVerständnis dafür. „Eine Schwierigkeitstellt nur der Umgang mit Demenzkran-ken dar. Diese Bewohner können einfachaufgrund ihrer Krankheit nicht verstehen,warum ihre Angehörigen oder Freunde imMoment weniger kommen. Hier versu-chen die Mitarbeiter, viel aufzufangen.“Gerade für Demenzkranke sei es zudemschwierig bis unmöglich, nun per Skype,Internet oder Telefon mit ihren Verwand-ten zu kommunizieren.

In Heinsberg habe das Leben mit derAusnahmesituation, die nun erst auf denRest Deutschlands zukomme, gelehrt,

„von Tag zu Tag“ zu entscheiden, sagtWagner. Dazu gehörten solche Fragen:„Wie viel Personal haben wir heute? Wel-che Angebote können wir den Bewohnernbieten? Wie ist die Infektionslage?“ Man-ches Mal sei das ein „try and error“. „Aberbisher haben wir die Lage in unseren Ein-richtungen gut im Griff. Man muss dierichtige Mischung zwischen Rücksichtund Verantwortung finden.“

Die Corona-Krise stellt, so gravierendsie ist, Bewohner und Verantwortliche inSeniorenheimen und Pflegediensten vorkeine gänzlich neue Situation. Norovirenoder die jährlichen Grippewellen verlang-ten immer schon einen besonderen Um-gang mit Hygiene und Infektketten. Jetztwerden diese Vorkehrungen noch einmalverschärft. Im Kreszentia-Stift heißt das:Die Abstände zwischen den Reinigungenwerden verkürzt, Bewohner, die Erkäl-tungszeichen zeigen, werden immer vondemselben Personal versorgt, das entspre-chende Schutzmasken trägt.

Für Panik gibt es also zunächst keinenGrund, das sieht auch der bayerische Lan-desverband des Paritätischen Wohlfahrts-verbands so. Es gibt Notfallpläne; Pfleger,die in Risikogebieten waren, bleiben zuHause. Auch infizierte Patienten könnenin den Pflegeheimen bisher gut versorgtwerden, wie eine Sprecherin mitteilt. Inmanchen Kommunen werden zudem Ein-kaufshilfen und Fahrdienste organisiert,das „Essen auf Rädern“ wird dabei vor derHaustür abgesetzt. Schwieriger ist nachAngaben von Hilfseinrichtungen die Pfle-ge im häuslichen Bereich. Hier hätten dieälteren Menschen oft eher Angst vor einerInfektion, fühlten sich aufgrund vermin-derter Sozialkontakte einsam und fragtensich besorgt, ob ihre Versorgung auch wei-terhin gesichert sei. Allerdings gilt auchdort die Lage noch nicht als „angespannt“.

Die Angst vor der Einsamkeit treibe vie-le ältere Menschen nun verstärkt um, be-

richtet auch eine Sprecherin des Kreisver-bandes München des Bayerischen RotenKreuzes. Das Bayerische Rote Kreuz unter-hält zahlreiche „Alten- und Service-Zen-tren“, die Senioren mit Beratungsangebo-ten und vielfältigem Kursprogramm zurSeite stehen. Dort herrsche nach wie voreine „ruhige Grundstimmung“. Kurse wieGedächtnistraining oder Gymnastikübun-gen werden weiterhin angeboten. „Wir be-merken auch keinen Besucherrückgang.“

Auch innerhalb der Gruppe der „Älte-ren“, die nun als besonders schutzbedürf-tig gelten, gibt es mehr und weniger Ge-fährdete. Nach Einschätzung von Profes-sor Hans Jürgen Heppner, Präsident derDeutschen Gesellschaft für Geriatrie(DGG) sowie Chefarzt der Klinik für Ge-riatrie am Helios Klinikum Schwelm, sindvor allem Personen über 70 Jahren mitdrei und mehr Vorerkrankungen gefähr-det. „Wir sprechen dann von multimorbi-den Patienten. Diese müssen jetzt wirk-lich aufpassen.“

Für alle anderen über 60 Jahre gelte,mit klugem Kopf an die Sache heranzuge-hen. „Wenn Enkel nicht in Risikogebietenwaren, niemand in der Umgebung er-krankt ist und die Kinder selbst gesundsind, dann dürfen sie natürlich ihre rüsti-gen Großeltern besuchen. Es muss janicht unbedingt das Küsschen zur Begrü-ßung sein. Sonst sehe ich da aber kein Pro-blem.“ Die allermeisten Deutschen wür-den in den kommenden Monaten ohnehinvon dem Virus durchseucht werden. Auchältere Menschen. „Das lässt sich nicht ver-hindern. Es geht medizinisch einfach dar-um, dass man die Menge an schwerer Er-krankten nicht in wenigen Wochen hat,sondern über mehrere Monate“, sagtHeppner. Älteren Menschen ohne relevan-te Vorerkrankungen rät Heppner, in denkommenden Monaten „einfach einenSchritt langsamer“ zu machen. Sie solltensich fragen: Muss die Geburtstagsfeier

oder der Seniorentreff nun wirklich sein?Wenn alle ab neun Uhr einkaufen gehen,kann ich dann nicht schon um sieben Uhrgehen? „Wenn alle das machen und dieHygienevorschriften beachten, dann wer-den wir die Welle gut überstehen.“

Um dieser Welle, die man so bislangnoch nicht erlebt habe, zu begegnen, setztChristian Poka in München auf „gesundenMenschenverstand“. Und auf die richtigeExpertise. Angesichts der gestiegenen An-forderungen an die Hygiene freut sichPoka daher besonders darüber, dass zu sei-nem Team auch eine „staatlich geprüfteDesinfektorin“ gehört. Als positiv sieht er

auch die Erfahrungswerte des Reinigungs-dienstes im Kreszentia-Stift, da dieserDienstleister auch in den Räumen der Fir-ma Webasto tätigt war, wo in Deutschlandim Januar die ersten Corona-Fälle aufge-treten waren. Um den Hygiene-Vorschrif-ten zu genügen, ist zudem die Ausstattungmit Schutzkleidung und Desinfektionsmit-teln entscheidend – eine Situation, in derSeniorenheime und Pflegedienste nun, an-ders als bei einem lokal begrenzten Noro-virus-Ausbruch in einer Einrichtung, inKonkurrenz mit dem ganzen Land stehen.Das Kreszentia-Stift ist für drei bis vierWochen noch gut versorgt mit Schutzklei-dung und Masken, Bestellungen für Nach-lieferungen sind aufgegeben. „Dann mussman sehen.“

Auch in Heinsberg sind die Vorrätenoch gefüllt. „Desinfektionsmittel oderHygieneprodukte, auch Masken sind bis-her kein Problem. Noch gibt es keine Eng-pässe für uns, höchstens müssen wir malauf eine andere Firma zurückgreifen“,sagt Wagner. Ein Problem sei jedoch, dassviele Firmen ihre Mitarbeiter nicht mehrin den Kreis Heinsberg schickten. „Unteranderem stehen wir vor dem Problem,dass zum Beispiel wichtige medizinischeProdukte und Geräte nicht mehr gewartetwerden“, sagt Wagner.

Entscheidend für den Schutz und diePflege der Senioren in Heimen oder auchdurch mobile Dienste wird jedoch ein wei-terer Engpass sein: Nachdem nun in Bay-ern und in anderen Bundesländern dieSchulen und Kindertagesstätten geschlos-sen werden, müssen Pflegekräfte die Be-treuung ihrer Kinder organisieren. Wäh-rend in manchen Berufen die Kinder mitins Büro kommen können, gibt es dieseOption für Seniorenheime oder Kranken-häuser wegen der besonderen Gefähr-dung der Bewohner und Patienten nicht.So wies auch der bayerische Ministerpräsi-dent Markus Söder am Freitag darauf hin,dass „Oma und Opa“ die Betreuung derKinder gerade nicht übernehmen sollten.

In Bayern wird nun überlegt, ob die Kin-der von Eltern, bei denen Mutter oder Va-ter in „systemkritischen Berufen“ arbeitenund die nicht vom anderen Elternteil be-treut werden können, trotzdem stunden-weise in Kitas oder Schulen untergebrachtwerden. „Die Frage, ob wir weiter genugPersonal stellen können, sei es, weil Mitar-beiter selbst krank sind oder ihre Kinderbetreuen müssen, diese Frage beschäftigtmich schon sehr“, sagt Wagner. Dafür müs-se man im Krisenstab Lösungen finden,etwa dass Kinder von Eltern, die in derPflege und der Medizin arbeiten, zumin-dest in die Kindergärten und Schulen zu ei-ner Betreuung gehen können.

Ereignisse und Gestalten

Im März 1970 reist BundeskanzlerWilly Brandt zum ersten deutsch-deutschen Gipfeltreffen nach Erfurt.Eine harte Probe – auch für den BND.

Wohin mit den Kindern? Die-se Frage wird viele berufstä-tige oder alleinerziehendeEltern in allen Bundeslän-

dern umtreiben, die nicht von zu Hauseaus arbeiten können. Besonders betroffensind im öffentlichen Dienst wie bei der Po-lizei oder in Krankenhäusern und ande-ren medizinischen oder Pflegeeinrichtun-gen Beschäftigte. Daher sind Kultusminis-ter und Ministerpräsidenten bisher vordem einschneidenden Schritt der Schul-und Kindergartenschließungen zurückge-schreckt. Denn sie wissen, dass Millionenvon Kinder und deren Eltern auf Betreu-ung angewiesen sind. Und sie wissenauch, dass Schulschließungen wegen emp-findlicher Leistungseinbußen keine Dau-erlösung sind und nur einmal verfügt wer-den können. Angesichts der sprunghaftenAusbreitung des Coronavirus hatte sichals erstes von neun Ländern das Saarlandin der Nacht zum Freitag für eine generel-le Schließung aller Schulen und Kinderta-gesstätten entschieden.

Ministerpräsident Tobias Hans (CDU)hatte die Entscheidung mit der direktenNähe zu den Nachbarländern Frankreichund Luxemburg begründet. Eine Notbe-treuung für Familien werde sichergestellt.„Es braucht jetzt Entscheidungen mit kla-rem Kopf, die unweigerlich auch eine Ein-schränkung des öffentlichen Lebens mitsich bringen“, sagte Hans weiter. Auf dasSaarland folgten Bayern, Niedersachsen,Berlin, Hamburg, Bremen, Schleswig-Hol-stein, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg, Branden-burg und Thüringen. Am Freitagabend ga-ben auch Sachsen und Sachsen-AnhaltSchulschließungen von Montag an be-kannt. Die Kindertagesstätten bleiben inSachsen aber geöffnet. Den Eltern wirdfreigestellt, ob sie ihre Kinder dorthinschicken. In den meisten anderen Län-dern müssen Kindergarten- und Schulkin-der von Montag, Dienstag oder Mittwochan zu Hause bleiben. An hessischen Schu-len gilt von Montag an keine Unterrichts-verpflichtung mehr. Die Schulen bliebenaber geöffnet, sagte Hessens Ministerprä-sidentVolker Bouffier (CDU).

Der bayerische Ministerpräsident Mar-kus Söder (CSU) kündigte an, dass vonMontag an in Bayern ausnahmslos alleSchulen, Kindergärten und Kindertages-stätten geschlossen bleiben und erwarteteine generelle Schulschließung in allenLändern. Die bayerische Anordnung sollvorläufig bis zum Ende der Osterferienam 20. April gelten; dann soll es eine Be-standsaufnahme geben. Wie der bayeri-sche Kultusminister Michael Piazolo(Freie Wähler) mitteilte, soll für diejeni-gen Schüler der Klassen eins bis sechseine Notfallbetreuung an den Schulen ein-gerichtet werden, von denen beide Eltern-

teile oder, im Fall von Alleinerziehenden,das eine Elternteil in „systemkritischenBerufen“ tätig sind. Söder hob hervor,dass kein Schüler Nachteile erleiden sol-le, etwa, was das Abitur betrifft. Das sollenicht verschoben werden, kündigte Piazo-lo an.

Am Freitag beschloss auch das nord-rhein-westfälische Kabinett in einer Son-dersitzung, dass auch im bevölkerungs-reichsten Bundesland am Montag sämtli-che Schulen vorsorglich geschlossen wer-den. Am Montag und Dienstag werden zu-nächst noch Lehrer für eine Notbetreu-ung zur Verfügung stehen. Für Kinderta-gesstätten gilt von Montag an ein Betre-tungsverbot. „Die Eltern sind verpflich-tet, ihre Aufgabe zur Erziehung der Kin-der wahrzunehmen“, sagte Ministerpräsi-dent Armin Laschet (CDU) am Freitag.Es gelte nun unbedingt, ältere und schwä-chere Menschen vor der heimtückischenBedrohung zu schützen, da das Virus fürsie besonders gefährlich sei. Deshalbwarnte der Ministerpräsident eindring-lich davor, Kinder zu den Großeltern zurBetreuung zu geben. „Mir ist bewusst,dass diese Distanzierung einer jeden Fa-milie, die Distanzierung von Enkeln undihren Großeltern, das die jedes Herz be-schwert.“

Nordrhein-Westfalen hatte bisher zu je-nen Bundesländern gezählt, deren Regie-rungen Schulschließungen skeptisch sa-hen. Immer wieder hatten Ministerpräsi-dent Laschet und mehrere seiner Minister

darauf hingewiesen, dass die Schulenauch deshalb ihren Betrieb nicht einstel-len sollten, weil sonst auch die Kinder desmedizinischen Personals nicht mehr be-treut wären und der in Zeiten der Kriseohnehin schon am Limit laufende Klinik-betrieb gefährdet wäre. Am Freitag sagteLaschet nun, es werde für einen Teil derKinder weiter Betreuung geben. Undzwar für jene von Ärzten, Pflegepersonal

und allen Eltern, „die in den Bereichender öffentlichen Ordnung oder andererwichtiger Infrastruktur arbeiten“.

Der baden-württembergische Minister-präsident Winfried Kretschmann (Grüne)sprach nach einer Sondersitzung seinesKabinetts am Freitagmittag von einer„Ausnahmesituation“, die man bishernicht erlebt habe. Um eine „Überlastungdes Gesundheitssystems“ zu verhindern,habe man die flächendeckende Schlie-ßung der Schulen beschlossen, um „Sozial-kontakte und das öffentliche Leben“ einzu-schränken. Kretschmann sprach von ei-nem „Strategiewechsel“ auf wissenschaftli-cher Grundlage. „Vor ein paar Tagen hattesich das Robert-Koch-Institut noch gegenpräventive Schulschließungen ausgespro-

chen.“ Konkret bedeutet dieser Strategie-wechsel: Die Osterferien beginnen dreiWochen früher. An staatlichen und priva-ten Schulen wird vom kommenden Diens-tag an kein Unterricht mehr stattfinden.Die Verordnung gilt für alle Schulen aus-nahmslos, auch Kindergärten und Kinder-tagesstätten werden geschlossen. DieOsterferien enden am 19. April.

Über eine weitere Verlängerung soll ab-hängig von der Entwicklung der Infekti-ons- und Krankenzahlen entschieden wer-den. Kultusministerin Susanne Eisen-mann (CDU) und GesundheitsministerManfred Lucha (Grüne) hatten sich nachder Sitzung der Kultusministerkonferenztelefonisch verständigt, dass es angesichtsder dynamischen Lageentwicklung keineanderen Möglichkeiten mehr gibt, umeine weitere Ausbreitung des Virus zu ver-hindern. Aufgrund von Corona-Ver-dachtsfällen waren schon in der vergange-nen Woche etwa 20 Schulen zeitweise ge-schlossen worden. Am Mittwoch hatte Ei-senmann eine generelle Schließung nochabgelehnt. Am Donnerstag war man sichdann einig, dass nur auf diese Weise dasGesundheitssystem entlastet werden kön-ne. Von dem Schulausfall sind 1,5 Millio-nen Schüler, 140 000 Lehrer, 400 000Kita-Kinder, 90 000 Betreuer sowie 6300Tagesmütter und die rund 18 000 von ih-nen betreuten Kinder betroffen. Es soll injedem Fall sichergestellt werden, dass dieAbschlussjahrgänge ihre Prüfungen ma-chen können. Ob man später Lerngrup-

pen zulassen wird oder ob die Prüfungenverschoben werden, soll noch entschie-den werden. Verschoben werden müssendie Deutsch-Prüfungen in den berufli-chen Gymnasien, weil sie vor Ostern ter-miniert waren. „Es sind drastische Maß-nahmen, flächendeckende Schulschlie-ßungen sind das letzte Instrument. Wirwerden aber alle Abschlüsse gewährleis-ten“, sagte Eisenmann.

Für Kinder von Ärzten, Polizisten, Feu-erwehrleuten, Krankenpflegern und ande-rer Personen, die für die Aufrechterhal-tung der Infrastruktur wichtig sind, sollendie Kommunen eine Betreuung organisie-ren. Eisenmann sagte, man handle im„Stundenrhythmus“. „Kaum habe ich et-was gesagt“, sagte GesundheitsministerLucha, „schon haben wir wieder eineneue Situation. Wir müssen schnellersein als das Virus und vor die Lage kom-men. Wir alle müssen unsere sozialen Ak-tivitäten um fünfzig Prozent drosseln.“ Erempfahl, Bücher zu lesen und in kleinenGruppen Spaziergänge zu machen.

Berlin wird den Schulbetrieb von Mon-tag an schrittweise einstellen und beginntmit den Oberstufenzentren, in den kom-menden Tagen sollen alle weiteren Schul-arten folgen. Auch der öffentliche Nahver-kehr soll in der Hauptstadt auf ein unbe-dingt erforderliches Mindestmaß redu-ziert werden. Niedersachsen wird eben-falls von Montag an seine Schulen schlie-ßen. Nach zwei Wochen ohne Schulbe-trieb beginnen dort am 30. März nahtloszwei Wochen Osterferien.

Schulen und Kindergärten werden auchin Rheinland-Pfalz bis zum Beginn derOsterferien am 17. April für einen regulä-ren Betrieb geschlossen. Eine Notbetreu-ung wird vor Ort ermöglicht. Die von Mon-tag an geplanten Prüfungen für das mündli-che Abitur werden erst in der Woche vom23. März stattfinden. Zwölf Schulen warenin dem Land ohnehin schon geschlossen.Da sich die Anzahl der Infektionen binnen24 Stunden verdoppelt hatte, entschlosssich auch Mainz zu den Schulschließungen.

Der Präsident des Robert-Koch-Instituts, Lothar Wieler, hältSchulschließungen für ein pro-bates Mittel, stellt aber zu-

gleich fest, dass sich das Virus nicht auf-halten, nur dessen Ausbreitung verlangsa-men lasse. Wieler rechnet mit 50 Millio-nen Infizierten in Deutschland, also 60bis 70 Prozent der Bevölkerung. Vier vonfünf Infizierten in Deutschland wieseneine leichte Symptomatik auf, wie Wieleram Freitagmorgen in Berlin sagte. DiesePatienten seien anschließend gegen dasCoronavirus immun. Allerdings gebe esauch schwere Verläufe. Etwa fünf Prozentder Infizierten müssten beatmet werden.

Der Hallenser Virologe Alexander Ke-kulé hält eine bundesweite Schließungvon Schulen und Kindergärten für „alter-nativlos“. „Die Frage ist nur, ob wir es heu-te machen oder erst in ein paar Wochen“,sagte Kekulé. Im Falle eines weiteren Ver-zugs drohe eine „Infektionslawine“. Einunerkannt infiziertes Kind stecke statis-tisch zwei bis drei weitere Menschen proWoche an. Das bedeutet eine Verdreifa-chung der Infizierten in einer Woche.

Der Berliner Virologe Christian Dros-ten, der wie Wieler bei den Beratungender Ministerpräsidenten im Bundeskanz-

leramt am Donnerstagabend zugegenwar, hält einen „Veranstaltungsstopp undSchulschließungen in Kombination“ für„extrem effizient, vor allem dann, wennman das mehr als vier Wochen durch-hält“. Je früher das geschehe, desto bes-ser. Schulschließungen können aus Sichtvon Drosten nur zu Anfang einer Pande-miewelle Erfolg haben.

Der Bundeselternrat hat Unterstützungfür die Eltern bei der Kinderbetreuung ge-fordert. „Hierbei muss eine Prioritätenlis-te erstellt werden, welche Berufsgruppenvorrangig Anspruch haben, um das öffent-liche Leben und die Versorgung aufrecht-zuerhalten“, hieß es in einer Stellungnah-me des Bundeselternrats. „Wir alle müs-sen in dieser schwierigen Phase unsereEinzelinteressen zum Wohle unserer Ge-sellschaft zurückstellen“. In vielen Län-dern wird eine Notbetreuung angeboten.

Die Landesregierung von Meck-lenburg-Vorpommern kündig-te an, von Montag an nur dieSchulen und Kindergärten in

Rostock und im Landkreis Ludwigslust-Parchim zu schließen. In Hessen war zu-nächst nur die Schließung von Kitas imRheingau-Taunus-Kreis geplant. Am spä-ten Nachmittag wurde dann aber dieSchließung aller Schulen und Kinderta-gesstätten bekanntgegeben. Brandenburgwird seine Schulen von Mittwoch nächs-ter Woche an schließen.

Nach den Ankündigungen mehrererBundesländer schließt auch Thüringenvom kommenden Dienstag bis zum Endeder Osterferien am 19. April alle Schulenund Kindergärten. Zudem werde es stren-gere Auflagen für Veranstaltungen geben,teilte das thüringische Ministerium für Ar-beit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Fa-milie am Freitagnachmittag mit.

Bundesfamilienministerin FranziskaGiffey (SPD) mahnte, die Schließung vonKitas und Schulen dürfe nicht dazu füh-ren, dass genau die Menschen fehlten, diedringend in Kliniken, in der Pflege und inArztpraxen gebraucht würden oder diemit ihrer Arbeit dafür sorgen, die unbe-dingt nötige Infrastruktur im Land amLaufen zu halten. Auch dafür müsstenWege gefunden werden. Inwiefern eineNotbetreuung angeboten werden könne,wäre von Ländern und Kommunen zu klä-ren. „Die SPD-Bundestagsfraktion be-grüßt das Engagement der Länder, für be-sondere Gruppen wie medizinisches Per-sonal eine Notbetreuung sicherzustellen.In einer schwierigen Lage sind alle ge-meinsam gefordert, flexible Lösungen zufinden“, sagte der Sprecher der AG Bil-dung und Forschung der SPD-Bundestags-fraktion, Oliver Kaczmarek.

Bundesbildungsministerin Anja Kar-liczek (CDU) kündigte an, dass Bafög-Ge-förderte in Schulen und Hochschulen ihreAusbildungsförderung weiter erhalten,auch wenn Schulen und Hochschulen we-gen der Covid-19-Pandemie geschlossensind. Niemand müsse sich wegen der Coro-na-Pandemie um seine Förderung Sorgenmachen. Deshalb habe sie durch einen Er-lass klarstellen lassen, dass die Bafög-För-derung im bisherigen Umfang weiter zu ge-währen ist. Auch wenn die Schließzeit amAnfang des Semesters liege. Gefördertehätten wegen der Corona-Pandemie keinefinanziellen Nachteile zu erwarten.

Die Angst vor der Einsamkeit in Zeiten der SeucheSeniorenheime und Pflegedienste stehen nun vor großen Herausforderungen / Von Karin Truscheit, München, und Lucia Schmidt, Frankfurt

AmMontag

Von Reiner Burger, Timo

Frasch, Heike Schmoll

und Rüdiger Soldt

Folgenschwerer StrategiewechselDie Schulschließung infast allen Bundesländernführt zu neuenProblemen – undgefährdet die Großeltern.

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Page 4: Frankfurter Allgemeine Zeitung - 14 03 2020

SEITE 4 · SAMSTAG, 14. MÄRZ 2020 · NR. 63 FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNGPolitik

DeutscheSpaltungsversucheDie Kriegslage ist verheerend. Dieslässt die deutsche Regierung oder Tei-le von ihr nach letzten Strohhalmengreifen. Alles läuft darauf hinaus, die„unnatürliche“ Koalition aus Westal-liierten und Sowjetunion zu spalten.Entsprechende Hinweise enthältauch die öffentliche Propaganda.Nun versucht Außenminister von Rib-bentrop über Mittelsmänner Kontaktzu den Westmächten aufzunehmen.Er zeichnet das Szenario einer sowje-tischen Übermacht und empfiehltDeutschland als adäquates Gegenge-wicht, wenn die Alliierten zu einemseparaten Friedensschluss bereit sei-en. Damit erschöpft sich freilich das„Angebot“. Der Grund, warum die„unnatürliche“ Koalition überhauptzusammengefunden hat, wird nichtangesprochen. Der Charakter des na-tionalsozialistischen Regimes stehtfür Ribbentrop nicht zur Disposition.Vielmehr empfiehlt er den Alliier-ten, die Person Hitler auf jeden Fallzu „retten“. Deutschland könne hel-fen, die „Welt-Judenfrage“ zu lösen.Die Westalliierten gehen auf dasdeutsche „Angebot“ nicht ein. Es gilt– unabhängig von tatsächlich beste-henen Meinungsverschiedenheiteninnerhalb der Koalition – die Forde-rung nach bedingungsloser Kapitula-tion Deutschlands.

GegenGrenzveränderungenDer britische Premierminister Wins-ton Churchill berichtet im Unterhausüber Verhandlungen mit führendengriechischen Politikern. Dabei seienPläne Griechenlands, einige albani-sche Gebiete dem eigenen Staatsge-biet einzuverleiben, nicht zur Spra-che gekommen. Die Haltung der briti-schen Regierung in dieser Frage stelltChurchill klar. Gebietsfragen solltengrundsätzlich auf der Friedenskonfe-renz behandelt werden. Damit drücktChurchill aber nicht etwa grundsätzli-che Ablehnung gegen Annexionen al-ler Art aus. Der Politiker, der in einerZeit sozialisiert wurde, als derleidurchaus gängige Praxis war, begrün-det seine Haltung vielmehr damit,dass nur auf einer Friedenskonferenzalle Gebietsveränderungen im Zu-sammenhang behandelt werdenkönnten.

Vollmachten gewährtDas belgische Parlament stimmt überdie zwei Tage zuvor von der Regie-rung geforderten Sondervollmachtenab. Diese Frage hatte Ministerpräsi-dent van Acker mit der Vertrauensfra-ge verbinden wollen. Die Kammer bil-ligt das Vorhaben der Regierung mit117 zu einer Stimme. Acht Parlamen-tarier enthalten sich. pes.

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In einer Regierungserklärung hat der spa-nische Ministerpräsident Pedro Sánchezam Freitag den „Alarmzustand“ für dasganze Land erklärt. In den nächsten zweiWochen wird damit die erste Stufe desAusnahmezustands gelten, der sich lautder Verfassung noch ausweiten lässt. DasKabinett muss den Alarmzustand auf sei-ner Sondersitzung an diesem Samstag bil-ligen, damit er in Kraft treten kann. „Allestaatlichen Ressourcen werden mobili-siert, um die Gesundheit aller Spanier zuschützen“, sagte Sánchez, ohne Einzelhei-ten zu nennen. Der Alarmzustand erlaubtes, die Armee einzusetzen, die Bewe-gungsfreiheit einzuschränken sowie Wa-ren zu beschlagnahmen und zu rationie-ren, um die Versorgung sicherzustellen.Seit 1975 war der Alarmzustand bishernur einmal vor zehn Jahren während ei-nes großen Fluglotsenstreiks ausgerufenworden.

Der Regierungschef stimmte die Spa-nier auf „sehr harte Wochen“ ein, in de-nen es zu noch härteren Maßnahmenkommen könne. Es sei nicht auszuschlie-ßen, dass „in der kommenden Wochemehr als 10 000 Menschen betroffensind“. Bis Freitagnachmittag waren inSpanien mehr als 4200 Infektionen mitdem Coronavirus diagnostiziert worden.Insgesamt starben 120 Menschen. Amstärksten betroffen ist die Region von Ma-drid mit mehr als 2000 Infektionen und

64 Todesfällen. Darauf folgen das Basken-land (417) und Katalonien (14).

Der Alarmzustand ist eine Folge da-von, dass Spanien das Coronavirus trotzder jüngsten drastischen Maßnahmennicht in den Griff bekommt. Laut einerStudie der „London School of Hygiene &Tropical Medicine“ breitet sich das Virusdort mittlerweile schneller aus als in Ita-lien. Ähnlich hoch ist demnach die Infekti-onsrate nur noch in den Vereinigten Staa-ten. Einem mathematischen Modell zufol-ge, das auf Zahlen der WHO aus 24 Län-dern beruht, steckt jeder Infizierte weite-re drei Personen mit dem Virus an. InStaaten wie Italien und Iran seien es in-zwischen nur zwei.

Offenbar wird in Spanien im internatio-nalen Vergleich immer noch sehr weniggetestet, wie die Zeitung „La Vanguardia“am Freitag ebenfalls berichtete. Deshalbfehlten verlässliche Angaben über die tat-sächliche Ausbreitung des Virus. In Süd-korea würden schon seit Wochen vier vontausend Einwohnern getestet, in Italienwaren es zuletzt zwei. In Spanien habendie Behörden bisher keine Zahlen vorge-legt. Laut der Zeitung „Financial Times“liegt der Anteil in Spanien bei maximal0,4. Vier spanische Medizinorganisatio-nen appellierten an die Regierung, mehrTests vorzunehmen. Bis Dienstag warennach offiziellen Angaben insgesamt nur17 000 Menschen auf das Virus getestet

worden, vor allem diejenigen, die Kon-takt zu Infizierten hatten oder in einemRisikogebiet waren.

Besonders in der Region von Madridsind die Kliniken überfordert und warnenvor einem Kollaps. „In Krankenhäusernmit einem großen Patientenaufkommensind wir einem Versorgungsnotstandnahe“, sagte ein leitender Mitarbeiter ei-ner großen Klinik der Zeitung „El País“.Etwa vierzig Prozent der Patienten müs-sen schon im Krankenhaus behandelt wer-den, zehn Prozent in der Intensivstation.Inzwischen werden in Madrid leerstehen-de Hotels dafür vorbereitet, Infizierte mitleichten Krankheitssymptomen aufzuneh-men. Bürgermeister José Luis Martínez-Almeida schließt eine Abriegelung der Re-gion um die Hauptstadt, in der mehr als6,5 Millionen Menschen leben, nichtmehr aus. In Madrid und in Katalonienordneten die Regionalregierungen an,alle Bars, Restaurants und Cafés zu schlie-ßen. In der Hauptstadt dürfen nur nochLebensmittelgeschäfte, Apotheken undZeitungskioske öffnen. Praktisch in ganzSpanien findet kein Unterricht mehrstatt. Etwa zehn Millionen Schüler undStudenten wurden nach Hause geschickt.

Die katalanische Regierung hatte sichschon in der Nacht zum Freitag dazu ent-schlossen, vier Orte nordwestlich von Bar-celona abzuriegeln, in denen die Zahl derInfektionen am Donnerstag innerhalb we-niger Stunden von 20 auf 58 gestiegen

war. Davon waren mehr als 70 000 Men-schen in Igualada und drei benachbartenOrten betroffen. Sie dürfen zwei Wochenlang das Sperrgebiet nicht mehr verlas-sen. Das Baskenland rief den Gesund-heitsnotstand aus, um sich für ähnlicheMaßnahmen zu rüsten.

Laut Presseberichten flüchten immermehr Bewohner der spanischen Haupt-stadt an die Küste, besonders in RichtungValencia, das von Madrid aus in wenigerals zwei Stunden zu erreichen ist. Die Re-gionalregierung von Murcia sperrte ihreKüstenorte ab. Man werde das entschie-den durchsetzen, da diese Menschen of-fenbar „die Quarantäne als eine Art Ur-laub an der Küste Murcias verstehen“. We-gen der Ausbreitung des Virus habenmehr als sechzig Länder die Einreise vonSpaniern eingeschränkt oder ganz verbo-ten. Tausende kehrten am Freitag über-stürzt aus Marokko zurück, das seineGrenzen für Spanier schließen sowieFlug- und Fährverbindungen einstellenwill. Ausnahmsweise wurden am Freitagnoch einmal für kurze Zeit die Grenzenzu den spanischen Nordafrika-ExklavenCeuta und Melilla geöffnet. Auch dasNachbarland Portugal erklärte am Freitagden „Alarmzustand“. In dem Land wur-den bisher 112 Infektionen, aber keine To-desfälle registriert. Von Montag an blei-ben alle Schulen bis zu den Osterferien ge-schlossen. Ausländer dürfen Kreuzfahrt-schiffe nicht mehr verlassen.

Wie ein Landesvater müsse erreden, riet der rechtsbürger-liche Senatspräsident Gé-rald Larcher dem jungen

französischen Staatschef. So trat Emma-nuel Macron nach den Klängen der Mar-seillaise dann auch in leicht paternalisti-schem, fürsorglichem Tonfall im Elysée-Palast vor seine Landsleute. „Gesundheitkennt keinen Preis“, sagte er am Donners-tagabend und versprach, alles zu tun, umdie Franzosen zu schützen, „egal, was eskostet“. Angesichts der „schwersten Ge-sundheitskrise seit einem Jahrhundert“ er-lebt Macron einen politischen „Whateverit takes“-Moment. Schulen und Universi-täten, Kindertagesstätten und Krippenschließen von Montag an „bis auf weite-res“, um die Ausbreitung des Coronaviruszu verlangsamen.

Alle Franzosen, die älter als siebzig Jah-re sind, sowie jene mit chronischen Er-krankungen sind aufgefordert, zu Hausezu bleiben. Nirgendwo im Land werdenmehr Versammlungen von mehr als hun-dert Leuten geduldet – es gilt, die Anste-ckungsgefahr, so gut es geht, zu bannen.Für die Unternehmen, die durch dieseEinschränkungen in Schwierigkeiten ge-raten, will der Präsident alles in seinerMacht stehende an Hilfen leisten. „Wirwerden alles tun, um unsere Beschäftig-ten und unsere Unternehmen zu schüt-zen“, sagte er. Zugleich appellierte Ma-cron an das Verantwortungsbewusstseinjedes einzelnen Bürgers. „Wir müssen indieser Periode neue Formen der Solidari-tät entwickeln.“

Der Präsident, dem seine Kritiker sooft „antidemokratisches“, autoritäresDurchregieren vorgehalten haben, willtrotz der weitreichenden Präventionsmaß-nahmen an den Kommunalwahlen an die-sem und am nächsten Sonntag festhalten.Angesichts der schweren Gesundheitskri-se sei es wichtig, „das demokratische Le-ben aufrechtzuerhalten“, sagte er. Der

Entscheidung waren Beratungen mit denwichtigsten Stimmen der Opposition unddem Präsidenten des Verfassungsrates,Laurent Fabius, vorangegangen. Zu-nächst hatte Macron erwogen, die Kom-munalwahlen im Namen des Seuchen-schutzes zu verschieben. Doch dann si-cherten ihm die zu Rate gezogenen Wis-senschaftler zu, dass der Gang ins Wahllo-kal bei Einhaltung strikter Hygieneregelnnicht gefährlicher als der Einkauf im Su-permarkt sei.

Auch soll ihn der heftige Widerstanddes Senatspräsidenten sowie des Partei-vorsitzenden der Republikaner (LR),Christian Jacob, beeinflusst haben. LR-Chef Jacob sagte, es werde als Demokra-tieverweigerung verstanden werden, soll-

te Macron die Wahlen vertagen. Larcherdrohte, er werde die Entscheidung nichtmittragen, noch nie seien die Kommunal-wahlen seit Kriegsende ausgefallen, auchwährend des Algerienkriegs nicht. DenAusschlag gab letztlich der Präsident desVerfassungsrates, der zu bedenken gab,dass eine Verschiebung verfassungsrecht-lich womöglich nicht gedeckt sei.

Deshalb wird an diesem Sonntag in den35 000 französischen Kommunen ge-wählt. Die Wahlberechtigten sollen ihreneigenen Kugelschreiber mitbringen, umihr Kreuz auf dem Wahlzettel zu machen.Im Eingangsbereich jedes Wahllokals sol-len Desinfektionsmittel für die Hände vor-rätig gehalten werden. Es gilt, Abstand zuhalten. Ältere Leute haben Vorrang. Ma-

cron betonte, dass er auf das Organisati-onstalent und das Verantwortungsbe-wusstsein der Bürgermeister setze. Die Re-publikaner protestierten auch deshalb soheftig gegen eine mögliche Verschiebungdes Wahltermins, weil sie in den meistenStädten in den Umfragen vorn liegen. Ma-crons Partei La République en marche(LREM) muss hingegen damit rechnen, ab-gestraft zu werden. Das war auch derGrund, warum Macron unterstellt wurde,die Wahlen absagen zu wollen.

Seine mit großer Ernsthaftigkeit getra-gene Ansprache hat seine Kritiker vorerstverstummen lassen. Der LR-Fraktionsvor-sitzende Damien Abad, der ihn wegen derRentenreform scharf kritisiert hatte, äu-ßerte sich positiv: „Der Präsident war heu-te Abend auf der Höhe seines Amtes. Erhat klar gezeigt, dass er sich des gesund-heitlichen und wirtschaftlichen Not-stands im Land bewusst ist.“ Seine Parteiwerde im „Geist der nationalen Einheit“die von Macron angekündigten Maßnah-men mittragen. Kritik an den Schulschlie-ßungen wurde nicht laut. Bildungsminis-ter Jean-Michel Blanquer sagte, es hande-le sich nicht um „Coronavirus-Ferien“,der Unterricht gehe in virtuellen Klassen-zimmern weiter.

Macron blickte in seiner Rede aberauch über die Pandemie hinaus und wag-te einen ersten Ausblick auf die Lehren,die aus der Krise gezogen werden müss-ten. „Wir müssen unser Entwicklungsmo-dell hinterfragen, dem wir seit Jahrzehn-ten anhingen und das seine Schwächenjetzt offenbart“, sagte er. Die Pandemiezeige jetzt schon, dass das Gesundheitswe-sen ein zu hohes Gut sei, als dass es denGesetzen des freien Marktes unterworfenwerden dürfe. „Es ist Wahnsinn, unsereErnährung, unseren Schutz und unsereFähigkeit zur Gesundheitsvorsorge an an-dere zu delegieren.“ Er forderte: „Wirmüssen wieder die Kontrolle erlangenund die Souveränität Europas stärken.“ Inden nächsten Wochen und Monaten seienin dieser Hinsicht bahnbrechende Ent-scheidungen notwendig.

Dem Präsidenten war anzumerken,dass er sich eng mit der Bundeskanzlerinabgestimmt hatte. Trotz aller Unterschie-de im Staatsaufbau sind sich Angela Mer-kel und Macron einig, dass sie nicht zulas-sen wollen, mit der Pandemie die Abschot-tungsthesen der Rechtspopulisten zu stär-ken. Macron warnte: „Das Virus hat kei-nen Pass.“ Grenzkontrollen oder -schlie-ßungen seien nur sinnvoll, wenn sie inder EU koordiniert erfolgten. Weder der„Rückzug ins Nationale“ noch der „indivi-duelle Rückzug“ seien die passenden Ant-worten auf die Pandemie. Die Krise seinur mit Gemeinschaftsgeist und Solidari-tät zu meistern – unter den Europäern.

1945

Mit großer Ernsthaftigkeit: Macron bei seiner Ansprache am Donnerstag Foto EPA

Spanien im „Alarmzustand“Kliniken in Madrid warnen vor einem Kollaps / Von Hans-Christian Rößler, Madrid

pca. BERLIN. Der Bundestag hatdie Afghanistan-Mission der Bundes-wehr noch einmal um ein Jahr verlän-gert. Die Bundeswehr ist dort seit2002 engagiert, seit einigen Jahrenmit einer Ausbildungsmission mit ma-ximal 1300 Soldaten. Die Debattestand unter dem Eindruck des bereitsangelaufenen Abzugs amerikani-scher Streitkräfte aus Afghanistan.Die Abstimmung war vorgezogenworden, weil nicht sicher ist, ob derBundestag vor dem Ende des bisheri-gen Mandats am 30. März noch ein-mal zusammentreten kann. Verlän-gert wurden auch die Missionen „SeaGuardian“ im Mittelmeer sowie Betei-ligungen an Missionen der VereintenNationen in der Region Darfur und inSüdsudan.

Auf der Höhe seines Amtes

reb. DÜSSELDORF. Im LandkreisHeinsberg wurden im Februar die ers-ten Corona-Infizierten in Nordrhein-Westfalen registriert. Mit mittlerweilemehr als 550 bestätigten Fällen inner-halb von gut drei Wochen ist Heins-berg bis heute der am stärksten betrof-fene Landkreis in Deutschland. NachEinschätzung von Landrat StephanPusch (CDU) ist Heinsberg der bun-desweiten Entwicklung etwa neun biszehn Tage voraus. Deshalb und dankder offensiven Öffentlichkeitsarbeitdes Landrats lassen sich wichtigeRückschlüsse aus den Erfahrungenim Umgang mit der Corona-Krise imäußersten Westen der Republik zie-hen. Unermüdlich berichtet Pusch inInterviews mit Zeitungen und Fern-sehsendern sowie in täglichen Video-Ansprachen über die neuesten Er-kenntnisse aus dem von ihm geleite-ten Heinsberger Krisenstab. Der Ju-rist ordnet die Informationen anschau-lich und unaufgeregt ein, gibt Hinwei-se und Ratschläge – und versucht denLeuten Mut zu machen.

Immer wieder weist der Landratdarauf hin, dass die meisten Corona-Krankheitsverläufe einer leichten Er-kältung ähnelten, viele der Erkrank-ten mittlerweile wieder als geheilt gel-ten, aber eben doch zwanzig Prozentder Betroffenen intensivmedizinischbehandelt werden müssten. Seine Sor-ge sei, dass wegen der wachsendenZahl dieser Patienten bald nicht mehrgenügend Beatmungsplätze vorhan-den sein könnten. Das gelte es unbe-dingt zu verhindern – in seinem Kreis,aber auch in ganz Deutschland. Des-halb hat der Landrat schon vor Tagendarauf hingewiesen, wie wichtig harteEinschnitte wie die nun allenthalbenverfügten Schulschließungen seien.

Noch schlimmer sei aber etwas an-deres, mahnte Pusch nun in einer Vi-deo-Botschaft. „Das Coronavirus istaus meiner Sicht ein medizinischesProblem, klar – aber viel schlimmerist das Vertrauensproblem, das es inden Köpfen verursacht.“ Angst, Miss-trauen, Ausgrenzung und dass sichnun sogar Staaten gegenseitig wegendes Coronavirus beschuldigten, seieneine große Gefahr, sagte Pusch mitBlick auf den amerikanischen Präsi-denten Trump, der von einem „auslän-dischen Virus“ gesprochen und Euro-pa die Schuld an der Ausbreitung desVirus gegeben hatte.

Auch für die gravierenden wirt-schaftlichen Folgen der Corona-Ver-trauenskrise gibt es in Puschs Regionschon Beispiele. Ihm berichtetenHeinsberger, dass sie von ihrem Ar-beitgeber im Umland nur wegen ihrerHerkunft nach Hause geschickt odergar nicht mehr aufs Firmengelände ge-lassen würden, Aufträge für Unterneh-men aus dem Kreis Heinsberg bliebenaus. Schuldzuweisungen, ob auf inter-nationaler Ebene von Leuten wieTrump oder von Leuten in seiner eige-nen Region, hält der Landrat fürbrandgefährlich. „Wir müssen aufpas-sen, was das Virus mit unseren Köp-fen macht“, sagte Pusch am Freitag ineinem Interview mit der Zeitung„Welt“. Die Pandemie habe das Poten-tial, unsere Welt negativ zu verän-dern, wenn die Menschen Angst vor-einander bekämen. Schuldzuweisun-gen seien vollkommener Blödsinn.„Das Medikament heißt Solidarität,Mitgefühl und nicht Ausgrenzung.“Anfang der Woche habe ihn eine Dele-gation von Auslandschinesen be-sucht. Die Chinesen hätten Schutzma-terial mitgebracht, „palettenweise“,wie Pusch formulierte. „Das chinesi-sche Volk ist ja nun wirklich gebeuteltdurch die Corona-Krise, diese Solida-rität hat mir sehr imponiert.“

Am Freitag berichtete LandratPusch in seiner Video-Botschaft voneiner Neuerung, mit der Heinsbergwieder einmal der Zeit voraus ist. We-gen der vielen mittlerweile als geheiltgeltenden Personen baut der Kreisnun mit Nothilfe durch die Bundes-wehr ein Quarantäne-Entlassungs-Management auf, bei dem die Betrof-fenen abermals auf das Virus getestetwerden. Sicher ist sicher.

DIE LETZTEN

KRIEGSWOCHEN

14. MÄRZ

Mandateverlängert

Macron erntet auch vonpolitischen Gegnern Lobfür seinen Umgang mitdem Coronavirus. DieKommunalwahlen sollenin jedem Fall stattfinden.

Von Michaela Wiegel,

Paris

Avantgardeim WestenDer Kreis Heinsbergund die Corona-Krise

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Page 5: Frankfurter Allgemeine Zeitung - 14 03 2020

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14./15. MÄRZ 2020 · NR. 63 · SEITE 5FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG Traueranzeigen

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SEITE 6 · SAMSTAG, 14. MÄRZ 2020 · NR. 63 FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNGPolitik

Eines wollte Premierminister Bo-ris Johnson in der Post-Brexit-Phase unbedingt vermeiden: wieseine Vorgängerin Theresa May

in den Verhandlungen mit der EU in dieDefensive zu geraten. Anfang der Wochekündigte die britische Regierung an, siewerde in Kürze einen umfassenden Ent-wurf für einen Handelsvertrag vorlegen,noch vor der nächsten Runde kommendeWoche. Mit einem am EU-Kanada-Abkom-men angelehnten Text wollte Johnson sicheinen Startvorteil verschaffen. Doch denhat nun die EU. Schon am Freitagmorgenverschickte Chefunterhändler Michel Bar-nier seinen Entwurf für das – nicht nurHandel, sondern auch Sicherheit umfas-sende – Abkommen an die Mitgliedstaa-ten, das EU-Parlament und London.

Der Entwurf liegt dieser Zeitung vor.Barnier legt auf insgesamt 458 Seiten dievon der EU gewünschte umfassende Part-nerschaft mit dem Vereinigten Königreichdar. Von der ersten bis zur letzten Seitezieht sich eine klare Botschaft: Die EUwill die Verhandlungen aus einer Positionder Stärke heraus führen. Nicht London,sondern Brüssel legt die Bedingungen fürdas künftige Verhältnis fest. Geradezuexemplarisch dafür ist das Kapitel zum fai-ren Wettbewerb, dem heikelsten Verhand-lungspunkt. Die EU will keinerlei „Dum-ping“ akzeptieren. Was nach ihrer Lesartheißt, dass die Briten die EU-Vorgaben inden Feldern „Staatshilfen, Wettbewerbs-recht, staatseigene Unternehmen, Steu-ern, soziale und arbeitsrechtliche Stan-dards, Umweltstandards und beim Kampfgegen den Klimawandel“ beibehalten.

Damit nicht genug, auch künftige Stan-dards und Regeln sollen die Briten über-nehmen. Zwar soll es eine Art Konsulta-tionsverfahren dafür geben, und Londonwäre nicht dazu gezwungen. Sollte es aberausscheren, könnte die EU „angemessene

Gegenmaßnahmen“ verhängen, also Teiledes Abkommens aufheben. Ganz neben-bei wird klargestellt, dass das sogenannteVorsorgeprinzip unantastbar sei. Die EUkönnte daher weiterhin vorsorglich undohne wissenschaftlich umfassend aner-kannte Belege die Einfuhr gentechnischveränderter Organismen oder von „Chlor-hühnchen“ unterbinden. Dieser Punkt hat-te schon die Verhandlungen über ein Frei-handelsabkommen mit den VereinigtenStaaten belastet.

Barnier buchstabiert damit die von denMitgliedstaaten festgelegte Verhandlungs-linie konsequent aus. Für Johnson ist daseine Provokation. Er hat nämlich schonausgeschlossen, dass das Königreich sichweiterhin den bestehenden EU-Standardsunterwirft, von neuen ganz zu schweigen.Das gilt auch für den Zugang der Europäerzu britischen Fischgründen, das zweiteheikle Handelsthema. Johnson will den Zu-gang jährlich neu aushandeln, währenddie EU auf einen ungehinderten Zugangzu britischen Gewässern pocht. Bis zum10. Dezember jeden Jahres sollen beideSeiten gemeinsam die Fangquoten für ihreGewässer festlegen, so steht es im Ent-wurf.

Das ist aber nicht als offene Verhand-lung gedacht, sondern soll wie schon bis-her auf Basis wissenschaftlicher Empfeh-lungen geschehen. Vor allem aber steht indem Entwurf, dass die Fischer der EUauch ohne eine Einigung weiter in briti-schen Gewässern fischen dürfen. Sechzig

Seiten von Barniers Entwurf beziehen sichauf die künftige Sicherheitspartnerschaft.Gleich am Anfang steht, dass sich die Zu-sammenarbeit nicht auf Felder bezieht,die „exklusiv“ für EU-Mitglieder sind. Dashat gravierende Folgen. So soll London kei-nerlei Zugang mehr zur größten und wich-tigsten Datenbank bekommen, dem Schen-gener Informationssystem. Das enthältrund achtzig Millionen Datensätze zu Ver-brechen in den Mitgliedstaaten, von ge-stohlenen Fahrzeugen und Papieren bis zugesuchten Personen. Es wird bei jeder Ein-reisekontrolle in die EU abgefragt, und dasVereinigte Königreich war bisher mitmehr als 500 Millionen Abfragen im Jahreiner der größten Nutzer. Nun wird Schen-gen im Entwurf nicht einmal erwähnt.

Die künftig noch mögliche Zusammen-arbeit steht unter zwei wichtigen Vorbehal-ten. Zum einen muss das Vereinigte König-reich die Europäische Menschenrechts-charta anerkennen, eine Konvention desEuroparats, was London ablehnt. Außer-dem muss die EU-Kommission dem König-reich bescheinigen, dass dessen Daten-schutzstandards vergleichbar hoch sind;daran gibt es schon erhebliche Zweifel inBrüssel. Unter diesen Voraussetzungen istdie EU bereit, mit London sicherheitsrele-vante Daten auszutauschen. Das betrifftDNA-Profile und Fingerabdrücke (im Rah-men des Prümer Vertrags), Fluggastdatensowie „operative Informationen“. Eine Zu-sammenarbeit mit den Polizei- und Justiz-behörden der EU wird künftig nur noch

über Verbindungsoffiziere möglich sein.London nimmt somit nicht mehr an der re-gulären Bekämpfung grenzüberschreiten-der Kriminalität von Europol teil; auchdas ist den Mitgliedstaaten vorbehalten.Der mit dem Brexit ebenfalls endende Eu-ropäische Haftbefehl soll durch ein ver-gleichbares Abkommen zur wechselseiti-gen Auslieferung von Verdächtigen ersetztwerden. Darin müssen beide Seiten festle-gen, ob sie ihre eigenen Staatsangehörigenausliefern; der Entwurf enthält dazu keineabschließende Regelung.

Die künftige außen- und verteidigungs-politische Zusammenarbeit ist auf 17 Sei-ten geregelt. Dieser Teil wurde von Bar-nier gesondert ausgefertigt. Die EU-Staa-ten wollen London im Einzelfall anbieten,dass es sich an Rüstungsprojekten der Eu-ropäischen Verteidigungsagentur und dermilitärischen Zusammenarbeit (Pesco) be-teiligen darf. Ebenso soll das Königreichauch künftig an zivilen oder militärischenEinsätzen der EU teilnehmen können. Esmuss sich dann aber der operativen Füh-rung durch einen EU-Kommandeur unter-werfen. Das codierte militärische Ortungs-signal des europäischen SatellitensystemsGalileo darf London nur nutzen, wenn essich entweder am zivilen Weltraumpro-gramm der EU beteiligt oder der EU einenvergleichbaren Zugang zu einem künfti-gen eigenen Satellitensystem gewährt. DieVerhandlungen mit den Briten sollennächste Woche fortgesetzt werden. Aller-dings nicht in London, wie eigentlich ge-plant, sondern wohl in Videokonferenzen.

Vertreter der drei OppositionsparteienFDP, Grüne und Linke haben am Freitageinen Gesetzesentwurf zur Ablösung dersogenannten altrechtlichen Staatsleistun-gen an die Kirchen vorgestellt. Demnachsollen die Länder „die auf Gesetz, Vertragoder besonderen Rechtstiteln beruhen-den“ jährlichen Zahlungen an die Religi-onsgesellschaften in den kommenden Jah-ren „durch einmalige Zahlungen oderdurch Ratenzahlungen“ ablösen. Die Fest-legung der maximalen Höhe der Ablö-sungsleistungen soll sich an dem Äquiva-lenzprinzip orientieren. Diesem zufolgemüssten die Länder das 18,6-Fache derSumme an die Bistümer und Landeskir-chen zahlen, die ihnen im Jahr 2020 anStaatsleistungen von Gesetzes wegen zu-steht. Legt man für das laufende Jahr eineGesamtsumme von etwa 560 MillionenEuro zugrunde, kämen auf die LänderForderungen in Höhe von maximal gutzehn Milliarden Euro zu – allerdings übereinen Zeitraum von etwa 25 Jahren.

Der Gesetzentwurf sieht vor, dass dieLänder innerhalb von fünf Jahren nachdem Inkrafttreten des Grundsätzegeset-zes eigene Vereinbarungen mit den jewei-ligen Schuldnern treffen. Die eigentlicheAblösung, die auch durch andere Leistun-gen als Geldleistungen und in geringererHöhe erfolgen kann, soll dann noch ein-mal zwanzig Jahre in Anspruch nehmen.Bis dahin, so der Entwurf, sind die eigent-lichen Staatsleistungen an die Kirchenweiter zu zahlen, handele es sich doch imweitesten Sinn um eine Kompensation

für den Wert des verlorenen Eigentums inGestalt von Ländereien und Immobilien.Die religionspolitischen Sprecher der Re-gierungsfraktionen haben sich den Geset-zesentwurf, den die religionspolitischenSprecher Stefan Ruppert (FDP), Konstan-tin von Notz (Grüne) und Christine Buch-holz (Linke) erarbeitet haben, bislangnicht zu eigen gemacht.

Dass es überhaupt eines Bundesgeset-zes zur Ablösung der altrechtlichen Staats-leistungen bedarf, geht aus Artikel 140des Grundgesetzes von 1949 in Verbin-dung mit Artikel 138 Absatz der deut-schen Verfassung von 1919 hervor. Die so-genannte Weimarer Reichsverfassung hat-te vor nunmehr 101 Jahren bestimmt,dass die Zahlungen, die sich im Wesentli-chen aus der Einziehung von Kirchenver-mögen von eigentlich unschätzbaremWert zugunsten der Staaten zu Beginndes 19. Jahrhunderts ableiteten, „durchdie Landesgesetzgebung abgelöst“ wer-den müssten. „Die Grundsätze hierfürstellt das Reich auf.“

Ein entsprechendes Grundsätzegesetzwurde jedoch weder während der Weima-rer Republik noch nach 1949 durch einenDeutschen Bundestag beschlossen. Da-her sind die Länder bis heute auf der Ba-sis von Staatskirchenverträgen in derPflicht, den Kirchen für den zum Teil vormehr als zweihundert Jahren entstande-nen Schaden einen Ausgleich zu zahlen.Die konkrete Höhe der Staatsleistungenvariiert indes absolut wie pro Bürger vonLand zu Land beträchtlich. Ähnlich ver-

hält es sich mit der Bedeutung der Staats-leistungen in den Etats der Bistümer undLandeskirchen. Für viele katholische Di-özesen, vor allem in Nordrhein-Westfa-len, sind die Zahlungen des Landes ver-gleichsweise unbedeutend. In Mittel-deutschland hingegen sind vor allem dieevangelischen Landeskirchen stark vonStaatsleistungen abhängig. Würden diesenach dem 18,6-fachen Satz entschädigt,wie er aus Paragraph 13 Absatz 2 des Be-wertungsgesetzes für Ermittlung des Ka-pitalwertes für wiederkehrende Nutzun-gen und Leistungen abgeleitet wird, soll-ten sie dereinst in der Lage sein, den ab-sehbaren Ausfall der fortlaufenden Zah-lungen durch Kapital- oder andere Erträ-ge auszugleichen.

Der Initiator des Gesetzesentwurfs,der scheidende Parlamentarische Ge-schäftsführer der FDP-Bundestagsfrak-tion, Stefan Ruppert, begründete den Vor-stoß der drei Oppositionsparteien im Bun-destag gegenüber dieser Zeitung mit denWorten, mit der Ablösung der Staatsleis-tungen würde nach mehr als 100 Jahrender Auftrag des Religionsverfassungs-rechts „zum allseitigen Nutzen“ erfüllt.„Das Gesetz erreicht die Vollendung sei-ner weltanschaulichen Neutralität desStaates, erfüllt einen kirchlichen Rechts-anspruch und führt doch mittelfristig zurEinsparung von Mitteln“, so Ruppert.Nach seinen Worten herrscht in der Bun-desrepublik erst nach der Ablösung derStaatsleistungen echte Gleichberechti-gung zwischen allen Religionsgemein-

schaften untereinander und auch gegen-über den Menschen, die keiner Kircheoder Religionsgemeinschaft angehören.Das stärkte die Glaubwürdigkeit des Staa-tes und der Kirchen gleichermaßen undtrüge auch dem Anliegen der MenschenRechnung, die keiner Kirche angehören,finanzierten sie doch bislang auch durchihre Steuern die Kirchen.

Der Gesetzentwurf, so Ruppert, sei inlangen Gesprächen mit Vertretern derKirchen, aber auch mit Politikern vonCDU, CSU und SPD entstanden. Grund-legende Einwände seien von keiner Seiteerhoben worden. Der Bevollmächtigtedes Rates der Evangelischen Kirche inDeutschland (EKD) bei der Bundesrepu-blik Deutschland, Martin Dutzmann, be-grüßte gegenüber dieser Zeitung den Ge-setzentwurf als „gute Grundlage für weite-re Gespräche“. Die EKD werde an diesen„konstruktiv mitwirken“. Allerdings, soDutzmann, müssten die Länder und dieLandeskirchen in diese Gespräche einbe-zogen werden. Für die katholische Kirchein Deutschland äußerte sich die Presse-stelle der Deutschen Bischofskonferenzmit den Worten, der Gesetzentwurf biete„hilfreiche Anknüpfungspunkte“ für wei-tere Erörterungen. Zu diesen sollten dieVertreter der Kirchen und der Länder hin-zugezogen werden. Der religionspoliti-sche Sprecher der Grünen, von Notz, äu-ßerte wiederum die Erwartung, dass dieRegierungsparteien den Verfassungsauf-trag zur Ablösung von Staatsleistungennun endlich annähmen und entschlossenumsetzten.

Startvorteil Europäische Union

Fregatte soll PartnerunterstützenVerteidigungsministerin AnnegretKramp-Karrenbauer (CDU) hat eineFregatte der Marine in den indisch-pazifischen Raum entsandt. Damitfolgt die Ministerin ihrer Ankündi-gung, dass Deutschland „klare Zei-chen der Solidarität“ an Partner inder Region sendet, die sich teilweisevon China in ihrer Handels- undHandlungsfreiheit bedroht fühlen.Die Fregatte „Hamburg“ soll AnfangMai zu einer Fahrt starten, die sie aufeiner fünfmonatigen Ausbildungsrei-se bis nach Australien führen wird.Ausdrücklich nicht geplant ist eineFahrt ins Chinesische Meer und dienordpazifische Region. Dort tragenvor allem die Vereinigten Staatenund China eine wachsende Rivalitätaus. pca.

Mitglied in terroristischerVereinigung verurteiltEin 33 Jahre alter Syrer ist vom Ober-landesgericht Celle wegen der Mit-gliedschaft in einer ausländischen ter-roristischen Vereinigung zu einer Ge-samtfreiheitsstrafe von drei Jahrenund sechs Monaten verurteilt wor-den. Der Angeklagte hatte gestan-den, sich Anfang 2013 in Syrien einerGruppierung namens „Liwa Al-IzzaLil-lah“ angeschlossen zu haben. Dasteilte ein Sprecher des Oberlandesge-richts am Freitag mit. Das Urteil istnoch nichts rechtskräftig, eine Revisi-on ist möglich. (Az.: 4 StS 1/19) DerAngeklagte hatte angegeben, wäh-rend des syrischen Bürgerkriegs miteinem Schnellfeuergewehr bewaffnetan Kampfhandlungen gegen das As-sad-Regime teilgenommen zu haben.Im Februar 2014 setzte er sich dem-nach von der Gruppierung ab undfloh in die Türkei. dpa

Gemeinsame Patrouillenvon Türkei und RusslandDie Türkei und Russland haben sichnach Angaben aus Ankara auf gemein-same Patrouillen in der syrischen Pro-vinz Idlib verständigt. „Beide Seitenhaben die Vorlage unterzeichnet, unddiese ist in Kraft getreten“, sagte dertürkische Verteidigungsminister Hulu-si Akar am Freitag der amtlichen türki-schen Nachrichtenagentur Anadolu.Die gemeinsamen Patrouillen sollendemnach am Sonntag beginnen. Ge-meinsam mit einer russischen Militär-delegation wurden in Ankara seitDienstag die Details einer Feuerpauseausgearbeitet. Die Feuerpause hattender türkische Präsident Recep TayyipErdogan und der russische StaatschefWladimir Putin am 5. März in Moskauausgehandelt. Die Vereinbarung siehteinen Sicherheitskorridor gemeinsa-mer türkisch-russischer Patrouillenentlang der wichtigen Hauptverkehrs-straße M4 in der nordwestsyrischenProvinz vor. Akar bekräftigte denWunsch Ankaras, dass die Feuerpau-se „von Dauer“ sei. AFP

Boris Pistorius 60Der niedersächsische InnenministerBoris Pistorius zählt zur kleiner wer-denden Zahl von Landespolitikern,deren Wirkungskreis bis in die Bun-despolitik ausgreift. Als Sprecher derSPD-geführten Innenministerien inden Ländern hat sich Pistorius in denvergangenen Jahren als roter Gegen-spieler des schwarzen Bundesinnen-ministers etabliert. Der frühere Ober-bürgermeister von Osnabrück ver-folgt dabei eine klare Marschrichtung:Sozialdemokratische Innenpolitik hatdarauf zu achten, dass keine gesell-schaftliche Gruppe stigmatisiert wird.Sie wendet sich aber zugleich ebensoentschlossen wie konservative Politi-ker gegen Gesetzesübertretungen. Pis-torius setzt den von ihm befürworte-ten starken Staat auch gern öffentlich-keitswirksam in Szene. Wenn der In-nenminister irgendwo zupacken lässt,sind vermummte Spezialkräfte mitMaschinenpistolen in der Regel nichtfern. Mit seinem offensiven Politikstilhat Pistorius erheblich zum Erfolg derNiedersachsen-SPD in der vergange-nen Landtagswahl beigetragen. Minis-terpräsident Stephan Weil und die bei-den Minister Olaf Lies und Boris Pisto-rius bildeten im Wahlkampf 2017eine Troika, wie sie kaum noch ein an-derer Landesverband der Partei auf-bieten kann. In den zurückliegendenMonaten zeichneten sich in diesemDreiergefüge allerdings Risse ab. Pis-torius bereitete seine Kandidatur fürden SPD-Bundesvorsitz ohne Rück-sicht auf Stephan Weil vor. Der ge-plante Sprung des Innenministersnach Berlin misslang jedoch. An die-sem Samstag wird Boris Pistoriussechzig Jahre alt. (bin.)

mwe. BERLIN. Seuchen sind in der Ge-schichte immer schon auch ein Politikumgewesen. Aus der massenhaften Infektionmit dem Coronavirus versucht nun dieAfD, Kapital zu schlagen. Neben Partei-chef Jörg Meuthen verficht vor allem Ali-ce Weidel die Strategie, die Krise gegendie Bundesregierung und Angela Merkelzu instrumentalisieren. Nachdem dieFraktionsvorsitzende zunächst die Forde-rung erhoben hatte, die Grenzen zu schlie-ßen, setzt sie jetzt auf den Vorwurf, dieRegierung habe zu spät reagiert. Der Aus-bruch des Virus sei „zunächst in China

und später auch in Italien völlig unter-schätzt“ worden, schrieb Weidel am Frei-tag in einer Mitteilung. Das Handeln derBundesregierung sei „unverantwortlichund fahrlässig“, der Schutz „aller Men-schen in unserem Land“ werde „bewusstvernachlässigt“. Um zu untermauern, wieunzureichend Kanzlerin und Regierunghandelten, greift Weidel auf eine Risiko-analyse aus dem Jahre 2012 zurück, diedie Bundesregierung zu einer fiktivenPandemie mit einem Virus „Modi-SARS“erstellt hatte. Tatsächlich weist dasWorst-Case-Szenario Ähnlichkeiten mitder heutigen Situation auf, aber auch er-hebliche Unterschiede. So wurde etwavon einer Mortalitätsrate von zehn Pro-zent ausgegangen, die mit jener des Coro-navirus nichts zu tun hat.

Tatsächlich sind die Meinungen in derAfD geteilt, ob und in welcher Weise die

Corona-Krise strategisch gegen die Bun-desregierung gewendet werden kann. Wei-dels Einlassungen in der Sitzung der Bun-destagsfraktion zum Thema Corona wur-den von Teilnehmern als hysterisch emp-funden, sie selbst stehe bei dem Themaunter hohem Angstdruck, heißt es. Mit ih-rer Haltung sei sie in der Fraktion aber iso-liert. Zwar gelte Kritik an der Bundesre-gierung in einzelnen Fragen als berech-tigt, doch sei die Mehrheit dafür, konstruk-tive Forderungen zu formulieren.

Auffällig ist jedenfalls, dass andere füh-rende AfD-Politiker sich Weidels Funda-mentalkritik nicht anschließen. So for-dert etwa Parteichef Tino Chrupalla eineerweiterte Verdienstausfallregelung fürEltern, die wegen des Virus ihre Kinderzu Hause betreuen müssen, wenn Schulenund Kindergärten schließen. Bisher siehtder entsprechende Paragraph des Infekti-

onsschutzgesetzes nur einen Verdienst-ausfall für infizierte Arbeitnehmer vor.Während Weidel Corona zum Symptomeiner politischen Krise der Bundesrepu-blik umdeuten will, setzt Chrupalla aufpraktische Vorschläge, in diesem Fall un-ter dem Slogan „Helft den Eltern!“.

Schon am Donnerstag hatten unter-schiedliche Sichtweisen in der AfD-Spitzezur Absage einer Presseauftritts von Chru-palla und Fraktionschef Alexander Gau-land geführt. Während Gauland die Ent-scheidung des Verfassungsschutzes ent-schieden kritisieren wollte, lehnte es Chru-palla nach Informationen dieser Zeitungab, der Sache durch eine Kommentierungnoch mehr Bedeutung zu geben. Denn dieBeobachtung der AfD durch den Verfas-sungsschutz sei in der Bevölkerung nega-tiv besetzt und damit ein Thema, bei demman wenig gewinnen könne.

Wichtiges in Kürze

sat. WASHINGTON. Der amerikani-sche Präsident Donald Trump hat we-gen der Ausbreitung des Coronavirusin den Vereinigten Staaten einen na-tionalen Notstand ausgerufen. Durchden Schritt würden Bundesmittel inHöhe von bis zu 50 Milliarden Dollarzur Bekämpfung der Pandemie freige-setzt, sagte Trump am Freitag in einerPressekonferenz im Rosengarten desWeißen Hauses. Er erteilte zudem sei-nem Gesundheitsminister Alex Azarweitgehende Vollmachten, um Ärztenund Krankenhäusern Flexibilität beider Bewältigung der Krise zu geben.

Mitarbeiter des Präsidenten hattenzuvor erläutert, dass es geplant sei,den „Stafford Act“ zu nutzen, ein Ge-setz, durch das Katstrophenhilfen fürdie Bundesstaaten und Kommunenaus einem Fonds freigegeben werdenkönnen. Dies sei nötig, um die Ge-sundheitsfürsorge zu sichern. Das Ge-setz aus dem Jahr 1974 überträgt derKatastrophenschutzbehörde FEMAdie Zuständigkeit, die Hilfsmaßnah-men mit den Gouverneuren und Bür-germeistern zu koordinieren. Einenlandesweiten Ausnahmezustand, indem etwa Grundrechte außer Kraft ge-setzt werden, bedeutet der Schrittnicht.

Unabhängig von der Notstandser-klärung setzt die Regierung auf eine„Public Private Partnership“, ummehr potentiell infizierte Personenauf das Virus testen zu können. Ge-plant sei es, mobile Testgeräte aufParkplätzen von Supermärkten anzu-bringen. Dort könnten sich Personen,die Symptome zeigten, selbst testenlassen. Trump zeigte sich zuversicht-lich, dass die Engpässe schon von dernächsten Woche an überwunden wer-den könnten.

Finanzminister Steven Mnuchinund Nancy Pelosi, die „Sprecherin“des Repräsentantenhauses, konntenbis zum Freitagabend keine Einigungüber ein Maßnahmenpaket verkün-den, über das beide Seiten seit Tagenverhandeln. Trump sagte, zwischen-zeitlich habe es so ausgesehen, alswerde man sich verständigen. Dochmachten die Demokraten nicht das,was erforderlich sei. Pelosi will zum ei-nen, dass die Tests allen Amerika-nern, die diesen bräuchten, kostenloszur Verfügung gestellt werden – auchjenen, die nicht krankenversichertsind. Zum anderen fordert sie, dassPersonen, die Symptome zeigten,ohne Gehaltseinbußen der Arbeitfernbleiben können, da dies im öffent-lichen Interesse sei. Die Demokratenbefürchten, dass viele Amerikanersich auch aus finanziellen Gründennicht testen ließen. Offiziell gibt esderzeit 1600 Covid-19-Fälle in denVereinigten Staaten. Laut der Behör-de für Seuchenbekämpfung CDC gabes bisher allerdings erst weniger als14 000 Tests.

Trump gab erstmals zu erkennen,dass er doch bereit sei, sich selbst tes-ten zu lassen, nachdem er am Wochen-ende Kontakt zum Pressesprecher desbrasilianischen Präsidenten Jair Bol-sonaro hatte. Dieser war später posi-tiv getestet worden.

Barnier präsentiert denEntwurf für die künftigePartnerschaft mitLondon. Auf jeder Seitewird klar: Brüssel legtdie Bedingungen fest.

Von Hendrik Kafsack und

Thomas Gutschker,

Brüssel

Position der Stärke: Barnier (rechts) und David Frost, Europa-Berater von Premierminister Johnson, am 2. März in Brüssel Foto dpa

rit. ZÜRICH. Die Schweiz ergreiftnoch drastischere Maßnahmen, umdas Coronavirus einzudämmen. Un-ter Rückgriff auf Notrecht hat die Re-gierung in Bern am Freitagnachmit-tag verfügt, dass bis zum 30. Aprilalle Veranstaltungen mit mehr als100 Personen verboten sind. Bishergalt ein Verbot für Versammlungenmit mehr als 1000 Menschen. In Re-staurants, Bars und Diskotheken dür-fen sich nach dem Willen der Regie-rung nunmehr maximal 50 Personenaufhalten, einschließlich des Service-Personals.

An den Schulen soll bis AnfangApril kein Unterricht mehr stattfin-den. Für die Grundschulen organisie-ren die Kantone allerdings Betreu-ungsangebote, um zu verhindern,dass die Kinder von ihren Großelternbetreut werden. Ältere Menschensind besonders durch den Virus ge-fährdet. Außerdem beschloss die Re-gierung, die Einreise aus Italien wei-ter einzuschränken. Bis auf weiteresdürfen nur noch Schweizer Bürger so-wie Personen mit einer Aufenthalts-genehmigung für die Schweiz in dieEidgenossenschaft einreisen. Auslän-dern, die aus beruflichen Gründen indie Schweiz kommen wollen, ist dieEinreise allerdings weiterhin erlaubt.

An ihren Grenzen wollen dieSchweizer von sofort an wieder Kon-trollen durchführen. Menschen, die äl-ter als 65 Jahre sind, wird empfohlen,öffentliche Verkehrsmittel zu meiden.Arbeitgeber sollen Pendlern ermögli-chen, von zu Hause zu arbeiten. AlsSoforthilfe für die Wirtschaft stellt dieRegierung bis zu zehn MilliardenFranken zur Verfügung. Dazu redu-ziert sie die Karenzfrist für Kurzarbeitauf einen Tag. Die Unternehmen müs-sen so nur den Arbeitsausfall von ei-nem Tag selbst tragen, bevor ihnenUnterstützung zusteht.

Werden Staatsleistungen für Kirchen abgelöst?Gesetzentwurf von Grünen, FDP und Linken – Bischofskonferenz und EKD gesprächsbereit / Von Daniel Deckers

Zwei WegeDie AfD und Corona

Personalien

DrastischeMaßnahmenin der Schweiz

TrumpsNotstandDas Weiße Haus gibtBundesmittel frei

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Page 7: Frankfurter Allgemeine Zeitung - 14 03 2020

NR. 63 · SEITE 7

FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG SAMSTAG, 14. MÄRZ 2020Deutschland und die Welt

Queen sagt Termine abDie britische Königin Elisabeth II. hatwegen der Coronavirus-Pandemiemehrere Termine abgesagt. Das teilteder Buckingham-Palast am Freitagmit. Für Mitte März hatte die Monar-chin eine mehrtägige Reise in die Um-gebung von Manchester geplant. Dieswurde ebenso abgesagt wie ein ge-planter Besuch im Londoner BezirkCamden Ende des Monats. Audien-zen würden aber weiter stattfinden,hieß es. Die 93 Jahre alte Queen emp-fängt regelmäßig Botschafter, Staats-oberhäupter, Regierungschefs und an-dere Würdenträger, die in Großbritan-nien zu Besuch sind. Zuvor hattenschon Thronfolger Prinz Charles undseine Frau, Herzogin Camilla, einefür kommende Woche geplante Reisenach Bosnien-Hercegovina, Zypernund Jordanien verschoben. dpa

Kerner infiziertDer Fernsehmoderator Johannes B.Kerner hat sich mit dem Coronavirusinfiziert. Das teilte der 55 Jahre alteKerner am Freitag auf Instagram mit.Das Testergebnis sei für ihn über-raschend gekommen, aber: „Mir gehtes sehr gut, ich habe praktisch keineSymptome.“ Er befinde sich in häus-licher Quarantäne. dpa

Maradona leidet mitDas argentinische Fußball-Idol DiegoMaradona hat den Italienern sein Mit-gefühl und seine Unterstützung in Zei-ten der Corona-Krise ausgesprochen.Der 59 Jahre alte Maradona veröffent-lichte auf Instagram ein Foto von sichim Trikot des SSC Neapel, für den ervon 1984 bis 1991 gespielt hatte. Erhabe Familie in Italien, „viele Men-schen, die ich liebe und die michlieben“, schrieb Maradona. „Italien istein Teil meines Lebens, und ich möch-te den Menschen in diesen schwieri-gen Zeiten meine Unterstützung aus-drücken.“ AFP

Mit nur noch acht neu nachgewiesenen Vi-rusfällen haben Chinas Behörden wiedereinen neuen Tiefstand der Infektionenseit Beginn der täglichen Berichte überdie Epidemie vor sieben Wochen gemel-det. An der Lungenkrankheit Covid-19starben sieben weitere Personen, wie diePekinger Gesundheitskommission amFreitag berichtete. Der tägliche Zuwachsder Todesfälle war ebenfalls der niedrigsteseit Wochen. Die Gesundheitsbehörde hat-te schon am Donnerstag mitgeteilt, dassChina den Höhepunkt der Ausbreitungüberschritten habe. Inwieweit die offiziel-le Statistik die wahre Lage widerspiegeltund wie hoch die Dunkelziffer nicht erfass-ter Fälle ist, bleibt jedoch unklar. Seit Aus-bruch des Coronavirus wurden auf demchinesischen Festland 80 813 Infektionenund 3176 Tote gemeldet. dpa

Auch die Zahl der täglich neu erfasstenCorona-Infektionen in Südkorea ist wei-ter gesunken. Am Donnerstag seien110 weitere Fälle nachgewiesen worden,teilten die Gesundheitsbehörden am Frei-tag mit. Es war der geringste Tagesanstiegseit mehr als zwei Wochen. Insgesamtwurden in Südkorea bisher knapp 8000 In-fektionen mit dem Sars-CoV-2-Erreger ge-meldet, 67 Todesfälle wurden mit dem Vi-rus in Verbindung gebracht. Trotz der ins-gesamt rückläufigen Tendenz bei den Fall-zahlen sei es verfrüht, in der Wachsam-keit nachzulassen, sagte Yoon Tae Ho vonder Zentrale für das Katastrophen-Ma-nagement. Die Einstufung als Pandemiedurch die Weltgesundheitsorganisationhabe auch die Besorgnis der Behörden er-höht, dass weitere Virusfälle aus dem Aus-land eingeschleppt werden könnten, sag-te Yoon. Die Mehrzahl der neu erfassten

Ansteckungen konzentriert sich in dersüdöstlichen Millionenstadt Daegu undder umliegenden Region. Südkorea hatteam 23. Februar die höchste Warnstufe fürInfektionskrankheiten ausgerufen. dpa

Singapur verbietet von Sonntag an allenAusländern die Einreise, wenn sie in denvergangenen 14 Tagen in Deutschland,Frankreich, Italien oder Spanien waren.Das gilt auch für Transit-Aufenthalte indem südostasiatischen Stadtstaat, wie dasGesundheitsministerium am Freitag mit-teilte. Die Regelung gilt nicht für Perso-nen, die dauerhaft dort leben oder seitlangem einen Pass des Staats haben. Siesollen sich nach der Einreise in heimischeQuarantäne begeben. Der Flughafen vonSingapur ist ein wichtiges Drehkreuz inAsien. Zuvor gab es schon Einreisestoppsfür Iran, Südkorea und China. dpa

In Iran ist die Anzahl der Todesfälle we-gen des Coronavirus abermals drastischgestiegen. Binnen eines Tages habe sichdie Zahl von 429 auf 514 erhöht, sagte derSprecher des GesundheitsministeriumsKianush Dschahanpur am Freitag in Tehe-ran. Ansteckungen mit Sars-CoV-2 wur-den offiziell 11 364 erfasst, das waren1289 mehr als am Vortag. Die meisten In-fektionen gab es in der Hauptstadt Tehe-ran. Zugleich seien 3529 an Sars-CoV-2infizierte Patienten geheilt aus den Kran-kenhäusern entlassen worden, so derSprecher im Staatsfernsehen. dpa

Die ersten Tafeln in Deutschland habenwegen der Corona-Krise geschlossen. Anetwa 30 Standorten sei die Ausgabe von

Lebensmitteln vorübergehend eingestelltworden, teilte der Bundesverband amFreitag in Berlin mit. Bei den Tafeln kä-men viele Menschen in teils engen Räu-men zusammen, hieß es. Zudem gehörtenrund 90 Prozent der 60 000 ehrenamt-lichen Helfer zu der besonders durch dasneuartige Coronavirus gefährdeten Grup-pe älterer Personen. Die rund 950 Tafelnstünden vor der schwierigen Herausforde-rung, Ehrenamtliche und Nutzer vor demVirus zu schützen und zugleich die rund1,6 Millionen Tafelnutzer weiter unter-stützen zu können, sagte der Verbandsvor-sitzende Jochen Brühl. Die Menschen, diekämen, brauchten die Unterstützung. Zu-dem brächten Schließungen wirtschaftli-che Probleme mit sich, da die Tafeln auchüber die symbolischen Beiträge der Nut-zer mitfinanziert würden, sagte Brühl.Kosten für die Miete von Ausgabestellenund Lagern oder die Versicherung fürFahrzeuge liefen zugleich weiter. KNA

Ein Hamsterkauf von 50 Packungen Mehlhat in einem Supermarkt bei Osnabrückeine Rauferei verursacht. Ein Mann hattein Hilter das Mehl in seinen Einkaufswa-gen gepackt, wie die Polizei am Freitagmitteilte. An der Kasse wurde ihm derKauf einer so großen Menge verweigert:Er könne 20 Packungen erwerben, dierestliche Menge solle für andere Kundenim Geschäft bleiben. Der 41 Jahre alteMann stritt sich daraufhin mit zwei Super-markt-Mitarbeitern, bis es zu der körper-lichen Auseinandersetzung kam. AmEnde blieben das Mehl im Laden. dpa

Wegen der Coronavirus-Epidemie müs-sen sich die Menschen in Deutschland

nach den Worten des Virologen ChristianDrosten nicht von heute auf morgen zuHause einschließen. „Wir haben jetzt imMoment in Deutschland noch nicht eineso hohe Infektionsdichte, dass man über-all hinter jeder Ecke den nächsten Infizier-ten vermuten muss“, sagte der Wissen-schaftler der Berliner Charité am Freitagim NDR-Podcast. Bei Personen, die Symp-tome zeigten, sei eine Grippe oder norma-le Erkältungskrankheit wahrscheinlicher.„Natürlich kann man jetzt noch einkau-fen gehen in den Supermarkt“, sagte Dros-ten. Über Hamsterkäufe nachzudenkensei Unsinn. Dazu gebe es keinen Anlass.Er empfehle den Aufenthalt im Freien: Vi-rus-Tröpfchen seien nur eine kurze Zeitin der Luft und fielen dann zu Boden. „Esist nicht so, dass man sich beim Spazieren-gehen, wenn man sich begegnet, infi-ziert.“ dpa

Die Angst vor dem Coronavirus lässt inLos Angeles den Cannabis-Markt erblü-hen. Anbieter wie Lowell Farms, SweetFlower und das von Rapper Jay-Z unter-stützte Unternehmen Caliva registriertenin den vergangenen Tagen eine unerwar-tete Nachfrage nach Joints, Hanfölen undessbaren Marihuana-Produkten. „DieKunden legen Vorräte an, weil sie wegendes Virus Lieferengpässe befürchten. Vie-le greifen auch zu Marihuana, um wäh-rend der landesweiten Panik ihre Nervenzu beruhigen“, sagte Kiana Anvaripour,die Chefin der drei Filialen des Sweet Flo-wer, dem „Hollywood Reporter“. EinigeDispensarien zählten seit Ausbruch derPandemie doppelt so viele Kunden wieüblich. Auch die Bestellungen bei Unter-nehmen, die Marihuana nach Hause lie-fern, nahmen drastisch zu. ceh.

Wie schon in Italien sowie in Tirol undSalzburg ziehen nun auch Seilbahnbetrei-ber in Deutschland Konsequenzen ausder Ausbreitung des Coronavirus. DieBergbahnen am Wendelstein kündigtenam Freitag die Einstellung ihres Betriebsan. Von Samstag an fahren die Wendel-stein-Zahnradbahn in Brannenburg unddie Seilbahn in Bayrischzell nicht mehr.Nach Angaben des Verbands DeutscherSeilbahnen und Schlepplifte haben auchder Große Arber und das Wintersport-zentrum Mitterfirmiansreut im Bayeri-schen Wald auf freiwilliger Basis die Win-tersaison wegen des Virus beendet. „Wirrechnen allerdings in Kürze mit behörd-lichen Schließungen in Bayern“, teilte derVerband mit. An der Zugspitze lief der Be-trieb am Freitag noch. „Aktuell steht kei-ne Schließung unsere Bergbahnen undSkigebiete im Raum“, sagte eine Spreche-rin am Freitagmittag. Die Lage werdeaber jeden Tag neu bewertet. Die österrei-chischen Bundesländer Tirol und Salz-burg schließen von Sonntag an wegen derEpidemie alle Seilbahnen und beendendie Wintersaison vorzeitig. Hotels und an-dere Beherbungsbetriebe sind noch biseinschließlich Montag geöffnet. dpa

In Deutschland haben bislang 25 Patien-ten die Infektion mit dem Coronavirus un-beschadet überstanden. Das teilt dieJohns-Hopkins-Universität aus Baltimoremit, die täglich die Daten in aller Weltsammelt. Demnach gab es am Freitag-nachmittag 2050 aktuell Infizierte inDeutschland, insgesamt waren es 55 299in mehr als 120 Ländern, 68 324 Perso-nen galten als Genesene. Mehr als 4700waren an dem Virus gestorben. pps.

Es war ein historischer Tiefpunktder Zivilisation, ein Menetekelfür mehr als hundert Jahre Seu-chengeschichte – und doch hatte

sich bisher kaum jemand für die Spani-sche Grippe interessiert. So wie für mehrals 12 000 andere seit den achtziger Jah-ren registrierte Infektionsausbrüche aufder ganzen Welt. „Emerging Diseases“,neu auftretende Erreger wie das aktuelleSars-CoV-2-Virus, finden anfangs nie öf-fentliche Beachtung. Mehr als 7000 Malgehen inzwischen jeden Monat Verdachts-meldungen bei der Weltgesundheitsorgani-sation ein, und im Jahr 2018 waren erst-mals in einem Jahr gleichzeitig neue Vari-anten von sechs der acht am meisten ge-

fürchteten Erreger aufgetaucht. Keinesder Viren jedoch entwickelte Pandemie-potential. Bis Ende 2019. Nun also, da dieInfektionszahlen fast überall rasant stei-gen, geht die Angst um, dass es schlimmwerden könnte. Und das scheint nun dieStunde der Spanischen Grippe. Der Wiki-pedia-Eintrag dazu boomt. Zu Recht?

Auffällig ist, wie zurückhaltend Virolo-gen sind, die neue Corona-Seuche mit der„Mutter aller modernen Pandemien“ zuvergleichen. Nur einmal in den vergange-nen Wochen war das anders: als es darumging zu erklären, warum es wichtig für dieBewältigung der Infektionswelle ist, Zeitzu gewinnen und die Infektionskurve abzu-flachen und zu strecken. In St. Louis im Sü-den der Vereinigten Staaten, wo die Grip-pe damals zuerst massiv auftrat, hatteman im Herbst des Grippe-Ausbruchs-jahrs 1918 öffentliche Veranstaltungen ab-gesagt und Menschenansammlungen ver-mieden. In vielen Städten kam es auch zuSchulschließungen. In Philadelphia dage-gen gab es Paraden. Die Konsequenz:Während sich in St. Louis die Zahl der Infi-zierten langsam aufbaute und nie 50 Totepro 100 000 Einwohner täglich über-schritt, waren es in Philadelphia Wochenvorher schon mehr als 250, als der Gipfelder Zahl der Schwerstkranken erreichtwurde. Insgesamt sollen zwischen den Jah-ren 1918 und 1920 auf der ganzen Welt

zwischen 25 und 100 Millionen Menschenan der Grippe gestorben sein. In drei Infek-tionswellen, angefangen im März 1918 inden Vereinigten Staaten, rollte dieH1N1-Influenza-Lawine über Amerika,Asien, Europa. Spanisch heißt sie seitdemnur, weil dort die im Ersten Weltkriegsonst überall eingesetzte Militärzensur dieBerichterstattung über die verheerendeSeuche nicht unterdrückte.

Die Welt war damals eine andere. Diediagnostischen Kriterien für Influenzaund Lungenentzündungen waren extremvage, die Ärzte und Wissenschaftler wuss-ten zwar, dass es Viren gibt, doch keinerwusste, wie sie aussehen oder funktionie-ren. Auch Penicillin war noch nicht erfun-den. Das Fehlen von Antibiotika führtedazu, dass vor allem in der zweiten unddritten Welle die Zahl der Todesopfer indie Höhe schnellte. Millionen starbennicht am Zerstörungswerk der Influenza-viren in den Lungen, sondern an opportu-nistischen Keimen, denen das Immun-system der Grippekranken kaum mehr et-was entgegenzusetzen hatte.

Nicht nur in dieser Hinsicht ist die Spa-nische Grippe mit der heutigen Corona-Pandemie unvergleichbar. Auch mit Blickauf die Entstehung der Seuche: Influenza-viren kursieren seit Tausenden von Jahrenzwischen Mensch, Vögeln und Schweinen.Es verbreiten sich zwar auch seit langemCoronaviren unter den Menschen, aber

bis auf die erste Sars-Epidemie mit mehrals 8000 Infizierten vor 17 Jahren hattemedizinisch bis heute kaum jemand vonden beiden seit Jahrzehnten kursierendenViruslinien Notiz genommen, die bei unsleichte Erkältungen hervorrufen. Influen-za dagegen zeigte spätestens seit der Spani-schen Grippe immer wieder seine Aggres-sivität, etwa während der Asien-Grippe1957 mit Millionen Opfern und der Hong-kong-Grippe 1968. Nach der jüngstenGrippe-Pandemie, der Schweinegrippe imJahr 2009, berechnete man die Zahl derTodesopfer mit gut 300 000.

Die lange Koexistenz von Influenza undMensch war auch im Hinblick auf die Risi-kogruppen entscheidend. Viele ältereMenschen waren zumindest teilweise im-munologisch auf Influenzaviren vorberei-tet, ihr Immunsystem schützte sie wenigs-tens teilweise. Die Opfer waren deshalbvor allem junge und sogar gesunde Men-schen, während in der aktuellen Corona-Pandemie die Jungen kaum bedroht, beiÄlteren deutlich über 60 das Sterberisikoaber sprunghaft ansteigt. Was die statisti-sche Sterberate und damit die Tödlichkeitdes Erregers angeht, verbietet sich derzeitjeder Vergleich, solange die Corona-Seu-che nicht genügend Daten liefert. Aller-dings deuten Virologen immer wieder an,dass das Spanische Grippevirus – auch ausden genannten Gründen – damals wesent-lich tödlicher gewesen war.

ceh. LOS ANGELES. Das Corona-virus hat auch Hollywood erfasst.Nach Bekanntwerden der Infektionvon Tom Hanks und seiner EhefrauRita Wilson, die sich am Mittwochnach grippeartigen Symptomen wäh-rend eines Aufenthalts in Australientesten ließen, wurden in Los AngelesDreharbeiten unterbrochen, Filmpre-mieren verschoben und Talkshows ab-gesagt. „Wir gehen für mindestenszwei Wochen nach Hause und wartenab, wie sich die Lage entwickelt“, teil-ten Ellen Pompeo und weitere Darstel-ler der Arztserie „Grey’s Anatomy“am Donnerstag mit.

Am Freitag brachen die Moderato-ren Seth Meyers („Late Night“) undJimmy Fallon („The Tonight Show“)die Aufzeichnungen ihrer Talkshowsvorerst ab. Einige Tage zuvor hattenSender wie NBC, TBS und HBO ange-kündigt, bei Produktionen auf Zu-schauer zu verzichten, um die Ausbrei-tung des Coronavirus einzudämmen.

Auch auf den Actionfilm „Fast &Furious 9“ müssen Fans länger war-ten. Die „Fast Family“ um Hauptdar-steller Vin Diesel ließ per Twitter wis-sen, man werde den Kinostart vonEnde Mai 2020 bis Frühjahr 2021 ver-schieben. Wegen des Coronavirus ver-zögert sich zudem die Premiere vonJohn Krasinskis „A Quiet Place 2“.Die Walt-Disney-Pictures-Produktion„Mulan“, die in Europa wegen derPandemie schon ohne Veranstaltun-gen auf rotem Teppich auskommenmusste, kommt ebenfalls später in dieKinos. Die für den 27. März angekün-digten Vorführungen wurden auf un-bestimmte Zeit verschoben.

