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GENERALDIREKTION INTERNE POLITIKBEREICHE · EGInsO Einführungsgesetz zur Insolvenzordnung EJN Europäisches Justizielles Netz für Zivil- und Handelssachen ENZ Europäisches Nachlasszeugnis

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GENERALDIREKTION INTERNE POLITIKBEREICHE

FACHABTEILUNG C: BÜRGERRECHTE UND KONSTITUTIONELLE ANGELEGENHEITEN

RECHTS- UND PARLAMENTARISCHE ANGELEGENHEITEN

Stellungnahme zum Vorschlag für eine Europäische Erbrechtsverordnung Versi-

on 2009/157 (COD) vom 16.1.2012

THEMENPAPIER

Inhalt Die Stellungnahme untersucht die konsolidierte Version der geplanten Erbrechtsverordnung in der Fassung vom 10./16.1.2012. Die Grundent-scheidungen des Entwurfs erscheinen sinnvoll: Gleichlauf zwischen Zuständigkeit und anwendbarem Recht, Maßgeblichkeit des letzten Aufenthaltsorts des Erblassers, einheitliches Erbstatut, Schaffung eines europäischen Nachlasszeugnisses. Dem Entwurf sind deutliche Verbesserungen gegenüber früheren Fassungen zu attestieren; dies gilt insbesondere für die kollisionsrechtlichen Regelungen, die Regelungen zur grenzüberschreitenden Entscheidungsvollstreckbarkeit, die Re-gelungen für das Europäische Nachlasszeugnis sowie für die erweiterten Übergangsvorschriften. Allerdings enthält der Entwurf auch Bereiche, in denen Nachbesserungsbedarf besteht. Sie sind im Executive Summary einzeln aufgelistet.

PE 462.430 DE

Die vorliegende Stellungnahme wurde vom Rechtsausschuss des Europäischen Parlaments in Auftrag gegeben. VERFASSER Prof. Dr. Burkhard Hess Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Erik Jayme Prof. Dr. Thomas Pfeiffer unter Mitwirkung von Dr. Stefan Huber, Dr. Björn Laukemann, Dr. Robert Magnus und Stefanie Spancken Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg Institut für ausländisches und internationales Privat- und Wirtschaftsrecht ZUSTÄNDIGER VERWALTUNGSRAT Danai PAPADOPOULOU Fachabteilung C - Bürgerrechte und Konstitutionelle Angelegenheiten Europäisches Parlament B-1047 Brüssel E-Mail: [email protected] SPRACHFASSUNGEN Original: DE Übersetzung: EN Zusammenfassung: FR ÜBER DEN HERAUSGEBER Kontakt zur Fachabteilung oder Bestellung des Newsletters: [email protected] Redaktionsschluss: Februar 2012. © Europäisches Parlament, Brüssel, 2012. Dieses Dokument ist auch im Internet verfügbar: http://www.europarl.europa.eu/activities/committees/studies.do?language=EN http://www.ipolnet.ep.parl.union.eu/ipolnet/cms HAFTUNGSAUSSCHLUSS Die hier vertretenen Auffassungen geben die Meinung der Verfasser wieder und entspre-chen nicht unbedingt dem offiziellen Standpunkt des Europäischen Parlaments. Nachdruck und Übersetzung - außer zu kommerziellen Zwecken - mit Quellenangabe ges-tattet, sofern der Herausgeber vorab unterrichtet und ihm ein Exemplar übermittelt wird.

Stellungnahme zum Vorschlag für eine Europäische Erbrechtsverordnung _________________________________________________________________________

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INHALTSVERZEICHNIS

ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS 5

ZUSAMMENFASSUNG 11

1. VORBEMERKUNG 14

2. ÜBERBLICK: WESENTLICHE ÄNDERUNGEN DES KOMMISSIONSVORSCHLAGS 15

3. INTERNATIONALE ZUSTÄNDIGKEIT UND VERFAHRENSKONKURRENZ 16

3.1. Das vorgeschlagene System 16

3.1.1. Allgemeine Anknüpfung am letzten Aufenthalt des Erblassers 16 3.1.2. Vereinbarte Zuständigkeit 16 3.1.3. Drittstaaten 16

3.2. Stellungnahme 17

3.2.1. Die Regelzuständigkeit 17 3.2.2. Die Wahl des zuständigen Gerichts 17 3.2.3. Justizielle Kooperation im Fall der Prorogation und bei Parallelverfahren

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4. DAS ANWENDBARE RECHT 21

4.1. Das vorgeschlagene System 21

4.1.1. Allgemeine Anknüpfung an den letzten gewöhnlichen Aufenthalt des Erblassers 21

4.1.2. Rechtswahl durch den Erblasser 21 4.1.3. Regelung in Bezug auf letztwillige Verfügungen 21 4.1.4. Weitere Regelungen 22 4.1.5. Übergangsvorschriften 22

4.2. Stellungnahme 23

4.2.1. Die Anknüpfung an den gewöhnlichen Aufenthaltsort 23 4.2.2. Die Rechtswahlmöglichkeit 25 4.2.3. Die Regelung im Hinblick auf gemeinschaftliche Testamente 26 4.2.4. Die Übergangsvorschriften 28

5. ABGRENZUNGEN 30

5.1. Das Verhältnis zum Ehegüterstatut 30

5.1.1. Das vorgeschlagene System 30 5.1.2. Stellungnahme 30

5.2. Das Verhältnis zum Sachen- und Insolvenzrechtsstatut 32

5.2.1. Das vorgeschlagene System 32

Fachabteilung C: Bürgerrechte und konstitutionelle Angelegenheiten _________________________________________________________________

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5.2.2. Stellungnahme 33 5.2.2.1. Vorbehalt zugunsten des Belegenheitsstatuts,

Art. 20a i.V.m. Art. 19 II lit. f) und l) kV 33 5.2.2.1.1 Kritik am Kommissionsentwurf 33 5.2.2.1.2 Schutzzweck von Art. 20a kV 34 5.2.2.1.3 Begrenzung der Vorbehaltsregelung auf registerpflichtige

Rechte 37 5.2.2.2. Bereichsausnahmen und Anpassungsvorschrift

(Art. 1 III lit. j) und k), Art. 22a kV) 38 5.2.2.3. Fehlende Abgrenzungsregelung zum

Nachlassinsolvenzverfahren 39

6. TRANSNATIONALE WIRKUNGSERSTRECKUNG FÜR GERICHTSENTSCHEIDUNGEN UND ÖFFENTLICHE URKUNDEN 41

6.1. Das vorgeschlagene System 41

6.1.1. Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen 41 6.1.2. Grenzüberschreitende Wirkungserstreckung für öffentliche Urkunden 41

6.2. Stellungnahme 41

6.2.1. Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen 41 6.2.2. Grenzüberschreitende Wirkungserstreckung für öffentliche Urkunden 43

6.2.2.1. Derzeitiger rechtlicher Rahmen 43 6.2.2.2. Grundkonzeption des Entwurfs 44 6.2.2.3. Urkunden im Sinne von Artikel 34 kV 45 6.2.2.4. Erforderlichkeit flankierender Maßnahmen 49

7. DAS EUROPÄISCHE NACHLASSZEUGNIS 50

7.1. Das vorgeschlagene System 50

7.2. Stellungnahme 51

7.2.1. Vorteile des ENZ 51 7.2.2. Unterschiedliche Wirkungen des Zeugnisses, Art. 42 kV 51 7.2.3. ENZ und die „Annahme“ von Urkunden nach Art. 34 kV 53 7.2.4. Widerruf und Einziehung des Zeugnisses 54

8. ERGEBNISSE 55

8.1. Internationale Zuständigkeit und Verfahrenskonkurrenz 55

8.2. Anwendbares Recht 55

8.3. Abgrenzungen 56

8.3.1. Zum Ehegüterstatut 56 8.3.2. Zum Sachen- und Insolvenzrechtsstatut 56

8.4. Transnationale Wirkungserstreckung für Gerichtsentscheidungen und öffentliche Urkunden 57

8.5. Das Europäische Nachlasszeugnis 58

LITERATURVERZEICHNIS 59

Stellungnahme zum Vorschlag für eine Europäische Erbrechtsverordnung _________________________________________________________________________

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ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS

aaO am angegebenen Ort

ABGB Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch (Österreich)

Abs. Absatz

a.E. am Ende

ÄB Ärvdabalken (schwedisches Erbrecht)

AEUV Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union

AG Amtsgericht

Alt. Alternative

AnfG Anfechtungsgesetz (Gesetz über die Anfechtung von Rechtshandlungen eines Schuldners außerhalb des Insolvenzverfahrens)

Anh. Anhang

ARL Arvelov (dänisches Erbrecht)

Art. Artikel

Aufl. Auflage

AußStrG Außerstreitgesetz (Österreich)

Az. Aktenzeichen

BeckOK Beck’scher Online-Kommentar

BGB Bürgerliches Gesetzbuch

BGH Bundesgerichtshof

BGHZ Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen

bspw. Beispielsweise

BVerfG Bundesverfassungsgericht

Fachabteilung C: Bürgerrechte und konstitutionelle Angelegenheiten _________________________________________________________________

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BVerfGE Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts

bzw. Beziehungsweise

CC Zivilgesetzbücher der nationalen Rechtsordnungen

CDBC Compilación del Derecho Civil de Baleares (Kompilation des Zivilrechts der Balearen)

CIEC Commission Internationale de l’État Civil (Internationale Kommission für das Zivilstandswesen)

C.L.J. Cambridge Law Journal

CMLR Common Market Law Review

C.P.Rep. Civil Procedure Reports

DNotI Deutsches Notarinstitut

DNotZ Deutsche Notar-Zeitschrift

EGBGB Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch

EGInsO Einführungsgesetz zur Insolvenzordnung

EJN Europäisches Justizielles Netz für Zivil- und Handelssachen

ENZ Europäisches Nachlasszeugnis

etc. et cetera

EU Europäische Union

EuBagatellVO Verordnung (EG) Nr. 861/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Juli 2007 zur Einführung eines europäischen Verfahrens für geringfügige Forderungen

EuEheVO Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 des Rates vom 27. November 2003 über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1347/2000

EuErbVO Europäische Erbrechtsverordnung (Vorschlag des Europäischen Parlaments und des Rates über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung und Vollstreckung von

Stellungnahme zum Vorschlag für eine Europäische Erbrechtsverordnung _________________________________________________________________________

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Entscheidungen und die Annahme und Vollstreckung öffentlicher Urkunden in Erbsachen sowie zur Einführung eines Europäischen Nachlasszeugnisses)

EuGH Europäischer Gerichtshof

EuGVO Gerichtsstands- und Vollstreckungsverordnung (Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen)

EuInsVO Europäische Insolvenzverordnung (Verordnung (EG) Nr. 1346/2000 des Rates vom 29. Mai 2000 über Insolvenz-verfahren)

EuJL European Journal of Law Reform

EuMahnVO Verordnung (EG) Nr. 1896/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 zur Einführung eines Europäischen Mahnverfahrens

EuVTVO Verordnung (EG) Nr. 805/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 zur Einführung eines europäischen Vollstreckungstitels für unbestrittene Forderungen

EwG Erwägungsgrund

EwG AGR Erwägungsgründe, die von der Arbeitsgruppe des Rates Ende Januar 2012 erarbeitet wurden

FamFG Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit

FamRZ Zeitschrift für das gesamte Familienrecht

ff. Folgende

FGPrax Praxis der Freiwilligen Gerichtsbarkeit

FS Festschrift

GB Großbritannien

GBO Grundbuchordnung

gem. Gemäß

Fachabteilung C: Bürgerrechte und konstitutionelle Angelegenheiten _________________________________________________________________

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GmbH Gesellschaft mit beschränkter Haftung

GPR Zeitschrift für Gemeinschaftsprivatrecht

HGB Handelsgesetzbuch

Hrg. Herausgeber

HS. Halbsatz

ICLQ International and Comparative Law Quarterly

IECL International Encyclopedia of Comparative Law

InsO Insolvenzordnung

IPRax Praxis des Internationalen Privat- und Verfahrensrechts

IPRspr. Die deutsche Rechtsprechung auf dem Gebiete des Internationa-len Privatrechts

i.S.d. im Sinne des

i.V.m. in Verbindung mit

JCP Jurisclasseur periodique

JPrivIntL Journal of Private International Law

KG Kammergericht

KOM Dokumente der Europäischen Kommission

kV Konsolidierte Version 2009/0157 (COD) vom 16.01.2012

LG Landgericht

MittBayNot Mitteilungen des Bayrischen Notarvereins, der Notarkasse und der Landesnotarkammer Bayern

MünchKomm Münchener Kommentar

m.w.N. mit weiteren Nachweisen

NJW Neue Juristische Wochenschrift

Stellungnahme zum Vorschlag für eine Europäische Erbrechtsverordnung _________________________________________________________________________

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NJW-RR Neue Juristische Wochenschrift Rechtsprechungs-Report

Nr. Nummer

NZI Neue Zeitschrift für das Recht der Insolvenz und Sanierung

ÖJZ Österreichische Juristen-Zeitung

öst. IPRG österreichisches Gesetz über das Internationale Privatrecht

OGH Oberster Gerichtshof (Österreich)

OLG Oberlandesgericht

para. Paragraph

RabelsZ Rabels Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht

R.C.D.I. Revue International de Droit Comparé

RdC Receuil des Cours de l’Academie de La Haye

Rdn. Randnummer

Rev.Arb. Revue de l’arbitrage

Rev.crit.d.i.p. Revue critique de droit international privé

RIW Recht der Internationalen Wirtschaft

Rom I-VO Verordnung (EG) Nr. 593/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht

Rom II-VO Verordnung (EG) Nr. 864/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht

Rs. Rechtssache

s. Siehe

S. Seite

schw. IPRG Gesetz über das Internationale Privatrecht Schweiz

Fachabteilung C: Bürgerrechte und konstitutionelle Angelegenheiten _________________________________________________________________

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Slg. Sammlung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs

sog. Sogenannt

TestformÜ Haager Übereinkommen über das auf die Form letztwilliger Verfügungen anwendbare Recht vom 5. Oktober 1961

TGI Tribunal de Grande Instance

u.a. unter anderem

u.U. unter Umständen

vgl. Vergleiche

VO Verordnung

VR Volksrepublik

WLR Weekly Law Reports

z.B. zum Beispiel

ZEuP Zeitschrift für Europäisches Privatrecht

ZEV Zeitschrift für Erbrecht und Vermögensnachfolge

ZIP Zeitschrift für Wirtschaftsrecht

ZPO Zivilprozessordnung

z.T. zum Teil

Im Übrigen wurden in der Stellungnahme die üblichen Abkürzungen verwendet, vgl. bspw. für Abkürzungen von Zeitschriften Cardiff Index to Legal Abbreviations.

Stellungnahme zum Vorschlag für eine Europäische Erbrechtsverordnung _________________________________________________________________________

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ZUSAMMENFASSUNG

Die folgende Stellungnahme untersucht die konsolidierte Version der geplanten Erbrechts-verordnung in der Fassung vom 10./16.1.2012. Die Grundentscheidungen des Entwurfs er-scheinen sinnvoll: Gleichlauf zwischen Zuständigkeit und anwendbarem Recht, Maßgeblich-keit des letzten Aufenthaltsorts des Erblassers, einheitliches Erbstatut, Schaffung eines Eu-ropäischen Nachlasszeugnisses. Auch sind dem Entwurf deutliche Verbesserungen gegen-über den früheren Fassungen zu attestieren, dies gilt insbesondere für die kollisionsrechtli-chen Regelungen, die Regelungen zur grenzüberschreitenden Entscheidungsvollstreckbar-keit, die Regelungen für das Europäische Nachlasszeugnis sowie die erweiterten Über-gangsvorschriften. Allerdings enthält der Entwurf auch Bereiche, in denen Nachbesserungen erforderlich erscheinen:

1. Zuständigkeitsregelungen

Bei der Zuständigkeit ist die Anknüpfung an den letzten gewöhnlichen Aufenthalt des Erb-lassers, die auf die Umstände des Einzelfalls abstellt, mit dem Gebot der Zuständigkeits-klarheit nicht ohne weiteres zu vereinbaren.

Auch erscheint die im Rat vereinbarte Möglichkeit einer Prorogation der „Heimatgerichte“ des Erblassers in sich nicht ganz stimmig. Die Prorogation erfordert zum einen die Wahl des Heimatsrechts des Erblassers, zudem jedoch die Zustimmung aller Beteiligten des Nach-lassverfahrens. Sie wird – insbesondere bei streitigen Nachlassverfahren – nicht greifen. Vorzugswürdig erscheint es daher, dem Erblasser die Wahl des Gerichts zu überlassen (bei Wahrung des Gleichlaufprinzips). Eine Prorogation zum „Heimatgericht“ sollte zudem auch dann möglich sein, wenn alle Beteiligten die Auseinandersetzung des Nachlasses vor dem ortsnahen Heimatgericht anstreben.

Die Vorschriften zur Kooperation zwischen den Nachlassgerichten sollten ausgebaut wer-den. Die den Art. 27 ff. EuGVO nachgebildeten Regelungen zur Rechtshängigkeit überzeu-gen nicht.

2. Anwendbares Recht

Die Anknüpfung des anwendbaren Rechts an den gewöhnlichen Aufenthalt ist nicht ganz unproblematisch, da sie ein gewisses Manipulationspotential eröffnet. Die Zulassung einer inhaltlich beschränkten konkludenten Rechtswahl ist zu begrüßen. Es würde sich jedoch an-bieten, ihren Anwendungsbereich durch konkrete Beispiele in den Erwägungsgründen stär-ker zu verdeutlichen.

Die Regelungen für gemeinschaftliche Testamente bedürfen der Verbesserung. Im Rahmen des Art. 19d KV sollten gemeinschaftliche Testamente und Erbverträge gleichgestellt wer-den. Zudem sollten die in zahlreichen Mitgliedstaaten bestehenden Verbote von gemein-schaftlichen Testamenten angesprochen werden.

Die Neufassung der Übergangsvorschriften ist überwiegend gelungen. Positiv hervorzuhe-ben ist, dass aufgrund der Anknüpfung an den Zeitpunkt der Testamentserrichtung bzw. der Rechtswahl oder der Schenkung Rückwirkungen der Verordnung auf bereits abge-schlossene Rechtsgeschäfte in der Regel vermieden werden. Eine Regelung im Hinblick auf vor Inkrafttreten der Verordnung entstandene Anfechtungs- bzw. Widerrufsgründe fehlt je-doch und sollte noch aufgenommen werden.

Fachabteilung C: Bürgerrechte und konstitutionelle Angelegenheiten _________________________________________________________________

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3. Abgrenzung zum Ehegüterstatut

Die Abstimmung zwischen Erb- und Güterrechtsstatut ist schwierig, die Schaffung einheitlicher Zuständigkeiten jedoch ein pragmatischer Weg, um divergierende Ent-scheidungen (zu den jeweiligen Teilbereichen) zu vermeiden.

Aus deutscher Sicht ist die Einordnung des § 1371 I BGB in das System der Verordnung problematisch. Aus der Sicht des Verordnungsentwurfs ist jedoch keine eigenständige Regelung aufzunehmen. Der deutsche Gesetzgeber sollte vielmehr bei der Implementierung des Rechtsakts die Qualifikation des § 1371 I BGB als erbrechtliche Regelung klarstellen.

4. Abgrenzung zum Sachen- und Insolvenzstatut

Zu begrüßen ist Art. 20a kV, der das Erbstatut unter den Vorbehalt sachenrechtlicher Vollzugsvorschriften stellt. Art. 20a kV hat jedoch einen zu weiten Anwendungsbereich. Denn die Vorschrift erlaubt einen sachenrechtlichen Vollzug bereits dann, wenn der Nachlasserwerb aufgrund erbrechtlicher Systemunterschiede verschiedenartig geregelt ist. Dies geht zu weit. Vielmehr sollten Erwerbsregeln des Belegenheitsrechts nur zur Anwendung gelangen, wenn sie inländische Publizitäts- und Formvorschriften schützen und deshalb sachenrechtlich zu qualifizieren sind. Art. 20a kV sollte daher enger formuliert werden.

Für bewegliche, nicht eintragungspflichtige Gegenstände, die außerhalb des An-wendungsbereichs von Art. 20a kV stehen, richtet sich der Erbschaftserwerb nach dem durch Art. 16 kV berufenen Erbstatut. In den Erwägungsgründen der EuErbVO ist klarzustellen, dass die Entscheidung über die Zuordnung einer Sache als beweglich oder unbeweglich dem Recht des Lageortes untersteht.

Indem Art. 1 III lit. j) kV die Art dinglicher Rechte vom Anwendungsbereich der EuErbVO ausklammert sowie Art. 22a kV flankierend eine Anpassung dinglicher Rechte gewährleistet, schützt der Verordnungsentwurf die mitgliedstaatlichen Sachenrechtstypen (numerus clausus). Dies ist ausdrücklich zu befürworten. Um eine möglichst umfängliche Anwendbarkeit des Erbstatuts zu gewährleisten, ist Art. 22a kV weit auszulegen.

Der Entwurf regelt nicht die Abgrenzung zur EuInsVO. Da auch die EuInsVO Nach-lassinsolvenzverfahren nicht anspricht, wird empfohlen, entsprechende Abgrenzungs-kriterien in die Erwägungsgründe der EuErbVO aufzunehmen.

5. Grenzüberschreitende Wirkungserstreckung für Entscheidungen und öffentliche Urkunden

Die Ersetzung des früheren, dynamischen Verweises auf die Regelungen der EuGVO (im Kommissionsentwurf) durch eigenständige Regelungen ist zu begrüßen. Allerdings übernehmen die geplanten Regelungen weitgehend unbesehen das aktuelle Regime der EuGVO. Auch Regelungen, die nicht mehr zeitgemäß sind oder auf die Besonderheiten von Erbangelegenheiten nicht ausreichend zugeschnitten sind, fanden so Eingang in den Entwurf.

Die (unbesehene) grenzüberschreitende Wirkungserstreckung für öffentliche Urkunden ist heftigen Diskussionen ausgesetzt. Es ist erfreulich, dass Art. 34 kV sich von dem missverständlichen Begriff der Anerkennung verabschiedet hat – auch wenn der neue Begriff der „Annahme“ (reception) wenig aussagekräftig erscheint. Inhaltlich geht es nunmehr um die Erstreckung formeller Beweiswirkungen. Angesichts der heterogenen Beweiswirkungen und des Variantenreichtums von öffentlichen Urkunden in Nachlasssachen ist allerdings eine weitere Konkretisierung des Normtextes nötig. Wichtige

Stellungnahme zum Vorschlag für eine Europäische Erbrechtsverordnung _________________________________________________________________________

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Einschränkungen, die der Wortlaut der Norm nicht nahelegt, sollten nicht ausschließlich in den Erwägungsgründen vorgenommen werden. Die grenzüberschreitende Erstreckung der im Ausstellungsstaat statuierten Echtheits- und Tatsachenvermutungen erscheint sinnvoll. Dies ist anders bei darüber hinausgehenden Wirkungen, die einen in der öffentlichen Urkunde dokumentierten Rechtsakt oder eine dokumentierte rechtliche Beziehung betreffen. Vor einer grenzüberschreitenden Erstreckung wäre eine rechtsvergleichende Untersuchung vorzunehmen. Sie müsste die verschiedenen öffentlichen Urkunden, die im Kontext von Nachlassangelegenheiten von Bedeutung sind, und deren jeweilige Beweis-wirkungen funktional und systematisch sichten.

Unerlässlich ist eine Ergänzung von Art. 34 kV um flankierende Maßnahmen. Einheitlich gestaltete, mehrsprachige Formblätter sowie eine grenzüberschreitende Kooperation zwischen den befassten Gerichten und Behörden (insbesondere in Zweifelsfällen) machen die Anwendung der Norm überhaupt erst praktikabel.

6. Das Europäische Nachlasszeugnis

Es wird in der Rechtspraxis die Abwicklung grenzüberschreitender Nachlässe, insbesondere im Hinblick auf die Nachweis- und Legitimationswirkungen, nachhaltig erleichtern. Das gilt auch für Mitgliedstaaten, die das Zeugnis als solches nicht kennen. Es ist zu erwägen, das ENZ nur bei der grenzüberschreitenden Abwicklung von Nachlässen (sprich, wenn Nachlassgegenstände in verschiedenen Mitgliedstaaten belegen sind) zuzulassen, um Friktionen mit bestehenden, nationalen Erbscheinen und ähnlichen Zeugnissen zu vermeiden.

Die Angaben in Art. 41 kV müssen deutlicher mit den Rechtsfolgen des Zeugnisses (Art. 42 kV) abgestimmt werden. Es bietet sich an, das Zeugnis in einen operativen und einen erklärenden Teil aufzuspalten, um die Rechtswirkungen des ENZ klarzustellen. Es leuchtet zudem nicht ein, warum die Benutzung des Antragsformulars nicht zwingend vorgeschrieben wird.

Die angeordnete Gutglaubenswirkung (Art. 42 III und IV kV) kann nur im Zusammenspiel mit den jeweiligen Erwerbstatbeständen der nationalen Rechte greifen (Art. 20a kV) – die z.T. von den nationalen Rechten abweichenden Voraussetzungen des guten Glaubens in Art. 42 kV kann zu Abgrenzungsproblemen führen. Zumindest sollte eine Verpflichtung der Mitgliedstaaten aufgenommen werden, in ihren jeweiligen Erbrechten auf die Vorschriften der EuErbVO zu verweisen.

Die Abgrenzung zwischen Art. 34 und 42 kV ist unklar: das ENZ dürfte jedoch die nationalen Zeugnisse im grenzüberschreitenden Verkehr weitgehend verdrängen. Insoweit sollte der Anwendungsbereich des Art. 34 kV eingegrenzt werden.

Fachabteilung C: Bürgerrechte und konstitutionelle Angelegenheiten _________________________________________________________________

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1. VORBEMERKUNG

Der wissenschaftliche Dienst des Europäischen Parlaments bittet mit Anfrage vom 12.1.2012 das Institut um eine Stellungnahme zur konsolidierten Version einer künftigen Europäischen Erbrechtsverordnung. Die Fassung beruht auf dem Vorschlag der Europäi-schen Kommission vom 14.10.2009 (KOM [2009] 154 endg.).1 Diese Stellungnahme be-wertet insbesondere die wesentlichen Änderungen, die der Europäische Rat im Hinblick auf den ursprünglichen Kommissionsvorschlag am 10.1.2012 beschlossen hat unter Berücksich-tigung der Vorschläge des Europäischen Parlaments (im Folgenden: Konsolidierte Version – kV).2

Die folgende Stellungnahme nimmt zu den wichtigsten Änderungen Stellung, jedoch ohne Vollständigkeit anzustreben. Dazu war die dem Institut zur Verfügung stehende Zeit zu knapp bemessen. Aus demselben Grund behandelt die Stellungnahme den Entwurf vorwie-gend (aber nicht ausschließlich) aus der Perspektive des deutschen Rechts. Auch wenn die hier vorgelegte Stellungnahme einzelne Vorschriften und dahinter stehende konzeptionelle Ansätze kritisch hinterfragt, sind zunächst dem Entwurf substantielle Verbesserungen zu attestieren: Die intensive, öffentliche Diskussion des Kommissionsentwurfs3 hat zur Über-arbeitung zahlreicher Vorschriften und auch der Grundkonzepte geführt. Der vorgeschlage-ne Rechtsakt kombiniert nunmehr überkommene Anknüpfungstechniken des Internationa-len Privat- und Verfahrensrechts mit den Regelungstechniken des Europäischen Prozess-rechts.4 Verbesserungen sind dem Entwurf in folgenden Bereichen zu attestieren: bei der Ausdifferenzierung der Gerichtsstände (unter Beibehaltung des kollisionsrechtlichen Gleich-laufs), bei der Ersetzung der Sachnormverweisung durch eine Gesamtverweisung (Art. 26 kV), bei der Ausdifferenzierung der grenzüberschreitenden Vollstreckbarkeit von Entschei-dungen (Art. 33 ff. kV), bei der Abgrenzung des Erbstatuts zum Sachenrechtsstatut (Art. 20a und 22a kV) und bei der Überarbeitung des Europäischen Nachlasszeugnisses (Art. 36 ff. kV) sowie bei den Übergangsregelungen (Art. 50 ff. kV).

