Gefangenen Info #360

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  • 8/6/2019 Gefangenen Info #360

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    gefangenen infounsere solidaritt gegen ihre repression

    mrz 2011 nr. 360 preis brd: 2 preis ausland: 2,70 www.gefangenen.info

    Solidaritt mit den 10 ehema-ligen Militanten aus der RAF!

    Inland: Zensus 2011 -Zur geplanten Volkszhlung

    International: Der Whistle-blower Bradley Manning

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    Liebe Leserinnen und Leser,

    diese Ausgabe steht wie die Jahre davor wieder im Zeichen des 18. Mrz, dem Tag derpolitischen Gefangenen, Daher mchten wir uns an dieser Stelle zunchst bei ThomasMeyer-Falk und Werner Braeuner fr ihre Beitrge zum 18.03. bedanken und schickenauch herzliche Gre an Tommy, Faruk, Pit und Gnter die diese Ausgabe wieder durchihre Briefe bereichert haben, sowie natrlich an alle anderen politischen und sozialenGefangenen.

    An die Gefangenen haben wir an dieser Stelle auch noch eine besondere Bitte: Da die

    Rote Hilfe die Abonnements fr die Gefangenen bernimmt - da wir noch auf die finan-zielle Untersttzung angewiesen sind, damit das Gefangenen Info weiterhin erscheinenkann - bentigen diese eine Besttigung von euch, dass ihr weiterhin das GefangenenInfo haben mchtet. Daher haben wir mit dieser Ausgabe Postkarten mitgeschickt aufder ihr kurz vermerken knnt, ob ihr weiterhin ein Gefangenen Info beziehen mchtet.Uns wre es eine groe Hilfe, wenn ihr die Postkarte zurckschicken wrdet.

    An dieser Stelle mchten wir noch auf die nderung der Adresse des Gefangenen Infoshinweisen. Die neue Adresse lautet: Gefangenen Info, c/o Soziales Zentrum, Alexander-Puschkin-Str. 20, 39108 Magdeburg.

    Der Inhalt der aktuellen Ausgabe steht ganz im Zeichen des bevorstehenden 18. Mrz.Unter dem Motto : Kampf der kapitalistischen Repressionsmaschinerie! Klassen-kmpfe entwickeln - drinnen und drauen! mchten wir durch den Abdruck unseresAufrufes zum diesjhrigen Tag der politischen Gefangenen einen Ausblick auf die dies-jhrigen Schwerpunkte unserer Arbeit geben. Neben dem Aufruf und den Aktivitten

    zum 18.03., findet ihr auch einen Beitrag zu dem Knastkampf in Attica, der sich indiesem Jahr zum vierzigsten Mal jhrt. Nicht zuletzt deswegen schmckt daher auchein Bild des Aufstandes unsere Seite 20 und verschnert damit hoffentlich ein paarkarge Zellenwnde.

    Ein weiteres besonderes Anliegen ist uns der Aufruf zur Solidaritt mit den 10 ehema-ligen Militanten aus der RAF, die im Stuttgarter Prozess gegen Verena Becker zwischendem 10. und dem 31. Mrz vorgeladen sind und durch Beugehaftandrohungen zu Aus-sagen gezwungen werden sollen. Wir rufen dazu auf auch diesen Teil der Geschichteder radikalen Linken sich anzueignen und gegenber den Angriffen der Repression zuverteidigen.

    Mit dem Buchladen OH 21 haben wir ber die Razzien,ber die Repression gegen Buch-bzw. Infolden in Berlin, sowie ber ihren am 18. Februar begonnen Prozess gespro-chen. Der Inland Teil wird abgerundet von einem Beitrag der Antifaschistischen LinkenInternational (ALI) ber die geplante Volkszhlung - den Zensus 2011, der durchaus alsAusbau des Sicherheits- und berwachungsapparates verstanden werden kann.

    Im Internationalen Teil gehen wir auf die Situation von Leonard Peltier ein bei demes einen akuten Verdacht auf eine Krebserkrankung gibt und seine Behandlung seitmittlerweile ber einem Jahr systematisch verschleppt wird. In einem weiteren Bei-trag mchten wir euch den etwas unbekannteren Gefangenen Ruchell Cinque Mageevorstellen. Darber hinaus findet ihr Beitrge ber die Repression in Italien, ber denWhistleblower Bradley Manning, dem mittlerweile die Todesstrafe angedroht wurde,sowie ber Jock Palfreeman, einem australischen Touristen, der wegen seines anti-rassistischen Engagements in Bulgarien im Knast sitzt.

    Abgerundet wird die aktuelle Ausgabe mit einigen Briefen, sowie den aktuellen Gefan-genenadressen.

    In diesem Sinne:

    Freiheit fr alle politischen und sozialen Gefangenen!Kampf der kapitalistischen Repressionsmaschinerie.

    Die Redaktion

    Das Gefangenen Info ist aus dem Angehrigen Info hervorgegangen, welches im Hungerstreik der politischen Gefangenen 1989 als Hungerstreik Info entstand.HerausgeberInnen: Netzwerk Freiheit fr alle politischen Gefangenen und FreundInnen.V.i.S.d.P.: Wolfgang Lettow c/o Gefangenen Info, c/o Soziales Zentrum, Alexander-Puschkin-Str. 20, 39108 MagdeburgNichtredaktionelle Texte spiegeln nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wider. Beitrge der Redaktion sind entsprechend gekennzeichnet.Bestellungen (Inland): Einzelpreis: 2. Ein Jahresabonnement kostet 25,20 (Frderabo 28,00), Buchlden, Infolden und sonstige Weiterverkufer erhalten bei Bestel -lungen ab 3 Stck 30% Rabatt. Bei Bestellungen erhalten Sie eine Rechnung, die anschlieend auf das Konto des Gefangenen Info zu berweisen ist.Bestellungen (Ausland): Einzelpreis: 2,70. Ein Jahresabonnement kostet 28,40 (Frderabo 31,20), Buchlden, Infolden und sonstige Weiterverkufer erhalten bei

    Bestellungen ab 3 Stck 30% Rabatt. Bei Bestellungen erhalten Sie eine Rechnung, die anschlieend auf das Konto des Gefangenen Info zu berweisen ist.Anschrift: Gefangenen Info, c/o Soziales Zentrum, Alexander-Puschkin-Str. 20, 39108 MagdeburgRedaktion: [email protected], Vertrieb: [email protected]: Gefangenen Info, Konto-Nr.10382200, Bankleitzahl: 20010020, Postbank HamburgEigentumsvorbehalt: Nach diesem Eigentumsvorbehalt ist die Zeitung solange Eigentum der/des AbsenderIn, bis es den Gefangenen ausgehndigt worden ist. Zur-Habe-Nahme ist keine Aushndigung im Sinne des Vorbehalts. Wird das Info den Gefangenen nicht persnlich ausgehndigt, ist es der/dem AbsenderIn mit dem Grundder Nichtaushndigung zurckzuschicken.

    e-mail: [email protected] homepage: www.gefangenen.info

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    vorwort inhalt dieser ausgabe

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    Solidaritt mit den 10 ehemaligenMilitanten aus der RAF!

    Schwerpunkt

    Aufruf zum 18. Mrz 2011

    Revolutionre Geschichte aneignenund verteidigen - Attica 1971!

    Aktivitten zum 18. Mrz 2011

    Inland

    Vor 30 Jahren starb Sigurd Debus

    Interview mit dem Buchladen OH 21

    Zensus 2011 - Duschen oder Baden sie?Mit wem? Seit wann?

    International

    Solidaritt mit allen Gefangenen vonLAquila!

    Krebsverdacht bei Leonard Peltier

    ber Ruchell Cinque Magee

    Under Pressure and Torture -Der Whistleblower Bradley Manning

    Freiheit fr Jock Palfreeman!

    Gefangene

    Briefe zum 18.03. von Thomas Meyer-Falk und Werner Braeuner

    Zwei Briefe von Tommy Tank

    Brief von Gnter Finneisen

    Brief von Faruk Ereren

    Brief von Pit Scherzl

    Gefangenenadressen

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    Ehemalige Mitglieder aus der RAF werden imMrz als ZeugInnen im Stuttgarter Prozess ge-gen Verena Becker vorgeladen und es droht ih-nen bei Aussageverweigerung Beugehaft bis zusechs Monaten.Am 10. Mrz mssen Gnter Sonnenberg,Stefan Wisniewski, Rolf Heiler und AdelheidSchulz, am 24. Mrz Knut Folkerts und BrigitteMohnhaupt, am 25. Mrz Sieglinde Hofmann,Rolf Clemens Wagner und Irmgard Mller undam 31. Mrz Siegfried Haag erscheinen.Bis auf Irmgard Mller, die sich seit 1972 imKnast befand, waren alle Mitte der siebzigerJahre in der RAF organisiert.

    Hintergrnde zum Prozess gegen Verena

    Becker und den Beugehaftandrohungen

    Am 30. September letzten Jahres begann inStuttgart-Stammheim vor dem Oberlandesge-richt der Prozess gegen Verena Becker, einemehemaligen Mitglied der RAF, die 1983 aus demKollektiv der Gefangenen aus der RAF ausge-schlossen wurde.Angeklagt ist sie wegen der Aktion gegen dendamaligen Generalbundesanwalt Buback, derim April 1977 vom Kommando Ulrike Meinhoferschossen wurde. Buback, ein ehemaligesNSDAP-Mitglied, war verantwortlich fr die Ver-schrfung der Isolationshaftbedingungen undden Tod von vier Gefangenen aus der RAF: Hol-ger Meins, Katharina Hammerschmidt, SiegfriedHausner und Ulrike Meinhof.Im Rahmen der seit 2007 laufenden Ermitt-lungen wurde gegen einige ehemalige Gefan-genen bereits Beugehaft angedroht. Gegen RolfHeiler und Stefan Wisniewski laufen laut Me-

    dien weiter Ermittlungsverfahren. Aus Gazettenist weiterhin zu entnehmen, das die Kronzeu-gen Jrgen-Peter Boock, Werner Lotze, SilkeMaier-Witt und Sigrid Sternebeck im Prozessgegen Verena Becker geladen sind oder waren.Alle Vier haben durch ihre Aussagen ehemaligeRAF-Mitglieder denunziert und dadurch weitereJahre Knast verursacht.

    Die Verfolgung von ehemaligen RAF-Aktivi-

    stInnen geht weiter

    Bereits im Vorfeld hatte der Prozess einigenWirbel in der Presse ausgelst. Quer durch alleZeitungen gingen Verdchtigungen, dass dieRAF vom Geheimdienst geleitet worden sei.

    Den Ehemaligen wurde vorgeworfen, sie ht-

    ten sich ein maahnliches Schweigegelbde(Omerta) auferlegt, welches Schweigen bisins Grab bedeute.Ehemalige Gefangene aus der RAF erklrtenin einem Papier, das von Einigen, die zu un-terschiedlichen Zeiten in der RAF waren im

    Mai 2010 verffentlicht wurde: Wenn von unsniemand Aussagen gemacht hat, dann nicht,weil es darber eine besondere Absprache inder RAF gegeben htte, sondern weil das fr jeden Menschen mit politischem Bewusstseinselbstverstndlich ist. Eine Sache der Wrde,der Identitt - der Seite, auf die wir uns gestellthaben.Die RAF verstand sich als Befreiungsbewegungim Kontext mit den Kmpfen im Trikont und inden Metropolen. Sie stand fr Aufrichtigkeit, Mutund Hoffnung, auch unter schwierigen Bedin-gungen zu agieren und war fr viele Linke einwichtiger Bezugspunkt.So ist klar, dass weder die Vorladungen oderdie Beugehaftandrohungen, noch die weiter-gehenden Ermittlungen und die ankierendeMedienkampagne dazu beitragen werden, dieangestrebte Abrechnung der Herrschenden mitder RAF oder mit dem bewaffneten Befreiungs-kampf weiter voranzutreiben. Diese Manah-men laufen ins Leere, da die 10 Ehemaligen ausder RAF nichts sagen werden.Die Gesetze werden auch gegen den heu-tigen und knftigen Widerstand von denHerrschenden weiter ausgebaut. So sind inBRD-Knsten migrantische und alle anderenkmpfenden Eingesperrten hnlichen und teil-weise noch drakonischeren Isolationshaftbe-dingungen unterworfen wie damals die RAF-Gefangenen. Die Eingekerkerten kmpftendeshalb in zehn kollektiven Hungerstreiks ge-gen diese Haftbedingungen an. Neun von ihnenberlebten die Haft nicht. Zu den Toten zhlenneben den vier schon genannten auch Andre-as Baader, Gudrun Ensslin, Jan-Carl Raspeund Ingrid Schubert aus der RAF, sowie Sigurd

    Debus, der einer anderen bewaffneten Gruppeangehrte.Die politischen Verfahren nach den 129a/bwerden damals wie heute vor Sondergerichtengefhrt und es werden Linke und Revolutionrezu Strafen verurteilt.

    Warum weiterhin dieses Verfolgungsinteres-

    se und die Hetze?

    Der legitime und notwendige Kampf gegen Aus-beutung und Unterdrckung wird im Rahmender Aufstandsbekmpfung mit allen erdenk-lichen Mitteln bekmpft, angefangen bei Des-informations- und Hetzkampagnen, bis hin zuFolter und extralegalen Hinrichtungen.

