Gefangenen Info #364

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  • 7/31/2019 Gefangenen Info #364

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    gefangenen infounsere solidaritt gegen ihre repression

    september 2011 nr. 364 preis brd: 2 preis ausland: 2,70 www.gefangenen.info

    Prozess gegen Andi! Troy Davis Presente! 129-Verfahren in Sachsen

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    Liebe Leserinnen und Leser,

    Leider hat sich die Ausgabe versptet und aus der geplanten September-Ausgabe wurdeeine September/Oktober Ausgabe. Wir bitten euch das zu entschuldigen und versprechenBesserung.

    Die Versptung drckt aber auch aus, dass in der Zwischenzeit einiges passiert ist, wassich natrlich auch teilweise in der in euren Hnden liegenden Ausgabe bemerkbar macht: InStuttgart wurde Anfang August Chris - ein Antifaschist - verhaftet und in U-Haft gesteckt.

    Kaum einen Monat darauf wurde er zu einer 11-monatigen Freiheitsstrafe verurteilt, weil erangeblich bei einem rassistischen Wochenende von Pax Europa und der rechtspopulistischenPartei Die Freiheit an zwei Angriffen beteiligt gewesen sein soll. Jetzt wartet er auf seinenBerufungsprozess.

    Bevor wir zum Inhalt der Ausgabe kommen mchten wir Faruk Ereren unsere herzlichstensolidarischen Gre schicken. Faruk wurde Ende September in seinem Prozess vor dem OLGDsseldorf zu lebenslnglich verurteilt, weil er angeblich die Verantwortung fr die Ttungvon zwei Polizisten in der Trkei haben soll. Sowohl der gesamte Prozessverlauf als auch dasUrteil zeigt nur noch einmal die Systematik in der Verfolgung von Revolutionren auf: Faruk:Viel Kraft, Mut und Liebe schicken wir Dir!

    Jetzt zum Inhalt der Ausgabe:Der Prozess gegen die Genossin Andi vom Revolutionren Aufbau und der Roten Hilfe Inter-

    national hat am 28. und 29. September in Bellinzona stattgefunden. Dazu ein kurzer Berichtauf Seite 3.

    Die Auseinandersetzungen in England spalteten auch in der radikalen Linken die Meinungen,ob man die Auseinandersetzungen untersttzen sollte oder nicht. Im Schwerpunkt versuchenwir eine kurze Chronologie der Ereignisse zu geben und diese in den Kontext zu stellen. Wieimmer seid ihr - liebe Leserinnen und Lese - natrlich dazu aufgefordert auch eure Meinungdazu abzugeben,

    Im Inland Teil widmen wir uns mit einem Gastbeitrag der Roten Hilfe Ortsgruppe Dresdensowohl dem 129-Verfahren gegen AntifaschistInnen in Sachsen und Brandenburg, als auchder Massenbespitzelung der Proteste gegen den Naziaufmarsch im Februar dieses jahres.Darber hinaus haben wir uns auch der Arbeit von Antideutschen Strukturen gewidmet, diezunehmend gefhrlicher fr linke Arbeit werden. Nicht zuletzt mchten wir auf die Anti-knasttage in Kln vom 28.30. Oktober hinweisen, wie auch auf den aktuellen Stand im Oury

    Jalloh Prozess, der vor dem Landgericht Magdeburg gefhrt wird.

    Im Internationalen Teil findet ihr einen Auszug des Internationalen Solidarittsaufrufs zumProzess gegen die griechische Stadtguerilla Revolutionrer Kampf, der am 5. Oktober begon-nen hat. Dazu ist noch zu sagen, dass seit dem 11. Oktober alle Angeklagten sich auf freiem Fubefinden, da die Maximalzeit der Untersuchungshaft erreicht war.Des weiteren Artikel ber die Kriminalisierung antifaschistischen Widerstandes in Englandund von Mitgliedern von Askapena - einer baskischen Solidarittsorganisation.

    Die Hinrichtung von Troy Davis hat uns weniger traurig als viel mehr wtend gemacht. aufSeite 14 findet ihr einen kurzen Nachruf und folgen damit den Worten Troys: Gebt niemalsden Kampf fr Gerechtigkeit auf! Wir werden siegen!

    Abgerundet wird die Ausgabe, wie jede 2. Ausgabe, mit den Gefangenenadressen und einemkurzen Zwischenstand der Auslieferung von Sonja Suder und Christian Gauger aus Frankf-

    reich nach Deutschland. Sonja und Christian wird vorgeworfen an Aktionen der RevolutionrenZellen beteiligt gewesen zu sein und lebten 22 Jahre im Exil. An dieser Stelle schicken wir euch- Sonja und Christian - unsere herzlichsten solidarischen Gre.

    Drinnen und Draussen Ein Kampf!Die Redaktion

    Das Gefangenen Info ist aus dem Angehrigen Info hervorgegangen, welches im Hungerstreik der politischen Gefangenen 1989 als Hungerstreik Info entstand.HerausgeberInnen: Netzwerk Freiheit fr alle politischen Gefangenen und FreundInnen.V.i.S.d.P.: Wolfgang Lettow c/o Gefangenen Info, c/o Soziales Zentrum, Alexander-Puschkin-Str. 20, 39108 MagdeburgNichtredaktionelle Texte spiegeln nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wider. Beitrge der Redaktion sind entsprechend gekennzeichnet.Bestellungen (Inland): Einzelpreis: 2. Ein Jahresabonnement kostet 25,20 (Frderabo 28,00), Buchlden, Infolden und sonstige Weiterverkufer erhalten bei Bestel -lungen ab 3 Stck 30% Rabatt. Bei Bestellungen erhalten Sie eine Rechnung, die anschlieend auf das Konto des Gefangenen Info zu berweisen ist.Bestellungen (Ausland): Einzelpreis: 2,70. Ein Jahresabonnement kostet 28,40 (Frderabo 31,20), Buchlden, Infolden und sonstige Weiterverkufer erhalten bei

    Bestellungen ab 3 Stck 30% Rabatt. Bei Bestellungen erhalten Sie eine Rechnung, die anschlieend auf das Konto des Gefangenen Info zu berweisen ist.Anschrift: Gefangenen Info, c/o Soziales Zentrum, Alexander-Puschkin-Str. 20, 39108 MagdeburgRedaktion: [email protected], Vertrieb: [email protected]: Gefangenen Info, Konto-Nr.10382200, Bankleitzahl: 20010020, Postbank HamburgEigentumsvorbehalt: Nach diesem Eigentumsvorbehalt ist die Zeitung solange Eigentum der/des AbsenderIn, bis es den Gefangenen ausgehndigt worden ist. Zur-Habe-Nahme ist keine Aushndigung im Sinne des Vorbehalts. Wird das Info den Gefangenen nicht persnlich ausgehndigt, ist es der/dem AbsenderIn mit dem Grundder Nichtaushndigung zurckzuschicken.

    e-mail: [email protected] homepage: www.gefangenen.info

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    vorwort inhalt dieser ausgabe

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    Seite 3

    Bericht vom Prozess gegen Andi

    Schwerpunkt

    The Guns of Tottenham

    Inland

    Antideutsche Strukturen denunzierenund sabotieren linke Arbeit

    Neunzehn vierundachtzig: Orwell meetsDresden

    Zum Spiegelartikel MrderischesAngebot

    Aktuelles zum Oury Jalloh Prozess

    Knast geht uns alle an - Knasttage in

    Kln

    International

    Internationaler Solidarittsaufruf zumProzess gegen Revolutionrer Kampfin Griechenland

    Haftstrafen fr Antifas in EnglandGerichtsverfahren gegen Mitgliedervon Askapena

    Troy Davis presente!

    Kampf fr die ffnung der Mas-sengrber in der Trkei

    Gefangene

    Briefe von Faruk Ereren, Gnter Finnei-sen, Roland Schwarzenberger,TobiasGbetor-Pethos und Marco Camenisch

    Der Ratgeber fr Gefangene suchtMitarbeitende

    Gefangenenadressen

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    Am 28. und 29. September fand vor dem Bun-

    desstrafgericht in Bellinzona der Prozess ge-gen Andi, einer Genossin des Revolutionren

    Aufbaus und der Roten Hilfe International, statt.Ihr wird vorgeworfen an 5 pyrotechnischen An-schlgen beteiligt gewesen zu sein. Die Akti-onen richteten sich u.a. gegen das spanischeTouristikzentrum in der Schweiz, gegen denInlandsgeheimdienst und wurden in Kontext mitKmpfen von politischen Gefangenen gestellt.Die Erklrungen dazu wurden mit Fr eine re-volutionre Perspektive unterschrieben. DerStaatsanwalt forderte 4 Jahre Haft fr Andi.Obwohl der Staatsanwalt in seinem Pldoyerbetonte, dass es sich um keinen politischenProzess handele verwies er darauf, durch ein

    Urteil ein abschreckendes Symbol zu setzen,dass sich auch in erster Linie an die RJZ rich-ten solle. Das Urteil wird wahrscheinlich AnfangNovember schriftlich gefllt.

    Vor Ort fanden begleitend zum Prozessauf-takt einige Info-Veranstaltungen und andere

    Aktionen zum Prozess, seinen verschiedenenFacetten und ber verschiedene Repressi-onsschlge gegen die revolutionre Linke mitBeitrgen aus Deutschland, Italien und Belgienstatt. Beim Prozess selbst waren zahlreiche

    AktivistInnen mit Transparenten, Fahnen undInfomaterial vor Ort. Nach dem Prozess wurdenan beiden Prozesstagen zur Sicherheit der ab-

    fahrenden Richter und Staatsanwlte die Stra-e gerumt und die anwesenden AktivistInnenvon der Strae gedrngt.

    Ein Musterbeispiel eines

    politischen Prozesses

    Die Ermittlungen, der Prozess und die ge-forderte Haftstrafe fr Andi sind ein weiteresMusterbeispiel fr einen politischen Prozess:Bereits im Vorfeld wurde klar, dass die Beweis-lage, die ber 5 Jahre hinweg mit Hilfe vonumfassender berwachung aller Telekommu-nikations- Mittel zusammen gesammelt wurde,uerst dnn ist. So brachten die Behrden

    kurz vor Beginn des Prozesses ein weiteresBeweismittel in die Akten ein, fr das Andi(mit-)verantwortlich sein soll: Ein italienischesDokument, welches beim Bundesstrafgerichtkurz vor Urteilsverkndung gegen Silvia, Costaund Billy (wir berichteten...) eingegangen sein

    soll, welches mit RAS unterzeichnet wurde

    und mit Konsequenzen droht, falls die drei ver-urteilt werden sollten. In einer Erklrung legteder Revolutionre Aufbau auf seiner Homepagedar, dass er niemals mit RAS unterschreibt undauch keine Dokumente auf italienisch verffent-liche.Nichtsdestotrotz wurde das Dokument in denProzess eingefhrt und sollte dazu dienen dieGenossin und die Struktur des Aufbaus in derffentlichkeit zu diffamieren.

    Im Prozess selbst zeigte sich der politischeWille des Gerichts ebenfalls deutlich: FehlendeProtokolle und Unterlagen, ein Polizei-Zeuge,der zu seiner Sicherheit vllig vermummt vor

    Gericht auftrat, unrechtmige Verwendungvon DNA-Proben und die Betonung, dass essich um einen unpolitischen Prozess handle.Letztlich geschah im Prozess nicht berra-schendes: Der Beamte belastete Andi undberief sich bei strittigen Fragen auf sein Schwei-gerecht und der Staatsanwalt forderte ein ho-hes Urteil zur Abschreckung von anderen.

    In ihrer Prozesserklrung stellte Andi nochmalsheraus: Du wirst nicht bestraft fr das was dugetan hast oder nicht, sondern fr das was dubist. Und stellte in dieser den Zusammenhangzur Kriminalisierung revolutionrer Politik unddamit auch zu anderen Prozessen, die gegen

    Mitglieder der RHI liefen und laufen werden,her. In der Erklrung betonte sie, dass die Krimi-nalisierung von revolutionrem Widerstand nurein Ausdruck eines sich verschrfenden Klas-senkampfs ist, und dass dieser langandau-ernde Kampf fr einen revolutionren Prozess[] auch durch die brgerlichen Gerichtssleund Gefngnisse fhren wird, fr diejenigen,die sich entschlossen und bewusst in und mitdiesem weltweit stattndendem Kampf entwi-ckeln! Das ist der wahre Grund, warum ich, alsKommunistin heute (einmal mehr) hier, im Ok-tober anarchistische Militante in Athen, spterwiederum kommunistische Genossen und eineGenossin, in Brssel vor den Schranken der

    Klassenjustiz stehen.

    Solidaritt als Waffe

    Zahlreiche Strukturen erklrten sich mit Andi,dem Aufbau und der Roten Hilfe International

    solidarisch. Darunter die ehemaligen Gefan-

    genen des Revolutionren Kampfes aus Grie-chenland, Silvia, Billy, Costa und Marco Came-nisch, die Gefangenen der PC P-M (politischmilitrische kommunistische Partei aus Italien),das 3a Bndnis, die Comitees por un SocorroRojo Internacional aus Spanien, das NetzwerkFreiheit fr alle politischen Gefangenen, sowiezahlreiche andere Solistrukturen.