1 Abgedruckt bei Jayme/Hausmann IPR/IZVR (15. Aufl. 2010) Nr. 61. 2 Ratsdokument: Compromise Amendments 2009/0157 (COD), First Reading; Konsolidierte Version 2009/0157

(COD) 16/01/2012. Die von der Arbeitsgruppe des Rats Ende Januar 2012 erarbeiteten Erwägungsgründe wur-den dem Institut erst Anfang Februar übermittelt und konnten daher nur ausnahmsweise berücksichtigt wer-den. Sie werden zitiert als: EwG-AGR.

3 Vgl. etwa die Expertenanhörung im Europäischen Parlament am 22.3.2010; die Stellungnahme des Max Planck Instituts für Internationales Privatrecht, RabelsZ 74 (2010), 522 - 720; Reichelt/Rechberger (Hrg.), Europäis-ches Erbrecht (2011).

4 Dazu Hess, Europäisches Zivilprozessrecht (2010), §§ 3 und 4.

Stellungnahme zum Vorschlag für eine Europäische Erbrechtsverordnung _________________________________________________________________________

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2. ÜBERBLICK: WESENTLICHE ÄNDERUNGEN DES KOMMISSIONSVORSCHLAGS

Der Ratsentwurf behält die Grundstruktur des Kommissionsentwurfs bei und regelt die (in-ternationale) Zuständigkeit (Art. 3 – 15), das anwendbare Recht (Art. 15a – 28b), die An-erkennung und Vollstreckung von Entscheidungen (Art. 29 – 33-14), Öffentliche Urkunden und Vergleiche (Art. 34 – 35a), schließlich die Einführung eines Europäischen Nachlass-zeugnisses (Art. 36 – 44a).

Beibehalten sind die wesentlichen Strukturmerkmale des Kommissionsentwurfs: Zum einen die Anknüpfung an den letzten gewöhnlichen Aufenthaltsort des Erblassers, die sowohl im Hinblick auf das zuständige Gericht als auch im Hinblick auf das anwendbare Recht den Ausschlag geben soll (Art. 4 und 16). Zum anderen wurde der Gleichlauf von Zuständigkeit und anwendbarem Recht beibehalten, der den allseits positiv bewerteten Effekt mit sich bringt, dass die Gerichte die ihnen vertraute lex fori anwenden können und ihnen langwie-rige Ermittlungen fremder Rechtsordnungen erspart bleiben. Schließlich implementiert der Entwurf den Grundsatz der einheitlichen Anknüpfung des Erbstatuts und vermeidet damit (weitgehend) die parallele Anwendung unterschiedlicher Erbrechte auf die einzelnen Ver-mögensmassen.5 Die einheitliche Anknüpfung erhöht zugleich die Umlauffähigkeit des Eu-ropäischen Nachlasszeugnisses.

Trotz Beibehaltung der Grundkonzeption ändert und erweitert der konsolidierte Entwurf die einzelnen Regelungsbereiche des Kommissionsentwurfs erheblich: Die Grundkonzeption des Gleichlaufs am letzten Aufenthaltsort des Erblassers wird mit der Möglichkeit einer Rechts- und Gerichtsstandswahl (unter Wahrung des Gleichlaufs) kombiniert (Art. 5a ff. kV). Im Kollisionsrecht enthält der Entwurf eine Regelung der Formerfordernisse der Testamente (in enger Anlehnung an das Haager Testamentsübereinkommen). Bei der Anerkennung und Vollstreckbarkeit ausländischer Entscheidungen kopiert der Ratsentwurf das aktuelle Re-gime der EuGVO, ohne die parallel diskutierten Änderungen dieser Verordnung (durch eine dynamische Verweisung) zu antizipieren.6 Unklar ist hingegen der sog. freie Verkehr von Öffentlichen Urkunden (nicht nur von Erbscheinen). Schließlich hält der Entwurf am Kon-zept eines Europäischen Nachlasszeugnisses fest (Art. 36 – 44a kV).

Der knappe Überblick zeigt, dass der Kommissionsvorschlag in wesentlichen Bereichen nachhaltig modifiziert wurde und dass die folgende Beurteilung nicht nur eine Einzelbe-trachtung, sondern auch eine Gesamtbetrachtung erfordert. Dementsprechend behandelt die folgende Untersuchung nicht nur wesentliche Einzelfragen, sondern auch (ergänzend) konzeptionelle Probleme.

5 Zu den Grundstrukturen des Kommissionsentwurfs Dörner, ZEV 2010, 221, 222 f. 6 Vorschlag der Kommission vom 14.12.2010, KOM(2010) 748 endg., dazu Hess, CMLR 2012 (im Erscheinen).

Fachabteilung C: Bürgerrechte und konstitutionelle Angelegenheiten _________________________________________________________________

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3. INTERNATIONALE ZUSTÄNDIGKEIT UND VERFAHRENSKONKURRENZ

3.1. Das vorgeschlagene System

3.1.1. Allgemeine Anknüpfung am letzten Aufenthalt des Erblassers

Die Internationale Zuständigkeit regelt Kapitel II des Entwurfs. Die EuErbVO knüpft zunächst allgemein an den gewöhnlichen Aufenthalt des Erblassers im Zeitpunkt seines Todes an (Art. 4 kV).

3.1.2. Vereinbarte Zuständigkeit

Neu geregelt wurde die Möglichkeit, die Zuständigkeit parteiautonom zu begründen (Art. 5a – 5e kV). Eine solche Gerichtsstandsvereinbarung soll allerdings nur dann möglich sein, wenn der Erblasser nach Art. 17 kV das auf das Erbrecht anwendbare Recht gewählt hat: dieses ist das Recht des Mitgliedstaates, dem der Erblasser angehört (hat). Um einen Gleichlauf zwischen anwendbarem Recht und zuständigem Gericht zu gewährleisten, sollen die Art. 5a ff. kV den betroffenen Parteien (Erbprätendenten) eine Rechtswahl eröffnen. Er-forderlich ist freilich, dass sämtliche Beteiligten die Prorogation vereinbaren; ergänzend sieht Art. 5e kV eine nachträgliche Zuständigkeit aufgrund rügeloser Einlassung (vor dem Nachlassgericht) vor.

3.1.3. Drittstaaten

Sofern der Erblasser seinen gewöhnlichen Aufenthalt nicht in einem EU-Mitgliedstaat hat7, eröffnet Art. 6 die Zuständigkeit des Mitgliedstaats, in dem sich Nachlassvermögen befindet und dem der Erblasser angehörte (lit. a), andernfalls im Mitgliedstaat, indem der Erblasser zuletzt seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte, sofern nicht fünf Jahre verstrichen sind (lit. b). Notzuständigkeiten eröffnet Art. 6 II für die Gerichte jedes Mitgliedstaates, in dem sich Nachlassvermögen befindet, schließlich hilfsweise auch für die Konstellationen, in de-nen keine Zuständigkeit nach Art. 6 eröffnet wurde (Art. 6a – dieser Gerichtsstand der Für-sorge erfordert aber einen hinreichenden Bezug zum Mitgliedstaat des angerufenen Ge-richts). 8

7 Damit sind die teilnehmenden Mitgliedstaaten gemeint, also nicht Dänemark – die Situation von GB und Irland

ist derzeit offen. 8 Hinzuweisen ist auch die Regelung des Art. 6b kV: Sie ermöglicht auf Antrag eine Beschränkung des Verfa-

hrens im Hinblick auf Nachlassgegenstände in Drittstaaten, sofern die Entscheidung des mitgliedstaatlichen Nachlassgerichts im Drittstaat nicht anerkannt wird. Dies hat zur Folge, dass über ein in New York belegenes Grundstück im deutschen Erbscheinsverfahren nicht entschieden wird, weil der deutsche Erbschein dort nicht anerkannt wird. Dies hängt damit zusammen, dass nach dem Kollisionsrecht von New York die Erbfolge bezü-glich der in New York belegenen Grundstücke der lex rei sitae unterliegt. In der Sache bedeutet dies speziell für die deutschen Nachlassgerichte eine erhebliche Entlastung, weil sie nicht mehr die Erbfolge nach New Yor-ker Recht prüfen müssen, das nach dem Vorschlag dann anwendbar ist, wenn der US-amerikanische Erblasser seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat und sein Heimatrecht gewählt hat (siehe auch Art. 3a II EGBGB).

Stellungnahme zum Vorschlag für eine Europäische Erbrechtsverordnung _________________________________________________________________________

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3.2. Stellungnahme

3.2.1. Die Regelzuständigkeit

Die Anknüpfung an den letzten gewöhnlichen Aufenthalt ist grundsätzlich zu begrüßen, ins-besondere weil sie den Gleichlauf mit dem anwendbaren Recht herstellt und damit das Ge-richt von einer aufwendigen Ermittlung ausländischen Rechts befreit (so ausdrücklich EwG 12d). Im Hinblick auf die Zuständigkeitsklarheit ist freilich der Begriff des gewöhnlichen Aufenthalts problematisch. Er soll nach der Rechtsprechung des EuGH sich aus der Betrach-tung aller Umstände des Einzelfalles ergeben, insbesondere aus der persönlichen und fami-liären Eingliederung des Erblassers in einem Mitgliedstaat.9

Die Ermittlung des Lebensmittelpunkts der Person kann speziell in Erbfällen Probleme auf-werfen: Beispielsweise bei Rentnern, die ihren Lebensabend teilweise im Mittelmeerraum, teilweise in ihren nordeuropäischen „Heimatstaaten“ verbringen. Derartige sog. „Rentner-kolonien“ sind inzwischen ein verbreitetes Phänomen, etwa auf den Balearen, in Zypern, Griechenland oder Portugal. Wird die eine Hälfte des Jahres im Süden, die andere im Nor-den verbracht, bestehen letztlich mehrere Aufenthaltsorte. Ähnliche Probleme des Aufent-halts sind für Grenzgänger und Studierende zu prognostizieren. Ein weiteres Problem be-trifft alte und kranke Personen, die zur Pflege aus ihren Heimatstaaten in andere Mitglied-staaten „verlegt werden“.10

Der Verordnungsentwurf enthält keine Definition des gewöhnlichen Aufenthalts, allerdings nennen (die neuen) Erwägungsgründe 12-12b eine Liste unterschiedlicher Kriterien. Da-nach ist der Lebensmittelpunkt der Person entscheidend („close and stable connection“), bei verbleibenden Zweifelsfällen, insbesondere bei häufigem Wechsel des Staates und Feh-len eines familiären und sozialen Lebensmittelpunktes, soll eine Gesamtbetrachtung vorge-nommen werden. Dass bei streitigen Nachlassverfahren hier Potential zu langwierigen Aus-einandersetzungen eröffnet wird, steht außer Frage.11 Die Aufnahme einer Definition in ei-nen Erwägungsgrund vermag im Übrigen aus legistischen Gründen nicht zu überzeugen – die Definition gehört in Art. 2 des Entwurfs.

3.2.2. Die Wahl des zuständigen Gerichts

Zweifel weckt hingegen die neu geschaffene Möglichkeit, die Zuständigkeit des Nachlassge-richts zu prorogieren.

Der Verordnungsentwurf eröffnet nicht dem Erblasser die Möglichkeit, neben dem anwend-baren Heimatrecht die zuständigen Gerichte zu bestimmen, sondern eröffnet diese Befugnis den Erbprätendenten. Das erscheint in sich nicht ganz stimmig, da es im Nachlassverfahren um die Zuordnung und die Verteilung des Vermögens des Erblassers geht.12 Gegen eine derartige Befugnis des Erblassers könnte sprechen, dass dieser einseitig Dritten einen Ge-richtsstand quasi „aufzwingt“. Dies erscheint allerdings nur im Hinblick auf die Pflichtteils- 9 EuGH, 2.4.2009, Rs. C-523/07, „A“, Slg. 2009 I-2805, Rdn. 37 ff. (mit einer auf den Einzelfall bezogenen Be-

trachtung); EuGH, 22.10.2010, Rs. C-497/10PPU, Mercredi ./. Chaffe, stellt auf die familiäre und soziale Inte-gration des Kindes im Einzelfall ab; auch bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen stellt der EuGH (im Rahmen von Art. 5 Nr. 3 EuGVO) auf den „Interessenmittelpunkt“ der betroffenen Person ab, EuGH, verb. Rs. C-509/09 eDateAdvertsing GmbH ./. X und C-161/10 und Olivier Martinez und Robert Martinez ./. Société MGN Limited, Rdn. 50.

10 Dazu Geimer, in: Reichelt/Rechberger (Hrg.), Europäisches Erbrecht (2011), S. 1, 10 ff. 11 Der explizite Hinweis auf die „fraude à la loi“ (Gesetzesumgehung) in EwG 12c dürfte eventuelle Streitigkeiten

weiter verschärfen. 12 Für eine derartige Regelung hat sich der Deutsche Rat für IPR in seiner Stellungnahme zum Grünbuch der

Kommission ausgesprochen.

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berechtigten (oder im Hinblick auf Noterbrechte) problematisch.13 Jedoch richten sich diese nach dem Erbstatut, so dass es zum Gleichlauf in einem gerade praktisch wichtigen Fall kommt. Lässt man die Gerichtsstandswahl des Erblassers zu, werden die folgenden Proble-me der Art. 5a ff. kV vermieden.

Nachlassverfahren betreffen eine Vielzahl von Beteiligten, Gerichtsstandsvereinbarungen sind hingegen prinzipiell auf Zweipersonenverhältnisse zugeschnitten. Die vorgesehene Re-gelung der Art. 5a ff. kV setzt voraus, dass sich Erbprätendenten und die sonstigen Betei-ligten untereinander verständigen und damit das zuständige Gericht bestimmen. Dafür mag es Anreize geben, insbesondere wenn das Nachlassverfahren aufgrund des Gleichlaufes sehr viel schneller abgewickelt werden wird. Auch kann es sein, dass der Erblasser, der in den letzten Lebensjahren seinen gewöhnlichen Aufenthalt verlegt hat (sog. Mallorca-Fälle), in räumlicher Trennung von den Familienangehörigen/Erben gelebt hat, sodass es für die Erben außerordentlich aufwendig sein dürfte, zur Abwicklung des Nachlasses sich in einen anderen Mitgliedstaat zu begeben.14 Es erscheint jedoch durchaus fraglich, ob sich die Er-ben in streitigen Erbfällen auf ein gemeinsames Vorgehen verständigen können.

Ein weiteres Problem besteht darin, dass die Beteiligten des Nachlassverfahrens bei Verfah-renseröffnung noch nicht feststehen, sie werden ja gerade vom Nachlassgericht erst ermit-telt.15 Damit droht natürlich die Situation, dass nicht alle Beteiligten die Zuständigkeit ver-einbart haben, und daher nach aufwendigen Ermittlungen im Ergebnis die Zuständigkeit des Nachlassgerichts nachträglich wegfallen dürfte. Art. 5e kV sieht deshalb eine Zustim-mung (später ermittelter Beteiligter) durch rügelose Einlassung vor. Die Vorschrift zeigt, dass der Arbeitsgruppe im Rat dieses Problem bewusst war – Art. 5e kV wird freilich nur funktionieren, wenn eine entsprechende Kooperationsbereitschaft besteht.

Daher sollte Art. 5e kV um eine Vorschrift ergänzt werden, die eine Fortführung des Verfah-rens am befassten Gericht ermöglicht, wenn dies sachgerecht (insbesondere prozessöko-nomisch und zum Schutz der anderen Beteiligten erforderlich ist): Sie könnte sinngemäß16 der Regelung des Art. 5b lit. a) kV entsprechen: Erkennt das prorogierte Gericht nachträg-lich, dass weitere Beteiligte vorhanden sind und lassen sich diese nicht auf das Verfahren ein, so kann es das Verfahren fortführen, wenn dies nach den konkreten Umständen des Einzelfalls geboten ist. Den Beteiligten sollte gegen die Entscheidung des Nachlassgerichts ein Rechtsmittel eröffnet werden.

Angesichts der rügelosen Einlassung nach Art. 5e kV stellt sich die regelungstechnische Frage, ob für die Regelung der Art. 5a – e kV überhaupt ein praktisches Bedürfnis besteht. Förmliche Gerichtsstandsvereinbarungen werden die potentiellen Erben (vor dem Erbfall) in der Praxis wohl kaum treffen.17 Sind die Streitparteien (nach dem Erbfall) über die Zustän-digkeit einig, wäre es am einfachsten, ihnen eine Zuständigkeitsbegründung im Wege einer rügelosen Einlassung zu gestatten. Können sie sich nicht einigen, kommt auch keine selbst-ständige Gerichtsstandsvereinbarung zustande.

13 Auch diese Personen erstreben letztendlich eine Beteiligung am nachgelassenen Vermögen des Erblassers.

Daher kann man eine einseitige Festlegung des Gerichtsstands durch den Erblasser zulassen. 14 Für derartige Verfahren sollte möglichst ein unmittelbarer elektronischer Zugang zu den Nachlassgerichten

geschaffen werden, um eine effiziente Abwicklung zu ermöglichen. Sinnvollerweise könnten hier auch Pilotpro-jekte in einigen (vielleicht besonders betroffenen) Mitgliedstaaten gestartet werden.

15 Vgl. § 2358 BGB, § 26 FamFG. 16 Sinngemäß insofern, als nicht das nach Art. 4 kV zuständige Gericht entscheidet, sondern das prorogierte Ge-

richt. 17 Zu Formerfordernissen der Prorogation und zu den Voraussetzungen der Willenseinigung schweigt sich die kV

aus.

Stellungnahme zum Vorschlag für eine Europäische Erbrechtsverordnung _________________________________________________________________________

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Fraglich ist auch, dass eine Gerichtsstandsvereinbarung nur dann zulässig sein soll, wenn der Erblasser eine positive Rechtswahl zugunsten seines Heimatrechts getroffen hat.18 Zur Vereinfachung des Verfahrens (insbesondere der Auseinandersetzung des Nachlasses) kann es durchaus sinnvoll sein, den Erben ein ortsnahes Gericht zu eröffnen19, wie das folgende Beispiel zeigt: Der finnische Rentner F wandert nach Portugal aus und verbringt dort die letzten Jahre seines Lebens. Seine erbberechtigten Kinder A, B, C haben ihren gewöhnli-chen Aufenthalt allesamt in Finnland. Hat F es nun versäumt, im Testament eine Rechts-wahl zugunsten seines Heimatrechts zu treffen, müssten alle Streitigkeiten zwischen A, B und C im Zusammenhang mit der Erbschaft des P zwingend vor portugiesischen Gerichten verhandelt werden.20

3.2.3. Justizielle Kooperation im Fall der Prorogation und bei Parallelverfahren

Auch die prozessuale Behandlung der Prorogation erscheint kompliziert: Nach Art. 5b lit. b) kV muss sich das angerufene Gericht am gewöhnlichen Aufenthaltsort des Erblassers zu-nächst für unzuständig erklären, bevor das prorogierte Gericht das Verfahren aufnehmen kann. Sachgerecht wäre eine Aussetzung des Verfahrens, bis das nach Art. 5c kV zuständi-ge Gericht das Verfahren eröffnet hat. Generell sollte (Art. 5b lit. b) kV) eine direkte Anru-fung des prorogierten Gerichts zugelassen werden.21 Nach der Rechtsprechung des EuGH zur EuGVO reicht es aus, dass das jeweils angerufene Gericht seine Zuständigkeit prüft – eine Doppelprüfung ist nicht erforderlich.22 Nach Art. 32 II und 29 IV des Vorschlags der EU-Kommission zur Neuregelung der EuGVO soll im Fall der Prorogation nur das prorogierte Gericht über die Wirksamkeit der Prorogation (bzw. einer Schiedsvereinbarung) entschei-den.23 Diese Regelungsstruktur sollte übernommen, Art. 5c kV sollte diesbezüglich klarge-stellt werden.

Die vorgeschlagene Verfahrensregelung passt hingegen für Art. 5b lit. a) kV, der eine Ver-fahrensabgabe an das Heimatgericht des Erblassers für den Fall ermöglicht, dass nicht sämtliche Beteiligten des Nachlassverfahrens der Prorogation zustimmen. Über die Abgabe entscheidet das nach Art. 4 kV zuständige Gericht aufgrund einer umfassenden Abwägung der Umstände des Einzelfalls.24 Man mag einer derartigen Regelung entgegenhalten, dass sie zu erheblicher Rechtsunsicherheit führt und die bei Gerichten durchaus vorhandene Nei-gung fördert, unbequeme Fälle – hier mit internationalem Bezug und Anwendung fremden

18 Nur am Rande sei darauf verwiesen, dass die im kV vorgesehenen Möglichkeiten einer konkludenten Rech-

tswahl (Art. 17 II, 50 V kV) sich als konfliktträchtig erweisen dürften. 19 Dazu bereits Dörner, ZEV 2010, 221, 224 (Zuständigkeit am „Schwerpunkt der Nachlassabwicklung“). 20 Das Beispiel verdeutlicht zudem, dass eine enge Kooperation zwischen den Nachlassgerichten angestrebt wer-

den sollte. Insbesondere Artikel 15 kV bleibt hinter den Kooperationsformen in anderen EU-Rechtsakten deu-tlich zurück, dazu sogleich unten 3.

21 Die Unklarheiten resultieren aus der Verweisung des Art. 5c kV auf beide Unterabsätze des Art. 5b kV. 22 EuGH, Rs. C-185/07, Allianz SpA, Generali Assicurazioni Generali SpA ./. West Tankers Inc., Slg. 2009 I-663 –

st. Rechtsprechung. 23 KOM(2010) 748 endg. 24 Beispiel: Die in Portugal lebende finnische Erblasserin E wählt ihr Heimatrecht. Der finnische (Schein)erbe A

nimmt die Erbschaft in Portugal in Besitz, der wahre Erbe (etwa der in Finnland lebende Sohn der E: B) möchte nun gegen A auf Herausgabe der Erbschaft klagen. Schließt A keine Gerichtsstandsvereinbarung - was sehr wahrscheinlich ist -, müsste B zunächst zwingend in Portugal gegen A vor Gericht vorgehen, gem. Art. 4 kV sind allein portugiesische Gerichte zuständig. A hat jedoch die Möglichkeit, nach Art. 5b lit a) kV eine Verwei-sung nach Finnland zu beantragen. Die Anwälte des A wären schlecht beraten, das nicht zu tun. Schließlich kommt finnisches Recht zur Anwendung, E und B sind Finnen etc. Unter Umständen ist eine engere Verknüp-fung des Erbfalls mit Finnland ja tatsächlich gegeben (B hatte jedoch keine Möglichkeit, gleich in Finnland zu klagen) und der Verweisungsantrag des B dürfte Erfolg haben. Die Kostentragung ist bisher eine Frage des portugiesischen Rechts.

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Rechts – wegzuschieben. Andererseits fördert die Abgabe des Verfahrens die Durchsetzung des Gleichlaufgrundsatzes und trägt damit zur beschleunigten Abwicklung des Nachlassver-fahrens bei. Allerdings erstaunt, dass der Entwurf, anders als (etwa) Art. 15 EuEheVO25 kei-ne unmittelbare Kommunikation zwischen den Gerichten vorsieht. Gerade in Nachlassver-fahren, die in vielen Mitgliedstaaten auf dem Amtsermittlungsgrundsatz beruhen, ist eine derartige Kontaktaufnahme zwischen den Gerichten sinnvoll.

Zu kritisieren ist schließlich das in Art. 13 vorgesehene Prioritätsprinzip bei der Rechtshän-gigkeit. Es ist offensichtlich den Rechtshängigkeitsvorschriften der EuGVO nachgebildet, die jedoch wegen der Vielzahl der dort vorgesehenen Gerichtsstände ganz andere Konflikte betreffen. Grenzüberschreitende Nachlassverfahren sollten vorrangig mittels einer direkten Kooperation der Nachlassgerichte gelöst werden.26 Eine solche Kooperationspflicht fehlt zu-dem bei der Regelung zum einstweiligen Rechtsschutz (Art. 15 kV). Hier sollten die Koope-rationspflichten des Vorschlags der EU-Kommission zur Kontenpfändung als Regelungsmo-dell herangezogen werden.27

Am Rande sei auf Art. 5d kV hingewiesen: Danach soll das zuständige Gericht das Verfah-ren „beenden“, wenn die Parteien eine außergerichtliche Regelung der Erbsache vereinba-ren. Eine Beendigung erscheint jedoch vorschnell: Zunächst ist das Verfahren auszusetzen, wenn die Einigung vorliegt, ist das Verfahren zu beenden – vielleicht besteht ja auch ein Interesse der Beteiligten, ein Nachlasszeugnis nach Art. 36 ff. kV zu beantragen.

25 Verordnung Nr. 2201/2003 über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen

in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung, dazu Hess, Europäisches Zivilprozes-srecht (2010), § 7, Rdn. 67 – 71.

26 Unter Einbeziehung des Justiziellen Netzes in Zivilsachen durch Zuständigkeitskonzentrationen (vgl. für Deuts-chland § 343 II FamFG) kann spezielle Sachkompetenz konzentriert werden. Die guten Erfahrungen mit Ver-bindungsrichtern in Kindschaftssachen könnten auch für die grenzüberschreitende Abwicklung von Nachlässen genutzt werden.

27 KOM(2011) 445 endg., dazu Hess, FS Kaissis (2012) – im Erscheinen.

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4. DAS ANWENDBARE RECHT28

4.1. Das vorgeschlagene System

4.1.1. Allgemeine Anknüpfung an den letzten gewöhnlichen Aufenthalt des Erblassers

Das anzuwendende Recht ist Gegenstand des dritten Kapitels des Verordnungsentwurfs.

Wie bei der Zuständigkeit wird auch hier zunächst an den letzten gewöhnlichen Aufenthalt des Erblassers angeknüpft (Art. 16 kV). Die Reichweite des Erbstatuts legt Art. 19 kV fest.

4.1.2. Rechtswahl durch den Erblasser

Der Erblasser kann vor seinem Tod bestimmen, dass sich die Rechtsnachfolge von Todes wegen nach dem Recht richten soll, dessen Staatsangehörigkeit er zum Zeitpunkt der Rechtswahl besitzt (Art. 17 kV). Eine Neuerung gegenüber dem Kommissionsentwurf be-steht darin, dass die Rechtswahl nun auch dann wirksam sein soll, wenn der Erblasser die Staatsangehörigkeit des Landes, dessen Recht er gewählt hat, zwar noch nicht zum Zeit-punkt der Rechtswahl besitzt, sie aber noch vor seinem Tode erwirbt (Art. 17 Ia kV). Eine weitere Änderung liegt in der Zulassung einer konkludenten Rechtswahl. War diese im Ratsentwurf vom 10.1.2011 noch unter die qualifizierte Voraussetzung gestellt, dass sie sich „eindeutig“ aus den Bestimmungen einer Verfügung von Todes wegen ergeben müsse, ist diese Einschränkung in der neuesten Fassung nicht mehr vorgesehen.

4.1.3. Regelung in Bezug auf letztwillige Verfügungen

Die größtenteils neu in den Ratsentwurf aufgenommenen Art. 19a-d kV unterscheiden zwi-schen Formfragen, die für alle letztwilligen Verfügungen einheitlich in Art. 19d kV geregelt werden, und Fragen der materiellen Wirksamkeit, mit denen sich speziell für Erbverträge Art. 19b kV29 und für alle sonstigen letztwilligen Verfügungen Art. 19a kV beschäftigt. Die Abgrenzung von Form und Inhalt wird Art. 19c kV überlassen. Während sich die Regelung der Formfragen stark an dem Haager Übereinkommen über das auf die Form letztwilliger Verfügungen anwendbare Recht vom 5. Oktober 1961 (im Folgenden: TestformÜ)30 orien-tiert und zahlreiche alternative Anknüpfungen zulässt,31 richtet sich die materielle Wirk-samkeit letztwilliger Verfügungen im Grundsatz nach dem Recht, das durch die Verordnung zum Zeitpunkt der Errichtung der Verfügung berufen wird.

28 Dieser Abschnitt hat Herr Dr. Robert Magnus, wiss. Mitarbeiter und Habilitand am Institut, erarbeitet. 29 Unglücklich ist die Verwendung des Wortes „anerkannt“ in Art. 19b II S. 2 und S. 3 kV. Da es hier nicht um

eine Anerkennung i.S.d. Art. 29 ff. kV geht, sollte sie durch die Formulierung „als wirksam angesehen“ ersetzt werden.