    Verantwortlich fr diese Hetze sind u.a. Figurenwie Reemtsma, Koenen, Kraushaar und Aust,die alle eng mit dem BKA und den Geheim-diensten zusammenarbeiten und ihre Ergssedann ber die Medien lancieren.In diesem Kontext muss auch jetzt der Prozessgegen Verena Becker gesehen werden. Denn

    auch 40 Jahre nach ihrer Grndung und 12Jahre nach ihrer Ausung steht die RAF nochimmer im Fadenkreuz der Repressionsorgane.Der Prozess soll dazu dienen, ein weiteres Malmit der Geschichte der RAF abzurechnen, in-dem diese umgedeutet, diffamiert und letztlichentpolitisiert wird. Vor Gericht steht also nichtnur Verena Becker, sondern auch die Geschich-te und Politik der RAF und damit verbunden dierevolutionren Kmpfe in der BRD und weltweit.

    Wie werden sich die 10 Ehemaligen aus derRAF verhalten

    Jetzt sollen die 10 vorgeladenen GenossInnenzu den Aktionen der RAF im Jahre 1977 befragtwerden. Neben der Aktion gegen Buback gabes weitere Aktionen: Gegen den Bankier undKanzlerberater Jrgen Ponto, den Ex-Nazi undKapitalistenfunktionr Hanns-Martin Schleyerund der versuchte Anschlag auf die Bundes-anwaltschaft. Ziel dieser Angriffe war es u.a.Gefangene aus der RAF zu befreien. Vier vondiesen Inhaftierten, Andreas Baader, GudrunEnsslin, Jan-Carl Raspe und Ingrid Schubert,berlebten den Knast 1977 nicht.Es ist klar, dass die 10 Vorgeladenen nichts sa-

    gen werden. In dem bereits erwhnten Papiererklrten Ehemalige aus der Guerilla, dass dieJustiz und die Medien von ihnen nur Selbst-beschuldigung und Denunziation forderten,so dass auch sie als ProtagonistInnen dieserZeit mit dem bewaffneten Kampf als Teil derrevolutionren Geschichte abschlieen, um dieAbrechnung des Staates zu komplettieren unddabei helfen, die Geschichte im Sinne der Herr-schenden umzudeuten und umzuschreiben.Wir machen keine Aussagen, weil wir keineStaatszeugen sind, damals nicht, heute nicht.In dem Papier stellten sie abschlieend fest:Wir waren im Knast, weil wir hier den bewaff-neten Kampf angefangen haben, und in denProzessen ging es uns hchstens darum, Inhalt

    und Ziele unserer Politik zu vermitteln. EinerPolitik des Angriffs in der Metropole, die ihrePraxis im Zusammenhang weltweiter Kmpfeum Befreiung vom Kapitalismus begriffen undbestimmt hat. Wenn es noch etwas zu sagengibt, dann dazu.

    Solidaritt mit den 10 vorgeladenen

    GenossInnen!

    Wir mssen die RAF als wichtigen und elemen-taren Bestandteil unserer Geschichte der Ge-schichte der revolutionren Linken begreifenund vehement verteidigen. Von daher rufen wirdazu auf, die vorgeladenen GenossInnen vorGericht zu untersttzen und sie durch einen gutgefllten Prozesssaal zu untersttzen. Nicht zu

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    letzt gegenber den herrschenden Medien, diezahlreich anwesend sein werden. Denn jede/r,die/der schon einmal vor der Klassenjustizstand, wei, wie wichtig es ist, wenn man hintersich solidarische GenossInnen wei.

    Die Vorladungen sind am 10., 24., 25. und 31.Mrz im Landgericht Stuttgart, Urbanstr. 20,Stuttgart-Mitte (Nahe Charlottenplatz), Saal153. Zeigt euch solidarisch mit den 10, lasst siebei ihren Vorladungen nicht allein und kommtzum Prozess!

    Revolutionre Geschichte aneignen und ver-

    teidigen!

    Solidaritt mit den 10 ehemaligen Gefange-

    nen aus der RAF!

    Netzwerk Freiheit fr alle politischen Gefangenenwww.political-prisoners.net

    www.nullaenito.jimdo.com

    Solidaritt mit den 10 ehemaligenMilitanten aus der RAF!

    www.political-prisoners.net

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    Das ist das Faszinierende an den Gefng-

    nissen, dass sich die Gewalt nicht verbirgt,

    nicht maskiert, dass sie sich als eine bis in

    die letzten Details ausgeklgelte zynische

    Tyrannei darstellt und dass sie anderer-

    seits vollkommen gerechtfertigt ist, da sie

    in eine Moral eingebettet ist: ihre brutale

    Tyrannei ist die ungetrbte Herrschaft desGuten ber das Bse, der Ordnung ber

    die Unordnung. (Michel Foucault)

    Derzeit sitzen in Deutschland 62348 Men-schen im Gefngnis. Die mit weiten Abstandgrte Gruppe in den deutschen Knstenstellen die sozialen Gefangenen. Also jeneGefangene, welche aufgrund von sogenann-ten Eigentumsdelikten eingeknastet wurden.Damit ist z.B. Diebstahl oder Leistungser-schleichung, Betrug, Dokumentenflschung,Raub oder Drogendelikte u.. gemeint. Dieallermeisten Inhaftierten sitzen also, weil siegegen den heiligen Gral des Kapitalismus,

    gegen den Schutz des Eigentums verstoen.Die meisten von ihnen kommen nicht in denKnast, weil sie jemanden ermordet oder miss-handelt haben, sondern es geht ganz einfachum Eigentums- und Kapitalfragen. Gegen dieGesetze der Herrschenden haben sie versto-

    en, um ihr berleben zu sichern oder umsich das berechtigte Stck vom Kuchen zunehmen.

    MigrantInnen sind von (sozialer) Repressionim besonderen Mae betroffen. Viele von de-nen, die es berhaupt bis hier her schaffen, sit-

    zen auch gleich wieder in Abschiebeknsten,ohne etwas verbrochen zu haben. Andere le-ben illegal. Sie knnen dadurch auch oft nurim informellen Sektor ttig sein und werdenzur Identittsflschung frmlich gezwungen,was hug Knast zur Folge hat. Das beson-ders perde daran ist, ist dass die BRD welt-weit ihre imperialistischen Interessen vertritt,auch militrisch, und damit eine ganz erheb-lich Schuld an den Ursachen von Flucht undMigration trgt.

    Trotz dieser Verhltnisse knnen wir nur einenBruchteil dieser Inhaftierten als politische Ge-fangene bezeichnen. Es sind Menschen, die

    aufgrund bewusster, politisch motivierter Tateneingesperrt wurden. Sie handelten direkt ge-gen die oben genannten vielschichtigen Per-versitten des kapitalistischen Systems odergegen das kapitalistische System selbst inunterschiedlicher Form. Dazu gehren unter

    anderem antifaschistischer Widerstand, Bank-berflle zur Finanzierung linker Projekte, dieTtung eines Arbeitsamtsdirektors, die Brand-stiftung an Luxusautos oder Objekten oder wiein den meisten Fllen Organisationsdelikte wieder Vorwurf der Untersttzung oder Mitglied-schaft illegalisierter linker und revolutionrerOrganisationen im In- und Ausland.Auch wenn das unterschiedliche Bewusstseinber den Zusammenhang dieser Zustnde,die eigene Klassenzugehrigkeit und die damitverbundenen Aufgaben und Rollen die sozialenund die politischen Gefangenen voneinandertrennen, so eint sie doch die Tatsache, objektivoder subjektiv Teil der Klasse und Gefangenereines Systems zu sein, welches beide Grup-pen einerseits immer wieder hervorbringt undandererseits immer wieder unterdrckt, solan-ge bis es zerschlagen wird.Der Knast ist nur der strkste Ausdruck dieserKlassenunterdrckung, die trotz verschiedenerFacetten immer die Herrschaftssicherung unddamit auch die zwanghafte Eingliederung allerin den kapitalistischen Verwertungs-, Produk-tions-, und Reproduktionsprozess zum Zielhat.

    Wir mchten den diesjhrigen 18. Mrz, denTag der politischen Gefangenen, deshalb zumAnlass nehmen, um ber die aktuell verbrei-tetsten Instrumente der kapitalistischen Re-pressionsmaschinerie zu informieren und ihreneindeutigen Charakter, als Ausdruck des Klas-senkampfes von oben, deutlich zu machen.

    Weg mit allen Anti-Terror-Gesetzen und

    Schwarzen Listen!

    Ein Ausdruck des Klassenkampfes von obensind die 2002 eingefhrten Anti-Terror-Gesetzeund Schwarzen Listen in den USA und in Euro-pa. Auf diesen Listen, die im Rahmen der inter-national geschrten Anti-Terror-Hysterie, nachden Anschlgen auf das WTC und das Pen

    -

    tagon 2001, eingefhrt wurden, benden sichneben islamistischen Organisationen auchnationale und soziale Befreiungsbewegungen.Dazu gehren u.a. die Revolutionren Streit-krfte Kolumbiens (FARC), die Volksfront zurBefreiung Palstinas (PFLP), Baskenland undFreiheit (E.T.A.), die irische republikanische Ar-mee (Real IRA), die Arbeiterpartei Kurdistans(PKK), die Gruppen des AntifaschistischenWiderstands des 1. Oktober (GRAPO) ausSpanien, die Roten Brigaden fr den Aufbauder kmpfenden kommunistischen Partei (BR/PCC) aus Italien, die Revolutionre Organisa-tion 17. November (17N) und Revolutionrer

    Kampf (EA) aus Griechenland, Kommuni-stische Partei der Philippinen (New Peoples

    Army) und die Revolutionre Volksbefreiungs-partei-Front (DHKP-C) aus der Trkei.Somit wurde die Kriminalisierung von isla-mistischen Krften nicht nur als Vorwandfr Kriege zur Aufrechterhaltung der kapita-listischen Aufteilung der Welt im Irak und inAfghanistan genutzt, sondern fhrte auch zueiner neuen Welle der internationalen Verfol-gung von politischen Oppositionellen und Re-volutionrInnen.

    Die Anti-Terror-Gesetze sind ein Ausdruck frdie verstrkte internationale Zusammenarbeit

    der kapitalistischen Lnder. Diese haben sichdamit ein weiteres Instrument geschaffen, umgegen die international aus ihren Widerspr-chen entstehenden sozialen Bewegungen,welche sich gegen Hunger, Armut, Besatzungoder gegen Verfolgung richten, koordinierter

    Aufruf des Netzwerks Freiheit fr allepolitischen Gefangenen zum 18.03.2011

    www.political-prisoners.net

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    und somit effektiver vorgehen zu knnen. Dabeiwerden Organisationen, die in ihren jeweiligenLndern einen notwendigen und berechtigtenKampf fr die Interessen der Bevlkerung undfr die Verbesserung der Lebensverhltnissefhren und in diesem Rahmen gegen korrupteund von den imperialistischen Lndern derUSA bzw. EU gestellte oder untersttzte Re-gierungsprsidenten, Militrs oder Diktatorenagieren, von den NATO-Staaten fr terrori-

    stisch und somit fr vogelfrei erklrt.In der BRD ist der 2002 eingefhrte 129b(Untersttzung/Mitgliedschaft in einer terrori-stischen Vereinigung im Ausland) der deut-sche Ausdruck dieser seitdem berall in denNATO-Staaten benutzten Anti-Terror-Gesetze.Seine erste Anwendung gegen linke Struk-turen fand der 129b von Mrz 2008 bis Juli2010 in dem DHKP-C-Prozess in Stuttgart-Stammheim.

    Die DHKP-C fhrt in der Trkei einen revoluti-onren Kampf gegen die herrschende Oligar-chie, die sich laut DHKP-C aus einem Geechtnationaler und internationaler Monopole, Gro-grundbesitzer und feudaler Reststrukturenzusammensetzt. Ihre Politik ist eindeutig alsanti-oligarchisch und anti-imperialistisch zu de-nieren. Die DHKP-C leistet in der Trkei u.a.in den Elendsvierteln aktive Basisarbeit, indemsie die trkische und kurdische Bevlkerungdurch die Aufstellung von Milizen vor faschi-stischen und staatlichen Angriffen schtzt, siedurch die Grndung von Volksrten zur Selb-storganisation anhlt und Bildungs- sowie Un-tersttzungsarbeit leistet. Des weiteren kmpftsie dort gegen die feudalen Verhltnisse undsetzt sich fr die Gleichstellung und fr dieRechte von Frauen ein.

    Gegen diese, innerhalb der Bevlkerung re-lativ stark verankerte Organisation, gab es in-nerhalb von weniger als 10 Jahren in Italien,Belgien und Deutschland systematisch meh-rere Mammut-Prozesse. Dazu wurden Infor-mationen von Geheimdiensten internationalweitergereicht, Prozess-Dokumente und Fol-tergestndnisse international ausgewertet undPolizeizugriffe international koordiniert. Dabeiknnen die Behrden der BRD auf umfang-reiche Kriminalisierungsmglichkeiten zurck-greifen, welche in beinahe allen EU-Lnderngeschaffen wurden und die nun auf EU-Ebenedauerhaft ausgeweitet werden.Ein europisches Polizeiamt (Europol) sorgtneben einem europaweiten Datenaustauschfr umfangreichere Fahndungen. Gleichzeitig

    wird momentan auf EU-Ebene eine Einheit frjustizielle Zusammenarbeit angestrebt, um dieVerfolgung und Kriminalisierung zu vereinheit-lichen.