Wie verschiedene Studios und Pro-duktionsgesellschaften schickte auchNetflix inzwischen Mitarbeiter nachHause. Laut dem Branchenblatt „Va-riety“ soll sich in einer Dependancedes Streamingdienstes in Los Angelesein Angestellter mit dem Coronavirusinfiziert haben. Orlando Bloom, des-sen Verlobte Katy Perry das erste ge-meinsame Kind erwartet, trat derweilfrüher als erwartet die Heimreise vonPrag nach Hollywood an. Wie derSchauspieler die Fans wissen ließ,wurden die Dreharbeiten zu der Fanta-sy-Serie „Carnival Row“ in der Haupt-stadt der Tschechischen Republik we-gen des Virus vorzeitig abgebrochen:„Wir fliegen nach Hause, um uns inQuarantäne zu begeben. Macht dasauch und bleibt gesund!“

Eine unvergleichbare Pandemie

Barbershop an der Universität von Berkeley in Kalifornien: Die Ausbreitung der Spanischen Grippe, an der zwischen 1918 und 1920 Millionen Menschen starben, sollte unteranderem dadurch eingeschränkt werden, dass Dienstleistungen wie das Haareschneiden ins Freie verlegt wurden und ein Mundschutz zum Einsatz kam. Foto Science Photo Library

Kurze Meldungen

sgr. MÜNCHEN. Die Corona-Pande-mie hat auch die hohen Berge er-reicht. Schon Mitte der Woche warenHinweise aus China bekanntgewor-den, wonach ausländische Expeditio-nen in diesem Frühjahr keine Geneh-migungen für den Mount Everest(8848 Meter), den Cho Oyu (8201 Me-ter) und den Shishapangma (8027 Me-ter) bekommen würden. Am Donners-tag folgte dann die offizielle Bestäti-gung. Am Abend desselben Tages teil-te Nepal mit, bis Ende April keineExpeditionspermits für den Everestund die weiteren Achttausender er-teilen zu wollen. Die Everest-Aspiran-ten, die von der nepalesischen Süd-seite aus aufsteigen, kamen in den ver-gangenen Jahren überwiegend aus In-dien, China, den Vereinigten Staatenund Großbritannien.

Gewöhnlich fragen die Expeditio-nen Ende März wegen der Genehmi-gungen an, der Aufstieg zum Gipfelfolgt dann im Mai. Schon erteilte Per-mits verlören ihre Gültigkeit, hieß esnun bei den nepalesischen Behörden.Zugleich würden keine Visa mehr beider Einreise nach Nepal erteilt, siewürden nur noch von nepalesischenVertretungen in den Heimatländernder Touristen ausgestellt. Bei der Ein-reise muss zudem ein Gesundheits-zeugnis vorgelegt werden.

Für Nepal, das im vergangenenJahr mit Genehmigungen für denEverest vier Millionen Dollar einge-nommen hat, bedeutet das einen enor-men wirtschaftlichen Schaden. „Wirhelfen den Hochträgern, den einhei-mischen Bergführern und den Mit-arbeitern im Basislager, indem wirihnen einen Teil ihres Lohns zahlen“,sagt der Innsbrucker Expeditionsver-anstalter Lukas Furtenbach, der mitzwei Teams an den Everest fahrenwollte. „Und wir werden auch unsereKunden fragen, ob sie bereit sind, ei-nen kleinen Prozentsatz ihrer Anzah-lung hinzuzufügen. Alles hilft, dennfür die meisten von ihnen ist der Eve-rest ihr Haupteinkommen.“

Neben den Höhenbergsteigern wer-den auch die Trekkingtouristen aus-bleiben. Von der Entscheidung betrof-fen sind deshalb ebenfalls die Betrei-ber der Lodges in den abgelegenenGebirgstälern, die Träger und Trek-kingguides.

Plätze frei: Auch in Hollywood hatdie Ausbreitung des Coronavirus Spu-ren hinterlassen. Foto AP

China meldet nur noch acht neue Virus-FälleCorona-Meldungen aus aller Welt: Weniger Neu-Infektionen in Südkorea, steigende Zahlen in Iran, Rauferei im Supermarkt

Kein Impfstoff, keinMedikament: Vieleswar ähnlich, als 1918die Spanische Grippewütete. Doch die Weltwar damals eine andere.

Von Joachim Müller-Jung

Vorerst gesperrt: Der 8848 Meterhohe Mount Everest Foto AP

PremierenverschobenAuch Hollywood leidetunter dem Coronavirus

ZutrittverwehrtKeine Genehmigungenfür den Mount Everest

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Page 8: Frankfurter Allgemeine Zeitung - 14 03 2020

SEITE 8 · SAMSTAG, 14. MÄRZ 2020 · NR. 63 FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNGZeitgeschehen

Wie klein die „Koalition derWilligen“ ist (mehr als einDutzend der 27 EU-Staa-

ten wird es wohl nicht sein), zeigt,wie tief die EU in der Asyl- und Mi-grationspolitik zerstritten ist. Insge-samt 1600 unbegleitete Minderjähri-ge in einer Einmalaktion aufzuneh-men sollte selbst für einen Corona-ge-plagten Staatenverbund keine großeSchwierigkeit bedeuten. Sie setzt zu-dem einen Kontrapunkt zur Lage ander griechisch-türkischen Grenze, woMigranten gewaltsam versuchen, sichZutritt zur EU zu verschaffen. DieEU zeigt dort einer aufgestacheltenMenge und deren Einpeitschern, an-geführt vom türkischen Staatspräsi-denten, unterstützt aber auch von pri-vaten Organisationen, buchstäblichdie Grenzen auf. Im Gegenzug wärees angemessen, die Überforderungdes griechischen Staats bei der Ver-sorgung von Migranten, die dortschon lange ausharren, mit einer Ge-meinschaftsaktion zu entschärfen.

Der Riss geht indessen nicht nurdurch die EU, sondern auch durch dieBundesregierung. Wie sehr das Jahr2015 noch nachwirkt, lässt sich in derUnionsfraktion ablesen (die SPD hatSkeptiker längst verloren). Dort wirddie Aufnahme von Minderjährigen –es wird für Deutschland auf eine Zahlvon 400 hinauslaufen – als Präzedenz-fall beargwöhnt. Deutschland als dasbevorzugte Zielland wird sich aller-dings daran gewöhnen müssen, in derMigrationspolitik eine Doppelrolle zuspielen: abwehrend gegen die Provo-kation unkontrollierter Einwande-rung, aber großzügig in Notsituatio-nen wie jetzt in Griechenland.

Die existentielle Unsicherheit,die inzwischen fast jeder in derCorona-Pandemie spürenkann, hat mit den vielen Unge-

wissheiten in unserem Wissen über das Vi-rus zu tun. Verstärkt wird sie durch unse-ren Umgang mit dem verfügbaren Wissen.Das wird jeden Tag deutlich, wenn neueStatistiken auftauchen. Wer Zahlen überdie Tödlichkeit des Virus liest, die bis aufzwei Stellen hinter dem Komma angege-ben werden, neigt dazu, diese zu glauben.Viele Menschen erwarten vermutlichauch, dass die Wissenschaftler und Ärzte,die schon Abertausende Infizierte gese-hen und Hunderte Studien angefertigt ha-ben, mittlerweile so viel über das Sars-CoV-Virus wissen, dass die unter anderenauch von der Bundeskanzlerin getätigteAussage als gesichert gelten kann: Zwi-schen sechzig und siebzig Prozent der Be-völkerung würden mit dem Virus in Kon-takt kommen.

Die Wahrheit ist aber: Die Unsicherheitüber das Verhalten und die Gefährlichkeitdes Virus – und damit über das Ausmaßder Seuche auf lange Sicht – bleibt trotztäglich neuer Daten gewaltig. Genausoverhält es sich bis auf weiteres mit der Fra-ge, wann Medikamente kommen, wann eseinen Impfstoff geben wird.

Natürlich gibt es einige Kennzahlen, andenen die Schwere einer Epidemie vonAnfang an gemessen wird. Die Sterblich-keit, also der Anteil der Todesfälle an al-len Infizierten, gehörte im Fall des neuenCoronavirus von Anfang an zentral dazu.Früh nämlich fiel in den Statistiken ausWuhan die hohe Zahl der Toten auf. Zwi-schen drei und vier Tote pro hundert Infi-zierte waren zwar nicht einmal halb soviel wie bei der ersten Sars-Corona-Krise2003, als ein sehr nahe verwandtes Coro-navirus vor allem in Asien fast 800 Tote ge-fordert hat. Aber der in Wuhan entdeckteneue Erreger erwies sich dafür als viel in-fektiöser. Das Virus breitete sich mit expo-nentieller Geschwindigkeit aus. Die Sterb-lichkeitsrate von drei bis vier Prozent klet-terte dann in Wuhan zeitweilig auf sechsProzent.

Als man nach einigen Wochen auf dieTödlichkeit in der umliegenden Regionblickte, wurde bei sieben Verstorbenenpro tausend Infizierten (was einer Sterb-lichkeit von 0,7 Prozent entspricht)schnell klar: In Wuhan starben in den ers-

ten Wochen sehr schnell viele Infizierte,weil das Gesundheitssystem dort raschüberlastet war. Es fehlten Betten, Be-atmungsmaschinen, Arzneien und auchPersonal. Dieses steckte sich selbst an,trug so zur Verbreitung bei, und irgend-wann lagen sogar schwerste Fälle prak-tisch unbehandelt im Krankenhausflur.Bei Covid-19 muss jeder zwanzigste Infi-zierte, der in den Kliniken ankommt, in-tensivmedizinisch behandelt werden – dasind die Kapazitätsgrenzen schnell er-reicht. Das wiederum verschlechtert dieÜberlebenschance der Kranken beträcht-lich. Der schnelle Ansturm von Patientenin kurzer Zeit war also ein entscheidenderFaktor, der die Sterblichkeit in Wuhanhochgetrieben hat – ein Faktor, der auchin Italien zum Tragen kam. In Südkorea da-gegen oder noch deutlicher in Deutsch-land lässt sich beobachten, wie ein ver-gleichsweise gut ausgestattetes Gesund-heitssystem die Sterblichkeitsrate drücken

kann. Sie liegt hierzulande derzeit beietwa 0,2 Prozent.

Die unterschiedlich gute Versorgungder Patienten ist aber nur ein Faktor. Einanderer sind die Virentests: Nur die getes-teten Infizierten können in die Sterblich-keitsberechnung einfließen. Dass in denvergangenen Tagen immer wieder Men-schen positiv getestet wurden, die keine er-kennbare Verbindung zu einem schon be-kannten Infektionscluster hatten, deutetdarauf hin, dass viele Infizierte nicht er-fasst worden sind. Virologen sind sicher,dass mit den Tests nur die Spitze des Eis-bergs sichtbar wird. Das bedeutet: Wennes viel mehr Infizierte gibt, als durch Testsbestätigt sind, ist auch die Sterblichkeit ins-gesamt geringer. Vier von fünf Infizierten,das hat man bisher ermittelt, leben sym-ptomlos oder mit milden Symptomen un-ter uns. Viele davon gehen nicht zum Arztund werden nicht getestet. Wer jedochkrank wird, das gehört zu den wenigen ver-

gleichsweise sicheren Erkenntnissen, unddeutlich über sechzig Jahre alt ist, an Dia-betes oder an Herz-Kreislauf-Krankheitenleidet, hat ein erhöhtes Sterberisiko. Des-halb ist die Sterblichkeitsrate in verschie-denen Altersgruppen extrem unterschied-lich. Bei den über Achtzigjährigen liegt siemit fünfzehn bis zwanzig Prozent amhöchsten. Die Zahl ist also auch von derDemographie abhängig. Die über alle Be-völkerungsgruppen gemittelte (realistischgeschätzte) Sterblichkeit schwankt derzeitzwischen 0,2 und 1,0 Prozent. Seriös ermit-telt werden kann die Zahl grundsätzlichaber erst nach dem Ende der Pandemie.

Geht die Pandemie die nächsten Mona-te weiter, was Virologen angesichts derbisher bekannten Eigenschaften des Erre-gers vermuten, wird auch die sich ausbrei-tende Immunität die Sterblichkeitsrate be-einflussen. „Überlebende“, grob gesagt,und Infizierte, deren Körper das Virusschnell mit Antikörpern in den Griff be-kommen haben, werden irgendwann zu-mindest auf eine „Herdenimmunität“ zu-steuern: Das ist der Punkt, an dem genugMenschen immun sind, so dass sich dasVirus nicht weiter ausbreiten kann. Da-mit ist man bei der Prognose der Kanzle-rin: 60 bis 70 Prozent der Menschen dürf-ten nach epidemiologischen Modellrech-nungen mit dem Erreger infiziert sein,wenn Herdenimmunität erreicht ist.

In diese Berechnung sind allerdings vie-le Annahmen eingeflossen, zum Beispielauch, dass bis zu diesem Punkt kein Impf-stoff zur Verfügung stehen wird und das Vi-rus sich praktisch ungehindert vermehrt.Vorsichtigere Epidemiologen rechnen des-halb mit einer Durchseuchung von 30 oder40 Prozent. Aber das ist bisher alles Theo-rie und hängt von Eigenschaften des Virusab, die keiner genau kennt bisher.

Eine entscheidende Zahl ist auch die Ba-sisreproduktionsrate R0 des Virus: Wieviele Menschen und wie schnell kann einbereits Infizierter anstecken? Ziel der Vi-rusbekämpfung ist es, diese Ziffer unter 1zu drücken, denn dann ist die weitere Aus-breitung gebremst. Derzeit gibt das Ro-bert-Koch-Institut diese ebenfalls mit vie-len Unsicherheiten in der Datenerfassungermittelte Zahl mit einer hohen 3 an. Aberauch das ist keine feste Größe. Greifen dieSchutzmaßnahmen wie Isolation, wirdsich diese Zahl nach unten bewegen – wäh-rend gleichzeitig die Zahl der Infektionenund Opfer noch steigt.

Deutsche DoppelrolleVon Jasper von Altenbockum

Intensivbehandlung: Ende Januar in einem Krankenhaus in Wuhan Foto dpa

Mehr als einhundert Jahrenach dem Inkrafttretender Weimarer Reichsver-

fassung ist es beim besten Willen nie-mandem mehr zu vermitteln, dass je-der Bürger auf dem Weg der soge-nannten altrechtlichen Staatsleistun-gen die katholische und die evangeli-sche Kirche finanziert. Einerseits istes vollkommen unstrittig, dass denKirchen ein Ausgleich zumindest fürjene der Vermögensverluste zusteht,die sie im Zuge des Reichsdeputati-onshauptschlusses im frühen 19. Jahr-hundert erlitten haben. Andererseitshaben schon die Verfassungen von1919 und die von 1949 dem (Bun-des-)Gesetzgeber aufgegeben, Grund-sätze für die von den Ländern zu leis-tende Ablösung der Staatsleistungenaufzustellen.

Diesen Verfassungsauftrag habenalle, wohlgemerkt alle Bundestags-mehrheiten bislang souverän igno-riert. Und auch jetzt ist nicht zu er-warten, dass das Herz von CDU, CSUund SPD höherschlägt, sobald ihnenaus der Opposition das Wort Staats-leistungen entgegenschlägt – zumalauf die (noch) mehrheitlich von ih-nen geführten LandesregierungenAufgaben zukämen, mit denen mansich nach gängigem Kalkül keine poli-tischen Lorbeeren verdienen kann.Doch die Opposition im Bundestagerfüllt mit ihrem Vorstoß „nur“ dasGrundgesetz mit Leben – und wirdwohl nach der nächsten Bundestags-wahl zum Teil die Seiten wechseln.Spätestens dann wird sich auch diegroße Koalition der Verweigerer be-wegen müssen.

Es ist kein Zufall, dass Nordrhein-Westfalen lange gezögert hat, sämtli-che Schulen des Landes zu schließen.Denn von Montag an sind 2,5 Millio-nen Kinder und Jugendliche im bevöl-kerungsreichsten und vom Coronavi-rus am stärksten betroffenen Flächen-land ohne Betreuung. Schon früh hat-te Bundesgesundheitsminister JensSpahn (CDU) im Einklang mit demRobert-Koch-Institut davor gewarnt,womöglich Großeltern und anderePersonen der Risikogruppe für die Be-treuung einzuspannen. Das wissenauch Ministerpräsident Armin La-schet (CDU) und seine Schulministe-rin Yvonne Gebauer (FDP). Sie hattedie Schließung der Schulen in Nord-rhein-Westfalen von Montag an damitbegründet, dass diese auch „Orte so-zialer Kontakte“ seien, die nach demAppell der Bundeskanzlerin von Frei-tag Abend möglichst vermieden wer-den sollten, um die Verbreitung desVirus zu verlangsamen.

Als Ministerin hat Gebauer in Nord-rhein-Westfalen ein schweres Erbeübernommen: eine mit unhaltbarenVersprechungen überfrachtete Inklusi-on, Lehrermangel in vielen Schular-ten, vor allem in den Förderschulen.Sie hat sich dafür eingesetzt, dass dieFörderschulen nicht flächendeckendgeschlossen werden, wie das die Vor-gängerregierung eigentlich vorhatte.Sie hat auch versprochen, die Regel-schulen mit sonderpädagogischen För-derschwerpunkten deutlich besserauszustatten. Nach einer einschlägi-gen Studie über Rechtschreibdefizitevon Grundschülern in Nordrhein-Westfalen hat sie eine Handreichungmit klaren Regeln zur Rechtschrei-bung in den Grundschulen herausge-geben, die gängige Irrwege wie das„Schreiben durch Lesen“, umgangs-sprachlich auch „Schreiben nach Ge-hör“ genannt, ausschließt.

Auch der Wahlkampfslogan ihrerPartei von der „weltbesten Bildung“hat es ihr nicht gerade leichtgemacht.Gebauer ist nämlich keine Frau derÜbertreibungen, sondern eine, diesich auch vor schmerzhaften Feststel-lungen nicht scheut. Sie drückte sichnicht vor der Erkenntnis, dass auchihr Land auf einen „exorbitanten Leh-rermangel“ zusteuere. Die Abschaf-fung des achtjährigen Abiturs ist in ei-nem Land wie in Nordrhein-Westfa-len eine Herkulesaufgabe, die Gebau-er gleich zu Beginn ihrer Amtszeit inAngriff nahm. Damit sind Kosten inHöhe von mehr als 600 MillionenEuro bis zum Jahr 2026 für zusätzli-che Lehrer und Schulräume verbun-den.

Gebauer ist eine echte Rheinlände-rin und wurde am 2. August 1966 inKöln geboren. Nach ihrem Abiturmachte sie eine Ausbildung zurRechtsanwaltsfachangestellten. Von2004 bis 2012 hat sie eine Firma fürImmobiliendienstleistungen geführt.Dem nordrhein-westfälischen Land-tag gehört sie seit 2012 an, war dannschulpolitische Sprecherin der FDPund wurde im Jahr 2017 Ministerinfür Schule und Bildung im KabinettLaschet. HEIKE SCHMOLL

Die Sterblichkeitsrate

Ausgleich für KirchenVon Daniel Deckers

Die Krisen und Konflikte, die noch im De-zember die Schlagzeilen beherrscht undviele Menschen mit Sorge erfüllt hatten,sind nicht verschwunden – und auchnicht gelöst. Aber sie sind so weit in denHintergrund getreten, dass sie öffentlichkaum noch wahrgenommen werden.Wird heute noch über die Tötung des ira-nischen Generals Soleimani geredet?Was zum Fanal eines neuen regionalenFlächenbrandes erklärt wurde, liegt nochkeine elf Wochen zurück, aber schonnicht mehr im Kegel öffentlicher Auf-merksamkeit und Betrachtung. Dafürsind andere Dinge in den Vordergrund ge-treten, mit ungeheurer, beispielloserMacht, Wucht und Konsequenz.

Hätte vor dem Jahreswechsel jemanddarauf gewettet, dass ein neuartiges Vi-rus zu einer Pandemie führen würde, inderen Gefolge es zu Rezession, Börsen-crash, Grenzschließungen, Einreiseverbo-ten, faktisch zur Stilllegung ganzer Land-striche und Länder käme, er wäre stein-reich geworden. Wer außer einigen Fach-leuten hatte schon zum Jahreswechsel,als sich die Prognosen für 2020 mit demBrexit und der amerikanischen Präsiden-tenwahl beschäftigten, etwas von einemErreger namens Corona gehört? DessenVerbreitung aber hat jetzt, Mitte März,globale, regionale, nationale und lokaleFolgen, wie die meisten Bürger sie nochnicht erlebt haben. Corona – das fällt indie Kategorie der „Weisheiten“ DonaldRumsfelds, von denen eine lautete, es

gebe Dinge, „von denen wir nicht wissen,dass wir sie nicht wissen“. Dieses Unbe-kannte ist über uns hereingebrochen.

Die Politik reagiert auf diese neuarti-ge, „außergewöhnliche“ Situation mit au-ßergewöhnlichen Maßnahmen; das sagtsie jedenfalls. Vieles kommt auf den Prüf-stand, ob es der deutsche Föderalismus

ist, das italienische Gesundheitssystemoder ganz generell die Adaptionsfähig-keit sozialer sowie die Reaktionsge-schwindigkeit politischer Systeme. Daskommunistisch regierte China, wo das Vi-rus zuerst auftrat, reagierte zunächst mitVerschleierung und Realitätsverweige-rung. Als das Problem außer Kontrollezu geraten schien, folgten beispiellosdrastische Eingriffe in das öffentliche Le-ben und in das Wirtschaftsgeschehen.Die Weltgesundheitsorganisation lobtedie chinesische Führung dafür. Die schüt-telt aufkommende Autoritätszweifel abund erklärt sich daraufhin prompt zumSieger in einem angeblichen Wettkampfder Systeme. Das ist mindestens selbstge-recht und angesichts der Verdrängung inder Anfangszeit wohlfeil, zumal die Kri-

se noch nicht überwunden ist. Allenfallsderen erste Welle wurde eingedämmt.

Auch die demokratischen Länder ha-ben sich dazu entschlossen, Dramatischeszu tun und ihren Bürgern zuzumuten. Die-sen Staaten kommt zugute, dass sie in derRegel über leistungsfähige, funktionieren-de Gesundheitssysteme verfügen. Sie be-mühen sich um Transparenz, weil es rich-tig ist und weil diese eine Schlüsselres-source guten Regierens ist.

Nach „9/11“ wurde viel darüber speku-liert, wie gravierend und nachhaltig dieFolgen des Epochenereignisses sein wür-den und ob, zum Beispiel, aus taktischerZusammenarbeit strategische Allianzenwerden könnten. Das war eher nicht derFall. Dschihadismus und islamistischenTerrorismus gibt es noch immer, wenn esauch zu sogenannten strategischen An-schlägen nicht mehr gekommen ist. Erstjetzt geht für die Vereinigten Staaten ihr„längster Krieg“, der in Afghanistan, lang-sam zu Ende. Der Abzug der amerikani-schen Soldaten als Ergebnis der Überein-kunft mit den Taliban sagt allerdingsnichts darüber aus, ob dem Land am Hin-dukusch eine halbwegs glückliche Zu-kunft beschieden sein wird und ob nichteines Tages doch wieder Unheil von dortdroht.

Ein klares Urteil darüber, wie weitrei-chend die weltpolitischen Verwerfungender Corona-Krise (auf Dauer) sein wer-den, kann man zum gegenwärtigen Zeit-punkt nicht fällen. Auch die Folgen für

die Weltwirtschaft, genauer: für die globa-lisierte Weltwirtschaft lassen sich ehernur erahnen. In Form unterbrochener Lie-ferketten, suspendierter Verkehrsverbin-dungen und einbrechender Tourismuszah-len hat man die Kehrseite gegenseitigerAbhängigkeiten kennengelernt. Interde-pendenz kann in der Krise eine teure An-gelegenheit sein. Unternehmen, dieschon vor der Krise über die Repatriie-rung ihrer Produktion nachgedacht ha-ben, werden das nun forcieren. Was selbst-verständlich nicht heißt, dass die Globali-sierung ausliefe und der „Heimatmarkt“wieder im Zentrum stünde; von Autarkie,einem Hirngespinst, nicht zu reden. Dochglobale Vernetzung hat eben auch dunk-lere Seiten. Um diese zu beherrschen, istinternationale Kooperation nicht nursinnvoll, sondern zwingend geboten.

Apropos: Im Schatten der Corona-Kri-se, auch als Folge davon, ist ein knüppel-harter Ölpreiskrieg ausgebrochen. Haupt-akteur ist Saudi-Arabien, das aus Verärge-rung über Russlands Weigerung, die Ölför-derung zu drosseln, zum Angriff bläst:Das Königreich senkt den Preis und willseine Fördermenge drastisch erhöhen. Esist klar, dass bei niedrigen Exporterlöseneinige Produzenten und Förderländernicht mehr mithalten können und vomMarkt verschwinden werden. Vordergrün-dig ist ein niedriger Ölpreis für Verbrau-cher eine gute Sache. Tatsächlich ist das,was sich in diesem Teil des Energiesektorsabspielt, ein böser Kollateralschaden derKrise.

Yvonne GEBAUER Foto dpa

Die große KriseDie dunkleren Seiten der globalen Vernetzung werden sichtbar / Von Klaus-Dieter Frankenberger

Keine Frau derÜbertreibungen

Die Zahlen zur Corona-Epidemie sindaus vielen Gründen unsicher.

Von Joachim Müller-Jung

Themen, die noch vorkurzem die Schlagzeilenbeherrschten, werden nunüberschattet.

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Page 9: Frankfurter Allgemeine Zeitung - 14 03 2020

FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG SAMSTAG, 14. MÄRZ 2020 · NR. 63 · SEITE 9Feuilleton

Trevor Phillips, eines von zehnKindern von Einwanderernaus Guyana, bekämpft seit Stu-

dententagen Rassismus in jeder Form.Suzanne Moore ist eine feministischeJournalistin, die zu Solidarität gegendas Patriarchat aufruft. In der verque-ren Welt der Identitätspolitik drohtPhillips nun der Ausschluss aus der La-bour Party, weil Personen, die ihreAnonymität wahren, ihm Islamopho-bie vorwerfen. Beim „Guardian“ wirdunterdes ein Aufstand gegen SuzanneMoore angezettelt, weil sie darauf be-harrt, das weibliche Geschlecht seieine biologische Klassifizierung, nichtein Gefühl. Fast 338 Mitarbeiter des„Guardian“ unterzeichneten einenBrief, der beklagt, die wiederholte Ver-öffentlichung von Artikeln „transpho-ben Inhalts“ behindere die Arbeit undpositioniere die Zeitung als feindlichgegen Trans-Rechte und Trans-Ange-stellte. Der „Tropfen, der das Fass zumÜberlaufen brachte“, war eine Kolum-ne von Suzanne Moore, die die Ausla-dung der als transfeindlich beschimpf-ten Oxforder Professorin Selina Toddals Rednerin bei einem Frauenfestivalin Oxford tadelte. Todds Verbrechenist es, an der Definition von Männernund Frauen nach ihrem biologischenGeschlecht festzuhalten. Die auf Frau-engeschichte spezialisierte Akademi-kerin gehört der Organisation „Wo-mans Place UK“ an, die zum Schutzvon Frauen getrennte Einrichtungenund Dienstleistungen fordert. Wegender Unterscheidung von Trans-Rech-ten und Frauenrechten wird diese als„trans-ausschließende Hass-Gruppe“gescholten. Militante Transaktivistenagitierten so heftig gegen Todd, dasssie auf Weisung der Universität vonLeibwächtern zu ihren Vorlesungen be-gleitet werden muss. Gegen TrevorPhillips führt die Labour Party die De-finition der Islamophobie als gegen„Muslimität“ (Muslimness) gerichte-ten Rassismus ins Feld. Phillips stelltdiese Definition in Frage, weil sie denGlauben mit den Menschen verschmel-ze. In der „Times“ fasste er seine Argu-mente zusammen: Der Islam gehörekeiner ethnischen Gruppe an, Musli-me seien keine Rasse, und das Kon-zept der „Muslimität“ unterstelle, alleAnhänger seien sich über Doktrin,Kleidung und Benehmen einig. Darinsieht Phillips das „extrem-linke Äqui-valent des rassistischen Klischees ,Siesehen alle gleich aus‘“. Die Ironie da-bei ist, dass Phillips, der hohes Anse-hen als Vorsitzender der Kommissionfür Rassengleichheit und Menschen-rechte erlangte, den Begriff Islamo-phobie in den neunziger Jahren geläu-fig machte in einem Plädoyer für Multi-kulturalismus, von dem er sich inzwi-schen distanzierte. Die Unfähigkeitder Labour Party, Antisemitismus-Vor-würfe in ihren eigenen Reihen in An-griff zu nehmen, macht ihr Vorgehengegen Phillips umso bedenklicher. DieIdeologen zensieren lieber, als sich ei-ner Debatte zu stellen.

Transphobisch?Von Gina Thomas

Wer je vor Rembrandts großfor-matigem „Hundertgulden-blatt“ und anderen seinermeisterlichen Radierungen

stand, der kam aus dem Staunen nicht her-aus, wie scheinbar endlos viele Nuancender Niederländer dieser simplen Technikdes Ritzens in eine Metallplatte abgerun-gen hat.

Dieses Wunder eines Impressionismusohne Farbe, nur im Schwarzweiß der Ra-dierung, beginnt aber nicht mit Rem-brandt. Es startet fast zweihundert Jahrevor dem „Hundertguldenblatt“ von 1647.Ein langer Weg war es bis zu diesem Gipfelmit vielen, auch fehlgeschlagenen Experi-menten. Die Wiener Albertina zeigt ihn,begleitet von einem exzellenten Katalog,der das Zeug zum Standardwerk hat, dar-über hinaus mit vielen Leihgaben geradeauch aus dem Metropolitan Museum inNew York, wo die Ausstellung zur Frühge-schichte dieser besonderen Technik ihrenAusgangspunkt nahm. Anders als in derNeuen Welt aber, wo die Ausstellung völligsinnwidrig als „The Renaissance of Et-ching“ betitelt war, weil sich eben das italie-nisch-modern klingende Rinascimento bes-ser verkauft als das Spätmittelalter, ausdem die Ersterfindung dieser genialenTechnik tatsächlich stammt.

Plötzlich war es möglich, die gestischeFreiheit einer Zeichnung in einer Repro-duktionstechnik in Metall umzusetzen.Statt einer Woche wie beim älteren, mühse-ligen Kupferstich, bei dem die Künstler-hand nicht frei agieren kann, sondern dieKupferplatte den Linien hinterhergedrehtwerden muss, dauerte die Radierung einerFigur nur noch einen halben Tag.

Heute gilt als erste bewahrte Radierungdas Blatt „Christus als Schmerzensmann“,um 1500 entstanden, von Daniel Hopfer.Dessen „Tod und Teufel überraschen zweiFrauen“ um 1510 ist dann schon perfekt.Einer edel gewandeten Dame mit massiverGoldkette um den Hals und zahlreichenParfumflakons vor ihr wird von einer Zofeein Konkavspiegel gereicht. Bei derartselbstverliebtem Verhalten lässt die Strafeim mittelalterlichen Verständnis, dass derTod keinen Stand verschont, nicht langeauf sich warten: Ein schauderhaft würmer-zerfressenes Gerippe in zerfetzten Lum-pen hält hinter der Edeldame einen Schä-del und eine ablaufende Sanduhr hoch, diesie vermutlich im nächsten Moment imSpiegel erblicken wird. Schlimmer noch:Nicht nur der Tod ist ihr gewiss, vielmehrauch die Verdammnis für ihre Superbia,die ihr in Gestalt des Teufels mit schlappoh-rigem Hundekopf auf dem Leib und weite-ren animalischen Körperauswüchsen wieHühnerbeinen und Stachelschweinantei-len in denkbar abstoßendster Form droht.Diese Abfolge völlig unterschiedlicher Hap-tiken von Stoffen wie edler Seide, alterLumpen und haarigen Fells und glatterKrallen bei gleichzeitig großer Bewegtheitwäre unmöglich in einem Holzschnitt oderKupferstich einzufangen gewesen.

Was allerdings auch bei Hopfers radier-tem Totentanz auffällt, sind mehrere Fle-cken in der Wolkenzone links oben —nichts anderes als mitgedruckter Rost ausEisenoxid, der binnen weniger Tage aufden Ferrumplatten entsteht. Es war ein frü-her Synergieeffekt der Globalisierung fürdie Künstler, dass mit der europäischenEntdeckung der Neuen Welt 1492 auch dieSalpetersäure in die Alte kam. Fortan konn-te in Kupferplatten radiert werden, unddas Problem der Rostflecken war gelöst.

Dass dennoch einige Künstler nachweis-lich bis um 1540 an der altvertrauten Eisen-platte festhalten, wird dem Beharren aufliebgewonnenen Traditionen geschuldetsein.

Wie kam man auf diese revolutionäreIdee? Die plausibelste Erklärung nimmtdie Lokalisierung der frühesten bekanntenRadierungen im süddeutschen Raum umAugsburg und Nürnberg ernst. Beides sinddie damaligen Zentren der Plattnerei, auf-wendigster Rüstungen für Pferd und Reiter,die zudem über und über mit figürlichenSzenen und Ornamenten graviert werden.Irgendwann muss einer dieser Künstlerden Abdruck dieser gravierten Eisenplat-ten mit Farbe auf Papier ausprobiert ha-ben. Die frühen Radierer Daniel Hopfer,Urs Graf und Hans Burgkmair jedenfallsstammen aus Familien, die sich seit lan-gem der Herstellung reich gravierter Rüs-tungen widmeten oder wie Graf selbstSöldner waren, und liegen noch vor Dürer,der nur von 1515 bis 1518 radiert.

Was die Radierung zusätzlich nochkann, zeigt sich bei Albrecht Altdorfer:Dessen „Kleine Fichte“ von 1520 auf ei-nem Erdhügel vor dem Hintergrund einerStadt mit Burganlage und Brücke wirkt mitihren zarten Farben wie eine feine Aqua-rellzeichnung. Man muss schon sehr genauhinsehen, um zu erkennen, dass es sich umeine Radierung handelt, deren Flächen Alt-dorfer mit dem Pinsel ausgemalt hat. Auchwenn sich wegen der grundsätzlichen Fra-gilität von Papier nur sehr wenige Exempla-re dieser besonderen Mischtechnik erhal-ten haben — theoretisch wäre es dem unge-heuer gefragten Künstler aus Regensburgso möglich gewesen, relativ große Stück-zahlen zu drucken und rasch auszutuschen.Dennoch bewahren sie den Nimbus derEinmaligkeit, ist doch jedes der handkolo-rierten Exemplare ein Unikat und wurdeauch als solches geschätzt und gehandelt.

In der Albertina lässt sich anhand gleichmehrerer erhaltener kolorierter Radierun-gen erkennen, wie Altdorfer sich dabeiständig Variationen der Ausmalung einfal-len lässt und wie sorgfältig er jeweils dieFarbwahl trifft, wenn etwa das Grün der„Kleinen Fichte“ an den Spitzen fast un-merklich in ein Gelbgrün übergeht oder erfür die Dächer der Stadt im Hintergrundein leicht dunklereres Ziegelrot nutzt alsfür die Ziegelmauern darunter. Diese Zwit-ter aus Druck und Handmalerei entstehenin einer Zeit, in der auch siebzig Jahrenach Erfindung des Buchdrucks mit beweg-ten Lettern die gedruckten Bücher teilwei-se noch mit handgemalten Bildern verse-hen werden. Die Miniaturmaler des ausge-henden fünfzehnten und des beginnendensechzehnten Jahrhunderts stehen buch-stäblich unter Druck, weil die neue Repro-duktionstechnik auch in der Bildvervielfäl-tigung wesentlich günstiger ist. Dabei wares in dieser Zeit kein schlagendes Argu-ment, mit dem Unikatsstatus und einemAuraverlust gegen die massenhaft gedruck-ten Bilder anzukämpfen — Dürer beispiels-weise äußert sich in einem ästhetischen Ex-kurs für sein geplantes Künstlerbuch un-missverständlich: Auch beim Druck,schreibt er, ist nicht einer wie der andere.Es gibt keine wertgeminderte Kopie, nurOriginale.

Diese zeichnerisch-malerischen Effektevon Radierung werden insbesondere vonitalienischen und französischen Künstlernausgelotet, wie zwei eigens diesen Länderngewidmete Säle belegen. Eine der erstaun-lichsten Bildfindungen ist im Umkreis der

sogenannten „Schule von Fontainebleau“die „Menschenpyramide“ aus der Zeit um1545, die auf Händescheidungsebene demKünstlerphantom „Juste de Juste“ zuge-schrieben wird, dessen idiosynkratischerName bereits anzeigt, dass dieser aus demMonogramm unter einer anderen Radie-rung mehr oder weniger „gewürfelt“ wur-de. Sehnige und wie gehäutete Gliedermän-ner stapeln sich bei den insgesamt siebzehnAkrobaten-Blättern des Juste de Juste nachoben, sie stehen sich auf dem Kopf oder rei-chen mit der Ferse in den Mund des Neben-und Untermanns; das Ganze wirkt labilund surreal wie ein unleserliches Figurenal-phabet, was wiederum eine Spezialität Da-niel Hopfers war, der die verschiedenstenantiken Majuskel- und spätgotischen Ran-ken-Alphabete mit sichtlicher Freude amAbsurd-Figürlichen durchspielte, indem erden Lettern komische Körper verlieh.

Dalí könnte den französischen Lands-mann in Paris für sein Bild „Weiche Kon-struktion mit gekochten Bohnen (Vorah-nung des Bürgerkriegs)“ von 1936 gesehenhaben, so bizarr springen die Körper malweicher, mal härter vor und zurück. Das al-lerdings sagt nur etwas über die Qualitätdieser Technik von um 1500, die Künstlerbis heute gerne einsetzen und nutzen.

Die frühe Radierung. Von Dürer bis Bruegel.

In der Albertina, Wien; momentan wegen

Corona ausgesetzt, voraussichtlich ab 3. Aprilwieder geöffnet. Der Katalog kostet 49,90 Euro.

Bewegt ausradiert: Daniel Hopfers „Tod und Teufel überraschen zwei Frauen“. Fotos Metropolitan Museum of Art

Die Corona-Krise hat uns alle zu Zah-lenjunkies gemacht. Wie entwickelnsich die Fallzahlen? Gibt es neue To-desfälle? Wie hoch ist der Fall-Ver-storbenen-Anteil? Wie hängt er vomAlter der Patienten ab? Zahlen besit-zen in ihrer Nüchternheit eine grund-sätzlich positive psychologische Wir-kung, sie vermitteln das Gefühl, dassman sich ein objektives Bild machenkann, dass man die von emotionalerVerschleierung freien Fakten kennt.In den sozialen Medien wimmelt esvon selbstgemachten Tabellen undGraphen, in denen Daten verschiede-ner Länder verglichen werden, umdaraus versteckte Gesetzmäßigkeitenoder Prognosen abzuleiten.

Solche Versuche sind naheliegend,genau wie die Sehnsucht, die unüber-sichtliche Situation in Zahlen zu fas-sen, sie damit – frei nach Musil – zu ei-nem technischen Problem zu ma-chen, für dessen Handhabung es nor-mierte Methoden und Ansätze gibt.Und gleichzeitig zeigt sich dieserTage die zentrale Wichtigkeit einerGrundeinsicht der Wissenschaftsphi-losophie. Einfach ausgedrückt: dassman meist sehr viel mehr wissen undkennen muss als nur die bloßen Zah-lenwerte, um mit denen wirklich et-was anfangen zu können. Technischformuliert, steckt dahinter die Unter-scheidung zwischen Daten und Phä-nomenen: Daten, Messwerte also,sind menschgemacht, die Phänome-ne sind es nicht. Was wir haben, sinddie Daten, was uns eigentlich interes-siert, sind die Phänomene. Beidesmuss nicht sehr nah beieinanderlie-gen.

Deutlich wird dies beispielsweisebei den Fallzahlen. Dass diese nichtmit der Zahl der tatsächlich Infizier-ten identisch sind, ist hier relativ of-fensichtlich. Die Zahl der bestätigtenFälle hängt schließlich von der Zahlder durchgeführten Tests ab, die wie-derum von der Verfügbarkeit vonTests und den Kriterien abhängt, un-ter welchen Umständen ein Ver-dachtsfall überhaupt getestet wird.Man muss die Zahlen anders einschät-zen wenn unter einer Million Einwoh-nern Tausende Menschen getestetwurden (wie in Südkorea), als wenndies unter einer Million nur bei eini-gen Dutzend der Fall ist (wie in denVereinigten Staaten, Stand 10. März).

In Deutschland gibt es pro Tageine Testkapazität von rund 12 000,so verlautete am Dienstag die Kassen-ärztliche Bundesvereinigung, dergrößte Teil der Tests fällt derzeitnoch negativ aus. Das kann als einAnhaltspunkt dafür gesehen werden,dass die Untererfassung Infizierter inDeutschland noch moderat ist. InLändern wie den Vereinigten Staa-ten, in denen das anders zu seinscheint, kann man anhand einfacherAbschätzungen versuchen, sich einenEindruck vom Ausmaß des Abwei-chens der Zahl tatsächlicher Fällevon derjenigen der positiv Getestetenzu verschaffen. So veröffentlichte derAutor Tomas Pueyo am vergangenenDienstag auf der englischsprachigenOnline-Plattform Medium zwei einfa-che Strategien, wie zum einen auf derGrundlage der Anzahl von Todesfäl-len und zum anderen anhand der Test-ergebnisse der Gruppe der Reisendendie tatsächliche Anzahl Infizierter ineinem Land abgeschätzt werdenkann. Seinen Schätzungen zufolgeläge beispielsweise die Zahl Infizier-ter in Frankreich – er geht von 1400bestätigten Fällen und 30 Toten aus –tatsächlich bei mehr als 24 000. Diebislang deutlich geringere Zahl vonToten in Deutschland bei etwas höhe-rer Anzahl positiv Getesteter weist be-reits darauf hin, dass die Infektions-situationen in Deutschland undFrankreich trotz ähnlicher Fallzahlennicht äquivalent zu sein scheinen.

Wissenschaftler müssen sich abernicht mit derartigen Grobabschätzun-gen begnügen. Für den Fall, dass dieAussagekraft der Fallzahlen in Zwei-fel zu ziehen ist, wurden bereits er-heblich komplexere Methoden entwi-ckelt, um die wirkliche Zahl zu ermit-teln. Das Robert-Koch-Institut bei-spielsweise hat im Bedarfsfall ein Mo-dell zur Verfügung, das von Wissen-schaftlern um Matthias an der Hei-den anhand von Grippeinfektionenund Daten des deutschen Sentinelsys-tems für Influenza erarbeitet wurdeund dann auch für Covid-19-Erkran-kungen genutzt werden soll.

Es ist eine der zentralen Aufgabenvon Wissenschaftlern, aus empiri-schen Daten Aussagen (und nicht zu-letzt deren Unsicherheiten) über diePhänomene abzuleiten – über dasalso, was unabhängig vom kontingen-ten Prozess der Datenaufnahme Gel-tung besitzt. Das erfordert Training,Erfahrung, ein Verständnis von Statis-tik. Es ist in unübersichtlichen Situa-tionen gut, sich an Zahlen statt anEmotionen zu orientieren, aber Zah-lenwerte sind oft trügerisch: Sie ver-stecken ihren Kontext. Wenn wir unsheute anhand von Zahlen ein Bild vonder aktuellen Situation zu machen ver-suchen, dürfen wir dies nie aus demBlick verlieren. SIBYLLE ANDERL

Erfinden des Radierens aus dem Sattel

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KomplexeZahlenWarum Corona-DatenKontext brauchen

Ohne Albrecht Dürerund Daniel Hopferwäre Rembrandt nieder Meisterradierergeworden, der er füruns heute noch ist.Die Albertina in Wienerzählt die Geschichteeiner revolutionärenVervielfältigungs-technik neu.

Von Stefan Trinks, Wien

„Menschenpyramide“, dem Künstlerphan-tom „Juste de Juste“ zugeschrieben.

Gestochen scharf: Albrecht Altdorfers„Kleine Fichte“, um 1520 Fotos Albertina, Wien

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Page 10: Frankfurter Allgemeine Zeitung - 14 03 2020

SEITE 10 · SAMSTAG, 14. MÄRZ 2020 · NR. 63 FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNGLiteratur und Sachbuch

Es gibt Bücher, die wollen lang-sam gelesen werden, mancheauch in Schleifen, andere wie-derum treiben zur Eile. „Oreo“

ist ein Buch, das sich am besten in einemRutsch liest, zügig, aber nicht zu schnell.Und dann noch einmal in Schleifen. Weiles einen Groove und eine innere Span-nung hat, die sich erst auf der ganzen Stre-cke mitteilen, eine erzählerische Zwangs-läufigkeit (und unter vielen anderen aucheine parodistische klassische Sagen-referenz), die in den sprunghaft aneinan-dergehefteten Kapiteln und kurzen über-bordenden Sequenzen, Sketchen fast undkuriosen Vorkommnissen, unterzugehendroht, wenn diese isoliert gelesen wer-den. Also los! Es ist lustig. Sehr lustig so-gar, irrwitzig, albern, zum Staunen, Ap-plaudieren, Luftanhalten. Und das zwei-te, das Schleifenlesen, empfiehlt sich, da-mit man nichts verpasst. Denn es gibtkein zweites Buch wie dieses. Nicht ein-mal ein zweites von Fran Ross.

Oreo, so genannt nach dem Keks, deraußen schwarz und innen weiß ist, ist einrassistisches Schimpfwort für kulturelleHybride. Und was ist Oreo, die eigentlichChristine heißt, Tochter einer Schwarzenund eines weißen Juden aus Philadel-phia, anderes als dies? „Oreo“ feiert das.Dieses Buch ist ein einziger Jubel überdie Tatsache, dass Reinheit ein Konzeptvon vorgestern ist und alle vermischtenSchattierungen von Hautfarben und kul-turellen Prägungen und Aneignungen einGrund zum Feiern sind. Die Geschichte,in der davon erzählt wird, ist die einer Su-che. Denn Oreos Vater hat die Familiefrüh verlassen, nicht ohne seiner Tochterein Geheimnis zu hinterlassen, das sienur lösen kann, wenn sie ihn findet. Alsomacht sie sich, kaum sechzehnjährig, vonPhiladelphia aus auf den Weg nach NewYork auf Vatersuche. Die Mutter ist übri-gens auch anderswo unterwegs. Es ist dieGroßmutter, bei der Oreo aufwächst,Louise, eine phantastische Köchin, derenRezepte die Autorin großzügig mit ihrerLeserschaft teilt.

Die Sage, die hier satirisch variiertwird, ist natürlich die von Theseus.Wobei Theseus hier eben Oreo ist,jüdisch, schwarz, weiblich, eine Super-heldin der Sprache, des Witzes, derCleverness und auch des Kampfsports,bewaffnet einzig mit einem künstlichenJungfernhäutchen aus Elasticium, andem alle Angreifer abprallen. Am Endegibt ein Abschnitt über „Die Figurenund ihre Darsteller“ alles darüber preis,was mehr ist als Anspielung unddeutlich weniger als eine Hommage.

Das klingt nach einer gradlinigenGeschichte, ist es aber nicht, weil FranRoss, die dieses wahnsinnige Buch 1974geschrieben hat und leider viel zu frühstarb, so dass dies ihr einziges und nochdazu damals völlig erfolglos blieb, viel zugroße Lust an der Sprache hat und daran,herumzuprobieren, wie jiddischer undschwarzer Slang und Phantasiespracheund einfach durchgeknalltes Wortgetüm-mel sich auf der Seite zueinander verhal-ten. Das klingt dann so:

„Nach einiger Zeit drehte sie sich zuOreo und Jimmie C. und sagte: ,Mein Ka-ter ist ein Weichei.‘ Jimmie C. hatte gera-de mal wieder die Finger in den Ohren,verstand von Mrs. Dockerys einfachemHauptsatz nur: ,Kataweichei‘ und war ent-zückt. Sofort erklärte er den wunderschö-nen neuen Ausdruck zum Stammwort sei-ner neuen Wortstammsprache. ,Tscha-ki-ki-wah, kataweichei‘ singsangelte er künf-tig Fremden geheimnisvoll entgegen.,Fick-fack-Läusekack!‘ Mit den Jahrenlernte Oreo den Wert von Jimmie C.s

Tscha-ki-ki-wah-Idiom zu schätzen. Eswar ebenso gut zu gebrauchen wieschwarzer Slang. Wenn zum Beispiel ir-gendwelche Ladenbesitzer in ihr Jiddischoder Italienisch verfielen, ließ sich damitgut kontern: ,Apropos Muttersprache –versuchen Sie mal rauszukriegen, SieMutter, was das bedeutet. Wenn Sie aufein Wort kommen, drehen wir’s so langedurch die Mangel, bis es was anderes be-deutet.“

Womit klar ist, dies ist ein Romanauch über die Sprache ist. Ebenfallsklar ist, dass Pieke Biermann ein Wun-der der Übersetzungskunst vollbrachthat. Vollkommen verdient hat sie dafüram Donnerstag den Preis für die besteÜbersetzung der Leipziger Buchmesseerhalten. Wer hätte gedacht, dass diedeutsche Sprache folgende Bezeichnun-gen für das männliche Geschlecht parathat: „Als eingefleischte Schritt-Kundle-rin hatte sie einmal eine Liste von Sport-lertypen mit den Rubriken ,Kapaune‘und ,Küken‘ angelegt. Die Kapaune (zu-meist Großwildjäger und Kegler) wa-ren Männer, deren Horn mit einem derfolgenden (oder ähnlichen) Begriffenbezeichnet werden kann: Pimmel,Schwanz, Specht, Ding, Pillermänn-chen, Rute, Gehänge, Schmendrick,Potz, Schock. Die Küken (Turner,Schwimmer) glänzten mit einem derfolgenden: Dödel, Schwengel, Stange,Prügel, Bohrer. (. . .) Kirks Hengst dage-gen war von anderem Kaliber, er hätteglatt einen Zeppelin als Kondom neh-men können.“

Abgesehen von dem Wortwitz, derüberschnappenden Kreativität im Um-gang mit tradierten Erzählungen undErzählformen ist dieses Buch vor allem ei-nes: der Beleg dafür, dass die Vorstellung,

amerikanische „schwarze“ Literaturhabe nur eine Traditionslinie, nämlichdie Slave Narratives, und handele des-halb auf eine oder andere Weise (ge-spickt mit Bibelzitaten und Riffs auf denBlues) immer von Sklaverei und Unter-drückung, entschieden unterbelichtet ist.Was natürlich damit zusammenhängt,dass dieses Buch (und andere, die viel-leicht noch auftauchen) bisher von einemgrößeren Publikum nicht zur Kenntnis ge-nommen wurde. In den Vereinigten Staa-ten nicht, wo es bis zur Jahrtausendwen-de eine Art Untergrunddasein führte und2015 „wiederentdeckt“, das heißt, wiederaufgelegt wurde und Begeisterungsstür-me entfachte, und in Deutschland auchnicht, wo es zum ersten Mal erscheint,und zwar im selben Verlag, der auch fürdie Renaissance von James Baldwin inDeutschland gesorgt hat.

Es ist die urbane, total vermischte Sati-re jenseits aller Identitätsklischees (dielustvoll auseinandergenommen wer-den), die hier so verspätet zu entdecken

ist. Danzy Senna schreibt in ihrem Vor-wort zur amerikanischen Ausgabe, alssie „Oreo“ zum ersten Mal in den Neunzi-gern als Teil einer jungen Künstlergene-ration in Brooklyn gelesen habe, sei eswie ein Traum aus der Zukunft zu ihnengekommen, die allesamt „eine Schattie-rung von Schwarz waren, die aus dem Zu-sammenprall verschiedenartiger Symbo-le und Signifikanten geformt war. Dawar nichts Authentisches an uns“ – und„Oreo“ eine willkommene Erweiterungdes schwarzen Kanons. Und Max Czol-lek schreibt in seinem Nachwort zur deut-schen Ausgabe, Fran Ross habe auch diejüdische Literaturgeschichte einen gro-ßen Schritt vorangebracht. Gibt es einbesseres Argument, sofort mit dem Le-sen anzufangen? VERENA LUEKEN

Fran Ross: „Oreo“. Roman.

Aus dem amerikanischenEnglisch und mitAnmerkungen von PiekeBiermann. Mit einemNachwort von Max Czollek.Dtv, München 2019. 287 S.,22,– €.

Falls Totgesagte wirklich länger leben,braucht man sich um die Demokratie kei-ne Sorgen zu machen. Denn das Aufkom-men des Populismus bietet nur das jüngsteUntergangsszenario in einer langen Reihevon Selbstanklagen. Schon in der im Nach-hinein harmlosen Zeit des Kalten Krieges,als Jean-François Revel 1983 in „So endendie Demokratien“ die demokratische Sorg-losigkeit gegenüber ihren totalitären Tod-feinden beklagte, ging es um die Vermeid-barkeit des Niedergangs, also um die span-nungsreiche Gemütslage, die Demokratieeinerseits für so stark zu halten, dass siesich nur selbst besiegen kann, einen sol-chen politischen Selbstmord andererseitsaber auch stets vor sich zu sehen.

David Runciman, Professor für Politik-wissenschaft an der Universität Cam-bridge, hat bereits 2013 in seinem Buch„The Confidence Trap“ diese Konstella-tion an sieben Stationen seit dem Endedes Ersten Weltkriegs nachgewiesen.Und er hat dabei instruktiv gezeigt, dassgerade das erfolgreiche Krisenmanage-ment von Demokratien in die gefährlicheVertrauensfalle führt, zu glauben, in je-der Krise sei ein Durchmogeln möglich.Sein neues Buch knüpft hier an und pro-blematisiert, dass die heutigen Demokra-tien zu stark auf historisch bekannte An-zeichen des Scheiterns fixiert seien unddadurch neuartige Gefährdungen überse-hen könnten. Der Preis für historischesBewusstsein wäre demnach Blindheit fürdie Gegenwart.

Runciman glaubt nicht, dass die dreißi-ger Jahre des zwanzigsten Jahrhundertssich wiederholen könnten, und zwar des-halb nicht, weil die westlichen Gesell-schaften der Gegenwart „zu reich, zu alt,zu vernetzt“ und zu konzentriert auf diehistorischen Fehler seien. Vom Ende derDemokratie aus neuartigen Gründen wür-den wir daher überrascht.

Um diesem Schicksal zu entgehen, re-konstruiert Runciman in drei Kapiteln dieLogik von Putschen, Katastrophen undtechnologischer Übernahme, bevor er dieFrage stellt, ob es etwas Besseres als diemoderne Demokratie gibt. Abschließendentwirft er das Zukunftsszenario, dass am20. Januar 2053 ein chinesisch-stämmigerPräsident der Vereinigten Staaten verei-digt werden wird, die Exekutivmacht desPräsidenten aber stark beschnitten wor-den und die Entscheidung über einenAtomwaffeneinsatz einem mehrköpfigenGremium vorbehalten ist.

Als Ausklang des Buches ist das unter-haltsam, aber sein durchgängiger Plauder-ton irritiert ebenso wie die weitschweifi-ge und oberflächliche Bezugnahme aufWeltmodelle und Untergangsszenarien,die häufiger der Belletristik als der Fachli-teratur entnommen werden. Das führt ne-ben stilistischen auch zu inhaltlichenFragwürdigkeiten, wie gleich im erstenSatz, in dem es heißt, immer sei klar gewe-sen, „dass die Demokratie irgendwannnur noch in Geschichtsbüchern zu fin-den“ sei, denn nichts währe ewig. Dabei

begleitet die Autokratie doch durchausdie gesamte Menschheitsgeschichte. WieRunciman darauf kommt, „eine ausge-sprochene Apokalypsemüdigkeit“ festzu-stellen, als gebe es nicht die Fridays forFuture, und den Vereinigten Staaten zu at-testieren, „nach allen historischenMaßstäben sicher keine zerrüttete Gesell-schaft“ zu sein, bleibt unerfindlich. Nochirritierender sind etwa die Charakterisie-rung des französischen Präsidenten als„Mischung aus de Gaulle, Ludwig XIV.und Zuckerberg“ sowie der Umgang mitdem Thema Verschwörungstheorien. Sobezeichnet Runciman einerseits Zweifelan dem Putschversuch in der Türkei imJuli 2016 als Verschwörungstheorie, umandererseits zu behaupten, die „hartnä-ckigsten Verschwörungstheoretiker“ ar-beiteten beim Staat, seien besser moti-viert als die Bürger, ihre Geheimnisse zuhüten, und spionierten „uns“ in einem„Überwachungsspiel“ aus. Und sicher istes nicht nur auf die jeweiligen politischenSysteme zurückzuführen, dass die Wohl-standsbilanz des autoritären China besserist als diejenige des demokratischen In-dien. Ein Weiteres tut eine stellenweiselieblose Übersetzung, die manchmal auchSinnentstellungen produziert.

Setzt man solche Ärgernisse beiseite,liest man Runcimans Buch aber mit eini-gem Gewinn. Das gilt zunächst für die Ge-lassenheit und Differenziertheit, mit derder Autor Problemlagen analysiert undhistorische Vergleiche anstellt. So refor-

muliert er die Einsicht Niklas Luhmanns,dass jegliche Reduktion von Komplexitätstets nur durch den Aufbau weiterer Kom-plexität möglich ist, Demokratien alsonicht einfach regredieren können. Über-haupt hält er die 1930er Jahre nicht fürden richtigen Vergleich mit der heutigenSituation, erst recht nicht in Ländern wieDeutschland, die diese historische Erfah-

rung reflektierten und mittlerweile in ei-ner unvergleichbaren ökonomischen undsoziodemographischen Lage seien. Undgerade in puncto populistischer Propagan-da sei das ausgehende neunzehnte Jahr-hundert der wichtigere Vergleichszeit-raum.

Runciman betont, dass Stabilität, Wohl-stand, Frieden und Fehlerfreundlichkeitso große Vorzüge demokratischer Syste-me seien, dass diese sogar in schwerenKrisen für ihre Bürger anderen Systemenvorzuziehen sind. „Keine Demokratie istje zu einer Militärregierung zurückge-kehrt, nachdem das Bruttoinlandspro-dukt pro Kopf über 8000 US-Dollar lag.“

Und dass heutige westliche Gesellschaf-ten an Dynamik verloren haben und jün-gere Generationen vom Erbe ihrer Elternund Großeltern zehren, bedinge deren sa-turierte Friedlichkeit, meint Runciman:„Ein langsames demographisches Ster-ben mag einer der Faktoren sein, die die-se Demokratie am Leben erhalten. Anstel-le eines explosiven Wandels tritt Entro-pie als Normalzustand der Politik.“

Runciman orakelt allerdings auch, dieDemokratie könne im 21. Jahrhundert„von der breit gestreuten Erfahrung politi-scher Wut zerrissen“ werden, zumal sienicht mehr ausgebaut, sondern nur mehrbewahrt werden könne. Dieser Verlustutopischen Innovationspotentials bietedem „Feuer populistischer FrustrationNahrung“ und leiste einer wärmendenIdentitätspolitik Vorschub. Runcimanhält es für eine regelrechte Dialektik desErfolgs der westlichen Demokratien, dasssie friedliche Gesellschaften hervorge-bracht haben, die keine Kollektiverfah-rungen mehr bieten, wie sie früher durchKriege entstanden sind, so dass der Popu-lismus in diese Lücke stoßen kann.

Konkret macht der Autor eine Hand-voll ernster Gefährdungen der Demokra-tie aus. Zunächst betont er unter Beru-fung auf den Juristen Bruce Ackerman,dass es in den Vereinigten Staaten im ver-gangenen halben Jahrhundert zu einersukzessiven Ausweitung der Exekutiv-macht gekommen und auch andernortsdie Gewaltenteilung bedroht sei. Techno-

logische Entwicklungen wie der Einsatzdes sogenannten Microtargeting, mit demWählerprofile genauestens erforscht undgezielte Einflussnahmen organisiert wer-den könnten, führten zu einer Verletzungdes demokratischen Prinzips des gleichenStimmengewichts. Das 21. Jahrhundertkönne zudem „als das goldene Zeitalterder Verschwörungstheorien erscheinen“,da diese nicht mehr nur etwas für Verlie-rer seien, sondern, zumal in den Vereinig-ten Staaten unter Trump, zu einem Regie-rungsinstrument avanciert seien und „Pa-ranoia auf allen Seiten“ förderten. Dazupasst es dann, dass sogar die demokrati-sche Selbstverständlichkeit, gegebenen-falls die eigene Minderheitenposition zuakzeptieren, in Frage gestellt wird.

Das Lieblingsfeindbild des Autors gibtaber Facebook ab. Mark Zuckerberg seigerade wegen seiner guten, durchausnicht antidemokratischen Absichten einegrößere Bedrohung für die amerikani-sche Demokratie als Donald Trump. Waser damit meint, erläutert Runciman amBeispiel Twitter: „Wir lynchen nieman-den mehr. Wir verbannen niemandenmehr. Außer auf Twitter.“ Das Netzwerkkomme damit der antiken Demokratieam nächsten: „wankelmütig, gewalttätigund ermächtigend“; und es sei sogar nochgefährlicher, weil seine destruktiven Zügenicht von räumlicher Nähe oder persönli-cher Bekanntschaft gebremst würden. Et-was Besseres als diese gefahrenvolle undgefährdete Demokratie sieht Runcimanaber nicht. KARSTEN FISCHER

Was für eine wunderbare Sprache! Einliterarischer Meister ist hier am Werk,der nicht nur perfekte Spannungsbögenbaut, die so luftig wirken, als entstün-den sie erst unter den Augen des Lesers,sondern der auch mit scheinbar leichterHand Sprachbilder skizziert, deren prä-zise Details sich sofort einprägen undderen Klang noch lange nachhallt.

In seinem ersten Roman „Der zerris-sene Brief“ erzählt Hanns Zischler dieerstaunliche Geschichte eines jungenMädchens aus einem fränkischen Dorf,das allein nach New York aufbricht, umder Enge seiner Heimat Treuchtlingenzu entfliehen – wo auch Zischler auf-wuchs. 1899 war diese Reise ein großesWagnis, noch dazu für eine alleinstehen-de junge Frau wie Pauline. Doch Max,der sie nicht nur auf diese Idee bringt,sondern auch entschieden für ihre Ver-wirklichung sorgt – hartnäckig sprichter von Neu York –, hat vorgesorgt: Er be-sorgt ihr das Hotel und eine Arbeitsstel-le im Botanischen Garten in der Bronx.Zurück kommt Pauline als eine Andere,und genau das wollte Max erreichen.

Mit großer Leichtigkeit und in einerhochemotionalen, passagenweise kunst-voll unterkühlten Sprache erzählt derRoman von einem geistigen Erwe-ckungserlebnis. Denn Max, der Reisen-de und Sammler, der Fotograf und Philo-soph, träumt von Pauline, in die er sichauf einem Dorfrummelplatz verliebt,als seiner Reisegefährtin – ein kühnerPlan und eine Zumutung, die das jungeMädchen zunächst hoffnungslos über-fordern. Als vierundachtzigjährige alteDame blättert Pauline das Archiv ihresLebens vor ihrer Ziehtochter Elsa auf(die wir in manchen Facetten schon ausder Erzählung „Das Mädchen mit denOrangenpapieren“, 2014, kennen). Ausdiesem Papierlabyrinth, den dicken Pa-

cken von Briefen, Reisejournalen undPhotos beginnt der Wind der Erinne-rung zu wehen und schwillt schnell zu ei-nem Sturm an, der Pauline um und umwirbelt. Denn Max, „mein Plusquamper-fekt“ nennt ihn Pauline schelmisch, warein schwieriger, obsessiver und in sei-nen letzten Jahren schwer melancholi-scher Mann. Sein „Raumhunger“ trieb

ihn bis zu den Vulkanen Kamtschatkasund an den Fluss Amur, der Russlandund China verbindet. Und wo immer erSchamanen fand, befragte er sie und stu-dierte ihre aufwendig gestalteten Mas-ken. Pauline haben diese Kunstwerketief beeindruckt, besonders eine Fuchs-maske, in der sie das Gesicht von Maxzu sehen glaubt.

Als intensiver, aufwühlender Dialogist dieser Roman erzählt, der durch dieJahre springt und den verschlungenen,willkürlichen Wegen der Erinnerungfolgt. Als Modell und sporadische Wege-karte dienen die Schmetterlingspapiere,die Biologiestudentin Elsa aus einem Pa-pierkorb der Zoologischen Sammlunggefischt hat: leere Papierbriefchen, dieaus allem gefaltet waren, was Sammlerauf Expeditionen eben zur Hand haben,Telegramme, Zeitungsausrisse, zer-schnittene Briefe, willkürlich herausge-rissene Romanseiten, auf die der For-scher Arnold Schultze winzige Daten ge-kritzelt hatte. Um die Überreste seiner

Sammlung handelt es sich hier, dieZischler in seiner Forschungs- undAbenteuergeschichte „Der Schmetter-lingskoffer“ (2010) beschrieben hat.

Elsas unglückliche Liebesgeschichte,wegen der sie ratsuchend zu Paulinekam, und deren Reise- und Liebesobses-sion beginnen sich wechselseitig zu er-hellen und auf eine tröstliche, liebevolleWeise zu relativieren. Wie bei Péter Ná-dás sind auch hier die „aufleuchtendenDetails“ Wegmarken und kleine Feuer-werke zugleich. In einer besonders ein-drucksvollen Szene schildert Paulineden Fund einer versteinerten Libelle imSteinbruch ihres Dorfes, ein Momentstaunenden Schweigens, während rings-um die „Prüfhämmerchen den Steinenmatte und helle Töne (entlockten), mo-noton begleitet vom Zwicken der Stein-zangen“.

In diesem zentralen Kapitel versam-melt der Autor einfühlsam alle Beson-derheiten seiner wissenshungrigen undbegabten Heldin, die früh lesen, schrei-ben und gärtnern lernt und sich als jun-ges Mädchen sofort in diesen Max ver-liebt, der ganz anders ist als alle Dörf-ler. Schon bei ihrer ersten Begegnung er-zählt er ihr so anschaulich von den Wei-ten Sibiriens und den Goldwäschern amAmur, dass ihr auch die heimische Land-schaft plötzlich fremd und exotisch er-scheint.

Eine wunderbar zarte und zugleich ei-gensinnige Figur ist diese Pauline, diemit ihrem Zauber mühelos den ganzenRoman trägt. Momentweise wirkt sieätherisch in ihrem farblos-farbigen Re-genwolken-Kimono, dann wieder exzen-trisch und ungebärdig, fast wild. Dank ih-rer leidenschaftlichen und faktengesättig-ten Erzählungen wird die Vergangenheit,die in ihr aufbricht, zu einer überwälti-genden Gegenwart, die nicht nur Elsa,sondern auch den Leser vollkommen inihren Bann zieht. NICOLE HENNEBERG

David Runciman:

„So endet die Demokratie“.

Aus dem Englischen vonUlrike Bischoff.Campus Verlag, Frankfurtam Main/New York 2020.232 S., geb., 19,95 €.

Hanns Zischler:

„Der zerrissene Brief“.

Roman. Galiani Verlag,Berlin 2020. 272 S.,geb., 20,– €.

Mark Zuckerberg ist noch gefährlicher als Donald TrumpEntgehen uns über historischen Vergleichen die tatsächlichen Bedrohungen? David Runciman denkt über Gefahren für die demokratische Politik nach

Sturm der ErinnerungEine fränkische Dörflerin in New York: Hanns Zischlers Roman „Der zerissene Brief“

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Authentisch gibt’s nicht

Auch einensolchen

Schmetterlingbrachte Arnold

Schultzenach Europa.

Hochverdientausgezeichnet mit demÜbersetzerpreis derLeipziger Buchmesse:„Oreo“ von Fran Ross

Sie schrieb nur dieseseine Buch, aber das

hatte es in sich:Fran Ross

(1935 bis 1985) Foto Courtesy of the

Fran Ross Estate

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Page 11: Frankfurter Allgemeine Zeitung - 14 03 2020

FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG SAMSTAG, 14. MÄRZ 2020 · NR. 63 · SEITE 11Feuilleton

Das Universum kennt keine gemeinsameZeit, schon Mars und Erde teilen nicht die-selbe. Die Physik versucht, Einsteins Gra-vitationstheorie und die Erkenntnisse derQuantenforschung zusammenzudenken,doch Zeit spielt dabei eine untergeordne-te Rolle. Wie aber könnte ein Tanzstückaussehen, das die Subjektivität und Emo-tionalität der Zeitwahrnehmung zur dra-maturgischen Grundlage erklärt? Wieeine getanzte Quantenverschränkung?Nichts Geringeres versucht der neue Tanz-abend im Radialsystem, und die Lösun-gen, die Andrew Schneiders Urauffüh-rung „remains“ anbietet, sind so simpelwie genial. Man muss von Minute einsdas Sicherheitsgefühl des Publikums zer-stören, seine Orientierungsfähigkeit undsein Zeitgefühl.

Es wird so häufig dunkel, dass man dasRaumgefühl verliert. Stroboskopblitzeknallen wie optische Geschosse auf dieZuschauertribüne. Habe ich das gesehen,oder feuert mein Gedächtnis fragmentari-sche Bilder meiner Erinnerungen zu-rück? Als sich erstmals das Dunkel hebt,wälzt sich grauestes Licht wie Brei in denRaum – als läge man nachts wach, undnach endloser Zeit ergießt sich anthrazit-farben der Morgen ins Zimmer. Von linksnach rechts tasten sich zwei weiß gekleide-te, nur schemenhaft erkennbare Gestal-ten über die Bühne. Tragen sie Schutzan-züge? Aus welcher Fallout-Situation sindsie entkommen? Andrew Schneiders

Stück löst das nie auf, wie auch keines deranderen visuellen und akustischen Rät-sel.

Warum leuchtet Takako Suzuki mitdem Strahl ihrer Taschenlampe die Schrit-te eines demonstrativen Schreit- und Ges-tentanzes aus, den eine geheimnisvolleGruppe vollführt? Wieso löst sich so lan-ge niemand von der dichtgedrängt besetz-ten Bank und rutscht auf die zweite hin-über, wo ein ganz verunsicherter Luc Dun-berry hockt und seine Einsamkeit und Ab-lehnung nicht fassen kann? Zwar tretenFiguren zueinander in Beziehung, spielensogar vergleichbare Gefühlsausdrücke imselben Moment, im selben Bühnenlicht.Doch zu mehr als anekdotischen Begeg-nungen führt keiner dieser Handlungab-läufe. Ständig bilden die Tänzer des En-sembles Sasha Waltz & Guests längs ste-hende Schlangen, quer sitzende Reihenoder kreisförmige Haufen, fest geschlos-sen durch auf den Rücken der Nebenmän-ner liegende Arme. Dann wieder ist dieBühne leer, und das Licht tanzt allein zuden Beats, oder die Stellwände schwin-gen im Clair-obscur in ihren Scharnieren.

Mars und Erde teilen nicht dieselbeZeit, Berlin und New York auch nicht. An-drew Schneiders souveräner, brutaler Ge-brauch der Theatertechnologie, sein un-barmherziges Gespür für die perfekte In-szenierung der metaphysischen Obdach-losigkeit und hilflosen ethischen und in-tellektuellen Desorientierung des Men-

schen ist so anders als die Inszenierungender meisten jungen Künstler Europas.Schneider stammt aus Brooklyn und hatin den letzten Jahren verschiedene Thea-terabende in New York herausgebracht.Zuvor war er Mitglied der legendärenWooster Group als Schauspieler und Vi-

deokünstler. Es ist der perfekte Sinn fürTiming, den man an dem Autor, Regis-seur und Bühnentechnologiebeherrscheram meisten bewundert. Wie er sein Spek-takel taktet, den Raum in Licht und Dun-kel zerhackt, den Sinn in absurde Teil-chengeschosse, wie er das darstellerischeund bewegungstechnische Spiel der Tän-zer von Sasha Waltz in ikonenhafte Bilderzerschießt – fasziniert folgt man dem rät-selhaften Geschehen.

Die Arbeit erinnert an Werke und Stra-tegien des amerikanischen Videokünst-

lers Bill Viola. Außerdem greift Schnei-der William Forsythes Ästhetik da auf,wo dieser selbst sie gelangweilt fallenließ:etwa nach dem wundervollen, Tanzge-schichte schreibenden Duett nach Virgi-nia Woolfs Roman „The Waves“, genannt„Woolf Phrase“.

Der Vergleich bezieht sich auf die Deli-nearität, auf die Zerstörung der Vorstel-lung, wir bewegten uns von der Vergan-genheit in die Zukunft. Er bezieht sichauf die Fähigkeit, Figurenkonstellationenso lange stehen zu lassen, bis die Gehirneder Zuschauer Assoziationsketten ge-knüpft haben, von denen kaum eine derdes Sitznachbarn ähneln dürfte. Die Zer-splitterung der Wahrnehmung und dieüberschießende Phantasie, die bekannteElemente von Theateraufführungen ohneihren semantischen Zusammenhang trotz-dem auslösen, sind empfindliche Gegen-stände theatralischer Darstellung. DieKunst der Tänzer von Sasha Waltz be-steht darin, diese kunstvolle, zum Fürch-ten schlüssige Zusammenhanglosigkeitauthentisch zu verkörpern, die Welle dis-ruptiven Erlebens so zu reiten, dass wirdiese Erfahrung umarmen, statt sie abzu-lehnen. Auch wenn sie Trauer auslöst wieder Anblick einer schwingenden Lampe,nachdem der, der sie in einer Umarmungaus Versehen angestoßen hatte, längstfort ist. WIEBKE HÜSTER

Geplante Aufführungen abgesagt, neue

Termine im Dezember 2020

Ludwig Finscher wurde, wie auch Ru-dolf Stephan, Carl Dahlhaus oder Joa-chim Kaiser, geprägt durch das legendä-re Göttinger Seminar Rudolf Gerbers.Dort wurde die Leidenschaft für ein Le-bensthema geweckt, die Musik des fünf-zehnten und sechzehnten Jahrhunderts.Ihr galt schon die Dissertation des gera-de Vierundzwanzigjährigen, sie er-schien, eine unerhörte Neuheit, in engli-scher Sprache. Nach einiger Zeit als frei-er Journalist holte ihn sein wohl wich-tigster Mentor, Walter Wiora, erst nachKiel, gemeinsam mit Dahlhaus, dannnach Saarbrücken. Die zweite Leiden-schaft brach sich Bahn, die Betrachtungmusikhistorischer Zusammenhängenicht nach Höhenkamm-Gratwanderun-gen, sondern nach komplexen Gedächt-nisformen. Bei Finscher rückte die musi-kalische Gattung ins Zentrum seines In-teresses, für ihn kein Bündel normativerHandlungsanweisungen, sondern ein Ge-fäß von Erwartungshaltungen, Tradi-tionsbindungen und Erinnerungshilfen.

Erprobt wurde dies zunächst in seinerHabilitationsschrift, die, bezeichnender-weise, der Herausbildung einer Gattunggalt, nämlich dem Streichquartett. Dassihr ein ursprünglich vorgesehener zwei-

ter Teil nicht folgte, mag am Ende seinerInteressenlage geschuldet sein: nicht-zielgerichtete Formierungsprozesse sindhistoriographisch wohl faszinierenderals Auseinandersetzungen mit bestehen-den Normengeflechten.

Finscher hat dieses Konzept in einerwahren Fülle von Studien verwirklicht,reichend vom Spätmittelalter bis in dieGegenwart. Besondere Bedeutungkommt seiner „Musik des 15. und 16.Jahrhunderts“ von 1989/90 zu, dembahnbrechenden Versuch, für einen his-torischen Zeitraum nicht eine lineare Er-zählung, sondern, durch die Aufspaltungin verschiedene Gedächtnisformen, un-terschiedliche Verständnismodelle zuentwickeln. Diese müssen nicht notwen-dig homogenisierbar sein, wie Finscherüberhaupt allen übereilten Thesenbil-dungen mit großer Reserve gegenüber-steht. Sein monumentaler kommentier-ter Katalog zur Triosonate, den er 2016vorlegte, zieht im Grunde die methodi-sche Konsequenz.

Gerade deswegen zeigt sich immerwieder das Selbstverständnis des Histori-kers, auch in grundlegender philologi-scher Arbeit; er edierte unter anderem„Le nozze di Figaro“ und die Streichquar-

tette für die Neue Mozart-Ausgabe. Sei-ne größte Leistung ist allerdings die Her-ausgabe der riesenhaften Enzyklopädie„Die Musik in Geschichte und Gegen-wart“ (MGG), die nicht nur seine kon-zeptionelle Handschrift in jedem Detailverrät, sondern herausragende eigeneBeiträge aufweist; so sind seine Artikelzur Symphonie oder zum StreichquartettReferenztexte.

Finscher lehrte von 1968 bis 1981 ander Universität Frankfurt, wo er nochmit Adorno ein Schönberg-Seminarhielt, danach in Heidelberg, dessen Mu-sikwissenschaftliches Seminar unterihm eine Glanzzeit erlebte. Als immerdialog- und diskussionsbereiter akademi-scher Lehrer prägte er Generationenvon Studenten. Ab den neunziger Jahrenwurden ihm Auszeichnungen zuteil wievor ihm keinem anderen Musikwissen-schaftler, er erhielt unter anderem denPremio Balzan und mehrere Ehrendok-torwürden, er wurde in den Orden Pourle mérite gewählt. Nach der Emeritie-rung 1995 zog er ins idyllische Wolfen-büttel, wo er an diesem Samstag, seit ei-nigen Jahren von einer schweren Erkran-kung beeinträchtigt, seinen neunzigstenGeburtstag feiert. LAURENZ LÜTTEKENLudwig Finscher Foto Bärenreiter Verlag

Tanzen wie die Quantenteilchen„Remains“ von Andrew Schneider als Uraufführung für das Ensemble Sasha Waltz & Guests

Seit Wochen wird darüber gere-det, und nun hat es doch allekalt erwischt: Als die Nachrichtüber die bevorstehende Schlie-

ßung aller allgemeinbildenden Schulenund Kitas in Berlin schon online war,wussten die meisten Schulen und El-tern noch gar nicht Bescheid. „Selbst-verständlich haben wir uns auf Schul-und Kita-Schließungen in Berlin vorbe-reitet“, teilte Bildungssenatorin SandraScheeres (SPD) auf der Website der Bil-dungsverwaltung umgehend mit. Dochin den Schulen herrscht ein ganz ande-rer Eindruck: „Bislang wissen wir auchnicht viel mehr, als auf der Homepagedes Senats steht“, sagt Michael Ru-dolph im Gespräch mit dieser Zeitung.Er ist langjähriger Direktor der Fried-rich-Bergius-Schule, einer IntegriertenSekundarschule in Berlin-Friedenau.

Vom kommenden Montag an sollendie Oberstufenzentren vorerst bis zumEnde der Osterferien geschlossen wer-den, am Dienstag folgen alle allgemein-bildenden Schulen und Kitas. „Zu be-haupten, wir hätten uns die letzten Wo-chen auf die Schließung der Schule vor-bereitet, wäre übertrieben“, sagt Ru-dolph. Es habe seitens der Senatsver-waltung keine zentralen Vorgaben undEntscheidungen gegeben. Nun müsseman schauen, auf welchen Wegen derUnterrichtsausfall kompensiert werdenkönne.

Die Bildungsverwaltung ordnete an,die Durchführung aller Prüfungen, derschriftlichen wie der mündlichen, sei si-cherzustellen. Dazu sollen Schüler zuden Prüfungsterminen in ihrer jeweili-gen Schule erscheinen. Rudolph hältdas für eine sehr vernünftige Entschei-dung. Denn wenn die Prüfungen gefähr-det wären, stünden die Schulen vorwirklich schwierigen Herausforderun-gen. Das sieht auch Tom Erdmann so,der Berliner Vorsitzende der Gewerk-schaft Erziehung und Wissenschaft(GEW). Notfalls müssten die Abschluss-prüfungen bis zu den Sommerferien ver-schoben werden. Doch davon ist in Ber-lin noch keine Rede. Erst einmal gehtes darum, die kommenden drei Wo-chen zu überbrücken.

Die Bildungsverwaltung setzt darauf,den Unterrichtsausfall durch digitaleLernangebote, E-Mail-Verteiler undMessenger-Dienste auszugleichen.Wichtig sei der „Lernraum Berlin“, ein„Lernmanagementsystem“ für alle öf-fentlichen Schulen in Berlin, in dem Un-terrichtsinhalte aufbereitet und Lern-empfehlungen vermittelt werden könn-ten. Mehr als die Hälfte aller BerlinerSchulen nehme auch an der digitalenPlattform „It’s learning“ teil.

Viele Lehrer und Eltern können überdiese Darstellung nur staunen. „E-Lear-ning? Wie soll denn das funktionie-ren?“, fragt eine Grundschullehrerinaus Berlin-Steglitz-Zehlendorf. In ihrerSchule hätten überhaupt nicht alle Schü-ler die technologischen Voraussetzun-gen dafür. Nicht jeder komme aus ei-nem betuchten Akademikerhaushalt, indem Tablets, Laptops, Smartphonesund ein Internetanschluss zur Verfü-gung stünden. Sie und ihre Kollegen

hätten von der bevorstehenden Schlie-ßung erst am Vortag in der sechstenStunde erfahren. Nun solle jeder Leh-rer übers Wochenende Aufgaben vorbe-reiten, mit denen die Schüler in denkommenden drei Wochen den Unter-richt selbst durchführen könnten. Auchdas sei schwierig, weil nicht alle Schü-ler dieselbe Motivation und Unterstüt-zung aus dem Elternhaus mitbrächten.„Es wird wohl auf sehr viel Wiederho-lung des Lernstoffs hinauslaufen“, sagtdie Lehrerin. Sie habe nachher auchnicht die Möglichkeit, die Aufgaben zukontrollieren. Ihr bleibe nichts anderes,als den Kindern Lösungsbogen mitzuge-ben. Ein sinnvoller Unterricht ohne dieAnleitung und Präsenz eines Lehrerssei eigentlich kaum möglich.

Michael Rudolph ist von den bevor-stehenden Entwicklungen noch nichtso stark beunruhigt. „Wenn es bei dendrei Wochen Unterrichtsausfall bleibt“,sagt er, „dann ist das noch nicht so dra-matisch.“ Im Moment klingele natür-lich pausenlos das Telefon, weil die El-tern wissen wollten, was das für sie undihre Kinder bedeutet. Aber eine solcheZeitspanne lasse sich noch kompensie-ren. Auch seine Schule sei auf digitaleLernmodelle nicht eingestellt. Dashabe es bislang nur als Zusatzangebotgegeben. Der Unterrichtsausfall lassesich momentan nur so regeln, dass Leh-rer den Schülern Aufgaben mitgäben.Für eine Weile gehe das; in ernsthafteSchwierigkeiten gerieten die Schulen al-lerdings dann, sollten sie auch nachden Osterferien noch geschlossen blei-ben müssen.

Die Lehrer sind erst einmal angewie-sen, weiterhin in die Schule zu gehen.Welchen Sinn das haben soll, kann dieGrundschullehrerin aus Steglitz-Zeh-lendorf nicht erkennen. Es werde anden Schulen zwar eine Notbetreuungfür Schüler geben, die nicht zu Hausebleiben können. Aber dafür sei dochnicht die Anwesenheit der gesamtenLehrerschaft nötig: „Aus der Bildungs-verwaltung hieß es die letzten Wochenimmer, wir sollten Ruhe bewahren.Und nun ist niemand auf diese Situati-on vorbereitet!“

Norman Heise ist Vorsitzender desLandeselternausschusses in Berlin. Ihnüberrascht die chaotische Situation anden Schulen nicht: „Es zeigt, dass wirbeim Thema Digitalisierung in denSchulen sehr weit hinterherhinken.“Manche Schulen seien auf digitale Lern-angebote zwar gut vorbereitet, aberlängst nicht alle. Der von der Bildungs-verwaltung beworbene „Lernraum Ber-lin“ funktioniere zum Beispiel nur füreinige Schulen. „Wenn alle diese Platt-form benutzen würden, würde der Ser-ver zusammenbrechen.“

Auch eine Mutter aus Berlin-Pankowberichtet von der unzureichenden tech-nologischen Ausstattung an der Grund-schule ihrer Tochter: „Wir haben hierdas Problem, dass die Breitbandversor-gung gar nicht ausreicht.“ Trotzdem hatsie nicht den Eindruck, die Eltern könn-ten panisch werden. Die meisten rea-gierten sehr vernünftig und ruhig. Allebemühten sich jetzt darum, die Betreu-ung ihrer Kinder zu regeln – die auchdeshalb schwieriger sei, weil die Groß-eltern wegen der enormen Anste-ckungsgefahr des Coronavirus nicht ein-springen könnten. Hier sei die Kulanzvieler Arbeitgeber hilfreich, die berufs-tätigen Eltern Home Office gewährtenoder ihnen das gar verordneten.

Was passiert, wenn die Schüler nachden Osterferien immer noch nicht wie-der zur Schule gehen dürfen, vermag imMoment niemand zu sagen. Klar istnur, dass die digitalen Lernformate ent-gegen aller Technikeuphorie den her-kömmlichen Unterricht nicht werdenersetzen können. HANNAH BETHKE

Die Kulturminister-Konferenz (MK)will sich dafür einsetzen, dass bei Not-und Krisenprogrammen zur Bekämp-fung des Coronavirus auch die Kulturnicht vergessen wird. Die Gesundheitder Bevölkerung habe Vorrang, so derbayerische Kultusminister Bernd Siblerin Berlin, der dieses Jahr den Vorsitzder KMK hat; dadurch werde das Kul-turleben wohl „komplett zum Erliegenkommen“. Die Bundesländer, so Sibler,täten alles, um den wirtschaftlichenSchaden abzufedern, doch das reichenicht aus. Jetzt sei eine „nationaleKraftanstrengung“ gefordert.

Die KMK erwartet deshalb die Mithil-fe des Bundes. Sibler betonte, bei Frei-beruflern müsse „schnelle, unbürokrati-sche Hilfe“ geleistet werden. Damit wol-le man, wie der Kultusminister mit ei-ner verrutschten Metapher sagte, „derWelle des virologischen Geschehensdie Spitze nehmen“. Bezüglich der Grö-ßenordnung der Subventionen blieb ervage. Auch der Frage, ob die Ländermit ihren Maßnahmen an einem Strangzögen, wich Sibler aus: „Unterschiedli-

che Länder mit unterschiedlichen Be-findlichkeiten werden unterschiedlichreagieren.“

Kurz darauf beschloss die Bundes-regierung Hilfsmaßnahmen in Milliar-denhöhe. Wie viel davon auf die Kulturentfällt, ist noch unklar. Kulturstaatsmi-nisterin Monika Grütters sagte, die An-kündigung des Hilfspakets – darunter fi-nanzielle Unterstützung und die Stun-dung von Steuerzahlungen – sei einegute Nachricht. „Was im Kultur- undMedienbereich an gewachsenen Struk-turen einmal wegbricht, lässt sich soschnell nicht wieder aufbauen.“ Weitersagte die Ministerin: „Kultur ist kein de-korativer Luxus, den man sich nur in gu-ten Zeiten gönnt.“

Unterdessen hat auch eine Initiativeder freischaffenden Musiker und Leh-rer die Bundesregierung zur Hilfe aufge-fordert. Der Totalausfall von Konzertenim März und April stellt diese Berufs-gruppe vor eine existentielle Gefähr-dung. Eine entsprechende Online-Peti-tion verzeichnete am Freitag mehr alssechzigtausend Unterstützer. P.I.

Gattung und GedächtnisMozart und die MGG: Dem Musikhistoriker Ludwig Finscher zum neunzigsten Geburtstag

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Wenn die BerlinerSchulen schließen,sollen die Schüler sichselbst unterrichten.Aber das ist nicht soeinfach – auch nichtmit digitalen Medien.

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1.–5. juli 2020

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Page 12: Frankfurter Allgemeine Zeitung - 14 03 2020

SEITE 12 · SAMSTAG, 14. MÄRZ 2020 · NR. 63 FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNGFeuilleton

Bei Wolfgang Rihm ist 2017 eine schwereKrankheit diagnostiziert worden. Er kom-poniert aber unverdrossen weiter. Dassein Dokumentarfilm über ihn kürzlichmit „Vermächtnis“ betitelt wurde, gefälltihm gar nicht. In seinem Zuhause in Karls-ruhe gibt er sich frohgemut und kampfent-schlossen. F.A.Z.

In IhremEssay „Der geschockte Kompo-nist“ von 1978 schreiben Sie: „Der ersteSchock, das Neue altert!“ Jetzt sind Sieselbst, 1952 in Karlsruhe geboren, nichtmehr der ganz jüngste. Ist ein abgeklär-tes Spätwerk schon in Sicht?Das sind ja alles Worthülsenfrüchte. Werweiß schon, wie „spät“ es oder etwas ist –und was bedeutet eigentlich „abgeklärt“?Und wenn schon: absichtlich lässt sich dasowieso nichts bewerkstelligen. Ich bin zuallen Zeiten meiner Intuition gefolgt,sehe darin aber keine Heldentat, sonderneinfach das Menschenmögliche. Aberschauen Sie: „Intuition“ ist auch so eineHülsenfrucht. Um im Bild zu bleiben:Letztlich interessiert es „nicht die Boh-ne,“ ob musikalische Dichte intuitiv ent-standen ist. Es zählt einzig die Sacheselbst. Ermöglicht diese ein Weiter-atmen, einen tieferen Blick, einen Schrittvon sich selbst weg?

Sie haben über den Fortschrittsbegriff inder Neuen Musik einmal in Prosavers-form gedichtet: „Der Fortschritt ist sei-ner Natur gemäß immer fort / Nie dortwo man ihn weiß“ (1998). Wie, wannund wo ist er Ihnen, falls überhaupt,denn begegnet?Natürlich noch nie, denn er ist ja immer-fort fort. Außerdem ist „Fortschritt“, aufKunst bezogen, eine deplazierte Katego-rie. Wir können im Erkennen, was Kunstals Phänomen darstellt, selbstverständ-lich Fortschritte machen. Dem Kunst-werk selbst kommen wir mit diesem nai-ven Begriffsbesteck nicht näher. Mozartist nicht „fortschrittlicher“ als Bach,Proust nicht „fortschrittlicher“ als Ho-mer. Wir können durch Einbezug einerVergleichsgröße Fortschritt messen, aberdennoch muss eine Skulptur aus Plastiknicht automatisch fortschrittlicher seinals eine Skulptur aus Metall. Man kanndie komischen Bestandteile des Fort-schrittsdenkens in den unterhaltendenKünsten beobachten: Ein „Popstar“ giltvielleicht wegen seiner Frisur, seinen Be-wegungen, seiner Kleidung als fortschritt-licher als ein anderer – die musikalischenMittel, die er zum Einsatz bringt, sind je-doch dieselben. „Fortschritt“ ist in denKünsten etwas Akzidentielles, oftmalsein Habitus, jedenfalls nichts, was zur Es-senz der Sache gehört. Der Blick Du-champs schafft via ironische Deutungs-macht erst ein ready-made. Ich bin ge-spannt, wann via KI (die ja offenbar dieBeethoven-Symphonien Nr. 10 bis 4711

bereits vorgelegt hat) ein „Duchamp-Blick“ geschaffen wird, der alle Ready-mades wieder zurückverwirklicht, alshabe er sich versehen.

Was würden Sie jungen Komponieren-den raten: Lieber darauf warten, dassder Fortschritt von selbst vorbeikommtoder sich in die „Diesseitigkeit“ stürzen,um durch Werkverneinung gesellschaft-liche Relevanz für sich reklamieren zukönnen? Böse, oder?Eher lieb. Man soll neu aufkeimende Nai-vitäten aber nicht entmutigen. Schließ-lich macht Kunst viel Arbeit, wie schonder Psychologe Karl Valentin lehrte …dasmuss kurz vor seinem Rauswurf aus demGeorge-Kreis gewesen sein . . . aproposFake News: Was halten Sie vom Jenseits?Neulich wurde ein Film über mich ge-macht und ich hatte den Eindruck, manwollte mich als einen auf dem Weg dort-hin zeigen.