30 Art. 1 I des TestformÜ lautet: „(1) Eine letztwillige Verfügung ist hinsichtlich ihrer Form gültig, wenn diese dem innerstaatlichen Recht entspricht: a) des Ortes, an dem der Erblasser letztwillig verfügt hat, oder b) eines Staates, dessen Staatsangehörigkeit der Erblasser im Zeitpunkt, in dem er letztwillig verfügt hat, oder im Zeit-punkt seines Todes besessen hat, oder c) eines Ortes, an dem der Erblasser im Zeitpunkt, in dem er letztwillig verfügt hat, oder im Zeitpunkt seines Todes seinen Wohnsitz gehabt hat, oder d) des Ortes, an dem der Er-blasser im Zeitpunkt, in dem er letztwillig verfügt hat, oder im Zeitpunkt seines Todes seinen gewöhnlichen Aufenthalt gehabt hat, oder e) soweit es sich um unbewegliches Vermögen handelt, des Ortes, an dem sich dieses befindet.“

31 Problematisch ist, dass der von einigen Mitgliedstaaten nach Art. 12 des TestformÜ geäußerte Vorbehalt über Art. 45 I kV auch im Rahmen der Verordnung Gültigkeit besitzen soll. Mit den Zielen der Verordnung lässt sich eine solche Regelung nur schwer vereinbaren.

Fachabteilung C: Bürgerrechte und konstitutionelle Angelegenheiten _________________________________________________________________

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4.1.4. Weitere Regelungen

Art. 20 kV trifft eine neue, von Art. 19d kV abweichende Bestimmung in Bezug auf die Formgültigkeit von Annahme- und Ausschlagungserklärungen. Maßgeblich sind hiernach alternativ die lex causae oder das Recht am gewöhnlichen Aufenthaltsort des Erklärenden. Art. 21 kV betrifft die Bestellung und die Befugnisse von Nachlassverwaltern und Testa-mentsvollstreckern, Art. 23 kV die Kommorienten und Art. 24 kV das Staatserbrecht bei erbenlosem Nachlass. Art. 26 kV ermöglicht im Verhältnis zu Drittstaaten nunmehr eine Rück- und Weiterverweisung.32 Art. 27 kV behandelt den ordre public-Vorbehalt und die Art. 28, 28a-b kV das interlokale und interpersonale Kollisionsrecht. Auf diese Regelungen, die viele sinnvolle Neuerungen enthalten, teilweise aber auch neue Probleme aufwerfen,33 kann im Rahmen dieser Stellungnahme nicht näher eingegangen werden. Die Art. 20a, 22a kV betreffen dagegen im weiteren Sinne die Abgrenzung zum Sachenrecht und werden da-her in diesem Zusammenhang noch ausführlicher erörtert.

4.1.5. Übergangsvorschriften

Die Übergangsvorschriften wurden im letzten Entwurf noch einmal gründlich überarbeitet und auch ein neuer Art. 50a kV eingefügt, der unentgeltliche Zuwendungen zu Lebzeiten betrifft. Nach Art. 50 I kV erfasst die Verordnung die Rechtsnachfolge von Personen, die nach dem Beginn ihrer Anwendung verstorben sind.

Mit der Frage, wie sich ein durch das Inkrafttreten der Verordnung erfolgender Statuten-wechsel auf die Wirksamkeit einer bereits vorher getroffenen Rechtswahl oder letztwilligen Verfügung auswirkt, beschäftigen sich nun die Abs. 2-6 des Art. 50 kV. Neu sind insoweit die salvatorischen Klauseln in Art. 50 II HS. 2, 3a, 4 HS. 2 und 6 kV. Sie bestimmen, dass eine zum Zeitpunkt ihrer Errichtung wirksame letztwillige Verfügung bzw. Rechtswahl nicht infolge der Anwendung der Verordnung unwirksam werden kann. Ein ähnlicher Gedanke liegt auch dem neuen Art. 50a kV zugrunde. Durch einen Statutenwechsel infolge der An-wendung der Verordnung sollen keine neuen Ansprüche gegenüber einem Empfänger einer zu Lebzeiten durch den Erblasser vollzogenen unentgeltlichen Zuwendung begründet wer-den. Diese Ansprüche können daher nur geltend gemacht werden, wenn sie bereits unter dem zum Zeitpunkt der unentgeltlichen Zuwendung maßgeblichen Recht bestanden haben. Durch das Abstellen auf den jeweils früheren Zeitpunkt der Errichtung einer Verfügung, der Vornahme einer Rechtswahl bzw. unentgeltlichen Verfügung, werden die Wirkungen eines Statutenwechsels infolge der Anwendung der Verordnung auf bereits abgeschlossene Rechtsgeschäfte stark begrenzt, was im Sinne einer größeren Rechtssicherheit zu begrüßen ist. Gleichwohl kann die Bestimmung des maßgeblichen Zeitpunkts, zu dem bspw. eine Schenkung vollzogen wurde, und der Nachweis der für das anwendbare Recht zu diesem Zeitpunkt ausschlaggebenden Umstände (etwa des gewöhnlichen Aufenthalts des Erblas-sers) im Prozess mitunter Schwierigkeiten bereiten.

Inwieweit letztwilligen Verfügungen, die ersichtlich von der Anwendung eines bestimmten Rechts ausgehen und nach diesem gestaltet sind, nach Inkrafttreten der Verordnung eine konkludente Rechtswahl i.S.d. Art. 17 II (2. Alt.) kV entnommen werden kann, ist nunmehr in dem ebenfalls neu hinzugekommenen Art. 50 V kV positiv geregelt.

32 S. hierzu die Kritik von Jayme, in: Reichelt/Rechberger (Hrg.), Europäisches Erbrecht (2011), S. 27 ff. an der

Regelung im Kommissionsentwurf. 33 S. bspw. die Stellungnahme des Max Planck Instituts für Internationales Privatrecht, RabelsZ 74 (2010), 522,

649 ff., 653 ff., 662 ff.

Stellungnahme zum Vorschlag für eine Europäische Erbrechtsverordnung _________________________________________________________________________

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4.2. Stellungnahme

4.2.1. Die Anknüpfung an den gewöhnlichen Aufenthaltsort

Auf die Schwierigkeiten bei der Bestimmung des gewöhnlichen Aufenthalts von Personen, die regelmäßig zwischen zwei oder mehr Orten hin- und herpendeln oder sich aus berufli-chen Gründen für eine längere Zeit im Ausland befinden, ist bereits im Zusammenhang mit der Zuständigkeit hingewiesen worden. Die Problematik soll hier aber noch einmal im Hin-blick auf die sog. „Rentnerkolonien“ in Südeuropa und die Verbringung von pflegebedürfti-gen Personen in das Ausland anhand von konkreten Beispielen veranschaulicht werden. An-schließend wird für die (Wieder-)Aufnahme einer Ausweichklausel, wie sie noch im Entwurf vom 10. Januar 2012 vorgesehen war, plädiert. Ein Ruheständler aus Nord- und Mitteleuro-pa, der im Rentenalter in den sonnigen Süden Europas umzieht, wird sich meist nicht be-wusst sein, dass sich durch diesen Umzug auch das für seine Erbangelegenheiten maßgeb-liche Recht ändern könnte. Unerwünschte Folgen können gleich in mehreren Konstellatio-nen auftreten:

Zum einen ist es denkbar, dass ein solcher Pensionär in Kenntnis der gesetzlichen Erbfolge-regelungen seines Heimatlandes bewusst darauf verzichtet hat, eine letztwillige Verfügung zu treffen. Durch einen nach Inkrafttreten der Verordnung mit seiner Aufenthaltsverlegung einhergehenden Statutenwechsel werden seine Erwartungen oder besser seine Planungen im Hinblick auf die Verteilung seines Nachlasses jedoch möglicherweise unterlaufen. Als Beispiel sei ein deutsches Ehepaar genannt, das seinen Ruhestand in einem Haus auf Mal-lorca zubringt. Verstirbt der Ehemann und hinterlässt er neben seiner Ehefrau zwei Kinder aus erster Ehe, würde er nach dem nunmehr anwendbaren mallorquinischen Recht allein von seinen Kindern beerbt werden (Art. 53 CDCB, 932 CC).34 Seiner Ehefrau würde hinge-gen nur ein Nießbrauchsrecht an der Hälfte des Nachlasses zustehen (Art. 45 CDCB) und nicht wie bei Anwendung deutschen Rechts die Hälfte der Erbschaft (§§ 1924, 1931 I, III, 1371 BGB). Hinterlässt die Ehefrau selbst Abkömmlinge aus einer früheren Ehe, ist Streit über die Ausübung des Nießbrauchsrechts praktisch vorprogrammiert.

Problematisch ist auch, dass es nach Art.19a kV auf den gewöhnlichen Aufenthalt im Zeit-punkt der Errichtung des Testaments ankommt. Es kann zum einen ganz erhebliche prakti-sche Schwierigkeiten bereiten, ihn – unter Umständen nach Jahrzehnten – noch verlässlich festzustellen. Zudem muss ggfs. auf Aussagen vor allem potentieller Erben mit konkreten Eigeninteressen vertraut werden. Schwierigkeiten bereitet zum anderen die Frage, inwie-weit bereits getroffene letztwillige Verfügungen durch einen Statutenwechsel berührt wer-den. Da Art. 19a kV das zum Zeitpunkt ihrer Errichtung durch die Verordnung berufene Recht für anwendbar erklärt, beeinflussen spätere Statutenwechsel die Wirksamkeit einer einmal getroffenen Verfügung grundsätzlich nicht mehr.35 Gleichwohl kann der Statuten-wechsel aber mittelbar Einfluss auf die Verfügung nehmen, indem sich die für die Verfü-gung maßgebliche Rechtslage durch das Recht an einem neuen Aufenthaltsort faktisch ver-ändert. So können bspw. neue Pflichtteilsberechtigte hinzukommen, Pflichtteilsrechte sich erweitern, verringern oder ganz entfallen. Eine Vor- und Nacherbfolgeanordnung könnte dem neuen Recht unbekannt sein etc. Diese Probleme lassen sich durch eine Wahl des Heimatrechts nach Art. 17 kV vermeiden, was aber voraussetzt, dass den Betroffenen der mit seiner Aufenthaltsverlegung zusammenhängende Statutenwechsel und die ihm durch die Verordnung eröffnete Wahlmöglichkeit überhaupt bewusst sind. Eine praktische Emp-

34 Ob tatsächlich mallorquinisches oder doch gemeinspanisches Recht zur Anwendung kommt, ist indes fraglich.

Das forale Erbrecht gilt nach spanischer Auffassung nur für Spanier, die im Übrigen die „vecindad civil“ zu den Balearen aufweisen. Nach Art. 28 II kV wäre aber wohl das mallorquinische Erbrecht anwendbar; s. auch Steinmetz/Löber/Alcázar, ZEV 2010, 234, 236.

35 Zu den in diesem Zusammenhang anwendbaren Übergangsvorschriften s. 4.1.5 und 4.2.4.

Fachabteilung C: Bürgerrechte und konstitutionelle Angelegenheiten _________________________________________________________________

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fehlung wäre daher, durch eine möglichst groß angelegte Informationskampagne bei den betroffenen Bevölkerungsteilen ein entsprechendes Problembewusstsein zu schaffen.

Eine weitere Schwierigkeit tritt im Hinblick auf die Pflege von alten und kranken Angehöri-gen auf. Da eine professionelle Pflege im Inland oft sehr teuer ist, schauen sich betroffene Angehörige verstärkt nach kostengünstigeren Alternativen im Ausland, bevorzugt in Osteu-ropa und Südostasien, um. Bei einer Anknüpfung an die Staatsangehörigkeit war dies un-problematisch, da das anwendbare Recht sich durch den Umzug nicht änderte. Nach In-krafttreten der Verordnung könnten die Angehörigen jedoch nunmehr versucht sein, den Umstand, dass durch die Verbringung des bspw. an Demenz erkrankten Vaters ins Ausland auch das auf die Erbfolge anwendbare Recht wechselt, zu ihren Gunsten zu nutzen. Sie könnten die Pflege des Demenzkranken also bewusst in ein Land verlegen, dessen Rege-lungen, etwa in Bezug auf die gesetzliche Erbfolge, die Pflichtteilsrechte, die Erbenhaftung oder die Möglichkeit, Ansprüche gegen einen zu Lebzeiten vom Erblasser Beschenkten gel-tend zu machen, für sie besonders günstig sind. Unter Umständen könnte es ihnen sogar gelingen, durch eine geschickte Rechtswahl eine vom Erblasser noch vor seiner Erkrankung errichtete letztwillige Verfügung zu Fall zu bringen.36 Wie bereits der Deutsche Notarverein in seiner Stellungnahme zu einem früheren Entwurf angemerkt hat, könnte so „der Kampf um die Betreuung zu einem Vorhutgefecht des Kampfes über das Erbstatut“ werden.37

Ein denkbarer Ansatzpunkt, um solchen Tendenzen entgegen zu wirken, wäre es für die Begründung eines neuen gewöhnlichen Aufenthaltsorts einen entsprechenden Willen des Erblassers zu verlangen. Aufgrund der Demenzerkrankung dürfte ein solcher nämlich kaum feststellbar sein. Hierdurch würde aber wohl über das eigentliche Ziel hinausgeschossen, da sich zahlreiche Folgeprobleme bei der Bestimmung des gewöhnlichen Aufenthaltes von klei-nen Kindern oder von Personen mit schweren geistigen Erkrankungen anschließen würden. Insbesondere der dann erforderliche Nachweis der Erkrankung im Prozess und die Abgren-zung zu solchen Beeinträchtigungen, die einen Willen zum Aufenthaltswechsel noch zulas-sen, würde das Verfahren bereits im Rahmen der Zuständigkeitsprüfung unnötig in die Län-ge ziehen. Eine adäquatere Lösung würde dagegen eine Ausweichklausel bieten, wie sie in früheren Entwürfen in Art. 16 II vorgesehen war. Hier könnte dann eine offensichtlich enge-re Verbindung des Demenzkranken zu seinem Heimatland angenommen und ein Statuten-wechsel dadurch vermieden werden.

Um der bei einer Anknüpfung an den letzten gewöhnlichen Aufenthaltsort immer gegebe-nen Missbrauchs- und Manipulationsgefahr entgegen zu wirken, scheint es sinnvoll, in Art. 16 II kV wieder folgende Regelung aufzunehmen:

„Ergibt sich ausnahmsweise aus der Gesamtheit der Umstände, dass der Erblasser im Zeit-punkt seines Todes eine offensichtlich engere Verbindung zu einem anderen als dem Staat hatte, dessen Recht nach Abs. 1 anzuwenden wäre, so ist auf die Rechtsnachfolge von To-des wegen das Recht dieses anderen Staates anzuwenden.“

Hierdurch könnte auch die oben beschriebene Problematik im Zusammenhang mit dem Al-tersruhesitz in Südeuropa entschärft werden, indem in geeigneten Fällen nach wie vor das Heimatrecht des Erblassers Anwendung finden würde. Freilich bleibt diese Regelung mit er-heblichen Unsicherheiten belastet.

Als Kompromisslösung erscheinen auch die Ausführungen in den neuen Erwägungsgründen 12, 12a, 12b und 12c akzeptabel38, die es dem Gericht ermöglichen sollen, bei der Bestim- 36 Durch die inzwischen eingeführten Übergangsbestimmungen ist diese Gefahr zwar abgemildert, aber nicht

gänzlich beseitigt worden, s. hierzu unten 4.2.4. 37 Stellungnahme des Deutschen Notarvereins zur EuErbVO vom 19.1.2010, S. 19, abrufbar unter:

http://www.dnotv.de/_files/Dokumente/Stellungnahmen/ErbVOStellungnahmeDNotV_clean_VersandVO.pdf. 38 Vgl. EwG (AGR)

Stellungnahme zum Vorschlag für eine Europäische Erbrechtsverordnung _________________________________________________________________________

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mung des gewöhnlichen Aufenthalts auch stärker auf wertende Gesichtspunkte, bis hin zur Rechtsfigur des fraude à la loi, abzustellen und dadurch die rein faktischen Gegebenheiten im Einzelfall zu überspielen.

4.2.2. Die Rechtswahlmöglichkeit

Die Veränderungen im Hinblick auf die Rechtswahlmöglichkeit des Erblassers sind durchweg zu begrüßen. Dadurch, dass nach Art. 17 Ia kV die Rechtswahl nun auch dann wirksam ist, wenn der Erblasser erst zum Zeitpunkt seines Todes die Staatsangehörigkeit des gewählten Rechts besitzt, können die im nachhinein möglicherweise nur schwer zu beantwortenden Fragen, nach dem genauen Zeitpunkt der Rechtswahl und der zu diesem Zeitpunkt beste-henden Staatsangehörigkeit des Erblassers in der Regel offen bleiben. Das Nachlassverfah-ren wird dadurch in sinnvoller Weise vereinfacht.

Auch die Zulassung einer konkludenten Rechtswahl überzeugt.39 Trifft ein Erblasser in der Annahme, sein Heimatrecht sei maßgeblich, eine letztwillige Verfügung und lässt sich diese Annahme auch anhand der Verfügung klar nachweisen, spricht nichts dagegen, den Vor-stellungen des Erblassers Geltung zu verschaffen.40 Da insbesondere dem rechtlich nicht oder schlecht beratenen Erblasser die Geltung des Rechts an seinem gewöhnlichen Aufent-halt, möglicherweise auch erst aufgrund eines Statutenwechsels infolge des Inkrafttretens der Verordnung, sowie die ihm eröffneten Rechtswahlmöglichkeiten oft gar nicht bekannt sein werden, erscheint es zu formal, hier stets eine ausdrückliche Rechtswahlerklärung zu verlangen.41 Die in der Verfügung zum Ausdruck kommenden Vorstellungen des Erblassers lassen sich nämlich unter dem Erbstatut am gewöhnlichen Aufenthaltsort möglicherweise nicht oder nur höchst unzureichend verwirklichen, wenn vergleichbare Rechtsinstitutionen (wie bspw. die Vor- und Nacherbfolge, die Möglichkeit wechselbezüglicher Verfügungen etc.) fehlen oder der Erblasser, etwa im Hinblick auf die Pflichtteilsrechte, von einer ganz anderen Rechtslage ausgegangen ist. Die Anerkennung einer konkludenten Rechtswahl er-scheint insoweit als ein Gebot des favor testamenti.42

Welche Anforderungen an eine solche konkludente Rechtswahl zu stellen sind, ist hiermit freilich noch nicht gesagt. Jedenfalls wird man verlangen müssen, dass sich die Bezugnah-me auf das Heimatrecht auch unmittelbar in der Verfügung niedergeschlagen hat. Nur so kann vermieden werden, dass praktisch bei jeder gewillkürten Erbfolge Raum für die Be-hauptung einer konkludenten Rechtswahl eröffnet wird und entsprechende gerichtliche Nachforschungen notwendig werden. Das in der Fassung vom 10. Januar 2012 verwendete Wort „eindeutig“ entspricht zwar auch der Formulierung in Art. 3 I Rom I-VO,43 schafft al-lerdings allein nicht mehr Klarheit. Auch erscheint es zweifelhaft, ob an eine konkludente Rechtswahl im Vertragsrecht und im Erbrecht tatsächlich die gleichen Maßstäbe angelegt werden sollten, ist der favor testamenti doch ein eigenes, originär erbrechtliches Prinzip. Die Gefahr, dass ein Gericht versucht, über eine versteckte Rechtswahl zur Anwendung der

39 Vgl. auch die Stellungnahme des Max Planck Instituts für Internationales Privatrecht, RabelsZ 74 (2010), 522,

613 f. 40 So auch Dutta, in: Reichelt/Rechberger (Hrg.), Europäisches Erbrecht (2011) S. 57 ff. m.w.N. Auch im Hinblick

auf Art. 25 II EGBGB ist nach allgemeiner Auffassung in Deutschland eine konkludente Rechtswahl möglich, s. Staudinger/Dörner (2007), Art. 25 EGBGB Rdn. 535 m.w.N.

41 So aber noch der Art. 17 II des Kommissionsentwurf vom 14.10.2009 (KOM [2009] 154 endg.). 42 Staudinger/Dörner (2007), Art. 25 EGBGB Rdn. 536; Tiedemann, RabelsZ 55 (1991), 17, 30; mit Einschrän-

kungen MünchKomm-BGB/Birk (2010), Art. 25 EGBGB, Rdn. 44; vgl. auch Dutta, in: Reichelt/Rechberger (Hrg.), Europäisches Erbrecht (2011), S. 57 ff.

43 Art. 14 Rom II-VO verlangt dagegen, dass sich die Rechtswahl mit hinreichender Sicherheit aus den Umstän-den des Falles ergibt.

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lex fori zu kommen, im Rahmen der Rom I-VO wesentlich höher als im Rahmen der geplan-ten Erbrechtsverordnung.44

Vor diesem Hintergrund sind die bisher im neuen Erwägungsgrund 18a (AGR) allein aufge-nommenen Beispiele, dass auf eine gesetzliche Bestimmung des Heimatrechts ausdrücklich Bezug genommen wird bzw. dass das Heimatrecht in sonstiger Weise ausdrücklich erwähnt wird, einerseits zu eng (1. Alt.) und andererseits zu wenig konkret (2. Alt.). Ein Vorschlag wäre daher, im Erwägungsgrund 18a noch anhand einiger konkreter Beispielsfälle dem Rechtsanwender zu verdeutlichen, wann ein Heimatrecht als „in sonstiger Weise ausdrück-lich erwähnt“ gilt.45

Überzeugend ist auch, dass durch den neuen Art. 50 V kV die Möglichkeit einer konkluden-ten Rechtswahl auch auf Verfügungen erstreckt wird, die vor dem Inkrafttreten der Verord-nung verfasst wurden.46 Hierdurch können Friktionen, die möglicherweise aufgrund eines Statutenwechsels infolge der Anwendung der Verordnung auftreten, möglichst gering ge-halten werden. Im Zusammenspiel mit Art. 50 VI und IV HS. 2 kV wird gleichzeitig vermie-den, dass die Annahme einer konkludenten Rechtswahl zur Unwirksamkeit einer Verfügung führt.47

Ein Folgeproblem der konkludenten Rechtswahl tritt im Bereich der Zuständigkeit auf. Eine Rechtswahl durch den Erblasser ermöglicht den betroffenen Parteien eine Gerichtsstands-vereinbarung nach Art. 5a ff. kV zu schließen. Wie sollen sich die Erben jedoch verhalten, wenn durch den Erblasser nur (möglicherweise) eine konkludente Rechtswahl getroffen wurde? Sollten und können sie vorab beim Gericht am gewöhnlichen Aufenthaltsort des Erblassers klären lassen, ob eine wirksame konkludente Rechtswahl vorliegt und daher eine Gerichtsstandsvereinbarung zulässig ist, oder müssen sie diese Frage von den Gerichten im Heimatstaat des Erblassers klären lassen, u.U. mit der Folge, dass diese eine Rechtswahl verneinen und sich für unzuständig erklären? Hier besteht möglicherweise noch Bedarf, die verschiedenen Regelungen aufeinander abzustimmen.

4.2.3. Die Regelung im Hinblick auf gemeinschaftliche Testamente

(1) Gemeinschaftliche Testamente sind in zahlreichen Mitgliedstaaten (Italien, Frankreich, Portugal, Polen, Rumänien, Belgien, Niederlande, Luxemburg) verboten.48 Hierdurch soll die Testierfreiheit vor einer Aushöhlung durch schon zu Lebzeiten eingegangene (vertragliche) Bindungen geschützt werden. In anderen Mitgliedstaaten (Deutschland, Österreich, Eng-

44 S. zu den Zuständigkeiten oben 3. 45 Vgl. hierzu einige Beispielsfälle aus der deutschen Rechtspraxis: LG München I FamRZ 2007, 1198, 1199; OLG

Zweibrücken ZEV 2003, 162, 163; LG Stuttgart MittBayNot 2003, 306, 307; LG Frankfurt IPRspr. 1997 Nr. 122; LG Hamburg IPRspr. 1991 Nr. 142, S. 273; weitere Nachweise bei Staudinger/Dörner (2007), Art. 25 EGBGB Rdn. 535; MünchKomm-BGB/Birk, 5. Aufl. 2010, Art. 25 EGBGB, Rdn. 44; zur konkludenten Rech-tswahl im italienischen Recht s. v. Daumiller, Die Rechtswahl im italienischen internationalen Erbrecht und ihre Auswirkungen im deutsch-italienischen Rechtsverkehr (2003), S. 110 ff.

46 Mit der eine ähnliche Problematik betreffenden Vorschrift des Art. 220 III Nr. 2 EGBGB hat die deutsche Rech-tspraxis überwiegend gute Erfahrungen gemacht, krit. zum Wortlaut dieser Vorschrift jedoch MünchKomm-BGB/Siehr, 5. Aufl. 2010, Art. 220 EGBGB, Rdn. 47 ff. m.w.N.

47 Art. 50 VI kV würde bspw. zur Anwendung kommen, wenn das ursprünglich maßgebliche Statut keine Rech-tswahl zulässt, das nach Inkrafttreten der Verordnung aufgrund einer (konkludenten) Rechtswahl berufene Recht aber die bisher als wirksam beurteilte Verfügung für unwirksam hält.

48 Vgl. dazu Dörner/Lagarde, Rechtsvergleichende Studie der erbrechtlichen Regelungen des Internationalen Ver-fahrensrechts und Internationalen Privatrechts der Mitgliedstaaten der Europäischen Union, 2002, S. 324 und die Stellungnahme des Max Planck Instituts, RabelsZ 74 (2010) 522, 623.

Stellungnahme zum Vorschlag für eine Europäische Erbrechtsverordnung _________________________________________________________________________

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land, Irland, Dänemark, Schweden) sind gemeinschaftliche Testamente dagegen durchaus üblich.49

(2) Der Verordnungsentwurf definiert gemeinschaftliche Testamente in Art. 2 I lit. d) kV als „ein von zwei oder mehr Personen in einer einzigen Urkunde errichtetes Testament“. Eine irgendwie geartete familienrechtliche Beziehung zwischen den gemeinschaftlich Testieren-den setzt der Verordnungsentwurf nicht voraus.50 Als „Verfügung(en) von Todes wegen“ gelten nach Art. 2 I lit. da) kV „Testamente, gemeinschaftliche Testamente und Erbverträ-ge“. Gemeinschaftliche Testamente fallen daher in den Anwendungsbereich des Art. 19a kV. Ob sie zulässig und materiell wirksam sind, entscheidet das zum Zeitpunkt ihrer Errich-tung durch die Verordnung berufene Recht. Ihre Formgültigkeit richtet sich dagegen nach Art. 19d kV und ist bereits dann gegeben, wenn entweder die Formvorschriften des Errich-tungsortes oder des Heimatrechts des Erblassers oder desjenigen Staates, in dem der Erb-lasser zum Zeitpunkt der Errichtung des Testaments oder im Zeitpunkt seines Todes seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hatte, eingehalten wurden. In Bezug auf unbeweg-liches Vermögen genügt auch die Beachtung der Formvorschriften der lex rei sitae. Bei Erb-verträgen wird der Kreis dieser Rechte zudem um diejenigen erweitert, in denen zumindest eine der Personen, deren Rechtsnachfolge durch den Erbvertrag betroffen ist, ihren Wohn-sitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hatte bzw. dessen Staatsangehörigkeit eine solche Per-son besitzt.

Ob diese Erweiterungen auch für gemeinschaftliche Testamente gelten sollen, ergibt sich aus dem Wortlaut nicht und sollte daher zumindest in den Erwägungsgründen klargestellt werden.51 Um das merkwürdige Ergebnis zu vermeiden, dass die Formwirksamkeit eines gemeinschaftlichen Testament unter Umständen davon abhängt, welcher Ehegatte zuerst verstirbt, ist eine Gleichstellung mit den Erbverträgen unbedingt zu empfehlen

Beispiel: Die Eheleute E (deutsche Staatsangehörige) und P (französischer Staatsangehöri-ger) errichten in Paris ein gemeinschaftliches Testament, durch das sie sich wechselseitig als Alleinerben einsetzen. Stirbt nun P bei einem Badeausflug in der Normandie, wäre das Testament formunwirksam, da alle Anknüpfungen des Art. 19d kV zum französischen Recht führen. Stirbt hingegen E bei dem Badeausflug, müsste das Testament gem. Art. 19d I lit. b) kV als formwirksam beurteilt werden.

(3) Ein weiteres Problem stellt sich im Hinblick auf die Frage, wie Verbote gemeinschaftli-cher Testamente im Rahmen der neuen Verordnung einzuordnen wären. Während bspw. im gemeinspanischen Recht, in Portugal und Tschechien dem Verbot eine materielle Kompo-nente zuerkannt wird und eine entsprechende Verfügung als inhaltlich unwirksam gilt,52 49 Vgl. §§ 2265 ff. BGB (Deutschland); § 1248 ABGB (Österreich); zu England s. Odersky in: Süß, Erbrecht in

Europa, 2. Aufl. 2008, Rdn. 81; zu Irland siehe Worthmann, in: Süß, Erbrecht in Europa 2. Aufl. 2008, Rdn. 39; §§ 80 ff. ARL 2008 (Dänemark); 1958:637 ÄB 10:7 (Schweden).

