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Manuskript zur Vorlesung
Grobner-Basen
und
nicht-lineare Gleichungssysteme
gehalten an der
U n i v e r s i t a t R o s t o c k
von
Prof. Dr. Dieter Neßelmann
Rostock, April 2009
Fassung vom 21. April 2009
Inhaltsverzeichnis
0 Einfuhrung 1
1 Algebraische Varietaten 5
2 Ideale in kommutativen Ringen 10
3 Potenzproduktideale (Monomial ideals) 17
4 Grobner-Basen 22
5 Eliminationstheorie 34
6 Dimension und Durchschnitte von Idealen 50
7 Der null-dimensionale Fall 55
8 Der allgemeine Fall - Quotientenringe 65
9 Polynomiale Abbildungen und ganzzahlige Optimierung 74
10 Erganzung: Ordnung und Multiplizitaten von Idealen 85
0 EINFUHRUNG 1
0 Einfuhrung
Sei k ein beliebiger Korper und
A · −→x = −→b , A ∈ km×n,
−→b ∈ km
ein lineares Gleichungssystem mit Koeffizenten aus k. Wendet man auf A · −→x = −→b den
Gaußschen Algorithmus an, so erhalt man im Losungsfall die allgemeine Losung in der Form
−→x = −→x 0 + t1 · −→x 1 + . . . tn−r · −→x n−r
mit Parametern t1, . . . , tn−r. Die Losungsmenge ist stets ein linearer Teilraum des An(k).
Bei nichtlinearen Gleichungssystemen ist die Situation wesentlich schwieriger, wie schon ein-fache Beispiele zeigen:
x2 + 1 = 0 hat in k = R keine Losungen, aber in k = C zwei verschiedene Losungen; ink = {0, 1, 2} = Z/3 · Z keine Losungen, aber in k = {0, 1, 2, 3, 4} = Z/5 · Z wieder zweiverschiedene Losungen, wie man leicht nachrechnet.
Wir wollen in dieser Vorlesung nur den Fall char k = 0 betrachten und beschranken unsdaher auf k = R bzw. k = C. Aber auch dann zeigen einfache Beispiele, dass die Struktur derLosungsmengen schon von einfachen Gleichungssystemen erheblich vielfaltiger als im linearenFall ist.
In A2(k) gilt:
x · y = 0 hat als Losungsmenge zwei sich schneidende Geraden
x2 = 0 ist eine Doppelgerade
x2 − 1 = (x− 1)(x + 1) = 0 sind im affinen Fall parallele Geraden
In der projektiven Ebene ergibt
x21 − x2
0 = (x1 − x0)(x1 + x0) = 0
zwei beliebige Geraden.
Ist k = C, so klart der Fundamentalsatz der Algebra die Losbarkeit und Losungsstruktureiner Gleichung mit einer Unbestimmten:
an · xn1 + · · ·+ a1 · x1 + a0 = 0, an 6= 0, n > 0,
hat genau n Losungen, wenn wir jede Losung mit einer geeigneten Vielfachheit zahlen.
Wir betrachten im R3 die gemeinsamen Nullstellen von einer, zwei und drei HyperflachenF1 : f1 = 0, F2 : f2 = 0 und F3 : f3 = 0:
F1 : f1 = x · y − x3 − z3 = 0
F2 : f2 = x− z2 = 0
F3 : f3 = y − z2 − 1 = 0
0 EINFUHRUNG 2
-2
0
2x
-2
0
2
y
-2
0
2
z
-2
0
2x
-2
0
2
y
Abbildung 1: Flache F1
0
1
2
3
x
-2
0
2
y
-1
0
1
z
0
1
2
3
x
-2
0
2
y
Abbildung 2: Flache F2
0 EINFUHRUNG 3
-2
0
2x
-2
0
2
y
-2
0
2
z
-2
0
2x
-2
0
2
y
Abbildung 3: Flachen F1 und F2 mit Schnittkurve - Ansicht von der Seite -
-2
0
2
x-2
0
2
y
-2
0
2
z
-2
0
2
y
-2
0
2
Abbildung 4: Flachen F1 und F2 mit Schnittkurve - Ansicht von unten -
0 EINFUHRUNG 4
00.5
1
1.5
2x
-1
0
1
2
3
y
-1
0
1
z
00.5
1
1.5
2x
-1
0
1
2
3
y
Abbildung 5: Schnittkurve F1 ∩ F2
-2
0
2x
-2
0
2
y
-2
0
2
z
-2
0
2x
-2
0
2
y
Abbildung 6: Flachen F1, F2 und F3
1 ALGEBRAISCHE VARIETATEN 5
1 Algebraische Varietaten
Definition 1.1 Sei k ein Korper, n = 1 und An(k) = {(a1, . . . , an); (a1, . . . , an) ∈ kn}.An(k) heißt (als Punktmenge) der affine n-dimensionale Raum uber k.
A = k[X1, . . . , Xn] (n = 1) sei der Polynomring in n Unbestimmten X1, . . . , Xn uber k,f = f(X1, . . . , Xn) ∈ A ein Polynom uber k.
Definition 1.2 a) Die Menge
Z(f) = {(a1, . . . , an) ∈ An(k) : f(a1, . . . , an) = 0} = {P ∈ An(k) : f(P ) = 0}
heißt Nullstellenmenge von f .
b) Ist T = {f1, . . . , fr}, r ≥ 1, dann heißt
Z(T ) = {P ∈ An(k) : fi(P ) = 0 (i = 1, . . . , r)}
Nullstellenmenge von T .
c) Eine Teilmenge V ⊂ An(k) heißt algebraische Menge (oder auch algebraische
Mannigfaltigkeit, algebraische Varietat) :⇐⇒ ∃ endliche Menge T ⊂ A =k[X1, . . . , Xn], T 6= ∅, mit V = Z(T ). Ist T = {f1, . . . , fr}, so schreiben wir
V = V (f1, . . . , fr) = {(a1, . . . , an) ∈ An(k) : fi(a1, . . . , an) = 0 (i = 1, . . . , r)}.
Beispiele algebraischer Mengen:
1. Lineare k-Varietaten: Losungsmengen linearer Gleichungssysteme
2. Hyperflachen: T = {f}, f ∈ A
f = f(X1, . . . , Xn) =⇒ V (f) = {(x1, . . . , xn) ∈ kn : f(x1, . . . , xn) = 0}.
Satz 1.3 Sind Vi = V (Ti) (i = 1, 2) algebraische Mengen, so sind auch V1 ∩ V2 undV1 ∪ V2 algebraische Mengen.
Beweis: Es gilt V1 ∩ V2 = Z(T1 ∪ T2) und V1 ∪ V2 = Z(T1 · T2) (Beweis als Ubung!). ¤
Bemerkung 1.4 1. Der Durchschnitt beliebig vieler algebraischer Mengen ist wieder einealgebraische Menge:
⋂α∈I Vα = Z(
⋃α∈I Tα), denn es wird sich zeigen, dass wir stets
mit einer endlichen Teilmenge T ⊆ ⋃α∈I Tα auskommen.
2. Wir konnen in An(k) eine ”naturliche“ Topologie einfuhren, die ”Zariski-Topologie“:
M ⊂ An(k) ist abgeschlossen :⇐⇒ ∃T ⊂ k[X1, . . . , Xn] : M = Z(T )
O ⊂ An(k) ist offen :⇐⇒ ∃M (abgeschlossen) : O = An(k) \M.