Der Dokumentarfilm „Das Vermächt-nis“ (SWR, 21. Januar) über Sie ähneltefilmisch einer rührseligen Homestory,wie ich finde. Sie haben aber noch niezwischen Kunst und Leben getrennt. Sieselbst wirken in dem Streifen putzmun-ter. Wie ging es Ihnen jetzt mit diesemFilm, der doch arg final wirkt?Ich fand den Film dann eigentlich ganzschön. Man muss auch immer den Gestal-tungswillen der Filmkünstler berücksich-tigen. Die hatten sich mit dem Titel einegewisse Hypothek aufgeladen. „Vermächt-

nis“ ist ja eine ziemliche Begriffsblähung.Man denkt sofort an Psycho-Grusel inArt der siebziger Jahre. Nun – die Leutewaren sehr liebenswürdig, aber wie untereinem Zwangsdiktat stehend: Wo ist dasBild des leidenden Künstlers? Aber las-sen Sie uns von was anderem sprechen.

Arnold Schönberg wurde sofort nach derMachtergreifung durch die National-sozialisten 1933 als Kompositionspro-fessor an der Berliner Musikhochschuleentlassen, weil er Jude war. Ist es nichtlange schon an der Zeit einer der beidenBerliner Musikhochschulen den NamenArnold Schönberg zu geben?Diesen Vorschlag habe ich bereits vor 29Jahren 1991 gemacht, als man mit demGedanken spielte, die Musikhochschu-len Berlins zu vereinigen. Ich wurde da-mals in die Struktur- und Berufungs-kommission berufen. Der politische Wil-le fand andere Wege. Nach wie vor aberhalte ich den Namen „Hanns Eisler“ fürdie Hochschule im ehemaligen OstteilBerlins für die auch historisch richtigeBezeichnung.

Wir feiern Ludwig Beethovens 250. Ge-burtstag. Wie steht der wohl meistaufge-führte deutsche Komponist der Gegen-wart Wolfgang Rihm zum wohl meist-aufgeführten deutschen Komponistender Vergangenheit Ludwig van Beetho-ven: Schaut Wolfgang Rihm durch dieBrahms-Brille auf den Schöpfer der„Fünften“ und der „Neunten“ sowie von32 Klaviersonaten?

Bruckners Brille soll ja in Beethovens Sargliegen. Als 1888 der Sarg geöffnet wurde,hat Bruckner wohl allzu neugierig hinein-geschaut. Und Brahms? Der Verbleib vondessen Brille ist mir nicht geläufig. Ich sel-ber trage noch keine Augengläser. Wiealso schauen auf Beethoven? Zur Zeit ist erkaum zu erkennen: Dampf, Nebel, Qualm– ständig werden neue Opferaltäre errich-tet, auf denen er geschlachtet werden soll.Neulich hörte ich von Plänen, die relativkomplizierte Rhythmik des schönen Lie-des mit dem Schiller-Text im Finale der„Neunten“ zu vereinfachen, beziehungs-weise das Stück so zu verlangsamen, dasses auch für Laien und Kinder singbar wird.Wahrscheinlich habe ich mich hoffentlichverhört. In der Tat ist es aber auch ziemlichfrustrierend, dass man, um endlich zu dem„Song“ zu gelangen, eine lange Weiledurch seltsam unbekannte Musik hindurchwarten muss. Nein, es hat keine Not, zur„Rettung“ Beethovens aufzurufen. SeineKunst ist von enormer Widerstandskraft.Sehr wetterbeständig. Was können wir vonihm lernen? Subjektivität und Verausga-bung, zarteste Detail-Fürsorge, ungeschütz-ten Form-Trieb, Angstfreiheit auch in Eng-pässen, Freude an der generativen Gewaltnatürlichen Wuchses, irren Humor, die Fä-higkeit, Zeit wie eine Substanz zu stauenund loszulassen, Selbstvergessenheit, dieEinheit des Widersprüchlichen auszuhal-ten, plötzlich zu enden. – Und plötzlichwieder zu beginnen. Aber das ist nicht al-les. Man muss ihm wohl zuhören.

Das Gespräch führte Achim Heidenreich.

Ein Georgier, Jahrgang 1927, dessenvon Deutschland begeisterter Vater ausdem sowjetisch gewordenen Heimat-land geflohen war, um sich in Berlin nie-derzulassen – dass es einfachere Auspi-zien für eine Biographie im zwanzigs-ten Jahrhundert gibt, kann man anneh-men. Und sicher hat die Entscheidungvon Giwi Margwelaschwilis Vater, 1945aus dem sicheren Salzburg kurz vorKriegsende ausgerechnet nach Berlinzu gehen und seinen siebzehnjährigen,seit langem mutterlosen Sohn dorthinmitzunehmen, dessen Lebensweg nichterleichtert.

Der Vater verschwand in einem sow-jetischen Arbeitslager, der Sohn wurdebald nach Georgien deportiert, wo erallmählich sein Deutsch um die Landes-sprache ergänzte, und das in einer Wei-se, die seine auf deutsch geschriebenenliterarischen Texte prägen sollte. Es isteine Sprache zwischen den Welten, dieelegant ist, aber nie glatt, im Bewusst-sein der Möglichkeiten, die Dingeanders zu sagen, und diese oft genugnutzend. Für sein großes, autobiogra-phisch grundiertes, mehrbändiges Ro-manwerk um einen „Kapitän Wakusch“bedeutet das durchaus, dass man sich le-send um einen Zugang erst bemühenmuss, dann aber mit einer unvergleichli-chen Perspektive belohnt wird.

Margwelaschwili, der das sowjeti-sche Georgien erst kurz vor der Wendewieder verlassen durfte, nach Berlinzog und 2011 dann doch wieder zurücknach Tiflis, war nicht nur in der georgi-schen Literatur ein Solitär, dort aberauf augenfällige Weise. Mit seinen Tex-ten, die anarchisch, spöttisch und vollerIronie die Zeitläufte betrachteten (undnicht zuletzt die grotesken Wendungender eigenen Biographie), stand er querzu allen Richtungen und fand so auchnicht die breiten Leserschaften, dieetwa Aka Morchiladze oder Otar Tschi-ladse für sich gewinnen konnten, undals er sich – wie einst Tschiladse mit sei-nem Roman „Der Garten der Dariat-schangi“ – mit dem Roman „Die Medeavon Kolchis in Kolchis“ dem bekanntes-

ten Mythenstoff Georgiens zuwandte,geschah das auf derart gespielte und ge-brochene Weise, dass daraus die Ge-schichte einer Romanfigur wurde, dieüberall den künstlerischen und literari-schen Abbildern ihrer selbst begegnetund sich mit ihrem Schöpfer anlegt.

Giwi Margwelaschwili, seit 1994deutscher Staatsbürger und vielfach aus-gezeichnet, war jahrelang ein gefragterGesprächspartner für deutsche Journa-listen und andere Neugierige, die sichvon ihm Auskunft über die Wirren sei-ner Biographie und zunehmend auchüber die literarischen Verhältnisse inGeorgien erhofften, dies vor allem, jenäher der georgische Gastlandauftrittim Rahmen der Frankfurter Buchmesseim Oktober 2018 rückte. Sie wurdennicht enttäuscht, wenn sie sich daraufeinließen, den hakenschlagenden Ge-danken des Autors zu folgen, um amEnde reich belohnt die mit Büchernund Manuskripten überfüllte Wohnungzu verlassen. Eine ganze Reihe von wei-teren „Kapitän Wakusch“-Romanenharren dort, so heißt es, noch der Veröf-fentlichung. Gestern ist Giwi Margwe-laschwili in Tiflis gestorben. Er wurde92 Jahre alt. TILMAN SPRECKELSEN

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Giwi Margwelaschwili Foto Brigitte Friedrich

Die deutschsprachige Ausgabe von Woo-dy Allens Biographie wird wie geplantam 7. April bei Rowohlt erscheinen.„So können sich interessierte Leserin-nen und Leser ihr eigenes Urteil bil-den“, hieß es in einer Mitteilung. DieVeröffentlichung war wegen der unge-

klärten Rechtelage unsicher, nachdemder amerikanische Verlag Hachette dieMemoiren des New Yorker Regisseursnach Protesten aus dem Programm ge-nommen hatte (F.A.Z. vom 7. März).Die entstandene Debatte, die „grund-sätzliche Fragen des Verlegens von Bü-chern im Spannungsfeld von Ethik undMeinungsfreiheit“ berühre, so der nochamtierende Verleger Florian Illies, wol-le der Verlag weiterführen und planeeine Veranstaltung in Berlin zu diesemThema in naher Zukunft. F.A.Z.

Fortschritt? Vielleicht bei Frisuren von PopstarsDer Komponist Wolfgang Rihm über Worthülsen, Fake News, Bruckners Brille und Beethovens irren Humor

Woody AllensBuch erscheint

Wolfgang Rihm, zu Hause in Karlsruhe: „Neu aufkeimende Naivität soll man nicht entmutigen.“ Foto Alexander Hammer

Medea legt sichmit ihrem Schöpfer anZum Tod des Schriftstellers Giwi Margwelaschwili

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Page 13: Frankfurter Allgemeine Zeitung - 14 03 2020

FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG SAMSTAG, 14. MÄRZ 2020 · NR. 63 · SEITE 13Kunstmarkt

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Als das niederösterrei-chische UnternehmerpaarAgnes und Karlheinz EsslMitte der neunziger Jahrein Wien einen Standort

für seine Kunstsammlung suchte, hattees wenig Glück. Zwar konnten die Esslsim Wiener Künstlerhaus eine ersteÜberblicksausstellung mit 250 Gemäl-den österreichischer Kunst nach 1945zeigen, aber ihre Idee einer permanen-ten Präsentation in diesem zentral gele-genen Gebäude fiel auf keinen fruchtba-ren Boden. Das Palais im Stil der Neore-naissance befindet sich seit 1868 im Be-sitz der „Künstlerhaus, Gesellschaft bil-dender Künstlerinnen und KünstlerÖsterreichs“, und diese Inhaber wolltenweder verkaufen noch einen Privatenals Untermieter aufnehmen.

Es ist schon eine Ironie der Geschich-te, dass die Sammlung Essl nun wiederins Künstlerhaus zurückgekehrt ist: Tei-le ihrer großen Bestände hängen in derDebütausstellung „The Beginning“, mitder die Albertina ihre Dependance fürKunst nach 1945 eröffnet. Das Künstler-haus erstrahlt nach dreijähriger Reno-vierung in neuem Glanz. Bei der Na-menswahl scheute Direktor Klaus Al-brecht Schröder keinen großen Ver-gleich: Was der Londoner Tate Galleryihre Tate Modern sei, wäre der Alberti-na ihre Außenstelle „Albertina mo-dern“ – trotz Kleinschreibung bitte eng-lisch aussprechen! So weit, so hochtra-bend, aber wie kam es dazu?

Im Jahr 2014 stand die Unternehmer-familie Essl vor den Scherben ihres Le-benswerks. Baumax, die einst so erfolg-reiche Baumarktkette, war durch Expan-sion nach Osteuropa ins Schleudern ge-raten. Da Immobilienverkäufe nicht aus-reichten, streckten die Gläubiger dieHände nach der Kunstsammlung aus.Die Essls unterbreiteten dem Bund dar-aufhin ein Kaufangebot, aber die öffent-liche Hand schlug einen Ankauf der Kol-lektion für – kolportierte – 86 MillionenEuro aus. Gleichzeitig wurde befürch-tet, dass bei einer Versteigerung derrund 7000 (oder 4300, je nach Zählung)Werke die Marktpreise für österrei-chische Kunst ob dieser Schwemme inden Keller rasseln könnten.

Als Retter in der Not sprang schließ-lich der Bauunternehmer Hans PeterHaselsteiner ein. Mit einem Überbrü-ckungskredit von 117 Millionen Euro er-warb der umtriebige Gründer der Stra-bag AG sechzig Prozent der SammlungEssl; die restlichen vierzig Prozent be-ließ er bei den Essls. Seinen Teil brachteer in eine Privatstiftung ein. In einem In-terview sagte Haselsteiner, dass er vonAnfang an plante, durch den Verkaufdes – ungleich teureren – internationa-len Bestands die Schulden zu decken,um so den nationalen – also österrei-chischen – Anteil der Kollektion als kul-turelles Erbe zu bewahren. Im Herbst2014 wurden entsprechend bei Chris-tie’s in London 44 Filetstücke von Ger-hard Richter, Sigmar Polke, Neo Rauchund anderen für knapp sechzig Millio-nen Euro losgeschlagen.

Über Haselsteiners persönlichenKunstgeschmack ist wenig bekannt, da-für über seine Liebe zur klassischen Mu-sik. Der Baulöwe ist als Mäzen der Tiro-ler Musikfestspiele Erl hervorgetreten,

wo er 2013 ein Konzerthaus für 36 Mil-lionen Euro errichten ließ. Die 3500 Ob-jekte seiner Firmensammlung „StrabagArt Collection“ hängen in den Bürosdes Konzerns. Durch den mit 35 000Euro dotierten Nachwuchspreis „Stra-bag Art Award“ kommen seit 1994 jähr-lich neue Werke hinzu, so etwa 2019Porträtgemälde des in Wien lebendenghanaischen Malers Amoako Boafo.

Auch das Essl Museum in Klosterneu-burg ging 2014 in den Besitz Haselstei-ners über, aber der resolute Tirolermachte von Anfang an klar, dass ihn die-ser Standort nicht interessierte. Es warschließlich Albertina-Chef Schröder,der den Milliardär mit seinen Schätzenin die Albertina lockte und ihn auf dasrenovierungsbedürftige Künstlerhausals Ausstellungsort aufmerksam mach-te. Dessen Künstlervereinigung kämpf-te bereits seit fünfzehn Jahren vergeb-lich um öffentliche Gelder für die In-standsetzung ihres maroden Stammsit-zes. Haselsteiner erkannte die Chanceund schlug dem Künstlerverein einenDeal vor: Er würde die Immobilie inBestlage renovieren und modernisie-ren. Im Gegenzug würde er mit seinerSammlung im Untergeschoss einziehenund 74 Prozent an einer Besitz- und Be-triebs GmbH erhalten. Die rund 450Mitglieder des so langgedienten wie ver-armten Vereins stimmten diesem Ange-bot halb freudig, halb zähneknirschendzu. Im Jahr 2018 wurde schließlich besie-gelt, dass das Künstlerhaus in Zukunftin Wohngemeinschaft mit der Albertinaleben würde.

Bald gab Schröder stolz bekannt,dass er nicht nur Haselsteiners Essl-Schatz als Dauerleihgabe bis 2045 si-chern konnte, sondern dass sich auchKarlheinz Essl persönlich zu einerSchenkung seiner verbliebenen vierzigProzent durchgerungen hatte. Bei dergroßen Freude über die stattliche An-zahl von 3200 ausgeliehenen und 1300geschenkten Werken fand freilich kei-ne Erwähnung, dass die Kollektion inder Zwischenzeit weitere Federn hattelassen müssen: Denn die fränkischeSammlung Reinhold Würth hatte denEssl-Bestand um 150 der höherwerti-gen Arbeiten von Kippenberger, Base-litz, Kiefer und anderen erleichtert, wo-bei der Kaufpreis unbekannt blieb.

Für seinen Expansionskurs hat sichKlaus Albrecht Schröder als talentier-ter Sammlerflüsterer erwiesen. Inzwanzig Jahren krempelte er die Alber-tina, den Heimstall von Dürers Hasen,zu einem Allspartenhaus um. Die stra-tegische Ausrichtung – weg von derKernkompetenz Grafik der Renais-sance bis ins 19. Jahrhundert – wurdestets mit der Lichtempfindlichkeit derBlätter begründet. Was die Hände vonBruegel, Michelangelo oder Schieleeinst auf das Papier zauberten, kannaus Konservierungsgründen nur allepaar Jahre herausgeholt werden.

Der gewiss bedeutendste Einschnittin der Geschichte der Albertina erfolg-te bereits im Jahr 2007 mit der Dauer-leihgabe des Liechtensteiner Anwaltsund Vermögensberaters Herbert Batli-ner. Für Batliners Gemäldesammlungan Impressionisten und Avantgardis-ten wandelte das Museum seine Büro-räume in einen Extratrakt um. In die-

sem Flügel läuft seither der Touristen-hit „Von Monet bis Picasso“: Laut Be-richt des Rechnungshofs sollen rund47 Prozent der mehr als eine MillionBesucher im Vorjahr wegen der „Batli-nera“ gekommen sein. Dieser Populari-tät tat auch die Entdeckung, dass eini-ge der russischen Bilder Fälschungensind, keinen Abbruch. Immerhin ist esdie einzige derartige Dauerausstellungin Wien.

Insgesamt wuchs die Ausstellungs-fläche der, so das Scherzwort, „Al-brechtina“ seit 1999 von 150 auf 5000Quadratmeter. „Wir sammeln Samm-ler, weil wir so arm sind“, lautet Schrö-ders Kommentar zu seinen magerenAnkaufsmitteln. Dies entsprechendauch, als der Kölner Galerist Rafael Ja-blonka zuletzt mit seiner Kollektion ander Albertina andockte. Bei den rund400 Exponaten vorwiegend deutscherund amerikanischer Kunst der achtzi-ger Jahre handelt es sich weder umeine Schenkung noch um eine Leihga-be, sondern um eine in die Albertinaeingebrachte Privatstiftung. Das Muse-um wird die von Jablonka zusammen-getragenen Arbeiten von DamienHirst, Nobuyoshi Araki oder Mike Kel-ley im 2017 geschlossenen Essl Muse-um in Klosterneuburg lagern. Dort ent-steht, für fünf Millionen Euro, ein Zen-traldepot für den modernen Samm-lungsbestand. Wer diese Investition be-zahlt, ließ Schröder offen. Der Rech-nungshof hat allerdings bereits 2019kritisiert, dass die Kosten von 2,2 Mil-lionen Euro für die Lagerung der Essl-Dauerleihgaben zu viel des Albertina-Budgets verschlingen würden.

Auch die Kosten für dasKünstlerhaus explodier-ten: 2015 hatte Haselstei-ner noch „bis zu dreißigMillionen Euro“ veran-

schlagt; im Endeffekt belief sich dieBausumme auf 57 Millionen Euro. Da-für wurde die einstige „Rozznburg“ –im Tiroler Dialekt Rattenburg – origi-nalgetreu restauriert, mit modernsterAusstellungstechnik bestückt und umKellersäle für Fotografiepräsentatio-nen erweitert. Die auf der ersten Etageresidierende Künstlervereinigungfreut sich über frische Farben auf denhistoristischen Wandgemälden undmoderne Ausstellungssäle. Haselstei-ner übernimmt in dieser Public-priva-te-Partnership die Instandhaltungskos-ten; den Museumsbetrieb berappen dieSteuerzahler.

Kulturpolitisch wirft die „Albertinamodern“ Fragen der Doppelgleisigkeitauf. Das als „neues Museum modernerKunst“ titulierte Haus trieb der Kon-kurrenz die Zornesfalten auf die Stirn:„Sind wir dann das ,alte‘ Museum fürmoderne Kunst?“, fragte etwa die Mu-mok-Direktorin Karola Kraus im Maga-zin „Profil“. Auch Stella Rollig, die Lei-terin des Belvedere, hielt mit ihrerSkepsis über einen Mitbewerber imFeld der österreichischen Kunstge-schichte nicht hinter dem Berg. Eigent-lich sollte der 64 Jahre alte Albertina-Chef zum Jahreswechsel 2020 in Pensi-on gehen, aber er wurde im Vorjahr bis2024 wiederbestellt. Als Kapitän sei-nes Museumstankers hat sich Klaus Al-brecht Schröder selbst unentbehrlichgemacht.

Das Künstlerhaus in Wien, auf einer Fotografie aus dem Jahr 1883 Foto Künstlerhaus

Bei seinen traditionellen Frühjahrsveran-staltungen präsentiert das Schweizer Aukti-onshaus Koller in Zürich diesmal ein be-sonders reiches Angebot. Am 27. Märzwerden Gemälde, Zeichnungen und Gra-fik Alter Meister, außerdem Kunst aus dem19. Jahrhundert aufgerufen. Dazu kom-men noch 26 Werke einer Schweizer Privat-sammlung, die am selben Tag in einer eige-nen Sektion versteigert werden: Max Lie-bermanns 1918 entstandenes Ölgemälde„Blumenterrasse im Wannseegarten nachNorden“, das den geliebten Garten der1909 erworbenen Sommerresidenz des Ma-lers zeigt, ist dort mit einer Erwartung von250 000 bis 350 000 Franken das Spitzen-los. Im Hintergrund der geometrisch ange-legten Beete kann man den Fischotterbrun-nen von August Gaul erkennen. Drei Jahrespäter malte Liebermann die „Schlittschuh-läufer im Tiergarten“ (Taxe 150 000/200 000 Franken), das sich seit 1985 inebendieser Sammlung befindet.

Aus ihr kommt auch Lovis Corinths Por-trät „Maske im weißen Kleid“ von 1902,das so einnehmend wie faszinierend ist:Hinter der jungen Frau im tief dekolletier-ten Ballkleid, deren Kopf mit schwarzemSchleier und schwarzer Maske verhüllt istund die kokett lachend am Betrachter vor-beiblickt, verbirgt sich Corinths spätereEhefrau, Charlotte Berend-Corinth(100 000/150 000). Von Jean-Baptiste Ca-mille Corot kommen drei Landschaftenzum Aufruf, darunter „Passiance (Landes)“aus dem Jahr 1872, dessen Provenienz sichbis ins Atelier des Künstlers zurückverfol-gen lässt (40 000/60 000). Und Eugène Bou-din hielt um 1890 auf 34 mal 26 Zentime-tern die „Hafenansicht bei Trouville“ fest(40 000/60 000): ein sehr beliebtes MotivBoudins, den sein Kollege Corot einst als„König des Himmels“ gerühmt hat.

Das Spitzenlos unter den 32 angebote-nen Gemälden des 19. Jahrhunderts ist daszarte Bildnis eines kleinen Mädchens mitBlumenkorb. Der italienische Maler Eugenvon Blaas bannte die brünette Schönheitmit einer fotografisch anmutenden Plastizi-tät auf die 81 mal 49 Zentimeter großeHolztafel. Das 1898 entstandene, marktfri-sche Gemälde befindet sich seit mehrerenGenerationen in Schweizer Privatbesitz

und soll nun 60 000 bis 80 000 Franken ein-spielen. Von Henri Fantin-Latour stammtdas 1869 entstandene „Früchtestilllebenmit Aprikosen“ (35 000/50 000).

Ebenfalls ein Früchtestillleben sorgt un-ter den 83 Gemälden der Alten Meister fürAufsehen: Das Ölgemälde wurde erst kürz-lich in einer Privatsammlung in derSchweiz entdeckt; gemalt hat es die Mailän-der Künstlerin Fede Galizia. Lediglichzwanzig der kompositorisch reduziertenund naturalistischen Stillleben von derTochter des Miniaturmalers Nunzio Galiziasind bekannt; das bei Koller angebotenesoll 150 000 bis 200 000 Franken einbrin-gen. Preislich angeführt wird die Altmeis-ter-Offerte von einer monumentalen Dar-stellung der „Mystischen Vermählung derheiligen Katharina“: Auf der 165 mal 98Zentimeter großen Holztafel schuf der Flo-rentiner Frührenaissance-Künstler Bicci diLorenzo mit Tempera auf Goldgrund eineausgewogene Komposition mit zarten Figu-ren in Bedeutungsperspektive; das anmuti-ge Werk ist auf 250 000 bis 350 000 Fran-ken geschätzt. Auf Marten van Cleves desÄlteren. „Bauernhochzeit im Freien“ tum-melt sich eine fröhliche Gesellschaft ganzim Stil der Brueghels (150 000/200 000).Charles François Lacroix de Marseille zeigtauf seinen zwei großformatigen Gegenstü-cken von 1776 phantasievolle „Mediterra-ne Hafenansichten“ (200 000/300 000).Zwei üppige Blumenbouquets liefern Bal-thasar van der Ast (200 000/300 000) undCornelius de Heem (120 000/180 000).

Unter den 73 Zeichnungen bestechendie zwei schwarzweißen Kreidezeichnun-gen auf Bütten mit zarten Frauendarstel-lungen von François Boucher: „Buste dejeune Fille“ (10 000/15 000) und „JungesMädchen mit Vogelkäfig und Kind“ (8000/12 000). Franz von Stuck zeichnete 1904auf 29 mal 25 Zentimetern eine „Kentau-rin“; das Blatt wird für 2000 bis 3000 Fran-ken im Originalrahmen angeboten und be-fand sich einst im Besitz der Enkelin desMalers, Hilde Rauck-Heilmann. Höhe-punkt bei der Alten Grafik ist Canalettosmarktfrische große Ansicht von Dresdenmit der Hofkirche (8000/12 000). Zusam-men sollen die Auktionen drei MillionenFranken einspielen. FELICITAS RHAN

Sie haben es gerade noch geschafft: dieArco in Madrid, die Armory und die Vol-ta Show in New York – und The Europe-an Fine Art Fair in Maastricht. Wobei Te-faf am Mittwochabend die Tore vierTage früher als üblich geschlossen hat.Laut „The Art Newspaper“ war ein Händ-ler aus Italien positiv auf Covid-19 getes-tet worden. Wie geht das weiter?

Die Art Cologne, die vom 23. bis zum26. April geplant war, hielt noch bis An-fang der Woche daran fest, verbundenmit den üblich gewordenen Placebos„Prophylaxemaßnahmen“ und „Desin-fektionsmittel“. Am Donnerstagabendfiel die ohnehin nicht mehr realistischeBastion: „In enger Abstimmung mit demKrisenstab der Stadt Köln und gemäßdem Erlass der NRW-Landesregierungzur Durchführung von Großveranstaltun-gen ab dem 10. 03. 2020, hat die Ge-schäftsführung der Koelnmesse entschie-den, die vom 23. bis 26. 04. 2020 geplan-te Art Cologne zu verschieben. Der neueTermin ist der 19. bis 22. 11. 2020 paral-lel zur Cologne Fine Art & Design inKöln.“ Pikant übrigens im speziellenFall: Kenner der Szene wollen wissen,dass Daniel Hug, der Direktor beiderMessen, schon länger hier und dort denGedanken verlauten lässt, er wolle dieArt Cologne in den Herbst zurückschie-ben, wo sie einst herkam. Die Verbin-dung zur Art Düsseldorf fast zur selbenZeit liegt da nicht fern.

Die Art Basel in Basel, auf die sichschon alle Blicke im Voraus richten, er-klärt auf Anfrage derzeit: „Die Art Ba-sel, die vom 18. bis 21. Juni 2020 stattfin-det, ist von der aktuellen bundesrätli-chen Verordnung nicht betroffen, undwir arbeiten derzeit weiter an den Vorbe-reitungen zur Messe im Juni. Wenn esdie Situation jedoch erfordert, wird einalternativer Termin später im Jahr in Be-tracht gezogen. Wir nehmen die gegen-wärtige Situation sehr ernst, verfolgenihre Entwicklung, und sind uns der Ver-sandfristen unserer Aussteller und Part-ner bewusst.“ Ohnehin ist die Art Basel,mithin die schweizerische Messegesell-schaft MCH, stark mitgenommen vomCoronavirus, dessentwegen man schondie Art Basel Hong Kong abgesagt hatte(F.A.Z. vom 8. Februar). Auf aktuelleAnfrage wegen möglicher Kompensati-on der dadurch entstandenen Verlusteheißt es: „Für unsere Messe in HongKong sind wir in aktiven Gesprächenmit unserem Versicherer.“

Dieser wirtschaftliche Hintergrundwird zunehmend an Gewicht gewinnen,nicht nur für die global players, womög-lich noch bedrohlicher für kleinere Ver-anstalter. Zu ihnen zählen die beim Pu-blikum im Frühling beliebten Messen inÖsterreich: Die Art & Antique in Salz-burgs Residenz, für den 4. bis 13. Aprilgeplant, sieht sich vom „Maßnahmen-paket der Bundesregierung zum Um-gang mit dem Coronavirus betroffen“:„Die darin angekündigte, erlassmäßigeAbsage sämtlicher Indoor-Veranstaltun-gen mit über 100 TeilnehmerInnen bisAnfang April wirkt sich auch auf die dies-jährige Art & Antique Residenz Salz-burg aus.“ Man nennt auch gleich einenTermin für 2021. Die Art Vienna in derWiener Hofburg, angesetzt für den 27.bis 29. März, soll auf den 11. bis 13. Sep-tember verschoben werden. Ähnlichplant es die Art Brussels, eigentlich fürden 23. bis 26. April angekündigt, jetztfür den 25. bis 28. Juni.

Aus Paris kommt die Nachricht, dassDrawing Now, die Messe für zeitgenössi-sche Zeichnungen, die vom 25. bis zum29. März stattfinden sollte, verschobenist auf den 29. Mai bis 1. Juni. Und dieArt Paris wird vom 1. bis zum 5. Aprilauf den 27. bis 31. Mai verlegt. Für denrenommierten Pariser Salon du Dessin,angesetzt auf den 25. bis 30. März, stehtinzwischen kommentarlos der 28. bis31. Mai auf der Website. Das sieht nacheiner gemeinsamen Planung aus.

Das Gallery Weekend Berlin soll wei-terhin vom 1. bis zum 3. Mai stattfinden,mit den gemeinsamen Eröffnungen der48 teilnehmenden Berliner Galerien. Zu-sätzlich geplant ist jetzt ein „außer-ordentliches“ Gallery Weekend vom 11.bis zum 13. September, parallel zur Ber-lin Art Week; auf diesen Termin werdenauch die größeren Sonderveranstaltun-gen für geladene Gäste verschoben.

Was sich noch nicht auch nur an-nähernd ausloten lässt, ist der – natür-lich kommerzielle, aber auch ideelle –Schaden, für alle am Kunstmarkt in jeeigener Weise Beteiligten: von den Ver-anstaltern der Messen über die Händlerund Galeristen, die an den Schauen aus-stellen, bis hin zu den Besuchern undmöglichen Käufern.

Es ist bekannt, dass die Flucht in „ma-terielle Werte“ – zu denen Kunstwerkeprominent gehören – unter den Umstän-den akuter Krisen nur noch zunimmt. Soist es eine ironische Volte, dass im Zei-chen des neuen Virus mit den Messen ge-nau die Orte dafür vorerst verschlossenwerden. Zumal die Messen eben dochauch Plätze für Kommunikation und Aus-tausch sind – und für eine befriedete Glo-balität. ROSE-MARIA GROPP

Lovis Corinth, „Maske im weißen Kleid“, 1902, Öl auf Leinwand, 78,5 mal 63,5 Zenti-meter: Taxe 100 000 bis 150 000 Franken Foto Katalog

Wir sammelnSammler

Vom König des HimmelsVorschau: Die Frühjahrsauktionen bei Koller in Zürich

Auch die Eröffnung von „Albertina modern“ im Künstlerhausam Wiener Karlsplatz ist verschoben. Aber es gibt eine

Geschichte hinter der neuen Dependance des einstehrwürdigen Grafikmuseums Albertina. Sie beginnt

mit der Pleite der voluminösen PrivatsammlungEssl im Jahr 2014: Ein Lehrstück über die Fährnisse des Markts.

Von Nicole Scheyerer, Wien

Kunst undCovid-19Das Virus erreicht dieeuropäischen Messen

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SEITE 14 · SAMSTAG, 14. MÄRZ 2020 · NR. 63 FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNGMedien

Museum mal anders

Wenn selbst der Gang in eine Ausstellungs-halle zur Risikoveranstaltung geworden ist,wenn das stundenlange, von Sorge oderSehnsucht nach Weltflucht getriebeneFernsehen, Zeitunglesen oder Durch-Web-sites-Scrollen Augen und Seele ermüdet ha-ben, dann spätestens ist die Zeit gekom-men für „Museum auf die Ohren“. Dennman kann auch mit geschlossenen AugenBildbetrachtungen anstellen und Kunstge-schichte erforschen: Das Frankfurter Stä-del hat es mit seinem Podcast „Finding vanGogh“ bewiesen, der sich anlässlich derkürzlich zu Ende gegangenen Blockbuster-Schau über Vincent auf Spurensuche nachseinem aus dem Blick der Öffentlichkeitverschwundenen „Bildnis des Dr. Gachet“macht. Atmosphärisch dicht und klug un-terhaltend rekonstruieren acht Episodendie Entstehung und Besitzgeschichte desGemäldes, das als „entartete Kunst“ be-schlagnahmt wurde, später für eine Rekord-summe versteigert wurde und schließlichbei einem privaten Besitzer verschwand.Atemberaubend. Wer danach Lust aufmehr bekommen hat und gerne Englischoder Französisch hört, kann gleich weiterhören: „The British Museum Podcast“ ist sobreit aufgestellt wie die Sammlung des Hau-ses; der Podcast „Quand La Peinture Racon-te Léonard“ des Louvre erschließt die WeltLeonardo da Vincis. Aber auch viele kleine-re und größere Häuser in Deutschland ha-ben Audio-Angebote auf Abruf im Pro-gramm. Da gibt es vieles von zu Hause auszu entdecken. eer.

Automatenfeuer

„Eine kleine Flamme schwelt im Bewusst-sein. Überprüfung gestartet. Kameraverbin-dung nicht verfügbar. Link zum Bewegungs-apparat . . . zerstört.“ So klar, kaputt und de-solat fängt „Short Story Long“ von Jun Ei-shima und Yoko Taro an, der zweite Patch-work-Roman (nach „Long Story Short“von Eishima allein) zum Computerspiel„Nier: Automata“. Der Schwelbrand imKopf, der da beschrieben wird, explodiertzum Feuersturm, wenn man sich in diesesSpiel wirft: In Maschinengestalt kämpftman für die Menschheit und erlebt das eige-ne Raumgefühl als Hauptverkehrskreu-zung zwischen Leib und Seele – bis sich dieanfangs von der Spieleinführung mitgeteil-te Voraussetzung der Geschichte, die manda mitgestaltet, als Täuschung herausstelltund man erkennt, dass „Nier: Automata“mehr kann als die vorhandene Welt verges-sen lassen und für ein paar Stunden eine vir-tuelle an ihre Stelle setzen. Die heftige Ac-tion und die den meisten Filmplots an Tiefeund Gewicht überlegene Story von „Nier:Automata“ wissen und zeigen, dass Men-schen und (sollte es sie je geben) denkendeMaschinen einen Fluch gemeinsam haben:

Sie leben nie nur in der Realität, sonderngleichzeitig auch in ihren Vorstellungenvom Wahren. Tragik, Liebe, Massaker,Sachschaden, Philosophie, alles auf demSchirm: Was will man mehr? dda

Gut Holz

Edgar Bergen und seiner Puppe Charlie Al-len, die nun bedrückt zu Hause sitzen, seiein die Laune auf Anhieb um mehrereStockwerke hebendes Therapeutikum emp-fohlen, das seine Wirksamkeit in einernoch viel größeren Krise – der kometenhaf-

te Aufstieg des Bauchredners Edgar Ber-gen begann 1936, und zwar ausgerechnetim Radio – mehr als bewiesen hat. Bergensfreche, scharfzüngige Holzpuppe CharlieMcCarthy sagte permanent Dinge, dieselbst in den Vereinigten Staaten, Deutsch-land in Humorfragen damals um Lichtjah-re voraus, unerhört scheinen mussten. Einhölzern altersloses Kind aber hatte die Li-zenz zum naiv-ehrlichen Angriff auf alleSitten und Verklemmtheiten. Die größtenMediensuperstars dieser Jahre von FrankSinatra über Dean Martin bis zu MarylinMonroe erlagen dem Charme des Traum-paars. Sie ließen sich in der Radio-Show

und später bei Fernsehauftritten von Char-lie foppen, umgarnen, beleidigen; MaeWest beichtete gar eine Affäre („Splitterüberall“), was zu einem handfesten Skan-dal führte. Einen solchen Wortwitz, so vielFeuer, aber auch so viel Wärme sucht manin der heutigen Comedy vergeblich. Char-lie, das etwas andere Holzmedium, hat alleEpochenwechsel jung und frisch überlebt.Heute findet man viele der Sendungen ver-streut im Internet. oju

Heimat

Sie suchen Ablenkung in schweren Zei-ten? Sie versinken in Nostalgie beim Ge-danken an „früher“, als alles angeblich soeinfach war? Es gibt ein Filmgenre, das ei-gens dafür erfunden wurde: der Heimat-film. Weil Sie aber für Fünfziger-Jahre-Kitsch in Technicolor nichts übrighaben,dafür aber 56 und eine halbe Stunde zurVerfügung, ist „Heimat“ von Edgar Reitzgenau das Richtige für Sie. Die Serie, zu de-ren größten Fans schon Stanley Kubrickgehörte, gilt als Geheimtipp unter Filmen-thusiasten und ist in eleganter Schwarz-weißoptik anzutreffen. Sie verfolgen eineDorfgemeinschaft im Hunsrück durch dasgesamte zwanzigste Jahrhundert und zuvielen Städten Europas. „Heimat“ ist Ge-schichtschronik und Familiensaga zu-gleich, persönliches Schicksal und das gro-ße Ganze. Wenn man sich in einer dystopi-schen Zukunft fragen sollte, was eigent-lich vor Corona so passiert ist, haben Siedie Antwort in einer handlichen DVD-Box. Jetzt ist die Gelegenheit, sich alle Tei-le am Stück reinzuziehen, denn das ist„Heimat“ auch: der Vorgänger der Binge-Serie. Und wenn Ihnen das zu deutsch ist,schauen Sie die Filme des philippinischenRegisseurs Lav Diaz, die sind im Schnittvier bis acht Stunden lang. egla.

Entfliehen, ohne

rauszugehen

Den Ausgang würde zurzeit so mancherDaheimgebliebene gerne nehmen. KleineSpieleboxen und Bücher der Marke „Kos-mos“ lassen Knobelfreunde nach dem Prin-zip der beliebten „Live Escape Room“-Rät-sel ausbrechen – ohne das Haus dabei ver-lassen zu müssen. Nicht durch Hinweiseund Gegenstände findet man hier einenAusweg aus einem kreativ eingerichtetenGefängnis. Bei „Exit – Das Spiel“ ist diePhantasie gefragt. Titel wie „Die Geister-bahn des Schreckens“, „Die vergessene In-sel“ oder auch „Der versunkene Schatz“ las-sen erahnen, in welche Welt die ein bis vierSpieler eintauchen. Einfach nur dasitzenund die Gehirnzellen anstrengen, ist esaber nicht: Die Spieler dürfen aktiv werdenund das beiliegende Material falten, schnei-den und beschriften. Dadurch werden dieSpiele zum einmaligen Erlebnis, die Rätselkönnen nicht zweimal gelöst werden. DreiSchwierigkeitsstufen geben sowohl Einstei-gern als auch Rätselprofis eine Chance.Die Escape-Spiele richten sich meist anSpieler im Alter von zwölf 12 Jahren an, esgibt jedoch auch Boxen und Bücher spe-ziell für Jüngere. Die Spiele und Bücherkosten um die dreizehn Euro. akur.

Piepmätze

Seit einigen Wochen schon sind unsereVögel dabei, ihren Stimmkopf zu ölenund sich warmzusingen. Nun stecken siemit Hilfe melancholisch geflöteter Tonfol-gen sowie zackig abgefeuerter KaskadenReviere ab und umgarnen die Weibchen.

Der ein oder andere Buchfink klingt zwarnoch wie ein stotternder Motor, aber baldwird er sich eingegroovt haben und los-schmettern, was das Zeug hält. Wer sich,weit entfernt von Parks und Gärten, inQuarantäne befindet, muss jedoch keinenstummen Frühling erleben, denn auf etli-chen Youtube-Kanälen können wir heimi-schen wie fremden Vögeln beim Zwit-schern zuhören. Besonders zu empfehlensind die Videos von Paul Dinning, der inden vergangenen Jahren die TierweltCornwalls gefilmt hat: streitende Eichel-häher und sich aufplusternde Schwanz-meisen, futternde Gimpel und perlend sin-gende Rotkehlchen – you name it, he’sgot it. Da Dinning es auf ein breites Publi-kum abgesehen hat, bietet er auch „Vi-deos for Cats“ und „TV for Dogs“ an. DenKommentaren ist zu entnehmen, dasssich die Zielgruppe ausgesprochen zufrie-den zeigt. Ein Ersatz für die Tour im Frei-en sind die Clips freilich nicht, eine sehrgute Alternative in der jetzigen Lage aller-dings schon. span

Wartezimmer

Worauf warten wir?! Bald wohl darauf,wieder das Haus verlassen zu können. Nie-mand beherrscht heute die Kunst, zu war-ten. Das heißt, sich nicht durch vermeintli-che Inaktivität nervös machen zu lassen.Es auszuhalten, nichts zu leisten, ein Zielnicht gleich zu erreichen. Als Lehrmaterialempfehlen wir das Videospiel „The Lon-ging“ (14,99 Euro bei Steam). Darin mussder Schatten eines schlafenden Bergkönigsvierhundert Tage in einem unterirdischenReich darauf warten, seinen Meister zu we-cken. Per Mausklick bewegen wir die Figurdurch zweidimensionale Tableaus einesweitläufigen Höhlensystems. Hetzen lässtsie sich nicht: „Wir haben ja Zeit.“ Stimmt:Die Zeit im Spiel ist Echtzeit. Ein Tagbraucht (bis auf durch bestimmte Orte defi-nierte Ausnahmen) einen Tag. Der Spielerkann nun in seinem kargen Raum sitzen,den es im Laufe des Spieles noch etwas hei-meliger einzurichten gilt, oder auf Erkun-dungstour gehen. Die wird allerdings oftdurch Hindernisse unterbrochen, die nurdie Zeit aus dem Weg räumt. Es dauerteben, bis ein Stalaktit fällt und den Wegüber einen Abgrund freigibt oder eine Pfüt-ze sich durch einen Wassertropfen füllt –eine echte Woche oder zwei Monate. Unddann? Warten Sie es ab! wei.

Singspiel

Was Sie in Quarantäne brauchen, ist eineSerie, die erstens so richtig lange läuft undzweitens mit Ihrem Leben nicht das Ge-ringste zu tun hat – ein anständiger Eska-pismus will schon richtig geplant sein. Net-flix hat da genau das Richtige: „Glee“, eineMusicalserie, in der die Gesangscombo ei-ner amerikanischen High School gegenMobber und um irgendwelche Landesmeis-terschaften kämpft. 121 Folgen à etwa 50Minuten, das macht hundert Stunden, alsoziemlich genau die zwei Wochen, die dasGesundheitsamt als Quarantäne vor-schreibt, wenn Sie jeden Tag Ihre üblicheArbeitszeit vor der Glotze verbringen wol-len. Die Serie ist übrigens wirklich unter-haltsam, und sollten Sie sich doch langwei-len, können Sie die Untertitel anschaltenund bei den Gesangsnummern mitsingen.Serie und Karaoke in einem – mehr kannman doch gar nicht wollen. bähr

Die Letzten

Wenn man Feuer mit Feuer bekämpfenkann, lassen sich auch Ängste mit Ängs-

ten besiegen: In „The Last of Us“, einemVideospiel von 2013, das mit einer ex-trem fesselnden Horror-Story, einer nos-talgischen Post-Apokalypse-Kulisse undeinem melancholischen Soundtrack vonGustavo Santaolalla („21 Grams“, „Ba-bel“) aufwartet, erwacht ein Mädchen,das wir mit üblen Folgen für unseren Ge-fühlshaushalt zu steuern haben, mitten inder Nacht von einem Telefonbimmeln,sucht ihren Vater und stellt fest, dass einePilz-Epidemie Menschen in Monster ver-wandelt. Dann ein Zeitsprung um zwan-zig Jahre: Die Zivilisation ist zusammen-gebrochen. Soldaten kontrollieren dieletzten Quarantänegebiete, und wo sienicht sind, lauert das Grauen erst recht.Nun spielen wir Vater Joel (Troy Baker),der einen Teenie namens Elli (AshleyJohnson) aus der geschützten Zone her-ausbringen muss und dabei die Vereinig-ten Staaten durchquert. Aber im Wechselauch Elli. Was ein weiterer Grund dafürist, weshalb das Storytelling von „TheLast of Us“, brutalstes Gemetzel hin oderher, derart hochgelobt wurde. Im Maikommt Teil zwei. Es ist also genau derrichtige Moment, um sich vorzubereiten,falls man das sehr emotionale Spiel (abachtzehn) noch nicht gespielt hat. Undmitreden will man später ja auch noch:HBO gab letzte Woche bekannt, an einerSerienfassung zu sitzen. math.

Dänen-SagaClaudia, sechzehn Jahre alt, ist aus derBahn geraten: Ihre Mutter säuft sich denVerstand weg, seit ihr Bruder beim Aus-landseinsatz in Afghanistan gefallen ist.Als die Sozialarbeiterin in der dänischenKleinstadt Claudia verordnet, als Haus-haltshilfe beim steinalten Baron Severin zuarbeiten, mault sie rum: „Wieso ausgerech-net bei dem?“ Die Antwort ist hart und heil-sam: „Weil ihr beide keine Zukunft mehrhabt.“ So sieht die Ausgangskonstellationfür eine Annäherung zwischen den Genera-tionen und die Wiederaneignung von Ge-schichte aus. Denn indem Claudia dem al-ten Severin aus dem Tagebuch von dessenUrgroßmutter Inge vorliest, taucht sie einins Dänemark des späten neunzehntenJahrhunderts. Ole Bornedal hat nach eige-nem Drehbuch die Serie „1864 – Liebe undVerrat in Zeiten des Krieges“ (3 DVDs, abelf Euro) gedreht, die bislang teuerste däni-sche Fernsehproduktion, die 2015 auch indeutscher Synchronisierung auf Arte lief.Es geht, fesselnd erzählt, um den deutsch-dänischen Krieg in Schleswig-Holstein, dermit dem Verlust Nordschleswigs für Däne-mark bitter und für beide Seiten mit vielenToten endete. Wir erleben die politischeGeschichte aus der Sicht der BauernbrüderLaust und Peter, die beide dieselbe Frau lie-ben: Inge, die Gutsverwalterstochter. Wirerleben aber auch den fiebrigen Wahn desNationalismus auf dänischer Seite, die Mit-wirkung der Künste – die keineswegs unpo-litisch und schuldlos sind – an der geistigenMobilmachung, wenn sich die Schauspiele-rin Johanne Luise Heiberg als Scharfma-cherin betätigt und den PremierministerDitlev Gothard Monrad rhetorisch zukriegstreiberischen Reden ertüchtigt. DieDeutschen – Bismarck, Moltke, Wilhelm I.– sind die Ruhe selbst. Sie kommen gut wegin dem Film. In Dänemark hat das 2014,zum 150-jährigen Jubiläum des Krieges,für heftige Diskussionen gesorgt. BeimDVD-Schauen sind das acht Stunden besteUnterhaltung und Belehrung. jbm.

OnleiheDass noch immer die meisten von uns ge-druckte Bücher elektronischen vorzie-hen, liest man schon dem geringen Markt-anteil von E-Books ab. Ausgerechnet diederzeitige Corona-Angst könnte dabeihelfen, sich mit diesem Medium vertrau-ter zu machen. Denn wenn immer mehröffentliche Orte nicht mehr zugänglichsind, dann könnte es rasch auch einen derschönsten Treffen: die Stadtbibliothek. Ei-nige – wie die prächtige in Stuttgart – bie-ten schon lange Medien in verschließba-ren Boxen im Eingangsbereich an, dieman selbständig leeren kann, ohne dasHaus zu betreten oder überhaupt Kontaktmit anderen Menschen zu haben. Beque-mer und konsequenter aber ist die soge-nannte Onleihe, mit der registrierte Bi-bliotheksbenutzer vom heimischen PCaus E-Books aus den Beständen der Bi-bliotheken entleihen können. Wer wegenCorona zu Hause bleiben muss, dem soll-te der Lesestoff nicht ausgehen. Zeit ge-nug wäre dann ja da. spre

AktualitätOb das lineare Fernsehen dieser Tage ei-nen Aufschwung erlebt, wird man nochsehen. Die Zuschauer suchen, wenig über-raschend, nach aktueller Information zurCorona-Krise, wovon vor allem die Nach-richtensender profitieren. Dass live über-tragene Fußballspiele, wie nun für allebei Sky zu sehen, in leeren Stadien Ablen-kung darstellen, bezweifeln wir. OhneFans auf den Rängen ist das nichts. Werwirklich Ablenkung sucht, wird beimWohlfühlfernsehen fündig, bei Rosa-munde Pilcher und Konsorten. Für diesesGenre gibt es sogar – allerdings nur alsAbofernsehen –, einen eigenen Sender:„Romance TV“, Schmonzetten nonstop,das meiste von öffentlich-rechtlichen Sen-dern mit dem Schmalzigsten von den Sieb-zigern bis heute. Doch ist dies auch derAugenblick für Eigenwerbung: denn gehtjetzt etwas über die Zeitung – auf Papier,solange sie ausgeliefert wird, oder elektro-nisch – mit der Bandbreite von Themen,die einen interessieren, aber auch jenen,auf die man von selbst nicht gekommenwäre? Nicht nur der Liveticker eröffnetein Tor zur Welt. Das Prinzip Zeitung tutdies, seit 1605 mit der Straßburger „Relati-on“ das erste Blatt erschien. miha.

In QuarantäneWas tun? Was lesen, schauen, hören, da das Coronavirus uns in die Isolation

zwingt? Wir hätten, jenseits der großen Welt der Bücher, ein paar Vorschläge.

Foto

dpa

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FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG SAMSTAG, 14. MÄRZ 2020 · NR. 63 · SEITE 15Feuilleton

HÖRSPIEL

19.04 „Sternenvogel“ – WDR 3Von Hermann Motschach, ca. 56 Min.

20.05 „Gadji Beri #2016“ – DeutschlandfunkVon wittmann/zeitblom, ca. 115 Min.

21.05 „Wer den Wolf fürchtet“ – NDR InfoVon Andrea Czesienski, ca. 55 Min.

KLASSIK

19.05 Geistliche Musik – SWR 2Brumel:„Lamentationes Hieremiae Prophetaein feria sexte Parasceve“ (Musica Secreta, Lei-tung: Deborah Roberts & Laurie Stras); Capri-cornus:„O Traurigkeit, o Herzeleid“ (La Chapel-le Rhénane, Leitung: Benoît Haller), ca. 55 Min.

19.05 Olga Neuwirth: „Orlando“ – BR-KlassikOper in neunzehn Bildern. In englischerSprache. Mit Kate Lindsey (Orlando), AnnaClementi (Erzähler), Eric Jurenas (Schutzen-gel), Constance Haumann (Königin), LeighMelrose (Shelmerdine/Greene), Chor undOrchester der Wiener Staatsoper, MatthiasPintscher (Leitung), ca. 175 Min.

19.05 Luigi Nono: „Al gran sole caricod’amore“ – Deutschlandfunk KulturSzenische Handlung in zwei Teilen. MitMarie-Christine Haase (Sopran), AlexandraSamouilidou (Sopran), Maren Schwier (Sop-ran), Linda Sommerhage (Sopran), SanjaAnastasia (Alt (Mutter)), Alexander Spemann(Tenor), Johannes Mayer (Tenor), BrettCarter (Bariton (Pavel), Peter Felix Bauer(Bass), Florian Küppers (Bass), Chor desStaatstheaters Mainz, Les Métaboles Paris,SWR Experimentalstudio, PhilharmonischesStaatsorchester Mainz, Hermann Bäumer(Leitung), ca. 145 Min.

FEATURE & MAGAZIN

9.05 Bayern 2 am Samstagvormittag – BR 2Angst vor Corona: Gespräch mit Psycholo-gin Shital Balser, ca. 175 Min.

9.10 Das Wochenendjournal – Deutschland-funk Agrarwende, nein danke! Die neuenBauernaufstände, ca. 50 Min.

11.05 Gesichter Europas – DeutschlandfunkAdieu Tristesse – Frankreichs Norden ver-sucht den Aufbruch, ca. 55 Min.

12.05 Zeit für Bayern – BR 2Trauern und Erinnern, Mahnen und Versöh-nen. Zum 75. Jahrestag der ZerstörungWürzburgs. Von Jochen Wobser, ca. 55 Min.

13.05 Bücherfrühling 2020 – DeutschlandfunkKultur Gespräche und Lesungen mit LutzSeiler, Ingo Schulze, Ulla Lenze, Irina Lieb-mann, Bov Bjerg u.a., ca. 175 Min.

16.30 Forschung aktuell – DeutschlandfunkComputer und Kommunikation. Sensor-Hacking. Warum der Controller den Mess-fühlerdaten misstraut, ca. 30 Min.

17.05 Jazz & Politik – BR 2 Vom Abschotten,Überwinden und ... Mauern, ca. 50 Min.

18.05 Feature – Deutschlandfunk KulturDear Mister President … Die Aktionskünstle-rin Sheryl Oring, ca. 55 Min.

19.20 Das Forum – NDR InfoGroße Versprechen. Ursula von der LeyensStart in Brüssel, ca. 30 Min.

LESUNG

8.30 Am Morgen vorgelesen – NDR KulturSelma Lagerlöf: Der Weg zwischen Himmelund Erde, ca. 30 Min.

9.30 Erzählung – HR 2 Martin Walser: Hölderinauf dem Dachboden, ca. 30 Min.

16.04 Lesung – WDR 3 Carson McCullers:„Gesammelte Erzählungen“, ca. 56 Min.

Radio am Samstag

HÖRSPIEL

18.30 „Und dann“ – Deutschlandfunk KulturVon Wolfram Höll, ca. 90 Min.

21.05 „Eheleute, Friedensfreunde“ – NDR InfoVon Sabine Peters, ca. 55 Min.

KLASSIK

19.00 Klassikwelt – Bremen ZweiDie Chorzeit, ca. 180 Min.

19.30 MDR Kultur im Konzert – MDR KulturLiszt: „Christus“ HS 3, Oratorium für Soli,Chor und Orchester, Teil 3: Passion und Auf-erstehung Anschließend:; Beethoven: Sep-tett Es-Dur op. 20 für Violine, Viola, Violoncel-lo, Kontrabass, Klarinette, Horn und Fagott;Brahms: Streichquintett Nr. 2 G-Dur op. 111,ca. 150 Min.

20.03 Konzert – Deutschlandfunk KulturWeill: Suite aus dem Musical „Lady in theDark“, zusammengestellt von Robert RussellBennett; Bartók: Violakonzert Sz. 120;Martinů: Rhapsodie-Konzert für Viola undOrchester H. 337; Dvorák Sinfonie Nr. 8G-Dur op. 88 (Antoine Tamestit, Viola; Deut-sches Sinfonie-Orchester Berlin, Leitung:Robin Ticciati), ca. 117 Min.

FEATURE & MAGAZIN

9.05 Bayern 2 am Sonntagvormittag – BR 2Wie kommen freie KünstlerInnen in Zeitencoronabedingter Absagen zurecht? /Schwerpunkt: Freundschaft / Frauenfreund-schaften – Interview mit Dagmar Röhrig,Buchautorin, ca. 175 Min.

11.30 Sonntagsspaziergang – Deutschland-funk Eisiges Konzert. Das Ice Music-Festivalvon Finse (Norwegen), ca. 90 Min.

14.05 Religionen – Deutschlandfunk KulturMatthias Drobinski und Thomas Urban:„Johannes Paul II. Der Papst, der aus demOsten kam“, ca. 55 Min.

16.30 Forschung aktuell – DeutschlandfunkMittel gegen die Angst: Die Jagd nachMedikamenten und Impfstoffen gegen dasneue Coronavirus, ca. 30 Min.

18.05 Feature – Deutschlandfunk KulturDes Kaisers neue Spiele. Fußball als Schau-fenster für Chinas Expansion, ca. 25 Min.

20.00 Sonntagsstudio – NDR KulturLukas Bärfuss stellt seinen Erzählungsband„Malinois“ vor, ca. 120 Min.

20.05 Freistil – DeutschlandfunkReihe „Leibkultur – Vom Körper“ (3/5).Bodies Under Attack. Eine Reise durch dieWelt der Körpermodifizierung, ca. 55 Min.

23.05 Fazit – Deutschlandfunk KulturTizian: Love, Desire, Death in der NationalGallery in London, ca. 55 Min.

LESUNG

12.30 radioTexte – Das offene Buch – BR 2Preisgekrönt: Lutz Seiler – „Stern 111“ (1/2),ca. 30 Min.

GOTTESDIENSTE

10.00 Evangelischer Gottesdienst – SR2 /RBB Kulturradio / MDR KulturPredigt: Pfarrer Matthias Altevogt.(Aus St. Marien in Lemgo), ca. 60 Min.

10.05 Katholischer Gottesdienst –Deutschlandfunk Generalvikar Theo Paul(Zelebrant). (Aus der Kirche St. Nikolaus aufLangeoog), ca. 55 Min.

Radio am Sonntag

ARD ZDF 3 satARTE RTL SAT 1

ZDF 3 satARTE RTL SAT 1ARD

Fernsehen am Sonntag Aktualisiertes und ausgewähltes Programm www.faz.net/tv

Fernsehen am Samstag Aktualisiertes und ausgewähltes Programm www.faz.net/tv

5.55 Wissen macht Ah! 6.20 Durch dieWildnis – Griechenland 7.10 Paula unddiewildenTiere 7.35Anna unddieHaus-tiere 7.50 Checker Julian 8.15 neunein-halb 8.25 Die Pfefferkörner 8.55 Tages-schau 9.00 Sportschau. 09.00 Ski alpin:Riesenslalom Herren, 1. Lauf; ca. 10.25Slalom D / ca. 11.25 Alpenrausch im Kli-mawandel: Der Ausverkauf der Berge /ca 12.10 Biathlon: Paralympische WM,Zsfg. / ca. 12.20 Ski alpin: RiesenslalomH / ca. 13.35 Biathlon: 12,5 km Verfol-gung H / ca. 14.30 Ski alpin: Slalom D /ca. 15.10 Skispringen: Damen / ca. 15.35Biathlon: 10 kmVerfolgung D / ca. 16.25Skifliegen:Team, 1. Durchgang (HS 240) /ca. 17.35 Skifliegen: Team, 2. Durchgang(HS 240) 18.30 Sportschau 19.57 Lotto

20.00 Tagesschau20.15 Die große Schlager-Überra-

schung zum Abschied! MitRoland Kaiser, Michelle, RossAntony, Ute Freudenberg, BenZucker, Frank Schöbel, MarianneRosenberg, Howard Carpendale

23.00 Tagesthemen MitWetter23.20 Wort zum Sonntag23.25 Maria Wern, Kripo Gotland

Sommerrausch. Schwed. Krimimit Eva Röse, Allan Svensson,Erik Johansson. Regie: ErikLeijonborg, 2015

0.50 Tagesschau0.55 Commissario Laurenti Tod auf

derWarteliste. Dt. Krimi, 20072.23 Tagesschau2.25 Maria Wern, Kripo Gotland

Sommerrausch. Schwed. Krimimit Eva Röse, Allan Svensson,Erik Johansson, 2015

5.20 zdf.formstark 5.35 Die Jungs-WG6.00 Löwenzahn 6.25 pur+ 6.50 Wuffel,der Wunderhund 7.10 Mister Twister7.55 1, 2 oder 3 8.20 Robin Hood 8.45heute Xpress 8.50 Bibi Blocksberg 9.15Bibi und Tina 10.05 Lassie 10.25 heuteXpress 10.30 Notruf Hafenkante 11.15Bettys Diagnose 12.00 heute Xpress12.05 Menschen – das Magazin 12.15Bettys Diagnose 13.45 Rosamunde Pil-cher: BesetzteHerzen. Dt. Romanze, 201415.13 heute Xpress 15.15 Vorsicht, Falle!16.00 Bares für Rares 17.00 heute 17.05Länderspiegel. Coronavirus und die Fol-gen 17.35 plan b. Hilfe für die Seele –Neue Wege aus der Depression 18.05SOKO Wien 19.00 heute 19.20 Wetter19.25 Die Bergretter. Abgeschnitten

20.15 München Mord Was vom Lebenübrig bleibt. Dt. Kriminalfilm mitBernadette Heerwagen, 2020Die Ermittler des Keller-Kommis-sariats finden Unstimmigkeitenim Umfeld des verstorbenenBestatters Thallinger.

21.45 Der Kriminalist22.45 heute-journal MitWetter23.00 Das aktuelle Sportstudio

Fußball: Bundesliga, 26. Spieltag,Topspiel, Union Berlin – 1. FSVMainz 05, Hoffenheim – HerthaBSC, RB Leipzig – SC Freiburg,Borussia Dortmund – FC Schalke04 u.a. /Wintersport: Zusammen-fassungen. Moderation: SvenVoss

0.25 heute Xpress0.30 heute-show1.00 Machen wir’s wie Cowboys

Amerik. WesternkomödiemitWoody Harrelson, 1994

5.00 Best of Arte Journal 5.20 Bildhaue-rinnen 6.15 Clara Haskil 7.15 ClaudeMo-net – Im Licht des Augenblicks 8.10 360°Geo Reportage 9.00 360°. Finnland, dierasenden Schrottkisten 9.55 Stadt LandKunst Spezial. Das Kalkutta von SatyajitRay 10.55 Zu Tisch ... in Aquitanien,Frankreich 11.20 Luther gegen denPapst. Die Reformen des Martin Luther.Franz. Dokumentarfilm, 200313.00 StadtLand Kunst Spezial 13.40 Der Stoff, ausdem der Kosmos ist. Dokumentation17.15 Arte Reportage. Syrien: Auf derFlucht aus Idlib 18.10 Mit offenen Karten.Algerien – Enttäuschte Hoffnung? 18.20GEOReportage 19.10Arte Journal 19.30Transsilvanien: Die geschlossene Weltder Gábor. Dokumentation

20.15 Einstein und Hawking (1/2)Das Geheimnis von Zeit undRaum. Die zweiteilige Dokumen-tation widmet sich zwei Geniesdes 20. Jahrhunderts: AlbertEinstein und Stephen Hawking.DieWissenschafter haben mitihren Ideen ein neues Verständ-nis vom Universum geprägt.

21.05 Einstein und Hawking (2/2)Das Geheimnis von Zeit undRaum. Stephen Hawking widme-te sich in seiner Forscherkarrierevor allem der Frage, wo Einsteinsich geirrt haben könnte.

22.00 Geheimnisvolle SchwarzeLöcher Amerik. Dokufilmmit Janna Levin, 2018

23.55 Philosophie Gibt es auch guteTyrannen? Zu Gast: CélineSpector, Thierry Lentz

0.20 Square für Künstler

7.30Alpenpanorama9.00ZIB9.05Kultur-platz9.35Bilder ausSüdtirol10.00Thema10.45DasGestern fürMorgen –Denkmal-schutz inÖsterreich10.50VonHochoster-witz bis Miramare 11.35 Himmel auf Er-den. Österr. Komödie, 1935 13.00 ZIB13.10 Notizen aus dem Ausland 13.15quer14.00Ländermagazin14.30Kunst&Krempel15.00Traumgärtenauf LaRéuni-on (2/2) 15.25 Der Traum vom Süden –Exotische Pflanzen inÖsterreich 15.35 Ei-ne Reise ins Paradies –Auf der steirischenApfelstraße 16.00 Naturparks in der Stei-ermark – Schützen durch Nützen 16.45WeißePferde17.30 Johanna –KöchinausLeidenschaft. Österr./Dt. Komödie, 200919.00heute19.20MehrZensurwagen? –Der Kampf gegen Hass imNetz

20.00 Tagesschau20.15 Salzburger Festspiele 2019:

Bernard Haitink dirigiert dieWiener PhilharmonikerLudwig van Beethovens 4.Klavierkonzert in G-Dur / AntonBruckners 7. Sinfonie in E-DurMit Emanuel Ax (Klavier)

22.05 Unter Büchern„RegenbeinsFarben“ /„Der Empfänger“ /„Jägerin und Sammlerin“ /„ElijasLied“. Mit Kerstin Hensel (Auto-rin), Ulla Lenze (Autorin), LanaLux (Autorin), AmandaLasker-Berlin (Autorin)

22.50 Der Dieb der Worte Amerik.Drama mit Bradley Cooper, 2012

0.25 lebens.art Die Rätsel desRaffaelo Sanzio – EineWürdi-gung zum 500. Todestag

1.10 Eine Reise durch Niederöster-reichs Naturparks

5.15Der Blaulicht-Report. Jungehatmys-teriöse blaue Flecke 6.00 Familien imBrennpunkt7.00 Familien imBrennpunkt7.55 Familien im Brennpunkt 8.55 DerBlaulicht-Report. Unfallhelferin wird be-wusstlos geschlagen 9.50 Der Blaulicht-Report 11.45 Der Blaulicht-Report. Ver-zweifelteMutter gibt nicht auf12.45DerBlaulicht-Report. Kind verschwindet vomSpielplatz13.45Der Blaulicht-Report. Ba-by wird vor Bäckerei geklaut / Vermeint-licherTramper deckt unglaublichen Planauf /KleinesMädchen flüchtet ausTrans-porter / Einbruch in Supermarkt sorgt fürÜberraschung /Unfallopfer flieht vor Po-lizei 17.45 Best of ...! 18.45 RTL aktuell19.03 Wetter 19.05 Life – Menschen,Momente, Geschichten

5.15Die dreisten drei – Die Comedy-WG.5.40 Klinik am Südring. Doku-Soap 6.30Klinik amSüdring. Doku-Soap 8.25Klinikam Südring. Doku-Soap 9.20 Klinik amSüdring. Doku-Soap 10.15 The BiggestLoser 12.35 Das große Promibacken.„Marz ipan-Mandel -Cro issants“ /schwarz-weiße Torte 15.05 Auf Streife –Die Spezialisten. Doku-Soap 16.00 AufStreife – Die Spezialisten 16.59 So gese-hen 17.00 Auf Streife – Die Spezialisten18.00 Auf Streife – Die Spezialisten. Do-ku-Soap 19.00 Grenzenlos – Die Weltentdecken. British Virgin Islands – HotSpot derMilliardäre. Reporter besuchendie faszinierendsten und schönstenOrteder Welt und stellen ausführlich Landund Leute vor. 19.55 Sat.1 Nachrichten

20.15 Deutschland sucht denSuperstar Liveshow (1/3)Jury: Dieter Bohlen, OanaNechiti, Pietro LombardiSieben Sänger*innen haben esin die erste Liveshow geschafftund beweisen vor Publikum ihrTalent. Erstmals in der Geschich-te von DSDS hat auch dieJury direkten Einfluss auf dieVoting-Ergebnisse.

23.00 Take Me OutShow. In der Show stellt sich einMann 30 attraktiven Ladys undmuss sie über drei Runden vonseinemTyp überzeugen.

0.10 Hotel Verschmitzt –Auf die Ohren, fertig, los!Das Romantikhotel

1.05 Temptation Island – Versu-chung im Paradies (2)

2.00 DSDS Liveshow (1/3)

20.15 Störche – Abenteuer im AnflugAmerik. Animationsfilm. Regie:Nicholas Stoller, 2016. Heutzuta-ge liefern Störche nur nochPakete, bis Junior und Tulipversehentlich die alte Baby-Maschine anschalten.

22.00 Shang-High Noon Amerik./Hongkong. Actionkomödiemit Jackie Chan, OwenWilson,Lucy Liu. Regie: Tom Dey, 2000Prinzessin Pei Pei wurde in denWildenWesten entführt. Derkaiserliche Gardist ChonWangnimmt die Verfolgung auf.

0.05 Mr. Nice Guy Hongkong.Actionfilm mit Jackie Chan,Gabrielle Fitzpatrick. Regie:Samo Hung, 1997

1.40 The Marine 3: HomefrontAmerik. Actionthriller mit Mike„The Miz“ Mizanin, 2013

ZDF Neo

17.35 Die glorreichen 10. Die größtenHeldinnen der Geschichte 18.20 SketchHistory 18.45Dinner Date 19.30Bratma-xe, Bruzzzler & Co.20.15 The Fan. Amerik.Thriller, 1996 22.00 Inglourious Basterds.Dt./Amerik. Antikriegsfilm, 2009 0.25Re-servoir Dogs. Amerik. Thriller, 1992

Phoenix

19.30 Grenzgänger – Spurensuche amehemaligen Todesstreifen 20.00 Tages-schau 20.15 DDR mobil 21.45 Der Os-ten – Entdecke wo du lebst 23.15 ZDF-History 0.00 Gorbatschow – EineBegegnung. Engl./Dt. Dokufilm, 2018

Pro Sieben

18.10 Die Simpsons 19.05 Galileo 20.00Wer schläft, verliert! 20.15 Wer schläft,verliert! Show 22.50Nerve. Amerik. Thril-ler mit Emma Roberts. Regie: HenryJoost, Ariel Schulman, 2016 0.35 FinalDestination 5. Amerik./SIN/Hongkong/Kanad. Horrorfilm, 2011

Tele 5

16.30 Timeless (9) 17.25 TheQuest – DieSerie (9)18.20 Sea Patrol (4)20.15 Fema-

le Agents –GeheimkommandoPhoenix.Franz. Kriegsdrama, 2008 22.30 Brother-hood of Tears – Die letzte Lieferung.Franz./Belg./Luxebm. Thriller, 2013 0.30Im Auge desWolfes. Franz. Drama, 2015

KIKA

17.00 Timster 17.15 The Garfield Show18.00 Wir Kinder aus dem Möwenweg18.15 Die BieneMaja 18.35 Mama Fuchsund Papa Dachs. Animationsserie 18.50Sandmann 19.00Mia andme 19.25Che-cker Tobi 19.50 logo! 20.00 KiKA Live20.10 Checkpoint. Show

Hessen

18.15 maintower 18.45 Was geht, Hes-se?! (3/3) 19.30 hessenschau 20.00 Ta-gesschau 20.15 Tatort. Hinter demSpie-gel. Dt. Krimi, 2015 21.45 DerZürich-Krimi: Borchert und die letzteHoffnung. Borchert und die letzte Hoff-nung. Dt. Krimi, 2018 23.15Der Bestatter(5/10) 1.15 Familie Jones – Zu perfekt,um wahr zu sein. Amerik. Drama, 2009

NDR

16.00 Hubert und Staller 16.45 Helgo-land...mit Judith Rakers17.30 TimMälzer

kocht! 18.00 Nordtour 18.45 DAS! 19.30Regional 20.00 Tagesschau 20.15 Tatort.Borowski unddie heileWelt / Schüsse aufder Autobahn. Dt. Krimi, 2009 23.15 Derdeutsche Michel 0.00 Quizduell

RBB

18.00 UM6 18.30 rbb Kultur 19.00 Hei-matjournal 19.30Abendschau/Branden-burg akt. 20.00 Tagesschau 20.15 Car-men 22.55 rbb24 23.10 DerTel-Aviv-Krimi. Tod in Berlin. Israel./Dt.Krimi, 20150.40 Eye in the Sky – In letzterSekunde. Engl./Kanad. Thriller, 2015

WDR

17.45KochenmitMartina &Moritz 18.15Westart 18.45 Akt. Stunde. Magazin19.30 Lokalzeit 20.00 Tagesschau 20.15Zielfahnder – Blutiger Tango. Dt. Thrillermit Ulrike C.Tscharre, 2019 21.45 Mitter-nachtsspitzen 22.50 Sträter 23.35 JürgenBecker – „Der Künstler ist anwesend“1.05 Wilfried Schmickler„Kein Zurück“

MDR

18.00Heute imOsten18.15 InThüringen18.54 Sandmann 19.00 Regional 19.30MDR aktuell 19.50 Quickie 20.15 Tatort.

Feierstunde. Dt. Krimi, 2016 21.45 Poli-zeiruf 110. Mörderische Dorfgemein-schaft. Dt. Krimi, 2019 23.20 MDR Kultur0.05 HumorZone – Das Magazin

SWR

18.15 Landesschau Mobil 18.45 Stadt –Land – Quiz 19.30 Aktuell 20.00 Tages-schau 20.15 Die Bestatterin – Der Todzahlt alle Schulden. Dt. KrimikomödiemitAnna Fischer, 2019 21.50 Labaule undErben (5/6) 23.15 Fünf Tage Vollmond.Dt. Drama, 2009 0.45Nicht ohnemeinenEnkel. Österr./Dt. Drama, 2013

Bayern

18.30 Rundschau 19.00 Gut zu wissen19.30Kunst & Krempel20.00 Tagesschau20.15 Seegrund. Ein Kluftingerkrimi. Dt.Kriminalfilm mit Herbert Knaup, 201321.45 Rundschau 22.00 Ludwig auf Frei-ersfüßen. Dt. Komödie, 1969 23.20 Som-mer der Gaukler. Dt./Österr. Historien-film, 2011 1.00 Lilly Schönauer – PaulasTraum. Österr./Dt. Romanze, 2009

RTL 2

16.15 Zuhause im Glück 18.15 Zuhauseim Glück 20.15 I, Frankenstein. Amerik./

Austral. Fantasyfilm mit Aaron Eckhart,201422.00Katakomben. Amerik. Horror-thrillermit PerditaWeeks, 201423.50 TheWalking Dead. Horrorserie

Super RTL

18.10 Die Tom und Jerry Show 18.40Woozle G. 19.10ALVINNN!!! 19.40Ange-lo! 20.15 Mäusejagd. Amerik. Komödie,199722.00 Larry Crowne. Amerik. Komö-die, 2011 0.00 Comedy total

Kabel 1

16.15 Kabel Eins News 16.30 EUReKA –Die geheime Stadt 20.15 MacGyver22.05 Lethal Weapon. Actionserie. Feig-lingsspiel / Der Spion, der mich liebte23.55 Hawaii Five-0 0.45 MacGyver

Vox

18.00 hundkatzemaus 19.10 Die Pferde-profis (5) 20.15 The Circle. VAE/Amerik.Thrillermit EmmaWatson, 201722.20Me-dical Detectives.Wenn der Schein trügt

ARD-alpha

17.00 Meryns Sprechzimmer 17.45Hauptsache gesund 18.30 Der Gesund-

heits-Check 19.00 Schätze derWelt spe-zial 19.30 Global 3000 20.00 Tagesschau20.15 Helden derWissenschaft (5/6) Do-kumentationsreihe 21.55 Der Letzte sei-nes Standes? Reportagereihe 23.55 Hel-den derWissenschaft (5/6) 1.35 UFO

WELT

StündlichNachrichten 17.05 Project Im-possible 18.05 Strom aus Sturm – EinWindrad entsteht 19.05 Die fünf Besten20.05Gigantische Speisen –Die größtenGerichte der Welt. Reportage 21.05 BigMac,Whopper & Co. – Alles über Burger.Reportage22.00Gemüse, Obst, Geschäf-temacher – Nachtschicht auf demGroß-markt. Dokumentation 23.05 Harte Ar-beit auf rauer See 0.55 Schwertransportim Dschungel 1.45 Dunkle Geschäfte?Mit dem Zoll auf Schmugglerjagd!

ntv

Stündlich Nachrichten 16.10 Mega-Bau-werke. Die Super-Stadt Astana 17.05De-luxe – Alles was Spaß macht. KITT – EinVermögen für ein Kultauto 18.30 Aus-landsreport 19.05 Wissen. Von der RübezumZucker 20.15Krieg und Frieden. Do-kumentationsreihe 22.10Mega-Projekteder Nazis 0.55 Krieg und Frieden

5.55 Wissen macht Ah! 6.20 Durch dieWildnis – Griechenland 7.05 TigerentenClub 8.05 Tiere bis unters Dach 8.35 DieMaus 9.05 Tagesschau 9.10 Sportschau.Biathlon: Paralympische WM / ca. 09.20Ski alpin: SlalomHerren / ca. 10.30 Lang-lauf: Sprint Damen und H / ca. 11.00Ohne Gewehr – Leben nach dem Biath-lon / ca. 11.33 Snowboardcross / ca. 12.20Ski alpin: Slalom H / ca. 13.15 Biathlon:Single-Mixed-Staffel / ca. 14.10 Skisprin-gen / ca. 14.50 Freestyle: Dual Buckelpis-te / ca. 15.05 Biathlon: Mixed-Staffel / ca.16.30 Skifliegen: Einzelfliegen (HS 240)Herren, 1. und 2. Durchgang 18.30 Be-richt aus Berlin18.49 Lotto18.50 Linden-straße19.20Weltspiegel. Auslandskorre-spondenten berichten

20.00 Tagesschau20.15 Tatort Das perfekte Verbrechen

Dt. Krimi mit Meret Becker, MarkWaschke, Peter Kurth. Regie:Brigitte Maria Bertele, 2019Eine Studentin bricht auf einembelebten Platz tot zusammen.Sie starb durch einen Schuss inden Hinterkopf.

21.45 Anne Will Diskussion22.45 Tagesthemen23.05 ttt Shut down im Kulturbetrieb /

John Grisham„DieWächter“ /Der Fotograf Karl Lagerfeldund seinWerk /„STERN111“ –Lutz Seilers neuer Roman

23.35 Die Erfindung der LiebeDt./Luxebm. Drama, 2013

1.15 Tagesschau1.20 To the Wonder – Die Wege der

Liebe Amerik. Romanze, 20123.05 Tagesschau3.10 Anne Will Diskussion

6.55 Bibi Blocksberg 7.20 Bibi und Tina7.45 Mia and me 8.35 Löwenzahn 9.00heute Xpress 9.03 sonntags 9.30 Ev. Got-tesdienst 10.15 Kreuzfahrt ins Glück.Hochzeitsreise in die Provence. Dt. TV-Familienfilm mit Jessica Boehrs, 201311.45 heute Xpress 11.50 Bares für Ra-res – Lieblingsstücke 13.55 kaputt und... zugenäht! Magazin 14.40 heute 14.45Zurück in die Zukunft. Amerik. Sci-Fi-Filmmit Michael J. Fox, 1985 16.30 planet e.Verändert grünes Geld die Welt? 17.00heute 17.15 UnsereWälder. Im Reich desWassers 18.00 ZDF.reportage. HarteSchule 18.30 Terra Xpress 19.00 heute19.10 Berlin direkt 19.28 AktionMenschGewinner 19.30 Terra X. Anthropozän –Das Zeitalter des Menschen (2/3): Luft

20.15 Ein Tisch in der ProvenceHoffnung auf Heilung. Dt.Romanze mit Friederike Linke,Nico Rogner, Sabine Vitua. Regie:Dagmar Seume, 2020. Véro willdie Arztprüfung in Montpellierablegen.Währenddessenversucht Dr. Hugo Simon inTalon Fuß zu fassen.

21.45 heute-journal22.15 Arctic Circle – Der unsichtbare

Tod (5/5) KrimiserieDer Zustand von Ninas Tochterverschlimmert sich drastischund sie benötigt dringendeine Lebertransplantation.

23.30 Precht Ökonomie und Ökolo-gie – EinWiderspruch? ZuGast: Maja Göpel (Scientistsfor Future). Moderation:Richard David Precht

0.15 ZDF-HistoryGöttinnen der Leinwand

6.50Kernfusion –DerTraumvonder Son-nenenergie7.45Karambolage8.00Denkmal quer! 8.25 Echt genial 8.40 Schau inmeine Welt! 9.05 Arte Junior Magazin9.20Tagebucheiner Kammerzofe. Franz./Belg. Drama, 201510.55ZumErsten, zumZweiten, zum Dritten! 11.20 Vox Pop12.00Unsere Erde, dermysteriöse Planet12.40Unsere Erde, dermysteriöse Planet13.30 Wenn nachts der Ozean erwacht14.15 Ozeanriesen 15.05 Ozeanriesen.Goldene Jahre 16.00 Picasso, Braque &Cie 16.55 Metropolis. Rijeka – KroatiensHafenderVielfalt17.40HilaryHahn spieltBach 18.25 ZuTisch ... in Umbrien 18.55Karambolage 19.10 Arte Journal 19.30360° Geo Reportage. St. Bernhard –VonMenschen und Hunden

20.15 K-19 – Showdown in der TiefeEngl./Dt./Amerik./Kanad. Thrillermit Harrison Ford, Liam Neeson,Peter Sarsgaard. Regie: KathrynBigelow, 2002. In der Zeit desKalten Krieges hat ein russischesAtom-U-Boot vor der US-Küsteeine Panne. Eine Explosionwürde ein zu Hilfe geeiltesamerikanisches Schiff zerstörenund den 3.Weltkrieg auslösen.

22.25 Jacques Mayol, Dolphin ManMit einem Atemzug in die TiefeFranz./GR. Dokufilm mit JacquesMayol. 2017. Die Dokumentationerzählt die bewegende Lebens-geschichte des französischenRekordtauchers Jacques Mayol.

23.25 La Traviata by Sofia Coppola &Valentino Oper. Aus der Operadi Roma, Italien Mit FrancescaDotto, Antonio Poli

1.40 Iona Engl. Drama, 2015

5.05 Der Pazifische Feuerring (4/4) 5.45Sansibar 6.15makro 6.45 Tele-Akademie7.30Alpenpanorama9.00ZIB9.05 Stern-stunde Philosophie 10.05 Herzensbre-cher. Kanad. Drama, 2010 11.05Die Bau-haus-Revolution (1/2) 11.50 DieBauhaus-Revolution (2/2) 12.35 Kathed-ralen der Kultur (2/3) 13.00 ZIB 13.05 Er-lebnis Österreich 13.30 Stockholm 14.00KöniglicheGärten 14.40 KöniglicheGär-ten. Het Loo – Das Versailles Hollands15.25 Königliche Gärten. HamptonCourt –VonGeistern undRosen 16.10W.E. –Die Romanze des Jahrhunderts. Engl.Drama, 2011 18.00Buchzeit 19.00heute19.10 NZZ Format 19.40 Schätze derWelt. Berge der vielenWasser –DurmitorNationalpark (Montenegro)

20.00 Tagesschau20.15 Pufpaffs Happy Hour Zu Gast:

Abdelkarim, OHNE ROLF, MissAllie, Michael Mittermeier,Rainald Grebe. Mit SebastianPufpaff. Zu Gast bei SebastianPufpaff sind heute Abdelkarim,OHNE ROLF, Miss Allie, MichaelMittermeier und Rainald Grebe.

21.00 Nuhr im ErstenNur aus Berlin. Zu Gast: SimoneSolga, Bastian Bielendorfer,Alfred Mittermeier, Sarah BosettiModeration: Dieter Nuhr

21.45 Die Mathias Richling ShowDer Kabarettist und Schauspielerparodiert in seiner Show Persön-lichkeiten aus Politik undGesellschaft.

22.30 Herrgott für Anfänger Österr.Komödie mit Deniz Cooper, 2017

0.00 The Call – Leg nicht auf! Amerik.Thriller mit Halle Berry, 2013

5.30 Der Blaulicht-Report 5.50 FamilienimBrennpunkt9.15Die Superhändler – 4Räume, 1 Deal 10.05 Die Superhändler –4 Räume, 1 Deal. Spiegel / Figur „Bleibsein Kind“ / WMF Flaschenhalter undSchale / Twiggy Büste 11.05 Die Super-händler – 4 Räume, 1 Deal. BlechschilderPepsi / Kleider Philipp Plein / Bankerlam-pe 12.05 Undercover Boss. Accor Hotel13.05 Undercover Boss. Stölting ServiceGroup 14.00 Deutschland sucht den Su-perstar. Liveshow (1/3) 16.45 Explosiv –Weekend. Magazin. Moderation: SandraKuhn17.45Exclusiv –Weekend.Magazin.Moderation: Frauke Ludowig 18.45 RTLaktuell 19.03 Wetter 19.05 Martin Rüt-ter – Die Welpen kommen (5) FamilieStadler aus Bayern: Mischling„Lucy“

5.40 Watch Me – das Kinomagazin 5.55Auf Streife 6.55 Auf Streife 7.50 So ge-sehen – Talk am Sonntag. Zu Gast: MiraUngewitter 8.10 Genial daneben – DasQuiz 9.10 TheVoice Kids 11.40 111 totalverrückteTiere!VonGrzimekbis zumKat-zenvideo 13.40 Shang-HighNoon. Ame-rik./Hongkong. Actionkomödie mit Ja-ckie Chan, OwenWilson, Lucy Liu. Regie:TomDey, 2000 15.50 Störche –Abenteu-er im Anflug. Amerik. Animationsfilm.Regie: Nicholas Stoller, Doug Sweetland,2016 17.30 The Biggest Loser. Jury: Dr.Christine Theiss, Ramin Abtin, Petra Ar-vela. Auch in diesem Jahr wird Dr. Chris-tine Theiss wieder übergewichtige Kan-didaten beim Abnehmen unterstützen.19.55 Sat.1 Nachrichten

20.15 The CommuterFranz./Amerik. Thriller mit LiamNeeson, Vera Farmiga, PatrickWilson. Regie: Jaume Collet-Ser-ra, 2018. Michael McCauleypendelt jeden Tag aus einembeschaulichen Vorort nachManhattan zur Arbeit. EinesAbends setzt sich eine Fremdezu ihm, und er gerät ins Zentrumkrimineller Machenschaften.

22.10 James Bond 007 – CasinoRoyale Engl./BHA/Tschech./Dt./Amerik. Agentenfilm mit DanielCraig, Eva Green, Mads Mikkel-sen. Regie: Martin Campbell,2006. Agent 007, besser bekanntals James Bond, legt sich mitdem Finanzhai und Poker-Profi Le Chiffre an.

0.55 The Commuter Franz./Amerik.Thriller mit Liam Neeson,Vera Farmiga, 2018

20.15 The Voice KidsBlind Audition (4/6). Jury: LenaMeyer-Landrut, Max Giesinger,Sasha, Florian Sump, LukasNimscheck. Moderation: ThoreSchölermann, Melissa Khalaj.Florian Sump und Lukas Nim-scheck von der Band„DeineFreunde“ sind dieses Jahr zumersten Mal als Coaches dabei.

23.00 Genial daneben Zu Gast: Hellavon Sinnen,Wigald Boning,Bastian Pastewka, Martin Rütter,Lisa Feller. Fünf Comedy-Starsstellen sich den Fragen derZuschauer, die siemöglichstwitzig und intelligent beantwor-tenmüssen. Sollten sie keinepassende Antwort haben,gewinnt der Fragesteller 500 Euro.

23.55 The Voice KidsBlind Audition (4/6)

2.10 Auf Streife – Die Spezialisten

ZDF Neo

18.45 Father Brown 20.15 Kein Entkom-men. Dt. Psychothriller, 2014 21.45 Ent-führt (1/2) Dt. Thriller mit Heino Ferch,2009 23.15 Entführt (2/2) Dt. Thriller mitHeino Ferch, 2009 0.45 heute-show

Phoenix

17.00 Mysterien des Mittelalters 18.30Der Osten – Entdeckewo du lebst 20.00Tagesschau 20.15 Schatzkammer Regen-wald – Der Manu-Nationalpark in Peru21.00 Wildes Chile 21.45 ZDF-History23.15 phoenix satire 0.30 bilder der ge-schichte. Dokumentationsreihe

Pro Sieben

18.10 Die Simpsons. Zeichentrickserie.Chief der Herzen / Traumwelten 19.05Galileo 20.15 9Tagewach. Dt. DramamitJannik Schümann, 2020 22.30Dropout –Die Dokumit Eric Stehfest. Dt. Dokufilm,2020 23.30 9Tagewach. Dt. Drama, 20201.30Buried – Lebendbegraben. Amerik./Span./Franz./Engl. Thriller, 2010

Tele 5

18.05 Inspektor Clouseau – Ein Schuss imDunkeln. Engl./Amerik. Krimikomödie,

1964 20.15 Fantomas. Franz./Ital. Krimi-komödie, 196422.25 Ich, Dr. FuManChu.Engl./Dt. Gruselfilm, 1965 0.10Die Klassevon 1999. Amerik. Sci-Fi-Film, 1990

KIKA

17.00 1, 2 oder 3 17.25 Die Piraten vonnebenan 18.00 Wir Kinder aus demMö-wenweg 18.15Die BieneMaja 18.35Ma-ma Fuchs und Papa Dachs. Animations-serie 18.50 Sandmann 19.00Mia andme19.25 pur+ 19.50 logo! 20.00 Erde anZukunft 20.10 stark! – Kinder erzählenihre Geschichte. Katja – Ich will nichtmehr dick sein 20.25 Schau in meineWelt! Phil, der Rettungsschwimmer

Hessen

16.15AllesWissen 17.00Mex 17.45 Jetztmal Klartext!18.30Hessenreporter19.00maintower kriminalreport. Bad Nauhei-mer: Krankenschwester vorGericht19.30hessenschau 20.00 Tagesschau 20.15Herrliches Hessen 21.00 Erlebnis Hessen21.45 Sportschau 22.05heimspiel! Bun-desliga 22.15 die jackpot-jäger 23.00strassen stars 23.30 Die Montagsmaler.Show 0.15 Ich trage einen großen Na-men. Ein Ratespiel mit Nachfahrenberühmter Persönlichkeiten

NDR

16.00 Lieb und teuer 16.30 Sass: So isstder Norden 17.00 Bingo! – Die Umwelt-lotterie 18.00 Hanseblick 18.45 DAS!19.30 Regional 20.00 Tagesschau 20.15Inas Reisen21.45 Sportschau22.05NDR-Quizshow 22.50 Sport 23.35 Sportclub(2) 0.20 Dittsche 0.50 Quizduell

RBB

17.05 In aller Fr. 17.50 Sandmann 18.00UM6 18.30 Tier zuliebe 19.00 Täter –Op-fer ... 19.30 Abendschau/Brandenburgakt. 20.00 Tagesschau 20.15 Gefragt –Gejagt 21.00 Gefragt – Gejagt 21.45rbb24 22.00 Sportschau 22.20 Sir SimonRattle dirigiert die Berliner Philharmoni-ker 23.50 Verschlusssache Umwelt 0.352 Sturköpfe imDreivierteltakt. Dt. Komö-die mit Uwe Ochsenknecht, 2016

WDR

18.15 Tiere suchen ein Zuhause 19.10Akt. Stunde 19.30 Westpol 20.00 Tages-schau 20.15 Wunderschön! Romanti-sches Holland – Zwischen Tulpenprachtund Königskrone 21.45 Sportschau22.15 Nicht dein Ernst! 23.00 Zeiglerswunderbare Welt des Fußballs 23.30Dittsche –Daswirklichwahre Leben0.00

Das Leben ist kein Pausenhof 1.00 Rock-palast. Eurosonic 2020 (2/2)

MDR

19.30MDRaktuell 19.50 Kripo live 20.15HumorZone 21.45 MDR aktuell 22.05Sportschau 22.25 MDR Zeitreise 22.55Die letzte DDR-Regierung oder wiemansich selbst abschafft. Dt. Dokufilm, 20180.25 Ehefrau dringend gesucht! Gogitasneues Leben. GEO. Dokufilm, 2016

SWR

18.15 Ich trage einen großen ... 18.45Treffpunkt19.15Die Fallers19.45AktuellBW 20.00 Tagesschau 20.15Die Schweizvon oben – Vom Zauber der Alpenrepu-blik. Dt. Dokumentarfilm, 2019 21.45Sportschau 22.05 SWR Sport 22.50 DieFrau, die sich traut. Dt. Drama mit SteffiKühnert, 2013 0.20 Nuhr im Ersten

Bayern

18.30 Rundschau 18.45 Kommunalwahl2020 20.00 Tagesschau 20.15 Kommu-nalwahl 2020. Bericht 21.00 Energiespei-cher – Neue Wege für den Strom 21.45Rundschau 22.10 Sport 23.00 Kommu-nalwahl 20200.10HeißmannundRassau

RTL 2

18.15 GRIP 20.15 Der Hobbit – Eine un-erwartete Reise. Amerik./Neuseel. Fanta-syfilm, 2012 23.55 Stolz und Vorurteilund Zombies. Amerik. Horrorkomödie,2016 1.50 Land of theDead. Amerik./Ka-nad./Franz. Horrorthriller, 2005

Super RTL

17.10 GoWild! 17.40 Bugs Bunny & Loo-neyTunes 18.10DieTomund Jerry Show18.40 Woozle G. 19.10 ALVINNN!!! 19.40Angelo! 20.15 MachoMan. Dt. Komödie,2015 22.15 Cold Justice 23.45 Comedytotal 0.10 Infomercials

Kabel 1

16.05Kabel Eins News 16.20Mein Lokal,Dein Lokal – Der Profi kommt 20.15 Po-lice Academy III – ... und keiner kann siebremsen. Amerik. Komödie mit SteveGuttenberg, 1986 22.00 Abenteuer Le-ben am Sonntag 0.00 Trucker Babes –400 PS in Frauenhand. Doku-Soap

Vox

17.00 auto mobil. Magazin 18.10 BieteRostlaube, sucheTraumauto (4) 19.10Abins Beet! Die Garten-Soap (4) 20.15 Kit-

chen Impossible. Tim Mälzer vs. MartinKlein23.40Prominent!Magazin0.20Me-dical Detectives. Dokumentationsreihe.Auf der Flucht / Mordszenarien

ARD-alpha

17.30WwieWissen 18.00 Einfach genial18.30Quarks19.15SchätzederWelt spe-zial 19.30 Respekt 20.00 Tagesschau20.15 DieWelt im Krieg 22.00 WerkstattLorin Maazel 23.00 Klick-Klack 23.30 le-senswert quartett. Anna Burns: Milch-mann, Klett-CottaVerlag 0.30 alpha-Jazz

WELT

Stündlich Nachrichten 19.05 Die Ge-heimnisse der Geschichte 20.05 DerZweite Weltkrieg aus dem All 21.55 EvaBraun – Leben und Sterben für Hitler23.00 Hitler und derWolf – Rassenwahnim Dritten Reich 0.00 Spezialkomman-dos im ZweitenWeltkrieg

ntv

StündlichNachrichten 18.30 Wissen. Dieverstrahlteste Touristen Tour der Welt19.10 PS – Das Automagazin 20.15 Auf-stand der Barbaren. Historienserie 0.10Giganten der Geschichte

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Page 16: Frankfurter Allgemeine Zeitung - 14 03 2020

SEITE 16 · SAMSTAG, 14. MÄRZ 2020 · NR. 63 FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNGLiterarisches Leben

Dieser Text, den Hölderlin wohl am 20.Juni 1800 auf dem Weg von Nürtingennach Stuttgart geschrieben hat, ist offen-sichtlich unfertig. Allenfalls hat man eshier mit dem Konzept eines Gedichts zutun. Dennoch ist es ein ästhetisch faszi-nierendes Gebilde: Man meint, einzelneBruchstücke einer prächtigen antikenVase vor sich zu haben. Diese Vase aberhat nie existiert, es gibt sie nur gleich-sam ex negativo, impliziert in ihrenScherben, und gerade das macht denText aus heutiger Perspektive so reizvoll.