50 Das entspricht allerdings auch Art. 4 Haager TestformÜ. 51 Neben dem gemeinschaftlichen Testament kennt der Verordnungsentwurf auch noch die „Vereinbarung auf-

grund gegenseitiger Testamente, die mit oder ohne Gegenleistung Rechte am künftigen Nachlass einer oder mehrerer an dieser Vereinbarung beteiligter Personen begründet, ändert oder entzieht“ (vgl. Art. 2 I lit. c) kV). Diese wird wie ein Erbvertrag behandelt. Ob jedoch bspw. ein deutsches gemeinschaftliches Testament nach §§ 2265 ff. BGB hierunter subsumiert werden könnte und damit bei Art. 19d kV in den Genuss der alternativen Anknüpfungen für Erbverträge käme, darf bezweifelt werden. Zum einem wird das gemeinschaftliche Testa-ment, insbesondere wenn die Ehegatten von der Formerleichterung des § 2267 BGB Gebrauch machen, meist in einer zusammenhängenden Urkunde errichtet und fällt aus diesem Grunde schon unter Art. 2 I lit. d) kV und nicht unter Art. 2 I lit. c) kV. Zum anderen stellen wohl selbst die in gemeinschaftlichen Testamenten getroffe-nen wechselbezüglichen Verfügungen i.S.d. § 2270 BGB keine Vereinbarung aufgrund gegenseitiger Testa-mente i.S.d. Art. 2 I lit. c) kV dar, da sich die Bindungswirkung doch erheblich von einer erbvertraglichen Ve-reinbarung unterscheidet (vgl. § 2271 BGB und §§ 2293 ff. BGB). Siehe zum Problemkreis der gemeinschaftli-chen Testamente ausführlich Nordmeier, Zulässigkeit und Bindungswirkung gemeinschaftlicher Testamente im Internationalen Privatrecht (2008).

52 Sec. 18 (1) S. 2 Private International Law Act (Tschechische Republik), Art. 64 (c) CC (Portugal).

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sieht das französische Recht das Verbot als reine Formvorschrift an.53 Innerhalb des Ver-ordnungsentwurfs befasst sich Art. 19c kV mit der Abgrenzung von formeller und materiel-ler Wirksamkeit einer letztwilligen Verfügung. Zur materiellen Wirksamkeit gehören danach u.a. „alle sonstigen Fragen in Bezug auf Willensmängel oder Testierwillen der Person, die die Verfügung errichtet.“ Ob hierzu auch das Verbot gemeinschaftlicher Testamente zu rechnen ist, bleibt jedoch genauso offen, wie die Frage, ob die Verordnung über die Einord-nung dieser Verbote autonom entscheiden oder doch lieber die Wertungen der jeweiligen lex causae übernehmen sollte.

Aus Sicht der Staaten, die gemeinschaftliche Testamente anerkennen, ist eine verord-nungsautonome Qualifikation als Formfrage vorzugswürdig. Die alternative Anknüpfung des Art. 19d I lit. b) kV würde dann nämlich gewährleisten, dass ihre Staatsangehörigen ein gemeinschaftliches Testament auch dann noch wirksam errichten können, wenn ihr ge-wöhnlicher Aufenthaltsort in einem Land liegt, in dem gemeinschaftliche Testamente verbo-ten sind.

Beispiel: Ein schwedisches Ehepaar verfasst an seinem Alterswohnsitz in der Toskana ein gemeinschaftliches Testament. Bei Qualifikation als Frage der materiellen Wirksamkeit wäre diese Verfügung nach dem durch Art. 19a i.V.m. 16 kV berufenen italienischen Recht un-wirksam, soweit die Eheleute keine Rechtswahl nach Art. 17 kV getroffen haben oder noch vor ihrem Tod treffen (vgl. Art. 19a II kV).54 Als Formfrage eingeordnet würde hingegen das über Art. 19d I lit. b) kV zur Anwendung kommende schwedische Recht der Verfügung zur Wirksamkeit verhelfen.

Art. 19d III S. 2 kV sollte daher durch folgende Formulierung ergänzt werden:

„,sowie für Verbote, die die Errichtung von gemeinschaftlichen Testamenten betreffen.“

4.2.4. Die Übergangsvorschriften

Auch die Neufassung der Übergangsvorschrift(en) ist positiv zu erwähnen.55 Durch Art. 50 III des Kommissionsentwurfs wurde bisher klargestellt, dass eine vor Inkrafttreten der Ver-ordnung erfolgte Rechtswahl in Bezug auf einen Erbvertrag auch dann wirksam bleibt, wenn sie den Anforderungen des Art. 19b kV56 entspricht. Da Absatz 2 nun nicht mehr, wie noch im Kommissionsentwurf, nur auf Art. 17 kV, sondern auf das gesamte Kapitel III ver-weist, wurde ein eigener Abs. 3 für Erbverträge im Ratsentwurf anscheinend für überflüssig gehalten. Da sich aber insbesondere der zweite Halbsatz des Art. 50 II kV nicht ohne weite-res auf Erbverträge übertragen lässt, erscheint es vorzugswürdig, den speziell Erbverträge betreffenden Abs. 3 beizubehalten.57

Nicht, zumindest nicht ausdrücklich in Art. 50 kV behandelt wird hingegen die Frage, in-wieweit eine zunächst wirksame letztwillige Verfügung durch einen Statutenwechsel infolge der Anwendung der Verordnung plötzlich als widerrufen gelten kann. Die Widerrufsgründe und ihre genauen Voraussetzungen sind in den Mitgliedstaaten höchst unterschiedlich aus-

53 Vgl. dazu Dörner/Lagarde, Rechtsvergleichende Studie der erbrechtlichen Regelungen des Internationalen Ver-

fahrensrechts und Internationalen Privatrechts der Mitgliedstaaten der Europäischen Union, 2002, S. 237 f.; sowie TGI Paris, 24.4.1980, Rev.crit.d.i.p. 71 (1982) 684.

54 Und man auch nicht aus der Tatsache, dass die Eheleute ein gemeinschaftliches Testament gewählt haben, eine stillschweigende Wahl des schwedischen Rechts folgern möchte; so aber bspw. OLG Zweibrücken ZEV 2003, 162, 163.

55 Zum neuen Art. 50 V kV s. bereits oben 4.2.2. 56 Vormals Art. 18 im Kommissionsentwurf. 57 So auch wieder die neueste Fassung des Entwurfs.

Stellungnahme zum Vorschlag für eine Europäische Erbrechtsverordnung _________________________________________________________________________

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gestaltet.58 Kommt es aufgrund der Einführung der Verordnung zu einem Statutenwechsel, so kann das nunmehr maßgebliche Recht für den Widerruf eines Testaments andere Vor-aussetzungen vorsehen und deshalb Umständen (bspw. der Eröffnung eines Scheidungs-verfahrens59 oder einer Wiederverheiratung), die vor der Anwendung der Verordnung, aber nach der Errichtung des Testaments eingetreten sind, andere Rechtswirkungen beimessen als das bisher anwendbare Recht. Verstirbt bspw. ein Deutscher mit gewöhnlichem Aufent-halt in Italien und hatte er zum Zeitpunkt der Errichtung seines Testaments von einem un-ehelichem Kind keine Kenntnis, so gilt das bisher nach deutschem Recht nur gem. § 2079 BGB u.U. anfechtbare Testament mit Inkrafttreten der Verordnung als von Gesetzes wegen widerrufen (Art. 687 ital. CC).60 Ob Art. 50 VI kV diesen Fall erfasst bzw. erfassen sollte, ist unklar. Nimmt man dies an und geht von einer Wirksamkeit der Verfügung aus, so würde das uneheliche Kind unter dem neuem italienischen Erbstatut voraussichtlich auch seine ihm bisher nach deutschem Recht zustehende Anfechtungsmöglichkeit verlieren. Wendet man hingegen Art. 50 VI kV nicht an, so müsste die Verfügung auch dann als unwirksam angesehen werden, wenn eine Anfechtung nach deutschem Recht bspw. wegen Fristablaufs (§ 2082 BGB) gar nicht mehr in Betracht käme.

Unstreitig nicht mehr unter Art. 50 VI kV subsumieren lässt sich das Beispiel, dass ein neu auf die Erbfolge anwendbares Recht die Unwirksamkeit eines Testaments infolge einer Wie-derverheiratung des Erblassers anordnet.61 Es wäre daher sinnvoll, einen neuen, den Wi-derruf bzw. die Anfechtung letztwilliger Verfügungen betreffenden Art. 50 VII kV einzufüh-ren, der folgendermaßen lauten könnte:

„Das nach Art. 50 VI kV auf eine Verfügung von Todes wegen anwendbare Recht bleibt auch im Hinblick auf mögliche Widerrufs- bzw. Anfechtungsgründe maßgeblich, die vor In-krafttreten der Verordnung entstanden sind.“

58 Vgl. etwa Süß, Erbrecht in Europa, 2. Aufl. 2008, S. 326 (Belgien), 398 (Bulgarien), 488 (Deutschland), 644

(Frankreich), 847 (Italien), 958 (Lettland), 977 (Litauen), 1196 (Portugal), 1301 (Schweden), 1437 (Spanien), 1498 (Tschechien).

59 Ein Beispiel aus der deutschen Rechtspraxis hierzu ist die Entscheidung des OLG Stuttgart v. 4.10.2011 (Az. 8 KV 321/11) FGPrax 2011, 306.

60 Vgl. Cubeddu Wiedemann/Wiedemann, in: Süß, Erbrecht in Europa, 2. Aufl. 2008, S. 847; Stadler, in: Fe-rid/Firsching, Italien, Grdz. Rn. 107.

61 Ein im Rahmen der Gutachtenpraxis des Instituts aufgetretenes Beispiel hierfür bildet das Recht des US-amerikanischen Bundesstaates Georgia, vgl. Georgia Code – Will, Trusts & Estates –Title 53, Sec. 53-2-1 Ziff. (b) (1); gleiches gilt bspw. auch für das kanadische Recht, s. Hewel, Kanada: Widerruf eines Testaments in-folge Heirat, ZEV 2010, 241

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5. ABGRENZUNGEN

5.1. Das Verhältnis zum Ehegüterstatut62

5.1.1. Das vorgeschlagene System

Art. 1 III lit. d) kV nimmt Fragen des Ehegüterrechts vom Anwendungsbereich der Verord-nung aus. Im Vergleich zum ursprünglichen Kommissionsvorschlag ist (lediglich) eine sprachliche Änderung zu konstatieren, die sich an die Formulierung der Bereichsausnahmen der Rom I-VO und Rom II-VO anlehnt. Die vorgeschlagenen Regelungen stehen jedoch in unmittelbarem Zusammenhang zu den parallel verhandelten Verordnungsvorschlägen zum Ehegüterrecht63 und zum Güterrecht eingetragener Partnerschaften.64

Neu aufgenommen wurde die Möglichkeit, Angaben zum ehelichen Güterstand des Erblas-sers im Europäischen Nachlasszeugnis abzubilden (Artikel 41 II lit. c) kV). Zugleich wurde die Nachweiswirkung des Nachlasszeugnisses in Artikel 42 II kV erweitert. Diese soll sich auf Sachverhalte erstrecken, die nach einem auf spezifische Sachverhalte anzuwendenden Recht festgestellt wurden – damit sind u.a. die güterrechtlichen Wirkungen gemeint.

5.1.2. Stellungnahme

Die sprachliche Änderung ist insofern zu begrüßen, als die Verwendung einer kohärenten Terminologie in den Unionsrechtsakten zur Rechtssicherheit beiträgt.

Der Ausschluss von ehegüterrechtlichen Fragen aus dem Anwendungsbereich wirft natur-gemäß Qualifikationsprobleme auf, da sowohl das Erb- als auch das Güterstatut über die Verteilung des Nachlasses entscheiden. Aus deutscher Perspektive ist hier insbesondere die Qualifikation von § 1371 I BGB fraglich. Nach § 1371 I BGB erhält der überlebende Ehegat-te, wenn er im gesetzlichen Regelgüterstand der Zugewinngemeinschaft gelebt hat, eine pauschale Erhöhung seines gesetzlichen Erbteils um ¼. § 1371 I BGB verknüpft die Abwick-lung des Güterstands und die Höhe des Erbteils und beeinflusst die Erbquote der Miterben. Eine solche Verschränkung von Erb- und Ehegüterrecht mittels einer Quotenregelung ist unionsweit einzigartig.65

Der pauschalierte Zugewinnausgleich wird im deutschen Internationalen Privatrecht auf-grund seiner systematischen Stellung überwiegend güterrechtlich qualifiziert.66 Problema-tisch ist, ob dieselbe Qualifikation auch im Europäischen Kollisionsrecht Bestand hat. Denk-

62 Dieser Abschnitt wurde von Frau Stefanie Spancken, wiss. Mitarbeiterin und Doktorandin am Institut, erarbei-

tet. 63 Vorschlag für eine Verordnung des Rates über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung

und die Vollstreckung von Entscheidungen im Bereich des Ehegüterrechts, KOM (2011) 126 endg. 64 Vorschlag für eine Verordnung des Rates über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung

und die Vollstreckung von Entscheidungen im Bereich des Güterrechts eingetragener Partnerschaften, KOM (2011) 127 endg.

65 Vgl. Dörner/Lagarde, Rechtsvergleichende Studie der erbrechtlichen Regelungen des Internationalen Verfah-rensrechts und Internationalen Privatrechts der Mitgliedstaaten der Europäischen Union, 2002, S. 318.

66 BGHZ 40, 32, 34; OLG Stuttgart IPRax 2005, 549; Schurig in: FS Spellenberg (2010), S. 343, 352; Ney, Das Spannungsverhältnis zwischen dem Güter- und dem Erbstatut (1993), S. 130 ff.; Staudinger/Dörner (2007) Art. 25 EGBGB Rdn. 34 ff. m.w.N.

Stellungnahme zum Vorschlag für eine Europäische Erbrechtsverordnung _________________________________________________________________________

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bar wäre, § 1371 I BGB im Europäischen Kollisionsrecht autonom zu qualifizieren und dem europäischen Erbstatut zu unterstellen.67

Bliebe es hingegen bei der derzeitigen, güterrechtlichen Qualifikation, wäre § 1371 I BGB vom Anwendungsbereich der Verordnung ausgenommen. Bei der Zuständigkeit könnte es dann zu Fällen kommen, in denen ein Gericht für die Erteilung eines deutschen Erbscheins über die Erbquoten nach §§ 1924 ff., 1931 BGB zuständig ist, nicht aber für die Quote nach § 1371 I BGB, was die Gefahr divergierender Entscheidungen birgt. Diesem Auseinanderfal-len der Zuständigkeiten begegnet freilich die durch Art. 3 des Kommissionsentwurfs der Ehegüterrechtsverordnung eingefügte Konzentration der Zuständigkeit beim Nachlassge-richt. Für die kollisionsrechtliche Anknüpfung des § 1371 I BGB wäre nach geltendem Recht das Internationale Ehegüterrecht der Mitgliedstaaten maßgebend; nach Inkrafttreten der Ehegüterrechtsverordnung gelten die dort vorgesehenen Kollisionsnormen.68

Ein weiteres Problem ergibt sich, wenn Erb- und Güterstatut auseinanderfallen. Dies birgt die Gefahr, dass der Nachlass je nach anwendbarem Güterrecht unterschiedlich verteilt wird. Ursache für das Auseinanderfallen ist die unterschiedliche Anknüpfung beider Statu-ten. Während im Internationalen Ehegüterrecht der Mitgliedstaaten zumeist unwandelbar an den Zeitpunkt der Eheschließung angeknüpft wird, stellt die EuErbVO auf den Zeitpunkt des Todes ab (Art. 16 kV).

Im Hinblick auf § 1371 I BGB stellt sich die Frage, ob und inwieweit eine gesetzliche Erbbe-rechtigung nach ausländischem Recht um den pauschalierten Zugewinn erhöht werden kann. Die zusätzliche Erhöhung des Erbteils um ¼ nach deutschem Recht kann im Ver-gleich zur einheitlichen Anwendung einer Rechtsordnung auf erb- und güterrechtliche Fra-gen zu einer unangemessenen Besserstellung des überlebenden Ehegatten führen (sog. Normenhäufung).69 Umgekehrt kann es zu einer Benachteiligung kommen, wenn das an-wendbare Ehegüterstatut die Versorgung des überlebenden Ehegatten auf erbrechtlichem, das anwendbare Erbstatut die Versorgung dagegen auf güterrechtlichem Weg vornimmt und damit kollisionsrechtliche Schutzlücken auftreten (sog. Normenmangel), die durch Kor-rekturinstrumente (Anpassung, richterliche Verteilung nach Billigkeit oder Einräumung einer Wahlmöglichkeit) geschlossen werden müssen.70

Die geplante Einführung harmonisierter Kollisionsregeln im Bereich des Ehegüterrechts ent-schärft dieses Problem ein wenig. Beide Statuten stimmen hiernach überein, wenn der Erb-lasser in dem Staat verstirbt, in dem nach der Eheschließung der Ehegattenaufenthalt be-stand oder er eine übereinstimmende Rechtswahl getroffen hat. Gleichwohl können Erb- und Güterstatut weiterhin auseinanderfallen, bspw. durch Wahl unterschiedlicher Rechte (die Ehegüterrechtsverordnung erlaubt neben der Wahl des Heimatrechts auch die Wahl des Aufenthaltsrechts im Zeitpunkt der Rechtswahl, Art. 16 I lit. b) oder wenn der gewöhn-liche Aufenthalt des Erblassers im Todeszeitpunkt nicht mit dem gewöhnlichen Aufenthalt nach der Eheschließung übereinstimmt, was angesichts zunehmender Mobilität der Unions-bürger nicht auszuschließen ist.

Überlegenswert erschiene daher, in dem Verordnungsentwurf eine Rechtswahl zuzulassen, die auf das anwendbare Güterstatut abstellt mit der Bedingung, dass der Güterstand im

67 Eine derartige Klarstellung könnte der deutsche Gesetzgeber bei der Implementierung der EuErbVO vornehmen

bspw. durch Integrierung des § 1371 I BGB in den erbrechtlich zu qualifizierenden § 1931 BGB – damit entfiele das durch die nationale (Sonder)Vorschrift verursachte Problem.

68 Vgl. Art. 15 ff.: Bei Fehlen einer Rechtswahl wird primär an den gemeinsamen Ehegattenaufenthalt nach der Eheschließung angeknüpft, Art. 17 I lit. a).

69 Ein Beispiel für eine derartige Normenhäufung findet sich in dem Fall OLG Stuttgart IPRax 2005, 549. 70 Vgl. Dörner/Lagarde, Rechtsvergleichende Studie der erbrechtlichen Regelungen des Internationalen Verfah-

rensrechts und Internationalen Privatrechts der Mitgliedstaaten der Europäischen Union, 2002, S. 249.

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Zeitpunkt des Todes noch nicht durch Scheidung o.ä. aufgelöst ist.71 Freilich würde eine solche Öffnung der Rechtswahlmöglichkeit den in dem Verordnungsentwurf angelegten Gleichlauf von Zuständigkeit und anwendbarem Recht zuwiderlaufen.

Zwar wurde der Inhalt des Nachlasszeugnisses erweitert, doch ist die Neuregelung des Ar-tikels 41 II lit. c) kV im Hinblick auf § 1371 I BGB zu eng gefasst. Es bedarf neben der An-gabe, in welchem Güterstand der Erblasser gelebt hat, zusätzlich der Angabe, welchen Ein-fluss das Güterstatut auf die Höhe der Erbquote hat. Denn nur so könnte die Erhöhung der Erbquote gemäß § 1371 I BGB im Nachlasszeugnis abgebildet werden. Diese Angabe im Europäischen Nachlasszeugnis ist unerlässlich, da sie in einer Vielzahl von Erbfällen zu bestimmen und auch im deutschen Erbschein enthalten ist. Anderenfalls müsste ein deut-sches Gericht aus der Sicht des anwendbaren deutschen Erbrechts eine falsche Verteilung des Nachlasses eintragen. Im schlimmsten Fall hätten der deutsche Erbschein und das Eu-ropäische Nachlasszeugnis einen divergierenden Inhalt. Ein Bedürfnis für die Aufnahme des erhöhten Ehegattenerbteils besteht zudem aus Rechtssicherheitsaspekten, da ansonsten ein Antragsteller in einem anderen Mitgliedstaat mit dem Nachlasszeugnis lediglich die ge-setzliche Erbquote nach § 1931 I BGB nachweisen könnte.

Die am Beispiel des deutschen Güterstands aufgezeigten Probleme verdeutlichen die prakti-schen Schwierigkeiten der Abstimmung zwischen Erb- und Güterrechtsstatut. Aus der Sicht des Verordnungsentwurfs ist jedoch keine eigenständige Regelung aufzunehmen. Der deut-sche Gesetzgeber sollte vielmehr bei der Implementierung des Rechtsakts die Qualifikation des § 1371 I BGB klarstellen.

5.2. Das Verhältnis zum Sachen- und Insolvenzrechtsstatut72

5.2.1. Das vorgeschlagene System

Der konsolidierte Entwurf zur EuErbVO grenzt das Erb- und das Sachenrechtsstatut auf ver-schiedenen Ebenen gegeneinander ab:

(1) Art. 19 II lit. f) kV unterstellt die Übertragung von Vermögenswerten, Rechten und Pflichten aus dem Nachlass auf die Erben und ggf. Vermächtnisnehmer grundsätzlich dem Erbstatut. Entsprechend qualifiziert Art. 19 II lit. l) kV die Teilung des Nachlasses. Als Aus-nahme hiervon erklärt Art. 20a kV in beiden Fällen das Belegenheitsstatut (lex rei sitae) für anwendbar, sofern dieses eine Gerichtsentscheidung oder die Begründung bzw. Übertra-gung eines dinglichen Rechts an unbeweglichen oder eintragungspflichtigen beweglichen Nachlassgegenständen – ggf. in Verbindung mit einer Registereintragung – als „konstituti-ve“ Voraussetzung für den Rechtserwerb verlangt. Die noch im Kommissionsentwurf v. 14.10.200973 enthaltene Zuständigkeitsregelung für Gerichte am Belegenheitsort (Art. 9) ist zum einen infolge der Bereichsausnahme für Publizitätsfragen (Art. 1 III lit. j) und k), zum anderen wegen des in Art. 20a aufgewerteten Realstatuts aus der neuesten Entwurfs-fassung gestrichen worden.

(2) Darüber hinaus nehmen Art. 1 III lit. j) und k) kV sowohl die Art dinglicher Rechte als auch die Voraussetzungen und Wirkungen ihrer Eintragung in öffentliche Register sowie

71 Die Folge wäre, dass das Güterstatut das Erbstatut bestimmen würde. Eine solche Abstimmung von Erb- und

Güterstatut findet sich beispielsweise im spanischen Internationalen Privatrecht, Art. 9.8 S. 3 CC. Ferner findet sich eine entsprechende Rechtswahlmöglichkeit in Art. 8 I lit. c) des Haager Protokolls über das auf Unterhalt-spflichten anzuwendende Recht vom 23.11.2007.

72 Diesen Abschnitt hat Herr Dr. Björn Laukemann (Maîtr. en droit), wiss. Assistent und Habilitand am Institut, erarbeitet.

73 KOM (2009) 154 endg.

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sonstige zu ihrer Begründung bzw. Übertragung erforderliche Publizitätsakte vom Anwen-dungsbereich der EuErbVO aus.

(3) Schließlich bestimmt Art. 22a kV die Anpassung dinglicher Rechte des Erbstatuts an (funktional) vergleichbare Rechtsfiguren, die die Rechtsordnung des Mitgliedstaates, in dem das jeweilige Recht geltend gemacht wird, bereithält.

5.2.2. Stellungnahme

5.2.2.1. Vorbehalt zugunsten des Belegenheitsstatuts, Art. 20a i.V.m. Art. 19 II lit. f) und l) kV

Es ist das erklärte Ziel der Verordnung, Hindernisse bei der Abwicklung grenzüberschrei-tender Erbfälle abzubauen.74 Vor diesem Hintergrund stellt sich mit besonderem Nachdruck die Frage, ob Regelungsdivergenzen beim Erbschaftserwerb oder bei der dinglichen Zuord-nung erbrechtlicher Positionen überhaupt noch Berücksichtigung finden sollten. Diese Frage führt in größere Zusammenhänge und kann im vorliegenden Rahmen nur angedeutet wer-den. So erscheint etwa das Anliegen, dingliche Erwerbsformen zu schützen, weniger dring-lich als eine Rücksichtnahme auf den numerus clausus sachenrechtlicher Aktstypen als sol-cher. Besonders augenfällig wird dies, wenn nationale Erbrechtsordnungen für den Erb-schaftserwerb auf einen sachenrechtlichen Verkehrsschutz verzichten.

In Konflikt mit dem Grundgedanken eines funktionierenden europäischen Binnenmarktes würde bspw. auch eine doppelte Inanspruchnahme notarieller „Vollzugshilfe“ treten, etwa wenn unter dem Regime der künftigen Erbrechtsverordnung ein Miterbe nach Maßgabe des französischen Erbstatuts mit einem in Deutschland belegenen Grundstück bedacht wird. Nach Art. 835 II Code civil bedarf die deklaratorische Teilung des Nachlasses (acte de par-tage) der Beurkundung durch französische Notare;75 auch ausländische Grundstücke kön-nen hierunter fallen.76 Würde Art. 20a kV ungeachtet des Verordnungsprinzips der Nach-lasseinheit auch in diesem Fall zur Anwendung gelangen, wäre der Miterbe zusätzlich gehal-ten, sein Nachfolgerecht in Deutschland durch notarielle Auflassung und Grundbucheintra-gung zu vollziehen (§§ 873 I, 925 BGB; §§ 19 f., 29 GBO).77

5.2.2.1.1 Kritik am Kommissionsentwurf

Der in Art. 20a kV formulierte Vorbehalt zugunsten der lex rei sitae nimmt die Kritik am Kommissionsentwurf auf, die sich an dem für zu weit befundenen Anwendungsbereich des

74 Vgl. EwG 6 f. der EuErbVO. 75 Nach der Fiktion des Art. 883 Code civil wird jeder Miterbe so angesehen, als habe er die ihm zugeteilten Ge-

genstände bereits rückwirkend mit Erbfall unmittelbar vom Erblasser erhalten, dazu Malaurie/Aynès, Les sus-seccions – les libéralités, 4. Aufl. 2010, para. 996 ff.

76 Zur Möglichkeit eines acte de partage global im Hinblick auf ausländische Grundstücke trotz derzeitiger kollisi-onsrechtlicher Nachlassspaltung (Art. 3 II Code civil) s. die Informationen der Chambre des Notaires de Paris unter http://www.paris.notaires.fr/art.php?cID=183&nID=550, vgl. auch unten 6.2.2. lit. c).

77 Der sachenrechtliche Vollzug im Belegenheitsstaat droht damit, in die Regelungssystematik der fremden Er-brechtsordnung einzugreifen. So bewirkt nach deutschem Erbrecht die Nachlassteilung, dass der Nachlassge-genstand mit dinglichem Vollzugsakt aus dem gesamthänderisch gebundenen Nachlassvermögen ausscheidet; das bisherige Gesamthandsrecht wandelt sich in Alleineigentum des erwerbenden Miterben. Dieses Auseinan-dersetzungsregime ist durch das im Beispielsfall anwendbare französische Erbrecht nicht abbildbar (Art. 883 Code civil). Denn für den dinglichen Vollzugsakt am Nachlassgrundstück müsste – im Widerspruch zum franzö-sischen Erbstatut – nicht nur die Miterbengemeinschaft selbst, sondern auch eine Verfügungsbefugnis der nicht erwerbenden Miterben fingiert werden (vgl. § 2040 I BGB), s. MünchKomm-BGB/Gergen, 5. Aufl. 2010, § 2032, Rdn. 31.