1 ALGEBRAISCHE VARIETATEN 6
Folglich gilt
∅ = V (1) ist abgeschlossen;An(k) = V (0) ist abgeschlossen;∅ = An(k) \An(k) ist offen;An(k) = An(k) \ ∅ ist offen.
Der Durchschnitt endlich vieler offener Mengen und die Vereinigung beliebig vieleroffener Mengen ist offen.
3. Dieses fuhrt zu einer ”kompletteren“ Definition einer algebraischen Mannigfaltigkeit:
Eine algebraische Mannigfaltigkeit ist eine algebraischen Menge, versehen mit deroben definierten Zariski-Topologie.
Wenn wir daher von algebraischen Mannigfaltigkeiten sprechen, meinen wir stets diealgebraischen Menge + Zariski-Topologie.
Satz 1.5 Sei k unendlich, n = 1 und V = V (f) eine Hyperflache. Dann gilt:
a) ∃ unendlich viele Punkte P ∈ An(k)\V .
b) Ist k algebraisch abgeschlossen (etwa k = C) und n = 2, dann gibt es unendlich vielePunkte P ∈ V .
a) trifft insbesondere auch fur alle V $ An(k) zu.
Beweis: a) Induktion bezuglich n:
Ist n = 1, dann hat f(X1) nur endlich viele Nullstellen. Daher gibt es unendlich viele PunkteP mit f(P ) 6= 0 (Grad f > 0).
Sei n > 1 und f = ϕ0 + ϕ1 ·Xn + . . . + ϕt ·Xtn, ϕi ∈ k[X1, . . . , Xn−1], ϕi 6≡ 0
=⇒ nach Induktionsvoraussetzung ∃(x1, . . . , xn−1) : ϕt(x1, . . . , xn−1) 6= 0
=⇒ f(x1, . . . , xn−1, Xn) hat nur endlich viele Nullstellen. Da k unendlich ist, gibt es unend-lich viele Punkte (x1, . . . , xn−1, z), so dass f(x1, . . . , xn−1, z) 6= 0.
b) n > 1 und f = ϕ0 + ϕ1 ·Xn + . . . + ϕt ·Xtn, ϕt 6= 0 wie oben;
=⇒ nach a) gibt es unendlich viele (x1, . . . , xn−1) mit ϕ(x1, . . . , xn−1) 6= 0;
=⇒ fur jedes solches (n− 1)-Tupel gibt es ein z0, so dass f(x1, . . . , xn−1, z0) = 0. ¤
Definition 1.6 Sei V ⊂ An(k) eine algebraische Mannigfaltigkeit und
I(V ) = {f ∈ A : f(P ) = 0 ∀P ∈ V }
I(V ) heißt das Ideal von V.
Beispiel V sei die Neilsche Parabel mit der Gleichung y2−x3 = 0 (y = t3, x = t2). Dann ist
I(V ) = {r(X, Y ) · (Y 2 −X3) : r(X, Y ) ∈ k[X, Y ]}.
1 ALGEBRAISCHE VARIETATEN 7
Bemerkung 1.7 a) I(V ) hat die charakteristischen Eigenschaften der Null:
1. ∀ f1, f2 ∈ I(V ) gilt f1 + f2 ∈ I(V )
2. ∀ r ∈ A und ∀ f ∈ I(V ) gilt r · f ∈ I(V ).
b) Wir werden sehen, dass die geometrische Beschreibung von V ⊂ An(k) und die algebrai-sche Beschreibung von I(V ) ⊂ A = k[X1, . . . , Xn] gleichwertig sind aber unterschiedlichgut handhabbar.
Ideale sind aus der Ringtheorie (bereits) bekannt:
Definition 1.8 a) Sei R ein beliebiger kommutativer Ring und a ⊂ R eine nicht-leereTeilmenge.
a heißt Ideal :⇐⇒ 1. ∀ a1, a2 ∈ a gilt a1 + a2 ∈ a
2. ∀ a ∈ a und ∀ r ∈ R gilt a · r = r · a ∈ a
b) Eine Menge M ⊆ a heißt Erzeugendensystem
:⇐⇒ ∀ a ∈ a ∃m1, . . . , mα ∈ M und ∃ r1, . . . , rα ∈ R, so dass a =α∑
i=1
ri ·mi
(endliche Summe!).
Wir werden es durchweg mit Ringen zu tun haben, in denen jedes Ideal ein endliches Erzeu-gendensystem besitzt (”noethersche“ Ringe, benannt nach Emmy Noether (1882 - 1935)).
c) Das Ideal Rad(a) = {a ∈ R : ∃ r ∈ N mit ar ∈ a} heißt Radikal von a.
Ideale treten als Kern homomorpher Abbildungen auf:
Sei ϕ : R −→ R eine homomorphe Abbildung und Kerϕ = {a ∈ R : ϕ(a) = 0}. Dann istKerϕ ein Ideal in R:
a, b ∈ Kerϕ =⇒ ϕ(a + b) = ϕ(a) + ϕ(b) = 0 + 0 = 0 =⇒ a + b ∈ Kerϕ
a ∈ Kerϕ, r ∈ R =⇒ ϕ(r · a) = ϕ(r) · ϕ(a) = ϕ(r) · 0 = 0 =⇒ r · a ∈ Kerϕ
Ein Ideal a in R bewirkt in R eine Einteilung in Restklassen (modulo a):
a ∼ b :⇐⇒ a− b ∈ a
Die Restklasse von a bezeichnen wir mit a = [a] = {b ∈ R : b ∼ a}.Beispiel: R = Z, Rechnen modulo 5
n ∈ Z =⇒ n = 5 ·m + r mit r ∈ {0, 1, 2, 3, 4} und n1 ∼ n2 ⇐⇒ 5 | n1 − n2
d.h. n1 und n2 haben bei Division durch 5 denselben Rest. Damit erhalten wir die Restklassen[0] = 0, [1] = 1, [2] = 2, [3] = 3, [4] = 4.
1 ALGEBRAISCHE VARIETATEN 8
Durch die Vereinbarung
a + b := [a + b], a · b := [a · b]
erhalt die Menge der Restklassen eine Ringstruktur, im Beispiel
Z = Z/(5) = {0, 1, 2, 3, 4}
Allgemein: Sei a ⊂ R ein Ideal. Zu (R, a) gehort ein ”neuer“ Ring R, der Restklassenringmodulo a: R = R/a. Wir haben den
Homomorphiesatz fur Ring:
1. Sei ϕ : R ∼−→ R∗ eine homomorphe Abbildung von R auf R∗. Dann ist der Kern vonϕ ein Ideal a und es gilt R∗ ∼= R/a
2. Ist a ⊂ R ein Ideal. Dann gibt es eine homomorphe Abbildung ϕ von R auf R/a mit a
als Kern: ϕ : R ∼−→ R/a.
Fur Ideale a ⊂ A = k[X1, . . . , Xn] konnen wir nun wie oben definieren:
Definition 1.2∗: Sei a ⊂ k[X1, . . . , Xn] ein Ideal.V (a) = {P ∈ An(k) : ∀ f ∈ a gilt f(P ) = 0} heißt Nullstellenmenge von a.
Bemerkung 1.9 Unter Beachtung der endlichen Erzeugbarkeit von Idealen in A haben wirhiermit die gleiche Definition wie bei algebraischen Mannigfaltigkeiten V (T ), T endlich, wennT ein Erzeugendensystem fur a ist (Beweis siehe spater!).