    Ende 2009 wurden die ersten Anklageschriften

    gegen angebliche Mitglieder der tamilischenLiberation Tigers of Tamil Eelam (LTTE) vorge-legt. Somit ist die LTTE die zweite Organisation,gegen die im Zuge des sog. Kampfes gegenden Terror vorgegangen wird. Seit der Schaf-fung des Przedenzfalles in Stuttgart-Stamm-heim sind das bereits 20 politische Gefangeneund drei Prozesse innerhalb von weniger alsdrei Jahren! Es ist davon auszugehen, dasssich diese Politik im Zuge der sich internatio-

    nal verschrfenden Krise der imperialistischenLnder weiter zuspitzen und zuknftig auch zurKriminalisierung in Deutschland kmpfenderOrganisationen, die die internationale Solidari-tt mit den nationalen und sozialen Befreiungs-bewegungen als einen praktischen Teil in ihrepolitische Arbeit integriert haben, dienen wird.Die Organisationen, welche mittels der Anti-Terror-Gesetze und Schwarzen Listen krimina-lisiert werden, stellen durch ihre Praxis einenstrenden Faktor in der Aufrechterhaltung derkapitalistischen Ausbeutungs- und Unterdr-ckungsmaschinerie dar. Der Schulterschlussmit den verfolgten revolutionren Organisati-onen und deren Gefangenen sowie der auchim eigenen Sinne gefhrte Kampf gegen dieseInstrumente der Klassenunterdrckung mussdaher Aufgabe der revolutionren Linken undBestandteil ihrer Organisationen sein.

    Denn: Es gibt eine Sache, der sich allesicher sein knnen: Wenn ihr in radikaler

    und revolutionrer Art und Weise kmpft,

    werdet ihr ein Ziel des Staates werden.

    Und wenn ihr keine Bewegung gegen die

    Repression aufbaut, wird niemand da sein,

    um euch zu befreien, wenn ihr unterdrckt

    werdet. (Dhoruba Bin Wahad)

    Gegen die Kriminalisierung von

    MigrantInnen!

    Die verschrfte Kriminalisierung von Migran-tInnen begrenzt sich jedoch nicht nur aufdie Verfolgung von RevolutionrInnen ausLndern, in denen die politischen Krfte ent-wickelter sind als in der BRD. Am weitestenverbreitet ist sicherlich die staatliche Nachstel-lung gegenber politischen AktivistInnen auf-grund von sog. Straendelikten wie antifaschi-stischen Aktionen, Widerstandshandlungen,Versammlungsgesetzversten oder wegenVandalismus.

    Auch in diesen Fllen sind vorrangig Migran-tInnen die Betroffenen. Das aktuellste Beispielfr die Kriminalisierung von scheinbar unpoli-tischen Straendelikten ist der Prozess gegenkurdische Jugendliche aus Stuttgart und dieRepression, der das gesamte Umfeld und diekurdische Linke dort in Folge ausgesetzt war.Hierbei wurden 18 Jugendliche inhaftiert undeine antifaschistische Aktion als versuchterMord eingestuft. Dies nahm man zum Anlassfr ein Strafverfahren, welches den Ermittlernweitreichende Erkenntnisse der kurdischen lin-ken Szene einbrachte, die im Nachhinein frpolitische Prozesse gegen kurdische Organi-sationen verwendet werden knnten.

    Auf die Jugendlichen, sowie auf ihre Familienund ihr gesamtes soziales und politisches

    Umfeld, wurde massiver Druck ausgebt Eswurden Geld- und Entlastungsversprechungengemacht und mit der Abschiebung gedroht. Ei-ner der Jugendlichen, welcher umfangreicheAussagen ber vermeintliche PKK-Strukturenmachte, wurde zum Kronzeugen. Der Prozess

    gegen die kurdischen Jugendlichen zeigt damitauch, wie aus Ermittlungen und Aussagen inscheinbar unpolitischen Verfahren Prozessegegen politische Strukturen werden knnen.Daneben ist er beispielhaft fr die Interessen-politik der deutschen Justiz und des Innenmini-steriums, welches als Komplize des Regimesin der Trkei bei der Bekmpfung von Kur-dInnen fungiert.

    Die Notwendigkeit einer prinzipiellen und fralle geltenden Aussageverweigerung und derAblehnung jeglicher Kooperation mit Bullenund Staat wird auch in diesem Falle deutlich.Nicht selten geht die Verfolgung von Migran-tInnen, sei es auf der Strae durch die Polizeioder im Gerichtsaal, Hand in Hand mit rassi-stischen Vorurteilen und Diskriminierung. Diein den Medien geschrten Stereotype vonKriminellen, die nicht selten mit dem Bild vonMigrantInnen gleichgesetzt werden, fhren sozum Beispiel zu rassistisch aufgeladenen Poli-zeikontrollen auf der Strae oder auch zu hr-teren Strafen gegen diese Menschen durch dieJustiz. Dabei muss gesagt werden, dass wirnicht davon ausgehen, dass sich die verstrkteKriminalisierung von MigrantInnen durch denweit verbreiteten und geschrten gesellschaft-lichen oder strukturellen Rassismus begrndet,sondern durch ideologische und konomischeKmpfe. Jedoch denken wir, dass dies durch-aus ein Faktor ist, der bei der Kriminalisierungvon MigrantInnen eine begleitende Rolle spielt.Das zeigt sich zum Beispiel am mangelndenAusma der Solidarisierung durch grereTeile der Bevlkerung und in der Frage derKonsequenzen wie z.B der Abschiebung, diedie Kriminalisierung fr MigrantInnen oft nachsich zieht.Ein Blick in die Knste belegt diese Beispielezustzlich. Fast 40% der sozialen Gefange-

    nen sind MigrantInnen, die durch doppelteUnterdrckung in die Prekarisierung gedrngtwerden. Das geschieht einerseits durch ras-sistische Vorurteile, welche sie sozial ausge-grenzen und andererseits durch die schrfereAusbeutung. So sind sie oftmals gezwungen,ihren Lebensunterhalt mit illegalen Mitteln zubestreiten. Es gilt, den konkreten Schutz vonMigrantInnen vor bergriffen durch die Polizeizu organisieren, den Illegalen freie Rume zuschaffen sowie den konkreten Kampf gegendie Abschiebungen der politischen Gefange-nen zu fhren.

    Knastkampf ist Klassenkampf!

    All diese beschriebenen Manahmen undauch die neuerlichen Verschrfungen wie z.Bdie Ausweitung der Sicherheits- und berwa-chungsgesetze, die bevorstehende zentraleBrgererfassung Zensus sowie die Zentra-lisierung der Polizeibehrden in Deutschland,sind Manahmen, die zur Regulierung der Ge-sellschaft dienen und wie bereits formuliert, diezwanghafte Eingliederung aller in den Verwer-tungs-, Produktions- und Reproduktionspro-zess, zum Ziel haben. Sie sind nichts anderesals ein Teil des Klassenkampfes von oben.

    Dem Knast, als strkstem Ausdruck dieserKlassenunterdrckung, kommen hierbei fol-

    gende Funktionen zu: Einerseits sollen die po-litischen Gefangenen durch Manahmen wie

    z.B. die Isolationsfolter in ihrer politischen Iden-titt gebrochen und die Bewegung drauendurch den Verlust eine(r) AktivistIn geschwchtwerden. Andererseits sollen die sozialen Ge-

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    fangenen resozialisiert d.h. zur Verwertunggefgig gemacht werden und ihre Bestrafungsoll zur Abschreckung und Einschchterung,sowohl der Verfolgten als auch anderer, die-nen.60% der Insassen der Knste sind sozialeGefangene, die aufgrund ihrer Klassenzuge-hrigkeit zur Illegalitt gezwungen und in de-ren Folge kriminalisiert wurden. Somit ist derKnast heute einer der wenigen Orte, an demunsere Klasse noch so gebndelt zusammen-trifft. Daher gilt es, den Knast als Kampffeld,den Kampf dort als einen Teil des Klassen-kampfes zu verstehen. Sowohl drinnen alsauch drauen.

    Es gibt viele Beispiele und Anregungen fr dieEntwicklung von Kmpfen in den Knsten. DieKnastkollektive der RAF haben insgesamt 10Hungerstreiks gefhrt, zuletzt auch gemein-sam mit zahlreichen sozialen Gefangenen, diesich den Forderungen nach Lockerungen derHaftbedingungen und Aussetzung der Isolati-on anschlossen.Auch aktuell gibt es Knastkollektive von re-volutionren Gefangenen aus der PC(pm) in

    Italien, des Revolutionren Kampfes (EA) inGriechenland, der GRAPO in Spanien undbaskische Kollektive in Spanien und Frank-reich.Doch auch unabhngig von den durch die

    politischen Gefangenen organisierten Knast-kollektive kommt es immer wieder zu Streiksoder kleineren Aufstnden, organisiert von so-zialen Gefangenen, die sich zur Durchsetzungihrer Interessen zusammengetan haben. Einaktuelles Beispiel hierfr ist der Hungerstreikin der JVA Schwalmstedt gegen die Anwen-dung der Sicherungsverwahrung in der BRD.Einen weitaus greren Aufstand als diesengab es im Dezember 2010 in Griechenland,bei welchem tausende von Gefangenen einenHungerstreik gegen das Knastregime fhrten.Auch in den USA kam es Anfang Dezember2010 zu einem Aufstand mehrerer tausendGefangener, die gegen die menschenunwr-digen Bedingungen, wie z.B. die berbele-gung in den Knsten, das schlechte Essen,unzureichende medizinische Versorgung, Ge-walt durch Polizeibeamte, Ausbeutung durchKnastarbeit usw. kmpften. Sie verbandenihren Kampf neben dem Mittel des Hunger-streiks noch mit einem Arbeitsstreik, in demsie die Knastarbeit verweigerten und in ihrenZellen blieben.

    Die Mittel des Kampfes im Knast sind natr-

    lich andere als drauen und er erfolgt untererschwerten Bedingungen. Doch es liegt anuns, uns sowohl drinnen als auch drauen zurWehr zu setzen und unsere Kmpfe gegenein System zu verbinden, das fr uns nichts

    weiter als lebenslange Ausbeutung und dieUnfreiheit bedeutet.

    Hierfr mchten wir als einen Anfang dendiesjhrigen 18.03. - den Tag des politischenGefangenen zum Anlass nehmen.

    Kampf der kapitalistischen Repressions-

    maschinerie!

    Klassenkmpfe entwickeln drinnen und

    drauen!

    Freiheit fr alle sozialen und politischen

    Gefangenen!

    Netzwerk Freiheit fr alle politischen Gefangenenwww.political-prisoners.net

    RevolutionreGeschichte aneignenund verteidigen -

    Attica 1971!Am 9. September 1971 bernahmen ca. 1200Gefangene der Haftanstalt Attica, eines derberchtigtsten Gefngnisse in den USA, dieKontrolle ber die Hlfte der Anstalt, nahmen38 Wchter als Geiseln und erklrten: Wirsind Menschen! Wir wollen nicht geschlagenund wie Tiere behandelt werden! Vier Tagelang kontrollierten die Attica Brothers denD-Block mit dem Ziel, die Menschen drau-en auf das brutale System aufmerksam zumachen. Die Attica Rebellion war der best-organisierteste Gefngnissaufstand in derGeschichte der USA und wurde von den Men-schen weltweit als gerechtfertigte Antwort aufdie unmenschlichen Gefngnisbedingungengesehen.Monatelang hatten die Attica Brothers ver-sucht, mit der Gefngnisleitung ber eine Listevon dringlichen Forderungen zu verhandeln.Das fr seine unmenschliche Behandlung derHftlinge bekannte Gefngnis Attica im StaatNew York wurde ursprnglich fr 1600 Gefan-gene gebaut. 1971 waren aber mehr als 2000Menschen in diesem Gefngnis - 54 % warenschwarz, 9 % Puertoricaner und 37 % wei.14 bis 16 Stunden pro Tag in ihre Zellen ge -sperrt und bei einer Bezahlung von 20 Centsbis 1 $ pro Tag fr ihre Arbeit, durften die Mn-ner nur einmal in der Woche duschen und be-kamen nur eine Seife und eine Rolle Toiletten-

    papier im Monat. Die Post wurde zensiert, derZugang zu Literatur war stark eingeschrnktund Besucher wurden schikaniert, wenn sieberhaupt hinein gelassen wurden. Schwarzeund Puertoricaner waren den rassistischenBeschimpfungen der Gefngniswrter aus-

    gesetzt. Es gab keine Ausbildungsmglich-keiten. Verpegung und medizinische Versor-gung waren miserabel. In dieser Zeit war dieBewegung fr die Rechte der Gefangenenstark und viele der Insassen hatten bereitsErfahrung in der Black Liberation und der Anti-Kriegs-Bewegung gesammelt. Attica BrotherAkil Al-Jundi beschrieb die Situation so: Vieleder Gefangenen hatten sich durch ernsthaftesStudium aufgebaut, um nach ihrer Freilassungfr ihre Gemeinden zu arbeiten. Es gab eine

    Organisation, die Attica Liberation Front, diealle Gefangenen reprsentierte. Die Vertreterwurden von uns gewhlt.Im Mai 1971 berreichte die Attica LiberationFront ihr Manifest mit den Forderungen derGefangenen Russel G. Oswald, dem Leiter

    der Anstalt. Doch dieser hatte nicht einmal dieHichkeit direkt zu antworteten und schickteeine Botschaft auf Tonband, die besagte, dassdie Reformen Zeit bentigen wrden.Der Auslser fr den Aufstand war, das am21. August 1971 der schwarze RevolutionrGeorge Jackson kaltbltig im California StatePrison ermordet wurde. Als die Nachricht sichvon Zelle zu Zelle verbreitete, entstand derPlan, das ganze Gefngnis in einem Protestzu vereinigen. Am nchsten Morgen beim

    Frhstck stellten sich die Gefangenen in zweiReihen auf, mit jeweils einem Schwarzen ander Spitze. In der Halle herrschte Totenstille,die Gefangenen trugen schwarze Armbindenund machten einen Hungerstreik.