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Erbstatuts entzündete.78 So wurde im dortigen Art. 19 II lit. f) ein Eingriff in den numerus clausus sachenrechtlicher Erwerbsvorgänge gesehen, da die Vorschrift jedwede Übertra-gung von Nachlassgütern auf Erben und Vermächtnisnehmer zwingend dem Erbstatut un-terstellte. Für den Fall, dass das ausländische Erbstatut einem Vermächtnis oder einer Tei-lungsanordnung dingliche Wirkung beimisst, der Vermächtnisnehmer bzw. bedachte Miter-be das Eigentum also ohne ein Verfügungsgeschäft des beschwerten (Mit-)Erben erwirbt, hätte dies einen dinglichen Rechtsübergang vorbei an den Übertragungs- und Formvor-schriften der lex rei sitae bedeutet.79 Zudem hätte das Erbstatut über die Rechtsnachfolge von Todes wegen hinaus auch die Übereignung von Nachlassgegenständen im Nachgang des Erbfalls erfasst, wie sie in bestimmten Rechtsordnungen erst durch sachenrechtlichen Vollzug im Rahmen einer rechtsgeschäftlichen Erbauseinandersetzung stattfindet.80

5.2.2.1.2 Schutzzweck von Art. 20a kV

Art. 20a kV greift die geäußerten Kritikpunkte im Wesentlichen auf, sein zu weit formulier-ter Schutzzweck droht jedoch, den Anwendungsbereich des Erbstatuts übermäßig einzu-schränken:

(1) Nach Art. 19 II lit. f) und l) kV regelt grundsätzlich das Erbstatut den Rechtserwerb durch Eintritt des Erbfalls. Art. 2 I lit. a) kV, auf den sich die Regelkollisionsnorm des Art. 16 I kV tatbestandlich bezieht, stellt dies in seiner Legaldefinition der ‚Rechtsnachfolge von Todes wegen’ klar.81 Damit treten Art. 19 II lit. f) und l) kV in ein Spannungsverhältnis zu Erbrechten, die keine dinglich wirkende Erbeinsetzung bestimmter Personen bezüglich ein-zelner Nachlassgegenstände kennen und damit den Vollzug entsprechender Verfügungen von Todes wegen nach Maßgabe des sachenrechtlichen Belegenheitsstatuts durch Rechts-geschäfte unter Lebenden vorsehen. Diesem Umstand trägt, obgleich nur eingeschränkt, Art. 20a kV Rechnung, wenn er sowohl für Art. 19 II lit. f) als auch für lit. l) kV einen ent-sprechenden Vorbehalt anordnet.

(2) Bedingt durch einen zu komplizierten Normtext wirft Art. 20a kV allerdings Verständnis-schwierigkeiten bei der Bestimmung seines Schutzzwecks auf: Die Vorschrift beruft das Be-legenheitsstatut, wenn dessen Regelungen einer Gerichtsentscheidung oder der Begrün-dung bzw. Übertragung eines dinglichen Rechts an den genannten Nachlassgegenständen, ggf. in Verbindung mit einer Registereintragung, eine für den Rechtserwerb „konstitutive Wirkung“ beimessen. Allgemein gilt: Knüpft das Belegenheitsstatut hinsichtlich einzelner erbrechtlicher Positionen keinen dinglichen Rechtserwerb an den Eintritt des Erbfalls, so mögen hierfür spezifisch sachenrechtliche, regelmäßig publizitätsbezogene Gründe des Ver-kehrsschutzes den Ausschlag geben. Gleichermaßen kann dies Ausdruck eines divergieren-den erbrechtlichen Regelungskonzepts sein: Eine auf den Erbfall bezogene Ausgestaltung von Art und Inhalt des bedachten Rechts setzt regelmäßig das jeweilige System der Nach-

78 Vgl. etwa Geimer, in: Reichelt/Rechberger (Hrg.), Europäisches Erbrecht (2011), S. 1, 21 ff. 79 Entsprechend räumt die herrschende Meinung im deutschen Recht dem Realstatut den Vorrang vor dem au-

sländischen Erbstatut ein; die von diesem vorgesehene dingliche Wirkung des Vermächtnisses wird mithin ver-weigert, s. BGH, 28.9.1994, NJW 1995, 58; Kammergericht, 26.2.2008, NJW-RR 2008, 1109, 1110; statt vie-ler: Dörner, IPRax 1996, 26 ff.; Lehmann, in: Schlitt/Müller (Hrg.), Handbuch Pflichtteilsrecht (2010), § 14, Rdn. 252 f.

80 Für einen Vorbehalt zugunsten des Belegenheitsrechts sprach sich bereits das Deutsche Notarinstitut (DNotI) aus, s. Rechtsvergleichende Studie der erbrechtlichen Regelungen des Internationalen Verfahrensrechts und Internationalen Privatrechts der Mitgliedstaaten der Europäischen Union (2002), S. 264. Zur Kritik am Kom-missionsvorschlag Buschbaum/Kohler, GPR 2010, 106, 109; ihnen folgend Geimer, in: Reichelt/Rechberger (Hrg.), Europäisches Erbrecht (2011), S. 1, 21 f.

81 Um Missverständnissen vorzubeugen, empfiehlt sich gleichwohl eine entsprechende Ergänzung des Wortlauts von Art. 19 II lit. f) kV („der Übergang…von Todes wegen“).

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lass(insolvenz-)haftung um, ohne dass dabei sachenrechtliche Verkehrsschutzanliegen (vordergründig) zum Tragen kommen:

Letzteres trifft auf Erbrechtsordnungen zu, die wie das österreichische Verlassenschaftsver-fahren dem System des ruhenden Nachlasses folgen (hereditas iacens).82 Dort fällt der Nachlass einem Erben nicht bereits kraft Gesetzes mit dem Tod des Erblassers an (sog. Vonselbsterwerb). Vielmehr beruht der Rechtserwerb auf einem zweiaktigen Erwerbstatbe-stand, bestehend aus Erwerbsgrund (Titel) und Erwerbsakt (Modus). Entscheidend ist hier-bei, dass der aus Erbantrittserklärung und gerichtlichem Einantwortungsbeschluss zusam-mengesetzte Erwerbsakt83 nicht darauf abzielt, den Erbtitel sachenrechtlich zu vollziehen, als vielmehr, den Erben haftungsrechtlich einzusetzen84: Nimmt dieser die Erbschaft (unbe-dingt) an, begründet der gerichtliche Beschluss eine Einstandspflicht des Erben mit seinem (gesamten) Vermögen für alle Nachverlassverbindlichkeiten.85 Geht mit der Einantwortung das gesamte Vermögen auf den Erben über (Universalsukzession), so kommt der für Lie-genschaften vorgeschriebenen Grundbucheintragung (§ 819 S. 2 ABGB), gerade abwei-chend vom sachenrechtlichen Publizitätsgrundsatz86, nur deklaratorische Bedeutung zu.87 Mit anderen Worten: Das Erbrecht verzichtet für den Rechtserwerb auf einen sachenrechtli-chen Verkehrsschutz.88

(3) Unklar ist in diesem Zusammenhang, welchem der genannten Begründungsansätze Art. 20a kV folgt. Da sich der Wortlaut der Vorschrift nicht auf einen publizitätspflichtigen Rechtserwerb beschränkt, gelangt der Situs-Vorbehalt bereits dann zur Anwendung, wenn der Nachlasserwerb, also die Art und Weise der dinglichen Rechtszuordnung, aufgrund erb-rechtlicher Systemunterschiede verschiedenartig geregelt ist. Eine solche Auslegung würde jedoch einem wesentlichen Regelungsanliegen der Verordnung zuwiderlaufen: der einheitli-chen Bestimmung des Erbstatuts. Dieses umfasst, wie Art. 19 II lit. f) und l) kV zeigen, re-gelmäßig auch den Erbschaftserwerb.89 Erwerbsregeln des Belegenheitsrechts sollten daher nur Anwendung finden, wenn sie allein wegen des Schutzes inländischer Publizitäts- und Formvorschriften sachenrechtlich zu qualifizieren sind90, nicht jedoch, um unterschiedliche erbrechtliche Haftungskonzepte in Stellung zu bringen.91 In diesem Sinne ist Erwägungs- 82 Entsprechendes gilt, wenn der Nachlass mit Erbfall zwischenzeitlich auf besondere Rechtsträger übergeht, die –

wie der executor oder administrator nach englischem Erbrecht – die Nachlassverbindlichkeiten begleichen und den Restnachlass an die Begünstigten verteilen, s. Odersky, in: Süß (Hrg.), Erbrecht in Europa, 2. Aufl. 2008, S. 741 ff., Rdn. 60 ff.

83 § 799 ABGB i.V.m. §§ 177 ff., 159 AußStrG, dazu Hoyer, IPRax 2010, 232 ff:; Haunschmidt, in: Süß (Hrg.), Erbrecht in Europa, 2. Aufl. 2008, S. 1126, Rdn. 170 ff.

84 Bis zur Einantwortung haftet den Gläubigern der Nachlass als Schuldner, vgl. Schwimann/Eccher, ABGB, 3. Aufl. 2006, §§ 800, 801, Rdn. 1; vgl. OGH, 12.6.2003, IPRax 2004, 531, 533.

85 So §§ 800, 801 ABGB bei einer unbedingten Erbantrittserklärung, dazu Koziol/Bydlinski/Bollenberger/Sailer, ABGB, 3. Aufl. 2010, § 801, Rdn. 1.

86 Vgl. § 436 i.V.m. §§ 431 ff. ABGB. 87 So Koziol/Bydlinski/Bollenberger/Sailer, ABGB, 3. Aufl. 2010, § 819, Rdn. 5. 88 Entsprechend sichert die kollisionsrechtliche Regelung des § 28 II öst. IPRG nicht die inländische Sachenrech-

tsordnung, sondern den Gleichlauf von Verfahrensrecht und materieller Haftung, s. OGH, 12.6.2003, IPRax 2004, 531, 533; Lorenz, IPRax 2004, 536, 537.

89 Vgl. auch EwG 10a S. 1 bzw. EwG 10 S. 1 (AGR). 90 Auf einen entsprechenden Regelungszweck zielt nicht nur die Registereintragung, sondern bereits die Auflas-

sung nach § 925 BGB, also die dingliche Einigung des Veräußerers und des Erwerbers bei gleichzeitiger Anwe-senheit vor einem Notar. Dabei erfüllt die Formvorschrift weniger die Funktion, die Vertragsparteien durch Warnung, Beratung oder Belehrung vor einem übereilten Abschluss des dinglichen Rechtsgeschäfts zu schützen (hierzu § 311b I BGB). Vielmehr soll sie Klarheit für die Grundbucheintragung gewährleisten und einem Ausei-nanderfallen von Grundbuchbestand und materieller Rechtslage im Interesse des Rechtsverkehrs vorbeugen, dazu MünchKomm-BGB/Kanzleiter, 5. Aufl. 2009, § 925, Rdn. 1.

91 Für ein enges Verständnis auch Rauscher, EuZPR/EuIPR (2010), Einf. EG-ErbVO-E, Rdn. 27, allerdings zur Zus-tändigkeit der Belegenheitsgerichte nach Art. 9 des Kommissionsentwurfs.

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grund 10a S. 292 zu verstehen, der dem Belegenheitsstatut lediglich die Voraussetzungen und Wirkungen von Publizitätsakten unterstellt. Zur Klarstellung sollte ein einheitlicher, in seinem Schutzzweck entsprechend reduzierter Regelungsbereich von Art. 20a und Erwä-gungsgrund 10a kV festgelegt und mit Erwägungsgrund 21a abgestimmt werden.93

Es bietet sich daher an, Art. 20a kV – auch im Interesse einer besseren Verständlichkeit – wie folgt neu zu formulieren und um eine entsprechende Auslegungshilfe in den Erwä-gungsgründen zu ergänzen:

„Diese Verordnung berührt nicht die Anwendung derjenigen Vorschriften eines Staates, die aus Gründen der Publizität oder eines vergleichbaren, durch Formvorschriften bezweckten Verkehrsschutzes den Rechtserwerb an den in diesem Staat belegenen unbeweglichen oder in einem öffentlichen Register eingetragenen Nachlassgegenständen an die Voraussetzung einer Gerichtsentscheidung, einer Eintragung in einem öffentlichen Register oder eines sonstigen Übertragungs- oder Begründungsaktes knüpfen. Das Gleiche gilt für Vorschriften, die die Eintragung der Rechte in öffentliche Register sowie die Voraussetzungen und Wir-kungen der Eintragung regeln.“

Die praktische Folge eines rein sachenrechtlichen Grundverständnisses der Vorbehaltsvor-schrift zeigt folgendes Beispiel: Gilt deutsches Erbstatut, so legitimiert das europäische Nachlasszeugnis den Erben (Art. 41, 42 EuErbVO), nicht nur sein Nachfolgerecht, sondern auch sein Eigentumsrecht an in Österreich belegenen Gegenständen geltend zu machen;94 die Notwendigkeit einer Einantwortung vor österreichischen Gerichten entfällt.95 Umgekehrt führt bereits der Erbfall, nicht erst das abgeschlossene Verlassenschaftsverfahren zur per-sönlichen Haftung des Erben (§§ 1967 I, 1942 I BGB).96

Keine Einordnungsschwierigkeiten bereiten Herausgabeansprüche des Erben gegenüber dem nichtberechtigten Erbschaftsbesitzer.97 Verhilft der sog. Erbschaftsanspruch dem wah-ren Erben dazu, unter erleichterten (prozessualen) Voraussetzungen Besitz an der Erb-schaft zu erlangen, so handelt es sich konzeptionell um einen spezifisch erbrechtlichen Uni-versalanspruch.98

(4) Begrenzt man Art. 20a kV aus vorstehenden Gründen auf einen sachenrechtlich-verkehrsschutzbezogenen Normzweck, so erstreckt sich der Regelungsbereich der Vor-

92 Vgl. auch EwG 10c (AGR). 93 EwG 20a des kV ist als redaktioneller Fehler zu streichen. 94 Auch vor diesem Hintergrund erscheint die vormalige Regelung zur Zuständigkeit der Belegenheitsgerichte

nach Art. 9 des Kommissionsentwurfs (KOM [2009], 154 endg.) entbehrlich; eine entsprechende Kompetenz für sachenrechtliche Maßnahmen begründet Art. 22 Nr. 1, 3 EuGVO.

95 Art. 16, 19 II lit. f) kV werden künftig §§ 31, 32 öst. IPRG, die für den dinglichen Erwerbsakt auf das Liegens-chaftsstatut Bezug nehmen, in der Anwendung vorgehen. Hingegen lässt die EuErbVO die Zuständigkeit der mitgliedstaatlichen Behörden für den Erlass eines nationalen Nachlasszeugnisses unberührt (Art. 36 III KV); unklar ist dabei jedoch, ob die Art. 4 ff. kV auch für die nationale Zeugniserteilung einheitliche Regeln der ge-richtlichen Zuständigkeit schaffen. Sollte dies nicht der Fall sein, so verbleibt das bekannte Problem, ob für die Erteilung eines beschränkten deutschen Erbscheins (§ 2369 BGB; §§ 105, 343 III FamFG) die Einantwortung nach österreichischem Recht substituiert werden kann, zum bisherigen Streitstand eingehend Rechber-ger/Schur, in: Reichelt/Rechberger (Hrg.), Europäisches Erbrecht (2011), S. 185, 195 ff.

96 Vgl. dazu auch OGH, 12.6.2003, IPRax 2004, 531, 533 (allerdings in Bezug auf bewegliches Vermögen). 97 Vgl. im deutschen Recht § 2018 BGB. Mit Ausnahme des angelsächsischen Rechtskreises findet sich der Erb-

schaftsanspruch in zahlreichen Rechtsordnungen, s. Staudinger/Gursky, BGB (2010), vor §§ 2018-2031, Rdn. 11 m.w.N.

98 Vgl. dazu MünchKomm-BGB/Helms, 5. Aufl. 2010, § 2018, Rdn. 7; Staudinger/Gursky, BGB (2010), vor §§ 2018-2031, Rdn. 14 ff. m.w.N.

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schrift im Kern auf die Frage, ob einem Vermächtnis dingliche (sog. Vindikationslegat)99 oder rein schuldrechtliche Wirkung (sog. Damnationslegat)100 zukommt.101 Freilich orien-tiert sich die dingliche Zuweisung von Rechten an einzelnen Nachlassgegenständen stets auch am jeweiligen Haftungskonzept für Nachlassverbindlichkeiten, also am Ausgleich der konkurrierenden Interessen zwischen Vermächtnisnehmern bzw. durch Teilungsanordnung Bedachter einerseits und Nachlass(insolvenz-)gläubigern andererseits.102 Dies schließt kei-neswegs aus, dass eine entsprechende Einordnung in schuld- oder sachenrechtliche Grund-kategorien gerade (auch) Verkehrs- bzw. Publizitätsinteressen zur Durchsetzung verhilft, wie sie herkömmlich – systematisch wie teleologisch – in den jeweiligen Sachenrechtsord-nungen Berücksichtigung finden. Dies gilt für den Vollzug von Vermächtnissen wie für Rechtsgeschäfte im Rahmen der Erbauseinandersetzung gleichermaßen: Diese Rechtakte begründen keine Nachlasshaftung, sondern führen die erbrechtliche Haftungsordnung unter verkehrsschützenden Vorzeichen aus. Nicht zufällig folgt daher die Ausgestaltung eines Vermächtnisses in aller Regel der sachenrechtlichen Grundkonzeption: So fordern Rechts-ordnungen, die dem Traditions- bzw. Trennungsprinzip folgen, einen entsprechenden Voll-zug des schuldrechtlichen Vermächtnisanspruchs (vgl. § 2174 BGB), wohingegen das Vindi-kationslegat in Staaten gilt, die für den Eigentumserwerb das Konsensprinzip ausreichen lassen.103

Der zu befürwortende enge Schutzzweck von Art. 20a KV löst damit die überkommene kol-lisionsrechtliche Streitfrage, ob die (nicht) dingliche Wirkung eines Vermächtnisses dem Vermögens- bzw. Gesamtstatut104 oder vielmehr (allein) dem Einzelstatut der lex rei sitae untersteht105, in den Grenzen der Vorbehaltsklausel im Sinne der letztgenannten Ansicht auf.106

5.2.2.1.3 Begrenzung der Vorbehaltsregelung auf registerpflichtige Rechte

Aus Art. 19 II lit. f) kV („der Übergang der Rechte aus dem Nachlass auf…gegebenenfalls die Vermächtnisnehmer“) sowie im Umkehrschluss aus Art. 22a kV folgt, dass für andere, d.h. bewegliche, nicht eintragungspflichtige Gegenstände der Situs-Vorbehalt nicht ein-greift. Hier bleibt es bei der Grundregel des Art. 16 kV, wonach allein das Erbstatut den Rechtserwerb durch Erbfall regelt – entsprechend setzt sich ein durch das Erbstatut berufe-

99 Ein Vindikationslegat sehen etwa vor: Frankreich, Belgien, Italien, Portugal, Spanien, Ungarn, Rumänien und

zahlreiche lateinamerikanische Länder. 100 Das Damnationslegat findet Verbreitung in Ländern wie Deutschland, der Niederlande, Österreich, der Schweiz

oder der VR China. 101 Entsprechendes gilt im Grundsatz für die (dingliche) Wirkung von Teilungsanordnungen. 102 Vgl. §§ 322, 327 InsO; § 5 AnfG, dazu Staudinger/Otte, BGB (2003), § 2174, Rdn. 4. 103 Eingehend Süß, RabelsZ 65 (2001), 245, 255 ff. 104 In der Sache folgen der BGH wie die herrschende Meinung im deutschen Schrifttum einer sowohl erb- als auch

sachenrechtlichen Doppelqualifikation, vgl. Schotten/Schmellenkamp, DNotZ 2007, 729, 737. 105 In diesem Sinne Stoll, IPRax 2000, 259, 260; ihm folgend Süß, RabelsZ 65 (2001), 245, 255 ff. 106 Sieht umgekehrt das Erbstatut nur einen schuldrechtlichen Vermächtnisanspruch vor (vgl. § 2174 BGB), muss

sich der Vermächtnisnehmer an die Erben halten, damit diese ihm Besitz und Eigentum an dem vermachten Gegenstand verschaffen. Folgt das Belegenheitsstatut allerdings dem Konsensprinzip, kennt es also keinen Vollzug des Damnationslegats durch gesonderte Übereignung, so führt dieser Verzicht auf sachenrechtlichen Verkehrsschutz zur Unanwendbarkeit des Situs-Vorbehalts (Art. 20a KV). Gleichwohl stellt sich die umstrittene Frage, wie dieser Normenmangel aufzulösen ist: So würde über die dinglichen Wirkungen eines Vermächtnis-ses im praktischen Ergebnis nicht das Erb-, sondern doch das Sachenrechtsstatut entscheiden, wenn man – wie etwa nach italienischem oder französischem Recht – bereits die durch das Erbstatut begründete Verpflich-tung des Erben zur Übertragung des Eigentums (§ 2174 BGB) als eine ausreichende Grundlage erachtet, das Vollrecht am vermachten Gegenstand zu erwerben, so Süß, RabelsZ 65 (2001), 245, 254 f. m.w.N. zum Streit-stand.

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nes Vindikationslegat an einem gewöhnlichen Fahrnisgegenstand gegenüber einem nur schuldrechtlich wirkenden Vermächtnis des Belegenheitsrechts durch; eine Umdeutung fin-det nicht statt.107 Nichts anderes gilt für eine dingliche Teilungsanordnung, es sei denn, die-se ist funktional als Einsetzung des Bedachten zum Alleinerben einzuordnen.108

Zwar könnte bei einer zu befürwortenden engen Schutzrichtung des Art. 20a kV erwogen werden, den Anwendungsbereich der Vorschrift auf sämtliche Arten beweglicher Gegens-tände zu erweitern, sofern die lex rei sitae ihre Übereignung an einen Publizitätsakt knüpft. Angesichts der zumeist nur schwachen, bisweilen auch verzichtbaren Publizitätsformen bei der Fahrnisübereignung (wie die Besitzverschaffung nach § 929 S. 1 BGB) sprechen aller-dings keine gewichtigen Gründe für eine Einbeziehung nicht registrierungspflichtiger Fahr-nisgegenstände. Sollte an ihrer Ausklammerung festgehalten werden, so empfiehlt sich in den Erwägungsgründen der EuErbVO eine Klarstellung, wonach die Entscheidung über die Zuordnung einer Sache als beweglich oder unbeweglich dem Recht des Lageortes unter-steht.109

5.2.2.2. Bereichsausnahmen und Anpassungsvorschrift (Art. 1 III lit. j) und k), Art. 22a kV)

(1) Art. 1 III lit. j) kV nimmt die Art dinglicher Rechte vom Anwendungsbereich der VO aus und schützt damit den numerus clausus der nach innerstaatlichem Recht zulässigen dingli-chen Aktstypen (vgl. Erwägungsgrund 10). Das Spannungsverhältnis, in dem die Vorschrift zum kollisionsrechtlichen Regelstatut steht, wird durch die Anpassungsvorschrift des Art. 22a kV aufgelöst. Dies ist ausdrücklich zu begrüßen. Um eine möglichst umfängliche An-wendbarkeit des Erbstatuts zu gewährleisten, ist Art. 22a kV weit auszulegen. Bei der Be-stimmung einer funktionsäquivalenten Entsprechung ist den durch das Erbstatut bestimm-ten Wirkungen des Rechts weitreichend Rechnung zu tragen.110 Lediglich solche Wirkungen, die dem Statut der Geltendmachung unbekannt sind, können nicht zur Entfaltung kom-men.111 Erklärt etwa das ausländische Erbstatut ein Nießbrauchsrecht an einem in Deutsch-land belegenen Grundstück des Erblassers für vererblich, so betrifft dies die inhaltliche Ausgestaltung und damit die Art des dinglichen Rechts, die Art. 1 III lit. j) kV vom Anwen-dungsbereich der VO ausnimmt und dem deutschen Belegenheitsstatut unterwirft. Nach § 1061 S. 1 BGB erlischt das Nießbrauchsrecht zwingend mit dem Tode des Nießbrauchsbe-rechtigten. Eine Verpflichtung des Eigentümers, nach dem Tod des Nießbrauchers dessen Erben ein neues Nießbrauchsrecht zu bestellen, kann aus dem Erbstatut nicht abgeleitet werden.112

107 Kompetenzrechtlich verbietet Art. 81 AEUV nicht, dass der Gemeinschaftsgesetzgeber auch sachrechtliche

Vorschriften innerhalb des Regelungsbereichs der EuErbVO trifft, s. Grabitz/Hilf/Nettesheim/Hess (2010), Art. 81 AEUV, Rdn. 29.

108 Eine Verfügung von Todes wegen, die etwa nach niederländischem Erbrecht den gesamten Nachlass dem Ehe-mann zuwendet und diesen verpflichtet, die übrigen Erben durch eine Geldzahlung abzufinden, ist zwar auch als dinglich wirkende Teilungsanordnung zu verstehen. Das deutsche Recht kann diese Verfügung funktional jedoch ohne weiteres als Einsetzung des überlebenden Ehegatten zum Alleinerben einordnen (Universalsukzes-sion), ohne dass ein dinglicher Vollzugsakt nach deutschem Recht zu erfolgen hätte (Erbscheinserteilung nach § 2369 BGB), vgl. dazu OLG Düsseldorf, 22.3.1985, IPRspr. 1985, S. 290, Nr. 114. Der Situs-Vorbehalt des Art. 20a kV würde in diesem Fall folglich nicht eingreifen.

109 Ein vergleichbares Qualifikationsproblem stellt sich bei Art. 4 I lit. c) Rom I-VO. 110 Vgl. EwG 10a und b (AGR). So verlangt Art. 22a KV etwa die Anpassung eines Vindikations- in ein Damnation-

slegat oder die der Rechtsinhaberschaft eines trustee in Treuhandeigentum, vgl. Dörner, ZEV 2010, 221, 228. 111 Vgl. zur entsprechenden Maßstabsbildung bei Art. 43 II EGBGB MünchKomm-BGB/Wendehorst, 5. Aufl. 2010,

Art. 43 EGBGB, Rdn. 152 f. 112 Nach deutschem Recht ist eine entsprechende Verpflichtung des Eigentümers nur anzunehmen, wenn sich der

Eigentümer hierzu bereits zu Lebzeiten des Nießbrauchers (Erblasser) verpflichtet hat, und dieses (vormerk-

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(2) Gemeinsamer Regelungsgegenstand von Art. 1 III lit. j) und k) kV ist die Eintragung dinglicher Rechte in öffentliche Register sowie deren Voraussetzungen und Wirkungen. Es erscheint daher vorzugswürdig, beide Regelungen zu einer einheitlichen Bestimmung zu-sammenzufassen. Ebenso sollte, wie auch in sonstigen Vorschriften des Verordnungsent-wurfs, der enge Sachbegriff in Art. 1 III lit. k) kV durch den weiteren Gegenstandsbegriff ersetzt werden.

5.2.2.3. Fehlende Abgrenzungsregelung zum Nachlassinsolvenzverfahren

Bislang fehlt dem Verordnungsentwurf eine Regelung, um die Anwendungsbereiche der Eu-ErbVO und der EuInsVO gegeneinander abzugrenzen. So unterstellt einerseits Art. 19 II lit. h) kV die Haftung für Nachlassverbindlichkeiten uneingeschränkt dem Erbstatut, mithin auch für den Fall, dass wegen (drohender) Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung ein In-solvenzverfahren über den Nachlass eröffnet wird. Andererseits soll nach verbreiteter An-sicht für diesen Fall die EuInsVO Anwendung finden.113 So beansprucht die Insolvenzver-ordnung, vorbehaltlich der in Art. 1 II EuInsVO normierten Ausnahmen, Geltung für „Ge-samtverfahren, welche die Insolvenz des Schuldners voraussetzen und den teilweisen oder vollständigen Vermögensbeschlag gegen den Schuldner sowie die Bestellung eines Verwal-ters zur Folge haben”.

Dies legt es nahe, auch Nachlassinsolvenzverfahren unter den Anwendungsbereich der Eu-InsVO zu fassen, zumal ihre Eröffnung zur haftungsrechtlichen Verselbständigung des Nachlasses führt. Entsprechend bestimmt Art. 4 I, II EuInsVO kollisionsrechtlich den Um-fang der lex fori concurus114, allerdings unter Beachtung erbrechtlicher Vorfragen. Diese beziehen sich etwa auf die Zuordnung des Nachlassvermögens (Art. 4 II lit. a) EuInsVO)115, die Zugehörigkeit von Vermögenswerten des Schuldners zur Masse (Art. 4 II lit. b) EuIns-VO)116 oder auf die haftungsrechtliche Einordnung der Nachlassverbindlichkeiten (Art. 4 II lit. g) EuInsVO).117 Unmittelbar dem Erbstatut unterfallen Regelungen zur Haftungsbe-schränkung bzw. -befreiung zugunsten der Erben.118

Es erscheint vor diesem Hintergrund ratsam, eine entsprechende Abgrenzung beider Statu-te zumindest in die Erwägungsgründe der EuErbVO aufzunehmen, zumal die EuInsVO keine besonderen Kollisionsregeln für das Nachlassinsolvenzverfahren bereithält. Auch ist ein Gleichlauf der (kollisionsrechtlichen) Anknüpfungskriterien keineswegs gewährleistet: So hebt Art. 3 I EuInsVO zwar zuständigkeitsrechtlich und demnach mittelbar auch für das

bare) Recht mit Todesfall dem Erben zusteht, vgl. dazu MünchKomm-BGB/Pohlmann, 5. Aufl. 2009, § 1061, Rdn. 15.