Satz 1.10 Folgende Aussagen gelten:
a) Sind T1 ⊆ T2 ⊆ A Mengen, so gilt Z(T1) ⊇ Z(T2).
b) Fur alle algebraischen Mannigfaltigkeiten V ⊆ An(k) gilt Z(I(V )) = V .
c) Sind V1 ⊆ V2 ⊆ An(k) Mengen, so gilt I(V1) ⊇ I(V2).
d) Sind V1, V2 ⊆ An(k) algebraische Mannigfaltigkeiten, so giltI(V1 ∪ V2) = I(V1) ∩ I(V2) und V1 ∪ V2 = Z(I(V1) · I(V2)).
e) Fur jede Familie {Vλ}λ∈Λ von algebraischen Mannigfaltigkeiten gilt⋂λ∈Λ Vλ = Z(
∑λ∈Λ I(Vλ)).
f) ∀V ⊆ An(k) gilt I(V ) = Rad I(V ).
c∗) Sind V1 ⊆ V2 ⊆ An(k) algebraischen Mannigfaltigkeiten, so giltV1 $ V2 ⇐⇒ I(V1) % I(V2).
Beweis:
a) P ∈ Z(T2) =⇒ ∀ f ∈ T2 : f(P ) = 0,
T1 ⊆ T2 =⇒ ∀ g ∈ T1 : g(P ) = 0 =⇒ P ∈ Z(T1).
1 ALGEBRAISCHE VARIETATEN 9
b) P ∈ V ⇐⇒ ∀ f ∈ I(V ) : f(P ) = 0 ⇐⇒ P ∈ Z(I(V )).
c) f ∈ I(V2) =⇒ ∀P ∈ V2 : f(P ) = 0 =⇒ ∀Q ∈ V1 : f(Q) = 0 =⇒ f ∈ I(V1).
d) f ∈ I(V1 ∪ V2) ⇐⇒ ∀P ∈ V1 ∪ V2 : f(P ) = 0 ⇐⇒ f ∈ I(V1) und f ∈ I(V2) ⇐⇒ f ∈I(V1) ∩ I(V2).
P ∈ V1 ∪ V2 ⇐⇒ P ∈ V1 oder P ∈ V2 ⇐⇒(∀ f ∈ I(V1) : f(P ) = 0) oder (∀ f ∈ I(V2) : f(P ) = 0) ⇐⇒ ∀ g ∈ I(V1) · I(V2) :g(P ) = 0 ⇐⇒ P ∈ Z(I(V1) · I(V2)).
e) P ∈ ⋂λ∈Λ Vλ ⇐⇒ ∀λ ∈ Λ : P ∈ Vλ ⇐⇒ ∀ f ∈ I(Vλ) : f(P ) = 0 ⇐⇒
P ∈ Z(∑
λ∈Λ I(Vλ))
f) Sei f ∈ Rad I(V ) =⇒ ∃ r : f r ∈ I(V ) =⇒ ∀P ∈ V : f r(P ) = 0 =⇒∀P ∈ V : f(P ) = 0 =⇒ f ∈ I(V ).
c∗) folgt aus b) und c). ¤
Die Struktur algebraischer Mannigfaltigkeiten ist eng mit der Struktur von Idealen verknupft.Daher wird diese zunachst naher untersucht.
2 IDEALE IN KOMMUTATIVEN RINGEN 10
2 Ideale in kommutativen Ringen
Im folgenden sei R stets ein kommutativer Ring mit Einselement.
Lemma 2.1 Seien a, b ⊆ R Ideale. Dann gilt:
1) a ∩ b ist ein Ideal.
2) a · b ist ein Ideal.
3) (a, b) = a + b = {a + b : a ∈ a und b ∈ b} ist ein Ideal.
4) a + b ∈ a und a ∈ a =⇒ b ∈ a.
5) a ∪ b ist im allgemeinen kein Ideal,denn fur a ∈ a, a /∈ b und b ∈ b, b /∈ a =⇒ a + b /∈ a ∪ b.
Definition 2.2 R heißt noethersch :⇐⇒ jedes Ideal a ⊆ R besitzt ein endliches Erzeugen-densystem {a1, . . . , am}.
Bezeichnung: a = (a1, . . . , am) = (a1, . . . , am) ·R; {a1, . . . , am} heißt auch Basis fur a.
Satz 2.3 Folgende Aussagen sind aquivalent:
a) R ist noethersch.
b) Es gilt der Teilerkettensatz fur Ideale, d.h. jede aufsteigend Kette von Idealen aus R:a1 ⊆ a2 ⊆ . . . wird stationar.(Stationar heißt, ∃n ≥ 1, so dass ∀m ≥ 0 gilt: an = an+m.)
c) Es gilt die Maximalbedingung fur Ideale, d.h. jede nichtleere Menge von Idealen ausR enthalt ein maximales Element (bezuglich der Inklusion).
Beweis: a) ⇒ b) Sei a1 ⊂ a2 ⊂ . . . und a =∞⋃i=1
ai
=⇒ a ist ein Ideal und nach Voraussetzung endlich erzeugt: a = (a1, . . . , am)=⇒ ∃n : a1, . . . , am ∈ an =⇒ an = an+1 = . . ..
b) ⇒ c) Angenommen, M sei eine Menge von Idealen ohne maximales Element und M 6= ∅.=⇒ ∀ a1 ∈ M ∃ a2 ∈ M : a1 ⊂ a2 usw. Daher existiert eine nichtstationare aufsteigendeKette von Idealen aus R.
c) ⇒ a) Sei a ⊆ R ein Ideal und
S = {b ⊆ R; b ⊆ a, b endlich erzeugt}.
Nach Voraussetzung besitzt S ein maximales Element, etwa a0. Ist a ∈ a, dann ist offenbar(a0, a) endlich erzeugt und damit in S; also (a0, a) = a0, da a0 maximal in S und somita = a0, also endlich erzeugt. ¤
2 IDEALE IN KOMMUTATIVEN RINGEN 11
Folgerung 2.4 Mit R ist auch jedes homomorphe Bild ϕ(R) noethersch.
Beweis: Sei c = Kerϕ und a0 ⊆ a1 ⊆ . . . eine aufsteigende Kette von Idealen in ϕ(R). Danngibt es eine aufsteigende Kette c ⊆ a0 ⊆ a1 ⊆ . . . in R mit ϕ(ai) = ai, i = 1, 2, . . .. Da Rnoethersch, gibt es ein n, so dass an = an+m ∀m ≥ 0. Daher ist
an = ϕ(an) = ϕ(an+m) = an+m. ¤
Satz 2.5 (Hilbertscher Basissatz (David Hilbert, 1862 - 1943)) Ist R noethersch undX eine Unbestimmte uber R, dann ist auch R[X] noethersch. Insbesondere ist k[X1, . . . , Xn]noethersch.
Beweis: Wir zeigen: Ist R[X] nicht noethersch, dann ist auch R nicht noethersch.
Sei a ⊆ R[X] ein Ideal, das nicht endlich erzeugbar ist. Sei
f1 ∈ a ein Polynom vom kleinsten Grad n1 und hochstem Koeffizienten a1;
...
fk+1 ∈ a \ (f1, . . . , fk) vom kleinsten Grad nk+1 und hochstem Koeffizienten ak+1;
=⇒ n1 5 n2 5 . . . 5 nk 5 . . .
Behauptung: (a1) ⊂ (a1, a2) ⊂ . . . ist eine Idealkette in R, die nicht stationar ist.