    Darber hinaus fanden unmittelbar im Vorfelddes Prozesses, sowie bereits am 19.06. - demTag der revolutionren Gefangenen Soli-Ak-tionen (darunter Sprhereien, Wandplakatenund unangemeldete Demonstrationen) in Ita-lien, Schweiz und Deutschland mit Bezug zum

    Prozess statt.

    weitere Informationen unter:www.presos.org.eswww.secoursrouge.orgwww.rhi-sri.org

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    seite 3 schwerpunkt inland international dossier gefangene feuilleton kurzmeldungen

    Solidaritt mit Werner Braeuner -In einem unbefristeten Hungerstreik seit dem 08.Mai

    www.political-prisoners.net

    Du wirst nicht bestraft fr das was du getan hast oder nicht,sondern fr das was du bist.

    red.

    Kommende Prozesse gegen die RHI

    Spanien:

    Bereits seit Jahren bendet sich das Comi-tee por un Socorro Rojo Internacional (kurz:SRI) auf der Anti-Terror Liste Spaniensund erfhrt dementsprechende Repressi-on: Beinahe wchentlich nden Prozessegegen angebliche Mitglieder der SRI statt.Dutzende wurden bereits mit dem VorwurfSolidaritt organisiert zu haben verhaftetund zu Haftstrafen verurteilt.

    Belgien:

    Vier Mitglieder der Roten Hilfe Belgienwurden am 5. Juni 2008 mit dem VorwurfKontakte zur PC PM in Italien gehabt zuhaben verhaftet und fr einige Wochen inUntersuchungshaft gesperrt. Zwar liegtnoch kein Prozesstermin vor, dennoch wirddamit gerechnet, dass im Laufe des Jahresdas Verfahren erffnet werden kann.

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    4 gefangenen info september/oktober 2011

    Es ist schwer eine Chronologie fr Ereignissefestzumachen die selbst Folge von einem ver-schrften Klassenkampf von oben sind, derber Jahrzehnte von Thatcher bis Cameron inEngland gegen unsere Klasse gefhrt wurdeund wird. Geldentwertung, hohe Arbeitslosig-keit, Zerschlagung der Gewerkschaften, Kopf

    Steuer, explosive Teuerung von Mieten undWohnungen, Krzungen im Bildungs- und So-zialbereich, Stadtaufwertung und Verdrngung,Finanzkrise, massive Aufrstungen des ber-wachungs- und Repressionsapparates, StarkeBeschneidungen von Streik und Protestrechten,Shoot-to-kill Taktik der Polizei, Faktische Aushe-belung des Asylrechts im Rahmen der Anti Ter-rorgesetzgebung, Wiedereinfhrung von Strafeauf Verdacht von sogenanntem Hochverrat,Privatisierung der Knste als neuen Arbeits-markt, durch Medien aufgeladener Rassismusund Strkung von nationalstaatlichem Denken,tgliche Polizeigewalt, geschrter Klassenhass

    Bereits in den 80ern gab es mehrere groe Ri-

    ots in England die sich in dem Protest gegenrassistische Polizeigewalt entluden. Und auchaktuell kommt es in England immer wieder zugroen Massendemonstrationen und Protestengegen die herrschende Politik. Allein in denletzten Jahren erhoben sich breite Teile der Ge-sellschaft in unterschiedlichsten Formen gegeneinzelne Ausprgungen dieser kapitalistischenPolitik Englands. Zehntausende demonstrier-ten, auch militant, gegen die Verdreifachung derStudiengebhren auf 10.000 Euro und die Kr-zung der Ausbildungszuschsse. Das Haupt-quartier der Konservativen wurde von ber50.000 Menschen besetzt und die Fenster ein-geschlagen, darber hinaus wurden 30 Univer-

    sitten besetzt und ganze Schulen schlossensich an. Camilla und Charles wurden in ihremRolls Royce mit Farbeiern und Steinen ange-griffen. Weitere Zehntausende protestierten ge-gen die Auswirkungen der Bankenkrise die mitSteuergeldern in Hhe von umgerechnet knappeiner Billion Euro nanziert wurde, Streiks undProteste gegen die Erhhung des Renteneintrit-talters von 65 auf 66 Jahren folgten und schlie-lich waren knapp eine halbe Million Menschenauf der Strae gegen die Sparmanahmendie die Regierung ansetzte und in deren Fol-ge - Schtzungen nach - mindestens 500.000Menschen arbeitslos werden. Ofziell sind be-reits heute 2,5 Millionen Menschen in England

    arbeitslos, die tatschliche Zahl drfte bei etwa6 Millionen Menschen liegen. Davon 1 MillionJugendliche insgesamt und unter den migran-tischen Jugendlichen sind fast 50 % ohne Job.In London kommen in 22 von 73 Wahlkreisen

    auf eine Arbeitsstelle zwanzig Bewerber. In denrmsten Teilen der Hauptstadt wie beispiels-weise Peckham oder Hackney bewerben sichsogar 40 Menschen auf jede offene Stelle. ImRahmen der Sparmanahmen wurden geradedie Ausgaben fr Jugend Angebote um teilwei-se 75% gekrzt. Schwimmbder, Sportpltze

    und Jugendhuser wurden geschlossen.Die Arbeiter und Erwerbslosen sind lngst ausden inneren Stadtbezirken verdrngt und le-ben nun in den Reihenhausvierteln der Rand-bezirke. Im Viertel Bransbury kostete ein Haus1966 ca. 9000 Pfund, 1972 bereits ca. 35000,1990 dann ca. 600000 und heute sind diePreise in die Millionen gegangen. Die Stadt istunbezahlbar geworden. London hat 7825000Einwohner von denen circa 600 000 in ber-belegten Wohnungen untergebracht sind undzustzlich noch 50 000 Familien in Notunter-knften leben, ganz zu schweigen von scht-zungsweise 50 000 Obdachlosen.

    Das ist das eine Gesicht der Stadt, das andereist, dass sie eine der grten Handelsmetropo-len der Welt, Sitz der Britischen Krone und einwichtiges Tourismusziel ist. Die Luxuskaufhu-ser, Edelrestaurants & teure Boutiquen prgendas Bild der Innenstadt. Es gibt einen eigenesBankenviertel in dem auch viele internationale

    Aktiengesellschaften und Kreditunternehmenansssig sind. In der Finanzmetropole Londonwird mehr Geld umgeschlagen als in der WallStreet in New York. London ist eine der reichs-ten Stdte, England insgesamt die sechst gr-te Volkswirtschaft der Welt. Nichts desto trotzleben die meisten Einwohner in den immer glei-chen Reihenhaussiedlungen der Vororte unddie Durchschnittseinkommen sind niedrig.

    Angesichts dessen verwundert es keinen dass,wie in keinem anderen westeuropischen Land,so viele Menschen wie in England hinter Gitterngehalten werden. Aktuell sitzen 80.000 Men-schen in englischen Knsten ein und fr dienchsten sechs Jahre sind weitere gigantischesuperjails mit Platz fr 20 000 Inhaftierte ge-plant. Die Wirtschaft protiert davon, und auchhier ist England fhrend. Denn kein anderesLand der EU hat so frh damit begonnen nachdem Beispiel der USA die Knste zu privati-sieren. Viele Konzerne lassen von den billigenGefangenen produzieren und speisen sie miteinem Hungerlohn von wenigen Pence dieStunde ab.

    Auch die Anti Terror Hysterie nach den Bom-benexplosionen in England gepaart mit der

    Sorge um den Erhalt eines friedlichen StatusQou angesichts des verschrft gefhrten Klas-senkampfes von oben fhrten in England zu

    einem Ausbau des berwachungs- und Poli-zeistaates. So verfgt London ber derart vieleberwachungskameras wie keine andere Stadtauf der Welt. 500000 sollen es angeblich seindoch die genaue Anzahl kennt keiner. In Gro-britannien kommen 14 berwachungskamerasauf jeden Einwohner an einem Tag wird man bis

    zu 300 mal abgelichtet. Die Kameras stammensowohl von der stdtischen Polizei und denTransportunternehmen als auch von Privatleu-ten.

    Und auch die Polizei entspricht in der Realittnicht dem Bild des harmlosen Bobbys (1). ber-griffe durch Uniformierte sind an der Tagesord-nung, oft ist Rassismus die Ursache zumindestnden sich kaum weie unter den Opfern vonPolizeigewalt. Racial proling und Anti Terrorstop and search sind die Stichworte. Auer-dem wird in England eine sogenannte Shoot-to-Kill Politik umgesetzt die erlaubt dass aufbloen Verdacht hin Menschen durch einen

    gezielten Kopfschuss gettet werden drfen.Trotz Proteste hlt die britische Regierung andieser Taktik fest. Menschen werden observiert,ffentliche Pltze beobachtet und bei Verdachtdarf geschossen werden. So gibt es immerwieder Tote, wie zum Beispiel Jean Charlez deMendez. Der 27-jhrige wurde am 22.6.2005von einem Angehrigen der Metropolitan Po-lice erschossen. Der Polizist hatte ihn bereitszu Boden gedrckt als er ihn mit sieben Schs-sen in den Kopf mitten in der ffentlichkeit hin-richtete. Spter hie es der Beamte htte seinOpfer fr einen Selbstmordattentter gehalten.Mendez war allerdings komplett unbewaffnet.Nun wird dem Polizist vorgeworfen er habenicht ausreichend fr das Wohlergehen und

    die Sicherheit von de Mendez gesorgt, er hateine Geldstrafe zu erwarten. Dies ist nur einVorfall von mehreren mit tdlichem Ausgang inden letzten Jahren. Aber auch sonst geht diePolizei uerst brutal vor. Ein YouTube Videosorgte vor kurzem fr Aufsehen: In dem Videosind englische Polizisten zu sehen die einen 40

    jhrigen Mann ohne ersichtlichen Grund tasern.Beim Einsatz eines Tasers werden zwei Metall-drhte mit jeweils 50.000 Volt Spannung in denKrper geschossen. Nach dem Elektroschockbeginnen die Beamten den Mann mit Schlgenauf den Kopf zu traktieren. Das Opfer wurdeschwer verletzt und musste im Krankenhausbehandelt werden. Auch diese Tat spielte sich

    mitten in der ffentlichkeit ab. Bekannt werdenjedoch die wenigsten Vorflle - die Dunkelziffermuss immens hoch sein und selbst wenn be-richtet wird hat auch das kaum Folgen fr dieTter. Im besten Fall werden sie suspendiert.

    The Guns of TottenhamKlassenkampf, Brgerkrieg und Repression in England

    www.political-prisoners.net

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    seite 3 schwerpunkt inland international dossier gefangene feuilleton kurzmeldungen

    Zusammenfassend: Der Englische Staat hatlngst seine demokratische Maske fallen ge-lassen.

    I dont call it rioting i call it an insurrec-

    tion of the masses of the people (Howard

    Dowe)

    Vom 06. August bis zum 10. August 2011 wur-de England Schauplatz der grten sozialenUnruhen seit dem 2. Weltkrieg. Zehntausendebeteiligten sich an den Kmpfen.

    Ein Ausgangspunkt hierfr war die Ermordungeines jungen Mannes. Der 29-jhrigen MarkDuggan wurde am 04. August von der Polizeierschossen. Dies war eine weitere Ttung nachracial proling innerhalb kurzer Zeit durch diePolizei. Letztlich war es nur der ausschlagge-bende Funke. Familie und Freunde von Markriefen danach zu einer Demonstration gegenPolizeigewalt auf und forderten die Aufklrungder Ereignisse. Im Laufe des Tages kam dannheraus, dass Mark nicht das Feuer erffnet hat-te wie das die Polizei dargestellt hatte, sonderndass die Polizei ihn erschoss whrend er be-reits auf dem Boden lag. Die Demonstration mitber 200 Menschen endete vor dem Polizeire-

    vier in Tottenham. Den Angehrigen wurde einGesprch verweigert. Erneut kam es zu Gewaltvon Polizisten gegen Demo TeilnehmerInnen.

    Am Abend brennen Autos und ein Bus inTottenham, vereinzelt werden Geschfte ge-strmt. Die Aufstnde breiten sich in andereStadtteile aus. Am nchsten Abend dann berdie ganze Stadt. In Geschften werden Warenwieder angeeignet, Brandstze iegen gegenLden, Luxus- und Konsumgter werden zer-strt. Aber auch normale Wohnhuser brennenin Folge von Brandstzen ab.Es folgt eine massive Hetzjagd von Politik undPresse, von einer asozialen Unterschicht undvon Ratten ist da die Rede. David CameronsDream of the Big Society ist vorbei jetzt redeter von einem kranken und moralisch verfau-lten Bevlkerungs (Volks? - ) Krper. EineTageszeitung titelte: Fegt den Abschaum vonunseren Straen. In Birmingham installiertenBehrden eine Groleinwand auf der rund umdie Uhr Bilder von Verdchtigen- in groenTeilen schwarze und asiatische Jugendliche- gezeigt wurden. David Cameron erklrt dieOperation ghtback. ber 16.000 Polizistenwerden in den Straen eingesetzt. Die Polizeibekommt weitgehende Sonderrechte und dieGerichte beginnen in SchnellgerichtsverfahrenVerhaftete abzuurteilen.