Doch der Reihe nach: Ende Juni batHölderlin seine Mutter in einem Brief,seiner „teuren Schwester“ – gemeint warMaria Eleonora Heinrika Breunlin, vonihm „Rike“ genannt – „Tausend Grüße“zu bestellen. Hintergrund war wahr-scheinlich der Tod von Heinrikas Mannwenige Monate zuvor; seitdem lebte siewieder bei ihrer Mutter. Und weiter: „Ichhabe neulich unterwegs ein kleines Ge-dicht an sie entworfen, das ich ihr nächs-tens schicken will, wenn es ihr einen ver-gnügten Augenblick machen sollte.“ Al-les spricht dafür, dass es sich bei dem vor-liegenden Text um diesen Entwurf han-delt. Hölderlin hat ihn nie ausgeführt;warum, weiß man nicht.

Welche Art von Gedicht mag ihm vor-geschwebt haben? Der Text erlaubt ge-wisse Rückschlüsse darauf, denn derprägnante Beginn – „Übernacht’ ich imDorf“ – entspricht rhythmisch exakt

dem Beginn der asklepiadeischen Oden-strophe, einer antiken Form, die Hölder-lin vielfach verwendet hat, am schönstenvielleicht in seiner Ode „Heidelberg“ mitihrem unvergesslichen Einstieg: „Langelieb’ ich dich schon“. Auffällig ist außer-dem das wiederholte Auftreten einer wei-teren einprägsamen rhythmischen For-mel: des Adoneus, so schon im Titel, unddann in den Wendungen „Straße hin-unter“, „Sonne der Heimat“ und „Män-ner und Mutter“, nicht weniger als vier-mal also auf kleinstem Raum. Wie der Li-teraturwissenschaftler Winfried Men-ninghaus gezeigt hat, verweist der Ado-neus bei Hölderlin auf die von ihm ver-ehrte antike Odendichterin Sappho.Dazu passt auch, dass dem Text im Manu-skript ein Konzept mit dem Titel „Sap-phos Schwanengesang“ vorausgeht.

Allem Anschein nach wollte Hölderlinseiner Schwester also eine Ode widmen,ähnlich wie er das im Jahr zuvor für sei-ne „verehrungswürdige Großmutter“ an-lässlich ihres Geburtstags getan hatte.Während dieses Gedicht seinen Charak-ter als eine – wenn auch überaus kunst-volle – Pflichtübung nicht ganz verleug-nen kann, lässt „An meine Schwester“ein inniges Verhältnis des Dichters zuder von ihm bedichteten Person erken-nen. Hölderlin hing an seiner Schwesterund hatte, als sie noch mit ihrer Familiein Blaubeuren lebte, immer wieder vorge-habt, sie dort zu besuchen.

Offenbar imaginiert der Text einen sol-chen Besuch, und er tut dies auf einezwar lückenhafte, aber alles Wesentlicheenthaltende Weise: Am Anfang steht dieRückkehr des Ichs in seine „Heimat“, woes zunächst im „Dorf“ übernachtet, „Alb-luft“ atmet und dann den Weg die „Stra-ße hinunter“ nimmt, wo ein „Haus“steht, in dem es zum „Wiedersehn“kommt, wohl mit der Schwester und denIhren. Es folgt ein Ausflug in die Natur,Zeit mit „Freunden“ und Familie. Mitdem Wort „Schlummer“ kehrt der Textam Ende zu seinem Ausgangspunkt zu-rück, ein Kreis schließt sich.

Der Text stellt mit der Rückkehr in dieHeimat somit eine archetypische Erfah-rung dar, die Hölderlins Gedichte in vie-len Varianten durchzieht. Auch dieSchlüsselwörter „Schwester“, „Heimat“und „Schlummer“ tauchen immer wie-der darin auf und entwickeln dabei eineBedeutungsfülle, die weit über die eigent-lichen Wortbedeutungen hinausweist:Als „Schwester“ werden bei Hölderlinzum Beispiel auch Diotima und die Na-tur bezeichnet, „Heimat“ ist hier eine me-taphysisch aufgeladene Kategorie, und„Schlummer“ kann für Erlösung und Todstehen, wie in der „Abendphantasie“:„Komm du nun, sanfter Schlummer!“

Damit wird deutlich, dass es in diesemText um weit mehr geht als die Schwes-ter Hölderlins. Zugleich geht es um einThema, das ihn durchgängig beschäftigt

hat: die Sehnsucht, die – wie es in „Hype-rion“ heißt – „Dissonanzen der Welt“überwinden zu können, „Eines zu seinmit Allem“. Dem vorliegenden Text je-doch, der diese Sehnsucht zum Ausdruckbringt, scheinen, eben weil er unfertigist, weil er keine feste, geschlossene Ge-stalt angenommen hat, jene „Dissonan-zen der Welt“ eingeschrieben, er selbstscheint gewissermaßen uneins zu seinmit sich. Die einzelnen Bruchstücke fü-gen sich nicht zum Ganzen. Gerade des-halb aber übt der Text heute eine solcheFaszination aus: Sie hängt mit der Tatsa-che zusammen, dass die Idee ästheti-scher Ganzheit in der Moderne proble-matisch geworden ist und anders als imGegenlicht des Fragmentarischen kaumnoch gedacht werden kann. Nirgendwolässt sich dies besser studieren als beiHölderlin.

Friedrich Hölderlin: „Sämtliche Gedichte“.Hrsg. von Jochen Schmidt. Deutscher Klassi-ker Verlag, Frankfurt amMain 2005. 1152 S.,br., 25,– €.

Von Frieder von Ammon ist zuletzt erschie-nen: „Lyrik / Lyrics“. Songtexte als Gegen-stand der Literaturwissenschaft. Hrsg. vonFrieder von Ammon und Dirk von Petersdorff.Wallstein Verlag, Göttingen 2019. 424 S., geb.,34,90 €.

Eine Gedichtlesung von Thomas Huber findenSie unter www.faznet/anthologie.

Übernacht ich im Dorf

Albluft

Straße hinunter

Haus Wiedersehn. Sonne der Heimath

Kahnfahrt,

Freunde Männer und Mütter.

Schlummer.

FRANKFURTER ANTHOLOGIE Redaktion Hubert Spiegel

Frieder von Ammon

Die Sehnsucht, eins zu sein mit allem

Friedrich Hölderlin

An meine Schwester.

In diesen Leipziger Tagen ohneBuchmesse brandete der größteLeserapplaus am Donnerstag-abend im Literaturhaus der Stadtauf: nach der Ankündigung zuVeranstaltungsbeginn, man wer-

de sich mit dem allbeherrschenden The-ma der Corona-Epidemie in den kommen-den anderthalb Stunden nicht beschäfti-gen. Der Beifallssturm kündete vom Wil-len des Publikums, sich nicht alle schönenSeiten des Lebens durch die Angst vor An-steckung nehmen zu lassen. Und so warder Saal denn auch voll besetzt. Es war diebestbesuchte unter den verbliebenen Ver-anstaltungen von „Leipzig liest“, dem dieBuchmesse begleitenden Lesungspro-gramm, das zusammen mit ihr in der ver-gangenen Woche eigentlich abgesagt, abervon einzelnen Veranstaltern als „Leipzigliest trotzdem“ wiederbelebt worden war.Oder sagen wir besser: wiederzubelebenversucht worden war. Denn der Wunschnach vom Coronavirus unbehelligten Lese-freuden war natürlich eine Illusion.

Dabei war der Abend im Literaturhausin vielerlei Hinsicht ein glücklicher Son-derfall. Thorsten Ahrend, der Leiter desHauses, hatte sich seit der Messeabsagedarum bemüht, so viel von seinem Pro-gramm zu retten wie nur möglich. Dochdafür brauchte es mehr als die eigene Ab-sicht, zum Beispiel auch die Mitarbeit derVerlage. Die war seitens der großen Unter-nehmen im Regelfall nicht zu bekommen– auch weil sie keine Fragen unter den ei-genen Autoren provozieren wollten, war-um denn Einzelne doch noch in Leipzig le-sen dürften. Aber S. Fischer hielt es an-ders und unterstützte weiterhin den Auf-tritt im Literaturhaus: Zu Gast war IngoSchulze mit seinem neuen Roman „Dierechtschaffenen Mörder“ (F.A.Z. vom 12.März). Schulze ist in diesen Tagen so et-was wie der personifizierte Durchhaltewil-le der deutschen Literatur; am Vorabendwar er in Berlin aufgetreten, am Freitag-abend hätte er im Literaturhaus Halle le-sen sollen (aber die Stadt Halle sagte justam Donnerstag alle öffentlichen Veran-staltungen bis Ende März ab), und für denheutigen Samstagabend ist Schulze gleichnoch einmal in Leipzig angekündigt, alseine Art Herzenssache: in der innerstädti-schen Connewitzer Verlagsbuchhandlung,wo vor 25 Jahren eine seiner ersten Lesun-gen überhaupt stattgefunden hatte. Auchdiese Veranstaltung ist ausverkauft.

Peter Hinke ist der Chef dieser 1990 mit-ten im gesellschaftlichen Umbruch gegrün-deten Institution des Leipziger literari-schen Lebens. Er fühlt sich durch die aktu-ellen Entwicklungen an diese Anfangszeiterinnert: „Wir machen es wie 1990, spon-tan und ohne zu wissen, was genau aufuns zukommt.“ Für den heutigen Samstaghat die Buchhandlung ein vom späten Vor-mittag bis in den Abend reichendes dich-tes Lesungsprogramm geschnürt, teilwei-se durch persönliche Kontakte kurzfristignoch lokale Autoren gewonnen, um Lü-cken zu schließen, und auch bei einem Er-folgsautor wie Schulze will man nicht in ei-nen größeren Saal als das eigene Oberge-schoss umziehen: „Im kleinen Kreis füh-len sich die Leute sicherer.“

Vor der Ladenkasse steht ein schnell ge-zeichnetes Plakat mit einem niedlichenNagetier: „Jetzt Bücher hamstern“. SpürtHinke als Buchhändler schon die Effektedes Rückzugs vor drohender Erkrankung

in die eigenen vier Wände? „,Die Pest‘ vonCamus verkauft sich ziemlich gut im Mo-ment“, sagt er einigermaßen spöttisch,aber von einem großen Zuwachs des Buch-verkaufs angesichts fehlender kulturellerAlternativen sei noch nichts zu merken.Sollte es dazu kommen, werden ohnehinandere das große Geschäft machen, der In-ternet-Versandbuch-Riese Amazon etwa.Ein Verleger, der trotz der Messeabsagenach Leipzig gekommen ist, weil er seinHotelzimmer nicht mehr stornieren konn-te und nun die vier Tage zur Kontaktpfle-ge mit der ortsansässigen Illustratoren-schar nutzt, erzählt, dass ihm vor wenigenTagen eine Bestellung ins Haus geflattertist, angesichts deren er sich erst einmal er-kundigt habe, ob man sich dabei nicht ummindestens eine Zehnerpotenz vertanhabe. Es erwies sich als Bestellung vonAmazon, das offenbar vorsorglich schoneinmal sein Lager auffüllt für Tage, an de-nen außer Buchlieferungen vor die Haus-tür (und Streaming auf den heimischenBildschirm) kein anderer Kulturgenussmehr zu haben sein könnte.

Selbst der im Vorfeld vielbeschworeneLesehunger der Leipziger hat sich längstnicht als derart unersättlich erwiesen,dass er die Vorsicht außer Acht ließe. Drei-hundert Menschen bei Ingo Schulze – dasist viel, aber ansonsten litten die verbliebe-nen Lesungen von Tag zu Tag mehr unterder wachsenden Unsicherheit. Am Mitt-wochabend noch standen vor der Veran-staltungsstätte „Kupfersaal“ in der Innen-stadt Zuhörer Schlange für einen PoetrySlam. „Wir eröffnen inoffiziell die Leipzi-ger Buchmesse 2020!“ – so war dieses Er-eignis vorher beworben worden, denn eshätte parallel zur feierlichen Messe-Eröff-nung im benachbarten Gewandhaus statt-finden sollen. Die fiel nun aus, und so warder Poetry Slam plötzlich tatsächlich derAuftakt zum Restprogramm.

Über dessen Ausmaß ga-ben gleich mehrereHomepages Auskunft,und die Veranstaltungenzählten anfangs noch zuHunderten. Wobei die

großen Namen weitgehend fehlten, aberumso kreativer wurden die lokalen Akteu-re. Für den heutigen Samstag wich MarkLehmstedt, gerade zum diesjährigen Ge-winner des Sächsischen Verlagspreises be-stimmt, in die Leipzig-Lindenauer Buch-handlung „SeitenBlick“ aus, wo er einen„Buchmessesalon“ mit seiner Verlagspro-duktion veranstaltet. Der gleichfalls in derStadt angesiedelte Klett Kinderbuchverlagkam auf die Idee, seinen Unternehmens-sitz zwei Tage lang für Besucher zu öff-nen, die dort mit Autoren, Mitarbeiternund Freunden des Hauses plaudern unddie Neuerscheinungen einsehen konnten.Das Angebot wurde so begeistert ange-nommen, dass der Verlag schon am Mitt-woch mitteilen musste: „Liebe Leute, alle,die sich angemeldet haben, können mor-gen und übermorgen gerne kommen, aberhabt bitte Verständnis, dass wir ab jetztkeine weiteren Anmeldungen mehr anneh-men können. Es wird sonst zu voll hier,und in diesen Zeiten wollen wir ja wirk-lich Sardinenbüchsengefühle vermeiden.“

Beim Besuch sitzen dort etwa die Frank-furter Illustratorin Anke Kuhl, die geradebei Klett Kinderbuch ihren wunderbaren

Comic „Manno!“ (F.A.Z. vom 7. März) her-ausgebracht hat, und ihr aus London ange-reister Kollege Axel Scheffler im Ge-spräch zusammen. Scheffler war eigent-lich zur Lit.Cologne eingeladen, doch seinfür den heutigen Samstag geplanter Auf-tritt fiel der kurzfristigen Absage des gan-zen Lesefestivals zum Opfer. Für Leipzighat ihm sein Verlag nach der Messeabsagenoch rasch eine Signierstunde in einer ört-lichen Hugendubel-Filiale organisiert,doch um dieses Ereignis anzukündigen,fehlte die Zeit. So steht am Donnerstag-nachmittag um drei Uhr der populärsteKinderbuchillustrator unserer Zeit relativeinsam im Einkaufszentrum „Höfe amBrühl“ und schlägt die Zeit tot. Aber in derganzen Innenstadt ist die Zurückhaltungder Leipziger spürbar; Flanieren und Shop-ping birgt zu viele Unwägbarkeiten. Wiesollte es da bei Lesungen anders sein?

Dabei hatte der Zustrom zu den erstenVeranstaltungen von „Leipzig liest trotz-dem“ noch zu den schönsten HoffnungenAnlass gegeben. Selbst beim spätesten Ter-min am Mittwochabend, einer Lyriklesungvon Jan Röhnert im „Tapetenwerk“, weitabseits der Leipziger Innenstadt, hattensich nach 23 Uhr noch an die vierzig Zuhö-rer versammelt. Röhnert trug unter ande-rem sein Gedicht „Weitere Aussichten“vor: „. . . Wenn der Notstand / ausgerufenist, mehrmals täglich / mit den Nachrich-ten im Radio / gehen die Worte und Bilderals erstes zu Schrott. / Mag sein, wir grabennunmehr ihre Trümmer aus.“ Um Missver-ständnisse im Publikum zu vermeiden,wies der Verfasser darauf hin, dass sich die-se Zeilen auf das Jahr 2015 bezögen.

Aber dann kamen der Donnerstag undmit ihm weitere Nachrichten. Am Vormit-tag sagte die Universitätsbibliothek Alber-tina ihr gesamtes Veranstaltungsprorammab, an dessen Durchführung sie seit einerWoche trotzig festgehalten hatte. Promi-nente Schriftsteller wie Jana Hensel oderJosef Haslinger hätten dort lesen sollen,aber nicht diese Gäste sprangen kurzfris-tig ab, sondern das Personal des Hausesbat die Direktion um Verzicht. Was solltesie da machen? In diesen Tagen des mitt-lerweile eher minütlich ausgerufenen Not-stands kann man gegen Risikofurcht nichtglaubwürdig argumentieren.

Auch das Deutsche LiteraturinstitutLeipzig sagt seine für Freitag angekündigteLesung aus den neuen Werken von Alumniab, während den aktuellen DLL-Studentenimmerhin noch die Vorstellung der neues-ten Ausgabe ihrer Jahresanthologie „Tipp-gemeinschaft“ gelang: im Gohliser Schlöss-chen, während die für heute geplante zwei-te Präsentation im Institut selbst ausfällt.Und am Donnerstagabend teilte dann dasseit Jahren parallel zur Buchmesse veran-staltete unabhängige Comicfestival „Millio-naires Club“ mit, dass eine Anweisung derStadt Leipzig die ganze Veranstaltung amWochenende im Kulturzentrum „ConneIsland“ unmöglich mache. Einzelne Buch-vorstellungen und Vorträge werde es nochgeben, aber das Herz des Festivals, die vonzahlreichen Kleinverlagen aus aller Weltbestückte Verkaufsmesse, müsse ausfallen.Für die teilweise von weit her bereits nachLeipzig angereisten Aussteller ist das einefinanzielle Katastrophe.

Und damit sind sie nicht allein. In denGesprächen mit Gastronomen, Hoteliers,vor allem aber Autoren zeigt sich das Aus-maß der bevorstehenden Einbußen, die

selbst während der ausgefallenen Buch-messetage erst einen Vorgeschmack aufdas bieten, was in den nächsten Wochenoder vermutlich eher Monaten noch bevor-steht. Die Verluste allein für Leipziger Ge-werbetreibende wegen der Messeabsagegehen in die Millionen. Und im Verlagsge-schäft erstrecken sich die Auswirkungenvon Corona weit über die Stadt hinaus. Da-bei hat die Leipziger Buchmesse als Han-delsplattform gar keine so große Bedeu-tung. Aber nun ist etwa auch die ursprüng-lich für diesen Monat angekündigte unddann zunächst auf Mai verschobene Kin-derbuchmesse in der italienischen StadtBologna endgültig abgesagt worden. Es istdie größte Veranstaltung ihrer Art welt-weit, und nach Auskunft von Axel Scheff-ler verdanken kleinere Verlage dieserBranche einen Großteil ihrer Einnahmendem dortigen Lizenzhandel. Und den Au-toren und Illustratoren dieses Bereichs bre-chen jetzt die zahlreichen Schulveranstal-tungen weg, mit denen etliche ihr Einkom-men zu wesentlichen Teilen bestreitenkonnten.

Für Schriftsteller und Publi-zisten anderer Sparten giltÄhnliches. Ihnen brechennun die Auftrittsmöglich-keiten weg. Oder Aufträgewie die im Umfeld einer

solch prominenten Preisverleihung wieder am Mittwoch ausgefallenen zum dies-jährigen Leipziger Buchpreis für Europäi-sche Verständigung, den László F. Földé-nyi zugesprochen bekommen hatte. DieÜbergabe, so wurde gestern von der Leip-ziger Buchmesse bekanntgegeben, wirdkommendes Jahr im Doppelpack mitdem dann neuen Preisträger nachgeholt.Die letztjährige Literaturnobelpreisver-leihung hat hier ungut Schule gemacht.Und statt zwei Begleitpublikationen, de-ren redaktionelle Betreuung freie Mitar-beiter in Lohn und Brot setzen, wird esdann wohl nur eine geben.

Noch gar nicht zu bemessen ist, wasder Verlust an Aufmerksamkeit durch dieAbsage der Leipziger Buchmesse für diedeutschen Verlage bedeutet. Auch hierwerden die kleineren weitaus stärker be-troffen sein, weil auch ihre Marketingbud-gets winzig sind und die Chance, die eige-nen Bücher vor mehreren hunderttau-send Menschen auf der Messe selbst undbei den begleitenden Lesungen zu präsen-tieren, nun entfallen ist. Mit improvisier-ten Aktionen versucht man auch hier, we-nigstens kleine Öffentlichkeiten zu schaf-fen. So haben sich etwa die langjährigenLeipziger Gastgeber der beiden Verlegerder Berliner Edition Fototapeta bereit er-klärt, ihr Privathaus diesmal nicht nur alsÜbernachtungsquartier, sondern auch füreine Verlagspräsentation zur Verfügungzu stellen. So wird man heute Nachmittagetwas über den gerade erschienenen, fasttausend Seien starken Roman „Milchbrü-der, beide“ des bald vierundneunzigjähri-gen Psychologen Bernt Spiegel erfahrenkönnen oder über weißrussische Litera-tur bei der Edition Fototapeta. Aber ebennur in einem winzigen Kreis. Peter Hinkehatte recht: Man fühlt sich an 1990 erin-nert. Immerhin ist das nicht nur für Leip-zig eine schönere historische Reminis-zenz als die an 1919, das Jahr der Spani-schen Grippe.

Was vomLesen

übrig blieb

Ratschlag der ConnewitzerVerlagsbuchhandlung in Leipzig;„Die Pest“ von Camus verkaufe sich zurZeit ziemlich gut, sagt der Inhaber.

Foto Andreas Platthaus

Eigentlich hätte Leipzigjetzt im literarischen Überschwang

der Buchmesse gelebt.Nach der Absage wegen Coronawollte man möglichst viel vom

Begleitprogramm retten.Doch der gute Vorsatz allein

reicht nicht.

Von Andreas Platthaus

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Page 17: Frankfurter Allgemeine Zeitung - 14 03 2020

FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG SAMSTAG, 14. MÄRZ 2020 · NR. 63 · SEITE 17Wirtschaft

Seite 20 Seite 24Seite 23

Die Wirtschaft des Landes steht amAbgrund. Droht jetzt derZusammenbruch des Staats?

Als neuer Vorstandschef der WienerErste Group leitet Bernhard Spaltein Institut von beachtlicher Größe.

Dem Pharmakonzern Roche ist einDurchbruch bei der Diagnose desVirus gelungen.

LIBANONS WEG IN DIE KRISE ÖSTERREICHS MANN FÜR DEN OSTEN NEUER CORONA-SCHNELLTEST

Angesichts dynamisch steigen-der Infektionszahlen und derWucht, mit der das Virus die

Börsen infiziert hat, kommt die Bun-desregierung zu einer nachvollziehba-re Neueinschätzung der Lage. Andersals noch am Montag – vor Grenz-schließungen, Finanzmarktbeben undim Licht der in dieser Krise zu wenigfruchtbaren geldpolitischen Interven-tionen – stellt sie der deutschen Wirt-schaft unlimitierte Finanzhilfe in Aus-sicht. „Wir legen gleich alle Waffenauf den Tisch“, verkündeten Bundesfi-nanzminister Olaf Scholz und Bundes-wirtschaftsminister Peter Altmaier.Die Stichworte „Bazooka“ und Schutz-schild fehlten ebenfalls nicht. DieWortwahl erinnert gezielt an MarioDraghis „Whatever it takes“ (Alles,was nötig ist), das Versprechen, mitdem der frühere EZB-Präsident voracht Jahren den Euro retten half.Auch der Verzicht auf die Festlegungvon Höchstbeträgen für die deutschenHilfen erinnert an die Eurozeiten. DieMärkte sollen keine Zweifel mehr ha-ben, dass die Finanzpolitik zu allementschlossen ist.

Ob die Wette aufgeht? Manchesdeutet darauf hin, dass die Koalitionden richtigen Moment für diese Bot-schaft erwischt haben könnte, alsoden Zeitpunkt, an dem ein solch um-fassendes Versprechen nicht Panik,sondern Zuversicht weckt. So dürftediese Woche selbst skeptischen Bür-gern die Augen geöffnet haben überden Ernst der gesundheitlichen wieder daraus folgenden ökonomischenBedrohung. Zum anderen hat die Re-gierung viel Rat eingeholt, nicht nurvon Virologen, sondern auch von Öko-nomen unterschiedlicher Richtungen.Sie hat für ihr Paket somit einigenRückhalt. Zudem nährt die günstigereEntwicklung in China, dem Ur-sprungsland des Coronavirus, ersteHoffnungen, dass der mit massivenStaatshilfen zu überbrückende Zeit-raum letztlich vielleicht kürzer seinkönnte als befürchtet.

Das Timing ist eminent wichtig.Denn nur wenn die Hilfen schnellauch eine starke psychologische Wir-kung entfalten, kann die Regierunghoffen, dass sich Erwartungen stabili-sieren und genügend Vertrauen zu-rückkehrt in die Wirtschaft, um an Be-legschaften und Investitionsplänenfestzuhalten, obwohl die Hiobsbot-schaften aus den Kliniken und Unter-nehmen vorerst zunehmen werden.

Timing ist nicht alles. Unterneh-men brauchen Gewissheit, tatsächlichrasch und unbürokratisch an Geld zukommen, um flüssig zu bleiben, wenndie Nachfrage auf unbestimmte Zeitwegbricht, Produktion ausfällt undForderungen nicht beglichen werden.Damit das klappt, werden die Kontrol-len, wohin das Geld im Einzelfall

fließt und wie gerechtfertigt die Hilfeist, schwächer ausfallen als üblich.Eine gewisse Fehlleitung der Mittel ge-hört zu den bedauerlichen, nicht zuverhindernden Begleiterscheinungengroßer Krisen. Da der Schwerpunktder Liquiditätshilfen aber auf Kredi-ten, Steuerstundungen und Bürgschaf-ten liegt, wahrt Scholz die Chance,dass der Staat einen großen Teil desGeldes wiedersieht, wenn Unterneh-men wieder zahlungsfähig sind.

Mit einem klassischen Konjunktur-programm aus Subventionen – unein-bringlichen Zuschüssen –, um dieNachfrage zu beleben, wäre die Regie-rung viel tiefer in Vorleistung gegan-

gen. Es ist gut, dass sie darauf vorerstverzichtet, schließlich ist die Wirkungsolcher Hilfen in dieser von einer Pan-demie ausgelösten Krise zweifelhafterals sonst. Bekanntlich treffen die Co-ronavirus-Schäden besonders Dienst-leister stark, da die Bürger zu Hausesitzen. Daran ändern staatliche Kon-sum-Schecks nichts.

Trotz des Subventionsverzichts dürf-ten nun die öffentlichen Schulden wie-der steigen, obwohl die fiskalischenSpielräume noch ordentlich sind –und ein großer Teil der Hilfe über diestaatliche Förderbank KfW geleitetwird. Da hier der Bund als Bürge ge-fragt ist, schlagen die Ausgaben an-fangs weniger auf den Haushaltdurch. Falls doch, decken die Ausnah-meregelungen der Schuldenbremseim Grundgesetz selbst eine große Kre-ditaufnahme ab. Die Krise ist jeden-falls kein Anlass, eine dauerhafte Lo-ckerung des Finanzrahmens zu debat-tieren. Wer das fordert, setzt sich demVerdacht aus, nach der Krise nicht zurHaushaltsdisziplin zurückkehren zuwollen. Wo aber stünde Deutschlandnun, wenn nach Finanz- und Euro-Kri-se keine Konsolidierung der öffentli-chen Haushalte erfolgt wäre? Wieglaubwürdig wäre die Ankündigungder Bundesregierung heute, wennDeutschland immer noch eine Schul-denquote nahe 90 statt 60 Prozent derWirtschaftsleistung hätte, wenn stattder Überschüsse ein dickes Minus inden Kassen herrschte?

Der Sinn einer Selbstbindung derPolitik durch eine Schuldenbremseliegt darin, in guten Zeiten Vorsorgefür den Ernstfall zu treffen. Der istnun eingetreten. Die Bundesregie-rung handelt bisher mit Umsicht. Eini-ge Reserven hat sie immer noch inder Hand. Auch das ist beruhigend.

Man wird erst in einigen Wo-chen wissen, welche Reak-tionen der staatlichen Be-

hörden auf die Coronavirus-Krise dierichtigen waren. Doch schon jetztzeigt sich, dass es gut ist, für solcheZeiten Reserven im Haushalt zu ha-ben. In Frankreich ist derzeit wenigKritik an den staatlichen Überschüs-sen Deutschlands zu hören. Vor weni-gen Wochen war das noch ganz an-ders. Da konnte man gar nicht laut ge-nug darüber schimpfen, wie unsinnigein finanzpolitisches Plus sei. Die Vi-ruskrise erfordert nun entschiedenesHandeln des Staates. Wer sich, so wieFrankreich, an den finanzpolitischenSchmerzgrenzen mit seinen Staats-schulden von fast 100 Prozent desBruttoinlandsproduktes entlanghan-gelt, wird nach dem Ende der Gesund-heitskrise ein schwereres Erbe zu tra-gen haben – es sei denn, alle künfti-gen Bürden werden in weiteren geld-politischen Schwemmen oder in euro-paweiter Umverteilung aufgelöst.Das ist keine Aufforderung, die Hän-de in den Schoß zu legen. Dochmanchmal lohnt es, daran zu erin-nern, welche Voraussetzungen staatli-ches Handeln hat. Umsichtige Haus-haltsführung gehört dazu.

Zu allem entschlossenVon Heike Göbel

Um die wirtschaftlichen Folgender Corona-Krise zu meistern,hat die Bundesregierung diegrößten Liquiditätshilfen der

deutschen Nachkriegsgeschichte auf denWeg gebracht. Man werde der Wirtschafteinen Kredit- und Garantierahmen „ohneBegrenzung“ zur Verfügung stellen, teil-ten Wirtschaftsminister Peter Altmaier(CDU) und Finanzminister Olaf Scholz(SPD) am Freitag mit. Später kündigte deramerikanische Präsident Donald Trumpin einer Rede bürokratische Erleichterun-gen für die Krankenhäuser des Landes imKampf gegen das neuartige Virus an undrief den landesweiten Notstand aus. NachTrumps Aussagen bauten die Aktienkursean der Wall Street die Gewinne weiter aus.

Altmaiers und Scholz’ Auftritt vor derBundespressekonferenz erinnerte an dasVersprechen des Präsidenten der Europäi-schen Zentralbank Mario Draghi aus demJahr 2012, dass die Bank zur Euro-Ret-tung alles tun werde „was immer nötigist“. Scholz sagte jetzt: „Wir wollen allesMögliche tun, um die Krise zu meistern.Es wird nicht gekleckert, es wird ge-klotzt.“ Um Vertrauen nicht zu gefährden,habe man keine Höchstbeträge festgelegt.

Altmaier ergänzte, das Programm seidie „umfassendste Hilfestellung und Ga-rantie, die es jemals in einer Krise gege-ben hat“. In einer gemeinsamen Erklä-rung hieß es zudem: „Es ist genug Geldvorhanden, um die Krise zu bekämpfen,und wir werden diese Mittel jetzt einset-zen. Darauf kann sich jeder und jede ver-lassen.“ Dieses Versprechen erinnerte andie Zusage von Bundeskanzlerin AngelaMerkel (CDU) in der Bankenkrise 2008,als sie den deutschen Sparern zusicherte,dass die Regierung für die Sicherung allerEinlagen in unbegrenzter Höhe einstehe.

Neben den neuen Liquiditätshilfen so-wie einer ebenfalls am Freitag endgültigbeschlossenen Lockerung des Zugangs zuKurzarbeitergeld soll es indes vorerstnoch kein breit angelegtes Konjunkturpro-gramm geben. Man halte solche Möglich-keiten „in der Hinterhand“, sagte Scholz.Altmaier schloss verstärkende „Konjunk-turstützen“ ebenfalls nicht aus. Man hoffeaber, dass die jetzt getroffenen Entschei-dungen das Vertrauen der Investoren aus-reichend stützten, um eine „jahrzehntelan-ge Rezession“ abzuwenden. Gleichwohlist die Regierung zu ungewöhnlichenSchritten bereit – sogar bis hin zu Staatsbe-teiligungen an strategisch wichtigen Unter-nehmen, die durch die Epidemie in Schief-lage gerieten. Auch das schließe er nichtaus, sagte Altmaier. Gegenwärtig stellesich die Frage aber nicht konkret.

Die Fluggesellschaft Lufthansa, die von

den starken Einschränkungen des Reise-verkehrs besonders betroffen ist, verhan-delt unterdessen mit der Regierung schonüber spezifische Staatshilfen. Wie ein Spre-cher außerdem bestätigte, laufen zugleichauch Anfragen in den Heimatländern sei-ner Tochtergesellschaften, in Österreich,der Schweiz und Belgien an. Lufthansawill demnach vor allem Liquiditätshilfenerhalten, um kurzfristige Einnahmeausfäl-le abzufedern. Über den Schritt soll Vor-standschef Carsten Spohr Mitarbeiter in ei-ner internen Videobotschaft informiert ha-ben. Lufthansa hatte schon angekündigt,bis zu 50 Prozent des Flugangebots zu strei-chen. Dazu kommen die Kürzungen imAmerika-Verkehr durch das neue Einreise-verbot für Europäer.

Auch in vielen anderen Unternehmensinken die Umsätze, während die Kostenweiterlaufen. Damit könnten sie „unver-schuldet in Finanznöte geraten“, heißt esin einem Papier der Ministerien mit demTitel „Ein Schutzschild für Beschäftigteund Unternehmen“. Hierzu soll konkretvor allem die Förderbank KfW ihre Bürg-schaftsprogramme stark ausweiten und da-mit auch den Hausbanken der Unterneh-men die Kreditvergabe erleichtern. ImBundeshaushalt steht dafür ein Garantie-rahmen von 460 Milliarden Euro zur Ver-fügung, der sich bei Bedarf kurzfristig auf553 Milliarden Euro aufstocken lasse.

Konkret werden nun die Bedingungenfür KfW-Unternehmer-, Gründer- undWachstumskredite gelockert, etwa nichtmehr an bestimmte Innovationsvorgabengeknüpft. Die Risikoübernahme der öf-fentlichen Hand steigt je nach Kredit aufbis zu 80 Prozent. Zudem soll das Groß-bürgschaftsprogramm für strukturschwa-che Regionen künftig überall verfügbarsein. All dies sei beihilferechtlich abge-deckt, versichert die Regierung.

Als „steuerliche Liquiditätshilfe“ dientnun zudem eine Anweisung an die Finanz-behörden, Unternehmen in Härtefällenunkomplizierter als üblich eine Stundungfälliger Steuerzahlungen zu gewähren.Ebenso sollen Unternehmen leichter alsüblich die Senkung festgesetzter Steuer-vorauszahlungen erreichen können. Zu-dem sollen die Finanzämter bis Jahresen-de auf Kontopfändungen gegen säumigeSteuerzahler verzichten, falls diese vonCorona-Folgen betroffen sind.

Die EU-Kommission begrüßte das deut-sche Programm als Teil einer möglichststarken europäischen Antwort auf die Kri-se. Wirtschaftskommissar Paolo Gentilonisagte der F.A.Z., er erwarte, dass aus allenMitgliedstaaten mehrere hundert Milliar-den Euro zusammenkämen. Er erwartevom Treffen der Eurogruppe am Montageine „kräftige gemeinsame Antwort“.

Das am Freitag in Brüssel vorgelegteMaßnahmenpaket der Kommission soll si-cherstellen, dass sämtliche Ausgaben derMitgliedstaaten nicht von den einschlägi-gen EU-Regeln – vor allem dem Stabilitäts-pakt und den Beihilferegeln – aufgehaltenwerden. Die Regeln des Pakts sollten„komplett flexibel“ angewandt werden,sagte der für die Wirtschaft zuständige Vi-zepräsident Valdis Dombrovskis. Gemeintist damit vor allem, dass alle mit der Coro-na-Krise zusammenhängenden Tatbestän-de als „außergewöhnliche Umstände“ ein-zustufen seien, die ein Abweichen vomPakt rechtfertigten. Wettbewerbskommis-sarin Margrethe Vestager sagte, die Hilfs-maßnahmen der Mitgliedstaaten solltendem EU-Binnenmarkt möglichst wenigSchaden zufügen. „Es gibt viele Maßnah-men, die den Wettbewerb nicht wesent-lich schädigen.“ Die EU-Wettbewerbshü-ter wollten die Staaten intensiv beraten,um zu großen Schaden für den Binnen-markt zu vermeiden.

Zugleich hat die Kommission bereitsLeitlinien beschlossen, nach denen be-stimmte Staatshilfen grundsätzlich geneh-migt werden können. Entschädigungenfür die Tourismusbranche, speziell für Ho-tels und Restaurants, die schließen müs-sen, sollen sofort genehmigt werden, eben-so Entschädigungen für Unternehmen,die Großveranstaltungen absagen. Vesta-ger kündigte ferner an, sie werde neueLeitlinien für Bankenbeihilfen vorberei-ten – für den Fall, dass der Bankensektorin den kommenden Wochen und Monatenin Schwierigkeiten gerate. Aus EU-Mit-teln will die Kommission zudem ein klei-nes Investitionspaket schnüren.

Kurz zuvor hatten Bundestag und Bun-desrat in einem ungewöhnlichen Eilver-fahren die Lockerung des Zugangs zuKurzarbeitergeld beschlossen, mit demdie Bundesagentur für Arbeit Stellen inKrisenbetrieben stützen soll. Mit dem Be-schluss einer Rechtsverordnung auf Basisdes neuen Gesetzes, der am Mittwoch fal-len soll, dürften die neuen Regeln damitschon in Kürze greifen.

Im Grundsatz steht Kurzarbeitergeldschon bisher zum Abfedern von Konjunk-turflauten bereit; laut Bundesagentur wur-de es zuletzt für 120 000 Beschäftigte ge-nutzt. Nun aber muss in den Betrieben nurnoch ein Zehntel statt ein Drittel der Be-legschaft betroffen sein, damit die Arbeits-agentur den entstehenden Lohnausfall zu60 Prozent ersetzt. Zudem werden den Be-trieben die aufs Kurzarbeitergeld fälligenSozialabgaben erstattet. Die Arbeitsagen-tur soll dazu auf ihre Finanzreserve von 26Milliarden Euro zugreifen. 2008/09 hattees bis zu 1,4 Millionen Kurzarbeiter gege-ben; damals gab die Arbeitsagentur etwa20 Milliarden Euro für das Abfedern vonKrisenfolgen aus. (Weitere Berichte, Seiten 18, 19, 22 und 24.)

Im Kampf gegen das Coronavirussind nicht nur neue Medikamen-te und Impfungen von Bedeu-

tung, an denen Pharmaunternehmenund wissenschaftliche Institute rundum die Welt forschen. Akut geht eserst einmal darum, die Infiziertenüberhaupt zu erkennen, sie zu isolie-ren und zu behandeln. Dabei ist demSchweizer Pharmakonzern Rochenun ein bedeutener Schritt gelungen:Die amerikanische Arzneimittelbe-hörde FDA hat am Freitag eine soge-nannte „emergency use“-Genehmi-gung für einen Corona-Test erteilt,der nun auf schnelleren, hochautoma-tisierten Maschinen laufen darf. Da-mit ist es möglich, viele Patientenmehr am Tag zu testen als bisher.Auch das deutsch-niederländischeBiotechunternehmen Qiagen bietetCorona-Tests an und hat am Freitagvon amerikanischen Behörden Unter-stützung zugesagt bekommen. BeideBeispiele zeigen, wie wichtig undrichtig es ist, dass in Zeiten wie die-sen staatliche Institutionen und Un-ternehmen enger zusammenarbei-ten. Es ist gut, wenn Zulassungsver-fahren in solchen Ausnahmesituatio-nen bevorzugt behandelt und be-schleunigt werden, um der Pandemieentgegenzutreten.

nab./lkju. FRANKFURT. Auf einmalging es Schlag auf Schlag: Nachdem dasSaarland mit der Ankündigung vorge-prescht war, im ganzen Bundesland Schu-len und Kitas wegen des Coronavirusdichtzumachen, zogen viele andere nach.Bis Freitagnachmittag kündigten 12 weite-re Länder flächendeckende Schließungenan: Nordrhein-Westfalen, Baden-Würt-temberg, Bayern, Rheinland-Pfalz, Hes-sen, Berlin, Thüringen, Sachsen-Anhalt,Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Ham-burg und Bremen. Stephan Wassmuth, derVorsitzende des Bundeselternrates, der El-tern von Schulkindern vertritt und dieBundeselternsprecherin Ulrike Grosse-Röthig, die für die Interessen der Elternvon Kita-Kindern spricht, gingen im Ge-spräch mit der F.A.Z. davon aus, dass inKürze die restlichen Bundesländer ebensohandeln werden.

„Das bedeutet eine schwierige Situati-on für berufstätige Eltern“, sagte Grosse-Röthig. „Unternehmen müssen Verständ-nis für die Eltern aufbringen.“ Selbst dasArbeiten im Home-Office sieht sie mitBlick auf die Betreuungsintensität vonKlein- und Kindergartenkindern skep-tisch: „Wer meint, Home-Office und Kin-derbetreuung geht zusammen, der hat ent-

weder Home-Office nicht verstandenoder keine Ahnung von Kinderbetreu-ung.“ Auch ökonomisch kämen auf Elternmit Kita-Kindern womöglich Härten zu,da noch ungeklärt sei, ob Beiträge weiter-gezahlt werden müssen. Es gehe zum Teilum erhebliche Summen.

Nur ein wenig entspannter gestaltetsich die Situation für Eltern von Schulkin-dern. „Mein Sohn hat ein riesiges Hausauf-gabenpaket mitbekommen“, berichtet Su-san Keil, Anwältin bei einem großen deut-schen Versicherer und Mutter eines sechsJahre alten Sohnes und einer 15 Jahre al-ten Tochter. Die Familie ist in Halle an derSaale schon seit diesem Freitag von stadt-weiten Schulschließungen betroffen. „Ichhabe im Home-Office meinen Laptop auf-geklappt, und gegenüber hat mein SohnPlatz genommen und seine Aufgaben bear-beitet“, berichtet sie. In Sachen Konzentra-tion müsse sich dieses Modell aber nochüber einen längeren Zeitraum bewähren.

Elternvertreter Wassmuth forderte Un-terstützung für Eltern auch bei der Betreu-ung von Schulkindern. Er sprach mit Blickauf möglicherweise in einer Gesundheits-krise stark gefordertes medizinisches Per-sonal davon, dass es notwendig sei, eine„Prioritätenliste“ zu erstellen, „welche Be-

rufsgruppen vorrangig Anspruch haben,um das öffentliche Leben und die Versor-gung aufrechtzuerhalten“. Die Rahmen-bedingungen dafür müssten bundesweitgleich sein.

„Mehr als Betreuung wäre in der aktuel-len Situation eine nicht umsetzbare Forde-rung“, sagte Wassmuth weiter. Gemeintist: Der Elternrat hat keine klare Empfeh-lung, wie es mit den Bildungsinhalten wei-tergehen soll. Anders das Wirtschaftsfor-schungsinstitut Ifo in München: „Wir müs-sen jetzt alles daransetzen, dass es durchdie Schulschließungen nicht zu einemkompletten Lernstopp kommt“, sagte Lud-ger Wößmann, Leiter des Ifo-Zentrumsfür Bildungsökonomik.

Juristisch gesehen ist die Lage für El-tern, die kein Home-Office machen kön-nen oder deren Arbeitgeber darauf beste-hen, dass sie ins Büro kommen, schwierig.„Die Eltern müssen eigentlich selbständigversuchen, irgendwie eine Betreuung zuorganisieren“, sagte Kara Preedy, Partne-rin der Kanzlei Greenberg Traurig, im Ge-spräch mit der F.A.Z. Falls das nicht mög-lich sei, hätten berufstätige Eltern ihrerAnsicht nach ein Leistungsverweigerungs-recht. Preedy bezieht sich auf den Paragra-phen 275 Absatz 3 des Bürgerlichen Ge-

setzbuches (BGB), dem zufolge eine Ar-beitsleistung verweigert werden kann,wenn sie nicht zumutbar ist. Die Anwältinfindet es dabei auch fraglich, ob Großel-tern eine Betreuung zugemutet werdenkann, da ältere Menschen am meistendurch das Coronavirus gefährdet sind. Of-fen sei darüber hinaus, ob Eltern, die we-gen der Betreuung von kleineren Schul-oder Kindergartenkindern nicht arbeitenkönnen, in dieser Zeit ihr Gehalt weiter be-kommen. Zwar steht im BGB auch, dassArbeitnehmer eine Lohnfortzahlung be-kommen, wenn sie vorübergehend keineLeistung erbringen können, aber: „Dasgilt nur für eine nicht erhebliche Zeit“, sag-te Preedy. Dabei sei von fünf bis zehn Ta-gen auszugehen. Im Falle schon absehba-rer wochenlanger Schulschließungen dage-gen bestehe von Anfang an kein Anspruchauf Vergütung. Zudem schlössen viele Ar-beits- und Tarifverträge den Anspruchaus. „Im Moment gibt es da nach unsererEinschätzung keine staatlichen Hilfen. Ar-beitslosengeld würde nicht greifen, Kran-kengeld würde nicht greifen, und es würdeauch das Infektionsschutzgesetz nicht grei-fen, solange nicht der Mitarbeiter selbst inQuarantäne ist.“ Beschäftigte seien vomguten Willen ihrer Arbeitgeber abhängig.

Im Krisenmodus: Finanzminister Olaf Scholz (SPD) und Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) Foto Getty

Die Regierung könnteden richtigen Zeitpunktfür ihre großzügigenHilfen getroffen haben.

Deutschland im Kinderbetreuungs-NotstandEin Bundesland nach dem anderen macht Schulen zu / Müssen Eltern trotzdem zur Arbeit erscheinen?

Regierung stellt Blankoscheck aus

Von Dietrich Creutzburg,

Christian Geinitz,

Timo Kotowski

und Werner Mussler

In einem historischenSchritt stellen Altmaierund Scholz Hilfen„ohne Begrenzung“in Aussicht.

Reserven für die KriseVon Christian Schubert

Roches DiagnoseVon Ilka Kopplin

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Page 18: Frankfurter Allgemeine Zeitung - 14 03 2020

SEITE 18 · SAMSTAG, 14. MÄRZ 2020 · NR. 63 FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNGWirtschaft

mas. BERLIN. Jede Wirtschaftskrise istanders – und doch schlägt immer wiederdie Erinnerung an das Damals auf dasHeute durch. Ob das angemessen ist,steht auf einem anderen Blatt. Was da-mals richtig war, kann heute falsch sein –und umgekehrt. Doch bleibt der Ver-gleich wichtig, um die richtigen Lehrenfür die Zukunft zu ziehen. Nachfolgendfinden sich Antworten auf die in diesemZusammenhang wichtigsten Fragen.

Wie ging es das vorige Mal los?

Die Finanzkrise hatte im Jahr 2008 ihrenHöhepunkt mit der überraschenden Insol-venz der Investmentbank LehmanBrothers. Vorher hatte es kleinere Bebengegeben, aber die wurden weitgehendignoriert. Das amerikanische Geldinsti-tut Bear Stearns flüchtete schon EndeMai in die Arme des Konkurrenten JPMorgan, um eine Insolvenz zu vermeiden.Und sogar schon ein knappes Jahr vorherhatte die Deutsche Industriebank IKBüberraschend einen Milliardenverlustmelden müssen. Der Grund: Sie hatte ingroßem Stil in amerikanische Hypothe-

kenkredite investiert, deren Name „Sub-prime“ bald selbst Nicht-Wirtschaftskun-digen geläufig werden sollte. Dahinterstanden Immobilienkredite, die stark anWert verloren, als deutlich wurde, dassviele Hauskäufer in Amerika ihre Darle-hen nicht zurückzahlen konnten. Die Bun-desregierung tat alles, um den Kollapsdes Instituts in Düsseldorf zu verhindern– und kam dennoch kaum mit.

Was passierte nach der Lehman-In-solvenz?Die Banken misstrauten sich gegenseitig,schränkten Geschäfte untereinander ein,horteten Liquidität. Kredite an die realeWirtschaft wurden zurückgefahren, umdem eigenen Haus mehr Stabilität zu ver-leihen. So entstand aus einer Finanzkriseeine Weltwirtschaftskrise. Um nochSchlimmeres zu verhindern, spannte dieBundesregierung in der Folge einen gigan-tischen 500-Milliarden-Euro-Sicherungs-schirm über die Finanzinstitute auf.

Was wurde sonst noch getan?

Die erste schwarz-rote Koalition unterAngela Merkel (CDU), die damals ange-sichts der Mehrheitsverhältnisse tatsäch-

lich noch das Attribut groß verdiente, ver-zichtete darauf, den Steuerausfällen hin-terherzusparen. Im Gegenteil: Mit zweiKonjunkturpaketen über insgesamt 81Milliarden Euro versuchte sie, die Wirt-schaft wieder anzukurbeln. Wichtiges In-strument war die Abwrackprämie von2500 Euro, die es für das Verschrotten desalten Autos beim Kauf eines neuen gab.Zudem wurde die Kurzarbeit großzügigausgeweitet. Für das Jahr 2010 rechneteman mit einem Defizit im Bundeshaus-halt von 86 Milliarden Euro, nie zuvor hat-te es eine auch nur annähernd ähnlichgroße Lücke gegeben. Doch letztlich fingsich die Wirtschaft schneller als gedacht –im Ergebnis war dann der negative Saldonur etwa halb so groß.

Ist die heutige Krise ähnlich wie da-

mals?

Nein, auch wenn manches auf den erstenBlick gleich aussieht: Es gibt Kurseinbrü-che an den Börsen, große Unsicherheit,Stillstand in einzelnen Wirtschaftsberei-chen. Aber seinerzeit sprang der ökonomi-sche Infekt von der Finanzwirtschaft aufdie reale Wirtschaft über, heute droht es

andersherum zu laufen. Die Lieferketteist unterbrochen, weil wichtige Teile ausChina fehlen, wo das Coronavirus erst-mals wütete und Quarantäne-Maßnah-men im großen Stil verhängt wurden.Mittlerweile drohen in Europa ähnlicheEntwicklungen, indem beispielsweiseganz Italien zur roten Zone erklärt wird.Wenn in immer mehr Unternehmen dieProduktion ausfällt, gefährdet das ihre Li-quidität. Das wiederum schlägt auf dieBanken zurück, die dort mit Krediten en-gagiert sind.

Warum kann die Bundesregierung

nicht einfach die Instrumente von da-

mals auspacken?

In der Finanzkrise musste die Politik ver-sprechen, das Bankensystem stabil zu hal-ten und die Einlagen der Bürger zu si-chern, um verlorenes Vertrauen zurückzu-gewinnen. Expansive Finanzpolitikenund Geldpolitiken taten das ihre zur Über-windung der Krise. Sie sorgten für die not-wendigen Impulse, damit die Konjunkturwieder ansprang. Heute hat man es mitanderen Ursachen zu tun – und die Geld-politik ist längst nicht mehr so schlagkräf-

tig, weil sie schon lange extrem expansivausgerichtet ist. Wenn Messen abgesagtwerden, Flugzeuge nicht fliegen, weil Rei-sen riskant sind, Unternehmen nicht pro-duzieren können, weil wichtige Vorpro-dukte fehlen – dann helfen keine zusätzli-che Investitionen des Staates und auch an-dere Nachfrageimpulse nur bedingt.

Was kann die Politik stattdessen

tun?

Nach Ansicht vieler Ökonomen kommt esnun darauf an, das Überleben von imGrunde kerngesunden Unternehmen zusichern, deren Geschäft nur wegen derEpidemie eingebrochen ist. Liquiditätshil-fen und Kurzarbeit, was die Bundesregie-rung beides schon ins Schaufenster ge-stellt hat, werden grundsätzlich als Instru-mente nicht in Frage gestellt. Darüber hin-aus werden Steuerstundungen, eine groß-zügigere Verrechnung von aktuellen Ver-lusten mit früheren Gewinnen durch dasFinanzamt und eine schnelle Entlastungvom Solidaritätszuschlag gefordert – Maß-nahmen, die die Liquiditätslage der Unter-nehmen sofort verbessern und den Staatlangfristig wenig kosten.

Was sind die langfristige Folgen derKrisen?Unter der Finanzkrise hat das Vertrauen indie Marktwirtschaft stark gelitten. Dassdem zwar auch Fehler staatlicher Institutio-nen vorangegangen sind – nicht zuletzt inAmerika die unzureichende Regulierungder Immobilienkredite –, wird dagegen we-niger thematisiert. Künftig könnten zweiDinge hinterfragt werden: Dazu gehörtzum einen die Globalisierung. Unterneh-men, aber auch Staaten werden möglicher-weise langen Lieferketten künftig wenigerVertrauen entgegenbringen, so dass wichti-ge Produkte wieder vermehrt in den heimi-schen Gefilden produziert werden. Zumanderen könnten Stimmen verstummen,die angesichts des starken Wachstums derchinesischen Wirtschaft bewundernd aufdie autoritäre Staatsführung in Peking ge-schaut haben. Deren Versuch, die unange-nehme Wahrheit einer drohenden Epide-mie zu unterdrücken, hat zu Beginn desAusbruchs die stille Verbreitung des neuenVirus ermöglicht. Die Lehre daraus lautet:Eine liberale Gesellschaft, in der Fehlent-wicklungen sofort offen angesprochen wer-den, hat ihre eigenen Stärken.

Auf der Suche nach der Lehre aus der KriseNicht alle Maßnahmen, die in der Finanzkrise 2008/2009 taugten, würden im Kampf gegen die aktuellen Probleme ihre Wirkung entfalten

Herr Kommissar, können Sie schon sa-gen, wie stark die Corona-Krise in derEU ökonomisch zu Buche schlagenwird? Natürlich hängt das sehr stark da-von ab, wie schnell sich diese Epidemiewieder eindämmen lässt. Sicher dürftesein, dass die Wirtschaft in der EU in die-sem Jahr schrumpfen wird. Unsere vorläu-fige Schätzung, die sich schnell ändernkann, kalkuliert für den Euroraum mit ei-nem Minus von einem Prozent gegenüber2019.

Sind da die Stützungsmaßnahmen derMitgliedstaaten schon einkalkuliert, zudenen Sie jetzt auffordern?Nein, aber natürlich können die Mitglied-staaten und die Europäische Union durchStützungsmaßnahmen den Konjunktur-einbruch abmildern. Und wir sind derzeitsehr zuversichtlich, dass sich da eine Men-ge tun wird.

Wissen Sie das schon konkreter?Italien war das erste Land, das ein Ausga-benprogramm aufgelegt hat. Deutschlandund Frankreich folgen jetzt. Aus anderenLändern erwarte ich mir bis zum Treffender Eurogruppe am Montag weitere Maß-nahmen.

Von welcher Größenordnung reden wir?Ich rechne insgesamt mit mehreren hun-dert Milliarden Euro.

Wird das denn reichen?Derzeit bin ich davon überzeugt. Aber eshängt natürlich davon ab, wie schnell diegesundheitliche Krise eingedämmt wird.

Sie verweisen auf die Mitgliedstaaten.Was tut die Kommission?Was wir heute tun, ist erst einmal dasDringendste. Wir fordern alle Mitglied-staaten auf, möglichst viel in den Gesund-heitsschutz zu investieren, von der Impf-forschung bis zur Produktion von Atem-schutzmasken. Wir wollen ferner die nöti-gen Gesundheitsmaßnahmen der Mit-gliedstaaten koordinieren.

Und konkret wirtschaftspolitisch?Wir wollen dafür sorgen, dass die Mit-gliedstaaten für sie zur Verfügung ste-hende EU-Mittel ins Gesundheitssystem

fließen lassen können. Außerdem habenwir konkretisiert, welche von der Krisebesonders betroffene Branchen – etwaLuftfahrt und Tourismus – von den Bei-hilferegeln ausgenommen sind und des-halb von den Mitgliedstaaten unkompli-ziert unterstützt werden können. Unddann haben wir festgelegt, dass die aktu-elle Krisenlage klar ein „außergewöhnli-ches Ereignis“ im Sinne des Stabilitäts-pakts ist.

Was bedeutet das?Alles, was die Mitgliedstaaten im weite-ren Sinne im Kampf gegen diese humani-täre Krise tun, soll von den Regeln desPakts ausgenommen werden. Wir wollenden Begriff „außergewöhnliches Ereig-nis“ weiter fassen als bisher, wenn esetwa um Naturkatastrophen ging. DieKommission wird das diskretionär ent-scheiden. Diese Ausnahmeregel soll abernur temporär gelten.

Welche Staatsausgaben meinen Sie au-ßer jenen fürs Gesundheitswesen kon-kret?Letztlich alle nationalen Hilfsprogram-me, mit denen die Wirtschaft temporär ge-stützt werden kann. Das klassische deut-sche Beispiel ist das Kurzarbeitergeld.

Eine abermalige Änderung des Paktsselbst ist aber nicht vorgesehen?Eine Krise wie diese ist nicht der richtigeZeitpunkt für eine Regeländerung. Viel-leicht machen wir jetzt Erfahrungen, dieeine Änderung des Pakts in der Zukunftnahelegen. Aber nicht jetzt. Wir wendennur die Flexibilitätsklauseln an, die derPakt für solche Zeiten vorsieht.

Hat die Kommission mit dieser Mittei-lung ihr Pulver schon verschossen?Darauf habe ich zwei Antworten. Zum ei-nen dürfen Sie sicher sein: Es werden indieser Krise weitere Mitteilungen der

Kommission folgen. Zum anderen: Wirhaben auch eine Bazooka. Unsere Bazoo-ka heißt Koordinierung.

Aber worin besteht die? Sie rufen dieMit-gliedstaaten auf, kräftig Geld auszuge-ben, und legen ihnen dabei keine Steinein den Weg. Ist das Koordinierung?Die Antwort der Eurozone umfasst jamehr, und sie ist koordiniert. Am Don-nerstag hat die EZB Notkredite für kleineund mittlere Unternehmen beschlossen.Die Europäische Investitionsbank und dienationalen Förderbanken können Garan-tien für Bankenkredite abgeben, was de-ren Liquidität absichert. Das gehört alleszusammen.

Was erwarten Sie vom Treffen der Euro-gruppe am Montag?

Die Finanzminister sollten all das, wasich gerade geschildert habe, beschließen.Wir dürfen nicht kleckern, wir müssenklotzen. Und zwar jetzt.

Der niederländische FinanzministerWopke Hoekstra hat in dieser Woche ge-sagt, er sehe keinen Anlass für schnelleMaßnahmen.Ich glaube, es wird sich sehr schnell dieErkenntnis durchsetzen, dass diese huma-nitäre Krise keine Krise einzelner Länderist. In ein paar Wochen wird die gesund-heitliche Lage in allen Eurostaaten ziem-lich ähnlich aussehen.

Das ändert aber nichts daran, dass Ita-lien wieder einmal als erstes Land aufAusnahmen vom Pakt gepocht hat. Malwar es zu wenig Wachstum, mal ein Erd-beben, mal ein Brückeneinsturz, womitdiese Ausnahmen in der Vergangenheitbegründet wurden. War die Haushaltspo-litik Ihres Landes nicht ein wenig zu oftunangemessen?Wir haben ja im Januar die Überprüfungunseres Regelwerkes eingeleitet. Da wer-den wir über Versäumnisse aller Mitglied-staaten – sowohl was deren Defizite alsauch deren Überschüsse angeht – disku-tieren. Es ist jetzt aber nicht der angemes-sene Zeitpunkt für solche Diskussionen.Wir müssen jetzt diese Krise meistern,das ist das einzig Wichtige.

Befürchten Sie, dass die Unruhe an denBörsen andauert?Die Krise ist ja keine Finanzmarktkrise.Wir können jedenfalls dazu beitragen,dass die Märkte schnell wieder Vertrau-en fassen – mit einer kräftigen, schnel-len und gemeinsamen Antwort auf dieKrise.

Das Gespräch führte Werner Mussler zusam-

men mit Leonor Hubaut („Le Figaro“) und

Marc Peeperkorn („Volkskrant“).

tp. ROM. Eine Welle der Entrüstung hatEZB-Präsidentin Christine Lagarde inItalien ausgelöst. Die Italiener regen sichüber einen Satz in ihrer Pressekonferenzam Donnerstag auf. Die italienischen Me-dien zitieren Lagarde mit den Worten:„Wir sind nicht dazu da, die Risikozu-schläge zu senken, darum müssen sich an-dere kümmern.“ Nun wird in Italien vorallem von der eurokritischen Presse vor-gerechnet, wie viel die Äußerung von La-garde die Italiener gekostet habe. DerSatz der EZB-Präsidentin habe zu einemtiefen Absturz der italienischen Börsen-werte beigetragen, der allein am Don-nerstag im Schnitt fast 17 Prozent erreich-te. Der Risikozuschlag für zehnjährigeitalienische Staatstitel (Spread) gegen-über den deutschen sprang am Donners-tag von etwa 2,1 Prozentpunkten auf bis

zu 2,7 Prozentpunkte in die Höhe. Derstellvertretende Chefredakteur der römi-schen Zeitung „Repubblica“, Massimo Gi-annini, rechnete am Freitag vor, nur achtWorte von Lagarde hätten Italien 87 Mil-liarden Euro gekostet, Europa dagegen825 Milliarden Euro.

„Lagarde muss die Befähigung zum Be-kleiden öffentlicher Ämter entzogen wer-den“, forderte er. Der stellvertretendeChefredakteur des Mailänder „Corrieredella Sera“ verband die Vorwürfe an La-garde mit einem Hieb auf die Bundes-bank: Lagarde habe den Satz gesagt,heißt es auf der ersten Seite des „Corrie-re“ vom Freitag. „Der Satz stammt von ih-rer deutschen Kollegin.“ Gemeint ist da-bei das neue deutsche Direktoriumsmit-glied Isabel Schnabel. Der Kollege Gian-nini von der „Repubblica“ unterstellt La-

garde zudem eine anti-italienische Posi-tion: „Das ist die Position der Bundes-bank: drehen wir den Geldhahn ab.“ Ge-mäßigt gab sich der geldpolitische Kom-mentator der Wirtschaftszeitung „Il Sole24 Ore“ und Professor an der MailänderEliteuniversität Bocconi, Donato Masci-andaro: „Von der EZB richtige Entschei-dungen und falsche Worte.“ In die Entrüs-tung gegen Lagarde und die EZB stimm-te am Donnerstag schließlich auch Staats-präsident Sergio Mattarella ein: „Italiensteckt derzeit in einer schwierigen Situati-on, und die Erfahrung des Landes beimKampf gegen die Verbreitung des Corona-virus wird wahrscheinlich für alle Länderder Europäischen Union nützlich sein“,erklärte Mattarella. „Man erwartet dahermit Recht, zumindest im gemeinsamenInteresse, Initiativen der Solidarität und

nicht Initiativen, die die Handlungsfähig-keit beeinträchtigen.“

Viele Politiker und Medien sehnensich nun zurück in die Zeiten des bis vorkurzem amtierenden EZB-PräsidentenDraghi, immer wieder beschrieben als„Heiliger Mario Draghi“. Der ehemaligePräsident des Europaparlaments undstellvertretende Vorsitzende der konser-vativen Europäischen Volkspartei, Anto-nio Tajani, schrieb in einem Zeitungsbei-trag: „Die neue Präsidentin der EZB hatsich als ungeeignet erwiesen“. Wenig ge-hört sind in diesen Tagen diejenigen ita-lienischen Ökonomen, die während derAmtszeit von Mario Draghi forderten, Ita-lien müsse die guten Zeiten mit interna-tionalem Wachstum, niedrigen Zinsenund niedrigem Ölpreis nutzen, um seineStaatsfinanzen in Ordnung zu bringen.

Paolo Gentiloni Foto AFP

chs. PARIS. Ein Volk bleibt zu Hause:In Frankreich darf sich wegen der Coro-na-Krise jeder Beschäftigte mit einemKind unter 16 Jahren krankschreibenlassen, wenn ihm sein Unternehmenkeine Möglichkeit zur Heimarbeit ein-räumt. Das erklärte die Arbeitsministe-rin Muriel Pénicaud am Freitag im Ra-dio. Am Vorabend hatte Präsident Em-manuel Macron in einer Fernsehanspra-che die Franzosen aufgerufen, mög-lichst nicht ihren Arbeitsplatz aufzusu-chen und nur die dringendsten Reisenwahrzunehmen. „Wir stehen erst am An-fang dieser Epidemie“, sagte Macron.

Schulen, Kindergärten und Universi-täten sind von Montag an in ganz Frank-reich geschlossen. Die Überweisungvon staatlichem Kurzarbeitergeld sollenach dem deutschen Modell ausgewei-tet, also entbürokratisiert und großzügi-ger gestaltet werden, kündigte der Präsi-dent an. Die Arbeitsministerin präzi-sierte, dass die Umgestaltung die fran-zösische Kurzarbeit zum System „mitdem höchsten Schutz der Arbeitneh-mer in Europa“ machen werde. DerStaat erstatte die Kurzarbeit-Gehälter(70 Prozent der Nettobezüge) den Un-ternehmen nicht mehr nur teilweise,sondern nun zu hundert Prozent.

Die staatlichen Kosten bezifferte Fi-nanzminister Bruno Le Maire auf meh-rere Dutzend Milliarden Euro. Der Öko-nom Jean Pisani-Ferry hält 30 Milliar-den Euro für möglich, wie er in einemInterview sagte. Haushaltspolitische Be-schränkungen sollen vorerst nichtmehr gelten: „Gesundheit hat keinenPreis. Die Regierung wird alle nötigenFinanzmittel mobilisieren, um Hilfe zuleisten, sich um die Kranken zu küm-mern und um Leben zu retten – gleichwas es kostet“, sagte Macron.

Frankreich wollte in diesem Jahr sei-ne Neuverschuldung von 3,1 auf 2,2 Pro-zent des Bruttoinlandsproduktes senkenund seine Gesamtverschuldung beiknapp 99 Prozent stabilisieren. Aucheine Überschreitung des bisher als psy-chologisch wichtig erachteten Wertesvon 100 Prozent sei denkbar, heißt es imFinanzministerium. Die Zinsen derStaatsschulden sind spürbar gestiegen,obwohl die Europäische Zentralbankauf diesem Markt Papiere aufkauft. Ge-gen Abend lagen die Zinsen für zehnjäh-rige französische Anleihen knapp imPlus. Vor vier Tagen notierten sie nochbei minus 0,4 Prozent.

Jenseits der öffentlichen Finanzenstellt sich die Frage, wie man eineVolkswirtschaft am Laufen haltenkann, deren Waren zirkulieren sollen,doch nicht deren Menschen. Der Präsi-

dent des Arbeitgeberverbandes Medef,Geoffroy Roux de Bézieux, meint, dassdies allenfalls einige Monate funktionie-re. Bei einem Firmenbesuch im Depar-tement Eure nordwestlich von Paris be-grüßte er die Maßnahmen der Regie-rung, forderte aber weitere Unterstüt-zung. „Es geht darum, Unternehmen zuretten, die am Ende des Monats oder inwenigen Tagen pleite sein können“, sag-te der Arbeitgeberpräsident und ver-langte nicht nur einen Aufschub vonSteuern und Sozialabgaben, sondern de-ren temporäre Streichung für beson-ders krisengeplagte Unternehmen.

Die Transportbranche erlebt schoneinige Zeit, wie auf breiterer Ebene derWarenaustausch der kommenden Wo-chen aussehen könnte. „Die Lastwagen-fahrer kommen in Risikogebieten beimKunden an, doch sie steigen nicht ausder Fahrerkabine aus oder nur so kurzwie möglich. Gleichzeitig tragen dieEntlader Schutzmasken“, berichtet Ro-dolphe Lanz, Generalsekretär desTransportverbandes FNTR. Die Han-delsströme hätten sich an vielen Stellenverlangsamt. „Die Fahrer haben zuneh-mend das Gefühl, dass sie sich Gefah-ren aussetzen.“

In Gefahr – wirtschaftlicherArt – fühlt sich auch Christine Français.Die Französin leitet als Generaldirekto-rin das Busunternehmen Grisel in derKleinstadt Gisors, anderthalb Autostun-den nordwestlich von Paris. „So eine Kri-se haben wir noch nie erlebt, sie brachplötzlich über uns herein, und wir wis-sen überhaupt nicht, wie es weitergeht“,berichtet sie. Im nahe gelegenen Depar-tement Oise wurden die Schulen schonvor einigen Tagen geschlossen, wodurchihr aufgrund des Ausfalls des Schüler-transports ein Umsatzpfeiler wegbrach.Zudem wird eine Seniorenreise nachder anderen gestrichen. „In unserem Rei-sebüro ist die Psychose total“, klagt dieUnternehmenslenkerin. 30 von ihren220 Mitarbeitern hätten Kurzarbeit be-antragt. „Nach nur einer Woche Krisehaben wir schon einen Verlust von fasteiner halben Million Euro registriert.“

Besonders hart trifft es auch die Kon-zertveranstalter. Die Regierung hattezunächst Versammlungen von mindes-tens 1000 Besuchern verboten, am Frei-tag sank die Grenze auf 100 Personen.„Ein Fünftel unserer Mitglieder ist vomBankrott bedroht“, stöhnt Olivier Dar-bois, der das Unternehmen Corida undden Branchenverband Prodiss mit sei-nen 130 000 Voll- und Teilzeitarbeits-plätzen leitet. „Man darf auch nicht ver-gessen, dass wir zuvor schon unter den,Gelbwesten-Protesten‘ und den Renten-streiks litten“, berichtet der Franzose.

tih. FRANKFURT. Die DeutscheBahn will den Zugbetrieb in Deutsch-land „so lange und so gut wie möglichaufrechterhalten“ – das versicherteKonzernchef Richard Lutz am Freitagin Berlin. Vielen Kunden ist mit derfortschreitenden Corona-Krise die Rei-selust allerdings vergangen: In den ers-ten beiden Märzwochen brachen diePassagierzahlen im Fernverkehr um 25beziehungsweise voraussichtlich 40 Pro-zent ein. Darauf reagiert das Unterneh-men nun. Man habe Verständnis, wenndie Kunden in der aktuellen Situationihre gebuchte Reise noch einmal über-denken wollten, sagte Lutz: „Aus die-sem Grund haben wir uns bei der DBentschieden, eine deutschlandweiteSonderkulanz-Regelung einzurichten.“

Von Anfang kommender Woche an istes dann möglich, gebuchte Tickets kos-tenfrei in einen Reisegutschein umwan-

deln zu lassen. Dies gilt den Angaben zu-folge für alle Super-Sparpreis- und Spar-preis-Fahrkarten für Reisen bis ein-schließlich 30. April. Reisende mit nor-malen Flexpreis-Tickets können davonunabhängig ihre Fahrkarten kostenlosstornieren. Wer seine Reise verschiebenwill, kann das gebuchte Ticket bis zum30. Juni flexibel nutzen. Bei Sparpreisenwerde die Zugbindung aufgehoben.

Der Zugverkehr nach Italien ist unter-dessen seit Freitag stark eingeschränkt.Die regelmäßig fahrenden Eurocity-Ex-press-Züge von Frankfurt nach Baselund Mailand fallen aus. Fernverkehrs-verbindungen nach Italien von Bayernaus enden in Österreich. Direktverbin-dungen nach Italien seien nun nichtmehr möglich, hieß es. Die Bahn rät oh-nehin, Reisen nach Italien zu verschie-ben. Im Zugverkehr mit Frankreich gibtes derzeit noch keine Einschränkungen.

Entrüstung über Lagarde in ItalienAussage der EZB-Präsidentin zu Risikozuschlägen verursacht Wirbel / „Als ungeeignet erwiesen“

„Wir müssen klotzen“ Frankreich setzt aufHeim- und auf KurzarbeitDer Staat öffnet die finanzpolitischen Schleusen

Bahn wird sehr kulantGebuchte Tickets können eingetauscht werden

EU-Wirtschafts- undWährungskommissarPaolo Gentiloni über dieFolgen der Corona-Kriseund die Antwort der EU.

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FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG SAMSTAG, 14. MÄRZ 2020 · NR. 63 · SEITE 19Die Lounge

Wie schnell das jetzt doch al-les ging: Eben noch war dieCorona-Krise ein Problem

der anderen gewesen. Wir sahen dieBilder von den Zuständen in Chinaund später in Italien, und ja, wir ha-ben schon mal ein bisschen Toiletten-papier und Mehl gehortet – man weißja nie. Doch so richtig besorgt warenwir Deutschen lange Zeit doch eigent-lich nicht gewesen; auch nicht als dieMitarbeiter des Autozulieferers We-basto in Quarantäne mussten. Manging ins Kino, zum Sport, auf Dienst-reise oder einfach mal nett essen.Und jetzt das! Die Börsen taumeln,Arbeitgeber schicken ihr Personalwahlweise in Kurzarbeit oder insHomeoffice, und die Bundeskanzle-rin höchstselbst ermahnt dazu, unnö-tige Sozialkontakte zu vermeiden.Deutschland bleibt zu Hause, will-kommen im Krisenmodus.

Wie Botschaften aus einer ande-ren Zeit erscheint einem da die eineoder andere Nachricht, die täglich ineiner Wirtschaftsredaktion so ein-geht und sich mit dem Blick in denökonomischen Rückspiegel beschäf-tigt. Vor allem aus dem StatistischenBundesamt aus Wiesbaden kommtdie eine oder andere Bilanz des Jah-res 2019, die einen direkt wehmütigwerden lässt.

Da ist zum Beispiel diese Nach-richt: Die Zahl der Unternehmensin-solvenzen ist im Jahr 2019 um 2,9 Pro-zent niedriger als 2018, und auch dieZahl der Verbraucherinsolvenzen istum 7,3 Prozent gesunken. Eine schö-ne Botschaft, wenn man nicht geradeInsolvenzverwalter ist. Denn derenDienste sind schon seit Jahren immerweniger gefragt, dank des scheinbarewigen Aufschwungs ging es Unter-nehmen wie Konsumenten finanziellstetig besser. Das hat auf Anwaltssei-te zu einer ordentlichen Konsolidie-rung des Marktes geführt. Bleibt zuhoffen, dass die Übriggebliebenennun leistungsfähig genug sind, fürdas, was auf sie zukommen könnte.Denn die Regierung hat zwar zuge-sagt, dass am Virus kein Arbeitgeberzugrunde gehen soll. Aber sicher seinkann man sich da leider nicht.

Ebenso wehmütig kann man wer-den, wenn die Statistiker vermelden,dass die Beschäftigung im Handwerkallgemein noch einmal um 0,3 Pro-zent und speziell im Ausbaugewerbeum 1,6 Prozent gegenüber 2018 zuge-legt hat – trotz eines jahrelangen Auf-schwungs am Arbeitsmarkt, der inzahlreichen Regionen Deutschlandszu Vollbeschäftigung und Fachkräf-teengpässen geführt hat. Seit weni-gen Tagen ist dagegen das Wort Kurz-arbeit in aller Munde. In Berlin wur-de nun die Milliardenschleuse geöff-net, damit auch der Stillstand in wei-ten Teilen des öffentlichen wie desprivaten Lebens nicht dazu führt,dass viele Menschen ihren Arbeits-platz verlieren. Wenn die Pandemieinnerhalb eines überschaubaren Zeit-raums in den Griff gekriegt werdenkann, lässt sich die schwierige Zeitwomöglich mit Subventionen aus derArbeitslosenversicherung überbrü-cken. Das hat in der Finanz- und Wirt-schaftskrise schon einmal geklappt.

Eine Folge der fetten Jahre warzudem, dass die Deutschen konsu-mierten wie die Weltmeister. Jeden-falls gaben Privatpersonen hierzulan-de zuletzt gut 20 420 Euro je Personaus. Damit hauten wir fast ein Drittelmehr auf den Kopf als der Durch-schnitt der Europäischen Union.Auch wenn man die jeweilige Kauf-kraft miteinbezieht, lagen wir mitfast 19 Prozent über dem Mittel. NurLuxemburgern und Österreichernsaß der Euro noch ein wenig lockerer.Auch diese Zahlen könnten ange-sichts allgemeiner Verunsicherungund wachsender Sorge um den eige-nen Arbeitsplatz jedoch schnell Ge-schichte sein. Da der Corona-Kampfvon Finnland bis Portugal im vollenGange ist, werden die Leute wohl all-gemein die Ausgaben drosseln.

Ob uns die Pilzernte aus diesemTief herausholen kann? Den Datendes Statistikamtes zufolge wurden imvergangenen Jahr rund 71 800 Ton-nen an Speisepilzen geerntet. Davonentfielen sagenhafte 98 Prozent aufden Champignon. Insgesamt aber ern-teten hiesige Pilzzüchter rund 2 Pro-zent weniger als noch im Vorjahr. Naalso, 2019 war also doch nicht allesbesser. Das stimmt uns doch ein we-nig optimistischer. Vielen Dank, lie-bes Bundesamt.

Auf einen Espresso

Mittwochabend, 21.40Uhr. Italiens Minis-terpräsident Giusep-pe Conte spricht zurNation, schon zumzweiten Mal in die-

ser Woche. Dieses Mal aber nicht in eineroffiziellen Rede vor den zusammenge-schalteten Fernsehkanälen, sondern ganzunorthodox auf Facebook. Italiens Fernse-hen unterbricht dennoch viele aktuelleProgramme, um die Rede zu ungewöhnli-cher Zeit aktuell zu übertragen.

„Ich danke euch, denn ich weiß, dass ihrdabei seid, euren Lebensstil zu ändern. Ihrbringt Opfer, und ich weiß, dass das nichtleicht ist, doch dieser kleine oder großeVerzicht bedeutet einen wertvollen Bei-trag für das Land“, sagt Conte. Die ganzeWelt blicke auf Italien, denn Italien gebeein großes Beispiel von Strenge, und inder Zukunft werde das Land nicht nur be-wundert werden, sondern ein Beispielsein dafür, wie man mit Gemeinschafts-sinn gegen eine Pandemie siegen könne.Dann kommt die eigentliche Neuigkeit:„Jetzt ordnen wir die Schließung aller Ge-schäfte an, mit Ausnahme der Lebensmit-telhändler und Apotheken.“ Geschlossenwerden normale Geschäfte, Bars, Pubs,Restaurants, Friseure, Schönheitssalonsund so weiter.

Die Überraschung ist Conte gelungen.Zwar gab es in den Zeitungen Artikel überDiskussionen um weitere Einschränkun-gen. Doch Gerüchte, Streitereien und Pro-filierungsversuche einzelner Politiker stel-len in Rom die üblichen Hintergrundge-räusche des Hauptstadtlebens dar. Bei soweitreichenden Schließungen ist sicher,dass nicht jeder in allen Details des All-tags für die nächsten Wochen vorgesorgthat. Im eigenen Büro fehlt Papier für denDrucker, und wenige Stunden vor demFacebook-Auftritt von Conte hatte dernahe liegende Schreibwarenladen bereitsfrüher geschlossen als üblich. Die überra-schende Ankündigung von Conte führtauch noch zu anderen Sorgen in der Fami-lie. Woher kommt das Futter für die ver-wöhnte kleine schwarze Katze, die sichnur mit wenigen ausgewählten Futtersor-ten zufriedengibt?

Die Stadt war schon vor dem Mittwoch-abend so verlassen, dass große Teile desHandels demotiviert waren, überhauptweiterzumachen. Der sonst von ausländi-schen Touristen als Fotomotiv geschätzteObst- und Gemüsemarkt am Campo de’

Fiori in der Altstadt blieb schon am Mor-gen zur Hälfte leer. Der Händler mit demgrößten und teuersten Stand, spöttisch„Bulgari“ genannt, war trotzdem da, klag-te aber seinerseits über 50 Prozent Ver-dienstausfall. Am Kiosk gegenüber stapel-ten sich mittags noch 18 unverkaufteExemplare der römischen Zeitung „La Re-pubblica“, kurz danach wurde zugesperrt.

Trotzdem war bis Mittwoch für die Ita-liener noch alles verfügbar. Seither gibt esnur noch die Grundversorgung. Zuvor wares der Regierung nicht so gut gelungen,mit überraschenden Schritten vorüberge-hende Panikreaktionen zu vermeiden. Be-vor am vergangenen Sonntag gegen 14Uhr die Lombardei und 14 weitere nordita-lienische Provinzen zur „roten Zone“ wur-den, gab es zu viele Gerüchte. Der Minis-terpräsident wollte seinen Schritt mit denbetroffenen Regionalregierungen abstim-men, doch von irgendwo wurden die ver-traulichen Entwürfe für das Gesetzesde-kret an die Medien weitergereicht. Zwi-schen der Ankündigung am Samstag-abend, der Unterschrift um 2 Uhr mor-gens und der Veröffentlichung im Geset-

zesblatt am Sonntagnachmittag vergingenweitere Stunden. Derweil kam es in Nord-italien zu dramatischen Szenen. In Mai-land und anderswo wollten viele den letz-ten Zug nach Süditalien nehmen. Eineamerikanische Korrespondentin be-schrieb die Szene in einem überfülltenNachtzug bei Twitter unter dem Titel„Flucht aus Padua“ und erntete einenSturm der Entrüstung. Denn zwischen20000 und 50000 Italiener, die im Nordenarbeiten und zwischen Samstagnachmit-tag und Sonntagvormittag zu den Wur-zeln ihrer Familie in den Süden geflüchtetsind, könnten entscheidend zur Verbrei-tung des Virus im ganzen Land beitragen.

Bisher ist die Lage nur in der Lombar-dei dramatisch, der reichsten Region Ita-liens mit 10 Millionen Einwohnern. Dasdortige Gesundheitssystem, das beste undam großzügigsten finanzierte Italiens,stößt längst an seine Kapazitätsgrenzen.Die Stimmung ist verzweifelt: Von den amFreitag in Italien registrierten 15000 Fäl-len von Corona-Infizierten entfallen 7700auf die Lombardei, davon 4435 in norma-ler Krankenhausbehandlung und zusätz-

lich 650 in Intensivstationen. Doch die In-tensivplätze reichen nicht mehr aus. Seitmehr als einer Woche wird versucht, Ab-hilfe zu schaffen. Eingerichtet wurdenPlätze in normalen Krankenhausbettenund Beatmungsgeräte für „subintensive“Behandlung, nun wird in der MailänderMesse ein Behandlungszentrum eingerich-tet. Der Bürgermeister der lombardischenStadt Bergamo, Giorgio Gori, berichtet da-von, dass er genügend konkrete Fälle ken-ne, in denen im entscheidenden Momentfür einen Corona-infizierten Patientenkein Behandlungsplatz in der Intensivstati-on mehr verfügbar gewesen sei. In einemder meistgehörten Radiosender wird dieNachricht verbreitet, dass der Gründer ei-nes erfolgreichen mittelständischen Unter-nehmens im Alter von 82 Jahren verstor-ben sei. Der Unternehmer namens Raffae-le Cifarelli sei schon durch andere Krank-heiten vorbelastet gewesen und mangelsErfolgsaussichten nicht auf einen der ra-ren Intensivplätze gekommen. In der Sta-tistik ist er nur einer von 890 lombardi-schen Todesopfern. Selbst diejenigen, dieschließlich einen der begehrenswerten

Plätze in der Intensivstation bekommen,finden sich nicht in einer beneidenswer-ten Lage wieder. Dramatische Filme aus ei-ner Intensivstation zeigen leblose Körpervon sedierten Patienten, die an Maschi-nen angeschlossen sind und ohne Bewusst-sein der turbulenten Situation der Intensiv-station ausgeliefert sind.

Dagegen sind die Probleme im Zentrumoder im Süden Italiens noch immer über-schaubar. Die Region Latium rund umRom meldete am Donnerstag 172 Infekti-onsfälle, davon 20 in der Intensivstation,Apulien berichtete von 98 Infektionsfäl-len, davon zwei mit Intensivbehandlung,und Kalabrien hatte nur 32 Infizierte. Da-her hatte der Regionalpräsident Apuliens,Michele Emiliano, am vergangenen Wo-chenende einen verzweifelten Appell andie Landsleute gerichtet, die im Norden ar-beiten: „Kommen Sie nicht nach Hause inden Süden, Sie könnten damit Ihre Großel-tern umbringen.“ Emiliano hatte schon zu-vor als Erster angeordnet, dass jeder Rück-kehrer aus dem Norden ohne Ausnahmefür 14 Tage in Quarantäne muss. Apulienist dabei noch einigermaßen gut organi-

siert. Aber es wäre nicht auszudenken,was passieren würde, wenn in der bevölke-rungsreichen Region Kampanien mit ih-rer chaotischen Hauptstadt Neapel Infekti-onszahlen wie in der Lombardei regis-triert würden. Oder wenn die Welle der In-fektionen die ärmste und völlig dysfunktio-nale Region Kalabrien treffen würde.

Deshalb blieb dem Ministerpräsidentenschon am Montagabend nichts anderes üb-rig, als die Konditionen der „roten Zone“im Norden auf ganz Italien auszudehnen.Conte sprach dabei nicht davon, dass ganzItalien „rotes Gebiet“ sei, sondern nur voneiner „geschützten Zone“. Der Effekt istder gleiche. Auch an der österreichischenoder deutschen Grenze wird nun nichtmehr unterschieden zwischen Italienernaus ruhigen Regionen und Infektionsgebie-ten. In ganz Italien müssen nun alle zuHause bleiben. Jeder kann auf der Straßeangehalten werden mit der Frage: „Wowollen Sie hin?“ Jeder muss sich selbst ei-nen Passierschein ausstellen, auf einemFormular des Innenministeriums, das beiFalschangaben schwere strafrechtlicheKonsequenzen androht. Die einzigen Kri-terien für den Aufenthalt auf der Straßesind „nachgewiesene Notwendigkeitender Arbeit“, „grundlegende Notwendig-keit“ und „gesundheitliche Motive“. DerEinkauf in – immer noch gut gefüllten –Lebensmittelmärkten bleibt erlaubt, dasAbendessen mit Freunden zu Hause istverboten. In der Pressekonferenz mit demChef des Katastrophenschutzes berichteteine Journalistin, sie habe gemeinsam mitdem Ehemann den Hund ausgeführt, seiangehalten worden und habe eine Andro-hung von Bußgeld erhalten. Der obersteKatastrophenschützer will das ausdrück-lich nicht verurteilen. Spaziergang zuzweit sei nicht angesagt, auch zu Hausesolle man einen Meter Distanz halten. Inden Nachrichtensendungen erklären nunRegierungsjuristen im Detail, was genauerlaubt ist und was nicht. Womöglich hal-ten bald Soldaten die Bürger an und damitItaliens Straßen leer.

In der Politik geht die Diskussion weitermit den Forderungen des Populisten Salvi-ni, alle Fabriken zu schließen. Er wittertwohl, dass Italien selbst nach zwei Wo-chen Quarantäne nicht infektionsfrei seinkönnte, und dann könnte man dem Minis-terpräsidenten die Schuld geben, der sichstaatstragend gibt und andererseits vonseinen Gegnern als Möchtegern-Churchillverspottet wird. Die Unternehmer haltendagegen. Bei Schließung der Fabriken sei-en Italiens Marktanteile in der Welt gefähr-det, vor allem auch die Grundversorgungfür Italien. Doch die Gewerkschaftenstreuen nun die Sorge, dass in Fabrikender Kleinunternehmer oder an dichtbe-setzten Fließbändern das Ansteckungsrisi-ko hoch sei. Es kommt zu wilden Streiks.

In Rom mit seinen ausgestorbenen Stra-ßen stehen dagegen ganz andere Überle-gungen im Vordergrund. Aus dem Ministe-rium für wirtschaftliche Entwicklung wirdberichtet, dass nun so gut wie alle nachHause gingen. Auch das Kabinett des Mi-nisters erweist sich plötzlich als entbehr-lich, während doch früher die Pöstchennie genug waren. Im Auslandspresseclubmit 60 Arbeitsplätzen für Korresponden-ten wollen die vom Ministerium gestelltenPförtner einfach nur nach Hause. Dafürgibt es nun tausend Ausreden, bis hin zurangeblich dramatischen Gesundheitslagein Rom, die durch nichts belegt ist. AmCampo de’ Fiori darf die Kioskbesitzerinnach den immer detaillierteren Vorschrif-ten ihr Kiosk weiter offen halten. Nichtweit entfernt ist auch der Laden für Tierbe-darf und Katzenfutter immer noch ganz le-gal geöffnet.

Leben imRückspiegel

Von Sven Astheimer

Plötzlich fehltKatzenfutter

Trevi-Brunnen im März 2020: Viel Platz für eine Taube Foto © 2020 Shutterstock

Trevi-Brunnen im Juni 2017: Wenig Platz für viele Touristen Foto dpa

Das Coronavirus hat Italien ins Chaos gestürzt und das Lebenauf den Kopf gestellt – im Großen wie im Kleinen.

Von Tobias Piller, Rom

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Page 20: Frankfurter Allgemeine Zeitung - 14 03 2020

SEITE 20 · SAMSTAG, 14. MÄRZ 2020 · NR. 63 FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNGWirtschaft

Ein Teil des Personals des Rafik-Hariri-Krankenhauses streikt.Man habe genug von der „kras-sen Nachlässigkeit“ der Verwal-

tung und zuständigen Regierungsfunktio-nären, hieß es in einer Erklärung. DieAusstattung der Klinik ist veraltet, die Be-schäftigten erhalten ihre bescheidenenLöhne nur mit Verzögerungen. Dabeisteht das Krankenhaus im Zentrum derBemühungen der libanesischen Regie-rung, die Verbreitung des Coronaviruseinzudämmen. Es ist ein Streik, der Bän-de spricht: Die Libanesen müssen sich indiesen Tagen nicht nur darüber Sorgenmachen, dass die Pandemie das Gesund-heitssystem des heruntergewirtschaftetenStaates zum Einsturz bringt. Die Vorgän-ge im Hariri-Krankenhaus hängen nichtzuletzt damit zusammen, dass der Liba-non in einer Wirtschaftskrise steckt, wiesie das Land noch nicht erlebt hat.