Angenommen, (a1, . . . , ak) = (a1, . . . , ak+1)
=⇒ ak+1 ∈ (a1, . . . , ak) =⇒ ak+1 =k∑
i=1bi · ai (bi ∈ R) und
g := fk+1 −k∑
i=1
bi ·Xnk+1−ni · fi ∈ a \ (f1, . . . , fk), Grad g < nk+1 = Grad fk+1.
Widerspruch. ¤
Folgerung 2.6 a) Jede absteigende Kette affiner Mannigfaltigkeiten ist stationar.
b) Sei R noethersch und S ein endlich erzeugter Erweiterungsring von R. Dann ist auch Snoethersch.
Beweis: a) Ist V1 ⊃ V2 ⊃ . . . eine absteigende Kette affiner Mannigfaltigkeiten, dann istI(V1) ⊂ I(V2) ⊂ . . . eine aufsteigende Kette von Idealen und
Vr = Vr+1 ⇐⇒ I(Vr) = I(Vr+1).
Daher folgt die Aussage aus 2.5.
b) Nach 2.5 gilt die Aussage fur A = k[X1, . . . , Xn]. Ist S = R[z1, . . . , zr], so erhalt man Sals homomorphes Bild von R[X1, . . . , Xn] mit einem geeigneten Ideal a als Kern:
ϕ : R[X1, . . . , Xr]∼−→ S ∼= R[X1, . . . , Xr]/a.
2 IDEALE IN KOMMUTATIVEN RINGEN 12
Wegen 2.4 ist mit R[X1, . . . , Xr] auch jedes homomorphe Bild ϕ(R[X1, . . . , Xr]) noethersch.¤
Definition 1.2 ⇐⇒ Definition 1.2∗: a ⊆ k[X1, . . . , Xn] ⇒ a = (f1, . . . , fm) ⇒ Ta :={f1, . . . , fm} ist endlich und V (a) = Z(Ta).
V als algebraische Mannigfaltigkeit ist eine abgeschlossene Menge in der Zariski-Topologie desAn(k). Wir erhalten daher fur abgeschlossene Mengen des An(k) ein entsprechendes Ergebniswie 2.5.
Satz 2.7 An(k) ist noethersch, d.h. jede absteigende Kette A1 ⊃ A2 ⊃ . . . abgeschlosse-ner Mengen ist stationar.
Beweis: Aus A1 ⊃ A2 ⊃ . . . folgt I(A1) ⊂ I(A2) ⊂ . . . ⊆ k[X1, . . . , Xn]. Da dieKette der Ideale stationar ist, muss auch die Kette der Mannigfaltigkeiten stationar sein. ¤
Mit diesen Vorbereitungen konnen wir nun Zerlegungssatze fur Mannigfaltigkeiten und Idealebeweisen.
A. Mannigfaltigkeiten
Definition 2.8 Eine k-Mannigfaltigkeit V ⊂ An(k) heißt irreduzibel
:⇐⇒ wenn V = V1 ∪ V2 mit Mannigfaltigkeiten V1 und V2, so ist V = V1 oder V = V2.
Satz 2.9 Sei V ⊂ An(k) eine algebraische Mannigfaltigkeit. Dann gibt es irreduzible Man-nigfaltigkeiten V1, . . . , Vr ⊂ An(k), so dass V = V1 ∪ . . . ∪ Vr.Gilt Vi * Vj fur alle i, j (i 6= j), so sind V1, . . . , Vr eindeutig bestimmt.
V1, . . . , Vr heißen die irreduziblen Komponenten von V .
Beweis: a) (Existenz) Sei S die Menge der algebraischen Mannigfaltigkeiten, die keinesolche Darstellung besitzen.
Behauptung: S = ∅Angenommen, S 6= ∅. Dann besitzt S wegen Folgerung 2.6 ein minimales Element Y ;
Y ist nicht irreduzibel: Y = Y1 ∪ Y2 und Y1, Y2 $ Y =⇒ Y1, Y2 /∈ S
=⇒ sowohl Y1 als auch Y2 besitzen solch eine Darstellung, also auch Y1 ∪ Y2.
Die Eindeutigkeit ergibt sich spater aus Satz 2.19.
B. Ideale
Definition 2.10 a) (Primideal) Ein Ideal p ⊆ R heißt Primideal :⇐⇒∀ a, b ∈ R gilt: wenn a · b ∈ p und a /∈ p, dann ist b ∈ p.
b) (Primarideal) Ein Ideal q ⊆ R heißt Primarideal :⇐⇒∀ a, b ∈ R gilt: wenn a · b ∈ q und a /∈ q, dann existiert ein % > 0, so dass b% ∈ q.
2 IDEALE IN KOMMUTATIVEN RINGEN 13
c) Ist a ⊆ R ein Ideal und c = {r ∈ R | ∃% > 0 : r% ∈ a}, dann heißt c das Radikal von a:
Rad a := {r ∈ R | ∃% > 0 : r% ∈ a}.
Jedes Primideal ist insbesondere ein Primarideal.
Satz 2.11 a) Ist q ⊆ R ein Primarideal, so ist p := Rad q ein Primideal.
Sei q ein p-primares Ideal. Dann gilt:
b) a · b ∈ q und a /∈ p, dann ist b ∈ q.
c) a · b ⊆ q und a " p, dann ist b ⊆ q.
Beweis: a) Zu zeigen: ∀ a, b ∈ R gilt: wenn a · b ∈ p und a /∈ p, dann ist b ∈ p.Ist a · b ∈ p, dann gibt es ein r > 0, so dass (a · b)r ∈ q, a /∈ p =⇒ ar /∈ q =⇒∃ % > 0 : (br)% = br·% ∈ q =⇒ b ∈ p.
b) Angenommen, b /∈ q =⇒ ∃ % > 0 : a% ∈ q =⇒ a ∈ p, Widerspruch!
c) Sei b ∈ b beliebig =⇒ ∀ a ∈ a : a · b ∈ q. Ist a0 ∈ a, a0 /∈ p =⇒ a0 · b ∈ q =⇒ b ∈ q. ¤
Offenbar ist p% ⊆ q ⊆ p fur ein geeignetes % > 0.
q heißt p-primar und %0 = min{% : p% ⊆ q} heißt der Exponent von q.
Beispiele sind durchweg schwer anzugeben außer bei Potenzproduktidealen:Sei R = k[X1, X2, X3], p = (X1, X2) ist prim und q = (X2
1 , X2) ist primar.
Definition 2.12 Ein Ideal a ⊂ R heißt irreduzibel :⇐⇒a ist nicht darstellbar in der Form a = b ∩ c, a $ b, a $ c.
Gibt es fur a eine solche Darstellung a = b ∩ c, a 6= b, a 6= c, so heißt a reduzibel.
Satz 2.13 a) Jedes irreduzible Ideal ist primar.
b) Jedes Primideal is irreduzibel.
c) Es gibt reduzible Primarideale.
Wir haben folgende Inklusionen als Mengen:
{Primarideale} ⊃ {irreduzible Ideale} ⊃ {Primideale}
und jede Inklusion ist echt!
Bevor wir Satz 2.13 beweisen, benotigen wir den Begriff des Idealquotienten.
Definition 2.14 Seien a, b ⊆ R. Dann ist a : b = {c ∈ R : c · b ⊆ a} der Idealquotient
von a und b.