    Aufgeladen durch Medien und Politik schlgtden Aufstndischen massiver Hass entgegen.Gemeinsam mit der faschistischen EnglishDefense League (EDL) werden Brgerwehrenaufgestellt, die mit Gewalt gegen unsere Klas-se vorgehen. Ein Blog namens (Catch a Looter

    Fangt den Plnderer) wird eingerichtet, aufdenen Brger Fotos und Namen verffentlich-ten um diese an die Polizei auszuliefern. So-genannte Clean ups werden durchgefhrt, beidenen mit Besen und Putzzeug ausgersteteBrger symbolisch den Dreck von der Straekehren. Es kommt zu regelrechten Hetzjagdengegen schwarze Jugendliche. Der Kampf istnicht mehr nur ein Kampf unserer Klasse ge-gen Polizei und kapitalistischen Alltag auf dereinen Seite und der Polizei und Staatsbehr-den zum Erhalt der Macht des Kapitals aufder anderen er wird zum rassistisch aufge-

    ladenen Brgerkrieg zum Kampf um Eigentumund zum Kampf um Erhalt von Eigentum durchdie grtenteils weie Mittelschicht Englands.

    Der Staat reagiert auf die Aufstnde mit mas-siver Repression. Alle bisher gltigen Strafkri-terien werden fallen gelassen. Die Regierunggibt den Gerichten weitreichende Befugnisseund gibt ihnen zu verstehen, dass sie sich nichtan die Buchstaben der Gesetzte zu halten hat.Ganze Stadtteile werden umstellt und Razziendurchgefhrt. Auch der Inlandsgeheimdienstbeteiligt sich daran. Insgesamt werden ber3000 Menschen in der Mehrheit zwischen 16und 20 Jahren verhaftet und per Schnellge-

    richtsverfahren zu teilweise langjhrigen Haft-strafen abgeurteilt. Sogar Elf- und Dreizehnjh-

    rige und das oft wegen dem Diebstahl vonKleinigkeiten. Darunter ein junger Mann derwegen dem Diebstahl einer Wasserasche inHhe von 3 Pfund fr 6 Monate in den Knastmuss, zwei weitere die wegen dem Aufruf zuRiots ber Facebook die nicht stattgefundenhaben jetzt fr 4 Jahre in den Knast mssen,oder eine zweifache Mutter, die gestohleneShorts angenommen hatte und fr 5 Monatein den Knast muss. Und das sind nur die be-kanntesten Beispiele. Darber hinaus werdenzahlreichen Familien ihre Sozialwohnungenund Sozialleistungen gestrichen, schon alleinauf Verdacht dass sich ein Familienmitglied anden Aufstnden beteiligt haben knnte. 2/3 al

    -

    ler Angeklagten leben in Vierteln in denen dieEinkommen am niedrigsten sind. Dort soll knf-tig auch die Armee eingesetzt werden.

    Auch nach den Kmpfen ging die Repressionweiter. So wurden allein in der Woche vom 16.

    August drei weitere Menschen von der Polizeiermordet. Bereits Margret Thatcher hatte dieThese vertreten, dass in Zeiten der Rezessiondie Polizeigewalt verstrkt werden msse umetwaigen Aufstnden begegnen zu knnen.Und das ist was wir jetzt auch nach den Auf-stnden in England beobachten knnen: der

    Aufbau eines Polizeistaates mit dem die Milli-

    ardre im englischen Unterhaus das kapitali-stische System ber seine Krise zu retten ver-

    suchen - gegen die Interessen unserer Klasse.

    Am 06. August diesen Jahres begannen sichdie entrechtesten und unterdrcktesten Teile

    unserer Klasse gegen diese permanente Ge-walt mit der das kapitalistische System, die Po-litik und die Polizei ihnen tagtglich begegnetdagegen zu stellen. Es entlud sich der Hass,und die Leute holten sich zurck was ihnengehrt. Diese Aufstnde lassen sich nicht redu-zieren oder einordnen in bestimmte politischeKlauseln oder Forderungen. Die Aufstnderichteten sich gegen die gesamte gewaltt-tige Perversitt in jeder Form in der sie tglichgegen unsere Klasse in Erscheinung tritt, wiees Armut, Perspektivlosigkeit, permanenteErniedrigung, die stndigen Polizeikontrollen,

    straffreien Ermordungen und der Ausschlussaus der Konsumgesellschaft in den Kpfenanrichtet. Sie richteten sich gegen Objektedie dafr symbolisch stehen. Es ist klar dassKlassenkmpfe und Aufstnde natrlich nichtwiderspruchsfrei ablaufen oder sich an Regelnhalten die grtenteils aus bequemen Per-spektiven heraus formuliert sind.

    Sie sind unserer Meinung nach notwendigerAusdruck der berechtigten Wut unserer Klas-se. Diejenigen Teile von Protest mit denen mansich bequem solidarisieren kann ohne dassman sich oder anderen auf die Fe tritt, sinddie Massenproteste der Studenten, die sich

    mit den Streiks und Proteste der Gewerkschaf-ten gegen die Krzungspolitik der Regierung

    zusammenschlossen. Diese sind ein wichtigerTeil des Protests, dennoch kann man nichtverschweigen dass sich diese Krfte nicht mitden Aufstnden solidarisierten oder diesen an-schlossen. Gerade im Gegenteil sind es die ge-werkschaftlichen Krfte und die Labour Partei,als Instrumente der Wirtschaft die seit beinahe15 Jahren die zu fhren notwendigen Klassen-kmpfe befriedet und unterdrckt. Jetzt hat sichder nicht von etablierten politischen Gruppenoder den Gewerkschaften kontrollierbare Teilder Klasse erhoben. Soziale Proteste lassensich nicht lenken und bestimmen. Aber mankann sich ihnen anschlieen und die Objekteprzisieren. Auf dass nicht Wohnhuser zer

    -

    strt werden oder das Auto oder der Laden vonmeineR Klassenbruder/schwester um die Ecke

    sondern sich gegen die herrrschenden Ein-richtungen politisch gewendet wird die verant-wortlich fr Not, Elend und Unterdrckung sind.

    Rassismus spaltet uns

    der Klassenkampf verbindet uns!

    Freiheit fr die sozialen Gefangenen!

    (1) umgangssprachlich fr Polizist

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    Antideutsche Strukturen denunzierenund sabotieren linke Arbeit

    Am 18. August 2011 erschien in der tipBerlin, einer Zeitschrift die neben Repor-tagen ber die Stadt vor allem tglicheKulturtermine verffentlicht ein Artikel berden Neukllner Stadtteiladen Lunte vonder Journalistin Katharina Wagner unterdem reierischen Titel Ihr werdet schonsehen. Drohbriefe, Vandalismus, Kiez-Patrouillien und Pbeleien auf der Strae:Wie Gruppen aus dem Laden Die Lunteim Neukllner Schillerkiez im Namen vonGentrizierungskritik mobilmachen gegen

    Studenten, Knstler und Zugezogene (Zi-tat aus Ihr werdet schon sehen von Ka-

    tharina Wagner, tip Ausgabe 18/2011).

    Der Neukllner Schillerkiez war lange Zeitein Gebiet in dem Besserverdienende nichtwohnen wollten. Die Mieten waren billig undes gab hier viele Menschen die von HartzIV oder extrem niedrigen Lhnen existierenmussten. Seit ca. 2-3 Jahren schlgt auchhier die Gentrizierung und damit auchdie Verdrngung der alteingesessenenBewohner voll zu. Es ist eine Entwicklungwie sie vorher schon viele Berliner Bezirke,

    vor allem im Innenstadtbereich, erlebten.Fr die Bewohner wird es vor allem darandeutlich das ihre Mieten sehr stark steigenes immer mehr Cafs gibt deren Preisesich Alteingesessene nicht leisten knnenund wollen, sowie Lden mit Kunstperfor-mance im Schaufenster und eigenartigemesoterischen Kursangebot.

    Den Stadtteilladen Lunte gibt es im Schil-lerkiez seit ca. 25 Jahren. Er ist ursprng-lich hervorgegangen aus einem Hauspro-

    jekt welches schon in den 80 ern besetztwurde. Hier treffen sich unter anderem

    verschiedenste politische Gruppen, es gibteine antirassistische Fuballmannschaft,politische und kulturelle Veranstaltungenund mehrmals in der Woche eine preis-werte aber mittlerweile, durch die jahrelan-

    ge bung uerst leckere, Volksk-che.Katharina Wagner berichtet in ih-

    rem Artikel von verschiedenstenuerst abstrusen Dingen wie be-spielsweise Ausweiskontrollen undder Bedrohung anderer Lden wel-che in der vergangenen Zeit vonder Lunte ausgegangen sein sollen.Sie unterstellt den Gruppen, welchesich dort treffen jede Untat, die imSchillerkiez in den letzten Wochen,Monaten und Jahren begangenwurde. Beweise hierfr bringt sie

    jedoch keine. Selbst schreibt siedie Absender der Drohungen seienunbekannt. Wie also schlgt sie ob-

    jektiv den Bezug zur Lunte? Odergeht es hier nicht um Objektivitt,

    sondern eher darum 90 Prozent des ty-pischen tip Klientel (vor allem Knstler undStudenten) mit den brennendsten Newsder linken Szene zu versorgen?

    Selbstverstndlich gibt es weder die im Ar-tikel behaupteten Kiezpatrouillen der Grup-pe Zusammen Kmpfen (ZK), noch wer-den Anwohner und Touristen angepbelt,weil sie kein deutsch sprechen oder nach

    Ausweisen gefragt. Auch zhlen zu denFeinden der Lunte nicht ganze Bevlke-

    rungsgruppen wie Studenten, Knstler undZugezogene. Fakt ist, dass die Lunte undihr Umfeld in Neuklln bekannt dafr ist,sich fr sozial Schwchere einzusetzen,dazu gehren auch Studenten, Knstlerund Zugezogene. Wie sonst lsst sicherklren, dass bzw. beim aucch von derLunte mitorganisierten Weisestraenfestam 13. August mehrere tausend Personengemeinsam mit den Anwohner und Ge-werbetreibende feierten?

    Wagner zitiert Gewerbetreibende aus demKiez, von denen einige, nach Erscheinen

    des Artikels, an die Lunte herantraten undsich emprt uerten, dass sie nie zumThema Stadtteilladen interviewt wurden.Jedoch zur Schlieung des FlughafenTempelhofs und wie sich diese auf dasGeschft auswirkt. Hier wird in SpringerPresse-Manier Journalismus betrieben,um ngste bei ganzen Bevlkerungs-gruppen zu schren und die erfolgreicheStadtteilarbeit linksradikaler Gruppen, derletzten Jahre zu diskreditieren. Ob die-ser Artikel nun rein zufllig in die Zeit desWahlkampfes fllt sei einmal dahingestellt.Jedoch wird sich schon die eine oder an-dere Partei nden, welche auf den Zug derHetze gegen links aufspringt und mehr Po-lizei auf den Straen, mehr berwachungim ffentlichen Raum und natrlich hhereStrafen fr Tter fordert.

    Nach einem Telefonat, eines in der Lunteorganisierten Genossen, wurde durch Ei-genaussage der Autorin dann klar, dass

    sie selbst Teilnehmerin einer Veranstaltungder Zeitung Bahamas im Caf Max undMoritz war. Die Veranstaltung Mitmachenist Ehrensache, vom 27. Juli 2011 wird inWagners Artikel kurz erwhnt. Auf dieserVeranstaltung sollte es laut Vorankndi-gung um die Mglichkeit und Legitimittder Zusammenarbeit zwischen vermeint-lichen Mitgliedern der linken Szene undstaatlichen Organen gehen.

    Am 27. Juli dann wurde den diesem kri-tisch gegenberstehenden Genoss_innenaus Neuklln der Zutritt zur Veranstaltung

    verweigert und sie wurden von Veranstal-tungsteilnehmer_innen angegriffen. Kurz

    darauf verffentlichte die Bahamas Redak-tion einen Text, in dem sie zur Zusammen-arbeit mit staatlichen Repressionsorganensowie zu Aktionen gegen die Lunte aufrief.

    Einen Angriff von Mitgliedern sogenann-ter antideutscher Gruppen in Form einesvermummten Mobs von ca. 30 Gestaltengegen die Lunte gab es bereits im Februardiesen Jahres, am Sonntag, dem 6.2.2011,Leute wurden bedroht und es kam auch zukrperlichen bergriffen gegen eine Ge-

    nossin des Ladenkollektivs.

    Dem vorangegangen war eine eMail andas Ladenkollektiv, in welcher, mit ver-steckten Drohungen gespickt, darauf hin-gewiesen wurde, dass sich in der Lunteauch eine Gruppe trfe, welche Mitgliederder antideutschen Sekte terrorisiere unddass man dies nicht hinnehmen wolle.