113 So jüngst AG Köln, 12.11.2010, NZI 2011, 159; Marotzke, in: Heidelberger Kommentar zur InsO, 6. Aufl. 2011, § 315, Rdn. 8 f. m.w.N.; MünchKomm-BGB/Birk, 5 Aufl. 2010, Art. 25 EGBGB, Rdn. 371; Mankowski, ZIP 2011, 1501 f.; offen gelassen von BGH, 14. 1. 2010, ZEV 2010, 528.

114 Demnach ist unerheblich, ob die Erbfolge selbst dem deutschen oder einem ausländischen Recht unterliegt. 115 So bestimmt Art. 4 II 2 lit. a) EuInsVO die „Art des Schuldners“. Wem und unter welchen Voraussetzungen

hingegen der Nachlass als Vermögensträger zufällt (Kreis der Erben und Erbfähigkeit), stellt eine erbrechtlich zu qualifizierende Vorfrage dar.

116 Die kollisionsrechtliche Qualifizierung kann im Einzelfall Schwierigkeiten bereiten: Zwar entscheidet das Erbsta-tut darüber, welche Vermögenswerte die Nachlassinsolvenzmasse bilden. Insolvenztypisch ist hingegen die Massebestimmung im Hinblick auf Neuerwerb oder vorrangige Pfändungsschutzbestimmungen (vgl. §§ 11 II Nr. 2, 35, 36, 315 InsO; § 1975 BGB). Gleiches gilt für die Frage, ob und inwieweit Schmälerungen der Na-chlassinsolvenzmasse zwischen Erbfall und Verfahrenseröffnung aufgefangen werden, etwa im Wege der An-fechtung, der dinglichen Surrogation oder durch Aufrechnungsverbote, vgl. dazu MünchKomm-InsO/Stiegmann, 2. Aufl. 2008, § 315 Anh., Rdn. 8 ff., 29 ff.

117 Vgl. im deutschen Recht §§ 324, 327 InsO. 118 So auch Staudinger/Dörner, BGB (2007), Art. 25 EGBGB, Rdn. 226; Mankowski, ZIP 2011, 1501, 1503 m.w.N.

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anwendbare Recht auf den Mittelpunkt der hauptsächlichen Interessen des Erblassers zum Zeitpunkt seines Todes ab (centre of main interests).119 Angeknüpft wird hierbei entweder an den Wohnsitz oder – überwiegend – an den Ort des gewöhnlichen Aufenthaltes einer un-selbständigen natürlichen Person, mithin in regelmäßiger Entsprechung zu Art. 4, 16 kV. Bei selbständig Tätigen fällt das Anknüpfungskriterium jedoch auseinander: Hier ist allein auf den Ort der beruflichen Tätigkeit des Erblassers abzustellen.120

119 Die örtliche Zuständigkeit richtet sich in Deutschland nach Art. 102 § 1 EGInsO i.V.m. § 315 InsO. 120 Zur möglichen Divergenz zwischen gewöhnlichem Aufenthalt und Ort der beruflichen Tätigkeit s. AG Köln,

12.11.2010, NZI 2011, 159, 160.

Stellungnahme zum Vorschlag für eine Europäische Erbrechtsverordnung _________________________________________________________________________

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6. TRANSNATIONALE WIRKUNGSERSTRECKUNG FÜR GERICHTSENTSCHEIDUNGEN UND ÖFFENTLICHE URKUNDEN121

6.1. Das vorgeschlagene System

6.1.1. Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen

Die Regelungen zur grenzüberschreitenden Anerkennung und Vollstreckung von Entschei-dungen in den Artikeln 29 bis 33-14 kV orientieren sich weitestgehend an den entspre-chenden Regelungen der Brüssel I VO in ihrer derzeitigen Fassung. Auf diese Weise soll für Gerichtsentscheidungen auf dem Gebiet des Erbrechts eine ipso iure eintretende EU-weite Anerkennung sowie ein EU-weit vereinheitlichtes Exequaturverfahren mit abschließend ge-regelten Anerkennungsversagungsgründen geschaffen werden. Unter diesen findet sich ein umfassender ordre public-Vorbehalt.

6.1.2. Grenzüberschreitende Wirkungserstreckung für öffentliche Urkunden

Artikel 34 kV beinhaltet mit der grenzüberschreitenden „Annahme öffentlicher Urkunden“ ein Novum im europäischen Zivilverfahrensrecht. Öffentliche Urkunden, die in Erbangele-genheiten errichtet werden und im Hinblick auf Unterschrift und Inhalt Beweiskraft entfal-ten (vgl. Art. 2 I 1 lit. h), sollen EU-weite Wirkungserstreckung erfahren. Die Grenze setzt ein allgemeiner ordre public-Vorbehalt.

Artikel 35 und 35a bewegen sich demgegenüber mit der grenzüberschreitenden Voll-streckbarkeit von vollstreckbaren öffentlichen Urkunden und gerichtlichen Vergleichen in gewohntem Fahrwasser.

6.2. Stellungnahme

6.2.1. Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen

Es ist zu begrüßen, dass der Entwurf im Bereich der grenzüberschreitenden Anerkennung und Vollstreckung von Gerichtsentscheidungen im Gegensatz zur Vollstreckungstitel-, Mahn-, Bagatell- und Unterhaltsverordnung sowie im Gegensatz zum Vorschlag der Kom-mission für eine neue Brüssel I VO einen umfassenden ordre public-Vorbehalt statuiert. Die für die Brüssel I VO geplante deutliche Beschneidung dieses Vorbehalts,122 die sich bereits im Bereich des allgemeinen Privat- und Wirtschaftsrechts Kritik ausgesetzt sieht,123 er-scheint für das Gebiet des Erbrechts, das auf EU-Ebene bisher keine Vereinheitlichung er-fahren hat und deutlich stärker als das allgemeine Zivilrecht durch die nationalen Grund-werte der einzelnen Mitgliedstaaten geprägt ist, jedenfalls zum jetzigen Zeitpunkt ver-früht.124 Diesen Befund vermag auch nicht die mit der geplanten Erbrechtsverordnung ein-

121 Diesen Abschnitt hat Herr Dr. Stefan Huber, wiss. Assistent und Habilitand am Institut, erarbeitet. 122 Vgl. Art. 46 des Kommissionsentwurfs für eine Reform der Brüssel I VO, KOM(2010) 748 endgültig. 123 Vgl. bspw. Schlosser, IPRax 2010, 101, 103. 124 Dass der ordre public-Vorbehalt selbst hier trotz der größeren Wertedichte keine allzu bedeutende Rolle spielen

mag (vgl. den Hinweis bei Dörner/Lagarde, Rechtsvergleichende Studie der erbrechtlichen Regelungen des In-ternationalen Verfahrensrechtes und Internationalen Privatrechts der Mitgliedsstaaten der Europäischen Union, 2002, S. 213), bedeutet nicht, dass man ihn abschaffen kann; strukturell ist er eben nur für Extremfälle ge-dacht, die innerhalb der EU eher selten sind.

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hergehende Vereinheitlichung des Kollisionsrechts zu ändern. Das kollisionsrechtliche In-strumentarium beinhaltet mit dem Institut des ordre public-Vorbehalts (Art. 27 kV) einen Mechanismus, der bei der Rechtsanwendung Raum für nationale Unterschiede lässt. Insbe-sondere aber bei der Anwendung eines Drittstaatenrechts, wozu es nach der Konzeption des Verordnungsvorschlags durch Rechtswahl125 sowie im Falle der Wahrnehmung der sub-sidiären126 oder Notzuständigkeit127 kommen kann, ist es denkbar, dass das Ergebnis der Rechtsanwendung im Forumstaat gerade noch als mit den nationalen Grundwerten verein-bar angesehen, im Vollstreckungsstaat hingegen als ordre public-widrig eingestuft wird.128 Vor diesem Hintergrund ist es zu begrüßen, dass die im Kommissionsvorschlag vorgesehe-ne Begrenzung des ordre public-Vorbehalts auf Verletzungen der Grundrechte-Charta129 in dem dieser Stellungnahme zugrunde liegenden Entwurf gestrichen wurde.130 Eine solche Begrenzung würde den klassischen ordre public-Vorbehalt von einem nationalen Maßstab mit europäischem Rahmen in einen rein europäischen Maßstab überführen.

Plausibel erscheint ebenfalls, dass die im ursprünglichen Kommissionsvorschlag vorgesehe-nen Verweise auf die Brüssel I VO131 durch eine eigenständige Regelung ersetzt worden sind. Da sich die derzeitigen Regelungen der Brüssel I VO in einem Reformprozess befin-den, der noch nicht so weit fortgeschritten ist wie die Arbeiten an der geplanten Erbrechts-verordnung, ist es methodisch überzeugend, den dynamischen Verweis auf die Brüssel I VO durch einen eigenständigen Mechanismus zu ersetzen.

Obgleich der Grundansatz des Entwurfs im Bereich der Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen also zu befürworten ist, fällt negativ auf, dass die geplanten Regelungen weitgehend das Regime der Brüssel I VO in ihrer derzeitigen Fassung, die aus dem Jahre 2001 stammt, übernehmen. Auch Regelungen, die nicht mehr zeitgemäß sind oder auf die Besonderheiten von Erbangelegenheiten nicht ausreichend zugeschnitten sind, haben auf diese Weise Eingang in den Entwurf gefunden. So erscheint fraglich, warum das Exequatur-verfahren beibehalten wurde. Der Grund mag darin liegen, dass der Entwurf einen umfas-senden ordre public-Vorbehalt statuiert. Dieser kommt aber – wie im Rahmen der Brüssel I VO – erst zum Tragen, wenn die Vollstreckbarerklärung im Vollstreckungsstaat ergangen ist und vom Titelschuldner angegriffen wird (vgl. Art. 33-4 sowie 33-8 kV). Daher ist es durch-aus möglich und unter prozessökonomischen Gesichtspunkten auch vorzugswürdig, unter Beibehaltung eines umfassenden ordre public-Vorbehalts das klassische Exequaturverfah-ren abzuschaffen.132 Entscheidungen wären dann EU-weit nicht nur ipso iure anerkannt, sondern auch vollstreckbar. Der Titelschuldner hätte allerdings die Möglichkeit, im jeweili-gen Vollstreckungsstaat die Verweigerung der Vollstreckung zu erwirken, sofern die Voll-streckung gegen den dortigen ordre public verstoßen würde oder ein anderer Anerken-nungsversagungsgrund vorliegt. Freilich setzt ein solcher Mechanismus die Ausarbeitung von EU-weit einheitlichen Formularen voraus, die im Ursprungsstaat auf Grundlage des dort ergangenen Titels ausgefüllt werden. Probleme der Titelkonkretisierung, die im klassischen 125 Vgl. Art. 17 kV. 126 Vgl. Art. 6 kV. 127 Vgl. Art. 6a kV. 128 In die umgekehrte Richtung gehen freilich nationale ordre public-Konzepte, die bei der Entscheidungsanerken-

nung einen schwächeren Maßstab anlegen als bei der Anwendung fremden Rechts (vgl. dazu die rechtsverglei-chende Umschau bei Dörner/Lagarde, S. 213); aber auch bei diesen Konzeptionen kann der Grundmaßstab so verschieden liegen, dass sich das geschilderte Problem stellt.

129 Vgl. EwG 24 des Kommissionsvorschlags KOM(2009) 154 endg.; dazu M. Stürner, in: Kronke/Thorn (Hrg.), FS von Hoffmann (2011) S. 463, 476.

130 Vgl. die jetzige Fassung von EwG 24 kV. 131 Art. 29 II sowie Art. 33 des Kommissionsentwurfs KOM(2009) 154 endg. 132 Dazu Oberhammer, IPRax 2010, 197, 199 f.

Stellungnahme zum Vorschlag für eine Europäische Erbrechtsverordnung _________________________________________________________________________

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Exequaturverfahren bei der Vollstreckbarerklärung gelöst werden,133 müssten hier bereits durch eine adäquate Formulargestaltung vermieden werden. Der Kommissionsvorschlag zur Reform der Brüssel I VO sieht die Verwendung derartiger Formulare vor.134

Auch im Detail hat die weitgehende Übernahme der Regelungen aus der derzeitigen Fas-sung der Brüssel I VO bisweilen zur Integration wenig überzeugender Normen geführt. Dies gilt in erster Linie für die in der Brüssel I VO unbefriedigend gelöste Problematik der Ent-scheidungskollision. Obwohl jüngere Verordnungen wie die Vollstreckungstitelverord-nung,135 die Mahnverordnung136 und die Bagatellverordnung137 hier uneingeschränkt das überzeugende Prioritätsprinzip festgelegt haben, übernimmt der Vorschlag zur Schaffung einer Erbrechtsverordnung die in der Brüssel I VO vorgesehene Privilegierung der Entschei-dungen des Vollstreckungsstaates (Art. 30 lit. c) kV). Die Ursache mag darin liegen, dass selbst der Kommissionsvorschlag zur Reform der Brüssel I VO an dieser Lösung festhält.138 In der Sache vorzugswürdig ist jedoch der Prioritätsgrundsatz.139 Darüber hinaus ist die aus der Brüssel I VO stammende Formulierung in Artikel 30 lit. c) und lit. d) kV zu eng. Sinnvoll erscheint im Bereich des Erbrechts eine Verhinderung einander widersprechender Entschei-dungen im selben Erbfall.140

An anderen Stellen ist die Modernisierung der Regelungen bei ihrer Übernahme demgegen-über gelungen. So enthält der hier zugrunde liegende Entwurf anders als die Brüssel I VO in Artikel 33-2 das Verbot, vom Titelgläubiger, der die Zwangsvollstreckung begehrt, die An-gabe einer inländischen Postanschrift oder eines Zustellungsbevollmächtigten zu verlangen.

6.2.2. Grenzüberschreitende Wirkungserstreckung für öffentliche Urkunden

6.2.2.1. Derzeitiger rechtlicher Rahmen

Öffentliche Urkunden spielen bei der Abwicklung von Nachlassverfahren eine wichtige Rolle. Zur einfacheren grenzüberschreitenden Verwendung öffentlicher Urkunden haben sämtliche EU-Mitgliedstaaten das Haager Übereinkommen von 1961 über die Befreiung ausländischer öffentlicher Urkunden von der Legalisation141 ratifiziert. Zur Bestätigung der Echtheit der jeweiligen Urkunde genügt auf dieser Grundlage die Apostille, für deren Ausstellung eine Behörde im Ursprungsstaat zuständig ist. Einen Schritt weiter gehen die Bemühungen der Internationalen Kommission für das Zivilstandswesen.142 Deren Ausarbeitung von Überein-kommen für bestimmte Arten öffentlicher Urkunden zielt darauf ab, das Apostilleerfordernis durch die Verwendung einheitlicher, mehrsprachiger Formblätter zu ersetzen. An diesen

133 S. zu dieser Problematik S. Huber, in: Dierck/Morvilius/Vollkommer (Hrg.), Handbuch des Zwangs-

vollstreckungsrechts (2009), Kapitel 8 Rdn. 40. 134 Vgl. die Anhänge in KOM(2010) 748 endgültig. 135 Vgl. Art. 21 EuVTVO. 136 Vgl. Art. 22 EuMahnVO. 137 Vgl. Art. 22 EuBagatellVO. 138 Vgl. Art. 43 und 48 des Vorschlags KOM(2010) 748 endg. 139 Für einen Formulierungsvorschlag s. Hess, in: Hess/Pfeiffer/Schlosser, Report on the Application of Regulation

Brussels I in the Member States (2007), Rn. 565. 140 Vgl. den Vorschlag bei Rauscher, in: Rauscher (Hrg.), Europäisches Zivilprozess- und Kollisionsrecht (2010),

Erbrechtsverordnungsentwurf Rdn. 42. 141 Abrufbar unter http://www.hcch.net/index_en.php?act=text.display&tid=37. 142 Vgl. http://www.ciec1.org/index.htm.

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Übereinkommen sind allerdings nicht sämtliche EU-Mitgliedstaaten beteiligt.143 Ergänzend sind bilaterale Abkommen zu berücksichtigen.144

6.2.2.2. Grundkonzeption des Entwurfs

Artikel 34 kV will den Verzicht auf das Apostille-Erfordernis auf dem Gebiet des Erbrechts EU-weit ausdehnen.145 Inwieweit er darüber hinaus Wirkungen entfalten soll, lässt sich der Norm nicht ganz eindeutig entnehmen. Im Vergleich zum ursprünglichen Kommissionsvor-schlag ist die Regelung des Entwurfs, der dieser Stellungnahme zugrunde liegt, allerdings schon deutlich konkreter gefasst, indem sie nicht mehr pauschal auf die grenzüberschrei-tende Anerkennung146 öffentlicher Urkunden, sondern auf die EU-weite Erstreckung der formellen Beweiskraft öffentlicher Urkunden abhebt.147

Im Hinblick auf die Beweiskraft öffentlicher Urkunden sind drei Ebenen zu unterscheiden: (1.) die Beweiskraft im Hinblick auf die Echtheit der Urkunde selbst (Echtheitsvermutung), (2.) die Beweiskraft im Hinblick auf die in der Urkunde dokumentierten Tatsachen (Tatsa-chenvermutung) sowie (3.) eine etwaige Beweiskraft im Hinblick auf einen in der Urkunde dokumentierten Rechtsakt oder eine dokumentierte rechtliche Beziehung.148 Nach der in Artikel 2 I lit. h) kV enthaltenen Definition öffentlicher Urkunden erfasst der Entwurf aus-schließlich Urkunden, die nach der Rechtsordnung des Ursprungsstaats zumindest die ers-ten beiden Wirkungen entfalten. Dementsprechend verfolgt Artikel 34 kV das Ziel, diese Wirkungen auf alle von der Erbrechtsverordnung erfassten EU-Mitgliedstaaten auszudeh-nen. Nicht ganz eindeutig lässt sich der Norm entnehmen, ob sie auch eine etwaig im Ur-sprungsstaat vorgesehene Beweiswirkung im Hinblick auf den dokumentierten Rechtsakt bzw. die dokumentierte rechtliche Beziehung EU-weit ausdehnen will. Dagegen spricht der gegenüber dem Kommissionsentwurf neu eingefügte letzte Satz von Erwägungsgrund 26. Als Auslegungshilfe zu Artikel 34 kV formuliert er den Hinweis, dass das der öffentlichen Urkunde zugrunde liegende Rechtsgeschäft nach dem zur Anwendung berufenen Sachrecht zu beurteilen sei. Dies entspricht der klassischen kollisionsrechtlichen Vorgehensweise, nicht hingegen der Idee einer grenzüberschreitenden Erstreckung von Beweiswirkungen im Hinblick auf Rechtsakte und Rechtsbeziehungen.149 In die umgekehrte Richtung deutet hin-

143 Vgl. die Statusübersichten unter http://www.ciec1.org/index.htm. 144 Für die bilateralen Abkommen, an denen Deutschland beteiligt ist, s. die Übersicht zur internationalen Rech-

tshilfe auf dem Justizportal von Nordrhein-Westfalen unter http://www.datenbanken.justiz. nrw.de/pls/jmi/ir_lan_bestand?v_lan=zusatz_internationaler_urkundenverkehr&v_show=n.

145 Eine solche Befreiung vom Apostille-Erfordernis sehen bereits die derzeit geltenden europäischen Verordnun-gen für die Dokumente vor, die im Vollstreckbarerklärungsverfahren vorzulegen sind; vgl. bspw. Art. 56 EuG-VO. Daran knüpft auch Art. 44b kV an, dessen Anwendungsbereich sich mit Art. 34 kV überschneiden dürfte.

146 Die Streichung des Begriffs der Anerkennung ist zu begrüßen. Dieser Terminus, der im Kontext von Gerich-tsentscheidungen seinen berechtigten Platz hat, birgt im Zusammenhang mit öffentlichen Urkunden die Gefahr von Missverständnissen; vgl. dazu M.Kohler/Buschbaum, IPRax 2010, 313, 315 f.; Mansel/Thorn/Wagner, IPRax 2011, 1, 4 f.; Rechberger, ÖJZ 2012, 14, 17.

147 S. zur rechtspolitischen Entwicklung und den Hintergründen der grenzüberschreitenden Behandlung öffentli-cher Urkunden umfassend Mansel, RabelsZ 2006, 654, 663 ff.

148 Vgl. zu dieser Unterscheidung die von Mansel, Coester-Waltjen, Henrich und Kohler im Auftrag des Deutschen Rats für Internationales Privatrecht ausgearbeitete Stellungnahme zum Grünbuch der Europäischen Kommis-sion – Weniger Verwaltungsaufwand für EU-Bürger: Den freien Verkehr öffentlicher Urkunden und die Aner-kennung der Rechtswirkungen von Personenstandsurkunden erleichtern – KOM(2010) 747 endg., IPRax 2011, 335, 337. Auch die neuen Erwägungsgründe 26 bis 26f der Arbeitsgruppe des Rates greifen diese Unterschei-dung auf.

149 Die neu gefassten Erwägungsgründe der Ratsarbeitsgruppe, die kurz vor Abschluss dieser Stellungnahme übermittelt wurden, machen demgegenüber in den Erwägungsgründen 26c bis 26e deutlich, dass nach der Vorstellung des Rates diese Art der Beweiswirkung ebenfalls grenzüberschreitende Erstreckung erfahren soll. Auch hier findet sich zwar in Erwägungsgrund 26c AGR der Hinweis auf das zur Anwendung berufene Sa-chrecht. Dies soll allerdings nur dann zum Tragen kommen, wenn die Beweiswirkung, die sich auf den doku-

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gegen die Formulierung in Artikel 34 kV, der zufolge sich die öffentlichen Urkunden EU-weit im freien Verkehr befinden.

6.2.2.3. Urkunden im Sinne von Artikel 34 kV

Es stellt sich die Frage, welche Urkunden überhaupt von Artikel 34 kV erfasst sein sollen. Zwar sind zahlreiche Urkunden bei der Abwicklung von Nachlassverfahren von Bedeutung; erwähnt seien nur Sterbe-, Ehe- und Adoptionsurkunden. Allerdings fallen diese Urkunden nicht in den Anwendungsbereich der geplanten Erbrechtsverordnung (vgl. Art. 1 III kV). Artikel 34 kV, der in seiner hier zugrunde liegenden Fassung ausdrücklich klarstellt, dass die Urkunden in den Anwendungsbereich der Verordnung fallen müssen, erfasst die ge-nannten Dokumente demnach nicht. Dass diese Personenstandsurkunden in einer künftigen Erbrechtsverordnung keine Regelung erfahren sollen, überzeugt schon deswegen, weil den Arbeiten an einem Gemeinschaftsinstrument über die grenzüberschreitende Verwendung von Personenstandsurkunden, die auf der Grundlage des im Dezember 2010 veröffentlich-ten Grünbuchs150 begonnen haben,151 nicht vorgegriffen werden sollte.

Bleiben die durch einen Notar oder andere öffentliche Stellen152 beurkundeten letztwilligen Verfügungen und Erbverzichtsverträge, die Fremdverwalterzeugnisse und nationalen Erb-scheine bzw. notariellen Erbnachweise sowie andere erbscheinsähnliche Dokumente153 und schließlich die Erbauseinandersetzungsdokumente.

(1) Die grenzüberschreitende Erstreckung der Beweiswirkung öffentlicher Urkunden, die eine letztwillige Verfügung oder einen Erbverzicht dokumentieren, kann nicht die Wirksam-keit der letztwilligen Verfügung bzw. des Erbverzichts erfassen. Diese ist einschließlich der Formfragen auf Grundlage des Erb- bzw. Formstatuts zu beurteilen, das nach Kapitel III der geplanten Erbrechtsverordnung zu ermitteln ist.154 Die Echtheitsvermutung sowie die Tat-sachenvermutung eines solchen Dokuments könnte demgegenüber grenzüberschreitende Wirkungserstreckung erfahren. Dies würde die Berücksichtigung der Urkunde im Zusam-menhang mit Erbscheins- bzw. erbscheinsähnlichen Verfahren und Registereintragungen erleichtern. In Deutschland bspw. können letztwillige Verfügungen, die von einem ausländi-schen Notar beurkundet worden sind, schon derzeit nach § 35 GBO dem Grundbuchamt

mentierten Rechtsakt oder die dokumentierte Rechtsbeziehung erstreckt, vor einem Gericht bestritten wird (vgl. auch EwG 26e AGR).

150 KOM(2010) 747 endg. Vgl. im Übrigen auch die Vorschläge zur grenzüberschreitenden Erstreckung der Be-weiswirkung öffentlicher Urkunden im Kontext des Güterrechts bei Ehen sowie eingetragenen Partnerschaften: Art. 28 mit Erwägungsgrund 24 in KOM(2011) 127/2 sowie Art. 32 mit Erwägungsgrund 28 in KOM(2011) 126/2.

151 Vgl. dazu die von Mansel, Coester-Waltjen, Henrich und Kohler im Auftrag des Deutschen Rats für Internatio-nales Privatrecht ausgearbeitete Stellungnahme, IPRax 2011, 335 ff.

152 Zu denken ist hier bspw. an die durch einen Konsularbeamten aufgenommenen Testamente. 153 Für eine Übersicht des Variantenreichtums s. Dörner/Lagarde, Rechtsvergleichende Studie der erbrechtlichen

Regelungen des Internationalen Verfahrensrechtes und Internationalen Privatrechts der Mitgliedsstaaten der Europäischen Union (2002), S. 277 ff.

154 Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht, RabelsZ 2010, 522, 670. Vor diesem Hintergrund ist unklar, wie die neuen Erwägungsgründe der Arbeitsgruppe des Rates, die kurz vor Abschluss dieser Stellungnahme übermittelt wurden, zu verstehen sind. Erwägungsgrund 26c AGR nennt ausdrücklich Testamente als Beispiel für die Rechtsakte, die von der Beweiswirkungserstreckung erfasst sein sollen. Immer-hin soll diese Beweiswirkung nicht die mitgliedstaatlichen Gerichte binden, die die von der Beweiswirkung er-fassten Rechtsakte inzident anhand des zur Anwendung berufenen Sachrechts überprüfen können (vgl. EwG 26d AGR). Anderen öffentlichen Institutionen scheint dieser kollisionsrechtliche Weg hingegen versperrt zu sein. Sollte dies so gewollt sein, könnte dadurch der Grad der Beweiswirkung durch den Grenzübertritt erhöht werden, was der Grundidee einer Wirkungserstreckung zuwiderliefe.

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vorgelegt werden, um eine Grundbuchberichtigung zu erwirken.155 Um die Echtheitsvermu-tung auszulösen, muss die aus einem anderen EU-Mitgliedstaat stammende Urkunde aller-dings mit einer Apostille versehen sein, sofern kein Abkommen besteht, das von diesem Erfordernis befreit.156 Eine solche Befreiung könnte Artikel 34 kV EU-weit herbeiführen. Gleichzeitig könnte die Beweiskraft im Hinblick auf die in der Urkunde dokumentierten Tat-sachen157 mittels Artikel 34 kV grenzüberschreitende Wirkungserstreckung erfahren.158 Freilich muss das Grundbuchamt anschließend auf Grundlage dieser Tatsachen unter He-ranziehung des anwendbaren Erbrechts überprüfen, ob es die Umschreibung vornehmen darf. Ist die rechtliche Analyse zu komplex, kann es die Vorlage eines Erbscheins verlan-gen.159

In gleicher Weise würde die grenzüberschreitende Erstreckung der Echtheits- und Tatsa-chenvermutung ausländischer letztwilliger Verfügungen in Form öffentlicher Urkunden dem Antragsteller in Erbscheins- sowie erbscheinsähnlichen Verfahren zugutekommen.160

(2) Als Erbauseinandersetzungsdokument soll hier beispielhaft der von einem französischen Notar aufgenommene acte de partage herangezogen werden.161 Hatte der Erblasser seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt in Frankreich, kommt nach Kapitel III der geplanten Erb-rechtsverordnung entgegen dem traditionellen französischen Ansatz162 auch im Hinblick auf die in Deutschland belegenen Grundstücke französisches Erbrecht zur Anwendung. Der französische acte de partage, der sich bereits unter der gegenwärtigen französischen Rechtslage auf die deutschen Grundstücke beziehen kann,163 kann dies unter dem Regime der geplanten europäischen Erbrechtsverordnung also erst recht. Somit stellt sich vor dem Hintergrund von Artikel 34 kV die Frage, ob der Miterbe, dem ein solches Grundstück zu-gewiesen wird, künftig unter Vorlage des acte de partage beim deutschen Grundbuchamt seine Eintragung erreichen kann (vgl. §§ 22, 29, 35 GBO).