Laut den Szenarien der Weltbank, diein Beirut unter Diplomaten kursieren,könnte die Hälfte, im schlimmsten Fall so-gar mehr als zwei Drittel der Libanesenunter die Armutsgrenze fallen. Schonjetzt ist für viele der wirtschaftliche Über-lebenskampf zu einem täglichen Stress-test geworden. Es gibt Banker, die schonvon drohender Hyperinflation, Zusam-menbruch der Staatsgewalt, Aufruhr undBlutvergießen sprechen.

Ministerpräsident Hassan Diab gab zuBeginn der Woche eine offizielle Bank-rotterklärung ab, die auch das Wirt-schaftssystems des Landes einschloss.Die Regierung werde insgesamt 1,2 Milli-arden Dollar, die für Staatsanleihen (et-was missverständlich Eurobonds ge-nannt) am Montag fällig geworden wä-ren, nicht zahlen, erklärte er. Das gelteauch für kommende Runden in den nächs-ten Jahren. Die Devisenreserven seien„auf einem bedrohlich niedrigen Stand“,sagte Diab. Man müsse Sorge tragen, dieGrundversorgung der Bevölkerung zu si-chern. Und dafür sind die Dollarreservenunerlässlich, denn es muss von Getreideüber Medikamente oder Treibstoff fast al-les importiert werden. Es gehe nicht an,erklärte der Regierungschef, dass derStaat von 1000 libanesischen Pfund etwa500 dafür aufwende, die Schulden zu be-dienen. Die Staatsverschuldung liegtnach seinen Worten bei 170 Prozent desBruttoinlandsproduktes – das ist derschlechteste Wert auf der ganzen Welt.

Und Diab, der erst seit Januar im Amtist, sprach auch aus, was Fachleute seitJahren sagen: Das Wirtschaftssystem desLandes ist genauso am Ende wie der Staatselbst. Der Aufbau produktiver Wirt-schaftszweige sei untergraben worden,sagte der Regierungschef, der Vokabelnwie Selbsttäuschung und Illusionen be-nutzte. Er wies auf den aufgeblähten Ban-kensektor mit insgesamt 65 Banken hin,dessen Vermögenswerte 400 Prozent desBruttoinlandsproduktes betragen. „Heutezahlen wir den Preis für die Fehler, dievor Jahren begangen wurden“, sagteDiab.

Der Regierungschef umschreibt einhochkorruptes System, das sein Überle-ben mit einem brandgefährlichen Schnee-ballsystem sicherte. Ein Kartell von politi-

schen Führern, viele von ihnen Warlordsaus den Zeiten des Bürgerkrieges, hat denLibanon über Jahrzehnte dreist ausge-plündert. Die Infrastruktur des Landesverfällt. Die Elektrizitätsgesellschaft istein Milliardengrab, jeden Tag fällt derStrom für mehrere Stunden aus. Die Müll-abfuhr ist so teuer wie in Metropolen vomSchlage New Yorks, aber der Unrat wirdeinfach auf übervollen Halden abgeladen.

Um die Staatsfinanzen vor dem Zusam-menbruch zu bewahren, besorgte sich dieZentralbank über Privatbanken wiederund wieder auf Pump Devisen – und botim Gegenzug absurd hohe Renditen. DerLibanon funktionierte wie ein Renten-staat – maßgeblich getragen von der gro-

ßen Mehrheit der Libanesen, die im Aus-land arbeitet und Dollar in die Heimatschickt. Aber das Vertrauen der Geldbe-schaffer ist längst geschwunden, der über-lebenswichtige Zustrom an Devisen ver-siegt. Das Schneeball-System ist zusam-mengebrochen, und laut Einschätzungvon Diplomaten und Fachleuten ist es,sollte nicht irgendwie Besserung eintre-ten, eher eine Frage von Monaten dennvon Jahren, bis die Reserven aufge-braucht sind.

Die Bevölkerung muss nun schmerz-haft erfahren, dass das Schneeballsystemauch im Negativen funktioniert. Eine Aus-wirkung der Krise jagt die nächste. Ar-beitslose drängen auf den ohnehin schon

übersättigten Markt der Taxifahrer, diewiederum über schwindende Kundschaftklagen. Jetzt kommt auch noch die Coro-na-Pandemie dazu. Der Verband der oh-nehin schon schwer gebeutelten Gaststät-tenbetreiber erklärte, dass sei nun der „fi-nale Schlag“, der auch die „letzte Hoff-nung“ zunichtemache.

Wer in den Vierteln der einfachen Leu-te mit den Verzweifelten spricht, hört Kla-gen, die Miete oder anständiges Essennicht mehr zahlen zu können. Krise undDollarknappheit führen dazu, dass diePreise steigen, während die Kaufkraftsinkt. Seit dem Jahr 1997 wird die Lira,das libanesische Pfund, zum festgelegtenKurs von 1:1500 gehandelt. In den Ban-

ken ist das auch noch der Fall, aber in denWechselstuben gab es für einen Dollar bis-weilen 2600 libanesische Pfund. Die Ban-ken geben derzeit Dollar nur in sehr be-grenzten Dosen aus, was die Importe unddamit die Wirtschaft weiter abschnürt. Ei-gentlich müsste er die Preise erhöhen, er-klärt ein Barbesitzer. Denn er kaufe zuminoffiziellen Wechselkurs ein. Aber dannkomme ja gar keiner mehr. Das war, be-vor die Regierung die Schließung aller Lo-kale anordnete.

Diab und seine Mannschaft müssenschnell aus diesem Teufelskreis ausbre-chen. Es ist schon viel zu viel Zeit verstri-chen. Die Krise hatte sich seit Jahren an-gekündigt, im Oktober war den Libane-sen der Kragen geplatzt. Massenprotestebrachen aus, der damalige Regierungs-chef Saad Hariri gab auf. Obwohl die Zeitangesichts des wirtschaftlichen Nieder-gangs drängte, feilschte die politischeKlasse bis zum Januar um eine Nachfolge-regierung. Diabs Bankrotterklärung istaber noch lange nicht der Befreiungs-schlag, den der Libanon braucht. Es herr-schen Zweifel daran, dass die Verhandlun-gen über die Restrukturierung der Schul-den so „fair und vertrauensvoll“ ablaufen,wie sich der Ministerpräsident daswünscht. Vulture Funds, die sich auf Fällewie den Libanon spezialisiert haben,könnten die Regierung mit hochqualifi-zierten Anwälten vor amerikanische Ge-richte zerren und kostspielige Vergleicheerzwingen. Es wäre nicht auszuschließen,dass zum Beispiel Flugzeuge der nationa-len Fluggesellschaft im Ausland beschlag-nahmt werden. Es gibt ferner Widerstandder Banken, die bis zuletzt Druck auf dieRegierung ausgeübt hatten, die Bankrott-erklärung zu unterlassen und die eng mitder politischen Klasse verflochten sind.

Diese wiederum hat kein Interesse anwirklichen Reformen, weil sie um ihrePfründe fürchtet. Die politischen Führerdes Landes, auf deren Wohlwollen Regie-rungschef Diab angewiesen ist, sind eineenorme Hürde für Erneuerung. „Sie habenden Ernst der Lage noch immer nicht er-kannt“, sagt ein frustrierter in der politi-schen Klasse gut vernetzter Banker. Nachseiner Einschätzung dürfte weniger als einDrittel der Banken die Krise überleben.

Die Aussicht auf ausländische Hilfe istbegrenzt. Ein Einschreiten des Internatio-nalen Währungsfonds wäre nicht nur miteiner Gewaltkur verbunden, sondernauch mit amerikanischer Einflussnahme,wogegen sich die von Iran gelenkte Schii-tenorganisation Hizbullah sperrt – diemächtigste und auch militärisch stärksteKraft im Land. „Mein Vertrauen, dass dieneue Regierung diese systemische Krisebeheben kann, ist begrenzt“, sagt daher Si-bylle Rizk von der Nichtregierungsorgani-sation „Kulluna Irada“, die Lobbyarbeitfür politische Reformen und ein funktio-nales Wirtschaftssystem betreibt. Diabverdiene Anerkennung dafür, die Reißlei-ne gezogen und endlich die Missständeangesprochen zu haben, sagt sie. „Aberseine Regierung ist wie ein Pilot, der sichmit dem Cockpit vertraut macht, wäh-rend sich das Flugzeug im Sturzflug befin-det – und der noch nicht gelernt hat, wieman eine Notlandung vollführt.“

Fata Morgana: Dieser Supermarkt in Beirut vermittelt kerngesunden Handel – davon kann im Libanon keine Rede sein. Foto dpa

F.A.Z. FRANKFURT. Vor einer Wo-che hat diese Zeitung über eine Aus-einandersetzung von Ökonomen be-richtet, an der Claudia Kemfert vomDeutschen Institut für Wirtschaftsfor-schung (DIW) beteiligt war und diesich um die Bewertung der deutschenEnergiepolitik drehte (Causa Kem-fert: Chronologie einer Eskalation,F.A.Z. vom 6. März). DIW-PräsidentMarcel Fratzscher wurde darin mitder Aussage zitiert, die Art und Weisesei „völlig unter der Gürtellinie undinakzeptabel“ gewesen, wie die Zei-tung „Handelsblatt“ Ende Februarüber die Kritik an der Ökonomin be-richtet hatte, ohne dass mit dieserüber die persönlichen Anfeindungengesprochen wurde. Dazu hieß es indem F.A.Z.-Bericht: „Dass (Kemfert),wie im Artikel der Wirtschaftszeitungerwähnt, auf Anfrage einen Kommen-tar abgelehnt hatte, kümmerte Fratz-scher nicht weiter.“ Dazu stellen wirrichtig: Das „Handelsblatt“ hat Kem-fert nicht zu der fachlichen und per-sönlichen Kritik zu ihrer Person kon-taktiert und ihr keine Möglichkeit ge-geben, darauf zu reagieren.

ash. FRANKFURT. Die Öffnungdes Glücksspielmarktes in Deutsch-land für private Anbieter wird auchzum Preis von Werbebeschränkun-gen für die Unternehmen erfolgen.Zwischen sechs Uhr am Morgen undabends 21 Uhr darf laut des neuenGlücksspielstaatsvertrages keine Wer-bung im Rundfunk und Internet fürvirtuelle Automatenspiele, Online-Poker und Online-Casino gezeigt wer-den. „Werbung für Sportwetten mitaktiven Sportlern und Funktionärenist unzulässig“, heißt es im ersten Ab-schnitt unter Paragraph 5 Artikel 3.Am Donnerstag hatten die Minister-präsidenten den Staatsvertrag verab-schiedet, der ab Mitte 2021 geltensoll. Dass ein Oliver Kahn als Vor-standsmitglied des FC Bayern odereinzelne Fußballstars das Angebotvon Sportwettenanbietern propagie-ren, wäre dann unzulässig. Werbungvon Anbietern auf Trikots oder Ban-den ist dagegen weiterhin erlaubt.

Noch muss der Staatsvertrag vonder EU notifiziert und von den Län-derparlamenten ratifiziert werden.Aufgebaut werden soll eine Glücks-spielbehörde zur Überwachung, dieihren Sitz in Sachsen-Anhalt habensoll. Datenschützer kritisieren dasDurchleuchten jedes Spielers und dasSammeln sensibler Daten.Libanesische

Bankrotterklärung

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Richtigstellung

Vorbei: OliverKahn und dasGlücksspiel

Das Wirtschaftssystem des Landes ist genauso am Ende wie der Staat selbst.Drohen jetzt Hyperinflation, Zusammenbruch der Staatsgewalt,

Aufruhr und Blutvergießen?

Von Christoph Ehrhardt, Beirut

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SAMSTAG, 14. MÄRZ 2020 · NR. 63 · SEITE 21FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG Traueranzeigen

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Page 22: Frankfurter Allgemeine Zeitung - 14 03 2020

SEITE 22 · SAMSTAG, 14. MÄRZ 2020 · NR. 63 FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNGUnternehmen

ela. WIEN. Wer sich die Entwicklung vonCoronavirus-Infektionen in Tirol angese-hen hat, musste damit rechnen. Für Fami-lie Kostner war erst am Donnerstagabenddie Ernüchterung eingetreten. Die Eigen-tümer des Hotels Galtenberg in Alpbachmüssen bis zum Wochenende ihr Hotel zu-sperren, obwohl in dem Bergdorf im Be-zirk Kufstein keine Fälle aufgetreten sindund der touristische Betrieb normal läuft.Die Schließung haben die Behörden füralle Skigebiete des Landes und auch ande-re Hotels in dem an Italien grenzendenBundesland verfügt. Es ist die Tourismus-hochburg Österreichs im Winter. In Tirolgibt es die meisten Infektionen unter allenBundesländern in Österreich. Die neuesteEntwicklung am Freitag: Die Tiroler Skige-biete Paznauntal und St. Anton am Arl-berg wurden unter Quarantäne gestellt.Die Abschottung soll 14 Tage andauern,

„Im Moment sind wir alle sprachlos undwissen nicht, wie es weitergeht“, sagte Sa-bine Kostner im Gespräch mit der F.A.Z.Bis Ostern war das Hotel nahezu ausge-bucht. Die Wintersaison verlief in ihremBetrieb wie auch in anderen Skigebietendes Landes bisher prima. Im Resort Gal-tenberg arbeiten hundert Mitarbeiter.„Diese stehen ab Montag auf der Straße.Davon ist viel Stammpersonal. Die habenauch ihre Zahlungsverpflichtungen. Wirwissen nicht, ob wir die im Sommer wie-derbekommen“, sagt Kostner. Dann willdie Hotelbetreiberin ihr Haus wieder öff-nen. Ähnlich wie ihr geht es den fast 600Beherbergungsbetrieben in dieser Region.

Für sie bedeutet das vorzeitige Saisonendeebenso Ungewissheit wie für die Gastrono-mie. „Es wird deutliche Einbußen geben“,sagt Juliane Seebacher vom Tourismusver-band Alpbach. Wie sich das staatliche Ausauf Anzahlungen für Buchungen auswirkt,ist unklar: „Wir appellieren an die Kulanzder Vermieter“, heißt es.

Zuvor wurde bereits das Saisonende fürden Tiroler Skiort Ischgl verhängt. Dortscheint sich die Seuche in den zurücklie-genden Tagen besonders rasant verbreitetzu haben. „Zuletzt waren in Ischgl, ausge-hend von einer Après-Ski-Bar, vermehrtCorona-Fälle aufgetreten. Die wirtschaftli-chen Verluste, die durch die vorzeitige Be-

endigung der Wintersaison entstehen wer-den, sind aus Sicht des Geschäftsführersdes dortigen Tourismusverbands, AndreasSteibl, nicht abschätzbar. „Wir sind einerder tourismusintensivsten Orte in ganzÖsterreich, da sind Verluste vorgegeben“,sagt Steibl. Die Betriebe seien aber gut auf-gestellt, und man wolle in der nächstenWintersaison wieder voll durchstarten.

Generell wenig Verständnis für Corona-virus-Restriktionen in Ischgl hat hingegender schillernde Hotelier Günther Aloys,der mit anderen den Ballermann-Touris-mus in die Alpen gebracht hat. „Wir habenganz wenige Fälle. Die Leute sind sensi-bel, passen auf. Das ist ja nichts anderesals eine Grippe, die für die allermeistennicht tödlich ist“, sagte Aloys der AustriaPresse Agentur. Besser wäre es, die Saisoneinfach so weiterlaufen zu lassen. AusSicht der Landesregierung in Tirol war dieEntscheidung für ein vorzeitiges Saison-ende hart, aber alternativlos. „BesuchenSie Tirol später wieder“, sagte der Landes-hauptmann Günther Platter. Der Urlauber-wechsel am Samstag mit 150 000 Gästenwäre unverantwortlich. Die Entwicklungder Ausbreitung des Virus sei in Tirol dy-namisch, berichtete GesundheitslandesratBernhard Tilg (ÖVP). Nach einer Berech-nung der Agentur für Gesundheit und Er-nährungssicherheit verdoppeln sich die In-fektionen in Tirol alle drei Tage.

Wie hoch die Verluste der Wirtschaftsein werden, ist unklar. Der Vorsitzendeder österreichischen Seilbahnwirtschaft,Franz Hörl, rechnet mit Verlusten zwi-schen 180 und 200 Millionen Euro in der

Woche. Das sei eine noch nie dageweseneKatastrophe. Es sei so, als ob man mit ei-nem Zug mit 250 Stundenkilometern eineVollbremsung mache. Im Interesse der Be-völkerung bleibe keine andere Möglich-keit. In Tirol steuert der Tourismus fast einFünftel zur Wirtschaftsleistung bei. Vomvorzeitigen Aus sind neben Tirol aberauch Vorarlberg und Salzburg betroffen.

Der Tourismus kommt aber nicht nur inden Skigebieten Westösterreichs zum Er-liegen. Ebenso ist die BundeshauptstadtWien betroffen. „Wir sind im freien Fall“,sagte der Tourismusverantwortliche derStadt, Norbert Kettner: „Momentan gibtes keinen Grund für Gäste, nach Wien zukommen.“ Auch der für die Stadt wichtigeGeschäfts-, Kongress- und Freizeittouris-mus breche förmlich zusammen. In wel-chem Ausmaß die Rückgänge kurz- undmittelfristig ausfallen werden, sei derzeitnicht seriös abzuschätzen. In der Hotelle-rie erlebe er derzeit eine Schockstarre,aber gleichzeitig auch eine Gefasstheit,meinte Kettner: „Wichtig ist, dass die Be-triebe gesundheitlich und ökonomisch gutdurch die Krise kommen.“ Hier gebe es jabereits Förderzusagen des Bundes.

Österreich hat ein Klumpenrisiko mitdem Tourismus, der in der nun zu Ende ge-henden Saison trotz Schneemangels bisEnde Januar starkes Wachstum verzeich-nete. Der Wirtschaftszweig steuert bis zuzehn Prozent der österreichischen Wirt-schaftsleistung bei. In der Wintersaison2018/19 verzeichneten die Beherbergungs-betriebe mit 72,9 Millionen Übernachtun-gen einen Höchststand.

Etwa 10 bis 14 Euro – so viel fehltdem Frankfurter Flughafenbe-treiber Fraport mit jedem Passa-gier, der nicht mehr fliegt, beim

Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschrei-bungen. Und wie Konzernchef StefanSchulte am Freitag erläuterte, bleiben ak-tuell wegen der Auswirkungen des Coro-navirus eine ganze Menge Passagiere aus.Das Aufkommen an Reisenden lag in denvergangenen Tagen etwa 45 Prozent unterden Vorjahreswerten, im Schnitt der ver-gangenen sieben Tage blieben jeweils et-was mehr als 50 000 Passagiere fern. Unddas sei „nur ein Teil der Wahrheit“. Da im-mer mehr Länder Einreisebeschränkun-gen verhängen, könnte sich schon bald einRückgang von 60 Prozent ergeben.

Eine Prognose für das Gesamtjahr willSchulte nicht geben, in den Unterlagen,die Fraport mit seiner Jahresbilanz veröf-fentlichte, ist zu allen Kennzahlen ledig-lich von einer „deutlich negativen Abwei-chung“ gegenüber dem Vorjahr die Rede.„Wir können aktuell nur auf Sicht fahren“,sagte Schulte. Denn wie lange Passagiereausbleiben werden, vermag auch er nichtabzuschätzen. Schulte hat die Hoffnung,dass sich die Lage zum traditionell ver-kehrsreichen Sommer aufhellt. „Der Som-mer kann besser laufen, aber er wird nichtpositiv“, zieht Schulte einen Vergleich zuRekordwerten des vergangenen Jahres.

Selbst wenn sich nach einer Erholungfür das gesamte Jahr ein Passagierrück-gang von 20 Prozent ergebe, würde dieserdas operative Ergebnis (Ebitda) um 140bis 200 Millionen Euro schmälern – alleinam Flughafen Frankfurt. Für die Beteili-

gungen an ausländischen Flughäfen vonGriechenland bis Südamerika kämennoch 50 bis 100 Millionen Euro an Einbu-ßen beim Ebitda dazu. Da hilft es auchnicht, dass Schulte für Luftfracht schonZeichen einer Belebung sieht, da in Chinanach der dortigen Corona-Pause Produk-tionen schon wieder anlaufen. Aktuellliegt das Cargo-Aufkommen in Frankfurt10 Prozent unter dem Vorjahresniveau.

In Frankfurt laufen nun Sparmaßnah-men an. Anfang kommender Woche willFraport Kurzarbeit für einen Großteil desPersonals in operativen Bereichen bean-tragen – der Schritt soll bis zu 10 000 Be-schäftigte betreffen. Die Deutsche Luft-

hansa bestätigte derweil, für das Kabinen-personal schon Kurzarbeit beantragt zuhaben. Schulte sagte, er sei „überzeugt,dass Corona ein Einmaleffekt bleibenwird“. Die Luftfahrt werde auf ihrenWachstumskurs zurückkehren, offen sei je-doch, wann das geschehe. Die aktuellennegativen Effekte seien größer als in vor-herigen Krisen. Als im Jahr 2010 eine Vul-kanaschewolke aus Island den Verkehrzum Erliegen brachte, seien die Auswir-kungen heftig gewesen, aber doch wesent-lich kurzfristiger als aktuell. Ähnlichesgalt nach Terroranschlägen.

Fraport hat ein umfangreiches Sparpro-gramm aufgelegt, nur „betrieblich zwin-

gend notwendige Ausgaben“ werden nochgetätigt. Dazu zählen die Investitionen inden Flughafenausbau. Fraport hält daranfest, Ende 2021 den ersten Abschnitt desdritten Terminals zu eröffnen und Ende2023 den Hauptbau. „Wir sind sehr gut be-raten, dort jetzt keine Bremsen anzuzie-hen. Dadurch würde der Bauablauf ge-stört, und das würde teuer“, sagte Schulte.1,5 Milliarden Euro will Fraport für Vorha-ben in Frankfurt und an Auslandsstandor-ten ausgeben – 600 Millionen für die Er-weiterung am Konzernsitz. Nach Anga-ben von Finanzvorstand Matthias Zie-schang wird die Verschuldung dadurch biszum Jahresende auf etwa 5 MilliardenEuro steigen, zum Jahreswechsel betrugsie 4,1 Milliarden Euro. Dass der Konzernwegen geringerer Einnahmen und Ausga-ben für Bauten in finanzielle Nöte kommt,befürchtet Schulte nicht. „Wir haben einLiquiditätspolster von 1,1 Milliarden Euroaufgebaut.“

Denn 2019 liefen die Geschäfte für Fra-port gut, mit mehr Passagieren, einem hö-heren Umsatz und einem gestiegenen ope-rativen Ergebnis vor Zinsen, Steuern undAbschreibungen. „Wir könnten sehr zufrie-den sein, aber das alles steht nicht mehrim Vordergrund“, so Schulte. In Frankfurtwurde der Rekordwert von 70,5 MillionenPassagieren erreicht. Der Umsatz legteum 6,5 Prozent auf 3,7 Milliarden Euro zu.Dass der Gewinn unterm Strich um 10 Pro-zent auf 454 Millionen Euro schrumpfte,lag daran, dass der Konzern im Vorjahreinmalig vom Erlös auf dem Verkauf sei-ner Anteile am Flughafen Hannover profi-tiert hatte. Ohne diesen Effekt wäre dasErgebnis um fast 6 Prozent gestiegen.

Doch nun hat der Konzern auch längerstehende Flugzeuge auf seinem Gelände,deren Einsatz wegen ausgedünnter Flug-pläne vorübergehend nicht nötig ist. 15 bis20 Jets sind in Frankfurt schon abgestellt,darunter sieben A380. Noch soll genugPlatz sein für weitere Maschinen, eine Lan-debahn oder Rollwege zu sperren und alsParkplatz zu nutzen sei nicht geplant,heißt es. Auch größere Umstellungen fürPassagiere sollen in der anlaufenden Spar-phase ausbleiben. Fraport trat Spekulatio-nen entgegen, dass eine Schließung vonTerminal 2 erwogen werde. Das macheoperativ keinen Sinn. Allerdings könntees zu Verlegungen von Flügen in andereGebäudesektionen kommen, um das ver-ringerte Personal effizient einzusetzen.

cag. HAMBURG. Die MediengruppeRTL treibt nach einem Allzeithochbeim Umsatz und einem Gewinnanstiegvon 10 Prozent im vergangenen Jahrden Ausbau seiner Streamingdienste inDeutschland und den Niederlanden vor-an. „Wir bleiben zwar noch hinter globa-len Plattformen wie Netflix zurück, sindaber in unseren jeweiligen Ländern dieführenden lokalen Anbieter“, sagte Ber-telsmann-Chef Thomas Rabe der F.A.Z.nach Bekanntgabe der Bilanzzahlen amFreitag. Rabe führt den Bertelsmann-Konzern und die RTL-Gruppe seit ei-nem Jahr in Personalunion. Bis 2025will RTL jährlich rund 350 MillionenEuro in die Inhalte der beiden Strea-mingdienste TV Now und Videoland in-vestieren. Der Sender hofft, damit bis2025 auf 5 bis 7 Millionen zahlendeAbonnenten zu kommen. Derzeit sindes 1,44 Millionen.

Beim Umsatz mit den Streaming-plattformen rechnet die RTL-Gruppedamit, bis 2025 von derzeit 135 Millio-nen Euro auf mehr als eine halbe Milli-arde Euro zu kommen. Spätestens dannsoll auch die Gewinnschwelle erreichtsein. Es gehe darum, „nationale Strea-ming-Champions in den Ländern zuwerden, in denen die RTL Group füh-rende Senderfamilien betreibt“, sagteRabe. „Wir betreiben unser klassischesTV-Geschäft und unsere Streaming-dienste aus einer Hand – das ist ein gro-ßer Vorteil.“ Im laufenden Jahr werdendie Investitionen ins Streaminggeschäftallerdings aufs Ergebnis drücken. Sogeht RTL beim bereinigten Ergebnisvor Zinsen, Steuern und Firmenwertab-

schreibungen (Ebita) 2020 von einemRückgang von bis zu 7 Prozent aus.Rechnet man die geplanten Ausgabenfür die Streamingdienste heraus, solltesich das Ebita weitgehend stabil entwi-ckeln, hieß es. „Es gelingt uns, das Er-gebnis in unserem traditionellen TV-Geschäft weitgehend stabil zu halten“,sagte Rabe. „Das erlaubt uns, in denAusbau unserer Streamingdienste zu in-vestieren und attraktive Dividenden zuzahlen.“

Beim Ausblick konnte RTL die mögli-chen Folgen der Corona-Epidemie inEuropa noch nicht berücksichtigen. Esgebe zwei Entwicklungen, sagte Rabe.„Auf der einen Seite steigen Nutzungs-dauer und Reichweiten unserer Medien-angebote. Auf der anderen Seite gibt esUngewissheit über die wirtschaftlicheEntwicklung und ihre Auswirkungenauf die Werbemärkte.“ Bislang habeRTL erst relativ geringe Stornierungenvon Werbekunden, das Bild könne aberin einer Woche schon anders aussehen.„Wir stehen bei Corona erst am Anfangder Krise.“

Für das Jahr 2019 meldete RTL dankgutlaufender Digital- und Produktions-geschäfte beim Umsatz im Vergleichzum Vorjahr ein Plus von 2,2 Prozentauf knapp 6,7 Milliarden Euro. Das umRestrukturierungskosten bereinigteoperative Ergebnis blieb mit 1,16 Milli-arden Euro stabil. Unterm Strich stiegder Gewinn – getrieben durch den Ver-kauf von Universum Film an den Fi-nanzinvestor KKR und geringere Ab-schreibungen – um gut 10 Prozent auf864 Millionen Euro.

chs. PARIS. Die Coronavirus-Krisetrifft Air France-KLM schwer. Denn diezweitgrößte Fluggesellschaft Europasnach der Lufthansa ist stark von den Stre-cken in die Vereinigten Staaten abhän-gig. Am Freitag hat der Vorstandsvorsit-zende Ben Smith in einem Video an dieBelegschaft neue Sparmaßnahmen ange-kündigt und um staatliche Unterstüt-zung gebeten. Smith sprach von einerLage „ohne Beispiel“ in der Geschichteder französisch-niederländischen Flugge-sellschaft, an der die beiden Staatenauch als Minderheitsaktionäre beteiligtsind. Der Konzernchef nannte noch kei-ne Zahlen, doch man kann davon ausge-hen, dass sie drastisch ausfallen werden.

An der Börse geben die Anleger demUnternehmen nur noch einen Wert vongut 2 Milliarden Euro. „In einem Monathat unsere Gruppe 50 Prozent ihres Wer-tes verloren“, betonte Smith, auch wennam Freitag die Anleger den Kurs wiederum mehr als 17 Prozent steigen ließen.Für etwas Beruhigung sorgte, dass die

Gruppe am Freitag auch über ihre Liqui-dität berichtete. Air France-KLM hateine neue Tranche einer älteren Kredit-linie gezogen und verfügt nun über 5,5Milliarden Euro an flüssigen Mitteln.Dennoch befinde sich das Unternehmenin einer „finanziell und ökonomisch zu-gespitzten Lage“, wie Smith sagte. Zwi-schen März und August seien die Reser-vierungen eingebrochen. Erst im Febru-ar hat Air France mit KLM und den Part-nern Delta Air Lines sowie Virgin Atlan-tic ein neues Gemeinschaftsunterneh-men gestartet, das täglich 341 Flügeüber den Atlantik anbietet. Nach den Rei-sebeschränkungen durch Donald Trumpwill Air France den Großteil seiner Stre-cken in die Vereinigten Staaten zumin-dest bis zum 28. März aufrechterhalten.Sie bilden unter den Langstrecken diewichtigste Region. Das Gemeinschafts-unternehmen steuerte zuletzt knapp 13Milliarden Dollar zum Konzernumsatzbei. Seine operative Umsatzrenditeschätzten Analysten auf fast 20 Prozent.

Der Betrieb am Frankfurter Flughafen ist derzeit überschaubar. Foto Frank Röth

cag. HAMBURG. Nach dem Vergleichzwischen Volkswagen und dem Bundes-verband der Verbraucherzentralen(vzbv) sollen die ersten Entschädigungenfür Diesel-Kunden vom 5. Mai an flie-ßen. Beide Parteien gehen von rund260 000 Berechtigten aus, teilten sie amFreitag in einem gemeinsamen Pressege-spräch mit. „Alle Vergleichsberechtigtensollen ihr Geld so schnell wie möglich be-kommen“, hieß es. Volkswagen kündigtean, dazu in der kommenden Woche dieKunden anzuschreiben, die sich für denMusterprozess angemeldet haben. Mitdem Brief bekommen sie mit Benutzerna-men und PIN Zugang zu einer Plattformvon VW, wo ihnen vom 20. März an einindividueller Betrag angeboten wird. Biszum 20. April können sie dann entschei-den, ob sie dies annehmen oder in Einzel-klagen weiter für mehr Geld streiten.

Verbraucherschützer und Konzern hat-ten sich Ende Februar auf einen außerge-richtlichen Vergleich verständigt. Je nachModell und Alter ihres Autos will VW

Entschädigungen zwischen 1350 und6257 Euro zahlen. Durchschnittlich soll-ten rund 15 Prozent des ursprünglichenKaufpreises ausgezahlt werden, das Autokönnen die Kunden weiter nutzen. DieGesamtentschädigungssumme beziffernVW und vzbv mit 830 Millionen Euro.

Das Vergleichsverfahren steht unterZeitdruck, eine spätere Zustimmung zumVergleich nach dem 20. April ist nichtmöglich. Der Bundesgerichtshof (BGH)will am 5. Mai über die Klage eines Die-sel-Kunden verhandeln. Dabei werdesich der BGH wohl dazu äußern, ob erSchadenersatzansprüche für gerechtfer-tigt und eine Nutzungsentschädigung fürangemessen hält. Kunden, die sich fürdas Musterverfahren angemeldet haben,müssen sich deswegen vorher entschei-den. Akzeptieren sie den Vergleich, oderhoffen sie, nach einem BGH-Urteil mit ei-ner individuellen Klage möglicherweisedoch eine höhere Entschädigung zu be-kommen – mit dem Risiko, am Ende leerauszugehen oder weniger zu bekommen.

Die letzte AbfahrtDie Skigebiete in Österreich schließen vorzeitig wegen der rasanten Verbreitung des Corona-Virus

eid. Die Kunden freut es, und den Heiz-ölhändlern beschert es jede Mengeneue Aufträge. Der starke Rückgangbei den Ölpreisen zu Wochenbeginnhat auch die heimischen Heizölpreisedeutlich nach unten getrieben. Mit53,35 Euro je 100 Liter (bei 3000 Li-tern Abnahme) verringerte sich derdurchschnittliche Preis im Vergleichzur Vorwoche um gute fünf Euro. Da-mit ist Heizöl momentan so günstigwie seit dreieinhalb Jahren nicht mehr.

Am 11. März 2020 kostete leichtesHeizöl im Bundesdurchschnitt von 15Städten bei einer Abnahme von 1000Litern 61,30 Euro je 100 Liter, bei ei-ner Abnahme von 3000 Litern 53,35Euro je 100 Liter und bei einer Abnah-me von 5000 Litern 51,65 Euro je 100Liter.

Angebotspreise für Lieferungen(Premium-Qualität) frei Verwender-tank, alles je 100 Liter, einschließlich19 Prozent Mehrwertsteuer, EBV undIWO am 11. März 2020.

Fraport gibt düsteren Ausblick

Gondel in Kitzbühel Foto dpa

Heizölpreisegehen stark zurück

hpe. MÜNCHEN. Immerhin diese Un-ternehmensnachricht wurde inmittender Corona-Panik an der Börse wahrge-nommen: Der Dax-Konzern Wirecardbezeichnete eine mit Spannung erwarte-te Sonderprüfung seiner Bilanzen als„weitestgehend abgeschlossen“. Darauf-hin legte der Aktienkurs zu Beginn desHandels kurzzeitig um 30 Prozent, dannnoch um 9 Prozent zu. Am Tag zuvorhatte sich der Titel um fast 18 Prozentverbilligt.

Der Zahlungsdienstleister aus Asch-heim bei München steht seit gut einemJahr wegen seiner angeblich unsaube-ren Bilanzierungspraktiken in der Kri-tik. Vor allem aufgrund der Berichter-stattung in der „Financial Times“ sahsich die Wirecard-Führung genötigt,eine Sonderuntersuchung durch dieWirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMGeinzuleiten. Bisher gebe dieser Prüfbe-richt keinen Anlass für eine Korrekturder Jahresabschlüsse im Untersuchungs-zeitraum 2016, 2017 und 2018, hieß es.

Ein anderer Teil dieser Untersu-chung, die Einsichtnahme in Unterla-gen externer Gesellschaften, läuft dage-gen noch. KPMG habe Wirecard dar-über informiert, dass dies in Bezug aufdie Geschäftstätigkeit in Indien und Sin-gapur sowie den Geschäftsbereich Mer-chant Cash Advance (MCA)/Digital Len-ding gelte. Bei der Untersuchung dessogenannten Drittpartnergeschäfts(TPA) sind die KPMG-Prüfer auf die Ko-operation mit den externen Gesellschaf-

ten angewiesen. Da etliche von ihnen inAsien sitzen, kam es wegen der Reiseres-triktion im Zuge des Coronavirus nachAussage eines Unternehmenssprecherszu Verzögerungen. Bis spätestens zum22. April soll KPMG den kompletten Be-richt nun abgeschlossen haben. Weil die-ser aber wiederum in den von EY erstell-ten Jahresabschluss einfließen soll, ge-rät Wirecard mit der Bilanzvorlage inVerzug. Der Vorstand habe daher be-schlossen, die Veröffentlichung des Jah-resabschlusses vom 8. auf den 30. Aprilzu verschieben, teilte Wirecard mit.

Dieser zeitliche Verzug wurde vonBörsianern eher unkritisch gesehen. Beiden meisten Beobachtern überwog,dass die Vorwürfe der Bilanzfälschun-gen wohl entkräftet sein dürften. Fach-leute bewerteten die jüngsten Ergebnis-se der Jahresabschlussprüfung jeden-falls positiv. Analyst Knut Woller vonder Baader Bank etwa sprach von „ermu-tigenden Einblicken“ in die noch nichtbeendete Sonderprüfung. Sein KollegeDavid Vignon vom Investmenthaus Bry-an Garnier erklärte, dass die Zweifel ander Bilanz von Wirecard langsam zer-streut würden.

Vor allem die britische Wirtschaftszei-tung „Financial Times“ hat wiederholtüber angebliche Unregelmäßigkeiten inden Wirecard-Bilanzen berichtet. Weilgleichzeitig zahlreiche Spekulanten auffallende Kurse der Wirecard-Aktie ge-wettet hatten, kam es an der Börse regel-mäßig zu dramatischen Kurseinbrü-chen. (Kommentar Seite 24.)

tag. MAINZ. Der Industriedienstleis-ter Bilfinger hat sich mit zwölf ehema-ligen Vorständen, darunter RolandKoch, auf einen Vergleich geeinigt.Von ursprünglich 110 Millionen EuroSchadenersatz, die der Aufsichtsratvon den Managen gefordert hat, blei-ben nach dem von Bilfinger verkünde-ten Kompromiss noch 18,2 MillionenEuro übrig. Ein kleiner Teil kommeüber Gehaltsverzicht zustande, dengrößeren – 16,75 Millionen Euro –übernehme die Managerhaftpflicht.Einen Selbstbehalt wird es nicht ge-ben. Weder Koch noch die anderenehemaligen Führungskräfte müssenalso etwas aus privater Tasche zuzah-len. Dem Kompromiss muss noch dieHauptversammlung Ende April zu-stimmen.

Der Aufsichtsrat um Eckhard Cor-des wirft den Managern vor, sichnicht ordnungsgemäß um den Auf-bau interner Risikokontrollen geküm-mert zu haben. Deshalb, so die Be-hauptung, wurde der von Korrupti-onsfällen erschütterte Konzern län-ger als nötig unter Kuratel des ameri-kanischen Justizministeriums ge-stellt, was hohe Kosten verursachthabe. Der ehemalige hessische Minis-terpräsident Koch, der den Konzernvon Juli 2011 bis August 2014 führte,hat die Anschuldigungen stets zurück-gewiesen. Sein Sprecher sagte amFreitag, Koch sei weiterhin fest davonüberzeugt, dass die Vorwürfe „voll-kommen abwegig“ waren. Durch dasVerfahren sei Koch regelmäßig inMisskredit gebracht worden, ohnedass Belege vorgelegt worden seien.

Die Sonderprüfung von Wirecardberuhigt die BörsianerKPMG sieht keinen Anlass für Bilanzkorrekturen

RTL baut Streamingdienste ausVorsichtiger Ausblick trotz Allzeithochs

Air France-KLM in der KlemmeCoronavirus und Trump belasten die Fluggesellschaft

Bilfinger einigmit Roland Koch

Weniger Passagiere,sinkende Erlöse – derFlughafenkonzernschickt Tausende inKurzarbeit, hält aber amPlan für Terminal 3 fest.

Von Timo Kotowski,

Frankfurt

Diesel-Schadenersatz im MaiVergleich zwischen VW und Klägern unter Zeitdruck

Die aktuellen Heizölpreise

10. Woche 11. Woche

Berlin 58,50-59,90 55,20-56,50

Dresden 56,60-59,75 51,00-55,25

Düsseldorf 65,45-63,70 56,90-59,50

Hamburg 55,35-63,65 48,55-59,20

Frankfurt 60,10-67,95 54,00-61,50

Hannover 56,50-66,05 49,75-59,50

Karlsruhe 60,40-64,25 56,75-62,50

Leipzig 56,90-62,30 51,15-60,85

Rostock 56,15-65,05 49,40-57,30

München 64,70-66,40 61,60-64,00

Stuttgart 63,20-65,75 63,95-64,80

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FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG SAMSTAG, 14. MÄRZ 2020 · NR. 63 · SEITE 23Unternehmen

FIRMENINDEX Seite

Air France-KLM ........................................ 22

Bilfinger ........................................................ 22

Bombardier ................................................ 24

Continental ................................................. 24

Curevac ......................................................... 23

Dero Bank ................................................... 27

Deutsche Bank ........................................ 26

Deutsche Lufthansa ........... 22, 24, 26

Deutsche Telekom ................................ 24

Erste Group ................................................ 23

Fortum ........................................................... 23

Fraport ........................................................... 22

KPMG ............................................................... 22

Maple Bank ................................................. 27

Occidental Petroleum ....................... 25

Opel ................................................................. 23

Roche ............................................................... 24

RTL .................................................................... 22

Softbank .............................................. 24, 26

Sparkasse Leipzig .................................. 26

Uniper ............................................................. 23

Volkswagen ....................................... 22, 23

Wirecard ...................................... 22, 24, 26

Wenn es in der DeutschenBank an der Spitze Revire-ments gibt, löst das enormeUnruhe aus. Im österrei-

chischen Pendant, Erste Group, ist daseben passiert – aber ohne größere Neben-geräusche. Seit dem Jahreswechsel stehtdem Institut Bernhard Spalt als Vorstands-vorsitzender vor. Er wurde vor fast einein-halb Jahren in diese Position bestellt undtritt in die Fußstapfen von AndreasTreichl, der nun den Aufsichtsrat desHauptaktionärs, Erste Stiftung, präsidiert.Treichl war seinerseits der Vorstandsvor-sitzende einer global gelisteten Bank mitder längsten Dienstzeit. Unter seinem Vor-sitz wurde die Erste Group in den zurück-liegenden zwei Jahrzehnten – dank des Zu-sammenbruch des Kommunismus – von ei-ner lokalen Sparkasse zu einem der größ-ten Finanzdienstleister im Osten der Euro-päischen Union aufgebaut. Daher ist derÜbergang an der Spitze für Spalt mit einerÄra aus der Vergangenheit verbunden, diesich so nicht wiederholen wird.

Doch die Herausforderungen für denManager bleiben. Schließlich übernimmtder gebürtige Vorarlberger die ErsteGroup in einer Phase, in der sich die Bran-che strukturellen Änderungen gegenüber-sieht. So wird die gesamte Finanzweltdurch die Digitalisierung und neue Mitbe-werber – sogenannte Fintechs – unterDruck gebracht. Die etablierten Anbietermüssen darauf reagieren und Kosten sen-ken, ohne ihre Kunden zu verprellen.Überdies wurde mit dem Zusammenbruchder amerikanischen Investmentbank Leh-man Brothers und den darauf folgendenTurbulenzen der Weltwirtschaft im Jahr2008 auch die Regulierung deutlich ver-schärft. Zudem muss das Spitzeninstitutder österreichischen Sparkassen ihr Ge-schäft in Osteuropa konsolidieren.

Zwar läuft es in den von deutlich höhe-rem Wachstum gekennzeichneten post-kommunistischen Märkten seit einigenJahren wieder hervorragend, sie sind dieErtragsquelle schlechthin. Dazu tragenaber vor allem die niedrigen Kreditvorsor-gen bei. Sobald die Hochkonjunktur dortabebbt, dürften diese auch wieder anstei-gen. Hier die richtige Balance zwischenWachstum und Risikovermeidung zu hal-ten ist wichtig. Darin ist Spalt als Risiko-spezialist hervorragend trainiert.

Vom Typ ist er ein Gegengewicht zu sei-nem Vorgänger, der verbal gut austeilenkonnte. Der Allemanne ist ein nüchternerZahlenmensch, der gut vom Ende her den-ken kann. Seine Kompetenz hat er sich inverschiedenen Ländern Zentral- und Ost-europas angeeignet, wo Erste Group zuden Platzhirschen gehört. Prag war eineStation, wo er faule Kredite analysiert hat,genauso wie Budapest und Bukarest. Ger-ne hat er sich um die schwierigsten Fällegekümmert. Er sieht Risiko nicht als Be-drohung. Entscheidend ist die Einschät-zung von Wagnissen. Fast drei Jahrzehnteund sein gesamtes Berufsleben hat der aus-gebildete Jurist in dem führenden Geld-haus zwischen Bregenz und Wien ver-bracht. Schon während des Studiums ist erin die Rechtsabteilung eingetreten. Im Ver-gleich zu Treichl fällt Kennern ein, dassSpalt ein Kopfentscheider ist. Auch setzter stärker auf Teamlösungen.

Schon bisher setzt die Erste Groupstark auf digitale Lösungen im Vergleichzu ihren Konkurrenten am Platz. Vor fünfJahren gegründet, sieht sich die Bank als

Vorreiter und führende paneuropäischeBankenplattform. Spalt will künftig vielmehr Abläufe digital ermöglichen. Eine di-gitale Bankingplattform soll nach ihrer In-stallation in weiteren Ländern im Jahr2021 rund 6,5 Millionen Kunden haben.Das wäre rund ein Drittel der Kunden.Mit dem Ausbau der digitalen Vertriebswe-ge wird der physische Fußabdruck – alsodas Filialnetz, das in Österreich traditio-nell sehr hoch ist im internationalen Ver-gleich – weiter entschlackt. Ihren Höhe-punkt hatte die Filialzahl der Erste Groupin Österreich und Zentraleuropa sowieOsteuropa im Jahr 2009, mit damals 3071Filialen. Zum vergangenen Jahresendewar es ein Viertel weniger. Das Institutwar im vergangenen Jahr an der Börse hö-her bewertet als die Deutsche Bank undbeschäftigt deutlich weniger Mitarbeiter.

Dass ihm beachtliche Perspektiven be-vorstehen könnten, zeichnete sich schonlange ab. Vor fast eineinhalb Jahrzehntenzog Spalt als Nachwuchshoffnung mit 38Jahren in den Vorstand der Erste Groupein und wurde Risikovorstand für das ge-

samte Unternehmen. Diese wichtige Posi-tion behielt er auch während der schwie-rigsten Phase der Finanzkrise. Vorüberge-hend ging er zur ungarischen Tochterge-sellschaft und wurde in Budapest Risiko-vorstand. Das war damals eine Aufgabe,die jeder gerne gemieden hat. Schließlichplagten sich zu dieser Zeit ausländische In-stitute in Ungarn gerade mit wirtschaftli-chem Gegenwind und politischen Wider-ständen der nationalpopulistischen Regie-rung unter dem Ministerpräsidenten Vik-tor Orbán. Im Jahr 2015 löste das Spitzen-institut der Sparkassen seine Schwierigkei-ten mit den Magyaren durch die Herein-nahme des ungarischen Staats in ihreTochtergesellschaft.

Zu seiner nüchternen Art passt, dassSpalt gerne Schach spielt. Außerdem hater viel übrig für das Kino und seine Samm-lung von Filmen. Erfahrungen haben Mit-arbeiter und andere auch mit seinem Ta-lent für das Kochen und der Fähigkeit desguten Zuhörens. Er ist mit einer Kranken-schwester verheiratet und Vater einerTochter. MICHAELA SEISER

MENSCHEN UND WIRTSCHAFT

Corona-Infektion bei OpelOpel hat nach einer Coronavirus-Infek-tion in der Belegschaft Hunderte Mitar-beiter vorübergehend ins Homeofficegeschickt. Am Standort Rüsselsheimsei ein Mitarbeiter positiv auf das Virusgetestet worden, sagte ein Unterneh-menssprecher am Freitag. dpa

Viele Tafeln schließenDie deutsche Tafel schließt in Deutsch-land zeitweise mehrere Standorte. Da-mit will die Organisation ihre Besuchervor dem Coronavirus schützen. Anrund 30 Standorten kam es zu Schlie-ßungen, weitere könnten folgen, wiedie Bundesorganisation am Freitag mit-teilte. Da weiterhin laufende Kosten fürdie Tafel anfallen, fordert sie Hilfe vonder Politik. Gleichzeitig gebe es Überle-gungen, kurzfristig Lieferdienste einzu-richten oder eine Essensausgabe an öf-fentliche Orte zu verlegen. sdie.

VW bricht in China einDie Coronavirus-Krise und die schwä-chere Konjunktur in vielen Ländern ha-ben die Verkäufe des VW-Konzerns imFebruar schwer belastet. Im wichtigstenEinzelmarkt China, das im Januar und

Februar besonders schlimm vom Virusbetroffen war, seien die Auslieferungenwährend des zurückliegenden Monatsim Vorjahresvergleich um fast drei Vier-tel auf 60 900 Fahrzeuge abgestürzt, teil-te das Unternehmen mit. cag.

Osram: AMS stockt aufDer österreichische SensorspezialistAMS kommt dem angestrebten Beherr-schungsvertrag mit Osram näher. DerGroßaktionär hat seine Beteiligung andem Münchner Lichtkonzern von 20,1auf 23,4 Prozent aufgestockt, wie AMSam Freitagabend mitteilte. Zusammenmit den von den Osram-Aktionären an-gedienten Anteilen kommt das Unter-nehmen nun auf gut 63 Prozent. MehrAktien könne AMS derzeit auch nichtzukaufen, weil die Genehmigungen eini-ger Kartellbehörden für die Transaktionausstehen. AMS will einen Beherr-schungs- und Gewinnabführungsver-trag schließen, der dem UnternehmenZugriff auf die flüssigen Mittel von Os-ram gäbe. Dazu ist eine Mehrheit von 75Prozent auf der Hauptversammlung nö-tig. Da dort in der Regel nicht alle Aktio-näre erscheinen und mitstimmen, könn-te laut Fachleuten auch eine Beteiligungvon 65 Prozent reichen, um die nötigeMehrheit zu bekommen. Reuters

Bernhard Spalt Foto Picture-Alliance

Kurze Meldungen

Österreichs Mann für den OstenBäumchen wechsle dich: Ingmar Hoerrübernimmt abermals den Posten desVorstandsvorsitzenden des TübingerBiotechunternehmens Curevac und löstdamit den erst seit 2018 amtierendenDaniel Menichella ab, wie das Unterneh-men mitteilte. Diese Personalie ist einPaukenschlag: Schließlich war Hoerr biszuletzt Aufsichtsratsvorsitzender, hatdiesen Posten erst 2018 eingenommen,nachdem er als Gründer des Unterneh-mens den Vorstandsvorsitz an Menichel-la abgegeben hatte. Nun nimmt er dieZügel also wieder selbst in die Hand.„Im Namen des Aufsichtsrates dankeich Dan Menichella sehr für seine guteArbeit, die er in den vergangenen Jah-ren für Curevac geleistet hat“, sagte Ho-err laut Mitteilung über seinen Nachfol-ger und Vorgänger. Hoerr sagte weiter,man werde sich darauf konzentrieren,die klinische Produktpipeline voranzu-treiben, um Arzneimittel zur Marktreifezu bringen. „Der Impfstoff gegen Co-vid-19 spielt dabei eine Schlüsselrolle“,sagte er über die Forschung an einerImpfung gegen das Coronavirus.

Zu den Gründen, ob es womöglich einZerwürfnis mit Hoerr oder dem Hauptin-vestor, der Investmentgesellschaft Dievi-ni, gegeben hat, wollte sich ein Unterneh-menssprecher nicht äußern. Hinter Die-vini steht der SAP-Gründer DietmarHopp, der über die Gesellschaft in vieleBiotechunternehmen investiert ist. AnCurevac hält Dievini mehr als 80 Prozentund ist damit Hauptgesellschafter. Inves-tiert hat beispielsweise auch die Bill&Me-linda-Gates-Stiftung. Insgesamt hat das

Unternehmen, das an mRNA-basiertenImpfstoffen forscht, seit Gründung mehrals 550 Millionen Euro eingesammelt.Die Investoren kommen in der aktuellenMitteilung nicht zu Wort. Zur BerufungMenichellas vor knapp zwei Jahren sagteFriedrich von Bohlen, der für Dievini inCurevacs Aufsichtsrat vertreten ist, da-mals laut Mitteilung, dass Curevac diemRNA-Technologie anführe. Das liegevor allem an Hoerrs Vision und seinerLeitung des Unternehmens. Und weiter:„Wir sind davon überzeugt, dass die neueKonstellation im Vorstand und Aufsichts-rat des Unternehmens noch schnellerenund werttreibenden Fortschritt undWachstum ermöglicht.“ An dieser Mei-nung hält man nun offenbar nicht mehrfest. ikop.

Führungschaos beimCorona-Forscher Curevac

Curevac-Labor in Tübingen Foto dpa

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Als neuer Vorstandschefleitet Bernhard Spalt mitder Erste Group ausWien ein Institut vonbeachtlicher Größe – dasdie Deutsche Bank zumTeil hinter sich lässt.

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Page 24: Frankfurter Allgemeine Zeitung - 14 03 2020

SEITE 24 · SAMSTAG, 14. MÄRZ 2020 · NR. 63 FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNGUnternehmen

Die Bundesregierung hat mitihrer unbegrenzten Kredit-zusage an Unternehmen

Druck vom Kessel genommen. Dennam Markt für Unternehmensanlei-hen hat die Corona-Krise eine gefähr-liche Situation entstehen lassen. DieGespräche der Lufthansa über einenAntrag auf Staatshilfe zeigen das. Inden vergangenen Jahren haben dieUnternehmen die günstigen Zinskon-ditionen reichlich genutzt, um neueAnleihen zu begeben. Die Europäi-sche Zentralbank (EZB) hat mit ih-ren Käufen dazu beigetragen, dasssich Unternehmen so günstig wienoch nie finanzieren konnten. Aufder anderen Seite mussten Investorenauf der Suche nach Rendite in den ris-kanten Bereich ausweichen, also indie Schuldtitel von finanzschwachenUnternehmen. Auch hier sanken dieZinskonditionen auf historisch günsti-ge Niveaus. Die Unternehmen mit ge-ringer Kreditwürdigkeit kommen insolchen Krisenzeiten als erste in Be-drängnis. Aufgrund des Wegfalls vonEinnahmen drohen Ausfälle von Un-ternehmensanleihen. Das kann einegefährliche Kettenreaktion auslösen,wie die Zahlen der OECD zeigen:Seit der Finanzkrise 2008 hat sich dasVolumen an Unternehmensanleihenauf 13,5 Billionen Dollar mehr als ver-doppelt. Nun sorgen wieder die Steu-erzahler für einen Schutzschirm.

Kursturbulenzen der Aktie,Strafermittlungen wegen desVerdachts auf Marktmanipu-

lationen und immer wieder Vorwürfewegen angeblich unsauberer Bilanzie-rungspraktiken: Aktionäre des Dax-Aufsteigers Wirecard haben bei allden Schlagzeilen rund um ihr Unter-nehmen erlebt, dass obendrein Spe-kulanten auf fallende Kurse gewettethaben. Seit Anfang des vorigen Jah-res gab es immer wieder Nachrich-ten, die regelmäßig zu Kurseinbrü-chen führten. Allen voran die briti-sche Wirtschaftszeitung „FinancialTimes“ erhob schwere Vorwürfe, un-terstellte dem Zahlungsdienstleisterin einer ganzen Reihe von Artikeln bi-lanzielle Ungereimtheiten und schür-te Zweifel an der Seriosität des Wire-card-Geschäftsmodells. Die „FT“setzte der Führung derart zu, dassnur noch eine Sonderprüfung als Aus-weg aus dem Vertrauensdilemmablieb. Der Prüfbericht gebe keinenAnlass für eine Korrektur der Bilan-zen, teilte Wirecard jetzt mit – eineschlechte Neuigkeit für die Spekulan-ten. Ihre Rechnung ist in diesen Ta-gen dennoch aufgegangen: Weil dasCoronavirus die Börsen in aller Weltin Panik versetzt hat, rauschte auchder Kurs der Wirecard-Aktie unterjene Schwellen, die all die Leerver-käufer brauchen, um satte Gewinneeinzufahren.

Was sollen Anleger und In-vestoren machen, wenndie Aktienkurse in der Co-

ronavirus-Krise fallen? Abwarten undTee trinken? Japans Softbank Group,der global größte Technologie-Inves-tor, hat am Freitag nicht nur zugese-hen, sondern gehandelt und einen Ak-tienrückkauf im Wert von 500 Milliar-den Yen (4,2 Milliarden Euro) ange-kündigt. Das riecht danach, als ob dajemand eine Krise zum eigenen Vor-teil ausnutzen wolle. Der Vorwurf desopportunistischen Krisengewinnlersist nicht weit. Tatsächlich sucht Soft-bank in der Krise seinen eigenen Vor-teil – und das ist gut so. Das Bemü-hen, zu niedrigen Kursen zu kaufen, si-gnalisiert anderen Investoren, dass zu-mindest manche die Kurse für unter-bewertet halten. Die Spekulationwirkt so dem Kursverfall entgegenund stabilisiert den Markt. Moralischanrüchig ist das nicht, man muss dieSpekulanten vielmehr loben. Für Soft-bank ging es am Freitag dennochnicht gut aus. Der Kurs sank um 5 Pro-zent und endete kaum besser als derMarkt. Das ist keine gerechte Strafefür einen Krisengewinnler. Es zeigtnur, wie sehr nach den Debakeln umUber und Wework das Vertrauen inSoftbank-Gründer Masayoshi Son an-geschlagen ist, dass seine maßlosscheinenden Wetten auf angeblicheTechnologieunternehmen aufgehen.

Gewinne mit WirecardVon Henning Peitsmeier

Lob dem SpekulantenVon Patrick Welter

SchutzschirmVon Markus Frühauf

Wir sind sehr stolz, dass wirdas geschafft haben“, sagt Se-verin Schwan. Der Vor-standsvorsitzende des

Schweizer Pharmakonzerns Roche durfteam Freitag von einem Durchbruch berich-ten, der inmitten der unzähligen Hiobsbot-schaften rund um die Corona-Krise ein po-sitives Schlaglicht setzt. Roche hat von deramerikanischen GesundheitsbehördeFDA die Freigabe für einen neuen Schnell-test zum Nachweis des Coronavirus erhal-ten. Damit können nun in Amerika, Euro-pa und Asien jeden Monat Millionen er-krankte Menschen darauf hin untersuchtwerden, ob sie sich das Virus eingefangenhaben oder ob sie nur an einer normalenErkältung oder Grippe leiden. Die aktuellnoch gravierenden Engpässe in der Diag-nostik werden damit allerdings nicht voll-ständig behoben.

Die Diagnostikspezialisten von Rochewaren nach dem Ausbruch des Coronavi-rus in China die Ersten, die einen zuverläs-sigen Test zur Verfügung stellten. Aller-dings war dieser nur für Testgeräte mit ei-nem geringen Durchsatz ausgelegt. Derar-

tige Tests, die inzwischen auch noch ande-re Unternehmen anbieten, müssen einzelnmanuell ausgeführt werden und erforderneinen hohen personellen Aufwand. Dahersind die Labors und Krankenhäuser bezüg-lich der Diagnose des Virus schon jetztstark überlastet, und die Wartezeiten fürdie Patienten oftmals unerträglich lang.Manche Länder haben mangels Masse so-gar aufgehört, in Verdachtsfällen breit zutesten.

Dieses Problem vor Augen habend, hatRoche in den vergangenen Wochen mitHochdruck daran gearbeitet, das Testver-fahren auch auf den sogenannten Hoch-durchsatzplattformen durchführen zu kön-nen. Das sind mannshohe, meterlange Ap-parate, die in allen großen Labors auf derWelt stehen und die normalerweise für dassystematische Screening ganzer Bevölke-rungsgruppen auf Infektionen wie HIV ein-gesetzt werden. Roche ist auf diesem Ge-biet Weltmarktführer. „Wir haben hier kei-ne Konkurrenz“, sagt Schwan im Ge-spräch mit der F.A.Z. Seine Leute hätten

rund um die Uhr daran gearbeitet, dieseHochleistungsgeräte auch für die automati-sierte Detektion des Coronavirus einset-zen zu können. Dabei sei man Hand inHand mit der FDA vorgegangen, die dasentwickelte Testverfahren am Freitag imRahmen einer Autorisierung unter Notfall-bedingungen freigab. „Unter normalen Be-dingungen kann es Jahre dauern, bis einesolche Zulassung vorliegt“, lobt Schwandie Amerikaner. In Europa hat Roche auf-grund der für die Vereinigten Staaten ver-wendeten Daten eine Selbstzertifizierungdurchgeführt. Im Ergebnis führe dies dazu,dass die Schnelltests nun über alle rund800 installierten Großgeräte (namens Co-bas 6800 und 8800) in Amerika, Europaund Asien laufen könnten, sagt Schwan.„Das führt zu einem Quantensprung in derDiagnosegeschwindigkeit.“ Mit dem Co-bas 8800 könnten mehr als 4100 Patienten-proben am Tag vollkommen automatisiertausgewertet werden. Insgesamt ließen sichso monatlich Millionen an Tests durchfüh-ren, wobei die Ergebnisse nach jeweils drei-

einhalb Stunden vorlägen. Dies sei eine be-deutende Erleichterung für das Gesund-heitssystem. „Wir sind sehr froh, dass wirin dieser schwierigen Situation einen Bei-trag leisten können“, sagt Schwan. Zu-gleich betont der Roche-Chef, dass damitder Bedarf an Tests immer noch nicht vollgedeckt werden könne. Daher hält er esweiterhin für richtig, nicht flächende-ckend vorzugehen und nur jene Personenauf den Virus zu testen, die entsprechendeSymptome zeigen oder aus Hochrisikoge-bieten kommen.

Für die an der Kapazitätsgrenze laufen-de Produktion der eigentlichen Testkits,die dann in den Laborgeräten zum Einsatzkommen, bezieht Roche Teile aus drei Län-dern. Die Basisinstrumente kommen ausder Schweiz, das Plastik-Verbrauchsmateri-al kommt aus Deutschland, und die Reagen-zien kommen aus den Vereinigten Staaten.„Es bestehen also gegenseitige Abhängig-keiten“, erläutert Schwan. Das von DonaldTrump verhängte Einreiseverbot für Euro-päer gefährde die Lieferkette nicht, weil

Warenlieferungen davon ausgenommenseien. Und was passiert mit der Fracht, dienormalerweise auch an Bord von Passagier-flugzeugen gen Übersee geflogen wird?„Für diese Lieferungen mieten wir einCharterflugzeug“, antwortet Schwan.

Aus geschäftlicher Sicht sei der Verkaufder Corona-Testpakete für Roche von un-tergeordneter Bedeutung. Der größte Teilder Kosten falle in den Labors und Klini-ken an. „Für den einzelnen Test bekom-men wir rund 15 Franken“, rechnetSchwan vor. Trotzdem reagierten die Anle-ger positiv auf die Nachrichten aus Basel:Der Aktienkurs von Roche kletterte amFreitag im Verlauf um mehr als 9 Prozentauf gut 300 Franken. Allerdings ging esnach dem Absturz am Vortag auch mitdem Swiss Market Index (SMI), dem Leitin-dex der Schweiz, kräftig bergauf.

Roche zählt mit einem Umsatz von zu-letzt 61 Milliarden Franken zu den größtenPharmakonzernen der Welt. Davon entfal-len knapp 13 Milliarden Franken auf dasDiagnostikgeschäft.

Symbol der Hoffnung: Aus der Roche-Zentrale (Mitte) in Basel kommen gute Nachrichten für die Corona-Diagnose. Foto Reuters

Schon mehrfach hat die Deutsche Lufthan-sa im Zuge der Corona-Krise Kürzungenim Flugplan vorgenommen – erst um biszu 25 Prozent, dann um bis zu 50 Pro-zent–, und war damit stets Vorreiter. Den-noch musste jedes Mal nachgelegt wer-den, weil mehr Passagiere ausblieben undweitere Staaten Einreisebeschränkungenverhängten. In der kommenden Wochewerden nun bis zu zwei Drittel der Kon-zernflotte am Boden bleiben, informierteVorstandschef Carsten Spohr die Beschäf-tigten in einer Videobotschaft. Mittlerwei-le sind die Einbußen des Konzerns wegenfehlender Ticketeinnahmen groß, da – soSpohr – seit Tagen mehr Stornierungen alsBuchungen eingehen. Deshalb fragt derKonzern nun Staatshilfe an. „Wir habenuns vor dem Hintergrund dieser bisher un-bekannten Herausforderung entschieden,mit den Regierungen unserer Heimatlän-der nicht nur wie bisher über den Abbauvon Belastungen zu sprechen, sondernauch über aktive Unterstützungen, sobalddiese notwendig werden“, sagte Spohr.

Zuletzt setzte die Ankündigung der Ver-einigten Staaten zu, die Bürgern der Schen-gen-Zone vorerst die Einreise verweigern.

Statt 70 Flügen schickt Lufthansa für diewenigen verbleibenden Kunden fortannur vier am Tag nach Amerika. Trotz derEinschnitte bereitet Spohr die Beschäftig-ten auf eine schmerzliche Phase vor undwünscht „Flexibilität, Verzicht und Solida-rität“. Auch der Vorstand werde sich amVerzicht beteiligen. Für Teile des Kabi-nen- und Bodenpersonals ist schon Kurz-arbeit beantragt. Intern dürften noch tief-greifendere Szenarien eine Rolle spielen –bis hin zum befristeten Betriebsstopp.Noch ist dazu nichts entschieden, ein Luft-hansa-Sprecher spricht von Spekulatio-nen, die man nicht kommentiere.

Für Kunden lockert der Konzern aber-mals Umbuchungsregeln. Wer einen ge-planten oder ausfallenden Flug gebuchthat, soll sein Ticket behalten dürfen, ohnesich auf einen neuen Termin festlegen zumüssen. Das gilt für alle Tickets, die biszum 12. März für ein Reisedatum bis EndeApril gebucht wurden. Lufthansa begrün-dete den Schritt mit dem „Wunsch vielerKunden“, Reisepläne flexibler gestaltenzu können. Doch es dürfte auch darum ge-hen, den Abfluss von Kundengeld durchErstattungen einzudämmen.

Zuletzt lieferte die Bilanz ein solidesBild. Am Ende des dritten Quartals 2019verfügte Lufthansa über eine Liquiditätvon 3,6 Milliarden Euro, etwa ein Zehntelder operativen Jahresaufwendungen beivollem Betrieb. Leasingkosten sind im Ver-gleich zur Konkurrenz gering, 86 Prozentder Flotte sind im Eigentum. Die Nettover-schuldung betrug 6,8 Milliarden Euro,Flugzeugfinanzierungen, Schuldscheindar-lehen und Anleihen im Volumen von ei-ner Milliarde Euro spielen eine Rolle.

Insgesamt ist der Markt für Unterneh-mensanleihen zuletzt deutlich gewachsen.Dafür sorgten traumhafte Finanzierungs-bedingungen mit Zinsen, die so niedrigwie noch nie waren. Für seine jüngste An-leihe zahlt der Lufthansa-Konzern0,25 Prozent. Bekannte Unternehmenkonnten sich zum Teil sogar zu null Pro-zent finanzieren, es fanden sich reichlichAbnehmer. Die Europäische Zentralbank(EZB) hat mit ihren Käufen von Unterneh-mensanleihen dazu beigetragen. Zwar hatsie sich nur auf Emittenten aus dem inves-titionswürdigen Bereich konzentriert: Dassind Unternehmen mit einem Rating vonmindestens „BBB-“ (S&P) oder „Baa3“

(Moody’s), das auch Lufthansa erreicht.Aber Unternehmen aus den unteren Ra-tingklassen – der Finanzmarkt spricht hiersalopp vom „Ramschniveau“ – haben da-von ebenfalls profitiert, weil die Investo-ren auf der Suche nach Rendite auf derenAnleihen ausweichen mussten. Das sorgteauch hier für historisch günstige Finanzie-rungsbedingungen, obwohl diese Unter-nehmen finanzschwach sind und in einerKrise als Erste zahlungsunfähig werdenkönnen. Die Risiken wurden also nichtmehr adäquat bepreist.

Diese Kritik an der extrem lockerenGeldpolitik mit negativen Zinsen und An-leihekäufen im Billionen-Volumen gilt be-sonders für den Markt der Unternehmens-anleihen. Die Organisation für wirtschaft-liche Zusammenarbeit und Entwicklung(OECD) warnte Mitte Februar davor, weilin den vergangenen Jahren der Anteil derEmittenten mit geringer Kreditqualitätdeutlich zugenommen hat. 2019 hättenrund 51 Prozent aller ausgegebenen Schul-dentitel mit dem Gütesiegel InvestmentGrade, die damit als investitionswürdigund vergleichsweise ausfallsicher gelten,nur die Note „BBB“ besessen. Zwischen

2000 und 2007, also vor der Finanzkrise,habe dieser Anteil nur 39 Prozent betra-gen. Sollte die Unterstützung der Geldpoli-tik durch niedrige Zinsen wegfallen oderein Konjunkturabschwung einsetzen,könnte es vermehrt zu Herabstufungen inden Ramschbereich kommen, warnte dieOECD. Betroffene Unternehmen müsstendann höhere Finanzierungskosten stem-men, und ihr Spielraum für Investitionenwürde sinken. Mit der Corona-Krise istdieser Fall nun eingetreten. Nach einer Stu-die der Ratingagentur S&P müssen die eu-ropäischen Unternehmen in diesem Jahr318 Milliarden Euro an fälligen Anleihentilgen. Bis zum Jahr 2024 summieren sichdie Tilgungen auf 1,7 Billionen Euro. Hin-zu kommen aber auch noch Kredite vonBanken und in Deutschland die nicht nurvon mittelständischen Unternehmen bege-benen Schuldscheine. Sollte es zu einer Se-rie von Zahlungsausfällen kommen, drohteine neue Finanzkrise, weil die Bankenvon den Kreditausfällen überfordert wä-ren. Das erklärt, warum die Bundesregie-rung nun eine unbegrenzte Kreditzusagean alle Unternehmen, die von der Corona-Krise betroffen sind, abgegeben hat.

Nach langen Spekulationen über die Fol-gen des Coronavirus für die diesjährigenHauptversammlungen sehen sich die ers-ten Dax-Konzerne zu einer Absage ge-zwungen. So teilte Daimler am Freitagmit, das Aktionärstreffen in Berlin mitmehreren Tausend Teilnehmern vom 1.April auf Juli zu verschieben. Es wäre dieerste Hauptversammlung mit dem neuenVorstandsvorsitzenden Ola Källenius ge-wesen, und das in schwierigen Zeiten,musste Daimler sogar mit eher überdurch-schnittlich großem Interesse rechnen.

Auch der Autozulieferer Continentalaus Hannover kündigte an, sein für den30. April vorgesehenes Aktionärstreffenumzulegen. Damit unterstütze Conti dasBestreben der Behörden, „die Ausbrei-tung der Coronavirus-Infektionen einzu-dämmen“, sagte der Vorstandsvorsitzen-

de Elmar Degenhart. Ein neuer Terminsteht noch nicht fest, doch will Conti dasTreffen innerhalb der gesetzlichen Fristvon acht Monaten nach Beginn des Ge-schäftsjahres nachholen.

In Niedersachsen, dem Sitz von Conti,hatte das Gesundheitsministerium in die-ser Woche Großveranstaltungen mitmehr als 1000 Teilnehmern untersagt.Die Deutsche Telekom hält vorläufig anihrem für den 26. März geplanten Terminfest, appelliert aber an ihre Aktionäre, zuHause zu bleiben und die Hauptversamm-lung im Internet zu verfolgen. „Wir bittensie daher eindringlich, auf eine Teilnah-me vor Ort zu verzichten. Dies gilt insbe-sondere bei krankheits- oder altersbeding-ten Einschränkungen“, heißt es in einemSchreiben an die Aktionäre. Die Führungder Telekom schließt darin nicht aus, dass

das Treffen je nach Entwicklung dochnoch abgesagt werden kann.

Für die Aktionäre von Conti hat dieVerschiebung konkrete Folgen. Die vorge-schlagene Dividende von 4 Euro für dasabgeschlossene Geschäftsjahr 2019 kannerst später fließen, weil dafür ein Be-schluss der Hauptversammlung nötig ist.Auch die Pläne des Managements, die An-triebssparte Vitesco durch einen soge-nannten Spin-off abzuspalten, sind betrof-fen, da die Anteilseigner diesem Schrittebenfalls zustimmen müssen. Zuletzt hat-te Conti betont, die Abspaltung wie ge-plant in der zweiten Jahreshälfte umset-zen zu wollen. Im Umfeld des Konzernsheißt es, das sei immer noch möglich.Gleichzeitig gibt sich das Managementaber mehr Spielraum und spricht jetzt nurnoch davon, Vitesco „zum nächstmögli-

chen Zeitpunkt“ abzuspalten. An den Fi-nanzmärkten hatte Zweifel gegeben, wieder seit Monaten diskutierte Spin-off imderzeitigen Umfeld funktionieren soll.

In seiner Mitteilung regt der Konzernan, zu prüfen, ob Hauptversammlungenin Zukunft virtuell stattfinden können.„In Zeiten zunehmender Digitalisierungwäre es aus unserer Sicht nur konsequent,Hauptversammlungen ins Netz zu verla-gern“, sagte Degenhart Digitale Aktio-närstreffen sind aktuell nicht völlig ausge-schlossen, doch müssen Anteilseignerweiter die Möglichkeit haben, vor Ort anPräsenztreffen teilnehmen zu können.Als Schwierigkeit gilt zudem, das den Ak-tionären zustehende Frage- und Rede-recht im Netz zu gewährleisten. Aus-schließlich digitale Treffen gelten daherbisher allenfalls theoretisch als Option.

Die Deutsche Telekom will auf ihrerHauptversammlung auf das sonst üblicheRahmenprogramm mit Präsentationenund Kundenberatungen verzichten, Rede-zeiten begrenzen und die Verpflegung aufein Mindestmaß beschränken. Eine Spre-cherin zeigte sich optimistisch, dass es ge-lingen wird, den Besucherandrang zu ver-ringern. Mehrere hundert Aktionäre hät-ten schon mitgeteilt, der Versammlungfernzubleiben. Ihre Stimme können sie on-line abgeben; allerdings müssten sie aufihr Rede- und Antragsrecht verzichten.Wer trotzdem kommen wolle, mache dastrotz aller Schutzbemühungen auf eigenesRisiko, stellt das Unternehmen klar. ImFalle einer Absage müsste das Aktionärs-treffen laut einer Sprecherin in den erstenacht Monaten des Jahres, also bis Ende Au-gust, nachgeholt werden.

Lufthansa will Hilfe vom StaatMit erleichterten Umbuchungsregeln soll der Abfluss von Liquidität verhindert werden / Von Timo Kotowski und Markus Frühauf, Frankfurt

Daimler und Conti verschieben HauptversammlungenTelekom hält vorläufig an Aktionärstreffen fest / Von Christian Müßgens, Hamburg, Helmut Bünder, Düsseldorf, und Susanne Preuß, Stuttgart

Neuer Schnelltest für das CoronavirusDer PharmakonzernRoche schafft einengewaltigen Sprung in derDiagnostik. AmerikasGesundheitsbehördegibt im Eilverfahrengrünes Licht.

Von Johannes Ritter,

Zürich

Roche

Tagesschlusskurse. 13.3. im Tagesverlauf.

F.A.Z.-Grafik HeßQuelle: Refinitv

in Franken ISIN CH0012032048

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Page 25: Frankfurter Allgemeine Zeitung - 14 03 2020

FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG SAMSTAG, 14. MÄRZ 2020 · NR. 63 · SEITE 25Finanzen

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In Asien und Australien wurdenmit viel Geld die Märktestabilisiert.

Wenn Banken wanken, soll dieEinlagensicherung helfen. Dieaber benachteiligt Aktionäre.

In allen Ligen Europas ruht derBall, nur in der Bundesliga sollnoch mal gekickt werden.

Auch die Formel 1 verliertdas Wettrennen gegendas Coronavirus.

GELDSPRITZE FÜR DIE MÄRKTE SCHUTZ FÜR DIE SPARER

Dax

in Punkten

12.3.20 13.3.20

F.A.Z.-Index 1675,13 1683,99

Dax 30 9161,13 9232,08

M-Dax 20168,02 20256,48

Tec-Dax 2320,98 2360,54

Euro Stoxx 50 2545,23 2586,02

F.A.Z.-Euro-Index 92,45 94,42

Dow Jones 21200,62 23185,62

Nasdaq Index 7201,80 7874,88

Bund-Future 176,32 173,40

Tagesgeld Frankfurt -0,51 % -0,48 %

Bundesanl.-Rendite 10 J. -0,74 % -0,59 %

F.A.Z.-Renten-Rend. 10 J. - -0,31 %

US-Staatsanl.-Rend. 10 J. 0,79 % 0,98 % a

Gold, Spot ($/Unze) 1577,18 1530,37

Rohöl (London $/Barrel) 32,76 34,99b

1 Euro in Dollar 1,1240 1,1104

1 Euro in Pfund 0,8862 0,8907

1 Euro in Schweizer Franken 1,0549 1,0608

1 Euro in Yen 116,84 119,11

a) Ortszeit 16 Uhr, b) Ortszeit 22 Uhr

Bundesanleihe

Rendite 10 Jahre

16.12.19 13.3.20 16.12.19 13.3.20

„WIE AFFEN IM ZIRKUS“

Wie gern würde man sich alsVerbraucher in Deutsch-land über das billige Öl

freuen! Auch wenn der Preisrutschan den Rohölmärkten nicht eins zueins an den Tankstellen in Deutsch-land und in den Rechnungen der Heiz-öl-Lieferanten ankommt, so sinddoch deutliche Folgen zu spüren. Ben-zin und Diesel sind im Durchschnitterheblich billiger als noch vor zweiMonaten. Auch wer jetzt seinen Heiz-öltank gefüllt bekommt, kann sparen.Die Commerzbank hat ausgerechnet,wenn Öl so billig bleibt, wäre das fürdie Verbraucher in Deutschland wieeine Lohnerhöhung um 0,7 Prozent.Das könnte auch die Wirtschaft stüt-zen – wenn, ja wenn nicht auf der an-deren Seite die Ausbreitung des Coro-navirus deutlich stärkere negative Ef-fekte auf Konsum und Bruttoinlands-produkt haben dürfte. Dieser Effektwird alles dominieren, räumt auchdie Commerzbank ein. Im Vergleichzu den absolut außergewöhnlichenMaßnahmen zur Eindämmung derPandemie spielt das billigere Öl danndoch wohl nur eine untergeordneteRolle. Zumal das Virus und die erwar-teten Ausfälle auf Seiten der Ölnach-frage neben dem Preiskrieg der An-bieter schließlich auch eine wichtigeUrsache für das billige Öl ist.

VOLLBREMSUNG

die Kanzlei Quinn Emanuel Urquhart& Sullivan der Privatbank M.M. War-bung in Sachen Cum-Ex zur Seitesteht?

der aktivistische Aktionär Carl Icanseine Beteiligung an Occidental Pe-troleum von 2,5 auf 10 Prozent er-höht hat?

die Bundeskunsthalle in Bonn einegroße Ausstellung zum Thema „WirKapitalisten. Von Anfang bis Turbo“eröffnet hat?

eine neue Umfrage der Dating-Platt-form Gleichklang.de. zeigt, dass 50Prozent der Befragten sich durch dasCoronavirus in ihrer Partnersuchebeeinflusst sehen.

der Verband der Veranstaltungswirt-schaft mit Absagen von rund 80 000Veranstaltungen rechnet und derSchaden rund 1,25 Milliarden Eurobetragen kann.

der Bankenstresstest wegen der Co-rona-Krise erst mal verschoben ist?

Iran auf Grund der Virus-Krise erst-mals seit den 1960er Jahren Hilfebeim Internationalen Währungs-fonds beantragt hat?

das Thema Deutschlandfonds wie-der an Dynamik gewonnen hat. DerUnionsfraktionsvize Carsten Linne-mann nannte eine Größenordnungvon bis zu 100 Milliarden Euro?

es unbedingt eine Hauptversamm-lung geben muss, damit auch nur einCent Dividende fließen kann, dieTelekom an ihrer Hauptversammlungfesthält, Conti aber verschiebt? ins.

Billiges ÖlVon Christian Siedenbiedel

Sollten Moskau und Riad das al-les so geplant haben, dannmuss man ihnen gratulieren.Die amerikanischen Öl-Frackerhaben nach einer ohnehin

schlechten Phase einer der schlimmstenWochen überhaupt hinter sich. Vielekämpfen jetzt ums wirtschaftliche Überle-ben: Sie streichen Dividenden und kürzenInvestitionen. Fachleute sehen jetzt eineWelle von Notverkäufen voraus.

Occidental Petroleum, einer der gro-ßen Namen im Fracking-Metier der Verei-nigten Staaten, verlor in diesem Monat al-lein zwei Drittel seines Börsenwerts undist nun Ziel einer Attacke des aggressivenInvestors Carl Icahn. Apache büßteknapp drei Viertel ein seit den Jahres-höchststand vor acht Wochen.

Wer die Kursverläufe der amerikani-schen Ölaktien seit Jahresbeginn betrach-tet, sieht überall das gleiche Muster. Am5. Januar setzte ein steter Niedergang ein.Ende vergangenen Woche fielen die Ak-tien von der Klippe, nachdem Russlandund Saudi-Arabien ihre Kooperation auf-gekündigt hatten und sich nicht auf weite-re Kürzungen verständigten. Nach dem be-reits katastrophale Absturz, bei dem eini-ge Werte 50 Prozent und mehr verloren,ging es in dieser Woche weiter nach un-ten, nachdem Präsident Donald Trumpein zunächst 30 Tage währendes Einreise-verbot aus der Europäischen Union ver-hängt hatte.

Nun steigt die Sorge, die negative Ent-wicklung könnte auf die Anleihemärkteüberschwappen. Einige unabhängige Öl-förderer haben sich am Anleihemarkt mitteuren Hochzinsanleihen verschuldet. Des-halb grassiert die Befürchtung, sie könn-ten ihre Schulden nicht mehr bedienen.Nach einer Analyse der Deutschen Bankstellen Energieunternehmen elf Prozentdes Marktes für Hochzinsanleihen und da-mit den größten Sektor. Die Hälfte davonsind Unternehmen mit dem SchwerpunktExploration und Ölförderung, die hoch-sensibel auf Preisentwicklungen reagie-ren. Zwei Drittel von ihnen galten nachDefinition der Deutschen Bank bereits amvergangenen Freitag als notleidend (Spre-ad mehr als 1000 Basispunkte). Analystendes Instituts spekulieren nun, die Schwie-rigkeiten der schuldenbeladenen Ölförde-rer könnten die ganze Anleiheklasse derHochzins- oder Junkbonds nach unten zie-hen. Gerade passive Anleger könnten ihrGeld zurückziehen und damit eine Ketten-reaktion auslösen, fürchten die DeutscheBank-Analysten.

War es das, was Russland erreichenwollte? Präsident Wladimir Putin hatschon oft klargemacht, was er von deramerikanischen Schieferöl-Industrie hält.Die Fracking-Technologie sei „barba-risch“, sagte er im November auf einemForum; in einigen Gebieten, in denen aufdiese Weise Schieferöl gewonnen werde,laufe kein Wasser aus dem Hahn, sondern„schwarze Brühe“.

Ähnlich dürfte das Igor Setschin sehen,der Chef des staatlich kontrollierten undgrößten russischen Ölkonzerns Rosneft.Setschin arbeitet seit Anfang der neunzi-ger Jahre mit Putin zusammen, gilt als ei-ner seiner engsten Vertrauten und damitals einer der mächtigsten Männer Russ-lands. Setschin kämpft spätestens seitEnde 2016 gegen die Fracking-Industrie.Damals hatte sich Russland mit der Orga-nisation erdölexportierender Länder(Opec) auf Förderkürzungen geeinigt, umden Ölpreis zu stabilisieren. Diese Zusam-

menarbeit spiele bloß den VereinigtenStaaten in die Hände und sei eine „strategi-sche Bedrohung für Russland“, schrieb Set-schin Ende 2018 an Putin. Man überlasseden Ölmarkt den Amerikanern, lautetsein Argument, deren Ölförderung sichdank hoher Preise prächtig entwickelnkönne, während russische UnternehmenInvestitionen zurückhalten müssten.

Viele russische Fachleute sehen daherSetschin als Hauptgrund für das Schei-tern der Verhandlungen zwischen Russ-land und dem Opec-Anführer Saudi-Ara-bien an, das zum massiven Einbruch desÖlpreises führte.

Russen geben sich konfliktfreudig

Russische Analysten, aber auch einzelneVertreter der Ölbranche hatten zunächstschockiert auf die Entscheidung ihrer Re-gierung gegen die Opec reagiert. Am Don-nerstag aber demonstrierten die Konzern-führer bei einem Treffen im russischenEnergieministerium Einigkeit und Kamp-feswillen: Ein niedriger Ölpreis sei keinProblem, lautete der Tenor. Wenn Saudi-Arabien Krieg wolle, könne es den haben.Von einer baldigen Rückkehr zu Verhand-lungen mit der Opec war keine Rede.

Die russische Ölbranche kann sich sol-chen Optimismus einerseits erlauben.Die gesamten Produktions- und Trans-portkosten eines Barrels (Fass zu 159 Li-ter) russischen Öls liegen nur bei etwa 15Dollar; zudem profitiert die Exportbran-che von dem fallenden Rubelkurs. Außer-dem verringert sich mit sinkendem Öl-preis die Steuerlast. Allerdings kann Russ-land, was die Produktionssteigerung an-geht, nicht mit Saudi-Arabien mithalten:höchstens 500 000 Barrel mehr am Tagund damit insgesamt knapp 11 MillionenBarrel können die russischen Unterneh-men fördern. Saudi-Arabien will 12,3 Mil-lionen Barrel am Tag zur Verfügung stel-len, 2,5 Millionen Fass mehr als noch imFebruar. Das sei nur möglich, wenn dasLand auch Öl aus Lagern zur Verfügungstelle, weil die Kapazitätsgrenzen desLandes für die Ölförderung bei ungefähr12 Millionen Barrel je Tag lägen, sagt Gio-vanni Staunovo, Ölanalyst der Bank UBS.

Dem Kreml kommen die Turbulenzenindes gelegen: Als Argument dafür, dassRussland Stabilität brauche und Putin perVerfassungsänderung noch weitere Amts-

zeiten ermöglicht werden sollten. Putinversicherte dann auch diese Woche, Russ-land werde diese Periode „würdig“ über-stehen. Das allerdings hängt davon ab,wie lange der Preiskrieg dauert. Die Zen-tralbank hat zwar seit der letzten Ölpreis-krise 2014 enorme Reserven von 570 Mil-liarden Dollar aufgebaut und den Rubel-kurs entkoppelt; die Staatsverschuldungist niedrig, ebenso die Inflation. Doch istdiese Stabilität zumindest teilweise aufKosten der Bevölkerung erreicht worden,etwa durch Steuererhöhungen; die Real-einkommen sind wie die Wirtschaft seitJahren kaum gewachsen. All das sorgt zu-nehmend für Unzufriedenheit, die sichauch in Putins Zustimmungswerten nie-derschlägt. Deshalb hatte er große Investi-tionsprogramme und einen „Durch-bruch“ in allen Lebensbereichen verspro-chen. Das wird mit einem niedrigen Öl-preis, der mit den Folgen der Corona-Kri-se die Reserven schmelzen lässt, deutlichschwieriger sein. Nach einer Analyse vonIHS Markit fußt Russlands Regierungs-haushalt auf einem Ölpreis von 42 Dollarje Fass. Aktuell liegt der Preis bei gut 33Dollar. Saudi-Arabien braucht sogar nochmehr, wenn es seine ambitionierte Vision2030 umsetzen will, die für den radikalenUmbau der Volkswirtschaft binnen 20Jahren steht.

Vieles spricht dafür, dass Russland undSaudi-Arabien durch die Aufkündigungder Kooperation eine Leidensgemein-schaft aller großen und kleinen Produzen-ten und der Volkswirtschaften organisierthaben, die überproportional vom Öl ab-hängen. Die Frage ist, wer die Entwick-lung am besten überleben kann.

In den Vereinigten Staaten bemühensich Ölförderer um Staatshilfe. An vor-derster Front dieser Initiative steht Ha-rold Hamm, Chef und Großaktionär vonContinental Resources und Berater undfrüher Förderer Donald Trumps. Er be-schreibt das Vorgehen der Russen undAraber als Versuch, die globale Pandemiezu nutzen, um die amerikanische Fra-cking-Industrie zu zerstören. Doch daswerde nicht geschehen, die Produzentenwürden aktiv werden. Tatsächlich habensie schon in einer Resolution Trumps Re-gierung aufgefordert, ein Anti-Dumping-Verfahren gegen die ausländische Konkur-renz einzuleiten. Die Rede ist aber auchdavon, dass die Regierung durch Ölkäufe

ihre strategische Reserve aufstockenkönnte oder die Pachtraten für Ölbohrun-gen auf Bundesland senken könnte.

Schließlich fordern einzelne Unterneh-mer Finanzspritzen. Zeitungen berichten,dass Ölförderer das Weiße Haus seit Be-ginn der Woche mit Anrufen beschäfti-gen. Es ist aber unklar, ob die Branchemit ihren Bemühungen Erfolg habenwird. Die Demokraten haben sich laut-stark öffentlich dagegen positioniert: Siewollen nicht Milliardären helfen, sondernArbeitnehmern, ist die von Nancy Pelosi,der Sprecherin des Repräsentantenhau-ses, ausgegebene Losung.

Selbst Präsident Donald Trump scheintnicht komplett überzeugt zu sein. Er lobtenoch in dieser Woche in einer Pressekon-ferenz den niedrigen Ölpreis, der eine grö-ßere Wirkung habe als eine Steuersen-kung. Tatsächlich hatten niedrige Ölprei-se für die amerikanische Konjunktur inden vergangenen Jahren gemischte Ergeb-nisse produziert. Sie stützten den Kon-sum und hielten gleichzeitig den Energie-sektor von Investitionen ab.

In Deutschland wird Tanken billig

Was Deutschland betrifft, ist die Fragespannend: Kann Deutschland als großerÖlimporteur womöglich der „lachendeDritte“ beim Preiskrieg zwischen Russ-land und Saudi-Arabien sein – so wie dieVereinigten Staaten mit ihren Frackernein wichtiger Leidtragender sein dürften?

Immerhin hat der Preiskrieg mit demÖlpreis-Kollaps in der zurückliegendenWoche durchaus schon positive Folgenfür Verbraucher gezeitigt – nur werden sieüberlagert von den negativen Auswirkun-gen der sich ausbreitenden Corona-Epide-mie. Der Benzinpreis beispielsweise istzum zweiten Mal in Folge auf Wochen-sicht deutlich gesunken, wie der AutoklubADAC berichtet. Super E10 kostete zu-letzt 1,308 Euro je Liter, so billig war esnoch nie in diesem Jahr. Und der Preis fürDiesel fiel bis 1,158 Euro je Liter, auchdas ist ein Langzeittief. Immerhin fühltesich der ADAC schon bemüßigt, die Leu-te in Deutschland zu warnen, dass sie kei-nen Sprit unsachgemäß daheim in irgend-welchen Behältern bunkern sollten.„Kraftstoffe daheim zu lagern kann le-bensgefährlich sein, da schnell entzündli-che Dämpfe leicht aus den Reservebehäl-

tern entweichen können“, warnte einSprecher. Den Heizöltank aufzufüllen,wenn er leer ist, und man einen Händlerin Zeiten wie diesen zu einer Lieferungbewegen kann, ist dagegen sicherlichklug. Heizöl kostete zuletzt 54 Euro je 100Liter bei der Abnahmen von 3000 Litern,wie das Internetportal Heizoel24 berich-tet, an das 500 Ölhändler ihre Preise mel-den. Im Vergleich zum „Schwarzen Mon-tag“ am Wochenbeginn ist der Preis da-mit wieder etwas gestiegen. Aber im län-gerfristigen Vergleich ist das immer nochziemlich billig. Noch zum Jahresanfang,in anderen Jahren oft die günstigste Zeitzum Heizölkauf, hatte der Preis noch beifast 70 Euro je 100 Liter gestanden.