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    Aktivitten zum 18.Mrz 2011

    Am Morgen des 9. September brach die Re-bellion los. Wir kehrten vom Speisesaal zurck.Die Stimmung war explosiv. Als ein Wchter je-manden aus der Reihe zog, schnappten wir ihnund danach noch ein paar andere. Wir stelltensie an die Mauer und nahmen ihnen die Knp-pel weg. Diejenigen mit Fhrungstalent began-nen die Dinge zu organisieren. berall wurdenPosten aufgestellt. Wir bernahmen die Werk-sttten und befreiten die Gefangenen in Einzel-haft. Dann machten wir Lcher in die

    Wnde um Zugang zu anderen Abteilungenzu bekommen. Wir nahmen die Geiseln undsteckten sie in Zellen. Manche von uns warenWchter, andere organisierten das Essen. Je-der hatte eine Aufgabe. In Attica kommt manan einen Punkt, an dem man nicht mehr an dieKonsequenzen denkt. Hier drinnen waren wirohnehin so gut wie tot.Die Botschaft an die Welt war: Brder! Die Welthrt uns! Die Welt sieht unseren Kampf!Seht die Leute (das Beobachtungsteam), dieaus dem ganzen Land, hierher kommen umaus erster Hand unseren Kampf gegen die ras-sistische Unterdrckung und Brutalitt zu beo-bachten. Wir werden es ihnen zeigen, damit sieder Welt erzhlen knnen, was hinter diesen

    Mauern vorgeht.Die Attica Brothers bildeten ein Fhrungsteamund ein Verhandlungskomitee, das sich ausSchwarzen, Latinos und Weien zusammen-setzte.berhaupt herrschte eine unzerbrechliche Ei-nigkeit zwischen den Gefangenen verschie-dener Nationalitten. Sie waren bestens orga-nisiert und diszipliniert. Obwohl sie unter densadistischen Gefngniswrtern gelitten hatten,behandelten sie die Geiseln gut, gaben ihnengute Quartiere, gutes Essen und beschtztensie durch Wchter.

    Eine an die ffentlichkeit gerichtete Erklrungwurde abgegeben: Die Gefngnisinstitutionendienen nicht dem amerikanischen Volk, son-dern nur denen, die die Menschen versklavenund ausbeuten wollen. Sie forderten eine gene-relle Amnestie, den Transport in ein nicht-impe-rialistisches Land und Verhandlungen durch einBeobachtungsteam, dem der radikale AnwaltWilliam Kunstler, Mitglieder der Black PantherPartei, der Young Lords sowie liberale undschwarze Journalisten angehrten. Der Geist

    von Attika strahlte die nchsten vier Tag vonden Wnden des D-Blocks.Einer der Attica Brothers, Herbert X. Blydenerklrte: Wir stehen hier fr alle unterdrcktenMenschen auf der Welt. Wir werden nicht auf-geben, wir werden ihnen den Weg zeigen. An-dere gaben Solidarittserklrungen ab fr dieMenschen auf der ganzen Welt, die gegen denImperialismus kmpfen, besonders fr das viet-namesische Volk. Die Attica Brothers erklrtenauch ihre Solidaritt mit den Native Americansin Wounded Knee: Auch wenn die Yankee Im-perialisten ein Blutbad vorbereiten, werden siees nicht schaffen, den Kampf der Vlker zu er-trnken. Diese Botschaften erreichten und in-spirierten viele Menschen auf der ganzen Welt

    und gaben ihnen einen Vorgeschmack, wie essein knnte, wenn sie den Unterdrckern dieMacht entreien wrden. Artur Eve vom Beo-bachtungskomitee erzhlte: Es war unglaub-lich interessant. Sie hatten ein ausgeklgeltesKommunikationssystem errichtet. Einige warenfr die Sicherheit verantwortlich, andere fr dieMllentsorgung, andere fr die Verpegung,andere wiederum bernahmen die Pege vonErkrankten. Es war eine Gemeinschaft inner-halb einer Gemeinde. Es hat mich tief beein-druckt wie sie sagten das ist unser zu Hauseund wir werden es uns so lebenswert wie mg-

    lich machen. Es herrschte eine erstaunlicheDisziplin.Sehr schnell stoppte der Staat die Verhand-lungen und bereitete sich vor, den Aufstandniederzuschlagen. Er war nicht mehr bereit,dieses Symbol des Widerstands zu tolerierenund frchtete den Effekt, den der Aufstand frMillionen auerhalb der Gefngnismauern vonAttica haben wrde. Er antwortete mit nackterWaffengewalt.Am 13. September nahmen dann mit Tr-

    nengas, Gewehren und Maschinenpistolenausgerstete Truppen unter dem Befehl vonGouverneur Rockefeller Attica ein. Nachdemdie Schieerei vorbei war, waren zehn Geiselnund 29 Gefangene tot. Die Gefngnisleitungbehauptete, dass die Geiseln von den Gefan-genen gettet worden wren. Aber die Unter-suchungen ergaben, dass alle an Schuss-verletzungen gestorben waren. Keiner derGefangenen hatte eine Schusswaffe. Einer derGefangenen berichtete: Sie kamen mit ihrenGewehren und schossen auf alles, das sichbewegte. Sie gingen von Zelle zu Zelle mitihren Maschinenpistolen und beschossen dieBetten. Sie schauten nicht, ob jemand da war,sie schossen einfach drauf los. Ihr Ziel war zu

    tten, nicht Fragen zu stellen. Sie hatten pa-

    nische Angst, das sah man in ihren Gesichtern.Attica Brother Rahim schrieb spter: Nach demAufstand waren viele von uns gestorben oderverletzt worden. Aber niemand bereute, was wirgetan hatten. Und bei der nchsten Gelegen-heit htten wir es wieder getan. Weil es besserwar, als wie ein Tier zu leben. Der Geist vonAttica lebt weiter. Er brennt in den Herzen de-rer, die vom Tag trumen, an dem sich die Men-schen von der Unterdrckung befreien werden.

    Berlin:

    Freitag, 18.03.2011:Infoveranstaltung zum 18. Mrz undVok

    um 19.00 Uhr, im Stadtteil- und In-foladen Lunte, Weisestr. 53, 12049Berlin/NeukllnVeranstalterInnen: Gefangenen Info

    Samstag, 19.03.2011:Solidarittskonferenz fr die politischen Gefan-genen

    um 12.00 Uhr, im SFE (Mehringhof), Gneisen-austr. 2a, 10961 Berlin/KreuzbergVeranstalterInnen: Antirepressionsforum

    Hamburg:

    Mittwoch, 16.03.2011:Einhunderttausend Stimmen gegen Isolationund Veranstaltung zu den 129b-Prozessen

    15-17 Uhr: Kundgebung in Altona auf demSpritzenplatz, 19 Uhr: Veranstaltung im Inter-nationalen Zentrum B5,Brigittenstrasse 5

    VeranstalterInnen: Anatolische Fderation, NetzwerkFreiheit fr alle politischen Gefangenen, Rote SzeneHamburg, Sol * Sozialistische Linke

    Magdeburg:

    Mittwoch, 09. Mrz 2011:Infoveranstaltung mit Addameer zu politischenGefangenen in Palstina

    18 Uhr, BUND, Olvenstedter Str. 10,MagdeburgVeranstalterInnen: Rote Hilfe OG Magdeburg,Zusammen Kmpfen, Freunde Palstinas

    Donnerstag, 17. Mrz 2011:Einhunderttausend Stimmen gegen Isolationund Veranstaltung zu den 129b-Prozessen

    12-17 Uhr Kundgebung in der Innenstadt (Al-ter Markt),18 Uhr Infoveranstaltung mit GenossInnender Anatolischen Federation ber die Situa-tion der 129b GefangenenVeranstalterInnen: Netzwerk Freiheit fr allepolitischen Gefangenen Magdeburg und Rote Hilfe

    Magdeburg

    Stuttgart:

    Donnerstag, 10.03.2011:Solidaritt mit den 10 ehemaligen Militanten ausder RAF

    um 9.00 Uhr vor dem Landgericht in Stuttg-art, Urbanstr. 20, 70182 Stuttgart

    Montag, 14.03.2011:Einhunderttausend Stimmen gegen Isolationund Veranstaltung zu den 129b-Prozessen

    14 Uhr: Flugbltter verteilen, Marktstrae,19 Uhr: Veranstaltung, Volkskulturhaus e.V.,Voltastr. 14, 70376 Stuttgart, Bad CannstattVeranstalterInnen: Anatolische Fderation, NetzwerkFreiheit fr alle politischen GefangenenFreitag, 18.03.2011:Gegen die Kriminalisierung von MigrantInnen

    16 Uhr: Wandtafelausstellung,17 Uhr: Kundgebung, Marktstrae,Stuttgart-Bad CannstattVeranstalterInnen: Anatolische Fderation, ATIK-YDG

    (Neue Demokratische Jugend), Netzwerk Freiheit fralle politischen Gefangenen, Rote Hilfe OrtsgruppeStuttgart, Young Struggle, Stuttgarter Plattform Weg

    mit den 129!

    Weitere Veranstaltungen:mit einem Redakteur des Gefangenen Infos:

    - zu Tommy Tank:

    Montag, 14. Mrz 2011, 19 Uhr in Leipzig,linXXnet, Bornaische Str. 3d

    - ber die 129b Prozesse:

    Dienstag, 15. Mrz 2011 in Dresden

    - Zensur gegen linke Medien:

    Donnerstag, 17. Mrz 2011 in Erfurt

    - Kommunikation im Knast und zur Situati-

    on von Tommy Tank

    Freitag, 18. Mrz 2011, 19 Uhr in Halle, Infola-den Glimpich, Ludwigstrae 37

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    Elmshorn: In der Nachtvom 21. auf den 22. Januarhaben Unbekannte meh-rere Brnde in der VillaKunterbunt, einem alter-nativen und nicht-kommer-ziellen Treffpunkt, und in

    den angehrigen Rumengelegt. Bei dem gezieltenAngriff wurde versucht, smtliche Trenaufzubrechen und in den Rumen Feuer zulegen, was in zwei Fllen gelang. Ein gre-res Feuer wurde im Lagerraum gelegt undbeschdigte das Dach. Der Sachschadenwird auf ca. 10.000 Euro geschtzt. (red.)

    Koblenz/Trier: In Koblenz(Rheinland-Pfalz) kam esam 01. und am 08. Febru-ar zu Anquatschversuchendurch den Verfassungs-schutz, am 03. Februarkam es auch in Trier zueinem weiteren Versuchin Rheinland-Pfalz poli-

    tisch Aktive zu einer Zusammenarbeit mitdem Verfassungsschutz zu bewegen. AlleBetroffenen verweigerten konsequent einGesprch. Keine Zusammenarbeit mit denRepressionsorganen, meldet euch bei eurenrtlichen Antirepressionsstrukturen, falls ihrangequatscht werdet. (red.)

    Berlin: Am 08. Mrz be-ginnt um 9 Uhr im Raum504 des Amtsgerichts Tier-

    garten der Prozess gegenThomas. Ihm wird vorge-worfen im Zeitraum vonJuni bis September 2010drei Autos angezndet zuhaben und dabei weitere

    Autos beschdigt zu haben. Am 10. Septem-ber 2010 strmte ein bewaffnetes Einsatz-kommando der Polizei seine Wohnung undverhaftete ihn. Da Thomas whrend der ge-samten Zeit observiert wurde, steht das Ver-fahren auf wackligen Fen. Zudem wurdedie Anklage nach seiner Verhaftung um zweiweitere Punkte ergnzt. (red.)

    Freiburg: Die FreiburgerPolizei umstellte mit einemAufgebot von ber 50 Per-sonen in Uniform und zivilam 24. Februar das be-setzte Haus in der Garten-strae 19. Ohne Angabenvon Grnden, ohne denBesitzer zu informieren und

    ohne einen Durchsuchungsbefehl vorzuzei-gen, brachen sie eine Tr auf, durchsuchtenTeile des Gebudes und beschlagnahmtenGegenstnde. Trotz mehrfacher Aufforde-rung der eintreffenden UntersttzerInnen

    vor dem besetzten Haus weigerte sich diePolizei den Durchsuchungsbeschluss vorzu-zeigen. (red.)