    Eine Antwortmail, die darauf verwies, dassdie Anschuldigungen bitte auf dem Laden-plenum (am 7.2.) vorgebracht und disku-tiert werden knnten, wurde schlichtweg

    ignoriert. Stattdessen zog man es vor, dieLUNTE direkt in Polizei-Manier zu bedro-hen.Die Gestalten, die dort aufmarschiertenwaren zum Groteil vermummt, marschier-ten gezielt gegen die LUNTE, postiertensich dort, und sperrten faktisch die Strasseab. In der benachbarten Kneipe Syndikatverkauften sie diese Provokation zuvor alsAntifa-Massnahme. Nachdem ein paardieser Gestalten, die den Laden betretenhatten, des Ladens verwiesen wurden,wurde eine Genossin attackiert.

    Auf dem Ladenplenum am nchsten Tagtauchten sie dann tatschlich auf undbrachten die Version vor, dieser versuchte

    Angriff gelte keineswegs der LUNTE alsGanzes, sondern eben jener in der Droh-

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    red.

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    Wie ber die Medien schon hinlnglich be-kannt, wurden anlsslich der Anti-Nazi-Protesteam 19. Februar diesen Jahres in Dresden bereine Million Stze mit Mobilfunkdaten durch diePolizei gesammelt. Ob Funkzellenauswertung,

    IMSI-Catcher, Kassenbelege oder Fragebgen die Sammelwut der Behrden scheint keineGrenzen zu kennen. Bereits im unmittelbarenVorfeld der Demonstrationen wurden die An-schlsse mehrerer mutmasslicher Tatverdch-tiger berwacht. Dabei wurden sowohl Auf-enthaltsdaten ermittelt, als auch Gesprcheprotokolliert und inhaltlich ausgewertet.

    Durch eine sogenannte Funkzellenauswertung(FZA) wurden am 19. Februar auf einen richter-lichen Beschluss hin weitrumig 138.000 Ver-bindungsdatenstze von rund 65.000 verschie-denen Mobiltelefonen erfasst. Der Grund warenErmittlungen wegen Angriffs auf Polizeibeamte

    und schwerem Landfriedensbruchs. Betroffenwaren jedoch ber einen Zeitraum von min-destens viereinhalb Stunden tausende De-monstrantInnen, darunter auch JournalistInnen,

    AnwltInnen, PolitikerInnen sowie smtlicheim Bereich der Sdvorstadt wohnhaften An-wohnerInnen. Durch Positionserfassungen wares ebenfalls mglich, Bewegungsprole zu er-stellen.

    Erstaunlicherweise wurde wegen der angeblichber 100 verletzten Polizisten noch kein ein-ziges Ermittlungsverfahren eingeleitet. Dage-gen benutzte man die Daten in fast 50 Fllen,um wegen Behinderung einer angemeldetenDemonstration (21 VersG) zu ermitteln. Wobeies sich eben nicht um erhebliche Straftatennach 100a StPO handelt, zu deren Aufkl-rungszwecken solche Daten berhaupt erstgesammelt und weitergegeben werden drfen.Eine zweite FZA wegen Verdachts auf Bildungeiner kriminellen Vereinigung (129 StGB)umfasste noch einmal knapp 900.000 Verbin-dungsdaten vom 18. und 19. Februar. Insge-samt sind so rund 300.000 HandybesitzerInnenbetroffen, von denen in mehr als 40.000 Fllenauch die zugehrigen Bestandsdaten ermitteltwurden.

    Wie sich spter herausstellte, kamen bei derberwachung auch sogenannte IMSI-Catcherzum Einsatz. Diese Gerte simulieren eineFunkzelle, und ermglichen neben einer nochgenaueren Positionsbestimmung auch dasMithren von Gesprchen in Echtzeit. ber

    die IMSI-Kennung auf der SIM-Karte knnenTelefonnummer und Anschluss-InhaberInnenper Nachfrage beim Mobilfunkanbieter ermitteltwerden. Der Rahmen fr den Einsatz solcherGerte wurde nach dem 11. September 2001

    im Zuge der Antiterrorgesetze geschaffen. Al-

    lerdings sind Echtzeitberwachungen genehmi-gungspichtig, und im konkreten Fall vermutlichrechtswidrig gewesen.Wie jetzt ebenfalls bekannt wurde, hat dieSOKO 19/2 darber hinaus Busunternehmenim gesamten Bundesgebiet angeschrieben undaufgefordert, Auskunft ber Reisende und de-ren Fahrstrecken zu geben. So wurde in Fra-gebgen u.a. nach Mietvertrgen und Kopienvon Ausweisen, Abfahrtsorten, Streckenfhrungund Pausen gefragt. Ebenso interessierte dieBeamten, wann die Leute in den Bus gestiegenwaren und wo sie ihn verliessen, welche Stan-gen, Fahnen und Transparente sie mitfhrten

    und selbst worber sie sprachen.

    Viele Busunternehmen hielten das verstndli-cherweise fr rechtlich mehr als bedenklich, esgab aber auch andere Flle: Rheinland Touristikaus Kln beispielsweise bermittelte in voraus-eilendem Gehorsam die komplette GPSAus-wertung des Reiseverlaufs.

    Nach dem Bekanntwerden der Datensamm-lungen schieben sich nun Justizminister Mar-tens (FDP) und Innenminister Ulbig (CDU)gegenseitig die Schuld in die Schuhe. DerDresdner Polizeiprsident Dieter Hanitsch wur-de als Bauernopfer wegen interner Informati-onsdezite versetzt. Er soll die Landespolizei

    -

    direktion Zentrale Dienste leiten, welche u.a. dietechnischen Voraussetzungen fr eben solcheberwachungen liefert. Martens versucht dieVerfehlungen damit zu kaschieren, dass er

    jetzt eine Bundesratsinitiative initiieren will, da-mit knftig insbesondere die Rechte Unbetei-ligter besser geschtzt werden. Schaut mangenauer hin, drfte es vor allem darum gehen,knftige FZA rechtssicher zu machen, indemder Strafkatalog fr den Einsatz dieser genauerdeniert wird.

    Mit dem Bekanntwerden der FZA stellte sich

    heraus, dass bereits im Zuge der Ermittlungenwegen des Brandanschlages auf einen Bun-deswehrfuhrpark am 12. April 2009 in Dresdenmehr als eine Million Verkehrsdaten erfasstwurden. Dabei wurden vom Mobilfunkanbieterunaufgefordert zustzlich personenbezogene

    Daten von mehr als 80.000 Anschlussinhabe-rInnen an die Polizei bersandt, welche wie-derum die Bestandsdaten von weiteren 250Personen ermittelte. Im Rahmen dieser Ermitt-lungen wurden auch insgesamt 162.000 Ein-

    kaufsjournale der Baumarktkette OBI im Daten-

    abgleichsystem EFAS erfasst.

    Die Rechnungsbelege waren interessant, weilsich ein nicht gezndeter Brandsatz in einerOrdnungskiste befand, die es nur bei OBI gibt.

    Allerdings ergab sich bisher weder einen Ermitt-lungserfolg, noch wurden die Daten gelscht.Da sich ja solche berwachungen offensicht-lich in Dresden mittlerweile zum ermittlungs-technischen Standard entwickelt haben, ver-wundert es nicht, dass in der letzten Zeit nochmehrere solcher Flle aus den letzten Jahrenbekannt geworden sind. Ein weiteres Highlightstellt eine FZA anlsslich der Proteste gegen

    den Naziaufmarsch zum Jahrestag des Arbeite-

    rInnenaufstandes in der DDR am 17. Juni 2010dar. Am Rande der Gegendemo versuchteman, den mutmasslichen Verdchtigen einenbergriff auf den Thor Steinar-Laden Larviknachzuweisen. Dabei wurden mit Hilfe derVerkehrsdatenauswertung Josephinenstrae/Demo gleich mehrere Funkzellen erfasst undausgewertet. Genauer Umfang, Dauer undReichweite sind bisher unbekannt. Man darf ge-spannt sein, was in den nchsten Wochen undMonaten noch so ans Tageslicht kommen wird.

    Obwohl man sich ber die Bereitschaft der Be-hrden zum Einsatz dieser Mittel auch in derVergangenheit nichts vorzumachen brauchte,htte im konkreten Fall vermutlich niemand er-wartet, dass die Datensammelwut der Ermittlerdiese Dimensionen annehmen wrde.

    Freiheit stirbt mit Sicherheit!

    Rote Hilfe Dresdenfr die KampagneHundertneunundzwanzig eVwww.129-ev.tk

    Spendenkonto:

    Rote Hilfe Dresden,Konto: 609760434,BLZ 36010043,Postbank Essen,Stichwort 129 Verfahren /129 Soliarbeit

    Neunzehn vierundachtzig: Orwell meets Dresdenwww.129-ev.tk

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    In der Ausgabe Nr. 13 vom 28. 3. 2011 stand,dass ein Palstinenser 1980 der damaligenRegierung Helmut Schmidt anbot, BrigitteMohnhaupt zu liquidieren. Das soll aus jetztfreigegebenen Akten des Auswrtigen Amteshervorgehen.

    Zum Verstndnis skizzieren wir kurz die da-malige Situation:Brigitte war schon 1972 in der RAF organi-siert, danach 4 Jahre im Knast und schlosssich danach wieder den Illegalen an. Dashatte zu Folge, dass sie schnell wieder denHass der Herrschenden auf sich zog, der bisheute fort besteht. Nach insgesamt ber 28Jahren Knast steht sie immer noch besondersim Fadenkreuz der Medien und Justiz. Jngstwurde sie als Zeugin im Prozess gegen Ve-rena Becker unter Beugehaftandrohung vor-geladen.

    Vor kurzem erschien am 17. August ein Ar-tikel in der Bild Das neue Leben der RAF-Terroristin Brigitte Mohnhaupt. Ihr wurdenmehrere Aussagen in den Mund gelegt, ob-wohl sie das Gesprch mit den Journalisten

    ablehnt hatte. Da Brigitte unter einer neuenIdentitt lebt, drngt sich die Frage auf, wiesodie Bild sie auauern konnte.Nicht nur gegen Brigitte wird weiter ermittelt,sondern auch gegen Stefan Wisniewski undRolf Heiler.

    Nach der missglckten Befreiung von politi-schen Gefangenen 1977 waren insgesamt 8Gefangene aus der RAF tot.

    Selbst Gefangene waren dem Staat noch zuviel, sptestens da setzte die Killfahndung ge-gen Illegale aus der RAF ein.

    Der damalige Kanzler Schmidt forderte schonim Mrz 75: diese Gruppe zu tilgen.Die Welt am Sonntag ankierte Schmidt`s

    uerungen, wie damals fast alle Medien, am

    29. 9. 77: auch scheidet ein exekutierterVerbrecher knftig als Attentter aus.3 Mitglieder aus der RAF wurden im Laufe derKillfahndung erschossen:

    Willy Peter Stoll in einem Dsseldorfer Re-

    staurant am 6. 9. 78;

    Michael Knoll am 25. 9. 78 nach Schie-bungen in einem Wald bei Dortmund;

    Elisabeth van Dyck am 4. 5. 79 beim Betre-ten einer Wohnung in Nrnberg.

    Rolf Heiler berlebte am 9.6.79beim Betreten einer Woh-nung in Frankfurt schwerverletzt.Rolf war insgesamt 26 Jahre weggesperrtund war auch im Mrz als Zeuge im Be-cker-Prozess vorgeladen.

    Laut Spiegel setzte sich der Informant (ge-gen Brigitte Mohnhaupt) mit Zustimmung desBKA ab, vermutlich nach Zypern.Das zeigt, dass das BKA an solchen Aktionenwie der Killfahndung an beteiligt war und sieagierten in Verbund mit anderen Geheim-diensten international.

    Die RAF zog Konsequenzen aus dieser Ent-wicklung und verfasste 1982 unter den Titel:Guerilla. Widerstand und antiimperialistischeFront ein Strategiepapier. Es gab unter demEinuss des Frontpapiers viele politisch-mi-

    litrische Initiativen, auch mit einheimischenMilitanten sowie mit anderen Stadtguerilla-gruppen, wie der franzsischen Action Directeund den italienischen Roten Brigaden.

    Auswirkungen fr heute

    Auch heute hat sich die Widerstandsbekmp-fung immer mehr internationalisiert, was wiralle deutlich bei den Kmpfen gegen die Natoin Strassburg 2010 oder beim G8-Treffen inHeiligendamm 2007 zu spren zu bekommenhaben.

    Wurde die Killfahndung damals berwiegendgegen Befreiungsbewegungen und die Me-tropolenguerilla eingesetzt, so fhrt die Bun-deswehr heute das gezielte Tten von Zivi-listen unter Oberst Klein in Kundus fort undauch das wird von den hchsten juristischenInstanzen gebilligt - bis hin zu AuenministerWesterwelle.Gegen diese Entwicklung ist damals wie heu-te Widerstand notwendig.

    In der Roten Hilfe Zeitung 1/2011 ist ein le-senswerter Artikel zur Die Killfahndung imDeutschland der 1970er Jahre erschienen.