Idealquotienten haben folgende Eigenschaften, die hier nicht alle bewiesen werden:
2 IDEALE IN KOMMUTATIVEN RINGEN 14
Satz 2.15 Seien a, b, c, . . . Ideale in R. Dann gilt:
a) a ⊆ b =⇒ a : c ⊆ b : c und c : b ⊆ c : a
b) c = a : b =⇒ b · c = b · (a : b) ⊆ a
c) a : (b, c) = (a : b) ∩ (a : c)
d) a : (b1, . . . , bs) = (a : b1) ∩ · · · ∩ (a : bs)
e) (a1 ∩ · · · ∩ as) : b = (a1 : b) ∩ · · · ∩ (as : b)
f) (a : b) : c = a : (b · c)
g) a ∩ (b) = (a : (b)) · (b)
Beweis: z.B. c) α · (b, c) ⊆ a ⇐⇒ α · b ⊆ a und α · c ⊆ a
⇐⇒ α ∈ a : b und α ∈ a : c ⇐⇒ α ∈ (a : b) ∩ (a : c)
g) Sei α ∈ a ∩ (b) ⇐⇒ α = r · b ∈ a ⇐⇒ r ∈ a : (b) ⇐⇒ α = r · b ∈ (a : (b)) · (b). ¤
Beweis zu Satz 2.13: a) Angenommen, a sei nicht primar.Wir zeigen: a ist reduzibel. Da a nicht primar ist, gibt es b, c ∈ R, so dassb · c ∈ a, b /∈ a und ∀ % = 0 : c% /∈ a. Wir erhalten die Kette von Idealen
a : (c) ⊆ a : (c2) ⊆ · · · ⊆ a : (ck) ⊆ a : (ck+1) ⊆ · · ·
Da R noethersch ist, ∃ k : a : (ck) = a : (ck+1) = · · ·Behauptung: a = (a, (b)) ∩ (a, (ck))
a ⊆ (a, (b)) ∩ (a, (ck)) ist trivial.
Sei u ∈ (a, (b)) ∩ (a, (ck)), u = a1 + b · r1 = a2 + ck · r2, a1, a2 ∈ a, r1, r2 ∈ R⇒ u · c = a1 · c + b · c · r1 = a2 · c + ck+1 · r2 ∈ a ⇒ ck+1 · r2 ∈ a
⇒ r2 ∈ a : (ck+1) = a : (ck) ⇒ r2 · ck ∈ a ⇒ u ∈ a.
b) Angenommen, p = a ∩ b ⊇ a · b, a * p ⇒ b ⊆ p ⇒ Widerspruch!
c) Beispiel: R = k[X1, X2], a = (X21 , X1X2, X2
2 ) = (X21 , X2) ∩ (X1, X
22 ). ¤
Satz 2.16 Seien q1, q2 Primarideale zum selben Primideal p als Radikal. Dann ist q1 ∩ q2
ein p-primares Ideal.
Beweis: 1. Rad(q1 ∩ q2) = Rad q1 ∩ Rad q2 = p ∩ p = p, denn:
α ∈ Rad q1 ∩ Rad q2 ⇐⇒ ∃ %i : α%i ∈ qi (i = 1, 2) ⇐⇒ mit % = max{%1, %2} istα% ∈ q1 ∩ q2 ⇐⇒ α ∈ Rad(q1 ∩ q2).
2. q1, q2 - primar =⇒ q1 ∩ q2 - primar, denn:
sei a · b ∈, a /∈ q1 ∩ q2 =⇒ (z.B.) a /∈ q1 =⇒ b%′ ∈ q1 =⇒ b ∈ p =⇒b%′′ ∈ q2 =⇒ mit % = max{%′, %′′} ist b% ∈ q. ¤
Damit stehen alle Elemente fur die Struktur- bzw. Zerlegungssatze zur Verfugung.
2 IDEALE IN KOMMUTATIVEN RINGEN 15
Satz 2.17 (1. Zerlegungssatz von E. Lasker (1868 - 1941)) Sei R ein noetherscher Ring.Dann lasst sich jedes Ideal a ⊂ R als Durchschnitt endlich vieler irreduzibler Ideale darstellen:
a = c1 ∩ · · · ∩ cl, ci − irreduzibel.
Beweis: Ist a irreduzibel, dann sind wir fertig. Andernfalls gibt es Ideale a1, a2, die beide a
echt enthalten, so dass a = a1 ∩ a2; sind die ai irreduzibel, dann sind wir fertig. Andernfallsgibt es Ideale a11, a12, die beide a1 echt enthalten, so dass a1 = a11 ∩ a12 usw. Das ergibteine Teilerkette
a ⊂ a1 ⊂ a11 ⊂ · · · .
Diese bricht nach endlich vielen Schritten ab bzw. wird stationar. ¤
Insbesondere sind c1, . . . , cl primar. Fassen wir alle irreduziblen Komponenten mit demselbenRadikal zu einem Primarideal zusammen und lassen ”uberflussige“ Komponenten fort, dannerhalten wir
Satz 2.18 (2. Zerlegungssatz von E. Noether (1882 - 1935)) Sei R ein noetherscherRing. Dann gibt es zu jedem Ideal a ⊂ R eine unverkurzbare Darstellung durch ”großte“Primarkomponenten
a = q1 ∩ · · · ∩ qr, Rad qk = pk und pi 6= pj , falls i 6= j.
Fur Eindeutigkeitsaussagen benotigen wir den Begriff der isolierten und eingebetteten Kom-ponenten.
Definition 2.19 Sei a = q1∩· · ·∩qr eine unverkurzbare Darstellung durch großte Primarkom-ponenten. Eine Primarkomponente qi heißt eingebettet, wenn eine Komponente qj existiert,so dass
pi = Rad qi ⊃ Rad qj = pj .
Die nicht-eingebetteten Primarkomponenten heißen isoliert.
Wir werden nun zeigen, dass in obigen Darstellungena) die Menge der zugehorigen (isolierten und eingebetteten) Primideale undb) die Menge der isolierten Primarideale
eindeutig bestimmt sind.
Satz 2.20 Sei a = q1 ∩ · · · ∩ qr eine unverkurzbare Darstellung durch großte Primarkompo-nenten und pi = Rad qi (i = 1, . . . , r). Dann gilt:
a) {p1, . . . , pr} sind eindeutig bestimmt.
b) Sind q1, . . . , qr0 isolierte Komponenten und qr0+1, . . . , qr eingebettet (1 5 r0 5 r), sosind q1, . . . , qr0 eindeutig bestimmt (nicht aber qr0+1, . . . , qr).
2 IDEALE IN KOMMUTATIVEN RINGEN 16
Zum Beweis benotigen wir zwei technische Resultate uber Idealquotienten.
Hilfssatz 2.21 Sei q ein Primarideal p = Rad q und % der Exponent von q, d.h. p% ⊆ q, aberp%−1 * q, und a ein Ideal. Dann gilt:
a) q : a = q, falls a * p;
b) q : a = q, falls a ⊆ p, a * q.
q ist ein Primarideal zum Radikal p mit einem Exponenten % < %.
Beweis a) Es gilt q : a ⊇ q.Sei b ∈ q : a =⇒ (b) · a ⊆ q, a * p =⇒ (Satz 2.11 b)) b ∈ q.
b) Sei a ⊆ p, a * q, p% ⊆ q, p%−1 * q.Sei p ∈ p%−1 =⇒ p · a ⊆ p% ⊆ q =⇒ p ∈ q : a = q =⇒ p%−1 ⊆ q.