    Wir mchten an Sigurd erinnern, dessen Todsich zum dreiigsten Mal jhrt.Ausdrcklich mchten wir an seinen Todes-tag, den 16. April 1981, erinnern, weil seinKampf um bessere Haftbedingungen leiderauch von linken Medien ignoriert wurde.

    Sigurd Debus wurde als Mitglied einer be-waffneten Gruppe 1974 in Hamburg ver-haftet. Ihm wurde vorgeworfen, an einemSprengstoffanschlag gegen die HamburgerInnenbehrde, sowie den Sitz des BDI ( Bun-

    desverband der Deutschen Industrie) in Klnbeteiligt gewesen zu sein.Der Hungerstreik (HS) der Gefangenen ausder RAF begann am 1.2.81.

    In dieser Lage: jahrelang voneinander iso-liert und von jedem gemeinsamen politischenProzess und der Auenwelt abgeschlossen,sind wir entschlossen, mit unserem einzigwirksamen Mittel - dem kollektiven unbefri-steten Hungerstreik - die Trennung zu durch-brechen und uns die Bedingungen fr kollek-tive Lern- und Arbeitsprozesse zu erkmpfen,um als Menschen zu berleben.

    Die Forderungen waren u. a.:- Zusammenlegung- Ausung der Hochsicherheitstrakte- Aufhebung aller Formen der Isolation

    Der HS hatte auch einen starken internatio-nalistischen Ausdruck von Solidaritt mit Ge-fangenen aus Nordirland, Italien, Trkei undPalstina, sowie mit allen Gefangenen, dieangefangen haben, in den Gefngnissen Wi-derstand zu leisten.

    Sigurd, der in Hamburg - Fuhlsbttel inhaf-tiert war, schloss sich am 11. 2. dem Hunger-streik an, weil er mit den Gefangenen aus derRAF zusammen kommen wollte. Er wurdeseit dem 19. 3. gegen seinen Willen zwangs-ernhrt.ZwangsErnhrung (ZE) ist keine medizi-nische Manahme, sondern nur ein Gewalt-

    mittel, den Widerstand von Menschen zubrechen...ZE ist als Folter zu betrachten...Sie ist in dieser lebensbedrohlichen Situati-on sogar ein direkter Angriff auf das Leben.(aus einem Offenen Brief westdeutscher rz-tInnnen)

    Obwohl Sigurd schon einige Tage klinischtot war, wurde sein Ableben erst am 16. Aprildurch den Staat bekannt gegeben, dem Tag,an dem der Hungerstreik beendet wurde.Sein Anwalt schrieb: Alle Anzeichen deutendarauf hin, dass die Zwangsernhrung im(Hamburger) Zentralkrankenhaus des Un-tersuchungsgefngnisses den Tod von S.Dbewirkt hat.

    Die Herrschenden wollten mit dieser Mani-pulation des Todeszeitraums suggerieren,dass die Gefangenen wegen Sigurds Todden Streik beendet hatten, und nicht weil es

    Zusagen staatlicherseits gab, die Isolationaufzuheben. Der Staat hielt seine Zugestnd-nisse nicht ein.Sigurds Tod konnte nie aufgeklrt werden,da Teile seiner Krankenakte verschwanden.Die verantwortlichen Mediziner und Beamtenblieben in Amt und Wrden.

    Sigurd beteiligte sich in an dem Streik, ummit den Gefangenen aus der RAF zusam-menkommen, um so besser gemeinsam undoffensiver gegen die Isolation in den Knstenkmpfen zu knnen. Fr viele Menschen, diesich fr die Forderungen eingesetzt hatten,wurde klar, Sigurd musste sterben, weil ermit den Gefangenen aus der RAF zusam-menkommen wollte.

    Anmerkung der Red.:Den Angriff auf das US-Hauptquartier Ram-stein im Herbst 1981 fhrte brigens einKommando Sigurd Debus der RAF aus.

    Weitere Informationen: GI 339, Seite 4 - 6 so-wie 2 Radiointerviews zu Sigurd, zu hrenunter: http://nullaenito.jimdo.com/revolutio-nre-geschichte-aneignen-1/interviews/

    10 gefangenen info mrz 2011

    seite 3 schwerpunkt inland international dossier gefangene feuilleton kurzmeldungen

    Vor 30 Jahren starb Sigurd Debusred.

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    Kurzmeldungen bundesweit

    Plakat des Hamburger Aktionszentrums(HAZ), in dem Sigurd organisiert war.

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    Dresden: Am 19. Februarwurde der ehemals gr-te europaweite Naziauf-marsch im zweiten Jahr inFolge erfolgreich verhin-dert. Die Polizeikrfte gin-gen mit massiver Gewalt

    gegen die AntifaschistInnenvor. 150 Personen wurden

    zum Teil schwer veletzt, die Verletzungenreichen von Knochenbrchen ber Schdel-Hirn-Traumata bis hin zu ausgeschlagenenZhnen und Verletzungen durch Hunde-bisse. Darber hinaus mussten sich ber200 NazigegnerInnen nach Pfeffersprayein-stzen der Polizei an den Augen behandelnlassen. (red.)

    Schleswig: In einem Be-rufungsprozess veruteiltedas Oberlandesgericht

    Schleswig Ende Februareine Antimlitaristin zu bis zu14.000 Euro Schadenser-satz. Sie hatte sich im Fe-bruar 2008 in Nordfrieslandan Bahnschienen gekettet,

    um auf Militrtransporte der Bahn und dieAuslandseinstze der Bundeswehr auf-merksam zu machen und um grundstzlichgegen die Institution Bundeswehr zu prote-stieren. Weitere drei AktivistInnen sind we-gen angeblicher Beihilfe angeklagt. (red.)

    Diez/Kln: nal KaplanDzyar ist in die JVA Kln

    -Ossendorf verlegt wordenund bendet sich somit imgleichen Gefngnis wieNurhan Erdem. nal ist imFebruar 2010 mit Hilfe des129b verhaftet wordenund bendet sich seitdem in

    Untersuchungshaft. Anfang Februar wurdedie Anklage gegen ihn erhoben. Ihm wird dieMitgliedschaft in der DHKP-C vorgeworfen.Wann sein Prozess beginnen wird ist bislangunklar. Seine aktuelle Adresse lautet: nalKaplan Dzyar, JVA Kln, Rochusstrae 350,50827 Kln. (red.)

    Dsseldorf: Der Pro-zess gegen Faruk Ererenneigt sich langsam demEnde zu. Der Vorwurf derMitgliedschaft bzw. R-delsfhrerschaft in derDHKP-C wurde gegen ihnfallengelassen. Der neueVorwurf lautet auf Mord in

    mittelbarer Tterschaft an zwei Polizeibe-amten in Istanbul im April 1993. Die Bun-desanwaltschaft forderte in ihrem Pldoyerlebenslngliche Haft fr Faruk Ereren. ZumZeitpunkt des Redaktionsschlusses war

    noch nicht bekannt wann der Prozess endet.Achtet auf Ankndigungen auf www.political-prisoners.net. (red.)

    Kurzmeldungen bundesweit

    Gefangenen Info: Am 18. Februar 2011 stehtder erste Prozesstag gegen euren BuchladenOH 21 bevor. Worauf beruhen die Anklage-punkte und gibt es bereits Anklagen gegen dieanderen betroffenen Lden?

    OH 21: Die Anklagepunkte beruhen auf 130aStGB, das bedeutet Anleitung zu Straftaten, und40 WaffenG, was Versto gegen das Waffen-gesetz bedeutet. Allerdings beruhen diese nurauf den ersten beiden Razzien gegen unserenLaden. Wie ihr wisst, gab es seit Beginn der Re-pressionswelle aber bereits fnf Razzien. Dasheit, dass weitere Anklagen gegen unserenLaden kommen knnten.Auch die Buchlden M99 und Schwarze Rissehaben mittlerweile Anklageschriften erhalten.Wir wissen, dass Schwarze Risse einen Ein-spruch eingelegt hat, welcher aber abgelehntwurde.

    GI: Wie laufen die Razzien ab? Und welchenZweck verfolgt eurer Meinung nach diese Re-pressionswelle?

    OH 21: Es sind meist drei bis fnf LKA-Beam-tInnen, die unseren Laden betreten. Manchmalsteht auch eine Polzeiwanne drauen auf derStrae. Sie suchen die zu beschlagnahmenden

    Zeitungen und machen Fotos. Mittlerweile wis-sen sie, wo sie die inkriminierten Zeitungen n-den.Zuvor waren es Autoren und Verlage, die frinkriminierte Medien belangt wurden. Die Kri-minalisierung von Buchlden stellt eine neue

    Interview mit demBuchladen OH 21

    Qualitt dar. Unsere Verurteilung wrde einenPrzedenzfall darstellen. Es ndet momentanein breiter Angriff auf linke Strukturen statt.Nehmen wir z.B. den Castor-Transport oderden Naziaufmarsch in Dresden. Die Buchldensind eine Schnittstelle fr Mobilisierungen, weildie Leute hier z.B. ihre Tickets kaufen knnen.Darber hinaus sind unsere Lden nicht nur frdie Linke von Interesse, sondern unsere Ldensprechen ebenso brgerliche Kreise an, die hier

    alternative Literatur erhalten knnen.Zudem hat die Repression eine bundesweiteQualitt, es geht nicht nur um Berlin. In einerhnlichen Situation bendet sich das Cafe Maratin Mnchen, welches genauso wie wir mit stn-digen Razzien konfrontiert ist.

    GI: Hat die Repression auch eine abschre-ckende und einschchternde Wirkung?

    OH 21: Uns schchtern diese Angriffe natrlichnicht ein. Auch unsere Kundschaft wirkt keines-wegs eingeschchtert oder abgeschreckt. Sieist vielmehr emprt ber die Razzien. Auch inunserem Solikreis Unzensiert-Lesen ist die Mo-ral aufrecht.

    GI: Und wie luft die Soliarbeit, die von Unzen -siert-Lesen geleistet wird? Was ist von eurerSeite aus geplant?

    OH 21: Wir treffen uns regelmig im Rahmenvon Unzensiert-Lesen und bereiten gemeinsamdie Kampagnen vor. In diesem Kreis arbeitenhauptschlich die von den Razzien betroffenenBuchlden zusammen. Bisher wurde eineHomepage eingerichtet, es wurden Plakate undFlyer gedruckt und breit gestreut, es wurden Re-debeitrge auf Demos verlesen und es hat auchKundgebungen vor den betroffenen Lden ge-geben, auch vor dem OH 21. Im Moment mobili-

    sieren wir zu unserem Prozess, wo wir natrlicheinen Freispruch erwarten.Mit unserer Kampagne versuchen wir aber aucheine Breitenwirkung hinzubekommen. Es gibtVersuche, an Verlage heranzutreten und auchschon solidarische Rckmeldungen. Es hat sicheine Lese-AG gegrndet, die Lesungen vorbe-reitet. In diesem Rahmen werden wir mit solida-rischen AutorInnen Lesungen veranstalten.

    GI: Wie knnen solidarische Menschen Unter-sttzung leisten?

    OH 21: Es ist wichtig, den anstehenden Pro-zessen kritisch beizuwohnen und daran mitzu-wirken, dass ffentlichkeit geschaffen wird. Es

    darf nicht vergessen werden, dass auch nochProzesse gegen das M99 und Schwarze Rissebevorstehen. Zudem kostet das alles auch vielGeld. Die Anwaltskosten, Prozesskosten unddie Kosten fr die Soliarbeit; auch Spenden hel-fen uns enorm weiter.

    GI: Wir bedanken uns fr das Gesprch undwnschen viel Erfolg.

    Fr die Prozesskosten sind die Buchldenauf Spenden angewiesen:Empfnger: Netzwerk Selbsthilfe e.V.Kontonr.: 74 038 870 18BLZ: 100 900 00Verwendungszweck (wichtig!):Stichwort unzensiert-lesen

    Weitere Informationen:www.unzensiert-lesen.de

    Ein Gesprch ber die aktuelleRepressionswelle von Berliner Buch-und Infolden und den anstehenden

    Prozess gegen das OH 21

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    seite 3 schwerpunkt inland international dossier gefangene feuilleton kurzmeldungen

    Zensus 2011 wurde die erste allumfassendeVolkszhlung in der BRD seit ber 20 Jahrengetauft.

    Der Zensus basiert auf Anforderungen der EU,geht in Deutschland aber mit den erhobenenDaten weit darber hinaus. Erfasst werden sol-len die gesamte Bevlkerung sowie die gesamteFlchenbebauung und -nutzung in der BRD.