Weitet man den Blick vom einzelnenVerbraucher auf die Gesamtwirtschaft,dann stellt sich die Frage, ob das billigeÖl für Importländer wie Deutschlandauch als Konjunkturprogramm wirkenkann. Mit dieser Frage hat sich die Com-merzbank in einer Studie beschäftigt. Siekommt immerhin auf das Ergebnis, derÖlpreiskollaps senke die deutsche Ölrech-nung um einen Beitrag, der 0,9 Prozentdes Bruttoinlandsproduktes entspreche.„Das dürfte freilich nicht verhindern,dass das Bruttoinlandsprodukt inDeutschland und im Euroraum sowohl imersten als auch im zweiten Quartalschrumpfen wird“, sagt Jörg Krämer, derChefvolkswirt der Commerzbank.

Immerhin dürfte der Ölpreisrutschauch Auswirkungen auf die Inflation inder Eurozone haben, wie Christine Lagar-de, die Präsidentin der Europäischen Zen-tralbank, am Donnerstag auf ihrer Presse-konferenz andeutete. Die Commerzbankhat versuchsweise mal ausgerechnet, wasmit der ohnehin eher niedrigen Inflations-rate passieren würde, wenn der Ölpreis inder Nähe von 30 Dollar bliebe. Im Märzund April würde die Inflation immer wei-ter in Richtung null sinken, so ist ihre Pro-gnose. Und im Mai könnte sie dann aufdie psychologisch wichtige Marke von 0Prozent fallen und damit vermutlich wie-der Deflationsängste schüren.

Für Verbraucher hingegen habe derniedrigere Ölpreis sogar so ähnliche Ef-fekte wie eine Lohnerhöhung, berichtetdie Commerzbank: Und zwar, wenn esbeim billigen Öl bleibe, so entspreche derEffekt einer Lohnerhöhung um ungefähr0,7 Prozent. Theoretisch könnte das denKonsum ankurbeln – aber wohl nicht indieser Situation. Commerzbank-Chef-volkswirt Krämer meint: „Der Ölpreis-rutsch entspricht rechnerisch einer Lohn-erhöhung um 0,7 Prozent – aber das än-dert nichts daran, dass die Menschen we-gen der Corona-Epidemie verunsichertsind.“ Sie dürften für einige Monate Re-staurants, Hotels und Flughäfen meiden.Diese drei Sektoren stünden im Euro-raum aber immerhin für fünf Prozent desBruttoinlandsprodukts. „Fielen die Um-sätze in diesem Bereich für drei Monateum 30 Prozent, dann würde das Bruttoin-landsprodukt allein deshalb um andert-halb Prozent gedrückt“, sagt Krämer. Hin-zu kämen weniger Exporte nach Chinaund mögliche Produktionsunterbrechun-gen durch fehlende Zulieferungen ausdem Ausland. Das Resümee des Ökono-men fällt deshalb eher skeptisch aus: DerÖlpreisrückgang sei kein Konjunkturpro-gramm – und dürfte nicht verhindern,dass das Bruttoinlandsprodukt inDeutschland sowohl im ersten als auchim zweiten Quartal merklich schrumpfenwerde. „Lachender Dritter“ in einem Öl-preiskrieg zu sein klingt anders.

Die Börse

Schon gehört, dass . . .

Der Kampf umden Ölpreis

Russland und Saudi-Arabien liefern sich einen Preiskampf ums Öl. Werhat den längeren Atem? Für Amerikas Fracker jedenfalls wird das billige

Öl zum Desaster. Vielleicht kann Deutschland profitieren.

Von Winand von Petersdorff, Washington, Christian Siedenbiedel, Frankfurt,

und Marie Katharina Wagner, Moskau

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Öl

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Sorte Brent, in Dollar je Barrel

Heizöl

Benzin

in Euro je 100 Liter,bei 3000 Litern Abnahme

Super E 10 in Euro je Liter

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Fracking in Inglewood, Vereinigte Staaten

Quelle: Bloomberg/Foto: Bloomberg/F.A.Z.-Grafik Niebel

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Page 26: Frankfurter Allgemeine Zeitung - 14 03 2020

SEITE 26 · SAMSTAG, 14. MÄRZ 2020 · NR. 63 FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNGFinanzen

In Notzeiten erhoffen sich Menschenvon ihren Anführern Lösungen.Nicht immer können diese dem An-

spruch gerecht werden. Das ist besondersverheerend, wenn die Menschen ohnehinschon nah der Panik stehen. Die Aktien-märkte sind da keine Ausnahme. Daskonnte man in dieser Woche deutlich se-hen. Wachsende Sorgen wegen der wirt-schaftlichen Folgen der Corona-Pande-mie und der Schock eines abstürzendenÖlpreises hatten schon am Montag demDax herbe Verluste von fast 8 Prozent,den fünftgrößten Kurssturz eines Börsen-tages, beschert. Die Folgetage vergingenzwischen Bangen und Hoffen auf die Eu-ropäische Zentralbank. Der Donnerstagkam, und die EZB tat zu wenig in den Au-gen der Märkte. Deren Reaktion: Ein Han-delsstopp am italienischen Anleihemarktnoch während der Pressekonferenz und12,2 Prozent Minus im Dax – der zweit-höchste Tagesverlust seiner Geschichte.

Man sehe keine wesentlichen Anzei-chen für Spannungen an den Geldmärk-ten oder Liquiditätsengpässe, hieß es inder geldpolitischen Erklärung. Für dieMärkte sei dies vor allem, dass die EZBdie Zinsen nicht senkte, schwer verständ-

lich gewesen, sagte Franck Dixmier, Lei-ter der Rentenabteilung von Allianz Glo-bal Investors.

Indes ist den Märkten schwer zu helfen,vor allem für eine Notenbank. Die ameri-kanische Fed stellte am Donnerstag demGeldmarkt fünf Billionen Dollar in Aus-sicht – zunächst ohne große Auswirkung.Und die meisten Experten sind der Mei-nung, dass die Geldpolitik nicht helfenkann. „Als ob man mit einem Schwert Was-ser schneiden wollte“, formulierte es IpekOzkardeskaya, leitende Analystin der

Swissquote Bank. Für die Heftigkeit derReaktion auf die EZB-Entscheidung waraber auch Amerikas Präsident DonaldTrump verantwortlich. Dessen Ankündi-gung eines 30 Tage geltenden Einreisever-bots für die 26 Länder des Schengen-Raums habe die Anleger kalt erwischt,sagt Analyst Vincent Boy von IG France.Die aus diesem Schritt hervorgehendeAngst lähme die Börse, sagt Analyst TimoEmden.

Mit Kursverlusten von mehr als 20 Pro-zent sind die Aktienmärkte so schnell wie

nie aus einem Bullen- in einen Bären-markt abgestürzt. Dabei galt die Stim-mung vorher nicht wie sonst als eupho-risch. Allerdings gab es in den vergange-nen Monaten Indizien, die das Gegenteilsuggerierten. Ein höheres Börseninteres-se in Boulevardmedien, vor allem aber dasSchlagwort „FOMO“ – Fear of missingout, die Angst Kursgewinne zu verpassen.Offenbar hielt man steigende Kurse fürselbstverständlich. Man habe geglaubt, dieZentralbanken könnten alles lösen, sagtPeter Tchir, Leiter der Makrostrategie vonAcademy Securities.

Für die bisherigen Bärenmärkte mitKursverlusten bis zu 73 Prozent lässt sichkein simples Muster ausmachen. In dieserGeschwindigkeit kann es nicht lange wei-tergehen. Dann stünde der Dax AnfangJuli nur noch bei 1000 Punkten, was trotzallem unwahrscheinlich erscheint. Einschwacher Trost. Wobei die vorübergehen-den Kursgewinne vom Freitag zeigen, dassdie Hoffnung der Anleger noch nicht ganzverloren ist. „Es wird immer klarer, dassder Markt nur noch auf eines wartet: Positi-ve News in Sachen Coronavirus“, bringt esRobert Greil auf den Punkt. Er ist Chefstra-tege von Merck Finck. MARTIN HOCK

Aktie 6.3. 13.3. in %Osram Licht NA 46,75 44,63 -4,53Knorr-Bremse 83,50 76,20 -8,74Scout24 NA 58,10 52,90 -8,95Symrise Inh. 88,90 80,06 -9,94Delivery Hero 67,46 60,14 -10,85Compugroup Medical 57,55 51,30 -10,86Software 27,94 24,86 -11,02Evotec 21,81 19,26 -11,69Deutsche Post NA 24,79 21,70 -12,45

Gewinner

Kurse1) am Veränd.Aktie 6.3. 13.3. in %TUI NA 6,14 4,02 -34,44thyssenkrupp 6,94 4,67 -32,70Sixt St. 67,80 46,44 -31,50Salzgitter 12,95 8,94 -31,00Bilfinger 25,52 17,69 -30,68Grenke NA 81,90 57,25 -30,10ProSiebenSat.1 10,42 7,36 -29,35Nordex 10,50 7,47 -28,86Adidas NA 241,05 171,94 -28,67

BÖRSENWOCHE

Nach der amerikanischen Fede-ral Reserve (Fed) haben amFreitag auch asiatische Zentral-banken monetäre Liquidität in

die Märkte gegeben, um die Unruhe zudämpfen. Aktienkurse schwankten stark,nachdem am Vortag die Wall Street mit ei-nem Minus des Dow Jones um 10 Prozentden dunkelsten Tag nach dem schwarzenMontag 1987 erlebt hatte. Doch die Geld-gaben der Zentralbanken zeigten Wir-kung, und der Kursrutsch schwächte sichab. In Tokio ging der Nikkei-225-Indexmit minus 6 Prozent aus dem Handel,nachdem er zeitweise 10 Prozent verlorenhatte. Die Bank von Japan hatte zuvor inzwei außerordentlichen Marktoperatio-nen angekündigt, japanische Staatsanlei-hen zu kaufen und so den Banken 1,7 Bil-lionen Yen (14,4 Milliarden Euro) Liquidi-tät zuzuführen.

In Australien schloss der ASX-200-In-dex 4,4 Prozent höher, nachdem er zuvorum 8 Prozent gesunken war. Vom Tief-punkt des Tages bis zum Handelsschlusslegte er um erstaunliche 13,7 Prozent zu.Auch hier trug die Zentralbank zum Um-schwung bei, indem sie 8,8 Milliarden aus-tralische Dollar (4,9 Milliarden Euro) indas Finanzsystem pumpte, vor allem umGeschäftsbanken kurzfristig mit Liquidi-tät zu versorgen. Aufgrund der relativ ge-ringen Summe – sie entspricht in etwadem Doppelten der normalen Versorgung– zweifelten Analysten indes, dass sie derwirkliche Grund für den Aufschwung ge-wesen sei. Denn zugleich erholte sich amFreitagnachmittag etwa auch der thailän-

dische SET Index nach einem Minus von13 Prozent im Tagesverlauf, ohne sofort er-sichtlichen Grund. Anfang des Monatshatten die Notenbanker den Leitzins um25 Basispunkte auf den Rekord-Niedrig-wert von 0,5 Prozent gesenkt. Am Mitt-woch sagte Guy Debelle, der Stellvertre-tende Gouverneur der RBA, der Kauf vonAnleihen (quantitative Lockerung) sei „ab-solut eine Möglichkeit“. Mitte der Wocheerachtete er dies aber noch nicht als not-wendig.

In Südkorea verlor der Kospi-Index amFreitag zeitweise 8 Prozent und löste soeine kurze Handelspause aus. Letztlichschloss der Aktienmarkt mit 3,4 Prozentim Minus. In Seoul trafen sich Vertreterdes Finanzministeriums mit der Zentral-bank und signalisierten eine enge Zusam-menarbeit. Konkrete Beschlüsse wurdenaber nicht bekannt gegeben. Eine angedeu-tete Notsitzung des geldpolitischen Aus-

schusses der Bank von Korea fand nichtstatt. Die Finanzdienstleistungsaufsichtverkündete am Nachmittag, dass von Mon-tag an für vorerst sechs Monate spekulati-ve Leerverkäufe (short selling) für alle ge-handelten Aktien verboten würden.

Die wirtschafts- und finanzpolitischenAkteure in Japan das Finanzministerium,die Bank von Japan und die Finanzdienst-leistungsaufsicht, kamen zu einer Dring-lichkeitssitzung zusammen. Der Vize-Fi-nanzminister für internationale Angele-genheiten, Yoshiki Takeuchi, erklärte da-nach, die Regierung und die Zentralbankbeobachteten die Märkte und die wirt-schaftlichen Trends sehr genau. Wenn not-wendig, werde man gemeinsam Maßnah-men ergreifen.

Der japanische Yen wurde wenig verän-dert um 105 Yen je Dollar gehandelt. Fi-nanzminister Taro Aso erklärte vor Journa-listen, trotz der starken Schwankungen am

Aktienmarkt gebe es keine Notwendigkeit,sich über den Wechselkurs zu sorgen. DieLage sei völlig anders als während der glo-balen Finanzkrise nach dem Zusammen-bruch von Lehman Brothers vor einemJahrzehnt. Die Märkte brauchten ein we-nig Zeit, um nach Lockerungsschritten derZentralbanken ihre Ruhe wiederzufinden.

Die Bank von Japan kündigte mit regu-lären und außerordentlichen Marktopera-tionen an, insgesamt 2,2 Billionen Yen(18,6 Milliarden Euro) an monetäre Liqui-dität in das Finanzsystem zu geben. Dazugehören Ankäufe japanischer Staatsanlei-hen für 700 Milliarden Yen. Zudem willdie Zentralbank den Geschäftsbanken fürzwei Wochen 1,5 Billionen Yen (12,7 Milli-arden Euro) Geld leihen. Die Zentralbanksicherte in einer Erklärung zu, reichlichmonetäre Liquidität bereitstellen zu wol-len. Die Bank von Japan entscheidet be-reits in der kommenden Woche regulär

über die Geldpolitik. Erwartet wird, dasssie die Verkäufe von handelbaren Fondsan-teilen (ETF) ausweiten wird. Auch finanz-politisch wird Japan gegen den wirtschaft-lichen Einbruch verstärkt vorgehen. DieRegierung arbeitet für April nach Medien-berichten an einem neuen Konjunkturpa-ket von bis zu 20 Billionen Yen (170 Milli-arden Euro). Dabei soll es unter anderemum direkte Geldzahlungen an privateHaushalte und um Subventionen für Tou-rismusunternehmen gehen.

Die Softbank Group, der japanischeTechnologie-Investor, nutzte den Kursver-fall in Tokio und kündigte kurz nach Auf-nahme des Börsenhandels ein Aktienrück-kaufprogramm im Wert von 500 Milliar-den Yen (4,2 Milliarden Euro) oder 7 Pro-zent der ausstehenden Anteile an. Dasstützte die Aktie zeitweise ein wenig, dochschloss die Aktie den Handel mit einemMinus von 5 Prozent. Der Aktienkurs vonSoftbank Group ist seit Februar um rund35 Prozent gesunken. Das Unternehmendes japanischen Milliardärs MasayoshiSon kommt mit dem Aktienrückkauf For-derungen des amerikanischen Hedge-fonds Elliott Management entgegen. DasUnternehmen beharrte aber darauf, dasses aus eigenem Antrieb handele. Elliott,der sich mit fast 3 Milliarden Dollar inSoftbank eingekauft hat, fordert einen Ak-tienrückkauf im Wert von 20 MilliardenDollar. Der Hedgefonds verlangt, dassSoftware Group zur Finanzierung Anteileam chinesischen Internetkaufhaus Aliba-ba abstößt.

Zu den Kursstürzen am Donnerstag hat-te die Entscheidung des amerikanischenPräsidenten Donald Trump beigetragen,die Einreise aus Kontinentaleuropa für 30Tage zu unterbinden. Trump will so dieVerbreitung des Coronavirus in den Verei-nigten Staaten verlangsamen. Analystenin Asien nannten als Grund für den Kurs-rutsch am Freitag aber auch eine unzurei-chende Antwort der Europäischen Zen-tralbank auf die Virus-Pandemie. „Die Eu-ropäische Zentralbank ließ eine Krisen-stimmung vermissen, was die Aktienindi-zes fallen lässt“, kommentierte Shoji Hira-kawa von Tokai Tokyo Research. Die EZBhatte weitere Anleihekäufe angekündigt,Präsidentin Christine Lagarde mit ihrenBemerkungen während der Pressekonfe-renz aber die Händler an den Finanzmärk-ten verwirrt.

maf. FRANKFURT. Die Banken habenim vergangenen Jahr ihren Kunden sehrviel Ärger bereitet. Diesen Schluss lassendie der F.A.Z. vorliegenden Zahlen der Fi-nanzaufsicht Bafin zu den Kundenbe-schwerden 2019 zu. Demnach registriertedie Finanzaufsicht im zurückliegendenJahr 8525 Beschwerden von Bankkunden– so viele wie noch nie. Im Vergleich zuden 5791 Eingaben im Vorjahr sei das einPlus von rund 50 Prozent.

Als wichtigsten Grund für die sprung-hafte Zunahme nennt die Aufsicht Proble-me, die sich für Verbraucher im Zusam-menhang mit der vollständigen Umset-zung der Zweiten Zahlungsdiensterichtli-nie (Payment Services Directive 2; PSD2)seit Mitte September ergeben haben. Mitdiesen Regelungen seien strengere Vorga-ben im Online-Banking eingeführt wor-den, wie zum Beispiel das starke Authenti-fizierungsverfahren (Zwei-Faktor-Au-thentifizierung). Die bis dahin genutztenVerfahren genügten den neuen Anforde-rungen nicht mehr. Die Bafin berichtetvon Problemen beim Einrichten neuerVerfahren. Kunden hätten die mangelndeHilfe der Institute beanstandet. Die Ser-viceeinheiten und Callcenter mehrerer

Banken sollen darüber hinaus überlastetgewesen sein.

Die Zahlen der Bafin stehen zum Teilim Widerspruch zu den Mitteilungen ausden Bankenverbänden. So haben der Bun-desverband deutscher Banken, dem priva-te Institute wie Deutsche Bank oder Com-merzbank angehören, und der Bundesver-band der Volks- und Raiffeisenbankenvon rückläufigen Beschwerden berichtet.

Allerdings verzeichnete die Schlich-tungsstelle des Sparkassenverbands einenAnstieg von 60 Prozent. Der Grund sindhier die zahlreichen Kündigungen nochattraktiv verzinster Prämiensparverträge.Die Sparkassen wollen diese Verträge imNiedrigzinsumfeld loswerden, da sie ih-nen nun zu teuer sind. Dazu hat die Ver-braucherzentrale drei Musterfeststellungs-klagen eingereicht. Die erste Verhand-lung in einer Klage gegen die SparkasseLeipzig, an der sich 850 Kunden beteiligthaben, steht am 22. April an.

Bei der Bafin gingen 2019 insgesamt17 200 Kundenbeschwerden ein. DieZahl der Eingaben zu Versicherungensank gegenüber 2018 von 8097 auf 7851.Im Wertpapiergeschäft gingen die Be-schwerden von 1072 auf 911 Fälle zurück.

Rastlose Zeiten: Radfahrerin mit Schutzmaske vor einer Anzeigetafel mit dem japanischen Aktienindex Foto Bloombeg

kann. FRANKFURT. Der Einsatz der No-tenbanken und der Bundesregierung hatzumindest an der Börse am Freitag biszum Mittag zu einer kräftigen Erholunggeführt. Zwar sind die Kursverluste dervergangenen Wochen noch lange nichtausgestanden. Aber immerhin schwangendie großen Börsenindizes und einige derzuletzt besonders stark gebeutelten Ein-zelwerte nach dem „Schwarzen Donners-tag“ mit teils deutlichen Zuwächsen wie-der nach oben.

Offenbar sahen viele Anleger zunächstäußerst günstige Preise für den Wiederein-stieg erreicht. Der Dax legte vorüberge-hend um 8,5 Prozent zu auf 9939 Punkte.Der Nebenwerte-Index M-Dax gewann7,3 Prozent auf 21 643 Punkte. Die Erho-lung belebte auch in anderen europäi-schen Ländern die Märkte. So stieg auchder Auswahlindex der Eurozone, derEuro Stoxx 50, um 9,2 Prozent auf 2780Punkte an.

Bei vielen Einzelwerten fielen die Kurs-bewegungen noch deutlich kräftiger aus.So legte zum Beispiel die Aktie der Deut-schen Lufthansa zwischenzeitlich um stol-ze 20 Prozent zu. Wegen der ausbleiben-den Passagiere, gestrichenen Flügen undzuletzt dem Einreiseverbot für Europäer

in die Vereinigten Staaten war ihr Aktien-kurs in den vergangenen Wochen dahinge-schmolzen. Noch Mitte Februar notiertesie bei mehr als 15 Euro. Am Donnerstagsackte sie bis auf 8,76 Euro ab und war da-mit eine der schlimmsten Verlierer in derCorona-Krise.

Doch die Anleger hegen offenbar dieHoffnung, dass es für die Fluglinie schonwieder aufwärts geht, wenn erst einmaldie größte Panik rund um Corona verflo-gen ist. Kurzzeitig schaffte es der Kursauf 10,73 Euro, um zum Börsenschlussdann bei 9,46 Euro zu landen.

Auch für die Deutsche Bank schlug dasPendel wieder nach oben aus. Ein Kurs-plus von knapp 6 Prozent stand am Endeauf dem Zettel. Auch hier ist damit derKurssturz der vergangenen Wochen nochlange nicht auskuriert. Bei 5,23 Eurostand der Kurs noch immer fast 50 Pro-zent unter dem Niveau, das die Bank Mit-te Februar nach langem mühevollen Auf-stieg wieder erreicht hatte.

Besonders kräftig legte zudem die Ak-tie des Zahlungsdienstleisters Wirecardzu. Er legte die Ergebnisse einer Sonder-prüfung durch den WirtschaftsprüferKPMG vor, wonach er keine seiner Jahres-abschlüsse korrigieren müsse. Entspre-

chende Meldungen hatten in der Vergan-genheit immer wieder zu hohen Kursver-lusten geführt. Nun ging es im frühenHandel um bis zu 30 Prozent nach oben.Am Ende des Börsentages verringertesich der Zuwachs bis auf 7,8 Prozent.

Am Nachmittag dämmten alle großenBörsenbarometer ihre kräftigen Gewinnezum Teil wieder ein, wohl auch weil dieamerikanischen Börsen zwar ihren Kurs-verfall stoppten, aber mit eher verhalte-nen Zuwächsen in den Tag starteten. AmSchluss stand der Dax noch 0,8 Prozentim Plus auf 9232 Punkten, der M-Dax no-tierte 0,4 Prozent höher auf 20 256 Punk-ten.

Marktteilnehmer rechnen damit, dassdiese Liquidität noch eine ganze Weilelang erhalten bleibt. Mit der Zunahmeschlechter Nachrichten aus den Unterneh-men dürften auch die Aktienkurse weiterunter der Druck geraten. Welche FolgenMaßnahmen wie die Schließung von Schu-len und Kindergärten auf die Arbeitsfähig-keit der Unternehmen hat, traut sichnoch niemand abzuschätzen. Gleichzeitigdürften die Anleger immer wieder ver-lockt sein, die heftigen Kursstürze als Ein-stiegspreise zu deuten – zumal die Alter-nativen für das Geld nach wie vor be-grenzt sind.

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Kurse1) am Veränd.

Asiens Notenbanken stützen Aktienmärkte

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Erholungsversuche an der BörseLufthansa-Aktie steigt vorübergehend um 20 Prozent

Banken regen Kunden aufBafin registriert so viele Beschwerden wie noch nie

wvp. WASHINGTON. Die FederalReserve hat sich mit einer außerge-wöhnlichen Finanzspritze für den sys-temisch wichtigen Markt für Wertpa-pierpensionsgeschäfte und einer au-ßerordentlichen Leitzinssenkung inder Woche zuvor mit aller Macht ge-gen eine immer wahrscheinlicher wer-dende Pandemie-Rezession ge-stemmt. Doch der Kongress und dasWeiße Haus konnten sich im Laufeder Woche noch nicht auf ein fiskali-sches Notprogramm verständigen.Erst einmal kündigte der amerikani-sche Präsident Donald Trump in einerRede bürokratische Erleichterungenfür die Krankenhäuser des Landes imKampf gegen das neuartige Virus anund rief den landesweiten Notstandaus. Nach Trumps Aussagen bautendie Aktienkurse an der Wall Street dieGewinne weiter aus.

Aber die Krisenangst wächst, nach-dem die angekündigte Liquiditätshil-fe der Fed in Höhe von 1,5 BillionenDollar nur kurz Entlastung brachte.Weitere Leitzinssenkungen werdenerwartet. Zugleich steigt die Unge-duld mit der Politik. Die „New YorkTimes“ meldete, dass der Kongressund die Regierung sich weitgehendauf ein Programm verständigt haben,das noch im Laufe des Freitags zurAbstimmung im Repräsentantenhausgebracht worden sein sollte. Der Se-nat könnte am Montag nachfolgen.Der Plan sieht demzufolge einen Aus-bau der Arbeitslosenhilfe, unentgelt-lich Virus-Tests, mehr Geld für Le-bensmittel-Hilfsprogramme, Lohn-fortzahlung bei Krankheit für 14Tage und Steuermäßigungen für klei-ne und mittlere Unternehmen vor.

Mark Zandi, Chefökonom vonMoody’s Analytics, sagte dem Nach-richtendienstleister Axios, dass dieFed bald nur noch eine Nebenrollespielen werde. Die Aufgabe, die ame-rikanische Wirtschaft vor der Rezessi-on zu bewahren, liege bei Trump unddem Kongress. Sie müssten schnellein großes und gut durchdachtes Kon-junkturprogramm verabschieden. Ersei aber nicht sehr zuversichtlich,dass das gelingen werde, sagte Zandi.

Die Zentralbanken inJapan und Australienpumpen Liquidität in dieMärkte. Das hilft denKursen.

Von Patrick Welter, Tokio

und Christoph Hein,

Singapur

AmerikasAnleger hoffenauf Hilfspaket

Absturz in den Bärenmarkt

1) Nicht bereinigte Originalkurse ohne Kurszusätze; erfasst werden die im F.A.Z.-Index enthaltenen Titel. Aktien mit Kursen von weniger als1 Euro sind nicht berücksichtigt. Quelle: F.A.Z.

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Page 27: Frankfurter Allgemeine Zeitung - 14 03 2020

FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG SAMSTAG, 14. MÄRZ 2020 · NR. 63 · SEITE 27Finanzen

Jede Krise ist anders. Waren es inder Finanzkrise ab 2008 vor alleminternational vernetzte Institute,wie Großbanken oder Landesban-

ken, die wegen ihrer Investments in ris-kante Wertpapiere in Schieflage gerietenoder gerettet werden mussten, könnte esin der aktuellen Krise vor allem die aufFirmenkunden spezialisierten kleinerenund mittleren Geldhäuser erwischen.Aber auch Großbanken wie DeutscheBank und Commerzbank könnten Proble-me bekommen. Das wird hoffentlichnicht gleich zu Insolvenzen führen, weilBanken seit der Finanzkrise fleißig notlei-dende Kredite abgebaut und ihr Eigenka-pital gestärkt haben. Zudem sind Ret-tungsaktionen von Zentralbanken undStaaten denkbar, falls ein systemrelevan-tes Institut in Schieflage gerät – wobei Ret-tungen mit Steuergeld jedoch durch dieneuen Bankenregeln stark eingeschränktwurden. Wenn alle Stricke reißen und dieRettung einer insolvenzbedrohten Bankfehlschlägt, bleibt für Sparer und Anlegerdie Einlagensicherung als letztes Auffang-netz. Bisher kam diese letzte Brandmauernur selten zum Einsatz, zudem handeltees sich in den Fällen um kleinere Bankenmit nur wenig Privatkundschaft.

Das System der gesetzlichen Einlagen-sicherung ist EU-weit vereinheitlicht wor-den und steht vor weiteren Reformen imZuge der europäischen Bankenunion. InDeutschland haben die privaten Bankenzudem die Regeln für ihr verbandseigenesfreiwilliges Schutzsystem geändert, wo-bei die Höhe der abgesicherten Beträgeherabgesetzt wird und der Kreis der abge-sicherten Kundengruppen enger gezogenwird. Für Privatkunden deutscher Ban-ken sind über die gesetzliche Mindestsum-me von 100 000 Euro hinaus aber immernoch astronomisch hohe Einlagesummenabgesichert – zumindest auf dem Papier.Für Aktionäre ist das Schutzniveau übri-gens deutlich niedriger als für Sparer. EinBlick in die Details dieser Regeln für denwohl größten anzunehmenden Finanzun-fall enthüllt wichtige Einblicke für Kun-den von Banken und Wertpapierdienst-leistern – die nicht nur beruhigend sind.

Die Grundregeln für den Schutz

Den Basisschutz für Sparer und Anlegerstellt die gesetzliche Einlagensicherungin Höhe von 100 000 je Kunde dar. DieSumme gilt für alle Spareinlagen einesSparers bei einem Institut. Für seine Ein-lagen bei weiteren Instituten genießt die-ser Sparer jeweils Schutz in Höhe von wei-teren 100 000 Euro. Vorübergehend kanndiese Sicherungsgrenze auf 500 000 Eurosteigen, um Härtefälle zu vermeiden. Dasgilt etwa für Bankkunden, die kürzlicheine Abfindung ihres Arbeitgebers erhal-ten oder ihr Eigenheim verkauft haben.Die erhöhte Deckungssumme gilt für alle

großen Guthaben, die mit persönlichenEreignissen des Bankkunden zu tun ha-ben, etwa Ruhestand, Entlassung, Heirat,Geburt oder Tod. So sind zum BeispielSummen aus der Auszahlung von Versi-cherungleistungen geschützt. Der erhöh-te Schutz gilt allerdings nur bis Ablaufvon sechs Monaten nach Gutschrift derSumme. Bankkunden müssen sich inner-halb dieser Zeit also rechtzeitig nach ei-ner Anlagemöglichkeit umschauen oderdas Geld auf mehrere Banken verteilen,damit der Betrag weiter vollständig vonder Einlagensicherung abgedeckt wird.

Der Begriff der gesetzlichen Einlagensi-cherung ist missverständlich, da es sichum kein staatliches System handelt. DasSystem wird stattdessen von den Bankenorganisiert und mit Geld ausgestattet –etwa der Einlagensicherungsfonds unddie Entschädigungseinrichtung deutscherBanken. Die gesetzlichen Vorschriftenzur Einlagensicherung geben dabei ledig-lich das Mindestniveau und die Art desSchutzes vor. Das Notfallsystem kann ein-zelne kleinere und mittlere Banken auf-fangen, wäre aber bei einer Krise des ge-samten Finanzsystems oder dem Fall ei-ner Großbank wohl überfordert undbrauchte zusätzliche Stützen. Die beidenFinanzverbünde der Sparkassen und derGenossenschaftsbanken (etwa Volks-und Raiffeisenbanken) schützen die Ein-lagen ihrer Kunden nach einem anderenPrinzip. Sie haben jeweils getrennte ver-bandseigene Schutzsysteme. Deren An-satz besteht darin, Insolvenzen durch Fu-sionen kranker Banken mit gesunden In-stituten etwa aus der Nachbarregion zuverhindern.

Welche Erfahrungen es gibt

Deutsche Sparer waren bisher nicht inder Breite von Insolvenzen heimischerBanken betroffen. Für die Jahre ab 2002hat die Bafin zwar in 13 Fällen und damitim Durchschnitt fast ein Mal in jedemJahr ein Moratorium über eine Bank ver-hängt, worauf meist ein Entschädigungs-fall folgte. Die betroffenen Institute wa-ren meist Tochtergesellschaften ausländi-scher Banken, etwa die Deutschland-Tochter der amerikanischen Bank Leh-man Brothers, deren Pleite den Höhe-punkt der Finanzkrise im Jahr 2008 dar-stellte. Zuletzt traf es 2018 die DeroBank, eine auf kleine und mittlere Unter-nehmen spezialisierte Investmentbank so-wie die Maple Bank, die 2016 über um-strittene Aktiengeschäfte stolperte. In bei-den Fällen waren hauptsächlich Unter-nehmen und institutionelle Kunden be-troffen.

Anders sah es im Insolvenzfall der is-ländischen Bank Kaupthing aus, bei derrund 30 000 deutsche Sparer Guthabenangelegt hatten, um in den Genuss beson-ders hoher Zinsen zu kommen. Als das In-

stitut der Finanzkrise zum Opfer fiel, folg-te eine Zitterpartie, die zumindest für diemeisten Sparer am Ende gut ausging. Daes sich um ein ausländisches Institut han-delte, konnte die deutsche Einlagensiche-rung hier nichts ausrichten. Die Mecha-nismen von damals sind aber heute nochlehrreich. Weil das kleine Island heftigvon der Finanzkrise erwischt wurde, wei-gerte sich die dortige Regierung, den deut-schen Sparern Entschädigungen aus derisländischen Einlagensicherung auszuzah-len. Die Begründung: Das sei den nationa-len Steuerzahlern nicht zuzumuten. Alssich schließlich herausstellte, dass in derInsolvenzmasse noch genügend Mittelvorhanden waren, wurden die meistenAnleger am Ende doch noch entschädigt.

Auch aktuell boomt das Geschäft mitder Vermittlung deutscher Spareinlagenins Ausland, weil hiesige Banken kaumnoch Zinsen auf Guthaben bieten. Soführt das Portal Weltsparen Angebotevon Banken aus Italien, Portugal oder Ru-mänien. Deren Bonität (Rating) fällt mit„BBB“ nicht gerade im oberen Bereichaus. Allerdings betont Weltsparen, dassseine Partnerbanken nicht nur über einegleich hohe gesetzliche Einlagensiche-rung verfügten wie in Deutschland, son-dern profitabler wirtschafteten und überhöhere Eigenkapitalpuffer verfügten alsihre deutschen Konkurrenten.

Was bei einem Moratorium passiert

Als Vorbote einer Bankinsolvenz ist dasMoratorium zu betrachten, weil es erstverhängt wird, wenn sanftere Maßnah-men der Bankenaufsicht gescheitert sind.Eine Entschädigung von Bankkunden isterst nach Ablauf eines mehrwöchigen Mo-ratoriums möglich, das die Bundesanstaltfür Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin)über eine insolvenzbedrohte Bank ver-hängt hat. Dabei handelt es sich um einenZahlungsstopp, so dass Bankkunden wäh-rend dieser Sperre kein Geld mehr vonder Bank erhalten und keine Überweisun-gen von ihren Konten mehr vornehmenkönnen. Zudem werden Kredite nichtmehr ausgezahlt, selbst wenn sie schon ge-nehmigt wurden. Schuldner müssen je-doch Zins und Tilgung alter Kredite wei-ter leisten. Frisches Geld darf eine Bankunter Moratorium jedoch nicht anneh-men. Die Girokonten der Kunden stehenerst dann wieder für Gehaltseingängeoder Zahlung der Miete zur Verfügung,wenn sie auf ein anderes Institut übertra-gen wurden.

Worauf Aktionäre achten sollten

Weniger bekannt ist die Tatsache, dass esauch für Aktionäre eine Einlagensiche-rung gibt, obwohl die Aktien im Depotdes Anlegers nicht Teil des Vermögens ei-ner Bank sind. Sie bedürfen daher auf denersten Blick keines besonderen Schutzes,

denn die Bank muss die verwahrten Ak-tien jederzeit herausgeben, wenn der An-leger sie dazu auffordert. Selbst im Insol-venzfall kann der Anleger verlangen, dassdie Bank die für ihn verwahrten Aktienherausgibt oder das Depot auf ein ande-res Institut überträgt. Ein über die Bankverhängter Zahlungsstopp steht demnicht entgegen. Rechtlich ist die Sachealso eindeutig, faktisch jedoch kann es imFall einer Insolvenz dazu kommen, dassdie Bank etwa aufgrund des Zusammen-bruchs ihres Geschäftsbetriebs gar nichtin der Lage ist, die für ihre Kunden ver-wahrten Aktien herauszurücken. Zudemkönnen Banken die von ihnen verwahr-ten Wertpapiere verpfänden oder verlei-hen, was die Herausgabe erschwert. Fürdiese Fälle gibt es Vorschriften zur Anle-gerentschädigung.

Ist ein Institut pflichtwidrig nicht inder Lage, im Eigentum seiner Kunden be-findliche und für diesen verwahrte Wert-papiere herauszugeben, erfolgt eine Ent-schädigung im Rahmen der gesetzlichenEinlagensicherung. Allerdings ist derSchutzumfang für Wertpapierdepots weitniedriger als die 100 000 Euro für Konto-guthaben. So schützen die Entschädi-gungseinrichtungen nur 90 Prozent derVerbindlichkeiten aus Wertpapiergeschäf-ten, wobei zudem eine Höchstgrenze von20 000 Euro je Kunde gilt. Geschützt sindnur Privatanleger und kleinere Unterneh-men. Handelt es sich beim Einleger dage-gen um ein mittleres oder großes Unter-nehmen, ist eine Entschädigung für Ver-bindlichkeiten aus Wertpapiergeschäftenausgeschlossen. Für Unternehmen wäreder Höchstbetrag von nur 20 000 wohl oh-nehin kein ausreichender Schutz. Selbstfür Wohlhabende oder für Anleger mit be-sonders hohem Aktienanteil im Vermö-gen wird das schon eng. Eine Maßnahmefür diese Gruppe könnte sein, auch dieAktiendepots bis zur Höhe der Siche-rungsgrenze auf unterschiedliche Depot-banken zu verteilen – was natürlich zu hö-heren Kosten führen kann.

Schließfachbesuch nur mit Termin

Die Bafin weist auf ihrer Internetseite dar-auf hin, dass auch Mieter von Bank-schließfächern zunächst vor Problemenstehen. Denn für den Fall eines Moratori-ums ordnet die Behörde regelmäßig dieSchließung der Bankgebäude für den Kun-denverkehr an. In der Regel genehmigtdie Bafin Anträge der Banken, ihreSchließfächer für die Kunden öffnen zudürfen. Betroffene müssten dann mit ih-rem Institut einen individuellen Terminvereinbaren, um Zugang zu ihrem Schließ-fach zu erhalten. Da Mieter für den Fall ei-ner Bankinsolvenz ein Aussonderungs-recht an den Gegenständen im Safe besit-zen, ist zumindest juristisch die Sacheklar – trotzdem sicher keine schöne Erfah-rung.

DIE VERMÖGENSFRAGE

Verschlossene Türen: Wenn Banken dichtmachen müssen, stehen Kunden vor Schwierigkeiten. Foto Vario Images

Schutzschirm mit SchwächenIn Krisen sorgen sich Sparer und Anleger um ihr bei Banken geparktes Vermögen. Die Regeln für

Entschädigungen bei Pleiten sind kompliziert. Kunden sollten Risiken streuen – auch weil dieEinlagensicherung Aktionäre gegenüber Sparern benachteiligt. Von Mark Fehr

BRIEFE AN DIE HERAUSGEBER

Zum Artikel „Wir müssen das Spiel än-dern“ von Andreas Kilb (F.A.Z. vom 14.Februar): Der Autor stellt sich durch de-tailreiche Schilderung der Verhältnisseam Ende der Weimarer Zeit zunächstals Geschichtskenner dar und erläutert,wie Kommunisten und Nationalsozialis-ten, mit natürlich unterschiedlicher Ziel-richtung, das damalige demokratischeSystem zu überwinden versuchten. Andieser Schilderung ist falsch, dass sichdie Nationalsozialisten scheindemokra-tischer Methoden bedienten, die Kom-munisten aber revolutionärer. Richtigist, dass beide, Kommunisten und Natio-nalsozialisten, das Mittel der Gewaltwie der Scheindemokratie nutzten. Da-nach versucht der Autor eine Verbin-dung zwischen den Weimarer Verhält-nissen und der Situation im heutigenDeutschland herzustellen. Eine solcheVerknüpfung ist aber unzulässig und ab-solut unhistorisch.

Anschließend behauptet der Autor:„Denn die Linke . . . ist trotz ihrer Vorge-schichte keine systemfeindliche Kraft. . . Die Sozialisten sind verkappte Sozi-aldemokraten.“ Im Parteiprogramm derLinken, beschlossen im Oktober 2011 inErfurt, heißt es: „Wir kämpfen für einen

Richtungswechsel der Politik, der denWeg zu einer grundlegenden Umgestal-tung der Gesellschaft öffnet, die den Ka-pitalismus überwindet.“ Die SozialeMarktwirtschaft ist die Basis unseres ge-sellschaftlichen Zusammenlebens unddie Basis des freiheitlich-demokrati-schen Rechtsstaates. Indem die Linkendie Soziale Marktwirtschaft und damitauch den Rechtsstaat unserer Prägungeliminieren wollen, sind sie die eigentli-chen Gegner dieses Systems. Die Linkeist der Systemgegner schlechthin.

Andreas Kilb sieht jedoch den eigent-lichen Systemgegner in der „Antipartei“AfD, welche gegen die Flüchtlingspoli-tik, die Klimaschutzpolitik, für den Aus-stieg aus dem Euro und die Zerstörungdes „Systems Merkel“ sei. Wenn das dieinhaltlichen Vorwürfe gegen die AfDsind und damit ihre angebliche System-gegnerschaft begründet wird, dannkann man dem Leser getrost überlassen,sich selbst das Urteil zu bilden, wer Be-fürworter und wer Gegner unserer frei-heitlich-demokratischen Grundord-nung ist und wer durch heimliche oderoffene Kumpanei mit dem program-matisch ausgewiesenen Systemgegner„Die Linke“ dieses System untergräbt.

DR. KARL-WERNER AUGSBERG, WETZLAR

Im Artikel „Kritik an Urteil zur Sterbe-hilfe“ (F.A.Z. vom 9. März) hat sich Bun-desjustizministerin Lambrecht „über-zeugt“ gezeigt, „dass der assistierte Sui-zid keine gesellschaftliche Normalitätwerden dürfe“. Die Justizministerinweiß um die normative Kraft des Fakti-schen. Erinnert sei an die Aufweichungdes Abtreibungsverbotes: Anfangssprach man von Unterbrechung derSchwangerschaft (die Wortwahl ließ aneine Bahnfahrt denken, die man nach ei-nem Zwischenaufenthalt fortsetzt);dann wurde der Eingriff selber nach Be-ratung als rechtswidrig, aber straffreifestgeschrieben; mittlerweile wird die

Abtreibung (in Deutschland um die100 000 Fälle jährlich, die Dunkelziffernicht mitgerechnet) als Menschenrechtpropagiert. Eine ähnliche Aushöhlungmit der „Ehe für alle“.

Noch sind die Präambel des Grundge-setzes und dessen Artikel 1 nicht förm-lich außer Kraft gesetzt; aber rechtlichund sozial hat sich das Land weit vonden Grundlagen entfernt, die von denMüttern und Vätern unseres Grundge-setzes vor mehr als siebzig Jahren erar-beitet worden sind – als Antwort auf dieNationalsozialisten.

DR. NORBERT OHLER, HORBEN

Der am 22. Februar in der F.A.Z. veröf-fentlichte Leserbrief des ukrainischenBotschafters in Deutschland machte aufsich aufmerksam: Darin wurde der Deut-sche Bundestag aufgerufen, den Massen-hunger in der UdSSR zu Beginn der drei-ßiger Jahre des 20. Jahrhunderts als Ge-nozid am ukrainischen Volk anzuerken-nen. Nicht alle Leserinnen und Leserdieser Zeitung werden wissen, worumgenau es sich dabei handelt. Gehen wiralso auf das Faktologische in dieser Fra-ge ein.

Historische Dokumente belegen,dass infolge der Hungersnot, die1932/1933 weite Teile der UdSSR traf,über sieben Millionen Menschen umsLeben kamen (darunter zirka 2,5 Millio-nen im russischen Teil des Landes undzirka 1,5 Millionen auf dem kasa-chischen Gebiet). Der Hunger war mas-senhaft und nicht selektiv. Er begannmit einer verheerenden Dürre und Miss-ernte, die sich zeitlich mit außerordentli-chen Zwangskollektivierungsmaßnah-men der Sowjetregierung überlappten.Bei der Umsetzung dieser Maßnahmenwurde in ausnahmslos allen Agrargebie-ten der UdSSR hart durchgegriffen. Inder Folge ereilte die Hungersnot nichtnur die Ukraine, sondern auch den Sü-den Weißrusslands, das Wolga-Gebiet,Kasachstan, die Regionen Don und Ku-ban, den Südkaukasus, den Südural undWestsibirien. Neben Ukrainern hunger-ten und starben Russen, Weißrussen, Ta-taren, Baschkiren, Kasachen, Tschuwa-schen, Wolga-Deutsche, Vertreter ande-rer Nationalitäten.

Die Motivation für die Aktionen, diezum Hungertod führten, war breitgefä-chert. Der Klassenkampf gegen wohlha-bende Bauern (Kulaken) sollte fortge-führt werden. Man wollte die Landwirt-schaft unter staatliche Kontrolle brin-gen. Auslandskredite, die man für An-kauf ausländischer Industrieanlagen auf-genommen hatte, harrten einer De-ckung. Auch musste die wachsende städ-tische Bevölkerung mit Nahrungsmit-teln versorgt werden, was sich ange-sichts schrumpfender Getreideanbauflä-chen als drängende Aufgabe erwies. Essteht außer Frage, dass es sich bei derHungersnot um eine schreckliche Tragö-

die handelte, die landesweit Millionenvon Menschen in den Tod riss. Es istaber genauso offensichtlich, dass durchdie gewaltsame Getreidebeschlagnah-me bei Bauern keine vorsätzliche Aus-merzung einer einzelnen Nationalitätbezweckt wurde. Das gilt auch für dieBevölkerung der Ukraine, die zudemnie monoethnisch, sondern stets multi-national war.

Multinational war auch die Sowjetre-gierung besetzt. Ihr vorzuwerfen, ausge-rechnet die ukrainische Bevölkerung ge-hasst zu haben, ist zumindest bizarr. Be-kannt ist außerdem, dass die Übergriffesich aus dem übermäßigen Eifer der Lo-kalbehörden, auch der ukrainischen Stel-len, ergaben, den sie bei der Umsetzungder Anweisungen aus der Zentrale anden Tag legten. Erinnert sei bloß an dieVerordnung des Volkskommissariats-rates der Ukrainischen Sowjetrepublikvom 6. Dezember 1932 zur Bekämpfungder Sabotage bei Getreidebeschaffung,unterzeichnet vom Vorsitzenden dieserBehörde W. Tschubar.

Fehler und tragische Auswirkungender Hungersnot in der UdSSR wurdenbereits 1933 offiziell anerkannt. DieSowjetführung organisierte eine großan-gelegte Nahrungsmittelhilfe für die Re-gionen, die am meisten durch die Hun-gersnot getroffen wurden, einschließ-lich der Ukraine.

Unzulässig und unanständig ist es,die für die zahlreichen sowjetischen Völ-ker gemeinsame Tragödie der Hungers-not als eine gezielte Ausmerzung einereinzelnen Bevölkerungsgruppe auf-grund deren ethnischer Zugehörigkeitdazustellen und sich dabei über dieAbermillionen von Opfern anderer Na-tionalitäten hinwegzusetzen. Auf dieseArt und Weise, die mit einem objekti-ven historischen Ansatz nichts zu tunhat, bedient man die Politik jener Kräftein der Ukraine, die antirussische Stim-mungen und Nationalismus schüren.Der Versuch, in dieses schmutzige Spieldie internationale Gemeinschaft hinein-zuziehen, ist unter aller Würde.

SERGEJ J. NETSCHAJEW, AUßERORDENTLI-

CHER UND BEVOLLMÄCHTIGTER BOTSCHAF-

TER DER RUSSISCHEN FÖDERATION IN DER

BUNDESREPUBLIK DEUTSCHLAND, BERLIN

Leser Werner Prost kritisiert in seinemLeserbrief in der F.A.Z. vom 22. Februardas gegenwärtige Gesundheitssystem inseiner Zweiteilung in gesetzliche undprivate Krankenversicherungen als un-gerecht. Dazu führt er als Begründungan, dass „Sonderlasten, wie zum Bei-spiel für alte Menschen, Familien, Mi-granten oder auch für Krankheiten inder GKV sozialisiert werden, währendPKV-Versicherte nur für ihr eigenes Risi-ko zahlten.“ Dazu ist anzumerken, dasssich die Privatversicherten sehr wohl ander Finanzierung des gesamten Gesund-heitssystems beteiligen. Denn zum ei-nen tragen sie aufgrund ihrer einkom-mensstärkeren Mitglieder überpropor-tional zum steuerfinanzierten Bundeszu-

schuss in Höhe von jährlich Euro 14,5Milliarden Euro bei. Zum anderen tra-gen die etwa zehn Prozent Privatversi-cherten über die höhere Honorierungder Leistungserbringer rund 20 Prozentder gesamten Gesundheitskosten. Dasheißt, die privat Krankenversichertenzahlen keineswegs nur für ihr eigenes Ri-siko, sondern tragen substantiell zur Sta-bilisierung des Gesundheitssystems bei.

Dass die PKV durch die Bildung vonindividuellen Altersrückstellungen auchdemographiefester ist als die GKV, dieim Alter steigende Gesundheitskostennur kurzfristig unter den jeweiligen Bei-tragszahlern umverteilt, sei nur am Ran-de erwähnt.

FRANK ZINTEL, ZWINGENBERG / BERGSTRAßE

Kommunisten und Nationalsozialisten

Die Kraft des Faktischen

Zumindest bizarr

Stützen des Gesundheitssystems

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Page 28: Frankfurter Allgemeine Zeitung - 14 03 2020

SEITE 28 · SAMSTAG, 14. MÄRZ 2020 · NR. 63 FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNGFinanzen

12.3. 13.3.

Frankfurt / Schweizer Aktien Zürich

A. B. Foods (GB) 22,13 21,86Accor (F) 23,02 24,27ACS (E) 18,00 18,55Adecco Group NA (CH) 36,50 35,67Aegon (NL) 1,85 1,86Aeroports de Paris (F) 98,80 95,85Ageas (BE) 31,86 31,50Air France-KLM (F) 4,35 4,80Airbus (NL) 73,32 75,76Akzo Nobel (NL) 64,50 61,50Alfa Laval AB (SE) 14,73 14,50Alstom (F) 38,26 39,61Andritz (A) 25,78 26,38Anglo American (GB) 15,47 15,94Antofagasta (GB) 6,95 7,19AP Moeller-Maersk (DK) 808,40 868,00ArcelorMittal (L) 7,80 8,16Arkema (F) 63,16 65,68Aryzta NA (CH) 0,483 0,431Assa-Abloy AB (SE) 16,77 16,50Atlantia (I) 13,23 10,73Atlas Copco A (SE) 27,00 26,46Atos (F) 51,70 52,56Aviva (GB) 3,30 3,22Babcock Int. (GB) 4,04 3,82BAE Systems (GB) 6,01 5,67Bâloise NA (CH) 127,20 126,20Banco Sabadell (E) 0,518 0,453Bank of Ireland (IRL) 2,35 2,31Bankia Para (E) 1,00 1,03

Bankinter (E) 4,41 3,92Barry Callebaut NA (CH) 1745 1745BB Biotech NA (CH) 46,24 45,44BHP Group (GB) 11,48 11,90Bollore (F) 2,64 2,57Bouygues (F) – –Brit. Land (GB) 4,55 4,49BT Group (GB) 1,29 1,30Bunzl (GB) 19,50 19,79Burberry Group (GB) 15,05 15,57Bureau Veritas SA (F) 17,94 18,40Caixabank (E) 1,89 1,83Capgemini (F) 76,78 73,00Capita PLC (GB) 0,483 0,462Carlsberg B (DK) 99,66 98,20Carnival PLC (GB) 14,75 13,64Carrefour (F) 12,33 13,36Casino Guich. (F) 29,92 29,71Centrica (GB) 0,51 0,498CEZ Inh. (CZ) 15,55 14,82Christian Dior (F) 315,80 301,20Clariant NA (CH) 16,86 16,84CNP Assurances (F) 9,79 9,70Coca-Cola HBC (CH) 20,49 19,73Coloplast (DK) 112,85 113,55Colruyt (BE) 41,40 41,61Compass Group (GB) 14,84 13,46Crédit Agricole (F) 6,76 6,80Credit Suisse NA (CH) 7,38 7,29Danske Bank (DK) 10,68 11,00Dassault Systems (F) 118,20 122,50DNB ASA (N) 10,20 10,22DSM (NL) 88,88 94,42Easyjet (GB) 9,25 9,07Edenred (F) 39,42 35,48

EdF (F) 8,92 9,93EDP (PT) 3,50 3,49Electrolux B fr (SE) 14,53 14,13Ems-Chemie (CH) 513,50 532,00Enagás (E) 16,42 17,87Endesa (E) 17,98 18,38Equinor ASA (N) 8,83 9,26Ericsson B fr (SE) 5,62 6,10Erste Group Bank (A) 21,36 21,63Eutelsat Comm. (F) 9,02 8,85Exor (NL) 53,90 52,30Experian Group (JE) 25,50 24,44Ferguson PLC (JE) 62,20 62,80Ferratum Oyj (FI) 6,51 6,55Ferrovial (E) 21,39 21,20Fiat Chrysler (NL) 7,86 8,46Flughafen Zürich (CH) 105,20 108,40Fortum (FI) 13,94 13,70Fresnillo PLC (GB) 6,29 6,25GALP (PT) 8,74 8,58Gazprom ADR (RU) 3,97 4,22GBL (BE) 68,70 59,94Geberit NA (CH) 399,70 400,10Gecina (F) 128,80 124,00Generali (I) 12,35 12,99Getinge (SE) 13,39 14,02Getlink (F) 12,00 10,91Givaudan NA (CH) 2681 2745Gjensidige Forsikr. (N) 15,23 13,97Glencore (JE) 1,48 1,61Grifols (E) 25,95 25,01Hargreaves Lans. (GB) 13,60 14,42Heineken Hold. (NL) 67,85 70,50Heineken N.V. (NL) 75,62 77,08Hellenic Telecom (GR) 10,13 9,99

Hennes & Mauritz (SE) 11,91 12,59Hermes International (F) 564,00 588,60Hexagon B (SE) 36,12 37,80Icade (F) 78,10 74,20Iliad (F) 116,20 110,90Imerys (F) 26,38 25,32IMI (GB) 8,75 8,86Immofinanz (A) 20,10 19,26Int. Cons. Airlines (E) 4,03 4,09InterCont. Hotels (GB) 37,00 38,05Investor B fr (SE) 37,36 38,52ITV (GB) 0,964 0,949JCDecaux (F) 17,82 17,50Jeronimo Martins (PT) 13,91 13,89Johnson, Matthey (GB) 23,93 22,76Julius Bär NA (CH) 30,50 29,15KBC Group (BE) 52,36 48,34Kerry Group A (IRL) 96,50 97,15Kingfisher (GB) 1,57 1,63Kinnevik AB B (SE) 16,47 14,24Klepierre (F) 16,97 16,40Komercni (CZ) 24,40 22,80Kon. Vopak (NL) 42,90 44,04Kone (FI) 45,00 45,01Kuehne + Nagel NA (CH) 127,85 129,05LafargeHolcim (CH) 34,66 34,11Land Securities (GB) 8,43 7,78Legal & General (GB) 2,11 2,14Legrand (F) 52,94 53,40Lindt & Spr. NA (CH) 73600 76700London Stock Ex. (GB) 77,34 79,06Mapfre (E) 1,50 1,46Marks & Spencer (GB) 1,42 1,23Mediaset (I) 1,56 1,40Mediobanca (I) 4,99 5,22

Michelin (F) 75,54 77,96Natixis (F) 2,10 1,91Naturgy Energy (E) 14,51 15,46Next (GB) 50,14 51,30Nordea Bank Abp (FI) 5,26 5,37Norsk Hydro (N) 1,85 1,90Novozymes B (DK) 38,19 38,13OC Oerlikon NA (CH) 6,08 5,90OCI N.V. (NL) 8,51 8,47OMV (A) 22,96 22,20Orkla (N) 6,68 7,11Österreich. Post (A) 27,15 28,90Pandora A/S (DK) 29,30 29,31Pargesa Hold. Inh. (CH) 57,05 58,40Partners Group (CH) 639,40 642,80Pearson (GB) 5,68 –Pernod Ricard (F) 129,70 124,30Peugeot (F) 11,74 12,20Porsche Vz. 41,50 41,45Poste Italiane (I) 6,80 7,45Proximus (BE) 18,14 17,26Publicis Group (F) 28,22 25,56Randstad Hold. (NL) 33,60 32,60Red Eléctrica (E) 13,34 14,06Relx (GB) 17,82 17,38Renault (F) 17,49 17,02Repsol YPF (E) 7,46 7,61Rexel (F) 8,39 7,54Richemont (CH) 50,36 52,32Rolls-Royce Group (GB) 5,40 5,47Royal Bk. of Scotl. (GB) 1,45 1,48Royal KPN (NL) 1,94 2,05RTL Group (L) 30,42 33,74Ryanair Holdings (IRL) 10,43 10,76Sage Group (GB) 6,84 6,28

Sainsbury PLC (GB) 2,06 2,00Saipem (I) 1,98 1,96Sampo (FI) 27,52 26,22Sandvik (SE) – –SCA B fr (SE) 7,20 7,60Schibsted (N) 18,77 18,27Schindler PS (CH) 199,65 200,10Schroders (GB) 26,17 24,46Scor SE (F) 24,75 20,52Scot.&South. En. (GB) 14,31 14,50SE Banken A fr (SE) 6,50 6,40SeaDrill (BM) 0,495 0,539Semperit (A) 9,23 8,91SES S.A. (L) 5,87 6,03SGS NA (CH) 2052 2031Sika (CH) 138,45 143,45Skanska B fr (SE) 15,48 15,41SKF B fr (SE) 11,86 12,70Smith & Nephew (GB) 16,08 15,05Snam Rete Gas (I) 3,21 3,55Sodexo (F) 63,62 63,18Solvay (BE) 62,00 61,20Sonova Hold. NA (CH) 189,90 186,50Standard Ch. PLC (GB) 4,90 4,89Standard Life (GB) 2,37 2,33STMicroelectronics (NL) 17,92 17,93Stora Enso Oyj (FI) 8,46 9,01Subsea 7 (L) 4,60 4,70Suez Environm. (F) 10,32 10,57Sulzer NA (CH) 61,85 60,75Svenska Handelsbk. (SE) 7,20 7,29Swatch Group Inh. (CH) 169,50 172,70Swedbank A (SE) 11,52 11,15Swiss Life NA (CH) 337,10 330,50Swiss Re NA (CH) 68,86 67,70

Dax 30, M-Dax und Tec-DaxBörsenwert Xetra Xetra Ums.Ges.

52 Wochen in Mrd. Landeswähr. KGV 12.3.20 13.3.20 Tages Veränd. in % seit 52 Wochen Div.- Tsd.St.

Tief Vergleich Hoch Gesamt Streubes. 2019 2020 Schluss Schluss Hoch Tief 12.3. 30.12.19 Hoch Tief Div. Rend. 13.3.

10,9 10,2 Dax 30 9161,13 9232,08 9985,74 9064,68 +0,8 –30,3 13795,24 9064,68 399,08 4,32 332478

34,46 20,40 17,6 18,4 Adidas NA I 173,88 171,94 184,14 168,36 –1,1 –40,7 317,45 165,86 3,351x 1,95 374161,29 61,15 7,9 7,3 Allianz vNA I P 146,50 146,92 159,60 143,42 +0,3 –32,7 232,60 143,42 9,001x 6,13 510837,89 37,89 10,8 10,9 BASF NA I P 40,91 41,25 45,18 40,47 +0,8 –38,8 74,61 40,47 3,201x 7,76 1210047,21 47,21 7,5 6,7 Bayer NA I P 48,21 48,05 51,63 46,60 –0,3 –34,0 78,34 46,60 2,801x 5,83 1061821,37 8,33 25,0 24,2 Beiersdorf 84,52 84,80 89,12 83,80 +0,3 –20,5 117,25 83,80 0,701x 0,83 160727,34 14,50 5,6 4,9 BMW St I 44,08 45,42 49,29 44,06 +3,0 –37,9 78,30 43,30 3,501x 7,71 636712,95 6,99 6,5 7,7 Continental 64,62 64,75 73,39 62,00 +0,2 –43,8 157,40 62,00 4,751x 7,34 23274,90 4,52 8,9 15,4 Covestro 25,72 26,76 28,87 25,63 +4,0 –35,4 55,78 25,48 2,401x 8,97 4738

27,44 20,36 5,2 5,5 Daimler NA I P 25,10 25,65 29,11 24,99 +2,2 –48,0 60,00 24,99 3,251x 12,67 2072010,55 9,04 0,0 60,1 Deutsche Bank NA 4,87 5,11 5,80 4,85 +4,8 –26,2 10,37 4,85 0,111x 2,15 6336822,34 21,28 19,6 18,2 Deutsche Börse NA I 118,05 117,60 124,15 113,60 –0,4 –16,1 158,90 109,60 2,701x 2,30 143026,83 21,32 10,3 9,0 Deutsche Post NA I 20,86 21,70 23,17 20,82 +4,0 –36,2 35,00 20,73 1,151x 5,30 1691054,85 37,35 11,3 10,5 Deutsche Telekom NA W I P11,55 11,52 12,39 11,32 –0,3 –20,9 16,75 11,16 0,701x 6,08 3378322,70 19,00 13,2 12,7 E.ON NA 8,62 8,60 9,33 8,47 –0,3 –9,8 11,56 8,08 0,431x 5,00 2892517,47 12,00 9,2 8,8 Fresenius I 31,90 31,35 34,88 30,69 –1,7 –37,5 52,82 30,69 0,801x 2,55 549217,79 12,27 13,5 12,8 Fresenius M. C. St. 58,80 58,42 62,88 57,38 –0,6 –11,4 81,10 57,24 1,171x 2,00 26117,67 5,71 6,3 5,8 HeidelbergCement 38,90 38,67 43,45 38,30 –0,6 –40,5 73,52 38,30 2,101x 5,43 2765

12,16 11,91 12,5 13,7 Henkel Vz. 68,50 68,26 73,16 67,68 –0,4 –26,0 97,80 66,94 1,851x 2,71 138717,62 17,59 15,8 16,4 Infineon NA W 13,71 14,08 15,26 13,82 +2,7 –30,7 23,07 13,42 0,271x 1,92 1756578,53 78,34 20,2 18,0 Linde PLC (IRL) I P 144,35 147,35 157,60 145,45 +2,1 –22,8 208,60 142,45 0,96$2x 1,02 49414,50 4,50 3,5 4,0 Lufthansa vNA 8,76 9,40 10,80 8,53 +7,3 –42,7 22,70 8,53 0,801x 8,51 32282

11,80 11,80 16,4 14,2 Merck 89,58 91,30 97,36 88,92 +1,9 –13,3 125,95 85,84 1,251x 1,37 22308,18 8,10 14,8 14,7 MTU Aero Engines 160,00 154,10 172,30 150,65 –3,7 –39,5 289,30 150,65 2,851x 1,85 863

24,72 24,71 8,8 8,3 Münch. Rück vNA I 170,85 171,30 185,00 167,30 +0,3 –34,9 284,20 167,30 9,251x 5,40 242414,26 12,81 14,0 14,0 RWE St. 22,95 23,19 26,46 22,79 +1,0 –15,2 34,64 21,23 0,701x 3,02 12417

113,85 94,62 18,5 16,6 SAP W I P 90,90 92,67 99,27 90,22 +1,9 –23,0 129,60 90,22 1,501x 1,62 1101559,15 56,56 10,3 10,0 Siemens NA I P 69,59 69,59 75,88 67,96 ±0,0 –40,3 119,90 67,96 3,901x 5,60 1066922,86 20,30 3,9 3,8 Volkswagen Vz. I 112,26 110,88 123,98 107,58 –1,2 –37,1 187,74 107,58 4,861x 4,38 369222,90 22,90 19,4 13,9 Vonovia NA 42,99 42,23 46,00 41,72 –1,8 –12,0 54,48 41,59 1,441x 3,41 459411,08 10,30 20,3 15,2 Wirecard W 85,86 89,70 111,50 88,20 +4,5 –16,6 162,30 83,50 0,201x 0,22 5787

16,5 16,3 M-Dax 20168,02 20256,48 21720,98 20064,64 +0,4 –28,5 29438,03 20064,64 585,88 2,89 129314

1,14 1,03 8,0 7,9 Aareal Bank 17,21 19,07 20,12 17,51 +10,8 –37,0 31,90 17,18 2,101x 11,01 85658,19 42,98 12,1 10,8 Airbus (NL) I P 71,00 74,30 80,47 69,19 +4,6 –43,8 139,40 69,19 1,651x 2,22 6752,53 2,52 22,4 22,2 alstria office REIT 14,18 14,22 15,22 14,13 +0,3 –15,1 19,09 13,57 0,521x 3,66 14338,35 6,56 8,9 9,9 Aroundtown (L) 5,70 5,44 5,96 5,27 –4,6 –31,9 8,88 5,27 0,071x 1,29 135181,52 1,14 10,2 8,9 Aurubis 33,56 33,72 35,77 33,10 +0,5 –38,4 58,00 33,10 1,251x 3,71 3474,11 2,55 24,5 21,9 Bechtle W 96,10 97,95 107,80 96,70 +1,9 –21,8 149,00 76,40 1,001x 1,02 4145,24 5,08 10,8 10,9 Brenntag NA 33,99 33,90 36,54 33,40 –0,3 –30,1 50,82 33,40 1,201x 3,54 10141,39 1,32 25,0 22,0 Cancom W 34,50 36,00 37,50 34,14 +4,3 –31,6 57,10 34,10 0,501x 1,39 4897,05 2,88 41,0 34,6 Carl Zeiss Meditec W 76,45 78,85 84,05 76,85 +3,1 –30,7 122,10 71,25 0,551x 0,70 4684,06 3,22 5,3 6,5 Commerzbank 3,12 3,24 3,76 3,16 +3,8 –41,3 8,26 3,06 0,201x 6,17 323422,73 1,11 24,5 20,7 Compugroup Medical W 50,70 51,30 55,65 50,55 +1,2 –19,5 74,80 46,46 0,501x 0,97 2273,23 1,84 22,7 K.A. CTS Eventim 35,96 33,68 38,20 33,24 –6,3 –39,9 61,55 33,24 0,621x 1,84 821

11,88 7,33 0,0 0,0 Delivery Hero 57,86 60,14 66,56 57,10 +3,9 –14,8 81,62 31,50 0,001x 0,00 9731,70 1,43 7,5 9,7 Dialog Semic. NA (GB) W 25,95 24,56 27,50 24,37 –5,4 –45,6 48,38 24,37 0,001x 0,00 9561,20 1,08 7,4 8,2 Dt. Pfandbriefbank 9,00 8,92 9,93 8,80 –0,8 –38,7 15,74 8,80 1,001x 11,21 1679

11,46 11,46 22,0 22,0 Dt. Wohnen Inh. 32,80 31,86 33,93 31,47 –2,9 –12,5 42,62 28,59 0,831x 2,60 26231,30 0,92 7,9 8,1 Dürr 18,64 18,84 20,57 18,32 +1,0 –38,0 42,26 18,32 1,001x 5,31 5448,77 3,60 10,2 10,2 Evonik Industries 18,58 18,82 20,35 18,64 +1,3 –30,8 27,59 18,38 1,151x 6,11 27142,91 2,01 75,2 57,2 Evotec W 18,69 19,26 20,91 18,45 +3,0 –16,4 27,29 18,14 0,001x 0,00 25983,39 1,36 7,8 7,4 Fraport 38,77 36,66 44,33 35,43 –5,4 –51,6 79,26 35,43 2,001x 5,46 10661,93 1,93 8,8 8,4 freenet NA W 14,77 15,09 16,27 14,80 +2,2 –26,2 21,64 14,77 1,651x 10,93 18812,02 2,02 17,7 16,4 Fuchs Petrolub Vz. 29,50 29,10 31,82 28,74 –1,4 –34,1 45,76 28,74 0,951x 3,26 6133,32 2,76 16,2 13,5 GEA Group 17,71 18,40 19,40 17,55 +3,9 –37,6 30,32 17,55 0,851x 4,62 10231,74 1,69 14,4 13,6 Gerresheimer 56,05 55,45 57,95 54,45 –1,1 –19,6 74,80 54,45 1,151x 2,07 3062,92 1,80 15,8 14,5 Grand City Prop. (L) 17,92 17,40 18,82 17,26 –2,9 –18,6 24,00 17,26 0,221x 1,26 7922,65 1,47 19,7 17,1 Grenke NA 59,70 57,25 65,55 55,50 –4,1 –37,9 104,40 55,50 0,801x 1,40 293

13,70 13,70 10,6 10,4 Hannover Rückv. 115,50 113,60 124,80 112,00 –1,6 –34,1 192,80 112,00 5,251x 4,62 56531,20 4,68 18,7 17,1 Healthineers W 31,03 31,20 33,23 30,68 +0,5 –27,1 45,20 30,68 0,801x 2,56 11893,02 1,21 9,5 8,5 Hella 26,52 27,22 29,62 26,10 +2,6 –44,8 50,85 26,10 3,351x 12,31 4914,27 2,12 6,5 6,3 Hochtief 60,70 60,45 65,85 59,15 –0,4 –46,8 144,70 59,15 4,981x 8,24 5671,92 1,60 8,5 8,3 Hugo Boss NA 28,00 27,27 29,71 26,59 –2,6 –37,0 65,18 26,59 2,701x 9,90 15691,01 0,98 11,7 14,7 K+S NA 5,26 5,28 6,00 5,24 +0,4 –52,5 18,61 5,07 0,251x 4,73 34964,61 2,53 8,8 9,6 Kion Group 38,63 39,02 42,29 37,50 +1,0 –36,6 66,64 37,50 1,201x 3,08 655

12,28 3,67 19,6 20,0 Knorr-Bremse 78,86 76,20 81,77 74,83 –3,4 –16,0 103,70 74,83 1,751x 2,30 3483,29 3,28 9,2 9,3 Lanxess 37,05 37,66 40,74 36,50 +1,6 –37,0 64,58 36,50 0,901x 2,39 10156,34 6,25 17,7 14,0 LEG Immobilien 93,82 91,82 98,64 90,74 –2,1 –13,0 118,55 90,74 3,531x 3,84 4982,81 1,28 6,1 13,8 Metro St. 7,64 7,79 8,50 7,51 +2,0 –45,7 16,35 7,48 0,701x 8,99 16542,63 2,51 0,0 21,7 MorphoSys W 81,25 80,10 88,20 79,10 –1,4 –36,8 146,30 79,10 0,001x 0,00 3235,03 2,36 45,8 43,0 Nemetschek W 43,32 43,52 46,40 42,52 +0,5 –26,0 69,05 42,52 0,271x 0,62 7372,70 1,82 0,0 84,0 Osram Licht NA 44,33 44,63 45,42 43,52 +0,7 +1,1 48,08 24,60 0,001x 0,00 4011,72 1,36 4,1 4,2 ProSiebenSat.1 7,47 7,36 8,45 7,20 –1,4 –47,1 15,95 7,20 1,191x 16,16 47117,31 4,02 27,9 23,8 Puma 48,14 48,50 52,70 47,04 +0,7 –29,0 84,30 47,04 0,351x 0,72 11938,12 7,88 25,5 23,4 Qiagen (NL) W 35,46 35,65 36,80 35,40 +0,5 +17,0 39,19 22,54 0,001x 0,00 20525,82 1,69 K.A. K.A. Rational 485,40 512,00 535,50 487,00 +5,5 –28,6 740,00 477,00 9,501x 1,86 642,72 2,69 8,9 9,1 Rheinmetall 64,16 62,50 68,08 61,98 –2,6 –39,0 118,60 61,98 2,101x 3,36 3892,37 0,85 42,6 0,0 Rocket Internet 17,22 17,26 18,23 17,00 +0,2 –21,9 26,40 17,00 0,001x 0,00 3835,09 1,27 7,4 7,3 RTL Group (L) 29,72 32,90 34,88 30,22 +10,7 –25,2 52,90 29,72 3,002x 12,16 6406,81 6,20 58,6 49,0 Sartorius Vz. W 177,90 181,90 197,80 177,80 +2,2 –4,7 243,20 144,80 0,621x 0,34 1735,69 5,42 33,1 28,2 Scout24 NA 51,35 52,90 54,75 50,45 +3,0 –10,3 65,75 42,00 0,641x 1,21 6911,75 1,21 9,6 10,0 Siltronic NA W 55,08 58,36 64,38 56,22 +6,0 –35,0 109,10 49,13 5,001x 8,57 4431,84 1,22 10,2 13,7 Software W 22,94 24,86 26,20 23,01 +8,4 –20,1 35,03 22,80 0,711x 2,86 512

10,84 9,89 34,1 28,4 Symrise Inh. 81,24 80,06 85,46 79,02 –1,5 –14,6 100,05 78,76 0,901x 1,12 7882,56 2,55 16,1 15,2 TAG Immobilien 18,02 17,46 18,90 17,38 –3,1 –21,2 25,18 17,38 0,751x 4,30 12585,20 2,52 44,5 35,3 TeamViewer W 25,77 26,01 27,90 25,30 +0,9 –18,4 37,23 21,38 0,001x 0,00 7755,53 1,54 0,0 0,0 Telefonica Deutschl. W 1,90 1,86 1,97 1,83 –1,8 –28,0 3,02 1,83 0,271x 14,51 176212,91 2,30 0,0 0,0 thyssenkrupp 4,79 4,67 5,24 4,56 –2,3 –61,2 14,47 4,56 0,001x 0,00 95458,33 3,39 15,8 14,0 Uniper NA 22,43 22,75 23,96 22,11 +1,4 –22,9 30,64 21,79 0,901x 3,96 15424,54 2,12 10,5 9,7 United Internet NA W 21,88 22,15 23,68 21,54 +1,2 –24,4 37,25 21,54 0,051x 0,23 8252,26 0,94 42,2 22,1 Varta W 54,10 55,80 60,10 53,10 +3,1 –54,0 128,00 35,74 0,001x 0,00 4308,11 4,73 83,4 61,0 Zalando 31,85 32,09 35,34 31,65 +0,8 –29,0 49,09 31,56 0,001x 0,00 1106

20,3 17,8 Tec-Dax 2320,98 2360,54 2533,59 2331,87 +1,7 –21,7 3302,94 2317,18 46,79 1,98 105353

2,61 0,65 6,8 6,9 1&1 Drillisch 14,63 14,79 16,12 14,40 +1,1 –35,4 39,08 14,40 0,051x 0,34 10030,90 0,87 29,3 25,7 Aixtron NA 7,88 7,95 8,46 7,84 +0,9 –6,8 11,59 7,34 0,001x 0,00 17380,99 0,88 13,6 12,8 Jenoptik 16,70 17,23 18,46 16,71 +3,2 –32,4 36,80 16,63 0,351x 2,03 1661,08 0,51 34,4 26,2 New Work 185,00 192,00 210,00 182,00 +3,8 –34,2 380,50 182,00 5,701x 2,97 110,80 0,43 0,0 21,4 Nordex 7,29 7,47 8,13 7,18 +2,5 –38,2 15,75 7,18 0,001x 0,00 8151,17 0,51 24,5 19,9 Pfeiffer Vacuum 117,20 118,20 124,80 116,90 +0,9 –25,7 163,30 114,40 2,301x 1,95 391,45 1,05 70,5 51,8 RIB Software NA 28,00 27,90 28,36 27,50 –0,4 +23,5 29,60 12,67 0,181x 0,65 7891,04 0,64 21,4 15,5 S&T (A) 15,14 15,80 17,00 14,90 +4,4 –25,8 26,18 14,90 0,161x 1,01 527

Internationale Finanzmärkte

Dax im Jahresverlauf (Xetra)

Schluss: 9232,08 30.12.2019: 13249,01 52 Wochen Hoch/Tief: 13795,24/9064,68

Epigenomics NA 1,05 1,09Euromicron NA 0,035 0,035Exceet Group (L) 3,74 3,50Fabasoft (A) 20,50 20,20Ferratum Oyj (FI) 6,51 6,55Fielmann 55,05 53,00First Sensor 38,50 38,35Fortec 13,25 13,50Francotyp-Postalia 3,40 –Fuchs Petrolub St. 27,40 28,40Fyber N.V. (NL) 0,225 0,239Gateway Real Est. 4,16 4,18Geratherm Medical 8,25 7,60Gesco NA 11,78 12,22GFT Technologies 8,44 7,97Gigaset 0,26 0,19GK Software 48,00 44,50Global Fashion Grp. (L) 1,47 1,35Godewind Immob. 6,37 6,21Grammer 20,00 19,00H+R 3,74 4,40Hamborner Reit 8,18 8,18Hamburger Hafen 14,85 15,00Hapag-Lloyd NA 63,70 63,60Hawesko 25,40 25,00Heidelb. Druck 0,553 0,564Heidelberg Pharma 2,35 2,34HelloFresh 18,56 18,56Henkel & Co. 63,25 62,05Highlight Comm. (CH) 3,98 3,50HolidayCheck Gr. 1,45 1,43home24 3,18 3,17Hornbach Hold. 39,95 37,95Hornbach-Baum. 15,45 15,60Hypoport 265,00 268,00Indus Holding 23,50 24,00Init Innovation 17,20 17,45Innogy 43,51 43,24Instone Real 19,04 17,58Intershop Communic. 1,92 1,89

InTiCa Systems 4,04 –InVision – 16,20Isra Vision 49,52 49,54IVU Traffic Techn. 9,60 9,92Jost Werke 24,15 22,20Jungheinrich 13,49 14,29KAP 18,00 18,00Klöckner & Co. NA 3,30 3,22Koenig & Bauer 17,10 17,48KPS NA 5,50 5,94Krones 48,08 47,84KUKA 25,70 25,30KWS Saat 44,50 43,90Leifheit 17,10 16,54Leoni NA 5,75 6,80Logwin NA (L) 129,00 119,00Lotto24 NA 13,00 12,85LPKF Laser&Electr. 15,70 15,05Manz 11,22 11,54Masterflex 4,06 4,14MAX Automation 2,99 3,24MBB 48,00 50,40Mediclin 5,05 4,86Medigene NA 3,44 3,33Metro Vz. 9,20 9,00MLP 4,52 4,69Mologen konv. 0,071 0,067MVV Energie NA 26,50 25,30Nexus 29,30 27,70NFON 9,50 9,46Norma Group NA 21,08 20,10OHB 29,30 30,40OVB Holding 16,30 14,90Paion 1,69 1,68paragon GmbH 9,90 10,20Patrizia 19,14 19,56Petro Welt Techn. (A) 1,80 2,03PNE NA 4,06 4,13ProCredit Holding ° 5,40 5,50Progress 19,50 20,00

PSI Software NA 15,75 15,75PVA TePla 7,80 8,00Qingdao Haier (CN) 0,732 0,706QSC NA 1,00 1,00R. Stahl NA 22,00 23,00Rhön-Klinikum 17,80 18,00ROY Asset Hold. – –SAF Holland (L) 4,15 4,37Salzgitter 9,55 9,75Sartorius St. 160,00 164,50Schaeffler Vz. 5,62 5,76Schaltbau Hold. 25,20 24,20Secunet 110,00 108,50Serviceware 9,38 8,90SFC Energy 7,70 8,16SGL Carbon 2,60 2,57Shop Apotheke (NL) 43,30 41,90Singulus Δ 3,30 2,65Sixt Leasing 17,84 18,20Sixt St. 46,40 47,20Sixt Vz. 35,60 36,10Sleepz 0,10 0,11SLM Solutions Gr. 5,64 5,60SMA Solar Techn. 22,42 23,50SMT Scharf 8,76 8,72SNP 43,95 45,00Softing 5,14 5,40Stabilus (L) 37,58 37,12Steinhoff Intern. (NL) 0,06 0,058Stemmer Imaging 13,10 12,25Stratec 57,50 55,90Ströer & Co. 56,60 58,95STS Group 3,05 2,95Südzucker 11,30 10,86Surteco Group 21,50 20,70Süss MicroTec NA 7,20 8,00Syzygy 4,79 4,86Takkt 9,75 9,36Talanx NA 28,12 29,28technotrans NA 12,40 12,00

Tele Columbus NA 2,13 2,00Teles 0,156 0,172TLG Immobilien 19,42 18,20Traton 14,51 14,46United Labels 0,60 0,80USU Software 12,70 13,20Vapiano 2,74 2,02Va-Q-Tec NA 8,76 8,12Verbio 8,05 7,65Villeroy & Boch Vz. 11,00 11,70Viscom 6,79 8,80Vita 34 NA 8,18 9,24Volkswagen St. 118,50 116,55Voltabox 3,89 4,02Vossloh 27,40 28,15Wacker Chemie 47,80 49,40Wacker Neuson NA 8,96 8,76Washtec 41,95 39,25Westwing Group 3,65 3,65windeln.de konv. 1,71 1,64Wüstenr. & Württemb. 13,76 13,24YOC 2,32 2,82Zeal Network 19,52 20,00zooplus 80,10 75,00

Scale2G Energy 32,20 33,20Artec Technologies 2,60 2,00Beta Systems Software 17,80 17,80Blue Cap 12,60 12,20Cliq Digital 2,74 2,58Consus Real Estate 5,17 5,13cyan 14,80 14,00Daltrup & Söhne 2,40 2,28Datagroup IT Serv. 43,00 44,95Datron 9,00 8,00Delignit 4,20 4,96Deutsche Rohstoff 7,00 7,54Dt. Grundst. Aukt. 10,80 11,40DVS Technology 14,60 14,40

Edel 1,83 1,58EQS Group 67,00 59,00Ernst Russ 0,70 0,60FCR Immobilien 11,00 10,60FinLab 12,30 11,10flatex 23,35 25,75Formycon 20,50 18,60German Startups Gr. 1,41 1,42Heliad Eq.Part. konv. 4,43 4,06HELMA Eigenheimbau 31,40 31,00IBU-Tec Advanced – 8,95JDC Group 5,22 5,12Lloyd Fonds 3,78 3,64MagForce 3,08 2,50Mensch & Maschine 32,50 34,20MIC konv. 0,90 0,85MPC Münchmeyer 1,40 1,37Mutares 9,18 8,34mVISE 2,01 2,19MyBucks (L) 0,55 0,542Mynaric 35,20 32,10Nabaltec 21,40 22,10Nanogate 7,68 7,76Noratis 18,00 17,40Nürnb. Bet. vink. NA 64,00 61,00Nynomic 14,80 14,60Ökoworld NA Vz. 12,20 12,95Pantaflix 1,30 1,45publity 32,65 29,85RCM 2,12 2,06Scherzer & Co. 1,61 1,44The Naga Group 0,886 0,91Tonkens Agrar 3,66 3,76Vectron Systems 9,56 8,64Williams Gr. Prix (GB) 12,80 13,00

Deutsche Börsen

Kurse in Euro / Schweizer Franken

Biotest St. 18,15 17,00Biotest Vz. 19,14 18,00BMW Vz. Δ 35,28 36,00Borussia Dortmund 5,88 5,51Capsensixx 6,55 6,55Ceconomy St. 2,78 3,06Ceconomy Vz. 3,00 2,76Cenit 9,48 9,86Centrotec 12,50 12,00CeWe Stiftung 82,00 80,90Comdirect Bank 13,44 13,64Corestate Capital (L) 32,70 29,85Creditshelf 49,60 49,80CropEnergies 7,65 7,60Data Modul 38,80 39,00Deag Dt. Entert. 3,95 3,79Delticom 2,70 2,53Demire Real Estate 4,50 4,34Dermapharm Holding 30,43 30,54Deutsche Industrie REIT 18,10 19,10Deutsche Konsum REIT 13,95 15,00Deutz 2,93 2,97DFV Dt. Familienvers. 15,20 18,00DIC Asset NA 12,40 12,38Diebold Nixdorf (USA) 4,00 4,16DMG Mori 39,60 40,20Dr. Hönle 31,30 30,90Drägerwerk St. 39,35 46,70Drägerwerk Vz. 49,18 60,35Dt. Beteiligung 25,55 27,55Dt. EuroShop NA 17,17 16,75DWS Group 24,74 25,75Eckert & Ziegler 129,20 130,60Ecotel Communic. 5,55 5,95EDAG Engineer. (CH) 8,78 8,75Einhell Germany Vz. 45,70 47,80Elmos Semicond. 18,62 18,64ElringKlinger NA 4,18 4,15elumeo 1,27 1,25Encavis 7,84 8,40

12.3. 13.3.Schluss/Kassa Schluss

Prime Standard11 88 0 Solutions 1,35 1,283U Holding 1,23 1,104 SC 1,29 1,424basebio 1,30 1,30A.S. Création NA 11,70 12,40Accentro Real Est. 8,00 –ad pepper media (NL) 2,35 2,35Adler Modemärkte 3,51 3,65Adler Real Estate 8,28 8,42ADO Properties (L) 22,50 20,00ADVA Optical Net. 4,19 4,48Ahlers NA 1,93 1,92Akasol 30,80 29,20All for One Group 36,1036,40 xDAlzchem Group 18,20 16,70Amadeus Fire 102,20 104,40Artnet NA 3,46 3,00Atoss Software 127,50 130,50Aumann 8,06 8,17Aves One 8,25 8,60Axel Springer vNA 63,00 62,95B.R.A.I.N. Biotechn. 7,50 6,77Basler 37,25 38,50Bastei Lübbe 1,90 1,99Bauer 11,00 11,16BayWa NA 27,60 26,60BayWa vNA 22,50 22,95BB Biotech NA (CH) 44,50 45,52Beck, Ludwig 24,60 24,80Befesa (L) 25,50 25,60Bertrandt 30,70 30,30Bet-at-home.com 30,00 26,50Bilfinger 19,34 17,74Biofrontera NA 3,54 3,47

Tagesgewinner Veränd. %Aareal Bank +10,84RTL Group +10,70Software +8,37Lufthansa vNA +7,26

Tagesverlierer Veränd. %CTS Eventim –6,34Fraport –5,44Dialog Semic. NA –5,36Aroundtown –4,60

52-Wochen-Gewinner Veränd. %RIB Software NA +112,98Delivery Hero +69,22Varta +48,01Bechtle +26,31

52-Wochen-Verlierer Veränd. %K+S NA –65,60thyssenkrupp –62,45Lufthansa vNA –58,831&1 Drillisch –58,43

Statistik (aus dem HDAX)

Europäische BörsenSwisscom NA (CH) 466,40 474,50TechnipFMC (GB) 6,45 5,62Telecom Italia (I) 0,321 0,325Telekom Austria (A) 5,87 5,86Telenet (BE) 29,60 28,84Telenor (N) 12,75 12,58Telia Comp. (SE) 2,87 2,91Tenaris (L) 5,00 5,02Terna (I) 5,29 4,77Tesco (GB) 2,42 2,62Thales (F) 75,64 74,08TomTom (NL) 7,08 6,89Tullow Oil PLC (GB) 0,15 0,149UCB (BE) 78,30 76,76UniCredit (I) 7,30 8,03United Utilities (GB) 9,60 9,80UPM-Kymmene (FI) 24,00 23,50Valeo (F) 13,53 14,53Vallourec (F) 0,978 0,939Veolia Environnem. (F) 19,34 18,29Vestas Wind (DK) 72,88 75,76Vienna Insurance (A) 17,30 16,02Vifor Pharma NA (CH) 126,55 119,10Voest-Alpine (A) 13,80 14,08Volvo B (SE) 10,80 11,79Wärtsilä (FI) 7,05 6,88Wendel (F) 84,45 81,70Whitbread (GB) 33,62 29,12Wienerberger (A) 17,32 16,31Wolters Kluwer (NL) 56,36 56,10WPP (JE) 6,66 6,67Yara (N) 28,00 28,00

Börsenkennzahlen von Bloomberg. Alle Angaben ohne Gewähr. k.A.=keine Angaben; W = auch im TecDAX enthalten; I = auch im Euro Stoxx 50 enthalten;P =auch im Stoxx Europe 50 enthalten;Δ = 1Euro; Die Dividenden sind die letztgezahlten Ausschüttungen in Landeswährung bereinigt um Kapitalmaßnahmen. Hoch-zahl hinter Dividende: Zahl der Ausschüttungen je Jahr; Dividendenrendite: Brutto-Dividendenrendite auf Basis der letztgezahlten Jahresdividende; Das 52-Wo-chen-Hoch/Tief wird berechnet auf Basis von Tageshoch- und -tiefkursen bereinigt um Kapitalmaßnahmen; Börsenkapitalisierung: Berechnung ausschließlich mit der relevanten Gattung (x Streubesitzfaktor); KGV:Kurs/Gewinnverhältnis auf Basis der Ergebnisse je Aktie vor Goodwillabschreibung. Dividendenrendite und KGV berechnet von vwd auf Basis von Verlaufs- bzw. Schlusskursen am Börsenplatz Xetra bzw. Frankfurt.

52 Wochen 52 Wochen 12.3. 13.3. Veränd. in %

Tief Vergleich Hoch Hoch Tief Schluss 22.05 h 12.3. 31.12.