Ist a ∈ q = q : a =⇒ a · a ⊆ q ⊆ p, a * q =⇒ a ∈ p =⇒q ⊆ p =⇒ p%−1 ⊆ q ⊆ p =⇒ Rad q = p = Rad q.
Wir zeigen: q ist primar.
Sei b · c ∈ q, b /∈ q =⇒ b · c · a ⊆ q, b · a * q =⇒ c ∈ p bzw. c% ∈ p% ⊆ q ⊂ q. ¤
Beweis zu 2.20 a) Angenommen, a = q1∩· · ·∩qr = q1∩· · ·∩qt seien jeweils unverkurzbareDarstellungen mit pi = Rad qi, pi = Rad qi und etwa p1 maximal in {p1, . . . , ps, p1, . . . , pt}.Wir zeigen: p1 tritt unter {p1, . . . , pt} auf.
Angenommen, p1 /∈ {p1, . . . , pt}. Dann ist wegen q1 * pi (i > 1) und q1 * pj (j = 1)
a : q1 = (q1 : q1) ∩ (q2 : q1) ∩ · · · ∩ (qs : q1) = q2 ∩ · · · ∩ qr
= q1 ∩ · · · ∩ qt = a = q1 ∩ · · · ∩ qr
im Widerspruch zu ”a = q1 ∩ · · · ∩ qr nicht verkurzbar“.
Sei etwa p1 = p1
=⇒ a : q1 · q1 = q2 ∩ · · · ∩ qr = q2 ∩ · · · ∩ qt = a1.
Wiederholung mit a1 statt a fuhrt schließlich zu s = t und pi = pi fur i = 1, . . . , s.
b) Sei p1 minimal in {p1, . . . , ps}. Wir zeigen: q1 = q1.
Sei hierzu b = q2 ∩ · · · ∩ qs und b = q2 ∩ · · · ∩ qs. Dann ist b * p1 = p1, denn fur i = 2, . . . , s
ist qi * p1 =⇒ ∃ qi ∈ qi, qi /∈ p1 =⇒ q2 · · · qs ∈ b, aber q2 · · · qs /∈ p1. Hieraus folgt
a : b = (q1 ∩ b) : b = (q1 : b) ∩ (b : b) = q1 : b = q1
= (q1 ∩ b) : b = (q1 : b) ∩ (b : b) ⊆ q1
Genauso zeigt man q1 ⊆ q1 woraus dann q1 = q1 folgt. ¤
Definition 2.22 Ein Ideal a nennen wir Radikalideal, wenn Rad a = a.
3 POTENZPRODUKTIDEALE (MONOMIAL IDEALS) 17
3 Potenzproduktideale (Monomial ideals)
Sei R = k[X1, . . . , Xn] (n = 1) ein Polynomring uber k.
Definition 3.1 a) Ein Ausdruck der Form p = Xi11 · · ·Xin
n (i1, . . . , in = 0) heißt Potenz-
produkt oder Monom.
b) Ein Ideal a ⊂ R, das eine (nicht notwendig endliche) Basis aus lauter Potenzproduktenbesitzt, heißt Potenzproduktideal oder monomiales Ideal.
b∗) a ⊂ R heißt Potenzproduktideal :⇐⇒ ∃ A ⊆ Zn=0
, so dass
a = {∑α
hαXα : hα ∈ R, α ∈ A},
wobei α = (α1, . . . , αn), Xα = Xα11 · · ·Xαn
n .
Es ist
Xα ·Xβ = Xγ ⇔ γ = α + β mit α, β, γ ∈ Zn=0
,
wobei α = (α1, . . . , αn), β = (β1, . . . , βn), γ = (γ1, . . . , γn) und γi = αi + βi fur i = 1, . . . , n
und Xα|Xβ ⇔ ∃γ ∈ Zn=0
mit β = α + γ.
Potenzproduktideale reprasentieren geometrisch lineare Teilraume des An(k). Das erklartsowohl ihre geometrische als auch algebraische recht gute Handhabung.
Fur Potenzproduktideale gilt
Lemma 3.2 Sei a = ({Xα : α ∈ A}) ein Potenzproduktideal. Dann gilt:
a) Xβ ∈ a ⇐⇒ ∃α ∈ A, so dass Xα |Xβ.
b) Sei f ∈ k[X1, . . . , Xn]. Dann ist f ∈ a ⇐⇒ jeder Summand von f liegt in a.
c) a besitzt eine Basis aus Monomen.
Beweis: a) ”⇐=” Xβ = Xα ·Xγ ⇒ Xβ ∈ a.
”=⇒” Ist Xβ ∈ a, etwa Xβ =s∑
i=1hiX
α(i), dann ist wegen der eindeutigen Darstellung von
Polynomen o.B.d.A. s = 1 und h1 ein Monom, etwa h1 = Xγ , also Xβ = h1Xα(1) = Xγ ·Xα.
b)”⇐=” trivial!”=⇒” Sei f =
∑aifi, ai ∈ k und o.B.d.A. fi Monome;
f ∈ a =⇒ ∃ Monome pj ∈ a, so dass f =∑
bjpj =∑
aifi und etwa aifi = bipi, ai ∈ k.Daher ist fi = a−1
i · bi · pi ∈ a.
c) Da R noethersch ist, besitzt a eine endliche Basis: a = (f1, . . . , fs). Nach b) liegt jedesMonom von f1, . . . , fs in a, die folglich eine endliche Basis bilden. ¤
Fur die Bestimmung einer Basis von Potenzproduktidealen ist das Lemma von Dickson (1913)von zentraler Bedeutung. Hierzu fuhren wir auf Nn eine ”naturliche“ Ordnung ≥nat ein.
3 POTENZPRODUKTIDEALE (MONOMIAL IDEALS) 18
Definition 3.3 Sei α = (a1, . . . , an), β = (b1, . . . , bn) ∈ Nn. Dann ist
α ≥nat β :⇐⇒ ai ≥ bi fur alle i = 1, . . . , n.
Lemma 3.4 (Dickson) Sei A ⊆ Nn eine beliebige Teilmenge. Dann gibt es eine endlicheTeilmenge B ⊆ A, so dass ∀α ∈ A ∃β ∈ B mit β ≤nat α.
B heißt auch eine Dickson-Basis fur A.
Beweis (Induktion bezuglich n): Fur n = 1 sei b1 := min{a1 : α = (a1) ∈ A} und β = (b1).Dann ist offenbar B = {β} die Dickson-Basis.
Fur n > 1 und k ∈ N definieren wir
Ak := {α′ = (a1, . . . , an−1) ∈ Nn−1 : (a1, . . . , an−1, k) ∈ A}.
Nach Induktionsvoraussetzung besitzt Ak eine Dickson-Basis Bk und ebenfalls nach Induk-tionsvoraussetzung hat
⋃k∈N Bk ⊆ Nn−1 eine Dickson-Basis B′. B′ ist endlich. Daher gibt es
ein s ∈ N, so dass
B′ ⊆ B1 ∪ . . . ∪ Bs.
Wir zeigen, dass
B := {(β′, k) ∈ Nn : 0 ≤ k ≤ s, β′ ∈ Bk}
eine Dickson-Basis fur A ist.
Sei hierzu (α′, an) ∈ A. Dann ist α′ ∈ Aan und, da Ban eine Dickson-Basis fur Aan ist, gibtes ein β′ ∈ Ban mit β′ ≤nat α′.