    Die letzten direkten Volkszhlungen in der BRDsollten in den 80er Jahren durchgefhrt werden.Dagegen gab es breiten Protest, der letztendlichdie Zhlung so lckenhaft machte, dass sie nichtausgewertet werden konnte. Deshalb heit derZensus auch Zensus und nicht Volkszhlung.Am 15.12.1983 erklrte das Bundesverfas-sungsgericht im Volkszhlungsurteil einigePunkte des dazugehrigen Gesetzes fr verfas-sungswidrig und formulierte das Grundrecht auf

    informationelle Selbstbestimmung.Trotz der im Urteil vorgeschriebenen Informa-tions- und Aufklrungspicht wurde in der BRDpraktisch nicht ber den Zensus informiert, biser schon gestartet war. Dies geschieht aus Kal-kl, frchtet die Politik doch erneuten Wider-stand gegen die totale Erfassung. In den Vor-bereitungen, die schon 2001 anngen, wurdeumfangreich ber mglichen Widerstand undMglichkeiten diesen zu brechen gesprochen.

    Durchfhrung

    Zunchst werden ab dem 9. Mai 2011 die Da-ten aller Menschen aus verschiedenen Daten-banken zusammengefhrt und mit einer eindeu-tigen Ordnungskennziffer in einer neuen groen

    Anschrift-, Personen- und Gebudedatenbankgespeichert. Gleichzeitig werden zufllig 10%der Bevlkerung ausgewhlt, die direkt miteinem Fragebogen konfrontiert werden. Dabeiwird nicht nur durchgezhlt wie viele Men-schen wo wohnen, sondern auch detaillierteAusknfte zu den Lebens-, Haushalts-, und per-snlichen Verhltnissen abgefragt.Die Auswahl der Zhlenden erfolgt per Zufallund sie werden zu diesem Ehrenamt verpich-tet. Derzeit wird in den meisten Landkreisen,per Zeitung und an Schulen, bereits eifrig nachFreiwilligen gesucht. Neonazis rufen ihre An-hngerInnen dazu auf, sich freiwillig zu melden,um so an die Daten von politischen Gegnern zukommen.

    Schon vor dem ofziellen Starttag mssen alleEigentmerInnen von Wohnungen oder Gebu-den einen Fragebogen mit ausfhrlichen Fragenzu den Wohnungen, deren Ausstattung und de-ren BewohnerInnen ausfllen. Damit wird dieTotalerfassung smtlicher Flchen und Bebau-

    ungen in Deutschland organisiert.Schlielich werden noch alle EinwohnerInnenvon so genannten sensiblen Sonderbereichen

    zur Angabe ihrer Daten gezwungen. Das betrifftalle BewohnerInnen bzw. Insassen von Alters-heimen, Psychiatrien, Kliniken usw. Auch alleObdachlosen werden per Gesetz diesen Son-derbereichen zugeordnet und somit erfasst.In Pegeheimen und hnlichen Einrichtungendrfen die LeiterInnen die Zensusfragebgenfr die BewohnerInnen ausfllen, wenn dieseselbst nicht mehr dazu in der Lage sind. In denKnsten ist die Situation noch perder. Hier wer-den Fragebgen ausschlielich der Leitung zu-gestellt, die dann nach ihrem eigenen Gutdn-ken Angaben macht.

    In diesen sensiblen Sonderbereichen wurdebeim Zensustest 2001 nmlich festgestellt,

    dass die Daten sehr hug unvollstndig sindoder sich widersprechen. Menschen, die nichtber ihren Aufenthaltsort entscheiden drfen,knnen nicht mit absoluter Richtigkeit angeben,ob sie in drei Wochen noch am selben Ort woh-nen werden.

    Entsprechend gilt fr Knste dann auch nicht dieErhebung per Stichprobe, sondern die Vollerfas-sung jedes und jeder Einzelnen. Einziger Trostbleibt, dass keine der Fragen zum Haushalt be-antwortet werden muss, denn so die Begrn-dung eine Zelle ist kein Haushalt. Wrde siebei der Auswertung der Haushaltsangaben miteinbezogen, fhre das zu statistischen Fehlern.

    Die Regierung fragt: Duschen oder Badensie? Mit wem? Seit wann?Ein Beitrag der Antifaschistischen Linken International (ALI)aus Gttingen

    Nach dem Rcklauf der ersten Fragebgen wer-den die zusammengefhrten Daten miteinanderabgeglichen. Es reicht dem Staat nicht aus, vonallen Menschen Daten zu haben. Damit diesein einer berwachungsgesellschaft verwertbarsind, mssen es auch fehlerfreie Angaben sein.Im Anschluss werden also erneut Menschenlosgeschickt, um alle nicht bereinstimmendenDaten zu berprfen. Dieser Vorgang dauertntigenfalls bis 2013, um auch mehrfach dienicht bereinstimmende Daten hinterfragen zuknnen.Am Ende soll jedem Menschen in Deutschland

    eine eindeutige Ordnungskennziffer zugeordnetsein unter der alle persnlichen Angaben fehler-frei erfasst sind.

    Widerstand

    Die Grnde, sich dem Zensus zu widersetzen,sind vielfltig und so verschieden wie wir selbst.

    Entgegen aller Urteile und Versprechen wirdsich nicht an die eigenen Regeln gehalten: Esgibt eindeutige Personenkennziffern, bisher er-fasste Daten (Meldemter, Arbeitsmter) werdenzweckentfremdet, die Erhebung geschieht ohneInformation oder gar Einverstndnis der Men-schen.Fehlerhafte oder fehlende Angaben wurden zu

    neuen Straftaten erklrt und sind mit bis zu 5.000Euro Strafe oder Haft bewehrt. Statt sich mit Kri-tik und Protest auseinander zu setzen, wird frkriminell erklrt, wer nicht der herrschenden Li-nie blind folgt.Minderheiten werden stigmatisiert. Die Zwangs-erfassung von Obdachlosen, die Fragen nachMigrationshintergrund und Religionszugehrig-keit und nicht zuletzt die Befragung zur Welt-anschauung wirken ausgrenzend und werdendarber hinaus von der EU gar nicht verlangt.Insbesondere Muslimen wird offensichtlichmisstraut, indem sie detaillierte Angaben zu ih-rem Glauben machen mssen, whrend Anhn-gerInnen von Freikirchen und christliche Sektenes beim Evangelismus belassen drfen.

    mter und Behrden dieses Landes sind erfah-

    rungsgem nicht in der Lage, vernetzte und di-gitalisierte Daten wirklich zu schtzen.Die Volkszhlung ist keine rein statistische Er-hebung. Vielmehr schliet sie eine Lcke derstaatlichen Totalberwachung, die sich einreihtin Kennzeichenabgleichung, Videoberwachungaller Autobahnen, Vorratsdatenspeicherung,groem Lauschangriff, Internetzensur etc.

    Der Zensus wird in der Praxis auf kommunalerEbene ausgefhrt. Es sind Verwaltungsbe-amtInnen und Freiwillige von nebenan, die frdie Richtigkeit der Daten sorgen. Das lsst diekommunale Organisation des Widerstandesbei gleichzeitiger bundesweiter Vernetzung amSinnvollsten erscheinen.

    Anmerkung der Red.: Aufgrund Platzmangels

    kann ein so umfassendes Thema wie Zensus

    2011 natrlich nicht ausreichend vorgestellt

    werden. Weitere Informationen zur Thematik

    fndet ihr unter: www.zensus11.de

    www.inventati.org/ali/

  • 8/6/2019 Gefangenen Info #360

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    mrz 2011 gefangenen info 11

    seite 3 schwerpunkt inland international dossier gefangene feuilleton kurzmeldungen

    Belgien: Nachdem am 15.Februar 2011 ein jungergypter im Brsseler Ab-schiebeknast Steenokker-zeel vom Knastpersonalgefesselt und geschlagenwurde, traten die brigen

    Hftlinge in einen Hun-gerstreik. Whrend einer

    Solidarittsdemonstration am 20. Februarbeginnen die Gefangenen eine Revolte: Ein-richtungsgegenstnde werden aus den Zel-len geworfen, eine Zelle angezndet, einigePersonen steigen aufs Dach, einer Persongelingt die Flucht. Festnahmen durch diePolizei konnten verhindert werden. (red.)

    Frankreich: Zwei Jahrenach den Protesten gegenden Nato-Gipfel 2009 inStrasbourg kommt es nun

    erneut zu einem Verfahrengegen Jan, einen ehema-ligen Inhaftierten. Er wurdenach 4 Monaten Haft vomBerufungsgericht Colmar

    freigesprochen, kurz nach dem Urteil gingder Oberstaatsanwalt in Revision. Jan wirddas Fhren einer Waffe und die Teilnahmean einer Zusammenrottung vorgeworfen,ihm drohen erneut bis zu drei Jahre Haftohne Bewhrung. Ein weiterer Nato-Prozessgegen Matthias endete mit einer Geldstrafeber 6000 Euro. (red.)

    Frankreich: In Frankreich

    fand vom 20. - 27. Febru-ar eine Aktions- und Soli-darittswoche gegen Re-pression statt. Hintergrundist die Verurteilung vonzehn Sans-Papiers wegenBrandstiftung im Abschie-beknast von Vincennes im

    Jahr 2008, der nach monatelangen Hun-gerstreiks und Revolten abbrannte. Parallelzum Prozess kam es seit Dezember 2009zu zahlreichen Solidarittsaktionen (Wand-malereien, Diskussionsveranstaltungen,Demos, Sabotageaktionen, Besetzungen)

    gegen Unternehmen, die an Abschiebungenbeteiligt sind. (red.)

    Weirussland/Belarus:Die massive staatliche Re-pression gegen oppositio-nelle und vor allem anarchi-stische Gruppierungen inWeirussland geht weiter,erneut wurden mehrereKonzerte und eine Essens-verteilungs-Aktion unter-

    bunden und Personen festgenommen. DieZahl der festgenommenen Oppositionellen,die sich auf eine lange Haftdauer vorberei-

    ten mssen, betrgt mittlerweile 42. In Berlinfand am 17. Februar eine Solidarittsde-monstration fr die weirussischen Gefan-genen mit 35 TeilnehmerInnen statt. (red.)

    Kurzmeldungen international

    Wir drcken unsere konkrete und militante Soli-daritt den 11 Genossen aus, die am 16. Novem-ber vom Gericht von LAquila alle zu zwei Jahrennach Art. 414 StGB Par.3 (Aufruf zur Begehungvon Verbrechen) verurteilt wurden, als Folge derAnzeigen, die nach der Demo am 3. Juni 2007 inderselben Stadt mit Abschluss vor dem Gefng-

    nis eingegangen sind. Die Demo war das Ergeb-nis einer Reihe von Kmpfen gegen den Knastund insbesondere gegen die Sonderabteile unddas Regime 41bis, die vor dem Knast von Biel-la begonnen haben und ber den Knast Parmagehend in LAquila abgeschlossen wurden. DerUmzug in einer total leeren Stadt wegen dem vonder Presse des Regimes absichtlich hervorge-rufenen Medienterrors drckte seine Solidarittmit der revolutionren Militanten Nadia Lioce, diein LAquila im Regime 41bis, dem sogenanntenharten Knast, gefangengehalten wird. Die Demodrckte ihre Solidaritt auch mit den kommuni-stischen politischen Gefangenen und allen poli-tischen Gefangenen aus, denn sie gehren zurgesamten revolutionren und Klassenbewegung.

    24 Anzeigen, gefolgt von 11 Verurteilungen undeinem weiteren noch offenen Verfahren gegenweitere Genossen sind der glasklare Beleg desrein politischen Wesens dieser repressiven Ver-bissenheit.Wegen Parolen zu verurteilen hat als einzigesZiel die Bestrafung und den Weg zu bereiten frVerurteilungen wegen ideologischen Vergehen,die vom faschistischen Regime eingefhrt und imStGB-Rocco festgehalten wurden.Parolen wie die Fabrik ttet uns, der Staat stecktuns in den Knast, Biagi und DAntona sind unsscheissegal gehren schon immer zum Wort-schatz der Klassenbewegung. Die Arbeitendenund ProletarierInnen haben wohl andere Pro-bleme, denen sie sich stellen und die sie lsen

    mssen: die von der Verschlechterung der Le-bensbedingungen, den angegriffenen und vorent-haltenen Rechten, der extremen Ausbeutung, derVerbreitung der Prkarisierung und der durch dasGesetz Biagi (als Gesetz 30 bekannt) verursach-ten stndigen Todesflle am Arbeitsplatz nmlich.Sie haben auch viele Tote zu beklagen.Der Staat macht sich tagtglich des Mordesschuldig: auf dem Arbeitsplatz, im Knast, auf denStrassen und Pltzen.Darum wurde ein offener Nerv des italienischenStaates berhrt, der heute in einer tiefen Krisesteht. Die arbeitende Klasse weiss es, weil siees tglich an der eigenen Haut erlebt und ihrekmpferischsten und entschlossensten Spitzen,die immer fters Repression und Entlassung er-

    leiden, beginnen zu begreifen was politische Ge-fangenschaft bedeutet.Diese Anzeigen, die erstinstanzlich zu Verurtei-lungen wurden, sind ein schwerer Angriff auf diePraxis der Klassensolidaritt, der in den letztenJahren beispiellos ist! Der Staat muss unbedingtverhindern, dass wir uns mit denen solidarisieren,die versuchen die Lebensbedingungen fr alle zuverbessern, die von den wenigen verschlechtertwerden, welche die Prote innehaben, die sie ausdem Schweiss der Arbeitenden herausgeschla-gen haben. Die Saat der Solidaritt darf sich nichtverbreiten, weil diese aus den Kmpfen entstehtund diese verstrkt indem sie das Vertrauen indie Perspektive einer realen Vernderungsmg-lichkeit schafft.