    Zum Spiegelartikel Mrderisches AngebotWilhemshaven: Am24.08.2011 kam es zwi-schen 14 und 15 Uhr zueinem Anquatschversuch inWilhelmshaven. Dem seitvielen Jahren aktiven Ge-nossen stellte sich der Mit-

    arbeiter des Verfassungs-schutzes Nidersachsen mit

    Klaus aus Hannover vor und bot ihm 300Euro Bargeld an. Er fragte, was der Genos-se denn in der lokalen Rumlichkeit Epizen-trum so mache und was er dort erlebe, daer nun fters dort gesehen worden sei. DerGenosse verweigerte nachdrcklich jedesGesprch. Anna und Arthur haltens Maul.

    (red.)

    Rostock: Das AmtsgerichtRostock hat ein Strafver-fahren gegen gentechnik-

    kritische AktivistInnen nachderen offensiver Prozess-fhrung eingestellt. Im April2009 wurden Flchen desAgroBioTechnikum besetzt

    und Personalien aufgenommen. Im Juni2010 fand der erste Prozesstag wegenHausfriedensbruches statt, der berforderteRichter veranlasste nach 45 Minuten dieRumung des Saales, mehrere Personenwurden festgenommen. Im November wur-de der Prozess fortgesetzt und nach offensi-ven Ankndigungen der Verteidigung stelltedas Gericht einige Monate spter das Ver-fahren ein. (red.)

    Berlin/Offenbach a. M.:

    Aufgrund einer Anzeige dertrkischen Botschaft in Ber-lin wurde von der Staatsan-waltschaft Darmstadt ge-gen die europaweit einzigekurdische TageszeitungYeni zgr Politika Ankla-

    ge erhoben. Die Verhandlung begann am31. August 2011 am Amtsgericht Offenbacham Main. Gegenstand des Verfahrens isteine Presseberichterstattung der Zeitung, invier Fllen wird ihr ein Versto gegen das

    Vereinsgesetz vorgeworfen. Die trkischeBotschaft behauptet, die Zeitung wre einPropagandaorgan der PKK. (red.)

    Hamburg: Der BezirkHamburg-Mitte beschlossdie Rumung des Wagen-platzes Zomia. Zeitnahsollen rechtmige Zu-stnde hergestellt werden,heit es im Antrag der SPD.Bezirksamtsleiter MarkusSchreiber betont den 15.

    September als Lieblingstermin fr die Ru-mung, auch gegen den Willen des Hambur-

    ger Senats. Bis heute weigert sich der Be-zirk die aktuelle als auch andere Flchenberhaupt auf Eignung zu prfen. Aktuelleund weitere Informationen ndet ihr unter:http://zomia.blogsport.eu

    Kurzmeldungen bundesweitWolfgang Lettow

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    10 gefangenen info september/oktober 2011

    Am 13. Verhandlungstag, dem 5. Mai 2011,fhrte die Zeugenaussage des Polizeibeam-ten Bock (1) mglicherweise zu einer ent-scheidenden Wende im Verfahren gegen den

    Dienstgruppenleiter Schubert (2) aber auchim bisher gerichtlich angenommenen Ge-schehensverlauf des 07.01.2005. Denn derPolizeibeamte gab in ssig vorgetragenerZeugenaussage an, seine Kollegen Mrz (3)und Scheibe (4) gegen 11.30 Uhr in der Ge-wahrsamszelle Nr. 5 angetroffen zu haben,wie sie den an Hnden und Fen xiertenOury Jalloh durchsuchten und seine Taschennach auen drehten.

    Im vorangegangenen Verfahren vor demLandgericht Dessau - Rosslau hatten diebeiden Polizeibeamten Mrz und Scheibe

    behauptet, nach dem Morgen, als sie OuryJalloh grundrechtswidrig festgesetzt undins Polizeirevier eingeliefert hatten, seineGewahrsamszelle nicht wieder betreten zuhaben. Ein gravierender Widerspruch klafftdemnach zwischen diesen Aussagen. DieAussage von Bock deckt sich hingegen mitder bereits frher Gemachten der Polizei-beamtin Hpfner (5), die, inzwischen selbstwegen vermeintlicher Falschaussage miteinem gerichtlichen Verfahren bedacht, vordem Magdeburger Landgericht von ihremZeugnisverweigerungsrecht Gebrauch macht.Sie hatte damals ausgesagt, kurz vor OuryJallohs Verbrennungstod noch Schlsselge-rusche ber die Gegensprechanlage gehrtzu haben.

    Das Dessauer Landgericht schenkte jedochdiesem Hinweis keine Bedeutung. Die ein-zige polizeiliche Belastungszeugin galt demGericht als unglaubwrdig. Das Aufsuchendes xierten Oury Jallohs in der Zelle kurzvor seinem Verbrennungstod war zudem imGewahrsamsbuch des Polizeireviers nichtprotokolliert worden. In den nachfolgendenVerhandlungstagen ist das kollektive Be-schweigen der Todesumstnde Oury Jallohsdurch die Dessauer Polizisten nur schwer zu

    ertragen. Erinnerungslcken klaffen selbst beiansonsten soldatisch trainierten Jungbeam-ten.

    Es scheint, als htte ein Haufen dementerPolizeibeamter ihren Dienst an jenem Tag ver-

    richtet, die eigentlich allesamt in die Frhpen-sion geschickt werden mssten. Angesichtsder zur Schau gestellten Gedchtnislosigkeitund Inkompetenz in den eigenen Zustndig-

    keitsbereichen (wei nicht, davon versteheich nichts) msste allen Dienstunfhigkeitbescheinigt werden. Am 21. Prozesstag, dem11.08.2011, uerten aufgebrachte Prozess-beobachterInnen laut Emprung im Gerichts-saal whrend Videoaufnahmen gezeigt wur-den, mit denen der Nachweis gefhrt werdensollte, dass Oury Jalloh sich angeblich selberumgebracht haben soll.

    Die fehlgeschlagenen (!) Versuche eines Er-mittlungsbeamten, mit einem Gasfeuerzeugeine unbeschdigte feuerfeste Matratze an-zuznden, reihten sich ein neben lcherlicheVersuche, die Zeitspanne zwischen Entzn-den eines Matratzenstcks und dem Anschla-gen des Feuermelders zu ermitteln. Whrenddieser visuellen Wahrheitsndung starrtenalle anwesenden Justizbeamten plus die an-wesenden ProzessbeobachterInnen knapp10 Minuten auf die Leinwand, auf welcherdas Matratzenstck vor sich hin kokelte, ohnedass ein Gerusch des Feuermelders zu ver-nehmen war.

    Am Ende dieses Schauspiels wurde eine Fo-lie mit der Aufschrift Der Feueralarm schlugnach 1,15 min an eingeblendet. Nach ebenbeschriebenen Veralberungen kippte die

    Stimmung von Emprung auf Wut, welcheebenfalls geuert wurde. Denn die ab-surde Beweisvorfhrung endete mit derBehauptung eines angeblichen Suizid desOury Jallohs, welche in einem nachgestelltenBrandversuch mit Hilfe einer Puppe versuchtwurde zu belegen. Auf Biegen und Brechenversuchte man so zu suggerieren, dass esfr Oury Jalloh mglich gewesen sein soll,die feuerfeste Matratze in der Zelle Nr. 5 imDessauer Polizeigewahrsam eigenhndig miteinem Feuerzeug anzuznden obgleich erdoch an Hnden und Fen gefesselt war.

    Die Zwischenrufe und die unbequemen Fra-gen der ProzessbeobachterInnen, wie dasFeuerzeug in die Zelle zu Oury Jalloh ge-raten sein soll und warum niemand seineSchreie gehrt hat, wurde von der Vorsitzen-den Richterin als Strung gewertet und mitPersonalienabgaben und Rausschmiss ausdem Saal beantwortet. Diese Anordnung warein ersehntes und gefundenes Fressen frdie Justizkrfte. Binnen krzester Zeit eiltensie herbei, um es mit Gewalt durchzuset-zen. Das Fazit waren 3 Festnahmen und einverletzter Prozessbeobachter, welcher sichanschlieend im Krankenhaus behandeln

    lassen musste. Dem nicht genug, schmckteden Eingang des Landgerichts am darauffol-genden Prozesstag ein Beschluss der Vorsit-zenden des Landgerichts, welcher die Perso-nalienabgabe aller ProzessbeobachterInnenanordnet.

    Die Personalausweise werden vor Eintritt inden Saal kopiert und natrlich nicht im Re-gister gespeichert, sondern nach Ende derVeranstaltung den entsprechenden Personen

    wieder ausgehndigt. Auerdem wurde pr-ventiv die doppelte Anzahl an Justizkrftenim Saal und im Gang davor positioniert. Auchwenn gerichtlich nicht die Wahrheit ermitteltwerden wird. Es ist mehr als offensichtlich:Bei der Polizei gibt es viel, viel zu vertuschenund ihnen ist keine Schmach zu schade, esumzusetzen. Deshalb mssen wir als ffent-lichkeit dort sein und es ihnen durch unserezahlreiche Anwesenheit im Gerichtssaal beijeder Verhandlung schwer machen, weiter zuschweigen und zu lgen. Es ist immens wich-tig, dass mglichst viele Menschen an diesemVerfahren teilnehmen, sich ein Bild machen,es weiter verfolgen und darber berichten.

    Die ffentlichkeit ist ein nicht unbedeutenderFaktor, wie schon das erste Verfahren zeigt,dass allein durch den Druck der Initiative inGedenken an Oury Jalloh zustande gekom-men war.

    Brecht das Schweigen!

    Fr Aufklrung und Gerechtigkeit!

    Oury Jalloh das war Mord!

    Prozesstermine:November

    03.11.2011 10.11.2011 17.11.201124.11.2011

    Dezember01.12.2011

    Immer ab 9:30 Uhr vor dem Landgericht Mag-deburg, Saal A23.

    Abfahrt von Berlin:Treffpunkt immer 6:30 Uhr (pnktlich) amReisezentrum im S-Bahnhof Alexanderplatz.Spenden fr Zugtickets und Kleinbus willkom-men.

    1) War am Morgen, an welchem Oury verbrannte,Gewahrsambeauftragter in der Dessauer Polizei-station.

    2) Dienstgruppenleiter, am Tag des Todes vonOury vor Ort.3) Nahm Oury in Gewahrsam.4) Nahm Oury in Gewahrsam.5) Sa an Ourys Todestag an der Freisprechanla-ge zu den Gewahrsamszellen

    Oury Jalloh das war Mord!Aktuelle Entwicklungen im Prozess

    www.political-prisoners.net

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    Hannover: In der Nachtzum 10.08.2009 wurde ver-sucht den Rosenpavillon imStadtpark Hannover anzu-znden, dieser dient wh-rend des jhrlichstattndenden Bundeswehr-

    Sommerbiwak als VIP-Be-reich. In einem Bekenne-rInnen-Schreiben heit es, sie htten dieStadt symbolisch angegriffen und den Parkals Kriegsgebiet markiert. Der polizeilicheStaatsschutz erffnete gegen eine Person einVerfahren wegen versuchter Brandstiftungund durchsuchte am 21.08.2009 die Woh-nung des Beschuldigten. Die Staatsanwalt-schaft Hannover stellte das Verfahren am22.08.2011 aus Mangel an Beweisen ein.

    (red.)

    Berlin/Mannheim:

    In den letzten Wochen wur-

    den erneut zwei Menschenvon der Polizei erschossen.

    Am 24. August wurde An-drea H. von einem Polizistenin Berlin erschossen. Siehtte mit einem Messer he-rumgefuchelt, als die Polizei

    sie in die Psychiatrie zwangsweise einliefernwollte. Am 07. September erschossen Poli-zistInnen einen angeblich geistig verwirrtenMann in Mannheim der auf dem Revier voneinem Amtsarzt untersucht werden sollte.Die Polizei war in beiden Fllen im Auftragdes Sozialpsychiatrischen Dienstes vor Ort.

    (red.)

    Berlin: Ein friedlich verlau-fenes Straenfest in derKreuziger Strae in Fried-richshain wurde letzte Nachtdurch einen harten Polizei-einsatz aufgelst. Das Festndet schon seit Jahrenstatt und wurde schon ftervon der Polizei gestrt. An-

    fangs hielt sich die Polizei zurck. Nach 24Uhr wurde das Fest leiser, dann rckte eineHundertschaft an und erteilte allen Personeneinen Platzverweis. Polizeiketten trieben mitFaustschlgen und Futritten die Menschenvor sich her. Die Strae wurde bis 5 Uhr ab -geriegelt und Technik beschlagnahmt. (red.)

    Schwandorf:

    Am 29. Januar 2011 ka-men gegen 11 Uhr rund 40

    AntifaschistInnen spontanzusammen, um gegen fa-schistische Strukturen undden rechten Konsens inSchwandorf und der Ober-pfalz zu demonstrieren. Nun

    begann am 08. September ein Prozess ge-gen einen Schwandorfer Antifaschisten we-

    gen des Vorwurfes des Verstoes gegen dasVersammlungsgesetz, er soll damit juristischverantwortlich gemacht werden fr die Ver-sammlung. Diese lief ohne Strungen odersonstige Zwischenflle ab. (red.)