1. Fall: an ≤ s ⇒ (β′, an) ∈ B und (β′, an) ≤nat (α′, an).
2. Fall: an > s ⇒ ∃ γ′ ∈ B′ und ein k ≤ s, so dass γ′ ≤ β′ und (γ′, k) ∈ Bk. Dann ist(γ′, k) ∈ B und (γ′, k) ≤nat (α′, an). ¤
Beachtet man Xβ|Xα ⇔ β ≤nat α, erhalt man hieraus durch die Zuordnung α ←→ Xα
eine entsprechende Aussage fur Potenzproduktideale.
Satz 3.5 (Lemma von Dickson) Sei a ⊂ R ein Potenzproduktideal,
a = {hαXα : α ∈ A, hα ∈ k[X1, . . . , Xn]} = ({Xα : α ∈ A})
Dann gibt es eine endliche Teilmenge A∗ ⊂ A, so dass a = ({Xα : α ∈ A∗}), d.h. es gibtα(1), . . . , α(s) ∈ A, so dass a = (Xα(1), . . . , Xα(s)).
Fur Potenzproduktideale lasst sich der Durchschnitt und damit insgesamt die Idealstrukturbesonders einfach bestimmen.
3 POTENZPRODUKTIDEALE (MONOMIAL IDEALS) 19
Satz 3.6 Seien a = (p1, . . . , ps) und b = (q1, . . . , qt) Potenzproduktideale mit Monomenp1, . . . , ps, q1, . . . , qt. Dann gilt:
a ∩ b = (p1 t q1, . . . , p1 t qt, p2 t q1, . . . , p2 t qt, . . . , ps t q1, . . . , p2 t qt)
wobei pi t qj das kleinste gemeinsame Vielfache von pi und qj ist.
(Ist p = Xα, α = (α1, . . . , αs), und q = Xβ, β = (β1, . . . , βs) sowie γ = (γ1, . . . , γs) mitγi = max{αi, βi}, dann ist p t q = Xγ .)
Bemerkung: Die so entstandene Basis von a ∩ b ist i.a. nicht minimal.
Wir fugen ein Lemma ein, von dem wir Teil a) fur den Beweis von Satz 3.6 benotigen, unddanach Satz 3.6 zum Beweis von Teil b) verwenden.
Lemma 3.7 Fur Potenzproduktideale a, b, c gilt
a) (a, b) ∩ c = a ∩ c + b ∩ c
b) (a ∩ b, c) = (a, c) ∩ (b, c)
Bemerkung 3.8 Beide Aussagen gelten nicht fur beliebige Ideale.
Beweis a) ”⊇” Sei α ∈ a ∩ c + b ∩ c
⇒ α = a + b mit a ∈ a ∩ c ⊆ a und b ∈ b ∩ c ⊆ b ⇒ α ∈ (a + b) ∩ c.
”⊆” Sei α = a + b ∈ c ⇒ (Lemma 3.2 (b)) a ∈ c und b ∈ c ⇒ α ∈ α ∈ a ∩ c + b ∩ c.
Beweis 3.6: Mit a = (p1, . . . , ps) und b = (q1, . . . , qt) ist nach 3.7 a)
a ∩ b =∑
i,j
(pi) ∩ (qj)
sowie {α ∈ (pi)∩(qj) ⇐⇒ α ∈ (pitqj)} wegen der eindeutigen Darstellung, also (pi)∩(qj) =(pi t qj). Hieraus folgt die Darstellung fur a ∩ b. ¤
Beweis 3.7 b) Sei a = (p1, . . . , ps), b = (q1, . . . , qt) und c = (r1, . . . , rm).Dann ist nach 3.6 (a ∩ b, c) = (p1 t q1, . . . , ps t qt, r1, . . . , rm) und
(a, c) ∩ (b, c) = (p1, . . . , ps, r1, . . . , rm) ∩ (q1, . . . , qt, r1, . . . , rm)
= (p1 t q1, . . . , ps t qt, r1, . . . , rm)
= (a ∩ b, c).
¤
Beispiel: (X21 , X1X2X
23 , X3X4) ∩ (X1X
23 , X2X
24 )
= (X21X2
3 , X21X2X
24 , X1X2X
23 , X1X2X
23X2
4 , X1X23X4, X2X3X
24 )
= (X21X2
3 , X21X2X
24 , X1X2X
23 , X1X
23X4, X2X3X
24 )
Prime Potenzproduktideale
3 POTENZPRODUKTIDEALE (MONOMIAL IDEALS) 20
Satz 3.9 Ein Potenzproduktideal p ⊂ k[X1, . . . , Xn] ist prim⇐⇒ p ist von der Bauart p = (X1, . . . , Xr).
Beweis: ”⇐=” Sei p = (X1, . . . , Xr) und etwa a · b ∈ p, a /∈ p. O.B.d.A. sei a · b einPotenzprodukt (siehe 3.2 (b)) ⇒ ∃ j : Xj | b ⇒ b ∈ p.
”=⇒” Sei p ein primes Potenzproduktideal und etwa p = Xi11 · · ·Xir
r ∈ p
⇒ ∃ j : Xj ∈ p (1 5 j 5 r) :
Ware etwa X1 /∈ p ⇒ Xi11 /∈ p ⇒ Xi2
2 · · ·Xirr ∈ p usw. bis spatestens Xir
r ∈ p ⇒ Xr ∈ p.¤
Primare Potenzproduktideale
Satz 3.10 Sei q ein primares Potenzproduktideal mit dem Radikal p, etwa p = (X1, . . . , Xr).Dann ist
q = (X%11 , X%2
2 , . . . , X%rr , p1, . . . , ps) mit %1, . . . , %r = 1 (3.A)
und p1, . . . , ps sind Monome, die nur von X1, . . . , Xr abhangen.Umgekehrt ist jedes Ideal der Art (3.A) primar.
Beweis: Sei Rad q = p = (X1, . . . , Xr) und angenommen, Xαj · p ∈ q mit j /∈ {1, . . . , r} und
α > 0 ⇒ Xαj /∈ p ⇒ p ∈ q.
Die Umkehrung ergibt sich spater aus dem Zerlegungssatz fur Potenzproduktideale. ¤
Definition 3.11 Potenzproduktideale der Form a = (X%11 , X%2
2 , . . . , X%rr ) heißen reine Po-
tenzproduktideale.
Satz 3.12 Ein Potenzproduktideal a ist rein ⇐⇒ a ist irreduzibel.
Insbesondere sind reine Potenzproduktideale primar.
Beweis: ”⇐=” Sei a 6= R, a = (p1, . . . , ps) ein irreduzibles Potenzproduktideal und ange-nommen, a ware nicht rein, etwa
p1 = Xσ11 ·Xσ2
2 · p ∈ a, σ1, σ2 = 1, Xσ11 · p /∈ a, Xσ2
2 · p /∈ a
und X1, X2 treten in p nicht auf. Sei q1 = (Xσ11 · p, p2, . . . , ps), q2 = (Xσ2
2 · p, p2, . . . , ps)
⇒ a ⊂ q1, a ⊂ q2, und a = q1 ∩ q2 = (Xσ11 ·Xσ2
2 · p, p2, . . . , ps),
Widerspruch!
”=⇒” folgt, da der Durchschnitt zweier Potenzproduktideale nach 3.6 immer gemischte Po-tenzprodukte enthalten muss. Qed.
Wir wollen nun einen Zerlegungssatz fur Potenzproduktideale in irreduzible Ideale angeben,der dann insbesondere den Satz 3.10 vollstandig beweist.