Hier überlagern sich mehrere Problemkreise: Ausgehend von der Rechtsordnung des Aus-stellungsstaates, der der acte de partage entstammt, ist zunächst festzuhalten, dass der acte de partage nach französischem Recht rein deklaratorischer Natur ist. Artikel 883 Code civil ordnet mit Rückwirkung an, dass jeder Miterbe im Hinblick auf die ihm zugewiesenen Vermögensgegenstände unmittelbar mit dem Erbfall alleiniger Berechtigter geworden ist.

155 Zur entsprechenden Regelung im Kontext von Handelsregistereintragungen s. § 12 HGB und dazu Preuß, in:

Oetker (Hrg.), Handelsgesetzbuch – Kommentar, § 12 Rdn. 30 ff. 156 Böhringer, ZEV 2001, 387; Riering, MittBayNot 1999, 528 f.; BeckOK-GBO/Wilsch, 2011, § 35 GBO Rn. 161. 157 So bei einer notariell beurkundeten letztwilligen Verfügung bspw. die Tatsache, dass die entsprechende Erklä-

rung abgegeben worden ist. 158 Im deutschen Verfahrensrecht kommt ausländischen öffentlichen Urkunden, die nach § 438 ZPO als echt anzu-

sehen sind, gem. § 415 ZPO bereits derzeit Tatsachenvermutungswirkung zu. Eine europäische Regelung würde die Wirkungserstreckung demgegenüber vom jeweiligen nationalen Regelungskonzept unabhängig ma-chen.

159 So die herrschende Auslegung von § 35 I S. 2 GBO; vgl. BeckOK-GBO/Wilsch, 2011, § 35 GBO Rdn. 160. 160 Vgl. zum deutschen Recht bspw. die Regelung in §§ 2356, 2355 BGB. 161 In anderen Rechtsordnungen finden sich ähnliche Erbauseinandersetzungsdokumente; vgl. bspw. für das ita-

lienische Recht Amadio in: Diritto Civile Volume II: Successioni, Donazioni, Beni, 2009, Abschnitt V.3.a; zur spanischen escritura de partición vgl. de la Cámara Álvarez, Compendio de Derecho Sucesorio, 3. Aufl. 2011, S. 425. Bedeutsam sind in diesem Zusammenhang auch die Stellung von Teilungsvollstreckern und Doku-mente, die diese legitimieren; vgl. dazu im spanischen Recht Rivas Martínez, Derecho de Sucesiones. Común y Foral, 4. Aufl. 2009, S. 2637. Die neuen Erwägungsgründe der Arbeitsgruppe des Rates, die kurz vor Abschluss dieser Stellungnahme übermittelt wurden, nehmen derartige Erbauseinandersetzungsdokumente in Erwägung-sgrund 26c ausdrücklich in Bezug.

162 S. dazu Audit/d’Avout, Droit international privé, 6. Aufl. 2010, para. 887 ff. 163 Zu diesem acte de partage global s. die Informationen der Chambre des Notaires de Paris unter

http://www.paris.notaires.fr/art.php?cID=183&nID=550.

Stellungnahme zum Vorschlag für eine Europäische Erbrechtsverordnung _________________________________________________________________________

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Anders als im deutschen Recht wird im Falle der Auseinandersetzung einer Miterben-gemeinschaft der Rechtsübergang auf die jeweiligen Miterben im Zeitpunkt des Erbfalls fin-giert. Es bedarf keines zusätzlichen konstituierenden Aktes.164 Somit stellt sich aus der Per-spektive des deutschen Rechts die Frage, ob nach Artikel 20a kV zusätzlich eine nach deut-schem Sachenrecht bei Erbauseinandersetzungen erforderliche Auflassungserklärung zu fordern ist (vgl. dazu den Abschnitt 5.2.2 dieser Stellungnahme). Darüber hinaus verlangt § 35 GBO zum Nachweis der Erbfolge grundsätzlich einen Erbschein, es sei denn, die Erb-folge ergibt sich aus einer in einer öffentlichen Urkunde enthaltenen letztwilligen Verfü-gung. Obwohl die Miterben in Frankreich auf der Grundlage des acte de partage die ent-sprechende Veröffentlichung im Liegenschaftsregister165 erreichen können,166 wird der von einem französischen Notar aufgenommene acte de partage bisher nicht als ein Erbschein im Sinne dieser Norm anerkannt.167

(3) Dies führt schließlich zu der Frage, ob über Artikel 34 kV168 nationale Erbscheine oder funktionsähnliche Erbnachweise Wirkungserstreckung erfahren könnten. Offensichtlich kann es hier nicht lediglich um eine Erstreckung der Echtheits- und Tatsachenvermutung gehen. Entscheidend ist die Erstreckung der von nationalen Erbscheinen und erbscheinsähnlichen Dokumenten169 ausgehenden Legitimationswirkung.

Dazu ist grundsätzlich anzumerken, dass bei vereinheitlichtem Kollisionsrecht die grenz-überschreitende Erstreckung einer solchen Wirkung im Ausgangspunkt denkbar ist, da die Wirkungserstreckung die kollisionsrechtlichen Wertungen des Staates, in dem das Doku-ment Verwendung finden soll, nicht zu unterlaufen droht.170 Einen solchen Weg beschreitet bspw. die Schweiz mit Artikel 96 IPRG.171 Diese Norm erfasst u.a. die „Anerkennung“172

164 Malaurie/Aynès, Les successions – les libéralités, 4. Aufl. 2010, para. 996 ff. 165 Dieses entfaltet freilich nicht den öffentlichen Glauben des deutschen Grundbuchs; s. Simler/Delebecque, Droit

civil – Les sûretés – La publicité foncière, 5. Aufl. 2009, para. 842, 852 ff.; zur Sonderstellung der Liegens-chaftsregister nach dem droit local von Alsace-Moselle s. Simler/Delebecque aaO., para. 844.

166 Mouralis in: Juris-Classeur, Code civil, Art. 720 à 892, fascicule 94 para. 13. 167 Hau in: Prütting/Helms (Hrg.), FamFG-Kommentar, 2. Aufl. 2011, § 108 Rn. 17, der darauf hinweist, dass

selbst ausländische Erbfolgezeugnisse, die in ihren Wirkungen dem deutschen Erbschein entsprechen, gem. § 108 FamFG nicht anerkennungsfähig sind. Bei dem französischen acte de partage handelt es sich nicht einmal um ein solches Dokument.

168 Diskutiert wird auch eine Anerkennung nationaler Erbscheine über Art. 29 kV; vgl. Rauscher in: Rauscher (Hrg.), Europäisches Zivilprozess- und Kollisionsrecht, 2010, Erbrechtsverordnungsentwurf Rn. 38 a.E. Dies erscheint im Hinblick auf die Widerlegbarkeit der Legitimationswirkung nationaler Erbscheine jedoch zweifel-haft; anders verhält es sich mit dem österreichischen Einantwortungsbeschluss, der in Rechtskraft erwächst; vgl. dazu §§ 797 ff. ABGB.

169 Für einen umfassenden Überblick über die verschiedenen Institute, s. Dörner/Lagarde, Rechtsvergleichende Studie der erbrechtlichen Regelungen des Internationalen Verfahrensrechtes und Internationalen Privatrechts der Mitgliedsstaaten der Europäischen Union (2002), S. 277 ff.

170 Als problematisch können sich angesichts der beabsichtigten Vereinheitlichung des Erbkollisionsrechts allenfalls Vorfragenbereiche erweisen, die EU-weit noch keine Kollisionsrechtsvereinheitlichung erfahren haben. Dieses Problem könnte durch eine unselbstständige Vorfragenanknüpfung gelöst werden, die freilich andere Probleme mit sich bringt; für die unselbstständige Vorfragenanknüpfung im Rahmen der künftigen Erbrechtsverordnung Dörner, ZEV 2010, 221, 223 f.; tendenziell eher dagegen Max-Planck-Institut für ausländisches und internatio-nales Privatrecht, RabelsZ 2010, 522, 526 f.; grundsätzlich zum Zusammenhang zwischen Kollsionsrechtsve-reinheitlichung und Wirkungserstreckung öffentlicher Urkunden s. Jayme/C. Kohler, IPRax 2001, 501 ff.; Man-sel, RabelsZ 2006, 654, 723 ff.; Mansel, Coester-Waltjen, Henrich und Kohler, Stellungnahme im Auftrag des Deutschen Rats für Internationales Privatrecht zum Grünbuch der Europäischen Kommission ‘Weniger Verwal-tungsaufwand für EU-Bürger: Den freien Verkehr öffentlicher Urkunden und die Anerkennung der Rechtswir-kungen von Personenstandsurkunden erleichtern’ – KOM(2010) 747 endg., IPRax 2011, 335, 338.

171 Darauf weisen hin Dörner/Lagarde, Rechtsvergleichende Studie der erbrechtlichen Regelungen des Internatio-nalen Verfahrensrechtes und Internationalen Privatrechts der Mitgliedsstaaten der Europäischen Union, 2002, 291 ff.

172 So der Wortlaut der schweizerischen Norm. Zur Problematik dieses Begriffs s. oben in Abschnitt 6.2.2.2. Vgl. demgegenüber Coester-Waltjen, in: Mansel u.a. (Hrg.), FS für Erik Jayme, 2004, 121, 129.

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ausländischer Erbnachweise, sofern der Erbnachweis in dem Staat ausgestellt wurde, in dem der Erblasser seinen letzten Wohnsitz hatte oder dessen Recht er gewählt hat.173 Durch diese räumliche Einschränkung bringt die Schweiz ihre kollisionsrechtliche Grundwer-tung zum Ausdruck, dass als Erbstatut das Recht zur Anwendung berufen ist, auf das die Kollisionsregeln des Staates verweisen, in dem der Erblasser seinen letzten Wohnsitz hat-te.174 Nach Artikel 31, 29 III IPRG bedarf die Wirkungserstreckung des ausländischen Erb-nachweises keines besonderen Verfahrens, sondern kann von jeder Behörde inzident fest-gestellt werden.175 Auf diese Weise zeigt sich die Schweiz aufgeschlossen gegenüber aus-ländischen Erbnachweisen, ohne ihr eigenes Kollisionsrecht auszuhebeln.

Im Rahmen einer künftigen europäischen Erbrechtsverordnung stellen sich die Umstände jedoch insofern anders dar, als ein einheitliches europäisches Nachlasszeugnis geschaffen werden soll (s. dazu Abschnitt 7). Dieses Instrument, das sowohl die Fremdverwalter- als auch die Erben- und Vermächtnisnehmerstellung erfasst und mit EU-weiter Legitimations- sowie Gutglaubenswirkung ausgestattet ist, macht eine Erstreckung der Wirkung nationaler Erbscheine und Fremdverwalterzeugnisse entbehrlich.176 Angesichts des auf Ebene der Mit-gliedstaaten vorhandenen Variantenreichtums an Erbscheinen und erbscheinsähnlichen Do-kumenten mit den unterschiedlichsten Wirkungen177 würde die Parallelität der beiden Kon-zepte eine unnötige Erhöhung der Komplexität für die betroffenen Stellen bedeuten.178

Somit lässt sich festhalten, dass Artikel 34 kV noch konkreter formuliert werden könnte. Statt allgemein auf die Erstreckung von Beweiswirkungen abzuheben, sollte er die einzel-nen Wirkungen, die grenzüberschreitende Erstreckung erfahren sollen, benennen.179 In die-sem Zusammenhang könnte auch geklärt werden, was genau die Rechtsgültigkeitsvermu-tung in Erwägungsgrund 26 meint.

173 So der Grundsatz; eine Ausnahme statuiert Art. 96 III schw. IPRG. 174 Vgl. die Art. 90, 91 schw. IPRG. 175 Eine Grenze setzt der über Art. 31, 27 statuierte ordre public-Vorbehalt. Vgl. zu alledem Schnyder/Liatowitsch

in: Basler Kommentar – Internationales Privatrecht, 2. Aufl. 2007, Art. 96 IPRG Rdn. 1 und 4. 176 Ausführlich dazu Buschbaum/M. Kohler, GPR 2010, 213 f. ; das Max-Planck-Institut für ausländisches und in-

ternationales Privatrecht plädiert sogar für eine komplette Streichung von Art. 34, RabelsZ 2010, 522, 669. 177 Neben dem Erbschein i.e.S. finden sich innerhalb der EU vor allem noch die notariellen Offenkundigkeitsurkun-

den, die zunehmend erbscheinsähnliche Wirkungen entfalten. Darüber hinaus ist das Institut des Inventarver-zeichnisses zu beachten. S. für einen umfassenden Überblick Dörner/Lagarde, Rechtsvergleichende Studie der erbrechtlichen Regelungen des Internationalen Verfahrensrechtes und Internationalen Privatrechts der Mit-gliedsstaaten der Europäischen Union, 2002, S. 277 ff. mit abschließender Würdigung auf S. 306.

178 Die kurz vor Abschluss dieser Stellungnahme übermittelten neuen Erwägungsgründe der Arbeitsgruppe des Rates sprechen sich demgegenüber dafür aus, die Legitimationswirkung nationaler Erbscheine und erbschein-sähnlicher Dokumente mittels Art. 34 der geplanten Erbrechtsverordnung EU-weit zu erstrecken (vgl. Erwä-gungsgrund 26c bis 26e AGR).

179 Konkreter sind hier die neuen Erwägungsgründe der Arbeitsgruppe des Rates (vgl. EwG 26 bis 26f AGR). Zum einen finden sich hier allerdings zahlreiche Aspekte, die nicht lediglich in den Erwägungsgründen, sondern im Normtext von Art. 34 verankert werden sollten. Darüber hinaus führen die dortigen Konkretisierungen zu in-haltlichen Problemen, auf die im jeweiligen Zusammenhang dieser Stellungnahme hingewiesen wird; s. z.B. die Fußnoten 149, 154, 161, 180.

Stellungnahme zum Vorschlag für eine Europäische Erbrechtsverordnung _________________________________________________________________________

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Die Erstreckung der im Ausstellungsstaat statuierten Echtheits- und Tatsachenvermutung180 erscheint sinnvoll. Vor der Erstreckung darüber hinausgehender Wirkungen, die einen in der öffentlichen Urkunde dokumentierten Rechtsakt oder eine dokumentierte rechtliche Be-ziehung betreffen, wäre eine umfassende rechtsvergleichende Untersuchung hilfreich, die die verschiedenen öffentlichen Urkunden, die im Kontext von Nachlassangelegenheiten von Bedeutung sind, sowie deren jeweilige Beweiswirkungen herausarbeitet.181 Aufgrund der kurzen Frist, innerhalb der die vorliegende Stellungnahme auszuarbeiten ist, ist ein solches Unterfangen an dieser Stelle unmöglich.

6.2.2.4. Erforderlichkeit flankierender Maßnahmen

Unklar ist, wie Artikel 34 kV in der Praxis Anwendung finden soll. Die erwähnten CIEC-Übereinkommen basieren auf der Idee der Verwendung einheitlicher mehrsprachiger Form-blätter bei der Ausstellung der jeweiligen Urkunde. Der hier zugrunde liegende Entwurf in seiner konsolidierten Fassung vom 16.1.2012 enthält keinen Hinweis auf ein solches Vorge-hen. Die in der Ratsversion vom 10.1.2012 enthaltene Regelung in dem dortigen Artikel 34 II ist gestrichen worden. Dies sollte noch einmal überdacht werden, da die Verwendung mehrsprachiger Formblätter den betroffenen Stellen die Arbeit deutlich erleichten würde, um Reichweite und Grad der jeweiligen Beweiswirkung festzustellen.

Darüber hinaus sollte eine effektive Regelung zur Berücksichtigung ausländischer Urkunden neben einheitlichen Formblättern auch einen Kooperationsmechanismus zwischen den nati-onalen Behörden etablieren.182 Eine solche Kooperation sieht bspw. das deutsch-französische Abkommen über die Befreiung öffentlicher Urkunden von der Legalisation183 für den Fall von ernsthaften Zweifeln an der Eigenschaft des Dokuments als öffentliche Ur-kunde oder an seiner Echtheit vor.

Abschließend sei noch auf zwei terminologische Aspekte hingewiesen: Zum einen erscheint der in dem hier zugrunde liegenden Entwurf verwendete Begriff der „Annahme öffentlicher Urkunden“ noch verbesserungsfähig. Dieser Terminus weist keinerlei Verbindung zum ei-gentlichen Sinn und Zweck der Regelung auf. Zum anderen sollte auch im letzten Halbsatz von Artikel 34 kV das Wort „Anerkennung“ gestrichen werden.

180 Weder die Reichweite noch der Grad sollten die im Ausstellungsstaat verliehene Wirkung übertreffen. Anders

gehen hier die neuen Erwägungsgrunde der Arbeitsgruppe des Rates vor. Nach EwG 26b AGR soll die Ech-theits- und Tatsachenvermutung offenbar selbst dann nur vor den Gerichten des Ausstellungsstaates angegrif-fen werden können, wenn nach der Rechtsordnung des Ausstellungsstaates diese Vermutungswirkungen in je-dem Gerichtsverfahren inzident widerlegt werden können. Dies ist aber keine bloße Wirkungserstreckung mehr, sondern erhöht bei Grenzübertritt den Grad der Vermutungswirkung. Darüber hinaus setzt diese Rege-lung voraus, dass im jeweiligen Ursprungsstaat auch tatsächlich ein selbstständiger Rechtsbehelf zum Bestrei-ten der Echtheits- bzw. Tatsachenvermutung vorhanden ist. Grundsätzlich zur Natur der Wirkungserstreckung Lagarde, in: Azzi u.a. (Hrg.), Liber amicorum Hélène Gaudemet-Tallon, 2008, S. 481, 495 ff.

181 Für Teilbereiche gibt es bereits derartige Untersuchungen; so gehen Dörner und Lagarde in ihrer Studie (s. Fußnote 177) umfassend auf die Erbscheine und erbscheinsähnlichen Dokumente ein. Zu beachten ist auch die Comparative Study on Authentic Instruments with Comparable Status and Effects according to National Legi-slation within the EU, Considering in particular the Role of Lawyers des Council of Bars and Law Societies of Europe, abrufbar unter http://www.ccbe.eu/fileadmin/ user_upload/NTCdocument/Report_Authentic_Act1_1302619714.pdf; diese zuletzt genannte Studie ist jedoch nicht auf den erbrechtlichen Bereich zugeschnitten.

182 Zu dieser Idee s. Mansel, IPRax 2011, 341, 342 sowie Mansel, Coester-Waltjen, Henrich und Kohler, Stellun-gnahme im Auftrag des Deutschen Rats für Internationales Privatrecht zum Grünbuch der Europäischen Kom-mission – Weniger Verwaltungsaufwand für EU-Bürger: Den freien Verkehr öffentlicher Urkunden und die An-erkennung der Rechtswirkungen von Personenstandsurkunden erleichtern – KOM(2010) 747 endg., IPRax 2011, 335, 336.

183 Bundesgesetzblatt 1974 Teil II, S. 1075 ff.

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7. DAS EUROPÄISCHE NACHLASSZEUGNIS

7.1. Das vorgeschlagene System

Die Art. 36 ff. kV schaffen ein einheitliches, formularmäßiges Europäisches Nachlasszeugnis (ENZ), das als sog. 28. Regime184 neben die nationalen Erbscheine und Testamentsvollstre-ckerzeugnisse treten soll, Art. 36 II kV.185 Art. 36a kV definiert nunmehr die Funktionen des Zeugnisses dahin, dass es die Rechtsstellung der Erben und Vermächtnisnehmer (mit un-mittelbarer Berechtigung am Nachlass), der Testamentsvollstrecker oder Nachlassverwalter in allen EU-Mitgliedstaaten186 nachweisen soll. Als mögliche Anwendungsbereiche nennt nunmehr Art. 36a kV den Nachweis der Rechtsstellung des Erben und seinen jeweiligen An-teil am Nachlass, die Zuweisung eines oder mehrerer bestimmter Nachlassgegenstände an die im Zeugnis als Erbe(n) oder gegebenenfalls als Vermächtnisnehmer genannte(n) Per-son(en); die Befugnisse der in dem Zeugnis genannten Person zur Vollstreckung des Tes-taments oder Verwaltung des Nachlasses. Dies entspricht der dem deutschen Erbrecht be-kannten Legitimations- und Beweiswirkung. Darüber hinaus ermöglicht das Zeugnis auch eine Gutglaubenswirkung. Denn nach Art. 42 II und III kV sind Verfügungen über Nach-lassgegenstände wirksam, die die im Zeugnis als berechtigt ausgewiesene Person vor-nimmt.

Das Zeugnis wird von der nach Art. 4, 5c, 6 und 6a kV zuständigen Behörde (Nachlassge-richt oder Notar) auf Antrag ausgestellt (Art. 37 f. kV). Die Antragsstellung erfolgt auf der Grundlage eines detailliert umschriebenen Formulars, dessen Benutzung freilich nicht obli-gatorisch sein soll (Art. 38 kV).187 Die Prüfung der Angaben des Antrags erfolgt nach Art. 40 kV von Amts wegen, hier enthält der Rechtsakt Verfahrensvorschriften für ein europäi-sches Nachlassverfahren, die in der Praxis die nationalen Verfahren weitgehend überlagern und damit letztlich verdrängen dürften. Auch eine direkte Behördenkooperation ist nach Art. 40 III kV vorgesehen. Die Ausstellung des Zeugnisses erfolgt auf dem in Art. 41 kV de-tailliert beschriebenen Formular, das in allen Sprachen der Union vorgehalten wird. Zudem können die Mitgliedstaaten, sofern dies nach den jeweils nationalen Sachrechten erforder-lich erscheint, weitere Angaben vorschreiben (Art. 41 IIb kV).188 Berichtigung, Widerruf und Anfechtung der Entscheidung über die Ausstellung des Zeugnisses erfolgen im Ursprungs-staat (Art. 43 – 44a kV).

184 Zur Regelungstechnik und Funktion des sog. 28. Regimes vgl. Hess, Europäisches Zivilprozessrecht (2010), §

3, Rdn. 50. Ziel einer derartigen Regelung ist es, durch ein inhaltlich überlegenes Regime des Unionsrechts die (divergierenden) nationalen Regelungen (auf „weichem“ Wege) abzulösen.

185 Zu verweisen ist in diesem Zusammenhang auf den weit reichenden räumlichen Anwendungsbereich der vor-geschlagenen Regelung: Dass die Verordnung (primär) grenzüberschreitende Nachlässe erfassen soll, ergibt sich nicht aus Art. 1 kV, der eine entsprechende Begrenzung nicht vorsieht. Sie folgt indeirekt aus EwG-AGR Nr. 6 („in the context of successions … having cross-border implications“), kann jedoch kaum als ungeschrie-bene Anwendungsvoraussetzung in den Rechtsakt hineingelesen werden. Im Hinblick auf das ENZ hat die fe-hlende Begrenzung des Rechtsakt die praktische Folge, dass auch Inlandssachverhalte miterfasst sind, was im Hinblick auf die in Art. 42 kV vorgesehenen Sachnormen zum Gutglaubenserwerb erhebliche Konsequenzen für die nationalen Erbrechte mancher Mitgliedstaaten auslösen dürfte.

186 Soweit diese an die EuErbVO gebunden sind, oben Fn. 7. 187 Die lediglich fakultative Nutzung des – ausführlich – umschriebenen Formulars vermag nicht einzuleuchten.

Denn eine standardisierte Antragstellung überwindet Sprachbarrieren – insbesondere wenn Antragsteller nicht am letzten Aufenthaltsort des Erblassers leben und die Gerichtssprache nicht oder nur schlecht beherrschen.

188 Bei dieser Durchbrechung der Standardisierung sollten zumindest die Mitgliedstaaten verpflichtet werden, die weiteren Angaben in allen Amtssprachen vorzuhalten.

Stellungnahme zum Vorschlag für eine Europäische Erbrechtsverordnung _________________________________________________________________________

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7.2. Stellungnahme

7.2.1. Vorteile des ENZ

Die praktischen Vorteile eines unionsweit geltenden Nachlasszeugnisses liegen auf der Hand: Die Abwicklung von Nachlässen mit Vermögensmassen in verschiedenen EU-Staaten wird erheblich erleichtert, insbesondere der Verkehr mit Grundbuchämtern, Banken, Versi-cherungen.189 Die Schaffung eines genuin europäischen Standardformulars ist sehr viel sinnvoller als die in der Literatur bisweilen geforderte Übernahme der Regelungstechnik der EuVTVO, wonach den nationalen Zeugnissen schlicht europaweite Wirkungen zuerkannt werden sollen.190 Denn die Rechtswirkungen der Zeugnisse sind – anders als die Vollstre-ckungswirkung von Zahlungstiteln191 – stark von den jeweiligen Ausgangsrechten beein-flusst. Die unionsweiten Nachweis- und Legitimationswirkungen erfordern ein vereinheit-lichtes Prüfverfahren, um die hinreichende Prüfung der Tatsachen und Rechtsfragen durch die zuständigen Nachlassbehörden zu gewährleisten.192

In der Kritik zum Kommissionsentwurf wurde darauf verwiesen, dass die Wirkungen des Zeugnisses nur dann einheitlich und friktionsfrei greifen können, wenn die zugrunde liegen-de Entscheidung der Nachlassbehörden auf der Basis eines vereinheitlichten Kollisionsrechts erfolgt mit der Folge, dass die Nachlassbehörden in allen Mitgliedstaaten einheitliche Er-gebnisse erzielen.193 Diese Vorgaben erfüllt der Ratsentwurf insofern besser, als die Form letztwilliger Verfügungen inzwischen ausdrücklich (Art. 19a ff. kV) geregelt wurde. Friktio-nen bei den Vorfragen lassen sich durch eine unselbständige Anknüpfung vermeiden. Dass aufgrund des ordre public (Art. 27 kV) weiterhin Diskrepanzen auftreten, sollte hingenom-men werden. Die Beibehaltung des ordre public ist den unterschiedlichen Sachrechten in den Mitgliedstaaten geschuldet. Eine enge Auslegung des ordre public ist anzustreben. Zu bedauern ist die Entscheidung des Rats, die im Kommissionsentwurf explizit ausgeschlos-sene Berufung auf den ordre public im Hinblick auf unterschiedliche Pflichtteilsrechte der Mitgliedstaaten zu streichen.194

7.2.2. Unterschiedliche Wirkungen des Zeugnisses, Art. 42 kV

Die unterschiedlichen Rechtswirkungen des Zeugnisses ergeben sich zunächst aus Art. 42 kV. Insofern sind die Präzisierungen der Vorschrift zu begrüßen, auch wenn die Formulie-rungen im Einzelnen unscharf sind.195 Die konkrete Reichweite der unterschiedlichen Wir-

189 Erforderlich ist freilich ein Zeugnis, das überwiegend durch bloßes Ankreuzen auszufüllen ist, um Übersetzun-

gen (und damit Sprachbarrieren) zu vermeiden. Diesem Regelungsziel entspricht der umfangreiche Katalog der erforderlichen Angaben des Art. 41 kV nicht, ebenso die Max Planck Experten Gruppe, RabelsZ 74 (2010), 522, 689 f.

190 So Rauscher, Einf. EG-ErbR-VO (2010), Rdn. 81; Rechberger, Das Europäische Nachlasszeugnis, ÖJZ 2012, 14, 17 ff.

191 Hierauf beschränkt sich die Wirkung des Europäischen Vollstreckungstitels, vgl. Art. 5 EuVTVO. Schwierigkeiten bei der grenzüberschreitenden Anerkennung von Unterlassungsurteilen nach Art. 32 EuGVO zeigen mehrere, neuere Entscheidungen des EuGH, 12/4/2011, C-235/09, DHL Express France SAS ./. Chronopost SA, Rdn. 56; EuGH 14/12/2006, C-316/05, Nokia Corp. ./. Joacim Wärdell, Slg 2006 I-12083, Rdn. 58 and 60; EuGH 18/10/2011, C-406/09, Realchimie Nederland BV ./. Bayer CropScience AG.