    Kurzmeldungen bundesweit

    Seit einigen Jahren gibt es ein Bndnis an-archistischer/libertrer/autonomer/systemkri -tischer Antiknast-Gruppen im deutschspra-chigen Raum. Jedes Jahr organisiert eine der

    beteiligten Gruppen in ihrer Stadt ffentlicheAntiknast-Tage. Fr 2011 haben wir vom Au-tonomen Knastprojekt Kln diese Aufgabebernommen. Vom 28.-30. Oktober nden diediesjhrigen Antiknasttage im AZ Kln statt. Wirwrden uns wnschen, wenn das Wochenen-de in Kln nicht nur ein Treffen von Fachidio-tInnen wird.

    Knast ist ein zentrales Mittel von Herrschaftssi-cherung. Dabei denken wir jetzt gar nicht mal inerster Linie an die Spezialverfahren gegen unsals radikale Linke. Die wichtigste Funktion desKnasts ist die Erzeugung von Angst. Nicht nurdie Gefangenen sind Opfer des Knasts. Unsere

    Angst vor dem Knast ist viel wichtiger fr dasSystem....

    Neben Workshops zu solch grundstzlichenFragen wird es bei den Antiknasttagen aberauch um ganz praktische Dinge gehen, z.B.darum, welche rebellischen Gefangenen unsbesonders nahestehen und wie wir die unter-sttzen knnen, oder wie wir die ffentlich-keitsarbeit gegen das Knastsystem verbessernknnen.

    Hier erst mal das vorluge Programm :Vorlug deshalb, weil noch nicht alle Work-shops feststehen und es auch mglich ist, nochwhrend der Antiknast-Tage spontan Work

    -

    shops zu machen, wenn das Bedrfnis da ist.Damit sind alle systemkritischen Gruppen ange-sprochen, die Berhrungspunkte erkennen zwi-schen ihrem Aktionsbereich und den Fragestel-lungen zu Strafen, Repression, Ausgrenzungu.. Wenn Ihr einen Workshop anbieten wollt,ist es wnschenswert, diesen vorher bei uns an-zumelden. Das ermglicht mehr Planung. Aberzur Not lsst sich auch (s.o.) was whrend des

    Anti-Knast-Wochenendes improvisieren.

    ANTI-KNAST-TAGE in Kln

    Vom 28.-30.Oktober 2011 im Autonomen

    Zentrum Kln, Wiersbergstr.,44, Kln-Kalk

    (U-Bahnhaltestelle Kalk-Kapelle, Linie 1

    oder 9)

    Freitag 28.10.

    18 Uhr Gemeinsames Abendessen mit unserenFreunden aus anderen Stdten und Pennplatz-verteilung19.30 Uhr Die Nazis gehen fr die Todesstrafeauf die Strae. Was setzen wir dem entgegen?Diskussionsveranstaltung im Plenum

    Samstag 29.10.

    10 Uhr Frhstckab 11 Uhr

    verschiedene Workshopsbisher vorgesehene Themen:- Sicherungsverwahrung- Hungerstreik von Werner Braeuner- Kommunikation mit Gefangenen- 129a-Verfahren in Dresden- Sucht und Knast

    15 Uhr: VoK

    Ab 16 UhrFortsetzung der Workshops

    18.30 : VoK

    20 UhrPolitisch Sozial? Fragen zu unkritischerBegrifichkeit. Wer sind eigentlich unsere Ge-fangenen? Und wie kooperieren wir mit denen?Diskussionsveranstaltung im Plenum

    Sonntag 30.10.

    Ab 11 Uhr Brunch13.Uhr Abschluplenum

    Im Anschlu wollen bzw. knnen wir zur Ent-spannung noch gemeinsam einen Film gucken.Bei Interesse knnten wir den Sonntag auch

    noch nutzen zu regionaler Koordination zwecksverbesserter zuknftiger Zusammenarbeit. (Dieaus der Region haben ja krzere Rckwege)Wie gesagt, das Programm ist erst mal vorlu-g, aber es gibt Euch einen Anhaltspunkt berden Ablauf des Wochenendes. Leute aus ande-ren Stdten, die zu uns kommen wollen, wrdenwir bitten, uns mglichst vorher schon Bescheidzu geben, mit wie vielen ihr kommen wollt (we-gen Pennpltzen und Essen).

    Wir freuen uns schon auf Euch.Autonomes Knastprojekt Kln

    Anmerkung der Redaktion: Aus Platzgrn-

    den wurde der Aufruf gekrzt.

    Knast geht uns alle an!Antiknasttage vom 28. - 30. Oktober in Kln

  • 7/31/2019 Gefangenen Info #364

    12/20

    12 gefangenen info september/oktober 2011

    Im Oktober diesen Jahren wird in Athender Prozess gegen mehrere Beschuldigteim Verfahren gegen die griechische Stadt-guerilla Revolutionary Struggle beginnen.Dazu dokumentieren wir einen internatio-naler Solidarittsaufruf, bersetzt von der

    englischsprachigen Version auf dem act forfreedom-Blog.

    Am 5. Oktober 2011 wird der Prozess ge-gen die revolutionre Organisation Revolu-tionary Struggle beginnen. Er wird in dem

    Gerichtssaal im Knast Koridallos (Athen)stattnden.

    Acht Beschuldigte werden vor Gericht ste-hen, gegen welche laut einer vor kurzenvom Berufungsgericht getroffenen Ent-scheidung wegen der Mitgliedschaft in derOrganisation verhandelt werden wird. Be-schuldigt in dem Verfahren von Revolutio-nary Struggle sind: N. Maziotis, P. Roupa,K. Gournas, Ch. Kortesis, V. Stathopoulos,S. Nikitopoulos, K.K. (nicht inhaftiert, er istauf der Flucht) und M. Beraha (Ehefrau vonK. Gournas). Die ersten drei Beschuldigten,Maziotis, Roupa und Gournas, haben die

    Verantwortung bernommen fr die Orga-

    nisation und benden sich im Knast, aberMitte Oktober endet die 18-monatige Unter-suchungshaft.Der Rest der Beschuldigten ist frei. Korte-

    sis, Stathopoulos und Nikitopoulos wurdenvor kurzem unter Auagen aus dem Knastentlassen, nach zwei Entscheidungen desBerufungsgerichtes, da der Oberste Ge-richtshof die Widerrufung der ersten Ent-scheidung angeordnet hatte, danach wurde

    die Entscheidung des Berufungsgerichtsstattgegeben. Die Anklagepunkte fr jede/neinzelne/n beinhalten die Verbrechen derGrndung und Mitgliedschaft in einer terro-ristischen Organisation; Beschaffung, Her-stellung und Besitz von explosiven Stoffen;Herbeifhrung von Explosionen und zahl-reiche versuchte Morde.Revolutionary Struggle hat zahlreiche An-griffe durchgefhrt, darunter welche miteinem Raketenwerfer auf die amerika-nische Botschaft, 12. Januar 2007, und derbewaffnete Angriff auf B. auf der Boubouli-nas-Strae am 5. Januar 2009.Revolutionary Struggle werden die fol-genden Angriffe zugerechnet, alle fanden in

    Athen statt:

    5. September 2003: Bombenanschlagauf Gerichtsgebude

    4. Mrz 2004: Bombenanschlag auf eineFiliale der Citibank im Stadtteil Psychico

    5. Mai 2004: Bombenanschlag auf einePolizeiwache im Stadtteil Perissos

    29. Oktober 2099: Bombenanschlag aufPolizeibusse

    2. Juni 2005: Bombenanschlag auf dasArbeitsministerium

    12. Dezember 2005: Bombenanschlagauf das Finanzministerium am Syntag-ma-Platz, nahe dem Parlament

    30. Mai 2006: Versuchter Mord anGeorgios Voulgarakis, ehemaligerMinister der ffentlichen Ordnung, jetztKulturminister

    12. Januar 2007: Angriff auf die Bot-schaft der USA mit WASP 58 LAW-

    Rakete

    30. April 2007: abgefeuerte Schsse aufeine Polizeiwache im Stadtteil Nea Ionia

    24. Oktober 2008: Bombenanschlag aufBrorume von Shell im Stadtteil PalaioFaliro

    23. Dezember 2008 abgefeuerte Schs-se auf einen Bus der Bereitschaftspolizei

    nahe der Athener Universitt im StadtteilGoudi

    5. Januar 2009: abgefeuerte Schsseauf Polizisten, die das Kulturministeriumim Stadtteil Exarcheia bewachten, einPolizist wird lebensgefhrlich ber-setzt18.Februar 2009: Autobombe an der Zen-trale der Citibank im Stadtteil Kissia, dieBombe geht nicht hoch

    9. Mrz 2009: Bombenanschlag auf eineFiliale der Citibank im Stadtteil Nea Ionia

    12. Mai 2009: Bombenanschlag auf eineFiliale der Eurobank im Stadtteil Argyrou-poli

    2. September 2009: eine Autobombe ver-ursacht groe Schden am Gebude derBrse

    Die drei GenossInnen, welche die Ver-antwortung fr die Aktionen von Revo-lutionary Struggle bernommen haben,zeigen, dass fr das zu kmpfen an wasdu glaubst keine Aufgabe ist, die nur vonder Elite bernommen werden kann. Es

    ist in jedem, der unter dem System zu lei-den hat, welches geschaffen wurde, um

    uns zu kontrollieren. Der Staat wei, siesind die wahren Terroristen und so lan-ge wie niemand zurckschlgt haben sienichts zu befrchten. Es ist Zeit ihnen zuzeigen, dass das Ma voll ist und es an-zugreifen mit allen verfgbaren Mitteln.

    Solidaritt mit den 5 beschuldigten im

    Revolutionren Kampf Verfahren!

    Freiheit jetzt fr N. Maziotis, P. Roupaund K. Gournas!

    Ehre fr immer fr den anarchistischen

    Kmpfer und Teil des Revolutionren

    Kampfes Lambros Fountas!

    Solidaritt mit allen inhaftierten

    Kmpfern!

    seite 3 schwerpunkt inland international dossier gefangene feuilleton kurzmeldungen

    Internationaler Solidarittsaufruf mit der griechischen StadtguerillaRevolutionrer Kampf [Epanastatikos Agonas]

  • 7/31/2019 Gefangenen Info #364

    13/20

    Ende Juni wurden in England sechs Antifa-schistInnen zu Knaststrafen zwischen 15 und21 Monaten verurteilt. Ein weiterer wurdegegen Kaution freigelassen. Ihnen wird vor-geworfen Teil einer antifaschistischen Ver-schwrung zu sein. Sie sollen im Mrz 2009im Rahmen von Aktionen gegen ein Blood &

    Honour (1) Konzert in London an einer Ausei-nandersetzung mit Faschisten beteiligt gewe-sen sein. So sollen deutsche Faschisten, diesich auf dem Weg zu dem Konzert befanden,am Bahnhof angegriffen worden sein. Von denFaschisten wurde keiner verhaftet oder ange-klagt.

    Dieser Angriff wurde zum Anlass genommenum groangelegt gegen die antifaschistischeSzene in England vorzugehen: Im ganzenLand wurden Hausdurchsuchungen durchge-fhrt, 23 AntifaschistInnen verhaftet und gegen22 von ihnen Anklage wegen Verschwrungzur Begehung von gewaltttiger Strung er-

    hoben. Die Anklage der Verschwrung ist einundurchsichtiges Konstrukt, das den Repres-sionsbehrden es ermglicht ohne auf Grund-lage von Beweisen gegen die Angeklagten zuermitteln und diese zu verurteilen.

    Das Verfahren wurde in zwei Prozesse geteilt,da nicht alle in den Prozesssaal gepfercht wer-den sollten. So begann der erste Prozess, dersich gegen 11 AntifaschistInnen richtete, am 6.Juni 2011. Am 17. Tag des Prozesses wurdenach 13 stndiger Beratung das genannte Ur-

    teil gefllt. Vier der Angeklagten wurden frei-gesprochen, nachdem sie zwei Jahre lang dieSorgen eines Gerichtsverfahrens mit sich rum-zutragen hatten. Sie berlegen sich rechtlicheSchritte gegen die Polizei einzuleiten, u.a.auch weil einer der Angeklagten seine Arbeitals Krankenpeger nicht weiter ausben kann,

    da die Polizei seine Arbeitsstelle ber seineVorstrafen informierte.

    Am 12. September begann der zweite Pro-zess. Zum Redaktionsschluss war uns nochkein Urteil bekannt.

    (1) Blood & Honour ist ein europaweit agie-rendes faschistisches Netzwerk, das sich vorallem auf die Organisation von Konzerten spe-zialisiert hat. Vor allem in Skandinavien undeben in England besitzt Blood & Honour einenbewaffneten Arm - Combat 18 - die Angriffebis hin zu Anschlge auf MigrantInnen und

    politische Gegner zu ihrem Repertoire zh-len. Da in Deutschland Blood & Honour unddamit auch Combat 18 verboten sind reisenviele deutsche Faschisten zu Aktivitten derbenachbarten Sektionen und suchen dort An-schluss.

    september/oktober 2011 gefangenen info 13

    Baskenland: Festnahmeeines mutmalichen Mit-glied der ETA. Im staatli-chen Fernsehen Spanienswurde bekannt gegeben,dass ein mutmaliches Mit-glied der ETA, Josu Iraizoz

    Esparza am Montag, den05.09.2011 von der franz-

    sischen Polizei verhafet wurde. Was ihm ge-nau vorgeworfen wird ist noch nicht bekannt.Auf ihn war jedoch ein europischer Haftbe-fehl ausgestellt. Die beiden Personen, diebei ihm waren, gelang es der Polizei zu ent-kommen. Nur wenige Tage zuvor wurden inVenezuela drei angebliche ETA Mitgliederverhaftet. (red.)