Deutsche Indizes2517,26 1656,77 F.A.Z. 1675,13 1683,99 +0,53 –31,04002,81 2128,36 F.A.Z.-Auto- und Zulieferind. 2141,98 2156,30 +0,67 –40,0272,98 130,08 F.A.Z.-Banken 130,08 136,52 +5,0 –31,6

6461,83 4651,12 F.A.Z.-Bau und Immobilien 4775,67 4687,87 –1,8 –22,73066,21 2045,50 F.A.Z.-Chemie und Pharma 2077,44 2081,60 +0,20 –30,1577,71 325,27 F.A.Z.-Erneuerb. Energien 327,34 338,10 +3,3 –35,5695,99 301,23 F.A.Z.-Grundstoffe 306,70 304,16 –0,83 –50,8

2032,29 1270,58 F.A.Z.-Handel undVerkehr 1279,97 1296,82 +1,3 –35,07991,54 5279,54 F.A.Z.-IT und Elektronik 5318,50 5400,11 +1,5 –28,72731,25 1769,59 F.A.Z.-Konsum, Medien 1797,96 1797,76 –0,01 –30,61121,00 662,40 F.A.Z.-Maschinenbau 676,14 679,42 +0,49 –36,3

43922,32 26580,62 F.A.Z.-Versicherungen 27052,85 27078,32 +0,09 –33,61152,04 798,60 F.A.Z.-Versorger,Telekom. 809,43 809,86 +0,05 –19,8

13795,24 9064,68 Dax 30 9161,13 9232,08 +0,77 –30,329438,03 20064,64 M-Dax 20168,02 20256,48 +0,44 –28,53302,94 2317,18 Tec-Dax 2320,98 2360,54 +1,7 –21,77699,45 5083,99 H-Dax 5121,02 5164,19 +0,84 –30,3

13088,65 8833,71 S-Dax 8891,28 8936,53 +0,51 –28,61285,55 852,26 C-Dax 860,55 865,17 +0,54 –30,2

13798,10 9195,44 Late Dax 9329,70 9432,70 +1,1 –29,229364,92 20198,69 Late M-Dax 20438,54 20615,43 +0,87 –27,83302,64 2327,83 LateTec-Dax 2344,07 2396,81 +2,2 –21,2

13068,34 8926,13 Late S-Dax 9028,46 9082,57 +0,60 –27,475,57 11,57 VDAX-New 70,76 74,29 +5,0 +424,1

359,99 228,70 DivDax (Perf.) 231,01 232,69 +0,73 –34,15679,57 3764,36 Prime-All-Share 3790,62 3820,82 +0,80 –30,13933,30 2861,87 Tec-All-Share 2864,43 2898,71 +1,2 –21,89896,94 6419,91 Classic-All-Share 6475,65 6519,18 +0,67 –32,02445,22 1754,25 GEX (Preis) 1763,07 1768,24 +0,29 –24,7

Europäische Indizes143,44 92,41 F.A.Z.-Euro 92,45 94,42 +2,1 –30,8235,40 151,71 F.A.Z.-Euro Performance 151,77 155,00 +2,1 –30,7

3867,28 2535,89 Euro Stoxx 50 (Europa) 2545,23 2586,02 +1,6 –31,03539,89 2454,44 Stoxx Europe 50 (Europa) 2461,35 2495,46 +1,4 –26,7421,41 278,98 Euro Stoxx (Europa) 279,52 283,95 +1,6 –29,7433,90 294,32 Stoxx Europe 600 (Europa) 294,93 299,16 +1,4 –28,1

1742,76 1182,09 S&P Euro 350 (Europa) 1184,21 1199,65 +1,3 –28,51182,10 785,45 Euronext 100 (Europa) 788,87 800,75 +1,5 –30,0632,12 425,22 AEX Index (Amsterdam) 432,10 432,85 +0,17 –28,4949,20 538,37 Comp. Index (Athen) 538,55 551,97 +2,5 –39,8

10755,56 7285,33 OMX Index (Helsinki) 7432,91 7323,16 –1,5 –25,8124536,63 83535,32 Nat. 100 Index (Istanbul) 93639,50 95605,22 +2,1 –16,4

1276,39 955,96 OMXC 20 Ind. (Kopenhagen) 971,51 979,67 +0,84 –13,73726,67 2614,99 PSI-GERAL (Lissabon) 2634,04 2673,35 +1,5 –20,61562,16 1054,94 S&P UK (London) 1054,94 1079,53 +2,3 –29,0

10100,20 6347,00 IBEX 35 (Madrid) 6390,90 6629,60 +3,7 –30,62601,43 1503,81 DJ ItalyTitans 30 (Mailand) 1517,45 1623,72 +7,0 –33,11651,82 953,64 RTS Index (Moskau) 966,40 991,69 +2,6 –36,06111,41 4025,89 CAC 40 (Paris) 4044,26 4118,36 +1,8 –31,1735,16 509,22 All-Sh. Priceind. (Stockholm) 513,56 521,32 +1,5 –23,4

62009,90 37164,02 WIG Index (Warschau) 37164,02 38629,63 +3,9 –33,23308,91 1968,77 ATX Index (Wien) 1991,22 2000,76 +0,48 –37,2

11270,00 8168,86 SMI (Zürich) 8270,44 8367,56 +1,2 –21,2Übersee Indizes

29568,57 21154,46 Dow Jones (NewYork) 21200,62 23185,62 +9,4 –18,89736,57 6936,68 Nasdaq 100 (Nasdaq) 7263,65 7995,26 +10,1 –8,49838,37 7194,67 Nasdaq Com. (Nasdaq) 7201,80 7874,88 +9,3 –12,23393,52 2478,86 S&P 500 (NewYork) 2480,64 2711,02 +9,3 –16,1

119593,10 71798,00 Bovespa (São Paulo) 71808,10 74814,40 +4,2 –35,745955,41 35068,21 Mexiko SE (Mexiko) 36636,70 38000,37 +8,0 –12,717970,51 12451,12 TSX Comp. Ind. (Toronto) 12508,45 13716,33 +9,7 –19,61748,15 969,08 SET Index (Bangkok) 1114,91 1128,91 +1,3 –28,5

30280,12 22519,32 Hang-Seng (Hongkong) 24294,17 24068,41 –0,99 –14,66636,33 4639,91 Jakarta SE (Jakarta) 4895,75 4907,57 +0,24 –22,13044,38 1988,80 S&P S. Africa 50 (Johannesb.) 2009,15 2015,53 +0,32 –27,99119,27 7817,08 SSE 180 (Schanghai) 8389,96 8280,94 –1,3 –6,72277,23 1680,60 Kospi (Seoul) 1834,33 1771,44 –3,4 –19,41673,79 1224,07 Stoxx Singapore 20 (Singapur)1322,37 1300,69 –1,6 –19,87289,70 4940,10 All Ordinaries (Sydney) 5370,90 5590,70 +4,1 –17,8

12197,64 6203,95 TaiwanWeighted (Taipeh) 10422,32 10128,87 –2,8 –15,624115,95 16690,60 Nikkei 225 (Tokio) 18559,63 17431,05 –6,1 –26,3

Aktien-IndizesHeimatbörse Frankfurt

52Wochen 12.3. 13.3. 13.3. Ver.

Vergleich Dividende Schluss Schluss Schluss in %

AB Inbev 0,802x 36,93 38,91 39,27 +0,6

ABB NA 0,80F1x 15,74 15,77 – –

Ahold Delhaize 0,302x 18,73 18,76 18,83 +1,6

Air Liquide 2,4091x 100,30 105,35 105,00 +5,2

Amadeus IT 0,562x 42,99 47,75 48,40 +9,5

ASML Hold. 1,052x 218,40 216,10 220,60 +0,1

AstraZeneca 1,464£2x 6314,00 6316,00 70,99 –0,8

AXA 1,341x 14,99 15,33 15,45 +2,1

Banco Santander 0,102x 2,28 2,26 2,25 –3,0

BBVA 0,102x 3,01 3,04 3,08 –3,3

BNP Paribas 3,0251x 31,00 31,73 31,80 –0,3

BP 0,105$4x 275,00 276,30 3,22 –2,9

Brit. Am. Tobacco 0,508£2x 2585,00 2678,50 30,33 –1,0

CRH 0,632x 23,11 23,03 24,29 +3,4

Danone 1,941x 52,90 53,76 54,76 +3,8

Diageo 0,274£2x 2376,00 2442,00 27,42 ±0,0

Enel 0,162x 5,23 5,62 5,78 +7,4

Engie 0,752x 10,54 10,49 10,92 +3,6

Eni 0,432x 6,59 6,91 7,10 +5,1

Essilor-Luxottica 2,051x 101,00 100,10 102,75 +0,3

GlaxoSmithKline 0,23£4x 1404,60 1402,80 16,36 +1,1

HSBC Hold. 0,21$4x 444,60 465,85 5,18 –1,6

Iberdrola 0,0271x 8,15 8,56 8,72 +3,3

Inditex 0,442x 21,07 21,30 20,72 –1,3

ING Groep 0,242x 5,16 5,16 5,36 +2,1

Intesa Sanpaolo 0,1971x 1,46 1,55 1,60 +6,7

Kering 3,502x 384,50 405,00 412,35 +5,0

Lloyds Bank.Group 0,011£2x 37,00 37,89 0,42 –7,4

L’Oréal 3,851x 213,00 216,00 220,00 +2,8

LVMH Moët Hen. 2,202x 301,50 314,90 315,85 +1,9

National Grid 0,166£2x 835,60 860,40 9,61 –2,5

Nestlé NA 2,45F1x 90,13 90,00 – –

Nokia 0,054x 2,39 2,32 2,40 ±0,0

Novartis NA 2,95F1x 69,96 70,95 – –

Novo-Nordisk AS B 3,00DKK2x 362,00 363,40 50,34 +3,8

Orange 0,302x 9,61 9,61 9,85 +0,5

Philips Electr. 0,851x 30,65 30,30 31,11 +1,2

Prudential 0,14£2x 884,80 866,80 10,52 +1,4

Reckitt Benckiser 0,73£2x 5150,00 5374,00 63,10 +4,8

Relx 0,136£2x 1503,00 1523,50 17,38 –2,5

Rio Tinto 1,775£2x 2968,00 3274,00 36,73 +6,0

Roche Hold. GS 8,70F1x 274,45 283,10 – –

Royal Dutch Shell A 0,47$4x 12,97 12,80 13,20 –2,1

Safran 1,822x 85,56 84,18 88,10 –1,4

Sanofi S.A. 3,071x 73,44 73,41 74,52 –0,3

Schneider Electr. 2,351x 70,66 71,96 70,92 –3,9

Société Générale 2,2151x 15,55 17,15 17,40 +7,1

Telefónica 0,202x 3,80 3,88 3,90 –3,0

Total 0,664x 26,38 26,03 26,88 +2,3

UBS Group 0,701x 7,90 8,05 – –

Unilever 0,414x 42,75 42,22 42,74 –0,6

Unilever plc. 0,347£4x 3851,50 3854,50 42,90 –3,5

Vinci 0,792x 63,72 67,38 67,86 +2,8

Vivendi 0,5011x 18,15 18,94 19,07 +4,2

Vodafone 0,038£2x 103,94 105,06 1,23 +1,9

Zurich Insur. Grp 19,00F1x 286,90 290,10 – –

Euro Stoxx 50, Stoxx Europe 50

Übersee Börsen

Dow Jones Industrial Average New York (USD)

12.3. 13.3.

Heimatbörse

Abb Vie 78,61 85,37Abbott Labor 74,74 81,65Accenture 152,53 166,51Aflac Inc. 31,42 34,69Agilent Technol. 63,42 69,20Air Products & Chem.187,73 206,50Alibaba 185,10 194,00Allergan 174,57 183,85Allstate 83,80 92,77Altria Group Inc. 36,42 40,07Am. Electric Power 82,54 86,47Am. Intl. Group 25,67 28,50AMD Inc. 39,01 43,90Americ. Tower Reit 217,83 238,99Aon PLC 173,49 177,45Apache Corp. 7,76 8,07Archer-Daniels 31,54 34,64Arconic 19,88 20,52AT&T 31,33 34,47Baker Hughes 10,70 12,73Bank of America 20,51 24,15Bank of N.Y. Mellon 29,52 34,13Barrick Gold 16,88 15,67Baxter Int. Inc. 75,47 80,99Becton D.& C. 220,57 236,50Berkshire Hath. A 272000 289000Berkshire Hath. B 175,97 196,40Blackrock 386,22 413,78Boston Scientific 31,00 32,33BP PLC 21,57 22,17Bristol-Myers Sq. 52,75 54,99Capital One 63,63 72,84Carnival Corp. 14,97 17,58Cdn Pacific Railw. 196,74 217,62Centurytel 9,28 10,12

Charles Schwab 28,43 33,87Chubb Ltd. 116,74 121,86Cigna Corp. 164,27 179,87Citigroup 43,26 51,04Colgate-Palmolive 63,89 69,10ConAgra Brands 24,14 24,79ConocoPhillips 28,20 31,38Corning Inc. 20,47 22,80Crown Castle Intern. 142,51 155,09CVS Caremark 54,60 59,64Danaher Corp. 128,89 141,39Deere & Co. 130,39 138,96Dell Techs 32,74 35,95Dominion Energy 71,31 78,29Duke Energy 80,48 85,77Eaton Corp. 75,92 85,56Emerson Electric 46,18 50,33FedEx Corp. 97,00 106,63Ferrari N.V. 129,99 142,28Ford Motor 5,35 5,63Franklin Resources 16,76 18,11Freeport-McMoRan 7,17 7,53Gap Inc. 10,07 10,81General Dynamics 132,23 139,64General Electric 7,23 7,85General Mills 50,00 53,48General Motors 23,04 24,71Grainger Inc. 246,19 266,02Halliburton 6,42 7,15Harmony G.ADR 2,81 2,46Hershey Co. 132,87 139,84Hess Corp. 32,84 34,92Honeywell Intl. 134,85 149,41HP Enterprise 9,12 9,86HP Inc. 17,51 17,18Illinois Tool Works 140,19 156,27Int. Paper 28,62 33,44Intercont. Exch. 75,61 83,11Johnson Controls 30,52 32,81Kellogg 58,19 63,66Kimberly-Clark 122,31 134,18

Kroger Co. 29,12 30,71Lilly (Eli) 126,02 139,37Lockheed Mar. 311,38 328,59Loews 33,19 37,01Lowe’s 89,92 96,49Macys 7,38 8,03Marsh & McL. 93,00 98,64MasterCard 241,50 270,01Medtronic PLC 84,40 88,82MetLife 28,30 31,93Morgan Stanley 31,31 37,50Newmont Corp. 44,44 39,50Nextera Energy 208,89 221,58Norfolk South. 133,50 146,86Northrop Grumman 290,50 314,50Occidental P. 11,89 14,26Omnicom 56,55 62,91Oracle Corp. 39,80 47,93Parker Hannifin 130,40 140,32PepsiCo 115,34 127,44Philip Morris 72,25 79,50PP&L Res. 26,63 27,42PPG Ind. 89,90 94,19ProLogis 70,18 77,82Raytheon Co.New 144,11 149,85Schlumberger 14,42 16,16Sherwin Will. 482,64 499,33Snap 10,42 11,35Southern Co. 52,19 53,97Sprint Corp. 7,73 8,71State Street 48,12 58,86Stryker 154,25 164,30Sysco 43,51 47,07Target Corp. 92,62 101,02Teva Pharmac. 7,80 8,40Texas Instr. 97,53 106,20Trane Technologies 96,33 103,44Truist Financial 30,22 33,83Twitter 26,78 29,29Union Pacific 132,05 143,85UPS 86,17 94,23

Valero Energy 43,96 49,90Waste Managem. 97,74 105,32Wells Fargo 27,20 30,89Western Digital 39,11 41,86Weyerhaeuser 18,66 21,92Williams Cos. 13,29 15,81Yum! Brands 78,45 78,46

Nasdaq (USD) 12.3. 13.3.

Adobe 285,00 335,50Alphabet Inc. A 1112 1214Amazon.com 1677 1785Ameritrade 28,68 34,66Amgen 182,24 202,71Applied Mater. 45,11 50,89ASML Hold. 240,75 256,96Autom. Data 130,28 144,50Baidu Inc. 99,00 100,24Biogen Inc. 268,88 305,86Booking Hold. 1280 1421Broadcom 218,78 234,22Cerner Corp. 64,68 64,36Cincinnati Fin. 80,56 90,58Cognizant Techn. 48,98 52,62Comcast A 34,94 39,33Costco 279,85 302,69CSX Corp. 53,41 57,94eBay 33,03 33,99Facebook 154,47 170,62Fiserv Inc. 94,92 103,44Gilead Science 68,58 70,74Illumina 223,28 233,35Intuit Inc. 237,94 261,37Intuitive-Surgical 457,53 470,98Kraft Heinz Co 20,06 23,96Liberty Global A 16,04 17,24Marriott Intl. 93,71 95,61Mondelez Intern. 47,51 50,92Netflix 315,25 336,28Northern Trust 63,04 76,05NortonLifeLock 17,26 17,43

NVIDIA Corp. 216,31 240,84NXP Semiconduct. 91,97 95,56Paccar Inc. 59,21 65,12Paychex 66,46 71,56PayPal 96,96 110,15Qualcomm Inc. 67,02 75,84Ryanair 64,77 66,56Starbucks 62,10 70,04T. Rowe Price 91,73 107,33Tesla 560,55 546,05Vertex Pharm. 204,06 220,86Wynn Resorts 68,02 72,52

Hongkong (HKD) 12.3. 13.3.

Bank of China 2,99 2,99BOC (HK) 23,70 23,45CCB 6,32 6,38China Mobile 55,50 52,95China Nat. Offs. Oil 7,83 8,01CK Hutchison 58,55 55,30Hang Seng Bank 140,00 139,40Ping An Insur. 81,25 80,25Sun Hung K.P. 103,20 101,60

Tokio (JPY) 12.3. 13.3.

Canon Inc. 2267 2132Honda Motor 2438 2290Japan Tobacco 2039 1958Mitsub. UFJ Fin. 418 397Mizuho Financ. 118 113Nissan Motor 390 383NTT Docomo 2911 2874Softbank 3964 3764Sony Corp. 5882 5811Sumitomo Mit.Fin. 2795 2644Toyota Motor 6309 6084

Letzte Kursfeststellung um 22.05 Uhr.

Zinsen, Renditen, Terminkontrakte und Indizes

Emissionsrendite Anleihen, Hypothekenpfandbriefe Daten der EZB; Laufzeit in Jahren1-2 2-3 3-4 4-5 5-6 6-7 7-8 8-9 9-10

11.03.2020 -0,43 -0,44 -0,39 -0,40 -0,35 -0,31 -0,28 -0,26 -0,1512.03.2020 -0,37 -0,43 -0,36 -0,38 -0,33 -0,30 -0,28 -0,27 -0,21

F.A.Z.-Renten-RenditeRestlaufzeit*) 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10

Öffentliche AnleihenHoch 52 Wochen 0,21 -0,35 -0,32 -0,25 -0,09 0,12 0,29 0,30 0,50 0,76Tief 52 Wochen -0,67 -0,75 -0,80 -0,76 -0,66 -0,60 -0,53 -0,54 -0,46 -0,5410.03.2020 -0,60 -0,67 -0,71 -0,65 -0,48 -0,42 -0,40 -0,51 -0,32 -0,4611.03.2020 -0,60 -0,67 -0,71 -0,65 -0,48 -0,42 -0,40 -0,51 -0,32 -0,4613.03.2020 -0,41 -0,60 -0,66 -0,53 -0,35 -0,30 -0,29 -0,38 -0,23 -0,31Hypotheken- und öffentliche PfandbriefeHoch 52 Wochen -0,15 -0,10 0,16 0,11 0,17 0,30 0,57 1,01 0,88 0,91Tief 52 Wochen -0,46 -0,41 -0,48 -0,51 -0,47 -0,34 -0,32 0,06 0,01 -0,1910.03.2020 -0,36 -0,37 -0,38 -0,35 -0,34 -0,14 0,19 0,08 0,01 -0,1311.03.2020 -0,37 -0,38 -0,40 -0,36 -0,35 -0,14 0,19 0,08 0,02 -0,1513.03.2020 -0,16 -0,27 -0,25 -0,25 -0,26 -0,04 0,45 0,18 0,06 -0,03

*) In Jahren. Die in die Berechnung einbezogenen Papiere haben Restlaufzeiten von einem halben Jahr weniger biszu sechs Monaten mehr als die angegebenen vollen Jahre. – Berechnung vom 31. Oktober 1995 an mit Stückzinsen.

EZB-DatenEZB-Zinsen (ab 16.03.2016)Spitzenrefinanzierung 0,25 %Einlagefazilität –0,50 %Hauptrefinanzierung 0,00 %Mindestreserve (Verzinsung) 0,00 %Hauptrefinanzierungsgeschäft (Refis)7 Tage (fällig 11.03.) 2.163 Mio.; 91 Tage (fällig30.01.) 592 Mio.; 91 Tage (fällig 27.02.)1.423 Mio.; 98 Tage (fällig 26.03.) 2.282 Mio.Wachstum Euro-Geldmenge M 3Jahresrate 01/2020 5,20 %3 Monats Durchschnitt 01/2020-01/2020 5,20 %Referenzwert für das Geldmengenwachstumder 3 Monats-Jahresrate 4,50 %Notenumlauf im Euro-Raumzum 06.03.2020: 1280 Milliarden Euro.Euro-Inflationsrate 1,20 %

New Yorker GeldmarktUSA Primerate 4,25 %

USA Tagesgeld 1,10 %

Treasury Bills in %

3 Monate 0,33; 6 Monate 0,37; 1 Jahr 0,39;

Renten-Indizes12.03.20 13.03.20Schluss Schluss Rendite

Rex-Gesamt 152,1416 146,4343 -0,7571Rex-Performance 521,7004 502,1216 -0,7571

11.03.20 12.03.20FAZ-Anleihen 118,2700 117,3300 –

Umsätze der dt. Börsealle Kurswert Anteil in %Börsenplätze in Mio. Euro Xetra Parkett

12.03. 13.03. Ffm

Aktien im Dax 30 13081 11124 98,37 0,48Aktien im M-Dax 2217 2021 98,39 0,48Aktien im Tec-Dax 3396 2865 98,26 0,54Terminmarkt (Stand: 22.05 Uhr) P-C-Ratio: 1,50Aktienoptionen Put: 4253694 Call: 2831891

Leitzinsen im AuslandDänemark 0,00 % (Diskont); Großbritannien 0,25% (Repo-Satz); Japan -0,10 % (Diskont); Kanada1,25 % (Diskont); Norwegen 1,00 % (DepositeRate); Schweiz -0,75 % (Leitzins); Schweden 0,00% (Pensionssatz); USA 1,25 % (Federal FundRate);

Devisenkurse für 1 Euro 13.03.20 Notenpreise für 1 EuroInterbk.kurse (22 Uhr) EZB aus Sicht der Bank

Geld Brief kurs Währung Ankauf Verkauf

1,1106 1,1108 1,1104 Am. Dollar* 1,0511 1,18351,7947 1,7957 1,7684 Austr. Dollar* 1,6714 1,88175,3933 5,4013 5,2042 Bras. Real* 4,9672 6,67050,9046 0,9048 0,8907 Brit. Pfund* 0,8462 0,92041,9557 1,9707 1,9558 Bulg. Lew* 1,7311 2,17127,7741 7,7941 7,7587 Chin. Yuan* 6,7402 9,11737,4728 7,4731 7,4732 Dän. Krone* 7,1303 7,88888,6261 8,6311 8,6255 Hongk. Dollar* 7,3446 10,14781,930 82,090 81,8765 Indische Rupie

149,710 150,550 Isländ. Krone 135,970 173,660119,920 119,950 119,110 Jap. Yen* 112,960 127,1001,5323 1,5329 1,5389 Kan. Dollar* 1,4678 1,62787,5698 7,5768 7,563 Kroat. Kuna 6,1573 9,308524,344 24,359 23,7835 Mex. Peso* 19,4267 28,03621,8295 1,831 1,812 Neus. Dollar* 1,5445 2,115

11,1285 11,1315 11,0966 Norw. Krone* 10,797 11,8124,3756 4,3776 4,357 Poln. Zloty* 3,9054 5,00564,8244 4,8294 4,8213 Rumä. Leu*

80,4344 80,4434 80,7385 Russ. Rubel* 72,905 91,10910,784 10,787 10,8453 Schw. Kron.* 10,4023 11,55231,056 1,0563 1,0608 Schw. Franken* 1,0177 1,0982

1,5709 1,5724 1,5684 Sing. Dollar* 1,389 1,829418,0732 18,0832 17,9235 Südaf. Rand* 16,2565 20,246532,5444 35,0444 Taiwan Dollar 25,2382 41,576535,304 35,374 35,244 Thail. Baht* 28,190 41,36826,285 26,305 26,042 Tsch. Krone* 22,419 28,8457,0312 7,0342 6,985 Türk. Lira* 6,6445 7,383

338,140 338,340 338,880 Ungar. Forint* 285,440 415,840* Interbankenkurse von der Commerzbank, Notenpreise der Deutschen Bank

Intern. Devisenmärkte Anleihen

Intern. WarenmärkteTitel Vortag aktuell ± %

TR/J CRB 150,67 149,50 –0,78S&P GSCI Index (Spot) 300,45 298,40 –0,68DAXglobal® Gold Miners 214,35 199,67 –6,85American Gold Bugs (HUI) 204,76 181,99 –11,12Gold, Spot (€/Unze) 1411,1 1378,6 –2,31Gold, New York ($/Unze) 1590,3 1528,9 –3,86Silber, NY ($/Unze) 16,01 14,69 –8,25Kupfer, NY ($/lb) 2,47 2,49 +0,85

Schalterpreise 12.03.2020 13.03.2020in Euro Ankauf Verkauf Ankauf Verkauf

Barrengold 1kg 46350,00 47090,00 45230,00 45990,00Barrengold 10g 457,30 491,30 446,10 480,301/1 Nugget/Maple/Krüger 1424,00 1505,30 1389,50 1470,201/2 Nugget/Maple/Krüger 711,80 776,70 694,50 758,701/4 Nugget/Maple/Krüger 353,40 397,60 344,70 388,401/10 Nugget/Maple/Krüger 138,10 164,70 134,60 160,901/1 Britannia/Eagle/Philh. 1424,00 1505,30 1389,50 1470,201/2 Britannia/Eagle/Philh. 711,80 784,00 694,50 765,801/4 Britannia/Eagle/Philh. 353,40 401,30 344,70 392,001/10 Britannia/Eagle/Philh. 138,10 166,10 134,60 162,3020-Mark-Stück 326,84 408,98 318,81 399,52Vreneli 258,80 288,19 252,42 281,55Sovereign (neu) 327,08 361,04 319,04 352,701 Dukaten Österreich 150,97 180,72 147,19 176,5920 Pesos Mexiko 661,62 753,01 645,50 735,52Barrensilber 1kg* – – – –Platin Koala 711,80 1035,47 665,45 980,32

Stand 11.30 Uhr Quelle: Deutsche Bank, *Philoro Edelmetalle

Münzen, Barren

Kurse in Euro

Heimatbörse Frankfurt

52Wochen 12.3. 13.3. 13.3. Ver.

Vergleich Dividende Schluss Schluss Schluss in %

3M Co. 1,47$4x 133,58 141,68 121,62 +2,0American Express 0,43$4x 83,53 99,60 81,84 +8,7Apple Inc. 0,77$4x 248,23 278,03 233,25 +2,0Boeing Co. 2,06$4x 154,84 170,20 150,02 +3,5Caterpillar Inc. 1,03$4x 92,26 99,64 84,28 +1,5Chevron Corp. 1,29$4x 76,26 83,42 69,63 +4,1Cisco Systems 0,35$4x 33,20 37,66 30,81 +0,1Coca Cola Co. 0,41$4x 47,16 48,20 42,73 +0,8Disney Co. 0,88$1x 91,81 102,52 86,54 +3,0Dow Inc. 0,70$4x 23,67 25,69 21,59 –3,7Exxon Mobil Corp. 0,87$4x 37,18 38,12 32,90 –5,4Goldman Sachs 1,25$4x 150,68 177,17 146,04 +2,8Home Depot 1,50$4x 190,59 205,66 173,00 –2,0IBM 1,62$4x 102,81 107,95 94,22 +1,9Intel Corp. 0,33$4x 45,54 54,38 44,41 +4,2Johnson & Johnson 0,95$4x 125,41 134,29 116,54 –1,7McDonald’s 1,25$4x 170,13 177,13 154,36 –1,3Merck & Co. 0,61$4x 74,45 76,75 67,80 +1,5Microsoft 0,51$4x 139,06 158,83 130,44 +1,8Morgan (J.P.) 0,90$4x 88,05 103,91 85,82 +3,6Nike 0,25$4x 74,20 75,58 67,05 +0,4Pfizer 0,38$4x 30,02 32,71 28,70 +4,0Procter & Gamble 0,75$4x 101,84 114,07 99,40 +5,9Travelers Comp. 0,82$4x 102,18 107,42 98,00 +5,5United Technologies 0,74$4x 102,50 105,40 96,54 +9,6UnitedHealth 1,08$4x 250,41 272,04 219,80 –5,7Verizon 0,62$4x 51,20 54,17 46,30 +0,5VISA 0,30$4x 160,08 175,83 151,68 +4,2Walgreens Boots 0,46$4x 41,02 46,19 38,16 +4,1Walmart Inc. 0,53$4x 104,05 114,10 94,00 –2,1

UnternehmensanleihenZins- 13.03. 13.03.

Zins Laufzeit termin Schluss Rend.

2,25 Adidas 14/26 8.10. 107,27 1,09572 BASF SE 12/22 5.12. 104,75 0,24464,5 Bilfinger 19/24 14.6. 101,00 4,23311 BMW 16/22 15.2. 100,45 0,76232,177 BP 14/21 28.9. 102,20 0,72725,17 Coba 12/28 6.12. 125,26 1,98574 Coba 17/27 30.3. 101,62 3,73353,125 Continental 13/20 9.9. 100,94 1,14441,875 Daimler 14/24 8.7. 101,63 1,48102 Dt. Bahn 12/23 20.2. 105,07 0,26012,375 Dt. Bank 13/23 11.1. 102,28 1,54151,625 Dt. Börse 10/25 8.10. 109,17 -0,02302,875 Dt. Post 12/24 11.12. 113,32 0,05720,625 Dt. Telekom 17/24 13.12. 99,25 0,78671,875 Evonik 13/20 8.4. 99,98 2,15885,25 EWE 09/21 16.7. 107,17 -0,12705,875 Fraport 09/29 10.9. 136,00 1,72582,875 Fresenius 13/20 15.7. 98,13 8,92792,125 Fresenius 17/27 1.2. 103,54 1,57758 Heid. Druck 15/22 15.5. 58,01 –7,5 Heid.Cem. 10/20 3.4. 99,70 14,40191,5 Heid.Cem. 16/25 7.2. 99,50 1,60683,875 Hochtief 13/20 20.3. 99,79 –2,3 ING-DiBa 12/20 3.4. 100,10 0,14393 JP Morgan 14/26 19.2. 109,78 1,27583 K+S 12/22 20.6. 88,75 8,68352,625 Lanxess 12/22 21.11. 105,59 0,52070,25 Lufthansa 19/24 6.9. 90,10 2,62462,125 Nestlé 13/21 10.9. 102,65 0,33352,375 Peugeot 16/23 14.4. 100,00 2,37436,5 RWE 09/21 10.8. 108,90 0,12611 SAP SE 15/25 1.4. 102,60 0,47683,25 Schaeffler 15/25 15.8. 98,76 3,54501,75 Siemens 13/21 12.3. 101,55 0,17273,125 Talanx 13/23 13.2. 107,25 0,60373,961 Telefonica 13/21 26.3. 102,69 1,30042,75 ThyssenKr. 16/21 8.3. 96,50 6,56442,875 Vier Gas 13/25 12.6. 112,79 0,40224,625 VW 14/26/unb. 24.3. 98,00 –1,75 Würth 13/20 21.5. 100,35 -0,2167

Öffentliche Anleihen6,25 Bund v. 94/24 4.1. 127,47 -0,83295,625 Bund v. 98/28 4.1. 150,84 -0,69455,5 Bund v. 00/31 4.1. 168,13 -0,58991,5 Bund v. 13/23 15.5. 107,80 -0,91952 Bund v. 13/23 15.8. 110,05 -0,88781,75 Bund v. 14/24 15.2. 110,41 -0,85311,5 Bund v. 14/24 15.5. 110,00 -0,85132,5 Bund v. 14/46 15.8. 176,82 -0,29310,5 Bund v. 15/25 15.2. 106,57 -0,80510,5 BLSA Nr.47 15/25 5.2. 103,63 -0,23743,75 Hessen 11/21 12.4. 104,52 -0,45000,375 Hessen 16/26 6.7. 103,93 -0,24301,25 NRW 14/25 14.3. 108,25 -0,38383,375 KfW 11/21 18.1. 103,31 -0,54402,125 KfW 13/23 15.8. 108,96 -0,47151,25 KfW 16/36 4.7. 121,30 -0,0511

Benchmark-Anleihen12.03. 13.03. 13.03. 30.12.19

Laufzeit Rend. Rend. Kurs Rend.

Deutschland2 Jahre -0,94 -0,93 101,86 -0,625 Jahre -0,88 -0,79 104,08 -0,4810 Jahre -0,74 -0,59 106,00 -0,1830 Jahre -0,42 -0,24 107,44 0,32Frankreich2 Jahre -0,72 -0,68 101,34 -0,595 Jahre -0,44 -0,35 101,77 -0,3010 Jahre -0,19 -0,01 100,13 0,1130 Jahre 0,38 0,59 124,99 0,92Großbritannien2 Jahre 0,17 0,24 100,60 0,585 Jahre 0,21 0,29 101,72 0,6510 Jahre 0,25 0,37 146,06 0,7730 Jahre 0,63 0,84 123,40 1,35Japan2 Jahre -0,23 -0,21 100,61 -0,135 Jahre -0,21 -0,14 101,14 -0,1310 Jahre -0,07 -0,02 101,15 -0,0230 Jahre 0,30 0,32 102,17 0,41USA2 Jahre 0,44 0,51 101,20 1,595 Jahre 0,56 0,67 102,20 1,7010 Jahre 0,79 0,98 104,91 1,9230 Jahre 1,43 1,55 110,83 2,39

Renditen/KreditzinsenUmlaufrendite der Bundesanleihen13.03.2020 (12.03.20) -0,68 % (-0,83 %)3 bis 5 Jahre -0,91 % (-1,00 %)5 bis 8 Jahre -0,79 % (-0,92 %)8 bis 15 Jahre -0,65 % (-0,82 %)15 bis 30 Jahre -0,42 % (-0,62 %)Spareinlagen (3 M Kündigungsfr.): ca. 0,02 %*Private Dispositionskredite etwa 9,28 %*Sparbriefe1 Jahr 0,13 %*2 Jahre 0,18 %*3 Jahre 0,27 %*4 Jahre 0,31 %*5 Jahre 0,42 %*Festgeld bis 5 000 Euro1 Monat 0,09 %*3 Monate 0,09 %*6 Monate 0,10 %*1 Jahr 0,11 %*Ratenkredite bis 5 000 Euro3 Jahre, effektiv etwa 3,75 %*5 Jahre, effektiv etwa 3,93 %*Ratenkredite bis 10 000 Euro3 Jahre, effektiv etwa 3,74 %*5 Jahre, effektiv etwa 3,90 %*

Hypothekarkredite auf Wohngrundstücke (effektiv,100 % Auszahlung): Fest 5 Jahre 0,65 %*; Fest 10Jahre 0,64 %*. *ungefähr: Zinssätze sind instituts-abhängigEurolibor/Libor vom 12.03.2020Euro 3 Mon. -0,5214 6 Mon. -0,4729Dollar 3 Mon. 0,7405 6 Mon. 0,7379Basiszins nach § 247 BGB (01.01.2020) –0,88 %

Terminkontrakte12.03.20 13.03.20Schluss Schluss

Euro-Bund-Future 176,32 173,40Euro-Bobl-Future 136,55 135,75DAX-Future 8987,00 9630,00S&P500-Future 2456,00 2655,20

in Prozent 12.03. 13.03.

Eonia1 Woche -0,480 -0,4701 Monat -0,490 -0,4803 Monate -0,520 -0,5006 Monate -0,550 -0,52012 Monate -0,590 -0,560

Quelle: DZ Bank AG

Swaps

Zum Abschluss einer der schwärzesten Börsenwo-chen der Geschichte hat die Aussicht auf staatli-che Konjunkturstützen Europas Anleger aus derDeckung gelockt. Dax und Euro Stoxx 50 legtenam Freitagnachmittag um 0,8 Prozent auf 9232 be-ziehungsweise 4 Prozent auf 2646 Punkte zu. DerWochenverlust am deutschen Aktienmarkt betrugdamit aber immer noch rund 24 Prozent. Der be-sonders gebeutelte europäische Touristik-Sektorgewann mehr als fünf Prozent. Aktien der Lufthan-sa stiegen an die Dax-Spitze und lagen teils sogarum 20 Prozent im Plus. Deutsche Bank, die amDonnerstag rund 18 Prozent verloren, legte 4 Pro-zent auf 5,17 Euro zu. Auch an den Rohstoffmärk-ten zogen die Preise wieder an. Die Öl-Sorte Brentverteuerte sich um 6,7 Prozent auf 35,46 Dollar jeBarrel (159 Liter). Der Preis für das Industrieme-

tall Kupfer stieg um 2,2 Prozent auf 5558 Dollar jeTonne. Wegen der Stabilisierung der Aktienmärk-te zogen sich einige Investoren aus den „sicherenHäfen“ Bundesanleihen zurück. Dadurch stieg dieRendite der zehnjährigen Titel auf minus 0,574von minus 0,740 Prozent.

An der Wall Street standen die Zeichen am Frei-tag noch mehr auf Erholung. Der Dow Jones In-dustrial rückte um beachtliche 9,4 Prozent auf23 186 Punkte vor. Innerhalb einer Woche lief fürden Dow gleichwohl ein Verlust von mehr als 10Prozent auf. Der S&P 500 erholte sich um 9,3 Pro-zent auf 2711 Punkte. Für den Nasdaq 100 ging esum 10,1 Prozent auf 7995 Punkte aufwärts. In NewYork wechselten knapp 2 Milliarden Aktien denBesitzer, 3345 Werte legen zu, 759 gaben nachund 65 blieben unverändert. fne.

Börsen erholen sich von schwarzer Woche

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Page 29: Frankfurter Allgemeine Zeitung - 14 03 2020

FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG SAMSTAG, 14. MÄRZ 2020 · NR. 63 · SEITE 29Fonds

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Deka Intern. (Lux.) (Deka-Gruppe)1822 Str.Cha.Pl. € 100,92 / 97,04–18,53

1822 Str.Chance € 71,66 / 69,24–12,791822 Str.Ert.Pl. € 47,21 / 46,06 –4,601822 Str.Wachstum € 52,00 / 50,49 –7,731822-Struk. Ertrag € 43,19 / 42,34 –2,58BasisStr.Renten CF € 102,93 / 101,91 –1,56BasisStr.Renten TF € 1321 / 1321 –1,57BasisStrat Re.TF A € 95,31 / 95,31 –1,57Berol.Ca.Chance € 51,52 / 50,02–10,84Berol.Ca.Premium € 58,28 / 56,31–18,29Berol.Ca.Sicherh. € 43,15 / 42,10 –4,35Berol.Ca.Wachst. € 39,64 / 38,58 –8,23DekaDeNebenwerte CF € 163,70 / 157,78–28,12DEKA-E.AKT.SPEZ.CF € 101,19 / 97,53–25,29Deka-Eu.Stocks CF € 32,15 / 30,99–26,87DekaEuAktSpezAV € 97,76 / 97,76–25,29DekaEuAktSpezCF(A) € 142,32 / 137,18–25,38Deka-Europa Neb AV € 98,28 / 98,28–28,13Deka-EuropaVal.TF € 38,48 / 38,48–25,62Deka-FlexZins CF € 970,63 / 965,80 –0,27Deka-FlexZins TF € 967,41 / 967,41 –0,27DekaGlobAktLRCF(A) € 161,18 / 155,35–18,82Deka-Indust 4.0 CF € 120,90 / 116,53–21,79Deka-Indust 4.0 TF € 113,92 / 113,92–21,84Deka-Inst Zielk CF € 990,98 / 988,51 –0,05Deka-Inst Zielk TF € 988,36 / 988,36 –0,05Deka-Mul Asset Ert € 97,39 / 96,43 –1,60Deka-NachhAkt CF € 156,65 / 150,99–19,51Deka-NachhRent CF € 130,68 / 127,49 –3,43Deka-RentEu1-3CF A € 1095 / 1068 –0,68HMI Chance € 51,36 / 49,86–20,93HMI Chance+ € 48,40 / 46,76–23,01HMI Ertrag+ € 38,43 / 37,68 –5,81HMI Wachstum € 43,27 / 42,21 –9,57Köln Str.Chance € 53,84 / 52,78–11,75Köln Str.Ertrag € 44,77 / 43,89 –4,70Köln Str.Wachstum € 42,52 / 41,69 –7,79KölnStr.Chance+ € 42,67 / 41,83–18,53Naspa Str.Chan.Pl. € 89,25 / 87,50–18,15Naspa Str.Chance € 46,81 / 45,89–13,47Naspa Str.Ertrag € 47,12 / 46,20 –5,10Naspa Str.Wachstum € 44,87 / 43,99 –8,71UnterStrat Eu CF € 98,45 / 94,89–24,58Wandelanleihen CF € 70,95 / 68,88–11,88Wandelanleihen TF € 65,50 / 65,50–11,92

DWS Co.Kaldemorgen € 144,20 / 136,99–12,03DWS Cpt DJE Gl Akt €* 275,51 / 262,39–19,87DWS Deutschland €* 170,80 / 162,66–34,88DWS ESG Investa €* 127,90 / 121,81–34,05DWS Europ. Opp LD €* 290,11 / 276,29–29,82DWS Glbl Value LD €* 215,20 / 204,95–29,19DWS Inv.EURSMC LC € 194,85 / 185,10–34,07DWS Inv.Gl Grow LC € 95,95 / 95,95 –7,93DWS Mlt Asst Inc Kont€* 94,99 / 91,33–12,24DWS Multi Oppor FC €* 234,12 / 234,12–12,66DWS Stiftungsf. €* 47,14 / 45,76 –7,89DWS Top Asien €* 164,89 / 158,54–16,82DWS Top Dividen LD €* 114,27 / 108,83–19,61DWS Top Europe €* 124,31 / 119,52–27,27DWS Vermbf.I LD €* 161,96 / 154,24–22,49DWS VermMan-Bal €* 115,76 / 111,31–12,61DWS VermMan-Def €* 103,33 / 100,32 –5,75DWS VermMan-Dyn €* 119,85 / 114,14–17,83DWS Zinseinkommen €* 103,85 / 100,82 –1,77FOS Rend.u.Nachh. €* 112,98 / 109,68 –8,66Global Hyb Bd LD €* 39,98 / 38,81 –5,89Multi Cred USD LD $ 108,45 / 105,20 –3,70Qi LowVol Europe LC €* 117,66 / 112,05–22,33Offene Immobilienfondsgrundb. europa IC: € 41,59 / 39,61 –0,15grundb. europa RC € 41,51 / 39,53 –0,20grundb. Fok Deu RC € 55,59 / 52,94 0,13grundb. Fokus D IC: € 55,87 / 53,21 0,17grundb. global IC: € 55,69 / 53,04 –0,26grundb. global RC € 55,32 / 52,69 –0,30

www.dje.lu I [email protected]. 00352 26925220DJE - Concept PA € 110,95 / 105,67–11,99DJE Gold&Stabfd PA F 116,59 / 111,04 –8,63DJE-Ag&Ernährung PA € 123,20 / 117,33–22,70DJE-Alpha Glob PA € 215,71 / 207,41–16,21DJE-Asia Hi Div PA € 184,13 / 175,36–15,51DJE-Div&Sub P € 377,30 / 359,33–17,81DJE-Europa PA € 284,85 / 271,29–24,55DJE-Gold&Ressou PA € 116,75 / 111,19–18,32

TEM Gr.(Eur) Ad €* 14,32 / 13,57–19,47

[email protected] Comf.Bal. € 136,95 / 131,68 –9,71Gothaer Comf.Dyn. € 135,63 / 129,17–14,35Gothaer Comf.ErtT € 128,88 / 125,13 –4,15Gothaer Mlt Sel A € 129,13 / 124,16 –8,56

Gutmann KapitalgesellschaftPRIME Val Growth T € 133,76 / 127,39 –8,89Prime Values Inc T € 134,55 / 130,63 –5,76

HANSAINVESTantea - R € 88,47 / 84,26–11,82Eff-Spiegel Aktien € 83,81 / 79,82–20,02Eff-Spiegel AnlMix € 94,07 / 89,59 –9,57HANSAertrag € 28,86 / 27,88 –7,06HANSAsmart Sel G € 45,56 / 43,39–16,55NAT-B Div Deutschl € 37,77 / 35,97–23,07OLB Zinsstrategie € 73,67 / 72,94 –3,88Strat Welt Secur € 19,42 / 19,04–10,40Strat Welt Select € 19,74 / 18,80–11,82TBF Gl Technol $ R $* 105,76 / 100,72 –8,51TBF SM. POWER € R €* 37,91 / 36,10–17,34

HANSAINVEST LUX S.A.Interbond € 111,51 / 107,74 0,43

www.hauck-aufhaeuser.comAW Stks AlphPls OP € 46,52 / 44,30 –1,74ERBA Invest OP € 33,76 / 32,15 –4,87EuroSwitch Bal.Pf. € 56,26 / 53,84 –7,20EuroSwitch Subst. € 60,54 / 57,66–11,59EuroSwitch WldProf.OP€ 61,19 / 58,28–17,14FFPB Multitre Flex € 9,95 / 9,48 –9,19

H&A Akt.Sm.Cap EMU € 96,34 / 91,75–19,10H&A Dynamik Plus B € 93,29 / 88,85–15,58H&A Rend. Pl. CI € 114,14 / 110,28 –6,64H&A Renten Gbl € 126,56 / 124,08 –1,37H&A Untern. Eur. € 122,29 / 116,47–17,42H&A Wandel.Eur. A € 76,26 / 74,04–11,86MB Fd Max Value € 101,65 / 96,81–26,21MB Fund Flex Plus € 58,42 / 57,84 –4,51MB Fund Max Global € 72,79 / 69,32–15,05MB Fund S Plus €* 122,30 / 116,48–25,31Millen Glb Opp P € 226,19 / 219,60–12,68PTAM Bal. Pf. OP € 60,61 / 57,72–10,63PTAM Def.Portf.OP € 59,15 / 56,33 –8,31

Telefon +49 89 287238-0www.hellerich.de, [email protected] A € 711,22 / 677,35 –9,33Sachwertaktien A € 166,94 / 158,99–16,94

www.hwb-fonds.com | [email protected] +49 651 1704 301 | +352 48 30 48 30HWB Alex.Str.Ptf R €* 77,70 / 74,00 –2,89HWB Alex.Str.Ptf V €* 77,73 / 74,03 –2,88HWB DfdsV.V.Vici R €* 58,76 / 57,05 –0,16HWB DfdsV.V.Vici V €* 58,76 / 57,05 –0,14HWB Europe Pf. €* 4,58 / 4,36 –0,46HWB Glb.Conv.Plus €* 87,47 / 84,92 –4,71HWB Inter.Pf. €* 4,67 / 4,45 1,65HWB Pf. Plus CHF F* 65,68 / 62,55 –1,62HWB Pf. Plus R €* 96,51 / 91,91 –0,99HWB Pf. Plus V €* 96,48 / 91,89 –1,00HWB Vict.Str.Pf. R €* 1301 / 1239 0,62HWB Vict.Str.Pf. V €* 1302 / 1240 0,62HWB Wdelan + R €* 48,61 / 47,19 –4,42HWB Wdelan + V €* 48,62 / 47,20 –4,42

IFM Independent Fund Management AGACATIS FV Akt.Gl. €* 211,24 / 201,18–18,20

INKA Intern. KapitalanlagegesellschaftAktien Welt € 39,99 / 38,09–22,29DuoPlus V €* 82,54 / 82,54–13,73HiYld Spez INKA €* 9741 / 9277 –6,07INKA Tertius €* 1127 / 1053–27,04StSk. Dü. Abs. Ret. €* 116,73 / 111,17 –5,14

www.ipconcept.com I Die Fonds-DesignerME Fonds PERGAMONF€ 576,58 / 549,12–17,29ME Fonds Special V € 2403 / 2288–16,99Multiadv-Esprit € 122,81 / 116,67–15,27Multiadv-Priv. Inv € 302,44 / 288,04–13,78

Deka Immobilien InvestmentDeka Immob Europa € 49,09 / 46,64 0,24Deka Immob Global € 57,24 / 54,38 0,17Deka-Immob Nordam. $ 56,23 / 54,20 0,15WestInv. InterSel. € 50,02 / 47,52 0,21

Deka-Vermögensmanagement GmbHDeka-BasAnl Def € 96,72 / 96,72 –0,27Deka-BasAnl Z A100 € 94,30 / 92,45 –7,84Deka-BasisAn D A30 € 99,53 / 97,58 –4,23Deka-BasisAn D A50 € 99,18 / 96,29 –6,37Deka-BasisAn D A70 € 99,31 / 95,49 –7,79Deka-BasisAnl A100 € 152,41 / 145,15–17,53Deka-BasisAnl A20 € 103,57 / 101,54 –3,21Deka-BasisAnl A40 € 109,11 / 105,93 –3,21Deka-BasisAnl A60 € 115,67 / 111,22 –6,04Deka-MM ausgew CF € 102,08 / 98,87 –7,95Deka-MM defensiv CF € 101,72 / 98,76 –7,03Deka-PB Wert 4y € 107,50 / 104,88 –2,02Deka-PfSel ausgew € 92,07 / 89,39–12,44Deka-PfSel dynam € 88,51 / 85,93–17,41Deka-PfSel moderat € 94,31 / 92,46 –7,90DekaStruk.5Chance € 143,79 / 140,97–12,61DekaStruk.5Chance+ € 208,18 / 204,10–19,12DekaStruk.5Ertrag € 99,02 / 97,08 –2,48DekaStruk.5Ertrag+ € 101,40 / 99,41 –4,37DekaStruk.5Wachst. € 104,71 / 102,66 –7,52Hamb Stiftung D € 908,27 / 890,46 –8,35Hamb Stiftung I € 839,76 / 823,29 –8,35Hamb Stiftung P € 84,88 / 81,62 –8,37Hamb Stiftung T € 105,13 / 101,09 –8,37Haspa TrendKonz P € 96,28 / 92,58 –2,35Haspa TrendKonz V € 101,58 / 97,67 –2,32Keppler Gl Val-Inv € 27,41 / 26,10–25,27Keppler-EmMkts-Inv € 30,85 / 29,38–21,66LBBW Bal. CR 20 € 43,10 / 42,25 –5,39LBBW Bal. CR 40 € 46,24 / 45,33 –8,57LBBW Bal. CR 75 € 51,15 / 50,15–13,86LING-ASIEN-SYS-INV € 78,28 / 74,55–21,96Priv BaPrem Chance € 118,14 / 111,45–15,37Priv BaPrem Ertrag € 51,94 / 49,94 –1,78

www.dws.de I Tel. 069 - 91 01 23 [email protected] I Fax 069 - 91 01 90 90Deut.Inv.China Bds € 116,39 / 112,90 0,46Deut.Inv.EMC LC $ 159,46 / 154,67 –4,22Deut.Inv.Gl.B.LDHP € 90,29 / 87,58 –2,83Deut.Inv.I Conver. € 164,56 / 159,62 –9,27Deut.Inv.I EU B Sh € 149,25 / 144,77 –1,05Deut.Inv.I EU CO B € 167,07 / 162,06 –3,49Deut.Inv.I Top Div € 188,33 / 178,92–22,43Deut.Inv.I Top Eu. € 172,33 / 163,71–29,19Deut.Inv.IGlblEqLC € 226,13 / 214,82–20,93Deut.Inv.IH.YLD C. € 149,08 / 144,61 –9,59Deut.Inv.II EuT.Di € 138,69 / 131,75–27,35Deut.Inv.II UST.Di € 183,35 / 174,19–23,72DI LowVol Wld LC € 117,25 / 111,39–19,45Dt Float R.Nts LC €* 84,27 / 83,43 –0,83DWS Akkumula €* 1121 / 1068–22,32DWS Akt.Strat.D €* 318,32 / 303,15–35,03DWS ALPHA Rent.Gl. €* 129,85 / 127,30 –1,87

DJE-Mittel&Innov PA € 131,60 / 125,33–22,54DJE-Renten Glob PA € 144,14 / 141,31 –0,10DJE-Sht Term Bd PA € 115,25 / 114,11 –1,31DJE-Zins&Divid PA € 143,25 / 137,74 –8,48D-RentSp EM 3/2021 € 100,22 / 98,74 –2,70LuxTopic-Akt Eu B € 1034 / 1034 –5,55

www.ethenea.comTelefon 00352-276921-10Ethna-AKTIV A € 133,03 / 129,16 –4,74Ethna-AKTIV T € 139,68 / 135,61 –4,72Ethna-DEFENSIV A € 136,68 / 133,35 –2,37Ethna-DEFENSIV T € 168,39 / 164,28 –2,37Ethna-DYNAMISCH A € 76,26 / 72,63–10,62Ethna-DYNAMISCH T € 79,25 / 75,48–10,62

First Private Invest. Manag. KAG MBHFP Aktien Global A €* 84,89 / 80,85–22,44FP EuroAkt.Staufer €* 70,70 / 67,33–23,82FP Europa Akt.ULM €* 64,97 / 61,88–22,79FP Wealth B €* 67,37 / 65,41 –7,78

www.flossbachvonstorch.deTel. +49 221 33 88 290Bond Opport R € 136,45 / 132,48 –1,19Curr Diversif Bd R € 98,26 / 95,40 –2,98Der erste Schritt R € 109,79 / 108,70 –1,53Dividend R EUR € 138,14 / 131,56–16,79Fundament RT € / 159,24–17,49Global Conv Bond R € 144,53 / 137,65 –5,24Global Quality R € 193,44 / 184,23–17,52MuAsset-Balanced R € 156,03 / 148,60 –7,92MuAsset-DefensiveR € 133,22 / 129,34 –5,16MuAsset-Growth R € 171,54 / 163,37–10,01Multiple Opp II R € 139,58 / 132,93 –9,38Multiple Opp R € 253,81 / 241,72 –9,30

Fonds Direkt SicavSkyline Dynamik € 147,79 / 147,79–19,97

www.franklintempleton.de I [email protected] I Tel. 0800 / 073 80 02FRK Gl.Fd.Stra.A d €* 9,41 / 8,92–16,80FRK India Fd. A d €* 50,53 / 47,88–18,66FRK Mut.Europ. A a €* 14,39 / 13,63–26,71TEM East.EuropeA a €* 18,74 / 17,76–30,37TEM Em.Mkts Bd A d €* 5,33 / 5,17 –2,95TEM Front.Mkts.A a $* 14,07 / 13,33–18,08TEM Gl.Bd. A d €* 14,92 / 14,47 –4,48TEM Gl.Tot.Ret AYd €* 7,20 / 6,98 –2,49TEM Gr.(Eur) Aa €* 14,37 / 13,62–19,45

EnT Gl Alt Inc Str A €* 92,57 / 92,57 –3,74LM BW GlIncOpt A € €* / 102,94 0,17LM RARE EM Infr X€ €* / 69,20–18,60LM WA EM LCDpt AU$$* / 90,44 –1,11LM WA Gl HY A Euro €* / 101,98–10,24MC As L-T Unc M€da € / 14,22–18,58MC Eur.Abs.a A (PF) € / 89,09–17,44QS Em Mk Eq At €* / 83,85–19,30QS MV EuEq GIF At €* / 137,14–21,55QS MV GlEq GIF At $* / 138,11–17,75QSInvMA EUBl Aa(A) €* / 98,68–12,10QSInvMA EuConAa(A) €* / 100,14 –8,78QSInvMA EUPrfAa(A) €* / 97,35–14,77QSMV APexJ EqGIFAt €* / 107,92–12,91RARE Infr Val A€A €* / 9,55–20,31Roy.USSCapOp At $* / 118,04–29,77Royce US SmCo At $* / 122,76–26,58WA Asian Op At €* / 224,01 –3,43WA ECore+Bd Aa(D) €* / 109,43 –0,80WA Em Mk TRB At H €* / 126,80 –4,56WA EmMkt CorpBd At $* / 107,67 –3,72WA Eur HY A a(D) €* / 92,44 –7,47WA Gl Credit At(H) €* / 124,71 –1,29WA Gl M St Aa(M) H €* / 79,92 –5,12WA GlCore+Bd Aa(A) $* / 104,03 –1,00WA Inf.M. Aa(A) $* / 119,20 –3,79WA Macro OpBd Aa €* / 97,84–12,82WA Multi-Asset Cr. A €* / 96,63 –6,71WA ShD BChip At H €* / 97,58 –0,72WA ShD HI BF AtH €* / 123,92 –6,90WA US Cor+Bd At $* / 160,40 –1,87WA US CorBd At $* / 143,34 –0,62WA US Gov.Liq A $* / 109,59 0,07WA US HY Aa(D) $* / 71,33 –7,62Weitere Anteilsklassen und Fonds unterwww.LeggMason.de

LRI Invest S.A.Gul.Dem.Sicherheit €* 111,79 / 109,06 –6,73Gul.Dem.Wachstum €* 123,08 / 123,08–10,95LBBW Alpha Dyn. T €* 49,07 / 46,73–19,14LBBW Bond Sel. T €* 65,99 / 64,07 1,51LBBW Equity Sel. I €* 81,55 / 81,55–17,75LBBW Equity Sel. T €* 72,00 / 68,57–17,78LBBW Glb.Rsk.Par.T €* 51,16 / 49,67 –5,92LBBW Opti Re. A €* 51,90 / 51,13 –1,14LBBW Opti Ret.T €* 53,15 / 52,36 –1,15M&W Capital €* 50,64 / 48,69–21,62M&W Privat C €* 118,59 / 114,03 –9,21NW Global Strategy €* 79,04 / 75,28–15,53

www.lvm.de I Tel. (0251) 70249Euro-Kurzläufer €* 28,72 / 28,63 –0,62Europa-Aktien €* 18,72 / 17,78–22,79Euro-Renten €* 37,82 / 36,69 –0,24Inter-Aktien €* 24,86 / 23,62–20,10Inter-Renten €* 36,47 / 35,38 –0,34ProBasis €* 28,82 / 27,81 –5,32ProFutur €* 25,94 / 25,03–15,81

PVV CLASSIC € 40,07 / 40,07–11,47PVV Effizienz Inv € 39,19 / 39,19–13,62PVV Untern. Plus € 46,13 / 46,13 –5,26

[email protected] I Tel. 069-7104110Leading Cities Inv € 113,20 / 107,30 0,10

www.LBBW-AM.de I [email protected]. Str. Eurol. R €* 29,73 / 28,31–27,94Multi Global R €* 94,38 / 91,63 –8,63RentaMax R €* 71,38 / 68,97 –1,68Rohstoffe 1 R €* 24,94 / 23,75–11,59RS Flex R €* 41,90 / 40,48 –1,82RW Rentenstrategie €* 118,97 / 117,79 –2,79W&W Int Rentenfds €* 54,07 / 52,19 0,91

Legg Mason Dublin FundsLegg Mason Global Funds PlcBW Gl Def. HY S(IH) €* / 87,99 –6,56BW Gl Dyn.US Eq. A $* / 103,06–21,19BW Gl Fi In Prt €* / 140,04 –7,61BW GlCredOp A €* / 107,40 2,39BW GlFixIn AbRe Ah €* / 89,22 –5,35BW GlSovCred A $* / 95,01 –5,77CB TacDivInc At $* / 95,69–20,45CB US Ag Gr At $* / 158,92–20,61CB US Appr At $* / 187,91–16,93CB US Eq Sust.L A(A) $* / 142,76–15,83CB US LCapGr At $* / 255,69–16,52CB Value At $* / 82,40–23,20

Telefon 089/2489-2489Dividende A €* 38,92 / 37,07–22,80EM Rent Nachh. €* 50,64 / 48,69 –1,90ERGO Vermög Ausgew€* 51,75 / 49,52 –8,65ERGO Vermög Flexi €* 50,36 / 47,96–10,55ERGO Vermög Robust €* 51,62 / 49,63 –5,51EuroBalance €* 53,13 / 51,09 –7,68EuroCorpRent A €* 56,99 / 55,06 –1,89EuroErtrag €* 65,29 / 63,08 –8,03EuroFlex €* 44,20 / 43,76 –1,12EuroInvest A €* 75,32 / 71,73–23,64EuroKapital €* 38,38 / 36,55–14,20EuroRent A €* 32,22 / 31,13 –0,25FairReturn A €* 56,03 / 54,40 –4,15Glb Real Est Val A €* 42,95 / 41,70GlobalBalance DF €* 62,89 / 60,47 –8,13GlobalChance DF €* 55,42 / 52,78–18,47Nachhaltigkeit A €* 89,48 / 85,22–21,40ProInvest €* 136,16 / 129,68–23,48VermAnlage Komfort €* 57,48 / 55,54 –7,23VermAnlage Ret A €* 63,88 / 61,42 –7,53

Meridio FundsGreen Balance P € 95,78 / 91,22–16,30

Metzler Asset Management GmbHRWS-Aktienfonds €* 69,21 / 65,91–16,54RWS-DYNAMIK A €* 25,84 / 24,61–17,82RWS-ERTRAG A €* 14,70 / 14,27 –6,73

MK Lux S.A.Plutos Edelm&Rohst €* 31,46 / 31,46–15,06Plutos MultiChan €* 66,07 / 66,07–15,23Plutos MultiChan I €* 104,16 / 104,16–13,81Plutos T-VEST Fund €* 46,12 / 46,12–17,33

Monega Kapitalanlageges.mbHAI Leaders €* 79,36 / 79,36–20,23ARIAD Active All I €* 80,21 / 80,21–23,10ARIAD Active All R €* 36,56 / 35,67–23,20ASVK Subst&Wachst €* 37,75 / 35,95–12,75Barmenia Nachh.Bal €* 50,55 / 49,56–10,41Barmenia Nachh.Dyn €* 49,71 / 48,74–15,62Bueno Gb. Strategy €* 45,64 / 45,64 –9,28C-QUAD Qua.Eu Fl I €* 82,24 / 82,24–14,17C-QUAD Qua.Eu Fl R €* 42,17 / 40,94–14,22C-QUAD Qua.Gl Fl I €* 85,81 / 85,81–14,72C-QUAD Qua.Gl Fl R €* 43,98 / 42,70–14,77C-QUAD QuaEuL/S I €* 90,72 / 90,72 –5,50DEVK Anlageko Re €* 50,68 / 49,69 –8,05DEVK Anlagekon RMa €* 47,50 / 46,12–17,93DEVK Anlkon RenPro €* 49,02 / 47,82–13,37Equity for Life I €* 77,14 / 77,14–21,27Equity for Life R €* 39,87 / 38,71–21,02FairInvest I €* 40,52 / 40,52–19,21FO Core plus €* 98,61 / 98,61–11,26Greiff Syst All I €* 94,23 / 94,23–12,52Greiff Syst All R €* 96,42 / 93,61–12,55Guliver Demo. In.R €* 103,46 / 98,53–17,86Guliver Demo.In.I €* 95,51 / 95,51–17,83HQAM G.Eq.DM4. (I) €* 80,98 / 80,98–20,53HQAM G.Eq.DM4. (R) €* 40,26 / 40,26–20,55Innovation I €* 43,03 / 43,03–21,63L&P Val EM SmCap I €* 37,66 / 37,66–19,05L&P Val EM SmCap R €* 38,74 / 37,61–19,09Landert Active Eq €* 42,33 / 42,33–22,74Landert Bond Opp I €* 49,37 / 49,37 –2,31Landert Bond Opp P €* 58,79 / 57,08 –2,50Lazard Global Corp €* 99,64 / 99,64 –2,28Lupus alpha R I €* 114,65 / 110,24 –3,15Lupus alpha R R €* 55,02 / 52,90 –3,28Monega BestInvEURA €* 50,43 / 48,03 –9,66Monega Chance €* 35,93 / 34,38–12,91Monega Dä.C.B.LDR €* 51,74 / 50,98 1,26Monega Dän.Co.Bds €* 102,42 / 102,42 0,35Monega Dän.Co.BdsI €* 107,04 / 107,04 1,28Monega Dän.Co.BdsR €* 51,73 / 50,97 0,33Monega Ertrag €* 59,23 / 57,23 –3,70Monega Euro-Bond €* 55,16 / 53,55 0,35Monega Euroland €* 32,20 / 31,11–24,05Monega FairInv.Akt €* 41,39 / 39,42–19,23Monega Germany €* 57,44 / 55,50–23,47Monega Glob Bond I €* 105,26 / 105,26 –1,30Monega Glob Bond R €* 52,87 / 51,08 –1,31Monega Innovation €* 54,43 / 52,59–21,65Monega Mi.&Im.F.I €* 101,18 / 100,18 0,12Monega Mi.&Im.F.R €* 51,57 / 50,07 0,06Monega Rohstoffe €* 31,15 / 29,95–19,60PRIV ETF-DAk gl(I) €* 96,06 / 96,06 –1,13Privacon ETF Akt I €* 97,27 / 97,27–18,43Privacon ETF Akt I €* 79,68 / 79,68–23,30Salomon Strategy €* 44,40 / 44,40–11,65Sentiment Ab.R.(I) €* 88,91 / 88,91 –8,82Sentiment Ab.R.(R) €* 44,30 / 43,22 –8,87Short Tra.SGB A €* 46,12 / 45,66 –0,50Sparda OptiAnAusEA €* 48,92 / 47,96 –5,91SWuK Prämienfond C €* 81,86 / 81,86–11,10Top Dividend €* 48,57 / 46,26–17,46Top Dividend T €* 54,66 / 52,06–17,55Tresono – Aktien E €* 1122 / 1122–14,62Tresono – Rent Int €* 830,71 / 830,71 –4,19VM Sterntaler €* 135,35 / 130,14 –9,62VM Sterntaler II €* 106,28 / 102,19 –9,70VM SterntalerEurol €* 104,17 / 100,16–14,72WahreWerteFonds I €* 102,42 / 102,42 –4,54WahreWerteFonds R €* 49,67 / 47,76 –4,73WGZ Corporate M R €* 100,04 / 98,56 –3,30WGZ Mittelst.-Rent. €* 96,40 / 96,40 –3,29

MultiSelectMS Welt-Aktien I €* 103,61 / 98,68–17,59

LiLux Convert €* 226,17 / 219,58 –5,65LiLux-Rent €* 219,15 / 212,77 –5,19

Nomura Asset Management DeutschlandAsia Pacific €* 139,41 / 132,77–14,10Asian Bonds €* 72,16 / 70,06 –3,75Real Protect €* 95,09 / 93,23 –1,29Real Protect R €* 93,03 / 91,21 –1,10Real Return €* 586,45 / 574,95 –0,21

am.oddo-bhf.comAlgo Global DRW-€ €* 87,53 / 83,36–21,17Basis-Fonds I €* 137,46 / 137,46 –0,54DC Value One I(t) €* 169,73 / 169,73–11,99DC Value One P(t) €* 159,37 / 151,78–11,89ETFplus Portf Balan € 61,44 / 59,65 –7,25EURO ShTm Bd FT DR€* 100,79 / 99,79 –0,90FMM-Fonds € 470,30 / 447,90–13,96FT EuroGovernm. M €* 54,36 / 52,78 –0,56KapitalPrivatPortf €* 49,61 / 47,25–10,01O.BHF € ShTe Bd FT €* 114,54 / 113,41 –0,89O.BHF AlgoEur CRW €* 237,47 / 226,16–23,49O.BHF AlgoGlob CRW €* 56,00 / 53,33–21,19O.BHF FRA EFF €* 160,79 / 153,13–22,57O.BHF Green Bd CR €* 323,65 / 314,22 1,45O.BHF MoneyMark CR €* 69,66 / 69,66 –0,04O.BHF MoneyMark DR€* 48,02 / 48,02 –0,04O.BHF MoneyMark G €* 4969 / 4969 –0,04Polaris Mod DRW-€ €* 65,20 / 63,30 –6,49Portf Opportunity € 69,97 / 66,64–10,67S&H GlobaleMaerkte €* 58,66 / 55,87–10,26Sch&Ptnr Glob Def €* 59,83 / 56,98 –7,41Schmitz&PtnrGloOff €* 50,87 / 48,45–11,51Substanz-Fonds €* 997,18 / 968,14–13,74Vermögens-Fonds €* 694,83 / 674,59–11,14Westfalicaf. Ak.Re €* 54,80 / 54,26 –9,43

ODDO BHF Asset Management Lux.BHF Flex. Alloc.FT € 69,57 / 66,26–12,77BHF Flex. Ind. FT € 63,92 / 62,06–13,16BHF Rendite P.FT € 52,44 / 50,91 –5,22Grand Cru € 133,38 / 132,06–17,45Grand Cru (CHF) F 96,43 / 95,48–17,44O.BHF POLARIS BAL € 68,64 / 66,64–12,70O.BHF POLARIS DY € 68,35 / 66,36–15,44ODBHF Em.Co.Dem.CR € 71,00 / 67,62–16,73SMS Ars selecta € 42,43 / 40,80–14,76

www.oekoworld.deGrowing Mkts 2.0 € 149,33 / 142,22–19,85Klima € 72,60 / 69,14–16,47Öko Rock‘n‘Roll € 142,01 / 135,25–13,52ÖkoVision Classic € 172,57 / 164,35–15,35Water For Life C € 153,50 / 146,19–20,08

SEB Conc. Biotech. €* / 92,35–10,77SEB Euro.Eq.Sm.Cap €* / 288,22–18,00SEB Gl.Chance/Risk €* / 1,27–19,13SEB TrdSys®Rent.I €* / 56,34 –0,24SEB TrdSys®Rent.II €* / 56,35 –0,24

www.starcapital.de I 0800 - 6941900SC Argos € 140,34 / 136,25 –3,89SC Lo/Sh Allocator € 141,14 / 137,03 –5,81SC Priamos € 143,29 / 136,47–17,37SC Strategy 1 € 133,28 / 129,40–12,63

UBS Funds Services Lux S.A.UBS (L) EM Eq P AA $* 100,11 / 97,19–13,99UBS (L) EM Eq P XA $* 105,38 / 102,31–13,95UBS (L) GCB AD T2 €* 147,79 / 143,49 –9,68

www.union-investment.deTel. 069 589 98-6060Geno AS:1 €* 74,83 / 72,65–14,07Priv.Fonds:Flex. €* 96,47 / 96,47 –2,64Priv.Fonds:FlexPro €* 116,98 / 116,98 –9,19PrivFd:Kontr. €* 126,97 / 126,97 –3,96PrivFd:Kontr.pro €* 142,35 / 142,35 –9,00Uni21.Jahrh.-net- €* 27,52 / 27,52–20,02UniDeutschl. XS €* 134,66 / 129,48–21,83UniDeutschland €* 152,86 / 146,98–24,33UniEu.Renta-net- €* 55,37 / 55,37 1,00UniEuroAktien €* 56,14 / 53,47–22,79UniEuropa-net- €* 55,35 / 55,35–19,76UniEuroRenta €* 68,37 / 66,38 –0,07UniEuroRentaHigh Y €* 33,73 / 32,75 –6,02UniFav.:Akt. -net- €* 78,15 / 78,15–20,16Unifavorit: Aktien €* 129,35 / 123,19–20,15UniFonds €* 40,89 / 38,94–24,49UniFonds-net- €* 58,49 / 58,49–24,62UniGlobal €* 210,07 / 200,07–18,54UniGlobal-net- €* 120,46 / 120,46–18,60UniJapan €* 50,42 / 48,02–16,17UniKapital €* 110,01 / 107,85 –1,22UniKapital-net- €* 39,28 / 39,28 –1,20UniNachhaltig A Gl €* 93,61 / 89,15–18,55UniNordamerika €* 298,32 / 284,11–19,08UnionGeldmarktfds €* 47,92 / 47,92 –0,17UniRak €* 113,85 / 110,53–13,86UniRak Kons.-net-A €* 104,42 / 104,42 –8,68UniRak Konserva A €* 107,76 / 105,65 –8,65UniRak -net- €* 59,56 / 59,56–13,88UniRenta €* 21,39 / 20,77 1,56UniSel. Global I €* 67,73 / 65,76–20,05UniStrat: Ausgew. €* 58,28 / 56,58–11,54UniStrat: Dynam. €* 46,71 / 45,35–16,39UniStrat: Konserv. €* 67,73 / 65,76 –6,14UniStrat:Offensiv €* 42,76 / 41,51–21,18

Union Investment LuxemburgAktien Europa A €* 82,47 / 78,54–21,88PrivatFonds: Nachh €* 52,23 / 52,23 –4,21PrivFd:Konseq. €* 96,03 / 96,03 –0,82PrivFd:Konseq.pro €* 109,04 / 109,04 –5,70Uni.Eur. M&S.Caps €* 40,61 / 39,05–21,84UniAbsoluterEnet-A €* 42,91 / 42,91 –2,46UniAbsoluterErt. A €* 43,51 / 42,66 –2,43UniAsia €* 70,19 / 66,85–14,12UniAsia Pac.net €* 119,77 / 119,77–14,51UniAsia Pacific A €* 121,50 / 116,83–14,48UniAusschü. net- A €* 43,60 / 43,60–11,48UniAusschüttung A €* 44,06 / 42,78–11,45

UniCommodities €* 37,18 / 35,41–10,93UniDividAss net A €* 40,73 / 40,73–20,28UniDividendenAss A €* 42,61 / 40,97–20,25UniDyn.Eur-net A €* 48,50 / 48,50–18,22UniDyn.Europa A €* 82,52 / 79,35–18,20UniDyn.Gl.-net- A €* 36,16 / 36,16–18,82UniDynamic Gl. A €* 59,20 / 56,92–18,80UniEM Fernost €* 1475 / 1405–15,68UniEM Osteuropa €* 1569 / 1495–26,18UniEMGlobal €* 80,58 / 76,74–18,91UniEuRe Corp A €* 52,00 / 50,49 –2,96UniEuRe Emerg Mkt €* 42,86 / 41,61 –5,21UniEuRe Real Zins €* 60,11 / 58,36 –2,79UniEurKap Corp-A €* 36,73 / 36,01 –2,02UniEurKap.Co.net A €* 36,65 / 36,65 –2,06UniEuroAnleihen €* 58,03 / 56,34 –0,31UniEuroAspirant €* 39,71 / 38,55 –4,80UniEuroKapital €* 64,53 / 63,26 –1,02UniEuroKapital-net €* 40,68 / 40,68 –0,94UniEuropa €* 1751 / 1667–19,75UniEuropaRenta €* 51,40 / 49,90 0,99UniEuroSt.50 A €* 39,97 / 38,43–23,27UniEuroSt.50-net €* 32,34 / 32,34–23,29UniFavorit: Renten €* 21,93 / 21,50 –7,65UniGlobal Div A €* 93,56 / 89,10–18,46UniGlobal Div-netA €* 88,28 / 88,28–18,49UniGlobal II A €* 91,12 / 86,78–18,77UniIndustrie 4.0A €* 47,29 / 45,47–16,52UniMarktf. A €* 43,98 / 42,29–17,39UniOpti4 €* 97,48 / 97,48 –0,27UniOptimus-net- €* 683,25 / 683,25 –0,33UniRak EM net A €* 142,63 / 142,63–15,72UniRak Em. Mkts €* 150,33 / 144,55–15,69UniRak Na.Kon. A €* 105,87 / 103,79 –6,63UniRak Nach.K-net- €* 104,14 / 104,14 –6,65UniRak Nachh.A net €* 73,20 / 73,20–12,62UniRak NachhaltigA €* 77,30 / 75,05–12,60UniRenta Corp A €* 100,96 / 98,02 –3,96UniRes: Euro Corp. €* 41,16 / 41,16 –0,41UniReserve: Euro A €* 494,93 / 494,93 –0,28UniReserve: USD $* 1051 / 1051 0,20UniSec. Bas. Ind. €* 86,75 / 83,41–21,70UniSec. BioPha. €* 117,16 / 112,65–13,26UniSec. High Tech. €* 103,15 / 99,18–20,21UniStruktur €* 99,72 / 96,82 –7,95UniVa. Europa A €* 37,66 / 36,21–24,22UniVa. Global A €* 85,18 / 81,90–21,34UniVa.Euro.-net-A €* 36,51 / 36,51–24,23UniVa.Glb-net-A €* 81,22 / 81,22–21,37UniWirts.Aspirant €* 25,37 / 24,63 –6,64

Union Investment Real EstateUniImmo:Dt. €* 98,40 / 93,71 0,21UniImmo:Europa €* 57,15 / 54,43 0,09UniImmo:Global €* 53,39 / 50,85 0,14

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Allgemeine ErläuterungenInvestmentfonds nach Kapitalanlagegesetzbuch(KAGB)Whrg.: Währung (A = Australischer Dollar, € = Euro,F = Schweizer Franken, £ = Brit. Pfund, ¥ = Japani-sche Yen, P = Polnischer Zloty, S = SchwedischeKrone, $ = US-Dollar).Ausg.: Ausgabepreis eines Fondsanteils zum ange-gebenen Tag.Rückn.: Rücknahmepreis eines Fondsanteils zum an-gegebenen Tag.Perf.: Performance auf Basis der letzten verfügbarenNAVs (Nettoinventarwerte). Berechnung nach BVI-Methode.* Fondspreise etc. vom Vortag oder letzt verfügbar.Ausgabe / Rücknahmepreise werden bei mehr als vierVorkomma- ohne Nachkommastellen abgebildet.Alle Angaben ohne Gewähr, keine Anlageberatung und-empfehlung.

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Page 30: Frankfurter Allgemeine Zeitung - 14 03 2020

SEITE 30 · SAMSTAG, 14. MÄRZ 2020 · NR. 63 FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNGSport

Kampf gegen das CoronavirusWie Mediziner versuchen, denInfizierten zu helfen

Kostenloses Probeabo:

0697591-3359; www.faz.net/probeabo

Bitte nicht in den Apfel beißenMenschen, für die selbst alltäglicheGeräusche unerträglich sind

Plötzlich hatte es die Formel 1 ei-lig. Zelte abbauen, Koffer pa-cken, Melbourne auf demschnellsten Weg hinter sich las-

sen. Stehen blieb ein Satz, auf ewig ver-bunden mit der Geschichte rund um dieAbsage des Großen Preises von Australi-en 2020 am Freitagmorgen in Melbourne:„Cash is King“, „Geld regiert die Welt“.Lewis Hamilton, die Galionsfigur der For-mel 1, hatte diese Worte am Donnerstaggewählt. Und zwar auf die Frage nach denGründen für den tagelangen, halsstarri-gen Versuch der Formel-1-Parteien, daserste Saisonrennen mit 100 000 Zuschau-ern entlang der Strecke im Albert Parktrotz der Bedrohung durch das Corona-virus unbedingt durchpeitschen zu wol-len. Er versuchte zwar, seinen Spruch wie-der einzufangen: „Ehrlich, ich weiß esnicht.“ Aber die Formulierung entwischtedem schnellsten Mann des Fahrerlagers,legte sich wie ein Passepartout über die ge-samte Branche und zwang einen Tag spä-ter den Formel-1-Boss Chase Carey zu ei-nem Dementi während der Rückzugser-klärung vor dem Fahrerlager unter freiemHimmel: „Wenn Geld wirklich die Welt re-gieren würde“, beteuerte der Amerikaner,„dann hätten wir diese Entscheidungnicht getroffen.“

War das der Versuch einer Ehrenret-tung? Carey und seine Kombattantendes Internationalen Automobil-Verban-des Fia und des Veranstalters, der Austra-lian Grand Prix Corporation, beteuer-ten, eine Reihe von Gründen habe sie ge-meinsam bewegt, drei Stunden vor demersten Training am Freitag alle Räder zustoppen: Die Entdeckung eines Infizier-ten vom Team McLaren, gewiss, derRückzug des Rennstalls vom Wettbe-werb, der Rat des nationalen Gesund-heitsbeauftragten, vermutlich auch dieKritik aus dem Zentrum des Fahrer-lagers, aus dem Mund des sechsmaligenWeltmeisters. Und doch drehte sich dasSpiel weiter im Kreis, bis Mercedes lautDarstellung eines Mitarbeiters die Seitewechselte und nach Ferrari, Renault,Alfa Romeo (Sauber) sowie McLaren so-gar in einem Brief an die Fia und das For-mel-1-Management den Rückzug erklär-te: „Angesichts der Ereignisse höhererGewalt, die wir im Zusammenhang mitder Coronavirus-Pandemie erleben“,schrieb das Weltmeister-Team, „sind wirnicht mehr der Ansicht, dass die Sicher-heit unserer Mitarbeiter gewährleistetwerden kann, wenn wir weiterhin an derVeranstaltung teilnehmen.“

Ein Formel-1-Start ohne Champion,die Premiere ohne Ferrari? Nur acht Au-tos, weil Williams unentschieden blieb,maximal zehn auf der Piste? Es sieht soaus, als hätte eine Mehrheit mit denwichtigsten wie einflussreichsten Renn-ställen im letzten Moment die Hand-bremse gezogen und die Strategen umCarey zum U-Turn gezwungen. Ein hal-biertes Feld dokumentierte die Spal-tung der Formel 1, in den Augen derWelt die Unterscheidung in unsichtbareVernünftige und – vor allem – die sicht-baren Rücksichtslosen. So ein PR-Desas-ter hätte einen hohen Preis gefordert, in-

direkt Millionen gekostet. Es geht im-mer ums Geld.

Bevor Carey die Sorge um die Gesund-heit der Menschen als zentralen Grundfür die Absage in den Mittelpunkt rück-te, hatte die Formel 1 eine bemerkens-werte Langsamkeit offenbart. Obwohlseit Wochenbeginn die Kritik peu á peuwuchs und schließlich täglich wechseln-de australische Experten vor Massenver-anstaltungen dringend warnten, hieltder Veranstalter unbeirrt am Kurs fest:Wir fahren. Nur Hamilton ballte im letz-ten Moment die Faust. „Niemand willdas. Wir alle wollen in unsere Autos stei-

gen und Rennen fahren“, teilte der Mer-cedes-Pilot via Instagram am Freitagmit: „Wir müssen aber realistisch seinund die Gesundheit sowie die Sicherheitauf die Pole Position stellen. Leider wardie Absage richtig.“ Carey verteidigtedie Verzögerung: „Die Entscheidung,hierher zu reisen, basierte auf unseremWissensstand von vergangener Woche.Die Situation in Europa war noch einevöllig andere. Noch vor vier Tagen sahdie Welt ganz anders aus.“

Mit der Dynamik des Virus hielt dieHochgeschwindigkeitsbranche in Mel-bourne nicht mit. Das liegt an der Kon-struktion des australischen Grand-Prix-Geschäfts. Vier Parteien sind involviert:die Formel 1, die Fia, der VeranstalterAGPC und die Regierung von Victoriaals wesentlicher Sponsor. 2019 investier-te der Steuerzahler laut Finanzberichtumgerechnet 34,8 Millionen Euro in dasFahrgeschäft Mitte März. Kein Wunder,dass der Finanzminister noch am Don-nerstag keinen Grund sah, auf die zah-lenden Zuschauer, geschweige denn denGrand Prix zu verzichten. Die Australiermüssen nun die Ticketkosten erstatten.Weil die Absage eines Mitspielers direk-ten Einfluss auf die Vertragsleistungenhat, etwa auf die Frage, ob die Formel 1ihr Antrittsgeld – für Melbourne ge-schätzt 30 Millionen Euro – erhält,hängt die Tempoverschleppung offen-sichtlich mit einem heiklen Spiel zusam-men: Wer zuerst bremst, verliert. Die ge-meinsame Erklärung deutet allerdingsauf ein Agreement hin. Carey will das„Finanzielle“ in den kommenden Wo-chen regeln. Er wird viel zu tun haben.

Mitarbeiter verschiedener Rennställesagten dieser Zeitung, dass sie mit einemSaisonstart frühestens im Juni rechnen.Die Rennen in Bahrein und Vietnam wur-den am Freitag bereits abgesagt. Die Rück-kehr in die Niederlande zu einem gewalti-gen Volksfest zu Ehren des Red-Bull-Pilo-ten Max Verstappen in Zandvoort, derGrand Prix vor den Toren von Barcelonaund auch der Saisonhöhepunkt, der Gro-ße Preis von Monaco, würden ausfallenoder verschoben. China hatte schon vorWochen um eine Verschiebung gebeten.„Wir werden schauen“, sagte der Haas-Teamchef Steiner auf Anfrage, „ob einigeRennen in die zweite Saisonhälfte verlegtwerden können.“ Claire Williams machteschon am Donnerstag ein sparsames Ge-sicht, als sie zu den Folgen der Pandemiebefragt wurde. Die Teamchefin des gleich-namigen Rennstalls rechnet mit jedemEuro. Cash is King.

Produktiv im Home-OfficeEin Ratgeber für alle, die ihren Berufvon zu Hause erledigen müssen

Arrivederci: Ferrari reist ab. Foto AFP

Aus den vielen Gesprächen dervergangenen Tage hat Frank Boh-mann ein einheitliches Bild mit-

genommen: „Alle in den Vereinen derHandball-Bundesligen sind richtig ange-fasst. Es ist eine nie dagewesene Situati-on, und was die Lage zusätzlich verkom-pliziert, ist, dass die Perspektive fehlt.Wir können ja nicht sagen, die Problemesind mit Ende der Saison vorbei, unddann starten wir einfach die nächste Sai-son. Die Lage ist dramatisch.“

Wegen der Corona-Krise setzen dieerste und zweite Liga zunächst bis zum23. April aus. Eine Beendigung der Spiel-zeit 2019/20 irgendwann im Frühsommerist der große Wunsch aller Vereine. Dochlassen sich die Folgen der Corona-Krisenur schwer absehen. Bohmann, der Ge-schäftsführer der Handball-Bundesliga-Vereinigung HBL, glaubt nicht, dass dieSaison mit Verspätung beendet wird:„Ich schätze die Chance gering ein, dasswir spielen können.“ Die Pokalendrunde„Final Four“ in Hamburg wurde verscho-ben und soll eventuell im Juni nachge-

holt werden. Auch deshalb wünscht sichdie HBL Unterstützung von der Politik inForm von Kurzarbeitergeld. Bohmannsagt: „Alle Vereine der ersten und zwei-ten Liga sind berechtigt, Kurzarbeiter-geld zu beantragen. Das könnte für einpaar Monate helfen. Der Ruf nach Hilfevom Staat ist einheitlich laut geworden.“In erster Linie geht es darum, die Vereinevor der Insolvenz zu bewahren und auchder HBL die nötige Liquidität zu sichern.Schließlich können die Handballprofis ih-rem Beruf nicht nachgehen – das Trai-ning ist an vielen Standorten wegen ge-schlossener Hallen unmöglich.

Dazu sagte Dierk Schmäschke, Ge-schäftsführer der SG Flensburg-Hande-witt, dem NDR: „Ich mache mir großeSorgen um die SG und alle anderen Verei-ne. Für unseren gesamten Sport ist dasexistenzbedrohend. Wir haben keine gro-ßen Rücklagen und arbeiten Jahr für JahrSpitz auf Knopf. Es gibt keine Versiche-rung für diesen Fall, und die HBL kannkeinen Rettungsschirm spannen. Wirmüssen uns mit unseren Partnern, Spon-

soren und Fans zusammensetzen. Klarist, dass wir alle Abstriche machen müs-sen, um zu überleben.“

Etwa 25 bis 30 Prozent im Etat einesBundesligaklubs kommen aus den Ein-nahmen durch verkaufte Eintrittskarten.Für alle Klubs hat der Verkauf von Dauer-

karten für die Spielzeit 2020/21 begon-nen – aber wer würde die in der aktuellenSituation erwerben? Sponsoren werdenüberlegen, ob sie ihren finanziellen Leis-tungen in vollem Umfange nachkommenwerden, wenn es keine Spiele mehr gibt,in denen sie ihre Werbebotschaften sicht-bar machen können. Bohmann will dieVereinsvertreter bei einer Telefonkonfe-renz am Montagvormittag zum Themastaatliche Hilfen und Notfallmanage-ment informieren.

Auch Uwe Schwenker, Präsident derHBL und Vizepräsident des DeutschenHandballbundes (DHB), sieht den Ernstder Lage: „Der Ball ruht zwar, aber dieVerantwortung des Sports nicht. UnsereManager sind auch in dieser schwierigenSituation Optimierer und steuern jetztals Krisenmanager das Geschehen ihrerKlubs. Das ist eine echte Bewährungspro-be, der wir uns stellen müssen.“

Der DHB reagierte am Freitag undstellte den Spielbetrieb des gesamtendeutschen Handballs bis zum 19. Aprilein. Das erste Länderspiel der Männer-Nationalmannschaft mit Trainer AlfredGislason am Freitagabend in Magdeburggegen die Niederlande wurde am Don-nerstagabend abgesagt. Es hatte nachDHB-Plänen ohne Zuschauer stattfindensollen. Doch eine Absage durch das nie-derländische Gesundheitsministeriummachte dem DHB einen Strich durch dieRechnung. Das Spiel hatte als Vorberei-tung für das Olympia-Qualifikationstur-nier in Berlin dienen sollen. Das DHB-Team hätte ursprünglich vom 17. bis zum

19. April gegen Schweden, Slowenienund Algerien um zwei Startplätze bei denOlympischen Spielen (24. Juli bis 9. Au-gust in Tokio) spielen sollen. Am Freitagteilte der Handball-Weltverband mit,dass das Turnier nun im Juni stattfindensolle. Über einen genauen neuen Terminwird zu einem späteren Zeitpunkt und inAnbetracht der weiteren Entwicklungder Corona-Pandemie informiert. Auchdie Europäische Handballföderation rea-gierte und teilte am Freitag mit, dass kei-ne Partien ihrer Wettbewerbe bis zum 12.April stattfinden werden. Davon betrof-fen sind unter anderem die für EndeMärz geplanten EM-Qualifikationsspieleder deutschen Frauen gegen Slowenien.

Alfred Gislason richtete den Blick wegvom Handball und stattdessen aufs großeGanze, als er dem Sportinformations-dienst sagte: „Jetzt hat jeder von uns et-was anderes im Kopf. Wir sollten uns alledarauf konzentrieren, gesund zu bleibenund unseren Teil zum Kampf gegen dasCoronavirus beizutragen.“

Vollbremsung

Viel Aufwand, kein Ertrag: Die Formel-1-Teams in Melbourne können wieder einpacken. Foto Imago, Bearbeitung F.A.Z.

Kein GolfDas am höchsten dotierte Golftur-nier der Welt, die Players Champion-ship, ist wegen der Ausbreitung desCoronavirus nun doch abgesagt wor-den. Die Entscheidung teilte diePGA Tour am Donnerstagabend(Ortszeit) mit, nachdem das Turnierbereits begonnen hatte. Wenig spä-ter wurde auch das traditionsreicheMasters-Turnier in Augusta, einesder prestigeträchtigsten Turniereüberhaupt, abgesagt. Das Turniersollte vom 9. bis 12. April stattfin-den. Betroffen sind zudem alle weite-ren PGA-Veranstaltungen bis EndeMärz. Nicht gespielt werden somitauch die Valspar Championship inder Nähe von Tampa Bay, das DellMatch Play in Austin und die ValeroTexas Open in San Antonio. sid

Kein Giro-StartDer Giro d’Italia der Radprofis musswegen der Coronavirus-Pandemieauf unbestimmte Zeit verschobenwerden. Dies teilten die Veranstalteram Freitag mit. Der neue Termin derdreiwöchigen Rundfahrt werde nichtvor dem 3. April angesetzt, hieß es inder Mitteilung weiter. Die 103. Aus-gabe des Traditionsrennens war ei-gentlich von 9. bis 31. Mai angesetztund sollte in der ungarischen Haupt-stadt Budapest beginnen und in Mai-land beendet werden. Zuvor warenschon einige Frühjahrsklassiker wieMailand–Sanremo oder Gent–Wevel-gem wegen des Virus abgesagt wor-den. dpa

Kein Boston-MarathonIm Zuge der Corona-Krise ist der tra-ditionsreiche Boston-Marathon aufden 14. September verschoben wor-den. Das gaben die Veranstalter be-kannt. Die 124. Auflage des ältestenjährlichen Marathons war eigentlichfür den 20. April angesetzt. Zuvorhatte der Gouverneur des US-Bun-desstaats Massachusetts den Not-stand ausgerufen. Bereits in den ver-gangenen Tagen waren etliche Früh-jahrsmarathons abgesagt worden.Beim Tokio-Marathon durften nur200 Eliteläufer starten. Durch dieVielzahl an Absagen ist derzeit of-fen, wie die Olympiaqualifikation imMarathon ablaufen soll. sid

Kein StaffellaufDer Staffellauf des olympischen Feu-ers ist am Freitag in Griechenland ab-gebrochen worden. Trotz des Auf-rufs, wegen der Coronavirus-Epide-mie zu Hause zu bleiben, hatten sichHunderte Einwohner der grie-chischen Kleinstadt Sparta am Stra-ßenrand versammelt. Wie das grie-chische Olympische Komitee weitermitteilte, werde der Fackellauf nachdiesem Abbruch in Griechenlandendgültig nicht fortgesetzt. Die Über-gabe des Olympischen Feuers an dasjapanische Organisationskomiteewerde aber am 19. März wie geplantin Athen stattfinden, hieß es. dpa

Kein HockeyDie für März geplanten Hockey-Län-derspiele in der Pro League zwischenDeutschland und Belgien sind abge-sagt und auf einen späteren Zeit-punkt verschoben worden. Das teilteder Deutsche Hockey-Bund (DHB)am Freitag mit. Ursprünglich solltendie DHB-Damen am 19. März inMönchengladbach und die Herrenam 26. März in Hamburg spielen.Tage zuvor hatten die DHB-GegnerAustralien und Neuseeland ihre Rei-sen zu den Pro-League-Spielen nachEuropa abgesagt. Die DHB-Teamssollten ebenfalls in Mönchenglad-bach und Hamburg gegen beideMannschaften spielen. dpa

Kein SchießenDer Deutsche Schützenbund (DSB)hat angesichts der Coronavirus-Pan-demie sogar eine besonders weitrei-chende Entscheidung getroffen. AlleDeutschen Meisterschaften und wei-teren sportlichen Veranstaltungendes DSB auf Bundesebene in diesemJahr seien abgesagt, hieß es in einerMitteilung am Freitag. Dazu gehör-ten unter anderem das Bundeskö-nigs- und Bundesjugendkönigsschie-ßen. dpa

Keine Formel EDie Formel E setzt angesichts der Co-ronavirus-Krise ihren Rennbetriebfür zwei Monate aus. In Absprachemit dem Motorsport-Weltverbandhabe man sich zu diesem Schritt ent-schieden. Vorausgegangen warenRennabsagen in Jakarta (Indone-sien), Rom und Sanya (China). InDeutschland ist ein Rennen am 21.Juni in Berlin geplant. dpa

MORGEN IN DERSONNTAGSZEITUNG

sid. PARIS. Der fünfmalige Olympia-und siebenmalige GesamtweltcupsiegerMartin Fourcade beendet zum Ende derSaison seine Biathlon-Karriere. Das gabder 31 Jahre alte Franzose am Freitag be-kannt. "Danke für die Reise. Zeit, Ab-schied zu nehmen", twitterte Fourcade,der zu den erfolgreichsten Biathleten derGeschichte gehört. Am Samstag will der13-malige Weltmeister zum Abschluss sei-ner Laufbahn im Verfolgungs-Rennenam Samstag im finnischen Kontiolahtiseine Führung im Gesamtweltcup vertei-digen und die Kristallkugel zum achtenMal gewinnen. Fourcade hatte am 14.März 2010 in Kontiolahti seinen erstenWeltcup-Sieg gefeiert. Auf den Tag genauzehn Jahre später wird er auf dieser Stre-cke seine sportliche Laufbahn beenden.Mit 880 Punkten liegt Fourcade im Klasse-ment zehn Zähler vor Verfolger JohannesThingnes Boe aus Norwegen.