    Wir prangern auch an, dass das die dritte Epi-sode der angegriffenen Klassensolidaritt derersten Monate nach der Operation Tramontoist: kurz nach den Verhaftungen des 12/02/07werden 4 Genossen von Mailand verhaftet, pro-zessiert und dann freigesprochen, wegen einiger

    Solidarittstranspis, die an den Mauern der StadtSesto S.Giovanni (Mailand) aufgehngt wurden.Auch 2 Genossen von Rom werden wegen Art.414 StGB angeklagt weil sie fr dieselben Ge-nossen mit Flugblttern und Transpis ihre So-lidaritt ausgedrckt haben. Die Anzeigen vonLAquila folgen kohrent diesem roten Faden,

    der sich durch die Monate zieht und das Solinetz-werk auch auf andere revolutionre Gefangeneausweitet. Was sich dieser Verfahrensreihe da-zwischen stellt war eine Naturkatastrophe, dasErdbeben von LAquila, was diesen Prozess un-terbrach und stark versptete und ihn aus demvorgezeichneten Schema herausriss!Der Prozess wurde dazu in zwei Richtungen ge-teilt, mit zwei unterschiedlichen Anklagepunkten.Sachbeschdigung und Eindringen fr 13 Genos-sen und Apologie eines Vergehens fr weitere11. Das ist ein klares Manver zur Spaltung derGenossen auf einem Terrain des Kampfes, aufdem sich verschiedene Szenen verbinden. Eininfamer Versuch, die Einheit in der Prozessfh-rung zu schwchen.

    Wir bekrftigen von neuem, dass die Einheit zwi-schen den Angeklagten und der usseren Soli-bewegung fundamental ist. Wo das Brgertumspaltet, haben wir die Aufgabe zu vereinen! Dasist unsere Kraft und die Praxis hat das immer be-wiesen!Schlussendlich erstaunt uns nicht, dass am 16.November 11 Genossen wegen einigen Parolenzu 2 Jahren verurteilt werden und am Tag danach,am 17. November, die Faschisten, die fr denstaatlichen Massenmord von Brescia verantwort-lich sind, denitiv freigesprochen werden! Wiedereinmal ist festzustellen, welche Dienerrolle dieRichterschaft einnimmt, die den Staat freisprichtvon seinen Schandtaten und jene verurteilt, diesich aufrichten um zu kmpfen! Auch das ist funk-

    tional fr den Verlauf der totalen Verdrehung dergeschichtlichen Erinnerung in unserem Land!Genau wie die Spekulanten total unbestraft sind,und es sicher bleiben werden, die zuerst denTod vieler Menschen (z.B. der Zusammenbruchdes Hauses der StudentInnen) verursacht undsich nachher zu Lasten der Erdbebenopfer vonLAquila bereichert haben.Dieses Urteil darf nicht dem Verschweigen ber-lassen werden.Als GenossInnen fr den Aufbau der RH in Italienerklren wir unsere Solidaritt fr alle 11 Verur-teilten, den 10 Genossen und der Genossin, diegerade an der Aktivitt fr ARHI teilnimmt. Wirstellen die ganze in diesen Jahren gesammelteErfahrung zur Verfgung, die wir auch mit der

    grossen Arbeit fr die Konferenz Juni 2010 berden politischen Prozess gesammelt haben, ander etliche GenossInnen und Anwlte teilgenom-men haben.Wir relancieren die Notwendigkeit mit dem Kampfzu antworten, mit Initiativen und Solidarittsver-lufen mit den angeklagten / verurteilten Ge-nossInnen. Insbesondere untersttzen wir denVorschlag des Wiederaufbaus von Wegen zurWiederaufnahme der Klassensolidaritt fr dieRevolutionre und zur Anprangerung der 41bis-Folter, zur Strkung der Solidaritt fr die im Pro-zess stehenden Genossen.

    GenossInnen fr den Aufbau der Roten Hilfe inItalien, November 2010 | [email protected]

    Nein zum 41 bis, Instrument zur Vernichtungder politischen Identitt der gefangenen Re-volutionre! Die Solidaritt ist eine Waffe, ge-brauchen wir sie!

    Solidaritt mit allen Gefangenen von LAquila!GenossInnen fr den Aufbau der Roten Hilfe in Italien

  • 8/6/2019 Gefangenen Info #360

    12/20

    Bei Leonard Peltier, Aktivist der indianischenBewegung AIM (American Indian Movement)und politischer Gefangener in den USA seitber 35 Jahren, besteht aufgrund seinerSymptome Krebsverdacht. Laut Meldungendes Verein zur Untersttzung indianischer

    Jugend-, Kultur- und Menschenrechtsprojekte& LPSG weise Leonard Peltier seit 2009Symptome auf, die den Verdacht auf Pro-statakrebs aufkommen lieen. Eine eindeu-tige Diagnose sei bis dato aber nicht gestelltworden. In ihrer Presseerklrung stellt sieauerdem fest: Die bislang erfolgten medi-zinischen Checks waren vllig unzureichendund die tatschlich notwendigen, unabhn-gigen und medizinisch kompetenten Unter-suchungen fr eine verbindliche Diagnostikwerden seit Monaten verschleppt. In diesemZeitraum haben sich nicht nur die Symptomeweiter verschrft, sondern insgesamt hat sichPeltiers Gesundheitszustand, z. B. auch seine

    Kiefererkrankung, wieder verschlechtert.Aufgrund der besorgniserregenden Entwick-lung hinsichtlich der gesundheitlichen Verfas-sung Peltiers fanden im Januar und Februardiesen Jahres Protestinitiativen statt, dieDruck auf die verantwortlichen Behrden bishin zum Weien Haus ausben sollten. In die-sem Rahmen fanden internationale E-Mail-,Telefon- und Faxkampagnen statt und es gabProtestaktionen in mehreren deutschen Std-ten.Bereits 1995 konnte das Leben des heute 66-

    jhrigen Peltiers nur durch eine internationaleKampagne gerettet werden, als er durch eineunsachgeme Kieferoperation fast verblu-

    tete und fr 14 Tage ins Koma el. Erst dieinternationalen Protestinitiativen ermglichteneine adquate Behandlung in der Mayo-Kli-nik, doch leidet Peltier bis heute noch an denBeschwerden dieses Pfusches.

    Warum wird Peltiers Behandlung ver-schleppt ?

    Leonard Peltier gehrt neben einer Vielzahlanderer politischer Gefangener in den USAzu jenen, an deren Vernichtung dem US-Re-

    gime am meisten liegt. Die Repression gegenPeltier geht mit der Repression gegen dieindianische Bevlkerung in den USA einher.So war und ist Peltier ein Aktivist der 1968gegrndeten AIM, die sich gegen die Assimi-lierungs- und Vernichtungspolitik der india-nischen Bevlkerung einsetzt. Die AIM fhrtenach ihrer Grndung verschiedene Beset-zungen und ffentlichkeitswirksame Aktionendurch, wozu u.a. die Besetzung der Gefng-nisinsel Alcatraz und der Bureau of Indian Af-fairs gehrte. Die Wirkung, die AIM entfaltete,wurde mit massiver werdenden Repressions-manahmen beantwortet.Am 27. Februar 1973 besetzten Mitglieder der

    AIM den Ort Wounded Knee, wo 1890 ber200 unbewaffnete Indianer massakriert wor-den waren, um gegen das Unrecht gegen dieIndianerstmme, die Vertragsbrche und dieRepression gegen die indianische Bevlke-rung zu protestieren. Die Besetzung endetenach 71 Tagen, wobei das US-Regime milit-rische Gewalt einsetzte und zwei AIM-Aktivi-stInnen ermordete.

    Am 26. Juni 1975 kam es auf einem von derAIM errichteten Camp in der Pine Ridge Re-servation zu einem Schusswechsel zwischenzwei FBI-Agenten und AIM-AktivistInnen,nachdem die FBI-Agenten in das Grundstck

    eingedrungen waren. Fr den Tod der zweiFBI-Agenten wurden zunchst Jimmy Eagle,Bob Robideau, Dino Butler und Leonard Pel-tier angeklagt. Whrend die Anklagen gegendie brigen drei fallen gelassen wurden, kames zur Verhaftung Peltiers in Kanada, der an-

    Bei dem indianischen politischen Gefangenen Leonard Peltier be-

    steht Krebsverdacht. Die notwendigen Behandlungen werden seit

    einem Jahr systematisch verschleppt.

    12 gefangenen info mrz 2011

    seite 3 schwerpunkt inland international dossier gefangene feuilleton kurzmeldungen

    Krebsverdacht bei Leonard Peltier

    schlieend anhand geflschter und erpressterBeweise an die USA ausgeliefert wurde.Es folgte ein Prozess, bei dem Zeugen vomFBI unter Drohungen zu Falschaussagen ge-ntigt, mgliche Entlastungszeugen ermordetund Beweise bewusst zurckgehalten wur-den, wie u.a. die Beweise, dass die sicherge-stellten Waffen nicht die tatschlichen Tatwaf-fen waren. Leonard Peltier wurde zu zweimallebenslnglich verurteilt.

    Die Repression gegen die AIM und die india-nische Bevlkerung reiht sich ein in die langeGeschichte der Aufstandsbekmpfung durchdie US-Regime. Wie schon gegen die BlackPanthers und andere oppositionelle Personenund Gruppen setzten die Repressions- undGeheimdienstapparate der USA auch gegendie AIM ihr Cointelpro-Programm (COunterINTELligence PROgram) ein, das den Behr-den weitergehende, extralegale Befugnissebei den Ermittlungen zugesteht.So resultieren alle weiteren Manahmen ge-gen die politischen Gefangenen aus einembewussten Kalkl heraus und stellen eineFortsetzung dieser Aufstandsbekmpfungs-

    politik dar. Auch die Verschleppung von me-dizinischen Behandlungen drckt somit denstaatlichen Willen aus, die politischen Gefan-genen zu brechen, zu bestrafen und zu ver-nichten.

    Todesstrafe durch Unterlassung medizi-nischer Behandlung

    Es gibt verschiedene Arten, Gefangene zuzermrben und zu vernichten, derer sichdie Repressionsapparate bedienen. Dabeigehrt die Unterlassung medizinischer Be-handlungen zu den gngigen Methoden,um die Gefangenen zu vernichten. hnlicheFlle sind auch in Europa bekannt, wo poli-tische Gefangene durch eben jene Methodenteilweise systematisch ermordet wurden. Inder BRD war es z.B. Hammerschmidt, dieam 29. Juni 1975 ab Krebs verstarb und inFrankreich war es z.B. Jolle Aubron, dieam 1. Mrz 2006 an Lungenkrebs verstarb,nachdem sie nach einer Hirntumor-Operation2004 vorzeitig entlassen worden war. Ein an-deres aktuelles Beispiel ist Gler Zere, derenKrebsbehandlung in der Trkei systematischunterbunden wurde und erst eine landeswei-te Kampagne ihre Freiheit bewirken konnte.Doch ihre Freilassung fand erst statt, als ihre

    Krankheit nicht mehr aufzuhalten war und sieam 7. Mai 2010 in Istanbul verstarb.All das zeigt uns auf, dass die politischenGefangenen weltweit in den Hnden der Re-pressionsapparate mit einem Willen der Ver-nichtung konfrontiert sind. Die Verschleppungund Unterbindung elementarer medizinischerBehandlung kommt einem Todesurteil gleich,gegen das die Solidaritt drauen die einzigeWaffe ist, mit der das Leben dieser Gefange-nen gerettet werden kann. (red.)

    Quellen:Tokata-LPSG RheinMain e.V.

    Leonard Peltier Defense Offense Commit-tee (LPDOC)

    red.

  • 8/6/2019 Gefangenen Info #360

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    mrz 2011 gefangenen info 13

    seite 3 schwerpunkt inland international dossier gefangene feuilleton kurzmeldungen

    Griechenland: Am 18.Februar riegelten MAT-Einheiten der Polizei dieaufstndische KleinstadtKeratea ab und strmtenmehrere Wohnungen an-geblicher Verdchtiger. Da-

    bei erlitt eine Mutter durchden Einsatz von Gas einen

    Herzinfarkt und infolge dessen eine Fehlge-burt, ihre Kinder verloren das Bewusstsein.Es kam zu massiver militanter Gegenwehr,auch eine Polizeiwache wurde angegriffen.Die Bevlkerung von Keratea kmpft seitDezember 2010 vehement gegen den Baueiner riesigen Mlldeponie, den die Regie-rung mit allen Mitteln durchsetzen will. (red.)