    Spanien: In Spanien isteine Kampagne fr die Frei-lassung von sieben schwer-

    kranken Gefangenen ange-

    laufen. Darunter bendensich 4 Militante der PCE(r)und 3 Militante der GRAPO,die in Knsten sitzen, dieteilweise bis zu 2000 km

    von ihren Familien entfernt sind und sich inEinzelhaft benden. Die Erkrankungen rei-chen von schweren Augenerkrankungen bishin zu Brust- und Prostatakrebs. Unter denGefangenen bendet sich auch Manuel P-rez Arenas Martinez, der Generalsekretrder PCE(r). Weitere Infos ndet ihr unter:www.political-prisoners.net (red.)

    Peru: Ende August wurdenbei einer Auseinanderset-zung zwischen Gueriller@sder PCP-SL und der perua-nischen Anti-Terror-Polizei(DIRCOTE), sowie der Di-rektion fr Intelligence (DI-RIN) einige Gueriller@sgettet und einer festge-

    nommen: Der 25-jhrige Fredy DelgadoMndez Roosevelt. Wenige Tage daraufwurden bei einer gro angelegten Razziamindestens drei weitere Gueriller@s verhaf-tet. Anfang September wurde dann ein an-

    geblicher Logistik Manager der PCP-SL ver-haftet. (red.)

    Schweiz: Silvia, die EndeJuli zusammen mit Billy undCosta zu Haftstrafen zwi-schen 3 Jahren und 2 Mo-naten bis zu 3 Jahren und 8Monaten verurteilt wordensind , wurde verlegt. Verur-teilt wurden die drei wegenstrafbarer Vorbereitungs-

    handlung zur Brandstiftung sowie Verber-gens und Weiterschaffens von Spreng-stoffen. Von dem dritten Anklagepunkt

    hingegen, unbefugte Einfuhr von Sprengmit-teln, sind die drei freigesprochen worden.Ihre neue Adresse lautet: Silvia Guerini, Be-zirksgefngnis Zrich, Posfach 1266, CH -8026 Zrich (red.)

    Kurzmeldungen internationalHaftstrafen fr Antifas in England

    red.

    seite 3 schwerpunkt inland international dossier gefangene feuilleton kurzmeldungen

    Gerichtsverfahrengegen Mitglieder von Askapena

    Am 28. September 2010 wurden im Rahmeneiner groangelegten Razzia gegen die bas-kische Organisation Askapena sieben Aktivi-stInnen verhaftet. Nach Zahlung von hohenKautionen ber mehrere tausend Euro wurdendie Angeklagten freigelassen und wartetenseither auf ihren Prozess. Knapp ein Jahr da-nach erffnete die Audiencia Nacional - dasspanische Sondergericht - nun das Gerichts-verfahren gegen fnf der damals Verhafteten.

    Bereits seit Jahren wird seitens des spa-nischen Staates versucht Askapena als Instru-ment der ETA darzustellen. Auch den fnf Ak-tivistInnen, Walter Wendelin, Gabi Basaez,Unai Vzquez, David Soto und Aritz Ganboa,wird vorgeworfen Fhrungspositionen inner-halb von Askapena innezuhaben und damitauch Kontaktpersonen zur ETA zu sein, diedie Politik von Askapena lenken sollen. Es gabin der Vergangenheit immer wieder Versuche

    Askapena als Instrument der ETA darzustel-len. Auch diesmal bezieht sich die Anklagenicht auf konkrete Taten, sondern stellt denpolitischen Aktivismus Askapenas als von ETAgesteuert dar.

    Zum Hintergrund: Askapena wurde 1987 imRahmen der MLNV (Nationale BaskischeBefreiungsbewegung) gegrndet und ver-steht sich als legale Organisation. Ihr Arbeits-schwerpunkt liegt bereits seit Anfang an im

    Bereich der internationalen Solidaritt und inder Solidaritt mit dem Befreiungskampf un-terdrckter Vlker. Sie leistet u.a. aktive Un-tersttzung in Lateinamerika und wirbt gleich-zeitig fr Solidaritt mit dem Baskenland.

    Askapena stellt regelmig Brigaden auf, diein den verschiedensten Regionen der Weltdurch Veranstaltungen, Vortrge, Interviews,Seminare und Konferenzen ber die Situationim Baskenland informiert und im Gegenzug imBaskenland ber die Situation in anderen Ln-

    dern zu informieren.

    Die spanische Zeitung El Correo listet in ei-ner ihrer Ausgaben die Aktivitten, die in Krzevor Gericht verhandelt werden, auf: Zusam-menarbeit mit Solidarittskomitees in Europa,Teilnahme an internationalen Konferenzen,Organisation von Seminaren und die Entsen-dung internationaler Brigaden in verschiedeneLnder Lateinamerikas.

    Getreu der repressiven Politik und der Allesist ETA-Doktrin ist auch in diesem Fall eineVerurteilung mehr oder weniger vorprogram-miert. Wann der Prozess genau stattndet ist

    bislang nicht bekannt.

    red.

    red.

  • 7/31/2019 Gefangenen Info #364

    14/20

    Am Morgen des 22. Septembers vollzog dieUS-amerikanische Justiz ihr rassistisches

    Urteil gegen Troy Davis, der nach mehr als20-jhriger Haft, in Jackson / Georgia mittelsGiftspritze unschuldig hingerichtet wurde.Der afro-amerikanische Gefangene soll 1989einen weien Cop im Zusammenhang miteinem Handgemenge in Savannah/ Georgiaerschossen haben. Obwohl Troy sich selbstder Justiz stellte, um den Vorwurf des Mordeszu entkrftigen und weder Tatwaffe, noch Be-weise gegen ihn vorlagen, verurteilte ihn dieUS-amerikanische Justiz 1991 zur Todesstra-fe. Im Laufe der Zeit, in der Troy und seine

    Anwlte stets dessen Unschuld beteuerten,zogen 7 von 9 Belastungszeugen ihre Aus-sagen zurck und gaben an von den ameri-

    kanischen Behrden zu Aussagen gedrngtoder gezwungen worden zu sein.

    Jahrelange internationale Solidaritt mitTroy, das 3-malige Aufschieben des deathpenaltys im Laufe der Jahre, Kundgebungenvor dem Weien Haus und der Gerichtsge-bude, sowie zu guter Letzt die Eilantrge der

    Anwlte zur Aufschiebung der Vollstreckungdes Urteils, konnten Troys Hinrichtung nichtverhindern. Selbst Europarat und brgerlicheProminente wie Bischof Desmond Tutu undExprsident James Carter hatten wie auchPapst Benedikt XVI. zuletzt dafr pldiert,Troys Leben zu schonen.

    Mit dem Mord an Troy Anthony Davis, voll-zieht die us-amerikanische Justiz, trotz er-drckender Beweise fr die Unschuld des

    Angeklagten, erneut ein offensichtlich Fehlur-teil, das kein Ausrutscher ist, sondern einerder strksten Ausdrcke von institutionellemRassismus, der sich seit Bestehen der USAdurch dessen Geschichte zieht und notwen-digerweise in dessen konomischer Ordnungverankert ist.

    Jrgen Heiser schrieb in einem Kommentarzu Troy ( Davis Verbrechen war, schwarzzu sein ) in der jW vom 23.09.2011 dazu fol-

    gendes:Genau hier zeigt sich, warum auch DavisFall, wie jene Flle vieler anderer Afroameri-kaner vor der US-Justiz, nicht unpolitischist. Denn wo Rassismus herrscht, wie im mo-dern gewendeten Apartheidsystem der USA,geht es um Politik: ber 90 Prozent der To-desurteile werden im Sden der USA demschwarzen Grtel vollstreckt, 60 Prozentallein in Texas, Louisiana, Florida und Geor-gia. 42 Prozent der zum Tode Verurteilten sind

    Afroamerikaner, bei einem Bevlkerungsan-teil von 12,8 Prozent. In den vergangenen 50Jahren wurden nur zwei Weie wegen der T-tung eines Schwarzen hingerichtet.

    Nach der Fehlurteilsvollstreckung erklrteTroys Anwalt Thomas Rufn, ein unschul-diger Mann sei gestorben, der in seinen letz-ten Stunden sehr gefasst und kmpferischgewesen sein soll. Neben der Verweigerung

    der obligatorische Henkersmahlzeit, erklr-te Troy gegenber seinen Untersttzern und

    allen Kmpfenden, er werde bis zu seinemletzten Atemzug kmpfen.

    Sein Kampf im Knast ist auch unser Kampf.Hierzu schrieb er:

    Der Kampf zur Abschaffung der Todes-strafe wird durch mich nicht gewonnen oderverloren, sondern durch unsere Strkeund indem wir voranschreiten und diesesUnrechtssystem Stadt fr Stadt, Staat frStaat und Land fr Land beseitigen.

    Dieses System der Todesstrafe, ist genausowie Lynchmorde zu Zeiten der Sklaverei vonBeginn an rassistisch und muss vllig ab-

    geschafft werden. Kein Reformgerede undkein reprsentativer Obama knnen die ras-sistische US-amerikanische Justiz leugnen.Gerade in Zeiten konomischer Krisen, trittdie amerikanische Klassen- und Rassen Justiz umso deutlicher zutage, und offenbartihre Notwendigkeit fr die konomische Ord-nung der USA. Seine feste Verankerung in deramerikanischen Gesellschaft und seine wirt-schaftliche Notwendigkeit, die angesichts rie-siger privater Arbeitslager voll von schwarzenund hispanischen Gefangenen unbersehbarist, kann auch durch sogenannte reprsen-tative Einzelflle, wie dem eines schwarzenPrsidenten nicht geleugnet werden.

    Deshalb erinnern wir an Troy, aber auch analle noch Kmpfenden Klassenbrder in Iso-lations- oder Todestrakten, wie Mumia, Leo-nard, oder die Cuban Five, um rassistischeJustiz und Klassenkampf von oben zu be-kmpfen !

    Troy appelierte noch im September, ...dasses bei diesem Fall nicht um die Todesstrafegeht, nicht um Troy Davis, sondern um Ge-rechtigkeit und den menschlichen Geist, derwill, dass die Gerechtigkeit siegt.

    [ ] und egal was auch in den kommenden

    Tagen und Wochen geschehen mag, mussdiese Bewegung zur Abschaffung der Todes-strafe, zur Schaffung wahrhafter Gerechtig-keit, zur Entlarvung eines Systems, das beimSchutz der Unschuldigen versagt, verstrktwerden. Es gibt noch viele Troy Davis.[] ICH BIN TROY DAVIS, und ICH BINFREI!Gebt niemals den Kampf fr Gerechtigkeitauf! Wir werden siegen!

    Sein Knastkampf und seine Appelle mssenfr uns Ansto sein dafr, dass unser Kampfauf Seiten aller politischen und sozialen Ge-fangenen, auf Seiten aller Unterdrckten,

    Ausgebeuteten, Diffamierten und Misshan-delten, auf Seiten unserer Klasse notwendi-gerweise ein Kampf gegen Rassismus undfr Gerechtigkeit sein muss.

    NO Justice NO Peace !

    14 gefangenen info september/oktober 2011

    seite 3 schwerpunkt inland international dossier gefangene feuilleton kurzmeldungen

    [] ICH BIN TROY DAVIS, und ICH BIN FREI!Gebt niemals den Kampf fr Gerechtigkeit

    auf! Wir werden siegen!www.political-prisoners.net

  • 7/31/2019 Gefangenen Info #364

    15/20

    Hinrichtungen, Massengrber, Ermordungenund Verschwindenlassen sind in vielen Ln-dern eine Staatspolitik, welche darauf abzieltWiderstand zu brechen und in letzter Konse-quenz zu vernichten. Dass sich revolutionrer

    Widerstand nicht brechen lsst, haben in denletzten Monaten HSN YILDIZ und seine Fa-milie gezeigt, als sie am 10. Juni 2011 einenHungerstreik in Dersim in der Trkei begonnenhaben.Im Januar diesen Jahres wurde bekannt, dasssich beim Dorf Akirek, im Distrikt Cemisgezekin der trkisch-kurdischen Provinz Dersim, einMassengrab benden soll. In diesem Mas-sengrab sollen 17 Kmpfer der PKK und 2Kmpfer der DHKP-C begraben sein, darunterauch der ermordete Bruder von Hsn Yildiz,Ali Yildiz. Die 19 Kmpfer sollen im Alibogazi-Tal bei dem Einsatz der Regierungsstreitkrfteums Leben gekommen sein. Damalige Augen-

    zeugen behaupten, dass Ali Yildiz, Kmpfer ineiner Einheit der bewaffneten Propaganda derDHKP-C, bei einem Panzerangriff, der in derGegend am 13. und 14. April 1997 gefhrt wur-de, gettet worden sei. Als die Familie von AliYildiz diese Nachricht erreichte entschied siesich, fr die Wahrheit und das Recht auf einGrab zu kmpfen.Im Februar 2011 reichte die Familie Yildiz einGesuch bei der Staatsanwaltschaft zur Er-ffnung eines Ermittlungsverfahrens ein, al-lerdings ohne Erfolge. Nach viermonatigenWarten entschied sich Hsn Yildiz und seineMutter dazu, einen Hungerstreik vor dem Rat-haus in Dersim zu beginnen.