192 Vgl. Hess, Europäisches Zivilprozessrecht, § 3, Rdn. 22 ff. 193 Dörner, ZEV 2010, 221, 227 f. 194 Anders Wagner, DNotZ 2010, 506, 517 unter Berufung auf BVerfGE 112, 332, 335 f. Ob diese Maßstäbe auch

für internationale Sachverhalte gelten müssen, erscheint jedoch offen, zumal das BVerfG in dieser Entschei-dung selbst auf die unterschiedliche Ausgestaltung des Familienerbrechts hingewiesen hat. Gegen eine Sonde-ranknüpfung der Noterbrechte auch Mansel, FS Ansay (2006), S. 185, 216.

195 So ist es bei Art. 42 II kV unklar, wie es zu einer Spaltung der anwendbaren Rechte kommen soll, entgegen der in Art. 19 kV angeordneten Nachlasseinheit. Daher sind die Worte „…oder von einem auf spezifische Sach-verhalte anzuwendenden Recht festgestellt wurde…“ zu streichen.

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kungen folgt hingegen aus dem Inhalt des Zeugnisses, sprich den dort enthaltenen Anga-ben. Hier erscheint eine Überprüfung der ausgreifenden Liste des Art. 41 II kV geboten. Die Ausweitung der Angaben in der überarbeiteten Fassung hat nämlich zur Folge, dass die Beweiswirkung des Art. 42 II kV auch die zusätzlichen Angaben erfasst: Daher erscheint die Aufnahme von „Angaben zu Eheverträgen, ehelichen Güterständen und vergleichbaren Gü-terständen“ in das Nachlasszeugnis (Art. 41 II lit. c) kV) bedenklich: Denn diese könnte be-deuten, dass damit auch das Ehe(güter)statut mit den Wirkungen des Art. 42 kV dokumen-tiert wird. Dies ginge jedoch zu weit.196 Daher sollte die Anwendbarkeit der Wirkungen des Art. 42 kV im Hinblick auf das Ehegüterrecht dahin klargestellt werden, dass nur die erb-rechtlichen Auswirkungen des Güterstands erfasst sind. Dieselben Überlegungen gelten auch für die weiteren Angaben nach Art. 41 kV: Aus Art. 42 kV muss sich eindeutig erge-ben, welche (operativen) Angaben im Zeugnis die Beweis-, Gutglaubens- und Legitimati-onswirkungen ausüben und welche Angaben lediglich der Erläuterung dienen.197

Schließlich stellt sich die grundsätzliche Frage, ob Art. 42 kV eine Anerkennung im Sinne einer Wirkungserstreckung anordnet oder die vorgeschlagene Regelung andere Rechtsfol-gen (etwa: eine besondere Beweiswirkung) trifft.198 Seiner Grundstruktur nach entfernt sich das Europäische Nachlasszeugnis zunächst nicht weit von der überkommenen Urteilsaner-kennung. Es beruht nämlich auf einem gerichtlichen (bzw. behördlichen) Prüfungsverfah-ren, den der Beschluss beendet, das Zeugnis zu erteilen. Stellt man auf den zugrundelie-genden Beschluss ab, so handelt es sich um die Erstreckung der dort angeordneten Beweis- und Legitimationswirkungen.199 Die Gutglaubenswirkungen (Art. 42 II und III kV) können nur im Zusammenspiel mit dem jeweils berufenen Sachrecht greifen. Die Funktion der Vor-schrift ähnelt der Erleichterung der Substitution: Lässt beispielsweise § 2367 BGB es zu, dass eine Leistung an den im Erbschein ausgewiesenen (Schein-)Erben Erfüllungswirkung hat, so ist der vom Nachlassgericht in Sofia ausgestellte Erbschein nach Art. 42 III kV zu-nächst einem deutschen Erbschein (§§ 2365 ff. BGB) gleichzustellen. Jedoch ergibt sich die eigentliche Erfüllungswirkung der Leistungserbringung entsprechend dem expliziten Wort-laut des Artikel 42 III kV aus der europäischen Norm selbst. Die weiteren Rechtsfolgen der Erfüllungswirkung (etwa: §§ 362 ff. BGB) regelt hingegen nicht Art. 42 III kV, sie ergeben sich aus der anwendbaren Sachnorm des nationalen Rechts.200 Dasselbe gilt für die Verfü-gungsbefugnis des im Zeugnis bezeichneten (Schein-)Erben: Sie ergibt sich unmittelbar aus Art. 42 III, IV kV wirkt freilich im Zusammenspiel mit den jeweils anwendbaren Vorschrif-ten des Sachenrechts (etwa: §§ 398 ff.; 929 ff., 873 ff. BGB), Art. 20a kV.201 Auch die Vor-aussetzungen des Gutglaubenserwerbs (etwa: konkreter oder abstrakter guter Glaube an das ENZ) regeln Art. 42 III und IV kV unmittelbar selbst. Hierbei können durchaus Abwei-chungen zu den nationalen Rechten der Mitgliedstaaten auftreten – so erfordert in Deutsch-land der Gutglaubenserwerb nach § 2366 BGB keine Vorlage des Erbscheins202, während

196 Vgl. auch Rauscher, Einf. EG-ErbR-VO (2010), Rdn. 85 f. 197 Aus diesem Grund hatte die Max Planck Experten Gruppe eine Reduktion der Angaben im Nachlasszeugnis be-

fürwortet und die Zweiteilung des Zeugnisses in einen operativen und einen erläuternden Teil vorgeschlagen, RabelsZ 74 (2010), 522, 690 ff. Für eine Erläuterung der jeweiligen Befugnisse im Erbschein auch Baldus, GPR 2006, 80, 82.

198 Der Entwurf verwendet die Bezeichnung „Anerkennung“ bewusst nicht. 199 Zu sonstigen Urteilswirkungen nach innerstaatlichem Recht vgl. Jauernig/Hess, Zivilprozessrecht, 30. Aufl.

2011, § 61, Rdn. 10 f. („Tatbestandswirkungen“ – diese ergeben sich aus den jeweils spezifischen Sachnor-men).

200 Verglichen mit anderen Urteilswirkungen wird man insofern von einer (speziellen) Tatbestandswirkung spre-chen können.

201 Ebenso nunmehr klarstellend Nr. 27c EwG-AGR a.E.: „Whether or not such an acquisition of property by a third person is effective should not be determined by this Regulation.”

202 Es genügt, dass der Erwerber weiß, dass er einen Nachlassgegenstand erwirbt, BGHZ 33, 317.

Stellungnahme zum Vorschlag für eine Europäische Erbrechtsverordnung _________________________________________________________________________

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Art. 43 III kV ein „Handeln auf der Grundlage des Zeugnisses“ erfordert – diese Formulie-rung könnte dafür sprechen, eine Vorlage des Zeugnisses zu verlangen. Hier dürften sich praktische Abgrenzungsprobleme auftun, etwa im Hinblick auf das Verhältnis nationaler Erbscheine zum ENZ – der Praxis dürfte es schwerfallen, die unterschiedlichen Gutglau-benswirkungen auseinanderzuhalten.203 In praktischer Hinsicht sollten die Mitgliedstaaten verpflichtet werden, in ihren nationalen Rechten (also etwa bei §§ 2365 ff. BGB) einen Hinweis auf die (andersartigen) Gutglaubenswirkungen des ENZ aufzunehmen – andernfalls besteht die Gefahr, dass das ENZ von den nationalen Rechtsanwendern gar nicht wahrge-nommen wird.

7.2.3. ENZ und die „Annahme“ von Urkunden nach Art. 34 kV

Als ungeklärt erweist sich schließlich das Verhältnis von Art. 42 kV zu Art. 34 kV. In letzte-rer Vorschrift wird nicht mehr von der „Anerkennung“, sondern von der „Annahme“204 von Urkunden gesprochen. Erwägungsgrund 26 kV stellt darauf ab, dass die freie „Zirkulation“ öffentlicher Urkunden die formelle Beweiskraft205 und die Vermutung der Rechtsgültigkeit betreffe, während das zugrunde liegende Rechtsgeschäft dem Internationalen Privatrecht und dem berufenen Erbstatut unterliege. Diese Formulierung zeichnet sich durch Unschärfe aus: Da ein Erbschein aufgrund Beschlusses erteilt wird, geht es nicht um die Beurteilung des zugrunde liegenden Sachverhalts nach dem berufenen Kollisions- und Sachrecht, son-dern um die Anerkennung der in diesem Beschluss ausgesprochenen Rechtsfolgen – freilich aus der Perspektive des berufenen Sachrechts. Insofern sollte die Diskussion um die „Frei-zügigkeit“ von Erbscheinen mit mehr Gelassenheit geführt werden – sie bewirkt keinen Pa-radigmenwechsel im Erbrecht.206

Für die von Art. 34 kV vorausgesetzten Rechtsfolgen ist hingegen zu konstatieren, dass sich diese weitestgehend mit den Rechtsfolgen des Art. 42 kV decken dürften, soweit es um die „Zirkulation“ nationaler Erbscheine geht.207 Angesichts der Regelung des Art. 42 kV er-scheint die Zulassung der allgemeinen „Zirkulation“ nationaler Erbscheine jedoch unnötig: Anders als beim europäischen Zeugnis sind deren Inhalt und Wirkungen nicht auf dem Standardformular dokumentiert, sondern müssen im Empfangsstaat jeweils vorgetragen und gegebenenfalls (per Sachverständigengutachten) geklärt werden. Die Parteien werden in der Regel diese Schwierigkeiten nicht in Kauf nehmen und stattdessen das vorgesehene 28. Regime, nämlich das europäische Nachlasszeugnis wählen. Angesichts dieses Hinter-grunds sollte eine Eingrenzung von Art. 34 kV erwogen werden, soweit sich diese Vorschrift auf Erbscheine und Testamentsvollstreckerzeugnisse bezieht.208

203 Erschwerend tritt hinzu, dass das ENZ (grundsätzlich) auch bei reinen Inlandsverfahren erteilt werden kann.

Eine Begrenzung der Erteilung des Zeugnisses auf Sachverhalte, bei denen Nachlassgegenstände in verschie-denen Mitgliedstaaten belegen sind, sollte daher erwogen werden.

204 Die Bedeutung dieser Wortschöpfung ist unklar. 205 Vgl. aus deutscher Perspektive: §§ 415, 418 ZPO, § 2365 BGB. 206 Allerdings kann Art. 34 kV dahin verstanden werden, dass als öffentliche Urkunde auch notarielle Testamente

oder ein französischer acte de partage zu verstehen ist. Dass letzterer nicht die Auflassung eines Grundstücks substituiert, ergibt sich aus Art. 20a kV.

207 Zur Reichweite des Art. 34 kV vgl, oben Text bei Fn. 150 ff. 208 Ebenso die Max Planck Experten Gruppe, RabelsZ 74 (2010), 522, 669.

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7.2.4. Widerruf und Einziehung des Zeugnisses

Ein praktisches Problem betrifft schließlich die Einziehung bzw. Kraftloserklärung des ENZ (Art. 43 f. kV). Zuständig hierfür ist die Ausstellungsbehörde, die alle Personen, denen eine beglaubigte Abschrift des Zeugnisses übermittelt wurde, hiervon unterrichtet. Zudem kön-nen die Wirkungen des Zeugnisses ausgesetzt werden, Art. 44a kV. Unklar ist hier freilich der Zeitpunkt des Eintritts der Unwirksamkeit: Tritt dieser bereits mit Erlass der Maßnahme ein oder erst mit der Unterrichtung der Personen, die eine Ausfertigung erhalten hat (Art. 44a II kV). Nur die erstere Hypothese entspricht dem Schutzbedürfnis des (wahren) Erben, sie sollte daher gelten. Zudem sollte in Art. 44a kV der Hinweis aufgenommen wer-den, dass die Ausstellungsbehörde weiter gehende Schutzanordnungen (etwa: Anordnung der Rückgabe des ENZ an das Nachlassgericht) erlassen kann, die in anderen Mitgliedstaa-ten nach Art. 33-10 anerkannt und vollstreckt werden.

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8. ERGEBNISSE

8.1. Internationale Zuständigkeit und Verfahrenskonkurrenz

Die Regelanknüpfung nach Art. 4 kV erscheint grundsätzlich sinnvoll; auch wenn Unsicher-heiten bei der Ermittlung des ständigen Aufenthalts des Erblassers zu prognostizieren sind.

Die vorgeschlagene Regelung zur Gerichtsstandsvereinbarung bedarf folgender Verbesse-rungen:

Erwägenswert erscheint es, dem Erblasser neben der einseitigen Wahl seines „Hei-matrechts“ auch eine entsprechende Wahl der Gerichte seines „Heimatstaates“ zu eröffnen.

Gerichtsstandsvereinbarungen sind auf Zweiparteien-Verhältnisse zugeschnitten. In Nachlassverfahren gibt es eine Vielzahl von Beteiligten, die alle zustimmen müssen, jedoch häufig erst im Verlauf des Verfahrens ermittelt werden. Hier ist die Prorogati-on eine brüchige Grundlage gerichtlicher Zuständigkeit. Die ErbVO muss eine Mög-lichkeit vorsehen, ein bereits fortgeschrittenes Verfahren auch gegen den Willen ei-nes später (ermittelten) Beteiligten im Interesse der Erbenmehrheit fortzuführen. Diese Entscheidung sollte das Gericht treffen, das mit der Nachlasssache befasst ist.

Eine Prorogation zum „Heimatgericht“ sollte auch dann möglich sein, wenn der Erb-lasser nicht nach Art. 17 kV sein Heimatrecht gewählt hat, jedoch alle Beteiligten die Auseinandersetzung des Nachlasses vor dem ortsnahen Heimatgericht anstreben.

Die Kooperation zwischen den Gerichten sollte durch die Möglichkeit unmittelbarer Kommu-nikation (mit Hilfe des EJN) ausdrücklich zugelassen werden.

Die Regelung in Bezug auf Drittstaaten erscheint grundsätzlich ausgewogen.

8.2. Anwendbares Recht

(1) Die Anknüpfung des anwendbaren Rechts an den gewöhnlichen Aufenthalt ist nicht ganz unproblematisch. Ein Ruheständler aus Nord- und Mitteleuropa, der im Rentenalter in den sonnigen Süden Europas umzieht, wird sich meist nicht bewusst sein, dass sich durch die-sen Umzug auch das für seine Erbangelegenheiten maßgebliche Recht ändern könnte. Die ihm durch die Verordnung eröffnete Wahlmöglichkeit nach Art. 17 kV, kann er nur wahr-nehmen, wenn sie ihm überhaupt bekannt ist. Zu empfehlen ist daher, durch eine mög-lichst groß angelegte Informationskampagne bei den betroffenen Bevölkerungsteilen ein entsprechendes Problembewusstsein zu schaffen. Durch die Anknüpfung an den gewöhnli-chen Aufenthalt wird, bspw. im Hinblick auf die Verbringung von pflegebedürftigen Perso-nen in das Ausland, ein gewisses Manipulationspotential eröffnet. Diesem sollte durch eine Ausweichklausel entgegengewirkt werden.

(2) Dadurch, dass nach Art. 17 Ia kV die Rechtswahl nun auch dann wirksam sein soll, wenn der Erblasser erst zum Zeitpunkt seines Todes die Staatsangehörigkeit des gewählten Rechts besitzt, wird das Nachlassverfahren in sinnvoller Weise vereinfacht. Auch die Zulas-sung einer konkludenten Rechtswahl ist zu begrüßen. Es würde sich jedoch anbieten, ihren Anwendungsbereich durch konkrete Beispiele in den Erwägungsgründen stärker zu verdeut-lichen.

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(3) Die Regelungen für gemeinschaftliche Testamente bedürfen hingegen der Verbesse-rung. Im Rahmen des Art. 19d KV sollten gemeinschaftliche Testamente und Erbverträge gleichgestellt werden, um zu vermeiden, dass die Formwirksamkeit eines gemeinschaftli-chen Testament unter Umständen davon abhängt, welcher Ehegatte zuerst verstirbt. Zu-dem sollte die Einordnung der in zahlreichen Mitgliedstaaten bestehenden Verbote von ge-meinschaftlichen Testamenten angesprochen werden. Aus hiesiger Sicht wird für eine ver-ordnungsautonome Qualifikation als Formfrage plädiert.

(4) Die Neufassung der Übergangsvorschriften ist überwiegend gelungen. Positiv hervorzu-heben ist, dass aufgrund der Anknüpfung an den Zeitpunkt der Testamentserrichtung bzw. der Rechtswahl oder der Schenkung Rückwirkungen der Verordnung auf bereits abge-schlossene Rechtsgeschäfte in der Regel vermieden werden. Eine Regelung im Hinblick auf vor Inkrafttreten der Verordnung entstandene Anfechtungs- bzw. Widerrufsgründe fehlt bislang und sollte noch aufgenommen werden.

8.3. Abgrenzungen

8.3.1. Zum Ehegüterstatut

Im Hinblick auf das Ehegüterrechtsstatut stellen sich zum Teil schwierige Qualifikations- und Abgrenzungsfragen. Daher ist – wie bereits im Kommissionsvorschlag zur Ehegüterrechtsverordnung vorgesehen – eine Zuständigkeitskonzentration für erb- und ehegüterrechtliche Fragen wünschenswert, um divergierende Entscheidungen (zu den jeweiligen Teilbereichen) zu vermeiden.

Aus deutscher Sicht ist die Einordnung des § 1371 I BGB in das System der Verordnung problematisch. Aus der Sicht des Verordnungsentwurfs ist jedoch keine eigenständige Regelung aufzunehmen. Der deutsche Gesetzgeber sollte vielmehr bei der Implementierung des Rechtsakts die Qualifikation des § 1371 I BGB als erbrechtliche Regelung klarstellen.

8.3.2. Zum Sachen- und Insolvenzrechtsstatut

(1) Zu begrüßen ist zunächst Art. 20a des Verordnungsentwurfs, der das Erbstatut unter den Vorbehalt sachenrechtlicher Vollzugsvorschriften stellt. Festzuhalten ist jedoch zum ei-nen, dass die Vorbehaltsklausel kein alternativloses Regelungsinstrument darstellt. Zum anderen ist Art. 20a kV ein zu weiter Schutzzweck zu attestieren, wenn die Vorschrift einen sachenrechtlichen Vollzug auch erlaubt, um unterschiedliche erbrechtliche Haftungssysteme beim Erbschaftserwerb in Stellung zu bringen. Vielmehr sollten Erwerbsregeln des Belegen-heitsrechts nur zur Anwendung gelangen, wenn sie allein wegen ihres Schutzes inländischer Publizitäts- und Formvorschriften sachenrechtlich zu qualifizieren sind. Um diesem engeren Regelungszweck Rechnung zu tragen, bietet es sich an, Art. 20a kV wie folgt neu zu formu-lieren und um eine entsprechende Auslegungshilfe in den Erwägungsgründen zu ergänzen:

„Diese Verordnung berührt nicht die Anwendung derjenigen Vorschriften eines Staates, die aus Gründen der Publizität oder eines vergleichbaren, durch Formvorschriften bezweckten Verkehrsschutzes den Rechtserwerb an den in diesem Staat belegenen unbeweglichen oder in einem öffentlichen Register eingetragenen Nachlassgegenständen an die Voraussetzung einer Gerichtsentscheidung, einer Eintragung in einem öffentlichen Register oder eines sonstigen Übertragungs- oder Begründungsaktes knüpfen. Das Gleiche gilt für Vorschriften, die die Eintragung der Rechte in öffentliche Register sowie die Voraussetzungen und Wir-kungen der Eintragung regeln.“

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(2) Der Anwendungsbereich der Vorbehaltsklausel beschränkt sich damit im Kern auf den sachenrechtlichen Vollzug von Vermächtnissen bzw. Teilungsanordnungen, denen nach den Regelungen des Belegenheitsstaates nur schuldrechtliche Wirkung zukommt, sowie auf Rechtsgeschäfte im Rahmen der Erbauseinandersetzung.

(3) Für bewegliche, nicht eintragungspflichtige Gegenstände, die außerhalb des Anwen-dungsbereichs von Art. 20a kV stehen, richtet sich der Erbschaftserwerb nach dem durch Art. 16 kV berufenen Erbstatut; eine Umdeutung erbrechtlicher Positionen, die das Bele-genheitsstatut nicht kennt, findet nicht statt. In den Erwägungsgründen der EuErbVO ist klarzustellen, dass die Entscheidung über die Zuordnung einer Sache als beweglich oder unbeweglich dem Recht des Lageortes untersteht.

(4) Indem Art. 1 III lit. j) kV die Art dinglicher Rechte vom Anwendungsbereich der EuErb-VO ausklammert sowie Art. 22a kV flankierend eine Anpassung dinglicher Rechte gewähr-leistet, schützt der Verordnungsentwurf die mitgliedstaatlichen Sachenrechtstypen (nume-rus clausus). Dies ist ausdrücklich zu befürworten. Um eine möglichst umfängliche An-wendbarkeit des Erbstatuts zu gewährleisten, ist Art. 22a kV weit auszulegen.

(5) Da sowohl Art. 1 III lit. j) wie lit. k) kV die Eintragung dinglicher Rechte in öffentliche Register sowie deren Voraussetzungen und Wirkungen regeln, erscheint es vorzugswürdig, beide Vorschriften zu einer einheitlichen Regelung zusammenzufassen.

(6) Da dem Verordnungsentwurf eine Regelung fehlt, der die Anwendungsbereiche der Eu-ErbVO und der EuInsVO gegeneinander abgrenzt, und auch die Insolvenzverordnung keine besonderen Kollisionsregeln für das Nachlassinsolvenzverfahren bereithält, wird empfohlen, entsprechende Abgrenzungskriterien in die Erwägungsgründe der EuErbVO aufzunehmen.

8.4. Transnationale Wirkungserstreckung für Gerichtsentscheidungen und öffentliche Urkunden

Im Bereich der Entscheidungsanerkennung und –vollstreckung ist der Grundansatz zu be-grüßen, den Verweis auf die Regelungen der Brüssel I VO durch eigenständige Regelungen zu ersetzen. Negativ fällt allerdings auf, dass die geplanten Regelungen weitgehend das Regime der Brüssel I VO in ihrer derzeitigen Fassung, die aus dem Jahre 2001 stammt, übernehmen. Auch Regelungen, die nicht mehr zeitgemäß sind oder auf die Besonderheiten von Erbangelegenheiten nicht ausreichend zugeschnitten sind, haben auf diese Weise Ein-gang in den Entwurf gefunden. Als Beispiel sei hier nur auf die Beibehaltung eines Exequa-turverfahrens sowie auf die Regelung zur Entscheidungskollision verwiesen. An anderen Stellen ist die Modernisierung der Regelungen bei ihrer Übernahme demgegenüber gelun-gen. So enthält Art. 33-2 kV das Verbot, vom Titelgläubiger, der die Zwangsvollstreckung begehrt, die Angabe einer inländischen Postanschrift oder eines Zustellungsbe-vollmächtigten zu verlangen.

Die grenzüberschreitende Wirkungserstreckung für öffentliche Urkunden ist seit dem Kom-missionsvorschlag heftigen Diskussionen ausgesetzt. Besonders das im Normtext des Kommissionsvorschlags angelegte Konzept der Anerkennung ist bei vielen auf Ablehnung gestoßen. Es ist zu begrüßen, dass der dieser Stellungnahme zugrunde liegende Entwurf sich von dem missverständlichen Begriff der Anerkennung verabschiedet hat. An dessen Stelle ist die Wirkungserstreckung der formellen Beweiswirkungen getreten. Angesichts verschiedener Arten und Bezugsgegenstände von Beweiswirkungen sowie angesichts des großen Variantenreichtums von öffentlichen Urkunden auf dem Gebiet der Nach-lassangelegenheiten erscheint allerdings eine weitere Konkretisierung des Normtextes ge-

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boten.209 Wichtige Einschränkungen, die der Wortlaut der Norm nicht nahelegt, sollten nicht ausschließlich in den Erwägungsgründen vorgenommen werden. Die Erstreckung der im Ausstellungsstaat statuierten Echtheits- und Tatsachenvermutung erscheint sinnvoll. Vor der Erstreckung darüber hinausgehender Wirkungen, die einen in der öffentlichen Urkunde dokumentierten Rechtsakt oder eine dokumentierte rechtliche Beziehung betreffen, wäre eine umfassende rechtsvergleichende Untersuchung hilfreich, die die verschiedenen öffent-lichen Urkunden, die im Kontext von Nachlassangelegenheiten von Bedeutung sind, und deren jeweilige Beweiswirkungen herausarbeitet. Neben dem Institut des Europäischen Nachlasszeugnisses erscheint die Einbeziehung von nationalen Erbscheinen, erbscheins-ähnlichen Dokumenten und Fremdverwalterzeugnissen aber ohnehin nicht erforderlich. Ein solcher Parallelismus würde die Arbeit für die betroffenen Stellen in unnötiger Weise ver-komplizieren.

Unerlässlich ist eine Ergänzung der dieser Stellungnahme zugrunde liegenden Version von Artikel 34 um flankierende Maßnahmen. Einheitlich gestaltete, mehrsprachige Formblätter sowie eine grenzüberschreitende interinstitutionelle Kooperation bei Zweifelsfällen machen die Anwendung der Norm erst praktikabel.

8.5. Das Europäische Nachlasszeugnis

Das einheitliche Zeugnis wird die Abwicklung grenzüberschreitender Nachlässe, insbesonde-re im Hinblick auf die Nachweis- und Legitimationswirkungen erleichtern. Das gilt auch für Mitgliedstaaten, die das Zeugnis als solches nicht kennen. Es ist zu erwägen, das ENZ nur bei der grenzüberschreitenden Abwicklung von Nachlässen (sprich, wenn Nachlassgegens-tände in verschiedenen Mitgliedstaaten belegen sind) zuzulassen, um Friktionen mit beste-henden, nationalen Erbscheinen und ähnlichen Zeugnissen zu vermeiden.

Die Angaben in Art. 41 kV müssen deutlicher mit den Rechtsfolgen des Zeugnisses (Art. 42 kV) abgestimmt werden. Es bietet sich an, das Zeugnis in einen operativen und einen er-klärenden Teil aufzuspalten, um die Rechtswirkungen des ENZ klarzustellen. Es leuchtet zudem nicht ein, warum die Benutzung des Antragsformulars nicht zwingend vorgeschrie-ben wird. Nationale Zusätze im Europäischen Zeugnis(formular) sollten zudem vermieden werden.

Die angeordnete Gutglaubenswirkung (Art. 42 III und IV kV) kann nur im Zusammenspiel mit den jeweiligen Erwerbstatbeständen der nationalen Rechte greifen (Art. 20a kV). Die z.T. von den nationalen Rechten abweichenden Tatbestandsvoraussetzungen des guten Glaubens in Art. 42 kV können zu praktischen Abgrenzungsproblemen führen. Zudem soll-ten die Mitgliedstaaten verpflichtet werden, in ihren jeweiligen Erbrechten auf die Vorschrif-ten der EuErbRVO zu verweisen.

Das Verhältnis von Art. 34 und 42 kV ist unklar, das ENZ dürfte die nationalen Zeugnisse im grenzüberschreitenden Verkehr ohnehin weitgehend verdrängen. Daher besteht kein Bedürfnis, Art. 34 kV auf nationale Erbscheine und Fremdverwalterzeugnisse anzuwenden.

Die Einziehung des ENZ (Art. 43 ff. kV) schließt die Befugnisse der Ausstellungsbehörde nicht aus, weiter gehende Anordnungen (nach den jeweiligen nationalen Verfahrensrech-ten) zu erlassen, die nach Art. 33-10 kV in den anderen EU-Mitgliedstaaten anzuerkennen und zu vollstrecken sind. 209 Die kurz vor Abschluss dieser Stellungnahme übermittelten neuen Erwägungsgründe der Arbeitsgruppe des

Rates konkretisieren Art. 34 des Ratsentwurfs vom 10.1.2012 in einer Weise, denen sich der Rechtsausschuss des Europäischen Parlaments nicht angeschlossen hat. Abgesehen von den inhaltlichen Problemen, die diese Erwägungsgründe 26 bis 26f AGR mit sich bringen, können sie zur Konkretisierung des hier zu untersuchenden Art. 34 kV daher nicht herangezogen werden.

Stellungnahme zum Vorschlag für eine Europäische Erbrechtsverordnung _________________________________________________________________________

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