    Griechenland: Aus Solida-ritt mit einem Hungerstreikin Griechenland fanden in

    Mnchen und GttingenKundgebungen von insge-samt knapp 100 Personenstatt. Seit dem 25. Januarbenden sich 300 inhaf-tierte MigrantInnen aus

    ganz Griechenland in einem Hungerstreik.Sie fordern die kollektive Legalisierung allerMenschen, die aufgrund ihrer Herkunft ausder griechischen Gesellschaft ausgeschlos-sen werden: Asylsuchende, Flchtlinge ohneAnerkennung, illegalisierte Menschen undausgebeutete ArbeitsmigrantInnen. (red)

    USA: Der Tierbefreiungsak-

    tivist Walter Bond, der seit15 Jahren in verschiedenenZusammenhngen aktiv ist,wurde am 11. Februar we-gen eines Brandanschlagsauf eine Lederfabrik zufnf Jahren Haft und an-schlieenden drei Jahren

    Bewhrung verurteilt. Am 25. Januar fandenin mehr als 50 Stdten Kundgebungen ge-gen staatliche Repression statt. Organisiertwurden die Kundgebungen vom Komiteefr die Beendigung der FBI-Repression, umunter anderem gegen mehrere willkrliche

    Hausdurchsuchungen bei Palstina-Solida-

    rittsaktivistInnen zu protestieren. (red.)

    Dnemark: Ein dnischesGericht hat die Massenver-haftungen von ber 2000Personen bei den Pro-testen gegen die UN-Klima-konferenz in Kopenhagenim Dezember 2009 als ille-gal eingestuft. Nach einerBeschwerde von 250 Akti-

    vistInnen aus mehreren europischen Ln-dern wurde ihnen ein Schadensersatz ber1200 Euro zugesprochen. Alle, die von den

    Festnahmen betroffen waren, knnen eben-falls Entschdigungen geltend machen. ZurKoordination mit den Anwlten wurde eineE-Mailadresse eingerichtet: [email protected] (red.)

    Kurzmeldungen international

    Ruchell Cinque Magee ist heute der am lngsteneingesperrte politische Gefangene in den USA.Er sitzt seit 54 Jahren in US-amerikanischen Ge-fngnissen und ist mittlerweile fast 70 Jahre alt.Sein letzter Antrag auf Bewhrung wurde nacheiner Anhrung im Jahr 2005 abgelehnt.

    Ruchells Geschichte ist eng verknpft mit der desBlack Panther Aktivisten Georg Jacksons. Bei-de geraten schon whrend ihrer frhen Jugenddurch Taten, deren Ursache und gerichtlicheBewertung im rassistischen und kapitalistischenSystem der USA verankert ist, ins Gefngniss,politisieren sich dort und kmpfen dann konse-quent fr ihre politische berzeugung sowie frdie Freiheit ihrer Mitgefangenen.

    Das erste Mal verhaftet wurde Ruchell Mageeschon mit 16 Jahren, als man ihm in der extremrassistischen Atmosphre der amerikanischenSdstaaten in den 50er Jahren Belstigung ei-ner weien Frau vorwarf. Es verurteilte ihn einerein weie Jury in einem Verfahren ohne Bewei-

    serhebung und wichtigen Entlastungszeugen, zuzwlf Jahren Zwangsarbeit. Nach sechseinhalbJahren wurde er auf Bewhrung entlassen unddes Bundesstaates Louisiana verwiesen. Darauf-hin musste die Familie nach Los Angeles umzie-hen.Er arbeitete dort sechs Monate lang als Maler. Am22.3.1963 wurde er erneut verhaftet. Die Polizeiwarf ihm, nachdem sie ihn zusammengeschlagenhatte, Geiselnahme und Raub vor. Er wurde da-raufhin zu lebenslanger Haft verurteilt. In Wahr-heit handelte es sich um einen Streit wegen einerFrau sowie um Marihuana im Wert von ca. 10 $.

    Whrend der Haft politisierte sich Ruchell Ma-gee. Er schloss sich der Black Panther Party an

    und baute eine militante Gefangenenbewegung,das Black Liberation Movement, auf. Um seineInteressen besser vertreten und seinen Mitgefan-genen in Auseinandersetzungen im Gefngnisund mit den Gerichten helfen zu knnen beschf-tigte er sich umfassend mit dem US-amerika-nischen Rechtssystem. Den Namen Cinque ber-nahm er im Gedenken an Joseph Cinque, denAnfhrer der gefangenen Sklaven des SchiffesAmistad, welche sich 1839 auf einer Fahrt vonKuba nach Guajana selbst befreiten und dannversuchten nach Afrika zurck zu segeln.Das zweite Mal zu einer lebenslnglichen Frei-heitsstrafe verurteilt wurde er 1970 nachdem erin einer Verhandlung im Gerichtssaal in MarinCounty als entlastender Zeuge anwesend war die

    durch den, mit einer automatischen Waffe aus-gersteten, 17 jhrigen, Jonathan Jackson, dermit dieser Aktion unter anderem seinen BruderGeorg Jackson sowie Fleeta Drumgo und JohnClutchette befreien wollte, unterbrochen wurde.

    Ruchell Magee verlie daraufhin mit JonathanJackson, drei weiteren Zeugen und dem Rich-ter, dem Staatsanwalt sowie drei Geschworenenals Geiseln das Gericht. Sie versuchten zu einerRadiostation zu fahren um ihre Forderungen f-fentlich zu machen. Auf dem Weg dahin wurdensie von Gefngniswrtern und der Polizei ange-griffen. Im Kugelhagel starben der Richter sowieJonathan Jackson, James McClain und WilliamChristmas. Ruchell Magee sowie der Staatsan-

    walt berlebten schwerverletzt.Georg Jackson sa wegen eines berfalls aufeine Tankstelle mit einer Beute im Wert von 71$ im Gefngnis seit er 18 Jahre alt war. Dort ent-wickelte er politisches Bewusstsein und begannsich entsprechend zu engagieren. 1966 grn-

    dete er im Gefngniss San Quentin eine mar-xistische Gefngnisgang mit politischen Zielen,die Black Guerilla Family. Dafr wurden derenMitglieder von den Wrtern besonders schika-niert. San Quentin gilt, unter anderem wegenchronischer berfllung, als eines der brutalstenGefngnisse Kaliforniens.

    1970 war er im, fr besonders schlechte Haftbe-dingungen berchtigten, kalifornischen Gefng-nis Soledad inhaftiert als es dort zum Mord andrei schwarzen Hftlingen durch die Wachmann-schaft kam. Keiner der schwarzen Zeugen durfteim Prozess aussagen. Die Wchter wurden allefreigesprochen.Daraufhin kam einer der Wrter durch Sturz berein Gelnder ums Leben. Georg Jackson wurde,wie auch Fleeta Drumgo und John Clutchette, an-geklagt daran beteiligt gewesen zu sein, da siein diesem Flgel des Gefngnisses inhaftiert undpolitisch auffllig waren. Sie wurden daraufhin alsSoledad Brothers bekannt und im Hochsicher-heitstrakt des Gefngnisses inhaftiert.

    Georg Jackson starb am 21. August 1971 beider versuchten Flucht aus dem San Quentin-Gefngnis. Nach ihm benannten sich spter dieGeorg Jacksons Brigade, welche in den USAmehrere Bankberflle und Bombenanschlgedurchfhrte sowie ein RAF Kommando, das ei-nen Sprengstoffanschlag auf die Rhein-Main AirBase verbte.Angela Davis setzte sich in der ffentlichkeitstark fr die Soledad Brothers ein, organisier-te Proteste, sammelte Geld, besuchte GeorgJackson als er noch lebte im Gefngnis und un-tersttze ihn beim Schreiben und Herausgebender Bcher Soledad Brothers und Blood inMy Eye in welchen er sich unter anderem mitseiner eigenen Geschichte beschftigt und die

    Bestseller wurden. Daraufhin bekam sie Mord-drohungen, musste sich um sich verteidigen zuknnen Schusswaffen besorgen und wurde vonGenossen, unter anderem, Jonathan Jackson,besonders bewacht. Nach der gescheitertenBefreiung Georg Jacksons durch seinen BruderJonathan wurde ihr daraufhin vorgeworfen dieseAktion untersttzt und die dabei benutzten Waf-fen gekauft zu haben. Zwei der Waffen waren aufauf ihren Namen zugelassen.Sie wurde, gemeinsam mit Ruchell Magee, we-gen Mitwisserschaft und krimineller Verschw-rung angeklagt, verhaftet und auf die Liste derzehn gefhrlichsten Verbrecher der USA gesetzt.Ihr drohte die Todesstrafe. Daraufhin tauchte sieerst einmal unter, wurde aber nach zwei Monaten

    in New York festgenommen und verbrachte 16Monate in Untersuchungshaft.Fr Angela Davis setzte sich daraufhin eine brei-te, internationale Solidarittsbewegung ein. Am4. Juni 1972 wurde sie nach 13 Verhandlungs-wochen von einem Schwurgericht in der kalifor-nischen Stadt San Jos von allen Anklagepunk-ten freigesprochen.

    Ruchell Magees Prozess wurde von diesemVerfahren abgetrennt. Die ffentliche Aufmerk-samkeit fr seinen Prozess war viel geringer. Soverurteilte ihn am 23. Januar 1975 das Gerichtwegen erpresserischer Geiselnahme zu einerweiteren lebenslnglichen Freiheitsstrafe. Da-raufhin sa er, bis er in den Normalvollzug ver-

    legt wurde, 20 Jahre in Isolationshaft.

    Ruchell C. Magee, # A92051Corcoran State Prison, 3A2-131Box 3471Corcoran, CA 93212, USA

    ber Ruchell Cinque Mageered.

  • 8/6/2019 Gefangenen Info #360

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    14 gefangenen info mrz 2011

    seite 3 schwerpunkt inland international dossier gefangene feuilleton kurzmeldungen

    Whrend alle Welt ber den Wikileaks-LeaderJulian Assange debattiert und es mittlerweileTausende von Untersttzungsplattformen gibt,die ihn gegen die Repressionskampagnen aus

    den USA schtzen wollen, sitzt einer derjenigen,denen konkret die Weitergabe von Informationenber die Enthllungsplattform Wikileaks vorge-worfen wird, unter verschrften Isolationshaftbe-dingungen auf der Marine Corps Base Quanticoin der Nhe von Fredericksburg (Virginia) inhaf-tiert.

    Zur Vorgeschichte:Manning war in der Forward Operating BaseHammer, etwa 60 Kilometer stlich von ,Bagdadstationiert. Whrend seiner Stationierung im Irakvon Mitte 2009 bis Mai 2010 soll er Zugang zugeheimen Informationen gehabt haben, weil erin einem Aufklrungs- und Abwehrbataillon ein-gesetzt war. Im Mai 2010 wurde Manning unterdem Verdacht verhaftet, Videos und Dokumentekopiert und als Whistleblower der Website Wikile-aks zugespielt zu haben. Am 6. Juni 2010 wur-de er unter Militrgerichtsbarkeit angeklagt, Ihmwerden Straftaten gem des US Soldatenge-setzes und vier weitere Verste gegen Armeere-geln zur Last gelegt.Zu dem weitergereichten Material gehrt auchder vielfach in den Medien ausgestrahlte Colla-teral Murder - Video ber ein Kriegsverbrechenan Zivilisten im Irak. Am 4. April 2010 verffent-lichte Wikileaks eine geheime Aufzeichnungaus einem Apache Kampf-Hubschrauber, der2007 auf eine Gruppe von Zivilisten in Bagdadfeuerte. Das Video zeigt wie Amerikaner auf elfMenschen, die sich nicht verteidigen, schieenund sie tten. Zwei der Getteten waren Reuters-Mitarbeiter, darunter der 22 jhrige Reuters Foto-

    journalist Namir Nur-Eldin und sein Fahrer, der 40Jahre alte Said Chmar. Das Video enthlt auer-dem Audioaufzeichnungen der Gesprche derUS-Soldaten im Hubschrauber vor, whrend undnach dem Beschu. Die Soldaten bitten wieder-holt um Feuererlaubnis, bekommen diese auch,bestrken sich gegenseitig und witzeln ber dieToten und sterbenden Zivilisten. Insgesamt wur-den elf Erwachsene gettet. Zwei Kinder, die ineinem Kleinbus saen, der ankam nachdem dererste Feuerangriff beendet war, wurden schwerverletzt, als der Apache-Hubschrauber das Feuerauf ihren Wagen erffnete.ber den Hintergrund der Verhaftung gibt esunterschiedliche Darstellungen: Einmal soll sichManning einem Sicherheitsspezialisten der US-Regierung, Adrian Lamo, in einem Chat anver-traut haben. Drei Tage spter informierte LamoUS-Staatsschtzer, die den Chat mitverfolgten.

    Manning offenbarte, dass er die Daten auf eineCD gebrannt und als Musik-Videos von LadyGaga beschriftet habe. Daraufhin nahmen dieUS-Behrden Manning am 26. Mai fest. Nach

    anderer Ansicht soll Lamo als Mitarbeiter des ge-heimen Projects Vigilant, einem Selbstschutz-projekt untersttzt mit Spenden aus der freienWirtschaft, ber das Surfverhalten auf Manningaufmerksam geworden sein. Er habe nachwei-sen knnen, dass Manning das Video CollateralMurder an Wikileaks gesendet habe. EntwederLamo oder der Leiter des Projekts, Chet Uber,sollen die Behrden informiert haben.

    Manning wurde zunchst im Camp Arifjan in Ku-wait festgehalten und dann Ende Juli 2010 in einGefngnis auf der Marine Corps Base Quanticoverle