    Da unsere Forderung entgegen aller Antrgenicht erfllt wurde, stellte ich ber dem Marktam Dersim-Platz ein Zelt auf und begann miteinem unbefristeten Hungerstreik. Ich undmeine Familie besitzen keine Panzer undKanonen. Wir besitzen auch nicht die Macht,Gesetze zu erlassen und Entscheidungen zufllen. Wir haben unseren Krper. Ich habemeinen Krper in eine Kampfwaffe verwandeltund mit einem Hungerstreik begonnen. Dennes war meine einzige Waffe.

    Bereits zwei Tage nach Beginn des Hunger-streiks erteilte der zustndige Gouverneur vonTunceli einen Rumungsbefehl, welcher aller-dings durch den Widerstand von regionalendemokratischen Krften und Menschen ausder Knstler- und politischen Welt verhindertwerden konnte. Das sollte auch seitens derAKP- Regierung vorerst die einzige Reakti-on gewesen sein. Whrend dessen erreichteder Kampf von Hsn Yildiz und seiner Mut-ter Sakine Yildiz national wie internationalimmer mehr Aufmerksamkeit. InternationaleDelegationen zur Untersttzung folgten, Soli-darittskundgebungen wurden bspw. in Klnund Wien organisiert, darber hinaus gab esauch in Wien einen dreitgigen Solidaritts-hungerstreik. Die Untersttzung wuchs auchTag fr Tag am Hungerstreikzelt in Dersim, im-

    mer mehr Menschen solidarisierten sich, dennder Kampf von der Familie Yildiz ist auch derKampf vieler anderer Menschen. In einer So-lierklrung von Tayad- Familien heit es dazu,Heute ist unser Land von Dersim bis Bitlis vollvon Massengrbern. Das Image der Trkei, die

    mit 114 Massengrbern und 1469 Toten regiertwird, ist das wahre Gesicht der Oligarchie. Wir fordern, dass alle Massengrber aufge-deckt und dass die Mrder, die sie erschaffenhaben bestraft werden. Deshalb ist der unbe-

    fristete Hungerstreik, den wir in Dersim begon-nen haben unser Kampf fr die Aushndigungunserer Leichname nicht unabhngig vomKampf fr Rechte und Freiheiten. Er ist nichtunabhngig vom Kampf fr Demokratie unddie Revolution. Dieser Kampf sollte von allen,die sich als Mensch bezeichnen, untersttztwerden. Denn dieser Kampf ist ein Kampf frdie Menschheit. Wir vertreten alle Werte aufdieser Welt, die sauber geblieben sind. DieseWerte werden von den Revolutionren vertre-ten. Dies resultiert daraus, dass wir fr unsereGefallenen eintreten und nach unseren Gr-bern suchen.

    Die Entschlossenheit des Kampfes wird umsodeutlicher als bekannt wurde, dass Hsn Yil-diz seinen Hungerstreik nach 45 Tagen in einTodesfastenwiderstand verwandelte. Wenndas hier ein Krieg des Staates gegen das Le -ben eines Menschen, gegen sein Recht undgegen seine Toten ist, dann stehe auch ich indiesem Krieg und ich werde meinen unbefri-steten Hungerstreik-Widerstand nach dem 45.Tag zu einem Todesfasten verwandeln. Die-sen Beschluss habe ich aus freiem Willen, umMensch zu bleiben, getroffen. Ich werde vondieser Entscheidung solange nicht umkehren,bis wir unseren Leichnam bekommen.

    Der Kampf der Familie Yildiz wird von Tag zuTag kritischer. Als der 54. Tag seines Todesfa-stens erreicht ist, verlautbaren trkische Me-dien, dass eine zivile Intervention geplant ist,wenn die Regierung die Massengrber nichtffnen werden. Doch der Kampf soll ein Erfolgwerden, denn es wird seitens der Staatsan-waltschaft am 10. August bekannt gegeben,dass das Massengrab bei Dersim am 12.August geffnet werden soll. Die Grabungensollen unter Aufsicht verschiedener Organisa-tionen geschehen, so bspw. Tayad- Mitglieder,zwei Staatsanwlte der Republik, begutacht-ende rzte, eine Expertenvereinigung vonGerichtsmedizinern und drei Tatortexperten.Die Grabungen haben tatschlich am 12. Au-gust begonnen, insgesamt wurden drei Grberdurchsucht bei denen 15 Leichen gefundenwurden. Die Leichen wurden dann dem Ge-richtsmedizinischen Institut in Istanbul berstellt, ob sich auch Ali Yildiz darunter bendetist nach wie vor unklar.Der Kampf war erfolgreich und der Forde-rung nach ffnung der Massengrbern wurdenachgegangen. Dieser Kampf war in vieler-lei Hinsicht ein historisches Ereignis, weil dieGrabungen nicht wie blich mit Baggern undBulldozern durchgefhrt wurde, sondern unterdem Einsatz vieler Menschen. Es wurde mitden eigenen Hnden geschaufelt, es wurdenKnochen fr Knochen mit der Hand heraus ge-

    holt.Der Rechtsanwalt Taylan Tanay gab ebenfallsbekannt, dass dies kein juristischer Erfolg war,kein Anwaltserfolg, sondern es ist die Errun-genschaft des 66 Tage andauernden Todesfa-stenwiderstandes gewesen.

    september/oktober 2011 gefangenen info 15

    seite 3 schwerpunkt inland international dossier gefangene feuilleton kurzmeldungen

    Chile: Ende August wurdenim Rahmen eines General-streiks, der sowohl fr einebessere Bildung, kono-mische Verbesserungen alsauch fr eine Verfassungs-reform ausgerufen worden

    war, ein 16 jhriger und ein18 jhriger Aktivist von der

    Polizei erschossen. Eine weitere Jugendli-che wurde durch Schusswaffeneinsatzschwer verletzt, sie schwebt in Lebensge-fahr. Im Rahmen der teils heftigen Auseinan-dersetzungen wurden insgesam knapp 1500DemonstrantInnen festgenommen. Der Be-amte der die Sche auf einen der Get-teten abfeuerte sitzt in U-Haft.

    (red.)

    Ecuador: Antifaschist Al-varo ist in Freiheit! Alvaro

    wurde im Juli auf Bewh-

    rung aus dem Knast ent-lassen. Im Mai 2010 wurdeAlvaro von zehn Faschis-ten berfallen und schwerverletzt. Bei dem Angriffwurde einer der Angreifer

    durch einen Messerstich seines eigenenMessers schwer verletzt. Daraufhin wurdeAlvaro wegen bertriebener Notwehr mit To-desfolge zu 2 Jahren Gefngnis und einerGeldstrafe von 2500 Dollar verurteilt. Dazukommen noch die Anwaltskosten. Die Anifa-schistische Linke Frth ruft zu Spenden auf:www.antifa-fuerth.de.vu (red.)

    Griechenland:Am 5. Okto-ber 2011 wird der Prozessgegen die Organisation Re-voluionrer Kampf begin-nen. Es werden Acht Leuteder Mitgliedschaft in der Or-ganisation, die fr 16 An-schlge und Aktionen imZeitraum von 2003 bis 2009

    die Veranwortung bernommen hat, be-schuldigt. Drei der Angeklagten haben sichzur Organisation bekannt und sitzen seit 17Monaten in U-Haft. Die anderen Fnf ben-

    den sich auf freiem Fu. Die Maximale U-Haftzeit wrde im Oktober auslaufen. Wei-tere Infos folgen auf: www.political-prisoners.net (red.)

    Griechenland: Die drei Ge-fangenen des RevolutionrenKampfes Kostas Gournas,Nikos Maziotis und Pola Rou-pa wurden am Dienstag,den 11. Oktober unter restrik-tiven Bedingungen aus derHaft entlassen. Grund hierfrist, dass sie die Maximallnge

    von Untersuchungshaft, die in Griechenland

    18 Monate betrgt, abgesessen haben undsomit entlassen werden mssen. Die drei ms-sen sich alle fnf Tage bei der Polizei meldenund ihnen ist es verboten sich aus der RegionAttika zu entfernen. (red.)

    Kurzmeldungen internationalKampf fr die ffnung derMassengrber in der Trkei

    www.political-prisoners.net

  • 7/31/2019 Gefangenen Info #364

    16/20

    16 gefangenen info september/oktober 2011

    Faruk Ereren zu dem Massa-

    ker in Norwegen:

    Die Massakrierenden sind

    die Imperialisten und die Fa-

    schisten , das vergossene Blut ist unser

    Blut !

    Die am 22.Juli in Norwegen gescheheneGreueltat hat, wie den Rest der Welt, auch unszutiefst erschttert.Das Massaker am gewhnlichen Volk und an

    jugendlichen 14-19 Jhrigen, aufgrund ihrersozialistischen Anschauungen, hat uns dasmenschenfeindliche Gesicht der Rassistenund der Faschisten nochmals verdeutlicht.Das von diesem Verbrecher verwirklichte Mas-saker ist kein individuelles Massaker. Es istauch nicht nur ein Massaker der Faschisten.

    Es ist gleichzeitig ein Massaker der Imperia-listen, die diese Verbrecher erschaffen , ftternund aufziehen.Dieses Massaker ist ein Teil der unzhligenMassaker der Imperialisten, welche die Weltviele Male in Blut getrnkt haben.Verbrechen und Massaker sind die Identittder Imperialisten und ihrer Kinder, der Fa-schisten .

    Diejenigen, welche diese Tatsache bersprin-gen, das Massaker als eine individuelle Tatabtun oder es, gleich dem Verbrecher, alsSache von ein paar faschistischen Zellen be-zeichnen, haben von dem Massaker entwedernichts verstanden oder sie vertreten die Inte-ressen der imperialistischen Milieus.Der Umstand , dass der fr das Massaker ver-antwortliche Verbrecher mit den ideologisch-politischen Anschauungen gehandelt hat , wel-che viele Jahre seitens der Imperialisten in dieKpfe eingetrichtert worden sind, reicht schonfr die Klarlegung von allem aus.Diejenigen, die in der heutigen Welt nachdem Terror forschen und Terroristen suchen,sollten sich diesen Verbrecher und seine Iden-titt genau ansehen.In dieser Identitt werden sie auch die diesbe-zglichen Antworten nden.

    Wir , als Antifaschisten aus der Trkei , ken-nen diese Identitt genau. Wir kennen sie ausunseren Erfahrungen.Wir kennen sie von Hunderten erlittenen Mas-sakern, von den bei diesen Massakern get-teten vierzig tausend Menschen, von den un-zhligen Folterungen, Gefangenschaften, vonden ber tausend spurlos verschwundenge-lassenen Revolutionren, von unseren einge-scherten und niedergerissenen Husern undUnterknften Es gibt keinen Unterschied zwischen dem

    Verbrecher in Norwegen und dem Oberst ArifDogan, Grnder und Chef des Geheimdienst(es) und Terrorabwehr der Gendarmerie(JITEM) .

    Auch dieser Oberst hat, wie der Verbrechervon Norwegen, prahlerisch seine Taten kund-getan :Es kam eine Information und ich nahm in zweiDrfern 78 Kpfe ...Dieser Oberst, der von den seinerseits voll-brachten unzhligen Massakern nur eines aufdiese Weise zur Sprache brachte, wird seitensdes faschistischen Staates weiterhin geschtzt

    , geschweige denn nicht festgenommen.Aufgrund dieser Erfahrungen knnen wir, alsAntifaschisten aus der Trkei, den Schmerzdes norwegischenVolkes und seiner Jugendsehr gut verstehen und zutiefst mitfhlen.Das in Norwegen vergossene Blut ist das Blutvon allen Revolutionren, Demokraten, Sozia-listen, Antifaschisten. Es ist unser Blut .Es ist das Blut der Vlker der Welt !

    Wir verneigen uns respektvoll vor den Mrty-rern dieses niedertrchtigen Massakers undgedenken ihnen. Wir bekunden dem norwe-gischen Volk und den Vlkern der Welt unserBeileid und wnschen den Verletzten eine

    gute Genesung.

    Wir rufen alle Antifaschisten, Revolutionren,Demokraten auf, noch strker gegen die ras-sistischen faschistischen Verbrecher und dieimperialistischen Massaker zu kmpfen.

    Nieder mit den faschistischen Verbrechern!

    Nieder mit der imperialistischen Aggressi-

    on und den Massakern !

    Es lebe das Bndnis und der Kampf der

    Vlker der Welt gegen die Imperialisten

    und Faschisten!

    Im Namen einer Gruppe von Antifaschisten in

    der JVA DsseldorfFaruk Ereren

    Schreibt den Gefangenen!

    Faruk Ereren

    JVA Dsseldorf

    Ulmenstr. 95

    4047