Kurzarbeitergeld für Handballer?Die HBL kann keinen Rettungsschirm spannen und wünscht sich Unterstützung von der Politik / Von Frank Heike, Hamburg

Der Sport steht still

sid. KÖLN. Biathletin Denise Herrmann(Oberwiesenthal) hat den zweiten „Geis-ter-Sprint“ in Folge gewonnen und sichbeim vorgezogenen Saisonfinale in Kon-tiolahti den Sprint-Weltcup gesichert. Dieehemalige Weltmeisterin lag im Rennenüber 7,5 Kilometer beim deutschen Dop-pelerfolg nach einem Schießfehler undbester Laufzeit 20,1 Sekunden vor Fran-ziska Preuß (Haag/1). Für Herrmann wares der siebte Weltcupsieg ihrer Karriere,der dritte in diesem Winter. „Es ist un-glaublich, dass es gereicht hat. Es ist rich-tig schön, dass wir die Saison so beendenkönnen“, sagte die 31-Jährige in derARD. Herrmann hatte zuvor bereits dasEinzelrennen im slowenischen Ort Poklju-ka und zuletzt den Sprint in Nove Mesto(Tschechien) gewonnen. An diesem Sams-tag stehen noch die Verfolgungs-Rennenauf dem Programm, ehe die Saison amSonntag mit einer Single-Mixed-Staffelsowie einer Mixed-Staffel abgeschlossenwird. Das geplante Weltcup-Finale amHolmenkollen in Oslo (Norwegen), dasvom 20. bis zum 22. März hätte stattfin-den sollen, war am Donnerstag wegender Corona-Pandemie ersatzlos gestri-chen worden.

Karriereendevon Fourcade

Die Formel 1 verliert das Wettrennen gegen dasCoronavirus. Der Saisonauftakt in Australien wirdebenso wie die Rennen in Bahrein und Vietnam

abgesagt. Dass Entscheidungen so spät fallen, hateinen simplen Grund: Cash is King.

Von Anno Hecker, Melbourne

Herrmanngewinnt den„Geister-Sprint“

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Page 31: Frankfurter Allgemeine Zeitung - 14 03 2020

FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG SAMSTAG, 14. MÄRZ 2020 · NR. 63 · SEITE 31Sport

Zweite Bundesliga 26. Spieltag

Arminia Bielefeld – VfL Osnabrück abgesagt

SpVgg Gr. Fürth – Hamburger SV abgesagt

Jahn Regensburg – Holstein Kiel abgesagt

VfL Bochum – 1. FC Heidenheim abgesagt

Erzgebirge Aue – SV Sandhausen abgesagt

Karlsruher SC – Darmstadt 98 abgesagt

Hannover 96 – Dynamo Dresden abgesagt

FC St. Pauli – 1. FC Nürnberg abgesagt

SV Wehen – VfB Stuttgart abgesagt

Verein Sp. g. u. v. Tore Pkte.

1 Arminia Bielefeld 25 14 9 2 50:24 51

2 VfB Stuttgart 25 13 6 6 41:28 45

3 Hamburger SV 25 12 8 5 48:28 44

4 1. FC Heidenheim 25 11 8 6 34:26 41

5 SpVgg Gr. Fürth 25 10 6 9 37:33 36

6 Darmstadt 98 25 8 12 5 31:31 36

7 Holstein Kiel 25 9 7 9 38:38 34

8 Erzgebirge Aue 25 9 7 9 34:34 34

9 Hannover 96 25 8 8 9 34:37 32

10 Jahn Regensburg 25 9 5 11 36:42 32

11 FC St. Pauli 25 7 9 9 33:32 30

12 VfL Osnabrück 25 7 8 10 32:35 29

13 SV Sandhausen 25 6 11 8 30:33 29

14 1. FC Nürnberg 25 7 8 10 34:45 29

15 VfL Bochum 25 6 10 9 40:45 28

16 SV Wehen 25 6 7 12 31:43 25

17 Karlsruher SC 25 5 9 11 33:46 24

18 Dynamo Dresden 25 6 6 13 25:41 24

Aufstiegsplätze Relegation Abstiegsplätze

Bundesliga 26. Spieltag

Fortuna Düsseldorf – SC Paderborn abgesagt

Bor. Dortmund – FC Schalke 04 abgesagt

RB Leipzig – SC Freiburg abgesagt

1899 Hoffenheim – Hertha BSC abgesagt

1. FC Köln – FSV Mainz 05 abgesagt

Union Berlin – Bayern München abgesagt

Eintr. Frankfurt – M´gladbach abgesagt

FC Augsburg – VfL Wolfsburg abgesagt

Werder Bremen – Leverkusen abgesagt

Verein Sp. g. u. v. Tore Pkte.

1 Bayern München 25 17 4 4 73:26 55

2 Bor. Dortmund 25 15 6 4 68:33 51

3 RB Leipzig 25 14 8 3 62:26 50

4 Bayer Leverkusen 25 14 5 6 45:30 47

5 Mönchengladbach 24 14 4 6 47:29 46

6 FC Schalke 04 25 9 10 6 33:36 37

7 VfL Wolfsburg 25 9 9 7 34:30 36

8 SC Freiburg 25 10 6 9 34:35 36

9 1899 Hoffenheim 25 10 5 10 35:43 35

10 1. FC Köln 24 10 2 12 38:43 32

11 Union Berlin 25 9 3 13 32:41 30

12 Eintr. Frankfurt 24 8 4 12 38:41 28

13 Hertha BSC 25 7 7 11 32:48 28

14 FC Augsburg 25 7 6 12 36:52 27

15 FSV Mainz 05 25 8 2 15 34:53 26

16 Fort. Düsseldorf 25 5 7 13 27:50 22

17 Werder Bremen 24 4 6 14 27:55 18

18 SC Paderborn 25 4 4 17 30:54 16

Champions League Europa League RelegationAbstiegsplätze

Am Freitagnachmittag zog dieDeutsche Fußball Liga(DFL) eine Konsequenz, dieauch für sie nicht mehr zuvermeiden war. Der 26.

Spieltag der Bundesliga wurde komplettabgesagt. Noch am Vormittag hatte derdeutsche Profifußball geglaubt, noch eineRunde Geisterspiele durchsetzen zu kön-nen. Doch nachdem in dieser Woche erstdie italienische Serie A und die spanischeLa Liga den Spielbetrieb ausgesetzt hat-ten, und sich am Freitag dann erst die fran-zösische Ligue 1 und später auch die engli-sche Premier League ab sofort dieser Hal-tung angeschlossen haben, wird nun auchder deutsche Profifußball eine Pause einle-gen – voraussichtlich bis zum 2. April.„Angesichts der Dynamik des heutigen Ta-ges mit neuen Corona-Infektionen undentsprechenden Verdachtsfällen in direk-tem Zusammenhang mit der Bundesligaund 2. Bundesliga hat das Präsidium derDFL Deutsche Fußball Liga kurzfristig be-schlossen, den ursprünglich heute begin-nenden 26. Spieltag in beiden Ligen zu ver-legen“, teilte die DFL mit.

„Das ist im Sinne der Gesundheit allerBeteiligten“, sagte Uwe Rösler, Trainerbei Fortuna Düsseldorf, der mit seinerMannschaft eigentlich am Freitagabendgegen Paderborn den Spieltag hätte eröff-nen sollen. Als am Abend bei den Pader-bornern der erste Corona-Fall in der Bun-desliga bestätigt wurde, durfte er sich indieser Einschätzung bestätigt fühlen. Ähn-lich wie Rösler äußerten sich auch viele an-dere Verantwortliche der Bundesligaverei-ne. „Wir tragen die Entscheidung der DFLvollständig mit“, sagte Wolfsburgs Ge-schäftsführer Jörg Schmadtke. „Es ist dievernünftigste Lösung, in Anbetracht derrasanten und unübersichtlichen Entwick-lung“, sagte Eintracht Frankfurts Sportvor-stand Fredi Bobic. Einzig Hans-JoachimWatzke, Geschäftsführer bei BorussiaDortmund, stimmte auch kritischere Tönean: „Das Präsidium der DFL hat eine Ent-scheidung getroffen, die es zu respektie-ren gilt – unabhängig davon, dass es sicherauch andere Ansätze gegeben hätte“, sag-te er. Der Profi-Fußball befinde sich „inder größten Krise seiner Geschichte“ undman müsse jetzt beim Treffen am Montagdie „entsprechenden Ableitungen“ disku-tieren.

Der ursprünglich geplante deutscheFußball-Sonderweg mit „Geisterspielen“am Wochenende hatte unmittelbar nachseiner Bekanntgabe noch für viel Unver-ständnis und Proteste auch innerhalb desProfibetriebs geführt. Am Freitagvormit-tag hatte die DFL noch weiterspielen woll-te, obwohl auch die Europäische Fußball-Union (Uefa) ihre Wettbewerbe der Cham-pions League und Europa League schonbis auf weiteres gestoppt. Doch der vonder DFL eingeschlagene Weg, das wurdeschnell klar, war an die Grenzen der Wirk-lichkeit gestoßen. Nur wenige Stunden

nach der ersten Verbandsentscheidungwar die einheitliche Austragung des 26.Spieltags schon Makulatur – das Coronavi-rus und andere Institutionen hatten wie-der das Kommando übernommen. DerBremer Innensenator hatte das für Mon-tag geplante Bundesligaspiel zwischenWerder und Leverkusen am Freitag kurzer-hand abgesagt. Die Verantwortlichen derHansestadt erwarteten trotz des vorgese-henen Geisterspiels mindestens 2000 bis3000 Menschen rund ums Weserstadion.Keine unbegründete Sorge: Nach dem„Geisterspiel“ zwischen Mönchenglad-bach und Köln hatte das Team der Borus-sia mit Hunderten von Fans, die das Spielvor dem Stadion verfolgt hatten, den2:1-Sieg von der Tribüne aus gefeiert. Derfrühere Nationalspieler Kramer sprach da-nach von einem „Gänsehautmoment“.Das war positiv gemeint.

Absagen schaffen Fakten

Das Zweitligaspiel zwischen Hannoverund Dresden hatte die DFL zuvor ohnehinschon absetzen müssen, nachdem zweiSpieler von Hannover 96 positiv auf dasCoronavirus getestet worden waren – undallen Hannoveraner Profis vom örtlichenGesundheitsamt häusliche Quarantäneverordnet wurde. Zudem wurde FabianNürnberger vom 1. FC Nürnberg positivauf Corona getestet. Auch hier musste dasgesamte Team in Quarantäne. Nürnbergstellte einen Antrag auf Absetzung der Par-tie beim FC St. Pauli. Mit diesen Fällen be-gründete die DFL schließlich die Absagedes Spieltags.

Dass die Bundesligen an diesem Wo-chenende eigentlich noch einmal einen„Geisterspieltag“ durchziehen wollten,hatte die DFL in ihrer Stellungnahmenicht begründet. Dass vorrangig wirt-

schaftliche Gründe den Ausschlag dafürgegeben hatten, darauf ließ ihre Begrün-dung schließen, weshalb die Bundesliga-saison, nach ihrer nun vorläufigen Pausebis zum 2. April, unbedingt zu Ende ge-bracht werden soll. „Ziel ist es weiterhin,die Saison bis zum Sommer zu Ende zuspielen – aus sportlichen Gesichtspunk-ten, aber insbesondere auch, weil eine vor-zeitige Beendigung der Saison für einigeClubs existenzbedrohende Konsequenzenhaben könnte. In der Länderspielpausesoll zwischen allen Clubs unter Berück-sichtigung der dann vorliegenden Erkennt-nisse, zum Beispiel auch hinsichtlich desinternationalen Spielkalenders, über dasweitere Vorgehen befunden werden“,heißt es nun auch in der neuen Stellung-nahme der DFL.

Der Vorstandsvorsitzende des FC Bay-ern, Karl-Heinz Rummenigge, hatte dieerste Entscheidung aus Frankfurt begrüßt.„So wie das von der DFL gehandhabt wur-de, ist das der richtige Weg.“ Das Vorge-hen sei „sinnvoll“. Möglicher Kritik an derEntscheidung begegnete Rummenigge vor-ab mit dem Verweis auf wirtschaftlicheZwänge. „Es geht am Ende des Tages auchim Profifußball um Finanzen“, sagte derBayern-Boss laut Nachrichtenagenturenin München. Wenn die ausstehende Zah-lung der TV-Broadcaster ausbleibe, bekä-men viele kleinere und mittlere Klubs Li-quiditätsprobleme. „Es steht ein größererdreistelliger Millionenbetrag für die ersteund zweite Liga im Feuer.“ Der Unter-schied zu den anderen Ligen in Europasei, „dass wir keinen Fall haben, dass einSpieler positiv getestet wurde“, so Rumme-nigge. Sollte jedoch ein Profi oder eine Per-son aus dem Betreuerstab betroffen sein,sei „der Spielbetrieb nicht mehr aufrecht-zuerhalten“. Nachdem die Entscheidungzur Absetzung des Spieltags gefallen war,trat dann auch dieser Fall ein.

Beim Paderborner Trainer SteffenBaumgart, der als Verdachtsfall eingestuftworden war, fiel ein Test auf das Coronavi-rus am Freitagnachmittag noch negativaus. Bei Abwehrspieler Luca Kilian gab eswenig später aber einen positiven Befund,den ersten in der Bundesliga. Am Samstagsollen sich nun alle Spieler und Mitgliederdes Funktionsteams des SCP einem Testauf das Virus unterziehen, teilte der Klubmit. „Die Gesundheit unserer Spieler undMitarbeiter hat weiterhin absoluten Vor-rang“, sagte der Paderborner Sport-Ge-schäftsführer Martin Przondziono.

Die beinahe unwirklichen Pläne derDFL, weiter einer Wirklichkeit trotzen zuwollen, aus der alle anderen großen Fuß-ballnationen die sofortige Einstellung desSpielbetriebs abgeleitet haben, werdentrotzdem in Erinnerung bleiben. Zu großwar das Unverständnis im deutschen Profi-fußball, beispielsweise auch beim FC Bay-ern. Mittelfeldspieler Thiago reagierte aufden Tweet, dass das Spiel der Bayern andiesem Samstag bei Union Berlin stattfin-den“ soll: „To @DFL_Official: irresponsi-ble, imprudent!“ („unverantwortlich, un-klug!“). Thiago fügte hinzu: „Das ist ver-rückt. Bitte hört auf, dummes Zeug zu re-den („fooling around“), und landet in derRealität. Lasst uns ehrlich sei, es gibt vielgrößere Prioritäten als jede Art vonSport.“ In einem späteren Tweet erneuer-te Thiago seine grundsätzliche Kritik ander Entscheidung, die direkte Kritik anden DFL-Offiziellen tauchte in dem neu-en Post nicht mehr auf. Union-Torwart Gi-kiewicz schrieb: „Fußballer werden in die-ser Situation wie Affen im Zirkus behan-delt.“ Auch der Wolfsburger Trainer Glas-ner kritisierte die DFL für ihr Vorgehen:„Wenn man sagt: Wir ziehen diesen Spiel-tag durch, dann muss man sich halt vorherüberlegen: Was passiert, wenn sich einTrainer oder ein Spieler infiziert?“ In derkommenden Woche will die DFL auf ihreraußerordentlichen Mitgliederversamm-lung nun das weitere Vorgehen beraten.Zur Abstimmung steht der Vorschlag, denSpieletrieb bis zum 2. April vollständigauszusetzen.

Abgesagt wurde am späten Freitag-abend noch das für den 31. März in Nürn-berg geplante Länderspiel der deutschenNationalmannschaft gegen Italien. DieStadt Nürnberg unterrichtete den DFBüber eine städtische Verfügung, die dieDurchführung der Partie untersagt. „Dadurch die beiden Mannschaften, die Be-treuer und die Medienvertreter mit mehrals 100 Menschen gerechnet werden müs-se, sei eine Absage des Spiels unumgäng-lich“, hieß es in einer DFB-Mitteilung.Dazu teilte der Weltverband FIFA mit,das angesichts der Corona-Krise die Ab-stellungspflicht für Vereine aufgehobensei und eine Verschiebung der geplantenBegegnungen in der anstehenden Länder-spielpause werde. Am 26. März ist eigent-lich noch ein Spiel der DFB-Auswahl inMadrid gegen Spanien angesetzt.

erbe. BRIGHTON. Die Premier Lea-gue hat den Spielbetrieb wegen derCoronavirus-Pandemie bis mindes-tens zum 3. April ausgesetzt. Das be-stätigte die Liga am Freitag nach ei-nem Krisengespräch per Videokonfe-renz mit Vertretern der 20 Klubs inEnglands höchster Fußballspielklas-se. Die Zwangspause gilt auch für dieEnglish Football League (EFL), unterderen Dach die Ligen zwei bis vier aus-getragen werden, sowie für die Frau-en-Profiliga Women’s Super Leagueund Begegnungen im Nachwuchsbe-reich. Zuvor hatte es geheißen, dassder Spielbetrieb in England fortge-setzt werden solle. Noch am Donners-tag hatte die Regierung von Großbri-tanniens konservativem Premiermi-nister Boris Johnson davon abgera-ten, Großveranstaltungen wie Fuß-ballspiele wegen der Pandemie abzu-sagen, weil es dafür aus medizinischerSicht angeblich keine Veranlassunggebe. Seitdem hat sich die Lage je-doch weiter verschärft.

Vor dem Gipfel am Freitagvormit-tag hatten zwei Premier-League-Klubs Ansteckungen mit dem Virusgemeldet: Arsenal-Trainer Mikel Arte-ta und Chelsea-Stürmer Callum Hud-son-Odoi befinden sich in Quarantä-ne; das gilt auch für zahlreiche Mann-schaftskollegen und Betreuer beiderKlubs. Ebenfalls in Quarantäne befin-den sich Spieler von Leicester City, au-ßerdem haben es Bournemouth, Ever-ton, Manchester City, Watford undWest Ham mit ersten Fällen zu tun –teilweise jedoch „nur“ im Familien-oder Bekanntenkreis von Spielernoder Funktionären oder als reine Vor-sichtsmaßnahme wegen vorangegan-gener Kontakte mit infizierten Perso-nen. In einer Mitteilung der PremierLeague hieß es, die Entscheidung,den Spielbetrieb sofort zu unterbre-chen, sei einstimmig gefallen. Ob amSamstag, den 4. April, wieder Spielestattfinden könnten, werde man kurzvorher auf Basis der dann aktuellen Si-tuation und medizinischen Empfeh-lungen entscheiden. Der schottischeFußballverband hat unterdessen alleSpiele unter seinem Dach mit soforti-ger Wirkung auf unbestimmte Zeit ab-gesagt. Somit fällt das für Sonntag an-gesetzte „Old Firm“ zwischen denGlasgow Rangers und Celtic Glasgowaus, aber auch sämtliche Spiele bis

hinunter in den Amateurbereich.Auch die anstehenden Freundschafts-länderspiele der englischen National-mannschaft in Wembley sind laut FAabgesagt worden. Ende März warenSpiele gegen Italien und Dänemark ge-plant. Auch die U-Nationalmann-schaften werden nicht spielen. Derwalisische Verband hatte die Begeg-nungen mit den Vereinigten Staatenund Österreich bereits vorher abge-sagt.

Vor den offiziellen Bestätigungenam Freitag hatte unter anderem der„Guardian“ mit Bezug auf einen In-sider berichtet, dass sogar ein ersatzlo-ser Abbruch der Premier-League-Sai-son zur Debatte stand. Dazu wird esnun aber nach aktuellem Stand derDinge nicht kommen. In der PremierLeague steht der deutsche Trainer Jür-gen Klopp mit dem FC Liverpool aufPlatz eins der Tabelle, der Vorsprungbeträgt wenige Spieltage vor Ende derSaison 25 Punkte. Klopp wandte sichin einem Statement auf der Homepa-ge des „Reds“ an die Fans: „Ich habebereits gesagt, dass Fußball immerdas Wichtigste unter den unwichti-gen Dingen ist. Heute sind Fußballund Fußballspiele überhaupt nichtmehr wichtig“, sagte Klopp. „Natür-lich möchten wir nicht vor einem lee-ren Stadion spielen, und wir möchtennicht, dass Spiele oder Wettbewerbeausgesetzt werden. Wenn dies jedochdazu beiträgt, dass eine Person ge-sund bleibt – nur eine –, werden kei-ne Fragen gestellt.“

Foto iStock, Bearbeitung F.A.Z.

Angesichts befürchteter Finanzsor-gen durch die Coronavirus-Krise kön-nen Klubs aus der 3. Liga, der Frau-en-Bundesliga und die Regional- undLandesverbände auf Hilfe des Deut-schen Fußball-Bundes hoffen. Wieder Verband am Freitagabend mitteil-te, prüfe man derzeit „ein Unterstüt-zungsprogramm zur Aufrechterhal-tung der Liquidität für den Fall, dassder Spielbetrieb weiter ruhen mussund Verbände oder Klubs hierdurchin Liquiditätsengpässe geraten soll-ten“. Derzeit sind in der 3. Liga diekommenden beiden Spieltage wegender Coronavirus-Pandemie ausge-setzt. dpa

dpa. NYON. Die Europäische Fuß-ball-Union (Uefa) hat den Spielbe-trieb in der Champions League undin der Europa League wegen der Co-ronavirus-Krise vorerst ausgesetzt.Das teilte die Uefa am Freitag mit.„Angesichts der Entwicklungen auf-grund der Verbreitung von Covid-19in Europa und der damit verbunde-nen Entscheidungen der verschiede-nen Regierungen“ habe der europäi-sche Dachverband entschieden, allePartien der Uefa-Klubwettbewerbe inder kommenden Woche zu verschie-ben, hieß es in einer Mitteilung. Dazugehören die verbleibenden Spiele desAchtelfinales in der ChampionsLeague am 17. und 18. März und da-mit auch das Rückspiel des FC Bay-ern München gegen den FC Chelsea,dessen Stürmer Callum Hudson-Odoi positiv auf das Coronavirus ge-testet worden war, und alle Achtelfi-nal-Partien in der Europa League am19. März. Die für den 20. März ange-setzte Europapokal-Auslosung wur-de ebenfalls verschoben.

Mit dieser Entscheidung rückt dieVerlegung der Fußball-Europameis-terschaft (12. Juni bis 12. Juli) immernäher. In der Bundesliga soll vomkommendem Dienstag an bis zum 2.April nicht mehr gespielt werden (sie-he Text auf dieser Seite). Zuvor hat-ten schon zahlreiche Länder wie Spa-nien, Italien, Frankreich, die Nieder-lande oder Portugal ihren Spielbe-trieb ausgesetzt, so dass ein geregel-ter Saisonabschluss in diesen Ligennicht mehr möglich ist.

Bei der Uefa ist für den kommen-den Dienstag eine Krisensitzung perVideokonferenz mit allen 55 Mit-gliedsverbänden geplant. Überein-stimmenden Medienberichten zufol-ge gilt die Verschiebung des paneuro-päischen Turniers in den Sommer2021 inzwischen als erste Option.Den großen Ligen des Kontinentswürde das nach dem Ausbruch derCoronavirus-Pandemie dringend be-nötigte Zeit verschaffen. Der dicht ge-staffelte Fußball-Kalender gibt kaumfreie Termine für Nachholspiele her.

Die Bundesliga macht Pause bis zum2. April – so viel zumindest scheint ersteinmal sicher. Aber wie soll es danachweitergehen? Drei Szenarien, was dieDFL aus dieser Saison machen könnte.

Szenario 1: Im Falle einer EM-Absagebleibt Zeit bis Ende JuniBis zum 30. Juni, wenn die Verträge derSpieler enden, könnte versucht werden,die verbleibenden Spieltage durchzudrü-cken. Das wirkt angesichts der aktuellenLage und der Rasanz, mit der das Virusgrassiert, aber äußerst ungewiss. Jedereinzelne Fall wird auch nach der Pausedafür sorgen, dass Spiele abgesagt wer-

den müssen. Angesichts von möglichenweiteren Quarantäne-Fällen wirkt selbstdas Zeitfenster bis Ende Juni winzigklein. An eine Rückkehr von Zuschau-ern in die Stadien ist derzeit ohnehinnicht zu denken.

Szenario 2: Annullierung derganzen Saison nach einem AbbruchDie bisherige Saison und alle Spiele seitAugust wären nichtig, der aktuelle Ta-bellenstand hätte keine Bedeutung,auch einen Meister gäbe es nicht. Sohat zum Beispiel die Deutsche Eis-hockey Liga (DEL) in dieser Woche ent-schieden. Stattdessen würden dieselben

18 Vertreter wie in der laufenden Spiel-zeit auch kommende Saison in der Bun-desliga spielen, für eine Europapokal-Teilnahme 2021/22 könnte die Plazie-rung aus der vorletzten Saison maßgeb-lich sein. Angesichts der Tatsache, dassauch der Spielbetrieb in der drittenLiga und im Amateurbereich derzeit ein-gestellt ist und dort eine reguläre Been-digung der Spielzeit utopisch scheint,könnte das die erste Option sein. Wasallerdings würde aus Auf- und Abstieg?Denkbar – aber auch nicht selbstver-ständlich – wäre, dass die DFL wegender einmaligen Situation auf 20 Teamsaufstockt.

Szenario 3: Wertung der aktuellen Ta-belle nach einem AbbruchEin Abbruch, bei dem nicht annulliert,sondern die aktuelle Tabelle herangezo-gen wird, dürfte für noch deutlich mehrUnmut sorgen und könnte Millionenkla-gen gegen die DFL zur Folge haben. Der-zeit haben nicht einmal alle Klubs diesel-be Anzahl an Spielen, dazu kommen einunterschiedlich schwerer Spielplan unddie Chance, die den Vereinen durch höhe-re Gewalt für die restliche abgesagte Sai-son genommen wird. Hier eine Grenzezu ziehen, bei der die DFL nicht für Will-kür attackiert wird, scheint praktischnicht möglich. (dpa/F.A.Z.)

„Wie Affenim Zirkus“

DFB prüft Hilfenfür Klubs

EnglischeKehrtwendeAuch die PremierLeague setzt aus

Wann fälltdie EM?Uefa setzt alleKlubwettbewerbe aus

Abbruch, Annullierung, Ausweitung?

Der deutsche Fußball will bis zuletzt an einemSonderweg festhalten. Dann ruht der Ball in der

Bundesliga doch sofort. Am Abend wird der ersteCorona-Fall bekannt und ein Länderspiel abgesagt.

Von Michael Horeni, Berlin

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Page 32: Frankfurter Allgemeine Zeitung - 14 03 2020

SEITE 32 · SAMSTAG, 14. MÄRZ 2020 · NR. 63 FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNGSport

Gute Besserung, Rudy Gobert.Der französische Basketball-profi ist der Mann, der „aus

Versehen Amerika gerettet habenkönnte“, wie der „Toronto Star“schreibt, ein „trotteliger Held“. Undzwar, weil er sich vor einigen Tagenwie ein, Entschuldigung, geht abernicht anders, Vollidiot benahm. Undalle Aufnahmegeräte und Mikrofonebetatschte, die vor ihm auf dem Tischlagen bei einer Presserunde. Das Vi-rus als Vorlage für einen „prank“, wieder Amerikaner sagt, einen Streich.Selten so wenig gelacht. Gobert ver-ging es auch recht zügig, als er derje-nige war, der positiv auf Corona getes-tet wurde und damit der NBA den Ste-cker zog. Die Liga setzte den Spielbe-trieb aus und zeigte damit dem Restder Sportwelt, wie schnell Entschei-dungen im Zweifel getroffen werdenkönnen. Und Gobert? Meldete sichaus der Quarantäne: „Als Erstes bitteich alle um Entschuldigung, die ichgefährdet habe. Ich war sorglos, esgibt keine Ausrede. Ich hoffe, meineGeschichte dient als Warnung, und je-der nimmt das nun ernst. Ich werde al-les tun, was in meiner Macht steht,um mit meinem Beispiel andereneine Lehre zu sein und die Verbrei-tung des Virus zu verhindern. Ich un-terstütze jeden, alles zu unterneh-men, um sicher und gesund zu blei-ben. Liebe.“ Gut gesagt, MonsieurGobert. Liebe. Und Hände waschen.

CHAPEAU

Was ist los, Mann? BeispielCarlos Cordeiro. Bis Don-nerstagnacht noch Präsi-

dent des amerikanischen Fußballver-bandes und damit, nach allem, wasman derzeit weiß, Gastgeber der über-nächsten Fußball-Weltmeisterschaft.Also, Fußball-WM der Männer. Aber:Imperfekt. Im angelsächsischen Sin-ne. Cordeiro hat versagt. Mann,Mann, Mann. Und wurde folgerichtigvorgeführt von denen, die im ameri-kanischen Fußball-Verband die Mu-sik machen. Und die Titel holen. DenAuswahlspielerinnen um AnführerinMegan Rapinoe. Die liefen am Mitt-woch zum Spiel gegen Japan mit auflinks gewendeten Trikots zur Natio-nalhymne auf – aus Protest gegen denMann an der Verbandsspitze. Er hat-te die Klageerwiderung abgesegnet,die sich gegen die Spielerinnen wen-det, die von ihrem Verband genausobezahlt werden wollen wie die Män-ner. Das lehnt die Verbandsspitze ab,unter anderem mit dem Argument,das Spiel der Frauen erfordere weni-ger Können. Mann, das kam nicht gutan. Cordeiro trat ab, Imperfekt. Inder Gegenwart ist er ein Mann vongestern. Den Verband führt nun Cin-dy Parlow Cone, Weltmeisterin 1999,Olympiasiegerin 1996 und 2004. Dergrößte Erfolg der amerikanischenMännernationalmannschaft ist Platzdrei bei einer Weltmeisterschaft. Dervon 1930.

Von Christoph Becker

ATTAQUE

Mann vongestern

s gibt Leute mit be-sonders feinen Ohren, die meinen, am Don-nerstagabend gehört zu haben, dass ThomasBach, der Präsident des Internationalen Olym-pischen Komitees (IOC), erstmals die Möglich-keit eingeräumt hat, dass die OlympischenSpiele 2020 in Tokio nicht wie geplant stattfin-den könnten. In der ARD-Nachrichtensendung„Tagesthemen“ antwortete er auf die zweimali-ge Frage des Moderators Ingo Zamperoni, waser tun werde, wenn die Weltgesundheitsorgani-sation WHO ihm angesichts der Coronavirus-Pandemie raten würde, die Olympischen Spie-le abzusagen, schließlich mit folgendem Satz:„Wir werden dem Rat der WHO folgen.“ Wasaber hätte er sonst antworten sollen? Etwa:„Wir werden den Rat der WHO in den Windschießen?“

Man muss neidlos anerkennen: Gut gefragt,Herr Zamperoni. Denn Bach will partout überdie Möglichkeit einer Absage oder einer Ver-schiebung nicht sprechen. Als wäre sie erst indem Augenblick in der Welt, wenn er persön-lich als oberste Instanz sie beim Namen geru-fen hätte.

Bachs vorsichtige Antwort brachte so ziem-lich den einzigen Moment in diesem fünfminüti-gen Interview in einem der wenigen wesentli-chen Nachrichtenformate im deutschen Fernse-hen mit sich, in dem der wichtigste Sportfunk-tionär der Welt den Eindruck vermittelte, dasser die Wirklichkeit überhaupt zur Kenntnisnimmt. Dabei sind die Tatsachen erdrückend:Die Experten rechnen nicht damit, dass die Seu-che schon im Sommer überwunden sein wird.Womöglich ist der Höhepunkt erst im Herbst er-reicht. Auch damit wurde Bach konfrontiert. Sei-ne Antwort: „Wir haben ernsthafte Problemejetzt mit den Qualifikationswettbewerben.“

Die Reisebeschränkungen vieler Länder unddie hohe Ansteckungsgefahr gelten auch fürdie olympische Familie. Die Spiele, die am 24.Juli eröffnet werden sollen, sind in höchstemMaße gefährdet. Seine Zuschauer, die sich zu-vor in der Nachrichtensendung auf den neues-ten Informationsstand gebracht hatten, genau-so wie die Athleten in ihren diversen Trainings-lagern mussten sich unweigerlich fragen: Wie-so sagt Bach das nicht? Wieso sagt er nicht ein-fach, was auf der Hand liegt?

Schließlich kennt er die Tatsachen, wie alle,die im Leben stehen. Auch die IOC-Zentrale inLausanne wird von Montag an nahezu verwaistsein, weil die Angestellten ins Home Office ge-schickt werden, genau so wie die Mitarbeiterdes IOC-Senders Olympic Channel und desOlympic Broadcasting Service OBS in Madrid.In Sparta wurde am Freitag der Fackellauf abge-brochen, weil sich zu viele Menschen um denSchauspieler Gerard Butler versammelt hat-ten, der die Flammenschale entzündete. DerFackellauf sei ein „Signalfeuer der Hoffnung“,hatte das IOC am Donnerstag verkündet, einSymbol der „Verpflichtung auf den Erfolg derSpiele Tokio 2020“.

Doch Bach steht nicht allein mit seiner Vo-gel-Strauß-Politik. Auch andere große Sportver-eine und Verbände versuchen, Konsequenzenaus der Lage auszublenden und ihre monetärenInteressen so lange als möglich weiterzuverfol-gen. „Es geht am Ende des Tages auch im Profi-Fußball um Finanzen“, sagte Karl-Heinz Rum-menigge, der Vorstandsvorsitzende des FC Bay-ern München, am Freitag. Worum es in den Ge-sellschaften in Deutschland und überall aufdem Planeten geht, hatte der Dortmunder Ober-bürgermeister Ullrich Sierau am Dienstag schonformuliert: um Leben und Tod. Das Ende allerTage für vom Virus Lebensgefährdete.

Akutes Wahrheits-SyndromDabei müssten für die Funktionäre das Wohlder Sportler und die Verantwortung in der Ge-sellschaft eigentlich höchste Priorität haben.Trotzdem haben andere Konzerne und Unter-nehmen der Privatwirtschaft sehr viel schnellerbegriffen. Das alles zeigt: Die Sportverbändesind in Wahrheit weit davon entfernt, humaneOrganisationen zur Förderung der Bewegungs-kultur zu sein. Sie haben sich in den vergange-nen Jahrzehnten in machtvolle Geldmaschinenverwandelt, denen die Regeln des Zusammenle-bens verlorengegangen sind. Auch Sportfreun-de reiben sich die Augen angesichts dessen, wasdas Virus an den Tag gebracht hat. Ein Erreger,der nicht nur eine Lungenkrankheit auslöst,sondern ein akutes Wahrheitssyndrom.

„Geld regiert die Welt“, sagte Formel-1-Welt-meister Lewis Hamilton am Donnerstag, als ernoch glaubte, am Sonntag in Australien ein Au-torennen vor 100 000 Zuschauern fahren zumüssen, was ihm absurd erschien. Er traf insSchwarze, auch wenn man konzedieren muss,dass der Motorsport sich mit ethisch-morali-schen Ansprüchen auch im Alltag zurückhält.Doch Hamiltons Analyse lässt sich auf viele Be-reiche übertragen. Auch auf Olympia, das an-geblich auf den Werten „Freundschaft, Respektund herausragende Leistung“ basiert, Begriffe,

die mit Kontoständen nichts zu tun haben. Undauf das Taktieren, mit dem der Fußball nationalund international vergeblich versucht, das Vi-rus zu umdribbeln. Erst am Freitag, nach Tagendes Schweigens, verschickte der Deutsche Fuß-ball-Bund eine Pressemitteilung, in der sein Prä-sident Fritz Keller zitiert wird. Er könne sichnicht vorstellen, dass „ausgerechnet gegen gro-ße Fußballnationen wie Spanien und Italien“ inwenigen Tagen „Geisterspiele“ stattfänden. Die„Uefa arbeitet mit Hochdruck“ an der „bestenEntscheidung“, der sich der mitgliederstärkste– das Wort Größe verbietet sich – Verband derWelt „selbstverständlich“ anschließen werde.Man muss es mehrfach lesen, aber es bestehtkein Zweifel: keine einzige Silbe des Bedauernsangesichts der Opfer, die der Pandemie erlegensind. Gerade in Italien.

Auch von Bach war dazu nicht ein einzigerausformulierter Gedankengang zu hören in derARD. Der Mangel an Mitgefühl, verbalisierterSolidarität mit der globalisierten Gesellschafterschüttert. Wie konnte die Welt es zulassen,dass die Sportverbände so groß wurden, dasssie anfingen, sich über alles zu erheben?

„Landet in der Realität“Von denen im Profifußball, die für die Unter-haltung sorgen, von seinen Spielern, seinenTrainern, heißt es so oft, sie verdienten zu viel,seien nicht mehr von dieser Welt. Jetzt stelltsich heraus: Sie sind weit weniger arrogant undselbstherrlich als ihre Funktionäre. LiverpoolsTrainer Jürgen Klopp erklärte gleich bei zweiPressekonferenzen, ihm und seinen Spielernsei klar, dass sie genauso von der Pandemie be-troffen seien wie alle anderen. Und dass erMenschen ablehne, die glaubten, sie selbst sei-en ausgenommen. Im Stadion an der AnfieldRoad herrschte Klopp am Mittwoch Zuschaueran, sie sollten ihre Hände bei sich behalten, diesie zum Abklatschen ausstreckten. Bayern-StarThiago Alcantara twitterte am Freitag, als dasTheater um die Aussetzung der deutschen Fuß-ballmeisterschaft immer noch nicht zu Endewar: „Das ist verrückt. Bitte hört auf, dummesZeug zu reden und landet in der Realität. Lasstuns ehrlich sein, es gibt viel größere Prioritä-ten als jede Art von Sport.“ Den brachialenKonter setzte Rummenigge.

Wie dreist die mächtigsten Klubs Europasselbst Ausnahmesituationen vermarkten, be-wies am Mittwochabend der mit qatarischemGeld hochgezüchtete Milliardenbetrieb ParisSaint-Germain. Den Fans, die sich in Massenvor dem gesperrten Prinzenparkstadion ver-sammelten, mag man, wenn es unbedingt seinsoll, Gedankenlosigkeit unterstellen. Auchwenn ihre roten Fackeln der Party im vom Vi-rus gebeutelten Paris eine gespenstische Szene-rie verliehen: als spielten hier die Reiter derApokalypse ihre Champions League aus. Dassder Klub die gemeinsame Feier von Fans undSpielern anschließend aber auf sämtlichen so-zialen Netzwerken vermarktete, ist durchnichts zu rechtfertigen. Es zeugt von Empathie-losigkeit im Endstadium.

In der strikt hierarchisch geordneten Weltvon IOC-Präsident Bach bezieht dieser sich amliebsten auf die Ratschläge der Weltgesund-heitsorganisation WHO. Mit dem Generalsekre-tär der WHO, Tedros Adhanom Ghebreyesus,habe er erst vergangene Woche gesprochen.Der hatte auf einer Pressekonferenz am 3. Märzzu einer möglichen Absage der Spiele gesagt:„Ich glaube, jetzt zu entscheiden, wäre zu früh.“Zehn Tage – eine Ewigkeit in Zeiten, in denenschon morgen die Lage vollkommen verändertsein kann.

Bach führte die „ernsthaften Probleme mitden Qualifikationswettbewerben“ in den „Ta-gesthemen“ weiter aus. Erst 55 Prozent derStarter seien ermittelt. Man habe aber schonMaßnahmen ergriffen. Zum Beispiel dafür ge-sorgt, dass ein Großteil chinesischer Sportlersich im Ausland, zum Beispiel in Europa – ja,Europa – auf Tokio vorbereiten könnten. FürSportler, deren Qualifikationswettbewerbe aus-fallen, könnte es Sonderregelungen geben. DasIOC und das Organisationskomitee von Tokioseien übereingekommen, für mögliche Härte-fälle, etwa Athleten aus Italien, das Starterfeldzu erweitern. Mehr Teilnehmer in Tokio also.Mehr Teilnehmer? Obwohl auch im Sommernoch zu erwarten ist, dass Menschenansamm-lungen zur weiteren Ausbreitung des Coronavi-rus führen? Einmal davon abgesehen, dass dieZahl der Sportler, deren Trainingsbedingungensich massiv verschlechtern, täglich größerwird. Am Donnerstagabend sagte Bach in den„Tagesthemen“: „Wir begrüßen die Vorsichts-maßnahmen im Kampf gegen dieses Virus,weil sie uns helfen, in diesen viereinhalb Mona-ten die Angelegenheit noch weiter voranzutrei-ben.“

Er klang ein wenig so, als bekämpfe die Welteine Seuche, um dem IOC die OlympischenSpiele in Tokio zu retten. So als drehte sich die-se Erde nicht um die Sonne. Sondern um diefünf Ringe.

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ARD UND EUROSPORT 1: 13.35 Uhr, Biath-

lon, Weltcup, 12,5 km Verfolgung der Män-

ner aus Kontiolahti (Finnland), 15.10 Uhr,

Skispringen: Weltcup der Frauen aus Nisch-

nij Tagil (Russland), 15.35 Uhr, Biathlon:

Weltcup, 10 km Verfolgung der Frauen aus

Kontiolahti, 16.25 Uhr, Skifliegen, Weltcup,

Team, 1. Durchgang aus Vikersund (Norwe-

gen), 17.35 Uhr, Skifliegen, Weltcup, Team,

2. Durchgang.

EUROSPORT 1: 20.00–21.30 Uhr, Snooker,

World Main Tour, Gibraltar Open.

Sonntag

ARD UND EUROSPORT 1: 13.15 Uhr Biath-

lon, Weltcup, Single-Mixed-Staffel aus Kon-

tiolahti (Finnland), 14.10 Uhr, Skispringen,

Weltcup der Frauen aus Nischnij Tagil

(Russland), 15.05 Uhr, Biathlon, Weltcup,

Mixed-Staffel aus Kontiolahti (Finnland),

16.30 Uhr, Skifliegen, Weltcup, Einzelflie-

gen, Herren, 1. und 2. Durchgang aus Viker-

sund (Norwegen).

EUROSPORT 1: 19.55–22.00 Uhr, Snooker,

World Main Tour, Gibraltar Open.

DORTMUND

PARIS

TOKIO

Wie konnte die Welt es zulassen, dass dieSportverbände so groß wurden, dass sie anfingen,sich über alles zu erheben?

Von Christoph Becker

und Evi Simeoni

TOKIO

E

Sport live im Fernsehen

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Page 33: Frankfurter Allgemeine Zeitung - 14 03 2020

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Choleriker, die sich nicht beherrschen könnenund ständig herumschreien, gibt es auch unterChefs. Was tun? Die Karrierefrage.

Studierende mit Prüfungsangst können Klausurennur unter größten Anstrengungen bewältigen.Im schlimmsten Fall droht der Studienabbruch.

Älter als 40 und noch einmal an die Uni?Immer mehr Menschen wagen das. Aber siebekommen dabei nur wenig Unterstützung.

Pünktlich zum Meeting zu er-scheinen hat nichts mit Diszi-plin zu tun, sondern ist Selbst-

verständlichkeit.“ So sieht es zumin-dest Franz Tost, Chef des Red-Bull-Nachwuchsrennstalls in der Formel1. Und da der Österreicher mit deutli-chen Worten selten hinter dem Berghält, führt er im hauseigenen Hoch-glanz-Magazin des Dosen-Imperiumsgleich weiter aus: Wer nicht täglichangemessen trainiere und sich an diestrengen Ernährungspläne halte, derwerde von der Maschinerie Formel 1gefressen. Lässt sich aus derlei Weis-heiten auch als gemeiner Bürotäter et-was lernen?

Da wäre natürlich die an sich bana-le Erkenntnis: Profis wie die Rennfah-rer in der Königsklasse sind zumeistabsolut besessen. Und Witzeleienüber die vermeintlich furchtbar rigi-den Ernährungsvorgaben des PariserFußballtrainers Thomas Tuchel ver-kennen den Kern des Profitums. Werseinen Körper für das angestrebteSpitzenniveau präparieren will, solltemöglichst alle Register ziehen. Letzt-lich geht es eben um etwas ganz Ele-mentares: die Einstellung zum eige-nen täglichen Tun – ganz gleich obnun im Cockpit, auf dem Fußball-platz oder am Schreibtisch.

Nun stellt ein Arbeitgeber eher sel-ten einen Stab aus Fachleuten bereit,um seine Belegschaft mit Rat, Tatund Essen permanent zur Seite zustehen. Einmal die Woche ein KorbObst fürs Großraumbüro taugt man-chen schon als Köder auf Stellenbör-sen, und im Automaten sind danndoch die Chips wieder als Erstes leer.Was bei Tost und Tuchel alle Alarm-signale auslösen würde, hat in denmeisten Unternehmen bloß eineNachbestellung zur Folge. Das istauch völlig in Ordnung – obgleich esjedem geraten sei, sich schon ausrein egoistischen Gründen Gedan-ken über Ernährung zu machen.Doch ein gestählter Körper gehört(zum Glück!) selten zum Anforde-rungsprofil im Berufsalltag. Das Be-herzigen von Grundtugenden wieein gewisses Maß an Disziplin aller-dings schon.

Und wenn man es mit der Pünkt-lichkeit nicht so hat, muss man janicht gleich zum Energy-Drink grei-fen. Ein frühzeitiger Anruf bei denWartenden taugt schon mal als An-fang. Tätigt man solche Anrufe aller-dings im Wochentakt, fehlt es ohne-hin an ganz anderen Dingen als derrichtigen Koffein- oder Taurin-Dosis.

MEIN CHEF, DAS RUMPELSTILZCHEN WENIG GELD FÜRS SPÄTE STUDIUMBLACKOUT

58Prozent derAngestellten würdenwegen des Corona-virus gerne von

zu Hause aus arbeiten.17,4 Prozent sind unentschieden.Quelle: Bundesverband Digitale Wirtschaft

Die Klimakrise aufhal-ten oder abschwä-chen. Marktwirt-schaft nicht nur inZahlen, sondernauch mit Umweltef-

fekten abbilden. Forschung für Men-schen und Umwelt vorantreiben: Im-mer mehr Menschen träumen von Be-rufen, in denen sie Umwelt, Gesund-heit, Natur und Klima etwas Gutestun können. Beim Gedanken an densogenannten grünen Arbeitsmarkttauchen in vielen Köpfen erst einmalBilder von Naturschützern in Gummi-stiefeln auf, von matschigen Äckernund Bauern auf der Weide. KatharinaReuter, Geschäftsführerin des Unter-nehmens Grün e.V., eines ökologischorientierten Unternehmensverbands,findet das problematisch. „In Wirk-lichkeit muss man grüne Berufe vielbreiter wahrnehmen“, sagt sie.

Das Netzwerk „Grüne Arbeits-welt“, das vom Bundesumweltministe-rium unterstützt wird, hat beispiel-haft 16 nachhaltige Berufsfelder defi-niert. Darunter sind Klassiker wie „Re-cycling und Abfallwirtschaft“ oder„Tiere und Pflanzen“, aber auch„Nachhaltige Architektur und Gebäu-detechnik“, „Grüne Finanzen und Ver-sicherungen“ oder „Green IT“. Nach-haltigkeitsfachleute braucht man fastüberall. Vermutlich wird die Nachfra-ge nach ihnen weiter steigen: Vor al-lem im Bereich Grüne Finanzen siehtReuter große Wachstumschancen.

Was eigentlich ein „grüner Arbeits-platz“ ist, müssen Jan Strohscheinund seine Mitarbeiter täglich entschei-den. Er ist Geschäftsführer des Stel-lenportals Greenjobs GmbH. DiePlattform vermittelt Arbeitsplätze mitUmweltbezug. Was grün ist, entschei-den Strohschein und sein Team nachden folgenden Kriterien: „Entwederder Arbeitgeber ist klar im grünen Be-

reich tätig oder die Stelle erfordert einegrüne Qualifikation“, sagt Strohschein.Ausschreibungen für Landschaftsplanersind für ihn genauso grüne Jobs wie eineBürokauffrau im Naturstromunterneh-men. Nachhaltig arbeiten lässt sich bei derKrankenkasse ebenso wie in der Bäckerei– konkrete Beispiele, wie das im Berufsall-tag aussehen kann, haben wir auf dieserSeite in vier Porträts gesammelt. Grenzfäl-le gebe es häufig in der Landwirtschaft:Während Biobauern im nachhaltigen Be-reich arbeiten, sei das bei konventionellenLandwirten nicht unbedingt der Fall.

Branchenübergreifend kann Stroh-schein ein wachsendes Interesse an grünenStellen feststellen. „Nachhaltigkeit ist derbestimmende Megatrend für dieses Jahr-zehnt“, sagt auch Reuter. Einen weiterenBeleg dafür sieht sie darin, dass Belegschaf-ten mittlerweile vermehrt ganz andere Ex-tras nachfragen als früher. Viele wünschensich zum Beispiel ein Jobfahrrad statt ei-nes Dienstwagens und vegetarische undökologische Angebote in den Kantinen.

Reuter rät Unternehmen, die Impulseanzunehmen: „Man kann viele Punktesammeln, wenn man in diesen Dingen of-fen ist“, sagt sie. Am Ende geht es darum,Arbeitskräfte zu gewinnen oder zu bin-den: „Es gibt einen Wechselwillen aus derklassischen Wirtschaft in einen Arbeits-markt mit Sinn“, sagt Reuter. Es gebe auchin vielen nicht traditionell grünen Arbeits-feldern ein immer größeres Bestreben,sich zu verändern. Das beinhaltet zum ei-nen Maßnahmen, wie Energie sparenoder CO2-Kompensation. Zum anderengibt es auch in der Berichterstattung eineVeränderung von einem rein finanziellenBlickwinkel zu einer integrierten Arbeits-weise, in der zum Beispiel auch Lieferket-ten und Umwelteffekte eine Rolle spielen.

Dass nachhaltiges Arbeiten so schwerzu fassen ist und keinen strikten Kriterienunterliegt, birgt die Gefahr, dass Unter-nehmen vermeintlich grünes Handeln zuMarketingzwecken missbrauchen. Wenn

ein Tabakunternehmen, das in ersterLinie der Gesundheit schadet und da-mit konträr zu nachhaltigen Entwick-lungszielen handelt, erklärt, wie sehres sich für das Ziel „sauberes Wasser“einsetzte, dann sei das problematisch,sagt Reuter. „Dagegen hilft, dass dieKenntnisse über Nachhaltigkeit beider jungen Generation wachsen.“ Sieließen sich nicht so schnell von Werbe-maßnahmen blenden.

Für Arbeitsplätze im grünen Be-reich, gibt es nicht den einen Ausbil-dungsweg, aber ein wachsendes Ange-bot an Möglichkeiten. „NachhaltigeStudiengänge schießen wie Pilze ausdem Boden“, sagt Reuter. Neben derLeuphana Universität in Lüneburgund der Hochschule Eberswalde, dieschon lange für ihr Engagement indiesem Bereich bekannt sind, tau-chen auch an anderen deutschenHochschulen immer mehr Studien-gänge mit einem Fokus auf Nachhal-tigkeit auf. Vor allem im Bereich Le-bensmittel beobachtet Reuter span-nende Entwicklungen.

Nachhaltigkeit gibt es aber längstnicht nur in der Aus-, sondern auchin der Weiterbildung: Das Unterneh-men On Purpose bietet Programmean, bei denen Beschäftigte ein Jahrlang in Stiftungen, NGOs oder ökolo-gischen Unternehmen Kenntnisse er-werben, um in einen grüneren odersozialeren Bereich zu wechseln. Reu-ter sagt aber auch, dass nicht für allegrünen Jobs nur die Ausbildung aus-schlaggebend sei. Wichtig seien auchpersönliches Interesse oder einschlä-gige Praktika.

Dass die Arbeitswelt grüner wird,ist für Reuter ein Schritt in die richtigeRichtung, allerdings gehe es zu lang-sam und nicht weit genug. „Vor allemin klassischen Ausbildungen müssteNachhaltigkeit noch besser verankertwerden“, sagt sie.

Maximilian Begovic Foto Blende 11

Lernen vonden ProfisVon Benjamin Fischer

„Wir verbinden persönliche Gesundheitmit der Gesundheit unseres Planeten“, um-reißt Maximilian Begovic, 31 Jahre alt, sei-nen Arbeitsbereich in der gesetzlichenKrankenkasse BKK Pro Vita. Er ist dortverantwortlich für das Nachhaltigkeitsma-nagement und damit unter anderem fürdie integrierte Berichterstattung, die nichtnur finanzielle, sondern auch nachhaltigeAspekte in die Unternehmensbilanz ein-schließt. Seit 2017 arbeitet er bei der BKK.Davor hat er BWL studiert.

Einer seiner Arbeitsbereiche ist Ernäh-rung. Dabei geht es nicht nur um persönli-che Gesundheit, sondern auch darum, wieviele Ressourcen Ernährung verbraucht.„Dabei ist jede Ernährungsweise in Ord-nung“, sagt Begovic. „Aber wir wollenWege aufzeigen, um sich nachhaltiger zuernähren.“ Dazu schlägt die Krankenkas-se ihren Versicherten auf Social Media ve-getarische Rezeptideen vor, übernimmtKosten für Vitamin B12 oder bezuschusstKochkurse und Ernährungsberatung.

Für Begovic ist es wichtig, die ThemenGesundheit und Nachhaltigkeit zusam-menzubringen. Auch der Klimawandelhabe eine gesundheitliche Dimension, sosei zum Beispiel die zunehmende Hitzeeine Bedrohung vor allem für kleine Kin-der und ältere Menschen. Er wünscht sichaber auch, dass an manchen Stellen nochmehr passiert: So sollten zum Beispiel öko-logische Faktoren bei der Auswahl vonArzneimitteln besser mit einbezogen wer-den. Nachhaltige Transformation be-schränkt sich für Begovic nicht nur auf sei-nen Job: Er selbst ist Vegetarier, versuchtweniger zu fliegen und Auto zu fahren undüberlegt, wo er sein Geld anlegt.

Marion Bühl Foto Privat

Auch an Hochschulen kann man einenBeitrag zur nachhaltigen Entwicklung leis-ten. Das tut zum Beispiel der 37 Jahre alteGeograf Tobias Matusch am Unesco-Lehr-stuhl für Welterbe- und Biosphärenbeob-achtung und Bildung an der pädago-gischen Hochschule in Heidelberg. Aufder ganzen Welt gibt es 700 Unesco-Lehr-stühle, zurzeit 13 in Deutschland. Sie ar-beiten nach den 17 Zielen für NachhaltigeEntwicklung und der Agenda 2030. „MeinJob ist es, den roten Faden zwischen deroperativen Projektarbeit und den größe-ren Zielen zu vermitteln“, sagt Matusch.Viel Arbeitszeit verbringt er am Schreib-tisch, er besucht auch Konferenzen undkümmert sich um Kooperationen und Ver-netzung. Davor hat Matusch in Geogra-phie promoviert und in Vietnam in derEntwicklungszusammenarbeit gearbeitet.

Sein Lehrstuhl legt einen Schwerpunktauf Wissenschaftskommunikation und Bil-dung für Nachhaltige Entwicklung. Das be-deutet, er forscht dazu, wie man Wissenzu Nachhaltigkeit und Klimaschutz an ver-schiedene Zielgruppen und vor allem anKinder weitergeben kann. 17 Projekte gibtes zu diesen Themen derzeit: Die Forsche-rinnen und Forscher beobachten sowohlStreuobstwiesen in Bad Schönborn alsauch Nebelökosysteme in Chile.

Matusch ist überzeugt, dass man nichtnur forschen sollte, sondern auch mit gu-tem Beispiel vorangehen. „Als Unesco-Lehrstuhl versuchen wir beispielsweise un-ser Catering nachhaltig und vegetarischzu gestalten“, erklärt er. Obwohl er seinenJob liebt, sei er manchmal eine Sisyphusar-beit. „Vor allem die Kommunikation vonWissenschaft ist eine echte Herausforde-rung.“

Tobias Matusch Foto geo

„Nein, danke, lieber doch nicht!“ Sooder so ähnlich reagierte in Deutsch-land in den Jahren 2018 und 2019mehr als jeder Fünfte, wenn ihm oderihr ein Stellenangebot unterbreitetwurde. Ganz schöner Luxus! In Ame-rika erlaubten sich das nur 17,2 Pro-zent, in Frankreich waren es noch we-niger. Das jedenfalls berichtet die Ar-beitgeber-BewertungsplattformGlassdoor unter Berufung auf 10 000dort abgegebene Bewertungen vonMitarbeitern. Der Haken: Wissen-schaftlich belastbar sind die Datennicht; jeder kann freiwillig auf derWebsite einen Arbeitgeber bewertenund Aussagen zu Stellenangebotenund Absagen machen. Trotz der man-gelnden Repräsentativität ist aber da-von auszugehen, dass an dem Länder-vergleich etwas dran ist, zumal dieZahl der Bewertungen sehr groß istund die Arbeitsmarktlage in Deutsch-land jüngst tatsächlich sehr gut war.Dass die Fachleute von Glassdoor auf-grund des vergangenen Aufwärts-trends schließen, auch im laufendenJahr setze sich die Entwicklung fort,darf dagegen bezweifelt werden. Dieaktuelle Corona-Krise und eine allge-mein schwächere Konjunktur könn-ten der häufigen freien Stellenaus-wahl ein jähes Ende bereiten. nab.

Einen Tickvoraus

Grüner Antrieb: Nachhaltige Berufe wirken heute ganz selbstverständlich im Wirtschaftsgeschehen mit. Foto ddp, Bearbeitung F.A.Z.

Kathleen Graf Foto Privat

Marion Bühl, 42 Jahre alt, kümmert sichseit 2014 darum, dass die Berliner Stadtrei-nigung Energie einspart. Wenn neue Ge-bäude gekauft oder übernommen werden,sitzt sie mit am Tisch und hat ein Auge dar-auf, dass die getroffenen Entscheidungenenergetisch Sinn ergeben. Dazu führt sieWirtschaftlichkeitsanalysen durch undprüft, wofür Fördergeld beantragt werdenkann. Im Alltag verbringt sie viel Zeit mitExcel-Tabellen. „Nachhaltigkeit ist dabeinicht nur Umweltschutz“, sagt Bühl. Manmüsse immer sowohl die wirtschaftliche,die ökologische als auch die soziale Säulesehen und das bedeutet für sie, auch dieGebühren für Verbraucher so gering wiemöglich zu halten.

Wichtig sei es, langfristig zu denken.„Investitionen in Energieoptimierungenlohnen sich eigentlich immer, wenn manihren ganzen Lebenszyklus betrachtet“,sagt sie. Die Stadtreinigung erzeugt selbstEnergie mit Windkraft und Photovoltaikund Biogas aus Biomüll. Seit 2009 ist es ge-lungen, den Energieverbrauch um 14 Pro-zent und den CO2-Ausstoß im Zusammen-hang mit Gebäuden sogar um 25 Prozentzu senken. Das soll noch mehr werden: InZukunft soll jährlich eine weitere Photo-voltaikanlage hinzukommen.

Bühl nimmt wahr, dass das Bewusstseinfür ihr Thema in den vergangenen Jahrenstark gewachsen ist. Sie werde jetzt mit ih-ren Anliegen ernster genommen. Angefan-gen hat sie ihre Karriere übrigens völliganders: Sie ist gelernte Erzieherin und hatdann Wirtschaftsingenieurwesen für Um-welt studiert. Dass sie nun mit ihrem Jobetwas bewirkt, ist ihr wichtig: „MeineTochter soll mir später nicht vorwerfenkönnen, dass ich nichts gemacht habe.“

NINE TO FIVE

Mehl, Salz, Hefe und Wasser – mehrbraucht ein gutes Brot nicht. Diese Formvon Nachhaltigkeit hat die Bäckerei Schü-ren schon in den Siebzigerjahren wieder-entdeckt. Eine Bäckereikette mit knapp20 Filialen in und um Düsseldorf grün zuführen ist dann aber doch komplexer, unddarum kümmert sich die 35 Jahre alteKathleen Graf. Seit 2018 ist sie Assisten-tin der Geschäftsführung. Regionalitätund Saisonalität sieht sie dabei als Grund-stein für Nachhaltigkeit. „Blaubeeren gibtes bei uns nur, wenn die auch in Deutsch-land wachsen.“ Der größte Teil des Getrei-des komme aus der Region, und die meis-ten Backzutaten seien biologisch. Aberdie Bäckerei legt auch auf anderes Wert:Die Lieferwagen seien fast vollständig aufElektro umgestellt, und das Unternehmenarbeite zu 95 Prozent klimaneutral. Mitar-beiter können über das UnternehmenFahrräder leasen.

Graf leitet Personal und Verkauf des Un-ternehmens, sorgte aber auch dafür, dassLeinenbeutel eingeführt wurden, die dieKunden kaufen und wiederverwendenkönnen. Außerdem betreut sie die Ausbil-dung von Nachhaltigkeitsbotschaftern.Sie sollen als Multiplikatoren dienen undKundinnen und Kunden vermitteln, wasdem Unternehmen wichtig ist.

Graf hat sich bewusst für diese Arbeitentschieden. Sie hat einen Master in nach-haltiger Dienstleistungs- und Ernährungs-wirtschaft gemacht und Erfahrungen imConsulting gesammelt, wo ihr die ständi-ge Ausrichtung auf Gewinne und das we-nig kollegiale Miteinander nicht gefielen.In der Bäckerei ist das nun anders: „Es istzwar viel, aber ich fühle mich wahnsinnigwohl.“

Vitamine aufRezept

Klimaschutz fürKinder erklärt

Freie Stelle?Nein, danke!

Grüne und nachhaltige Berufe haben mit dem gängigenBild von Ökos nur wenig zu tun. Auch klassische Angestelltekönnen ganz schön viel bewirken.

Von Lisa Kuner

Mit Excel-Tabellengegen Stromfresser

Blaubeeren nurim Sommer

ZAHL DER WOCHE

NR. 63 · SEITE C 1

FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG 14. MÄRZ 2020Beruf und Chance

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Page 34: Frankfurter Allgemeine Zeitung - 14 03 2020

SEITE C 2 · 14. MÄRZ 2020 · NR. 63 FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNGBeruf und Chance

Der Chef oder dieChefin haben keine

Allüren, sondern blankeAggression. Er oder sie pol-

tern durch den Arbeitsalltag undraunzen jeden an, der sich bei drei nicht insein Büro verzogen hat. In der Psycholo-gie gibt es dafür einen noblen Begriff:mangelnde Affektkontrolle. Dabei erle-ben die meisten Menschen hin und wiederSituationen, die sie zur Weißglut bringen.Der Unterschied ist nur: Wer kultiviert ist,hat sich und seine Wutgefühle unter Kon-trolle und versucht, sich sachlich zur Wehrzu setzen. Leider ist diese Eigenschaft kei-ne zwingende Voraussetzung, um in eineFührungsposition zu gelangen.

Was also ist zu tun? Zeit gewinnen undauf die Meta-Ebene gehen. „Ich sehe, Siesind gerade sehr aufgebracht, ich schlagevor, später weiterzureden, um zu einerLösung zu kommen. Ist das möglich?“Wer sich einen solchen Satz für berufli-che Notfälle fest vornimmt, der sprichtihn auch in einer Stresssituation aus. DieBerliner Psychologin Brigitte Scheidt rät:„In Situationen, in denen ich niederge-macht werde, gilt es, sich zu schützen,zum Beispiel, indem ich innerlich oderauch real aus der Situation gehe: Ent-schuldigen Sie, ich muss jetzt kurz denRaum verlassen. Das dann ohne Türen-schlagen tun, um durchzuatmen und ei-nen klaren Kopf zu bekommen.“

Allerdings sei ein kurzer Rückzug nichtimmer ratsam und abhängig von der Hier-archie im Unternehmen. „Man muss über-legen, bei wem man was macht“, sagt dieKarriereberaterin. Zu benennen, was ist,helfe in der Regel: „Darf ich fragen, wasSie gerade so ärgert?“ Denn wer fragt,führt. Die Psychotherapeutin empfiehlt:„Ich bleibe sachlich, möglichst respekt-voll, biete das Gespräch an und versuche,es von der starken Emotionalität auf eineSachebene zu führen.“

Der Münchener Sozialpsychologe Die-ter Frey rät, während des Wutanfalls in De-ckung und innerlich auf Distanz zu gehen.„Machen Sie sich klar, dass der andere einarmer Kerl ist. Solche Gedanken helfen“,erklärt der Professor. Ein Klassiker ausdem Verhaltenstraining: Vor dem geisti-gen Auge einen Betonring ziehen, sichmental abschotten vor so viel Bosheit. Dashört sich an wie aus dem Esoterik-Baukas-ten, funktioniert aber.

Allein schon deshalb, weil der Atta-ckierte sich auf etwas konzentriert undseinen Fokus verlagert. So etwas kannfreche Chefs verunsichern. Grundsätz-lich ist es nicht ratsam zurückzubrüllen.Denn auch wenn der Blutdruck hoch-schießt und der Geschmähte innerlichvor Zorn über Verbalinjurien kocht,wirkt es souveräner, nach außen dieRuhe zu bewahren. Wer schreit, der hatbeileibe nicht immer unrecht, aber erwirkt zumindest häufig so.

Flegel inszenieren ihre Attacken gernevor Publikum und kommen sich dann hel-denhaft-chefmäßig vor. Auch hier hilfteine klare Ansage: In diesem Ton nichtund nicht in diesem Rahmen! Es ist rat-sam, das zunächst im Einzelgespräch klarzu formulieren, sagt Brigitte Scheidt: „Ichbin offen für Kritik, aber ich möchte michso nicht behandeln lassen. Ich erlebe dasZusammenschreien als nicht respektvoll.Das macht es mir schwer, noch mehr En-gagement in die Arbeit zu stecken.“

Das ist für Akademiker auf Augenhöhepraktikabel, aber nichts, was dem gede-mütigten Einzelhandelsazubi weiterhilft,

wenn der Ausbilder ihn vor der Kund-schaft herunterputzt. Mit dieser Situationhaben schon Schüler tagtäglich zu tun,auch in Zeiten, in denen Prügelpädagogikverachtet wird. In so gut wie jedem Leh-rerkollegium gibt es schwierige, angstein-flößende Charaktere. Kollege T., der vorzweieinhalb Jahrzehnten im Schwäbi-schen die Schulbank gedrückt hat, berich-tet von einem Lateinlehrer, der lobte zu-nächst die Sprachkenntnisse der Klassen-besten und rief dann süffisant auf: „Jetzthören wir uns mal den Stotterer an.“

Oder der Mathelehrer aus dem Rhein-land, der diejenigen, die schon der niede-ren Mathematik wenig abgewinnen konn-ten, brüllend beleidigte, weil sie es „nichtwert sind, dieselbe Luft wie ich zu at-men“. Heute wird das kopfschüttelnd undeinigermaßen abgeklärt erzählt, mitleidigwird von narzisstischer Persönlichkeits-störung gesprochen. Damals duckten sichdie verängstigten Kinder weg, weil ihr„Chef“ ausrastete. Auch der eingeschüch-terte Klassensprecher – wer mag es ihmverdenken – protestierte nicht. Gut, wenn

diese verunsicherten Kinder wenigstensvon der Familie aufgefangen wurden.Noch besser, wenn sie gewagt hätten, sichgemeinschaftlich gegen solche Tyrannenund ihre Eruptionen zur Wehr zu setzenoder einen verständnisvollen Lehrer insVertrauen zu ziehen.

Poltert der Chef ständig, oder ist

nur gerade unter Druck?

Denn wer früh lernt, sich gegen himmel-schreiende Ungerechtigkeit auch mit Hil-fe von anderen zu stemmen, dem fällt dasim Erwachsenenleben leichter. SolcheMutproben gegen jähzornige, grenzverlet-zende Rumpelstilzchen-Typen sind selbst-verstärkend. Wer sich wehrt, besiegt seinOhnmachtsgefühl und stärkt eine starkeAusstrahlung – es gibt selbstbewusst auf-tretende Menschen mit einer Art Teflon-Abwehr, die das Gegenteil von sich du-ckenden Opfertypen verkörpern. Wer essportlich sehen kann: tobsüchtige Chefsimmunisieren fürs Leben. In beruflichenKonstellationen genau hinzuschauen bie-

tet Vorteile: Ist der Chef jemand, der stän-dig lospoltert, oder steht der aktuell unterDruck, und sein explosiver Ausraster wareine Ausnahme? „Ist der ansonsten ganzokay, bietet sich ein Gespräch an“, sagtPsychologin Scheidt. „Es ist immer gut,zu schauen, wie Kollegen mit dem jeweili-gen aufbrausenden Chef umgehen. Gibtes welche, die es nicht trifft, was machendie anders?“

Wer erkennt, was für ein Cheftyp vorihm steht, kann sich darauf einstellen, so-lange er sich nicht grundsätzlich verbie-gen muss: Will der Vorgesetzte knappe La-geberichte, ist er von ausführlichen Erklä-rungen genervt? Wer das durchschautund entsprechend bedient, verbiegt sichnicht und arbeitet angenehmer. „Wasbraucht der, damit ich mehr Freiraum undMöglichkeiten habe?“ Das sei eine Über-legung wert, rät Scheidt. „Launenhaftig-keit und Primadonnen gibt es leider in al-len Bereichen und in deren Folge auchLeute, die die Sekretärin fragen: Wie ister denn heute drauf?“ Lasse sich das Ge-spräch an einem schlechten Tag nicht ver-

meiden, helfe es nachzufragen: Ich habeein Anliegen, sind Sie heute offen dafür?Sind die Ausraster hingegen Standard, seieine andere Strategie angeraten. „Dannwende ich mich an den nächsten Vorge-setzten oder ziehe einen Mediatoren hin-zu, den manche Unternehmen anbieten“,sagt Scheidt. Es kann auch helfen, den Be-triebsrat einzuschalten.

Manchmal hilft nur noch,

die Stelle zu wechseln

Herr des Verfahrens bleiben, nicht in derOpferrolle oder der des Beobachters ver-harren, das rät auch Psychologe Frey.„Das Allerwichtigste ist, dass man einNetzwerk bildet, um solchen Führungs-personen Einhalt zu gebieten.“ Wenn esanderen auch so gehe, gelte es, gemein-sam Stärke zu demonstrieren und anzu-deuten: Chef, mäßige dich, sonst brichthier demnächst die Palastrevolution aus!

Sich Verbündete zu suchen hat noch ei-nen anderen, nicht zu unterschätzendenGrund, betont Frey. „Es ist verheerend,wenn solche Choleriker möglicherweisezu Vorbildern für den Führungsnach-wuchs werden.“ Sich das Leben von ei-nem Choleriker schwermachen zu lassen,lehnt der Wissenschaftler energisch ab.„Man muss ihn isolieren. Und man mussselbstbewusst rüberbringen, dass be-stimmte Dinge einfach vollkommen indis-kutabel sind.“

Einfach ist das nicht. „Anfälle von Tob-sucht auf der Top-Management-Ebene sei-en nicht selten, beobachtet TherapeutinScheidt. „Das kann System haben. Es gibtMenschen, die ihre Autorität darüber aus-leben, dass alle, auch gestandene Mana-ger, Angst vor ihnen haben. Das sind Leu-te, die oft sehr charmant und freundlichsein können vor Fremden beziehungswei-se zu denen, von denen sie was wollen,etwa Kunden oder Vorgesetzte. Kritikund Widerspruch von Untergebenen erle-ben sie oft als In-Frage-Stellung ihrer Per-son und Rolle, was nicht sein darf.“ Be-troffene können im Extremfall gegen Be-leidigungen juristisch vorgehen, „die ei-gentliche Frage lautet: Welchen persönli-chen Preis bin ich bereit zu zahlen?“

Was aber tun bei Sadisten, die sich dar-an ergötzen, andere herunterzumachen?Niemand heilt einen solchen Charaktermit antrainierten Standardsätzen. Ist eineSituation so verfahren, ist es Zeit, sich dieThese zu vergegenwärtigen: Love it,change it or leave it. Mit dem Lieben, dashat sich für einen normal empfindendenMenschen erledigt. So einen Chef liebtniemand, der keine masochistischen Nei-gungen hat, den achtet keiner, der wirdeher verachtet. Ihn zu ändern dürfteschwierig sein. „Auf Dauer macht eine At-mosphäre, die von Druck und Angst ge-prägt ist, krank“, warnt Scheidt. Um ei-nem Choleriker zu entgehen, bleibt mit-unter nur der Weg, die Stelle zu wechselnund kritisch zu prüfen, ob man nicht vomRegen in die Traufe gerät.

Ein Gedanke, der das Durchhaltever-mögen stählen kann: Warum gebe ich ei-nem einzelnen Menschen, in diesem Falldem brüllenden Chef, so eine Macht übermein Leben und mein Befinden? Warumüberschattet der Ärger meine freie Zeit,zerpflügt meinen Schlaf? Sollte in diesemKontext ein Jobwechsel anstehen, ist einAspekt elementar: über den wahren Be-weggrund schweigen. Der neue Chef unddie anderen Personalverantwortlichenkennen den Bewerber nicht. Ärger mitdem alten Chef – das klingt verdächtignach Ärger mit dem zukünftigen Chef.Dann also lieber von einer „neuen Heraus-forderung“ sprechen.

Studentinnen erwarten ein deutlichniedrigeres Einstiegsgehalt als ihremännlichen Kommilitonen: 43 000Euro brutto im Jahr sind es im Durch-schnitt – und damit rund 5000 Euroweniger als bei den Männern. Das istdas Ergebnis einer Studie des Gesamt-verbandes Kommunikationsagentu-ren (GWA). Der GWA hat dazu imJuli des vergangenen Jahres 1001 Stu-dentinnen und Studenten im Altervon 17 bis 25 Jahren befragt.

Dass Studentinnen mit einem ge-ringeren Einstiegsgehalt rechnen alsihre männlichen Kommilitonen,zieht sich durch fast alle Studienrich-tungen. Die Ergebnisse sind aller-dings in einigen Studienrichtungennicht sehr aussagekräftig, weil es nurwenige Befragte aus beispielsweiseden Geisteswissenschaften gibt. DieTendenz ist aber die gleiche, einzigdie Naturwissenschaftlerinnen möch-ten mehr Geld haben als ihre männli-chen Kommilitonen, die die glei-chen Abschlüsse anstreben. Dieknapp 41 000 Euro, die sie durch-schnittlich in der Befragung genannthaben, liegen aber immer noch deut-lich unter dem Betrag, den sie in derRealität im Mittel bekommen: knapp49 000 Euro. Das geht aus dem aktuel-len „Gehaltsreport für Absolventen“der Online-Stellenbörse Stepstonehervor.

In der GWA-Studie sind die Unter-schiede in den Gehaltsvorstellungenvon Frauen und Männern besondersgroß in den Fächern Lehramt, Inge-nieur - und Rechtswissenschaften.Die angehenden Lehrerinnen erwar-ten zum Einstieg ein Jahresgehaltvon fast 41 000 Euro, keine 2000Euro mehr als das durchschnittlicheGehalt in der Stepstone-Untersu-chung. Die Männer hingegen erwar-ten im Mittel gut 50 000 Euro undüberschätzen damit stark, was sienach dem Abschluss verdienen wer-den. Unter den angehenden Ingenieu-ren erwarten die Männer durch-schnittlich 1000 Euro mehr, als realis-tisch ist, die Frauen aber 5000 Euroweniger als die Männer.

Trauen Frauen sich also wenigerzu, oder sind ihre Einschätzungen rea-listischer? Tobias Jung aus dem Vor-stand des GWA sagt dazu: „Männersind früh im Berufsleben interessier-ter an der Optimierung des eigenenVorteils.“ Frauen hätten eher eine ge-sündere Einschätzung des Deals, denAngestellte mit ihrem Unternehmeneingingen. Der bestehe eben nichtnur aus Geld und Arbeitszeit, son-dern auch aus Gestaltungsspielraum,Weiterentwicklung und dem Team.Langfristig könne das die bessereStrategie sein, glaubt Jung. Die Unter-schiede zwischen Frauen und Män-nern in der Studie erklärt er sich auchmit kultureller Vorprägung: KleineMädchen sollten gemocht werdenund nicht streiten, Jungs könnten ru-hig mal Rabauken sein. „Das ist aberdabei, sich zu verändern“, sagt Jung.

Wo auch immer die Wahrheit liegt:Das tatsächliche Gehalt ist letzten En-des auch abhängig vom eigenen Ver-handlungsgeschick. Und das profi-tiert zwar von einem realistischenWunschgehalt. Aber wer zu wenigGeld fordert, bekommt meistensauch zu wenig. ANNA LENA LIPKA

Was tun, wenn mein Chefständig ausrastet?

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DIE KARRIEREFRAGESchlechtgeschätzt

Die Führungskraft ist aggressiv und unberechenbar wieRumpelstilzchen. Viele Mitarbeiter reagieren hilflos.

Dabei hätten sie einige Möglichkeiten.

Von Ursula Kals

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Page 35: Frankfurter Allgemeine Zeitung - 14 03 2020

FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG 14. MÄRZ 2020 · NR. 63 · SEITE C 3Campus

Prüfungstag. Robin Herbert be-tritt den Hörsaal. Der Raum istriesig, die eintrudelnden Studie-renden verteilen sich auf mehre-

re hundert Plätze. Ihre Gesichter wirkenverschlossen, konzentriert. Herbert setztsich an seinen Platz. Sein Herz hämmertgegen die Brust, sein Mund ist trocken.„Sie dürfen jetzt umdrehen“, ruft der Prü-fer. Herbert starrt auf die Aufgaben vorihm. Er liest sie, einmal, zweimal, aber daist nichts. Nur ein großes schwarzes Lochin seinem Kopf.

Herberts Prüfungsangst kam mit demStudiumsbeginn. Er wollte einen Bache-lor in Betriebswirtschaftslehre (BWL) ma-chen. Der damals 18 Jahre alte Abiturientwar es gewohnt, mit seinen Schulkamera-den vor den Klausuren zu lernen und Prü-fungen in einem vertrauten Rahmen zuschreiben: in einem Klassenraum, den erkannte, mit Mitschülern, die er jeden Tagsah. Als er im Wintersemester 2013/2014an der Universität Bayreuth anfing, waralles anders: „Die Klausuren fanden in rie-sigen Sälen statt, in denen alle gestresstwaren. Selbst eine Turnhalle wurde fürPrüfungen umfunktioniert“, erzählt derStudent. „Ich hatte das Gefühl, gegen ei-nen riesigen Druck performen zu müs-sen.“ Vor allem die klassischen Grundla-genfächer der BWL fielen ihm schwer.

Die meisten Studierenden sind vor Klau-suren aufgeregt. In Maßen ist das sogarhilfreich, denn Nervosität durchflutet denKörper mit Adrenalin und schärft die Kon-zentration. Wandelt sich Aufregung je-doch in Angst, schlägt der Effekt um: DieAufregung lähmt, lässt keinen klaren Ge-danken mehr zu und führt im Extremfalldazu, dass sich Prüflinge nicht mehr an Ge-lerntes erinnern. Ein kompletter Blackoutalso. Betroffene schieben Klausuren des-halb vor sich her, einige brechen ihr Studi-um sogar ab, um die Angstmomente inden Prüfungen zu umgehen. Andere fallenso oft durch eine Prüfung, bis sie sie nichtmehr wiederholen dürfen – und exmatri-kuliert werden. Zwar gibt es keine aktuel-len Zahlen dazu, wie viele Studierende inDeutschland unter Prüfungsangst leiden.Jedoch nahmen im Jahr 2018 mehr als32 000 Studierende Einzelgespräche derpsychologischen Beratung der Studenten-werke in Anspruch, 5300 nutzten Grup-penangebote. Das zeigen Zahlen des Deut-schen Studentenwerks. Von dort heißt esauch, dass Prüfungsangst zu einem derwichtigsten Themen in der psychologi-schen Beratung gehört.

Realistische Ziele setzen:

Hauptsache, durchkommen

Die Gründe für Prüfungsangst sind vielfäl-tig, weiß Detlev Leutner, Inhaber des Lehr-stuhls für Lehr-Lernpsychologie an derUni Duisburg-Essen. „Betroffene habenoft ein geringes Selbstkonzept – sind alsozum Beispiel davon überzeugt, in Mathegenerell schlecht zu sein“, sagt der Profes-sor. „Teilweise haben sie auch unrealisti-sche Ziele, etwa, wenn sie in einem Facheher schwach sind, sich aber vornehmen,eine Bestnote zu schreiben.“ Nicht seltenhätten Betroffene zudem kein optimalesZeitmanagement und schöben das Lernenimmer weiter auf, bis es zu spät sei.

Leutner empfiehlt daher, sich realisti-sche Ziele zu setzen, etwa: Hauptsache,ich komme durch. Es helfe außerdem,sich sehr genau auf die Prüfung vorzube-reiten. Das heißt zunächst: lernen, ler-nen, lernen. Aber auch die Anforderun-gen in der Klausur sollten Studierendemit Prüfungsangst vorab möglichst klä-ren. Dazu können sie zum Beispiel inFacebook-Gruppen des Studiengangs fra-gen, wer die Klausur schon geschriebenhat und welche Themen dafür besonders

wichtig sind. „Alle Informationen, die ei-nem Studenten mehr über die Anforde-rungen in der Klausur verraten, sind hilf-reich für die Vorbereitung“, sagt Leutner.Ein Zeitplan helfe zusätzlich, die Lern-phase zu strukturieren.

Einen Zeitplan machte sich auch RobinHerbert vor jeder anstehenden Klausur.Er schrieb jedoch keine normale To-do-Liste, sondern notierte, was er schon ge-lernt hatte. Eine Done-Liste sozusagen.

„Das hat mir das Gefühl gegeben, dass ichbereits eine Menge wusste, und ließ michentspannter in die Klausur gehen.“ DenTipp mit der Done-Liste hatte ihm eineMitarbeiterin der psychologischen Bera-tung an der Uni Bayreuth gegeben. Her-bert hat die Beratung häufig in Anspruchgenommen, da er in den ersten Semes-tern in vielen Fächern durchgefallen war.„Abbrechen wollte ich aber nicht“, sagtder heute 25 Jahre alte Student. Er

schrieb auf, wie viele Klausuren er bisherbestanden hatte, um sich seine wachsen-de Erfahrung vor Augen zu führen. Die-ses Vorgehen hält auch Lehr-Lernpsycho-loge Leutner für sinnvoll. „Für Menschenmit Prüfungsangst geht es darum, erfolg-reiche Situationen zu sammeln. Sie müs-sen sich selbst überzeugen, dass sie derPrüfung gewachsen sind.“

Hilfreich sind auch positive Vorbilder.Davon ist Jörg Frommer, Facharzt für Psy-

chosomatische Medizin und Psychothera-pie an der Universität Magdeburg, über-zeugt. Psychologisch erklärt er sich Prü-fungsangst so: Menschen sind Gewohn-heitstiere, die sich an immer wiederkeh-rende Abläufe gewöhnen. Eine Prüfung je-doch ist etwas Neues und ein wichtigerSchritt, der den Prüfling voranbringensoll. „Dies ist eine ambivalente Situation:Einerseits ist es erstrebenswert weiterzu-kommen. Andererseits führt jeder Fort-schritt zu mehr Verantwortung und Ver-pflichtungen. Damit ist Prüfungsangstauch die Angst davor, dieser zunehmen-den Verantwortung nicht gewachsen zusein“, erklärt der Professor. Ausschlagge-bend seien deshalb Vorbilder, die zeigten,dass die Verantwortung tragbar ist. Gera-de Studierende, die aus Nichtakademiker-familien kommen, hätten oft niemanden,an dem sie sich während ihrer Klausurvor-bereitung orientieren könnten.

Bier, Sport oder Musik

zur Entspannung

Nur ein kleiner Teil der Studierenden mitPrüfungsangst ist Frommer zufolge wirk-lich krank und braucht eine Therapie. „Indiesen Fällen ist die Prüfungsangst abermeist nur der die Spitze des Eisbergs undsteht für noch ganz andere, tiefer liegen-de Probleme“, sagt der Psychotherapeut.Für alle anderen böten sich die psycholo-gischen Beratungsangebote der Hoch-schulen an. Vor allem für Studierende, dieKlausuren systematisch aus dem Weg ge-hen, seien neben Einzelsitzungen auchGruppengespräche sinnvoll. Denn derGruppendruck motiviert manch einen,die nächste Klausur dann doch zu schrei-ben – andernfalls muss er sich vor den an-deren rechtfertigen.

Einen Ansatz aus der Verhaltensthera-pie können Studierende relativ einfachselbst umsetzen, um sich ihrer Angst zustellen: die Prüfungssituation simulieren.Dazu fragt ein Kommilitone die Lernin-halte ab und verkörpert damit den Prüfer.Steht eine schriftliche Klausur bevor,kann der Studierende unter prüfungsähn-lichen Bedingungen eine Altklausur bear-beiten: Er setzt sich in einen stillen Raum– vielleicht sogar einen leeren Hörsaal –,legt alle Hilfsmaterialien zur Seite undstoppt die Zeit. BWL-Student Herbertkann diesem Ansatz allerdings wenig ab-gewinnen. „Mir fehlt in diesen Simulatio-nen einfach der Druck. Die Angst stelltsich nicht ein. Deshalb bringt es mirnichts.“ Dennoch kann eine Simulationdabei helfen, sich darüber klarzuwerden,wie viel man eigentlich schon weiß – ganzähnlich wie die Done-Liste.

Im Fall von mündlichen Abfragen bietees sich an, im Vorhinein mit dem Prüferzu sprechen und von der eigenen Prü-fungsangst zu berichten, sagt Leutner vonder Uni Duisburg-Essen. Auch ihm habenStudierende vor einer Prüfung schon vonihrer Angst erzählt. „Wenn der Prüfer dar-über Bescheid weiß, kann er in der Prü-fung entsprechend reagieren: etwa miteinleitenden Worten und beruhigendenSätzen“, sagt Leutner. Zudem sind die Stu-dierenden oft von Vornherein wenigeraufgeregt, weil sie den Prüfer schon ken-nengelernt haben.

Manchmal helfen schon Kleinigkeiten,um eine Prüfung so entspannt wie mög-lich anzugehen: ein Bier am Abend vorder Klausur, eine Runde Sport, um auf an-dere Gedanken zu kommen, oder Musikhören. „Es geht darum, sich von der An-spannung durch eine Prüfung körperlichund mental zu distanzieren“, sagt Her-bert. Er hat seine Prüfungsangst inzwi-schen überwunden und ist stolz, 48schriftliche Klausuren erfolgreich absol-viert zu haben. Jetzt macht er seinenBWL-Master in Schweden.

Blackout

Leerer Kopf, leeres Blatt: Das kann passieren, wenn die Prüfungsangst zuschlägt. Foto Ullstein Bild

Lebenslanges Lernen ist im Trend.Das sieht auch die Bundesregierungso: „Bildung und Weiterbildung sindder Schlüssel zur Fachkräftesiche-rung und zur Sicherung der Beschäfti-gungsfähigkeit aller Arbeitnehmerin-nen und Arbeitnehmer“, schreibt siein einer Antwort auf eine kleine An-frage mehrerer Abgeordneter derFDP-Fraktion. Viele Erwachsene ent-scheiden sich auch nach vielen Jah-ren im Arbeitsleben, zurück oderzum ersten Mal an die Uni zu gehen.Besonders in den vergangenen Jah-ren ist die Zahl der Studierenden, dieälter als 40 Jahre sind, stark gestie-gen, wie weiter aus der Antwort her-vorgeht, die der F.A.Z. vorliegt. Wa-ren es im Wintersemester 2014/15noch etwa 81 000, stieg die Zahl derStudierenden im Alter von mehr als40 Jahren im Studienhalbjahr2018/19 auf fast 95 000. Das sindetwa so viele wie an allen HamburgerHochschulen zusammen.

Baden-Württemberg und Bayernwaren im Wintersemester 2018/19die Bundesländer mit den wenigstenStudierenden im Alter von mehr als40 Jahren, Berlin und Hamburg diemit den meisten. Am beliebtestensind unter den älteren Studierendendie Studiengänge Psychologie undBWL, danach folgen Informatik undJura. Besonders viele ältere Studie-rende absolvieren ihr Studium in Teil-zeit. Das dürfte daran liegen, dass siehäufig weiterhin berufstätig sind undist vermutlich auch der Grund, war-um Erstabsolventen, die älter als 40sind, im Schnitt etwas länger fürs Stu-dium brauchen als Erstabsolventenunter 40 Jahren.

Denn nach dem 35. Lebensjahr er-halten Studierende in aller Regel keinBafög mehr. Es gibt auch keine staatli-che Förderung speziell für dieseGruppe von älteren Studierenden.Die Regierung verweist stattdessenauf KfW-Studienkredite und Stipen-dien. Die KfW-Kredite gibt es aller-dings auch nur für Studierende, diejünger als 45 Jahre sind.

Jens Brandenburg, hochschulpoliti-scher Sprecher der FDP-Bundesfrakti-on, sagte dazu: „Finanzielle Unter-stützung gibt es für Ü-40-Studierendekaum.“ Dabei werde die wissenschaft-liche Weiterbildung in Zeiten der Di-gitalisierung immer wichtiger. „Aka-demische Weiterbildung darf in kei-ner Lebensphase am eigenen Geld-beutel scheitern.“

Generell scheint das Interesse amlebenslangen Lernen und an Berufs-wechseln mitten im Arbeitsleben im-mer größer zu werden – das zeigt sichnicht nur in Form von spät Studieren-den, sondern auch im Bereich Schuleund Ausbildung: Sonderauswertun-gen der Ausbildungsstatistik, die dasStatistische Bundesamt vor einigenWochen für die F.A.Z. gemacht hat(F.A.Z. vom 15. Februar), zeigen: ImJahr 2018 schlossen fast 15 000 Men-schen im Alter zwischen 30 und 49Jahren noch eine Berufsausbildungab. Mehr als 98 000 Schüler, zum Bei-spiel in Berufsschulen, Fachoberschu-len oder Fachgymnasien, waren 30Jahre alt oder älter. LINA KUJAK

Studiummit 40 plusViel Interesse,wenig Förderung

Studierende mit Prüfungsangst können Klausurennur unter größten Anstrengungen bewältigen. Im schlimmsten Fall

brechen sie sogar ihr Studium ab.

Von Nina Bärschneider

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Page 36: Frankfurter Allgemeine Zeitung - 14 03 2020

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