3 POTENZPRODUKTIDEALE (MONOMIAL IDEALS) 21
Sei a = (p1, . . . , ps) ein beliebiges Potenzproduktideal und etwa p1 ein gemischtes Potenzpro-dukt, d.h. es kommen mindestens zwei Variable in p1 vor. Sei o.B.d.A.
p1 = X%11 · · ·X%r
r (%1, . . . , %r = 1, r = 2) und mi = X%ii
⇒ p1 = m1 · · ·mr, mi tmj = mi ·mj (i 6= j) und (m1) ∩ · · · ∩ (mr) = (m1 · · ·mr).
Nach Lemma 3.7 b) ist
a = (m1 · · ·mr, p2, . . . , ps) = (m1, p2, . . . , ps) ∩ · · · ∩ (mr, p2, . . . , ps).
Dieses Verfahren auf p1, . . . , ps angewandt, ergibt
Satz 3.13 (Zerlegungssatz von R. Kummer) Ist a = (p1, . . . , ps) ein Potenzproduktide-al und pσ = mσ1 · · ·mσυσ (σ = 1, . . . , s) eine Zerlegung in teilerfremde Monome, dann ist
(p1, . . . , ps) = (m11,m21, . . . , ms1) ∩ · · · ∩ (m1υs ,m2υs , . . . ,msυs)
eine (i.a. verkurzbare) Darstellung von (p1, . . . , ps) als Durchschnitt irreduzibler Potenzpro-duktideale.
Folgerung 3.14 Jedes Ideal der Form
q = (X%11 , X%2
2 , . . . , X%rr , p1, . . . , ps) mit %1, . . . , %r = 1,
in dem p1, . . . , ps nur von X1, . . . , Xr abhangen, ist primar.
(Umkehrung von Satz 3.10.)
Beweis: Nach Satz 3.13 ist q ein Durchschnitt irreduzibler Ideale der Art (Xν11 , . . . , Xνr
r ), diesamtlich primar mit dem Radikal (X1, . . . , Xr) sind, also wieder primar nach Satz 2.16. Qed.
Beispiel: 1) a = (X31 , X4
2 , X21X2) ⊂ k[X1, X2], p = X2
1X2 ⇒ m1 = X21 , m2 = X2
⇒ a = (X31 , X4
2 , X21 ) ∩ (X3
1 , X42 , X2) = (X2
1 , X42 ) ∩ (X3
1 , X2)
2) a = (X21 , X2
2 , X1X2X3) ⊂ k[X1, X2, X3], p = X1X2X3
⇒ m1 = X1, m2 = X2, m3 = X3
⇒ a = (X21 , X2
2 , X1) ∩ (X21 , X2
2 , X2) ∩ (X21 , X2
2 , X3)
= (X1, X22 ) ∩ (X2
1 , X2) ∩ (X21 , X2
2 , X3)︸ ︷︷ ︸nicht primaer
= (X21 , X1X2, X2
2 ) ∩ (X21 , X2
2 , X3)
4 GROBNER-BASEN 22
4 Grobner-Basen
Grobner-Basen wurden von Bruno Buchberger in seiner Dissertation 1965 entwickelt nachseinem Lehrer Wolfgang Grobner (1899 - 1980) benannt.
Aus der Idealtheorie und der Geometrie ergeben sich vier grundlegende Probleme fur daspraktische Rechnen:
a) Sei a ⊆ k[X1, . . . , Xn] ein Ideal. Man gebe ein System von Polynomen f1, . . . , fs ∈k[X1, . . . , Xn] an, so dass a = (f1, . . . , fs).
b) Sei a = (f1, . . . , fs) ⊂ k[X1, . . . , Xn] und f ∈ k[X1, . . . , Xn]. Man entscheide, ob f ∈ a
oder f /∈ a.Geometrisch: V (f1, . . . , fs) ⊆ V (f) oder V (f1, . . . , fs) * V (f).
Ist f ∈ a, dann finde man v1, . . . , vs ∈ k[X1, . . . , Xn], so dass f = v1f1+. . . vsfs. Hiermitkann auch entschieden werden, wann zwei Ideale a = (f1, . . . , fs) und b = (g1, . . . , gr)gleich sind:
∀ i ist fi ∈ b und ∀ j ist gj ∈ a.
c) Sei a = (f1, . . . , fs). Man gebe V (f1, . . . , fs) an, d.h. man finde in kn samtliche Losungendes Gleichungssystems
f1(x1, . . . , xn) = · · · = fs(x1, . . . , xn) = 0.
d) Sei umgekehrt V ⊂ An(k) gegeben durch die Parameterdarstellung
x1 = g1(t1, . . . , tm)...
xn = gn(t1, . . . , tm).
Man gebe ein System von Polynomen f1, . . . , fs ∈ k[X1, . . . , Xn] an, so dassI(V ) = (f1, . . . , fs) ⊆ k[X1, . . . , Xn].
Problem a) Fur n = 1 wird a = (f1) und das Problem (fast) trivial.
Problem b) Fur n = 1 ergibt sich der Euklidische Algorithmus:
a = (f1) = (g), f ∈ k[X] =⇒ f = q · g + r, r = 0 oder Grad r < Grad g
=⇒ {f ∈ a ⇐⇒ r = 0.}Problem c) und d) sind fur lineare Gleichungssysteme durch den Gauß-Algorithmus gelost.Daher mussen fur das Losen der Problem a) - d) sowohl der Euklidische als auch der Gauß-Algorithmus ubertragen werden. Hierzu werden zunachst geeignete Wohlordnungen auf derMenge der Monome definiert.
Fur n = 1 ist das klar: Xm1 > Xm−1
1 > · · · > X1 > 1 = X01
Sei p = Xα11 · · ·Xαn
n ein Potenzprodukt und α := (α1, . . . , αn) ∈ Zn=0
, d.h. αi = 0 furi = 1, . . . , n. Dann wahlen wir folgende Bezeichnung: p = Xα := Xα1
1 · · ·Xαnn .
4 GROBNER-BASEN 23
Wenn in Zn=0
eine Ordnung > definiert ist, soll sich diese auf Monome direkt ubertragen:
Xα > Xβ :⇐⇒ α > β in Zn=0
.
Ordnungen sollen stets monoton sein, d.h.
α > β und γ ∈ Zn=0
beliebig =⇒ α + γ > β + γ.
Fur Potenzprodukte heißt das:
Xα > Xβ und γ ∈ Zn=0
beliebig =⇒ Xα ·Xγ > Xβ ·Xγ .
Das fuhrt zu folgender
Definition 4.1 Eine monomiale Ordnung k[X1, . . . , Xn] ist eine Relation ”>” auf Zn=0
bzw.mit obiger Bemerkung auf der Menge der Monome Xα, die folgende Bedingungen erfullt:
(i) ”>” ist eine totale oder lineare Ordnung auf Zn=0
.
(ii) ”>” ist monoton, d.h. ∀α, β, γ ∈ Zn=0
gilt : α > β ⇒ α + γ > β + γ.
(iii) ”>” ist wohlgeordnet, d.h. jede nichtleere Teilmenge von Zn=0
enthalt ein kleinstes Ele-ment bezuglich ”>”.
Lemma 4.2 Die Ordnungsrelation ”>” auf Zn=0
ist wohlgeordnet⇐⇒ jede fallende Kette α(1) > α(2) > · · · in Zn
=0ist endlich.
Beweis: Angenommen, (Zn=0
, >) ist wohlgeordnet und es gibt eine Ketteα(1) > α(2) > · · ·, die nicht endlich ist =⇒ S = {α(1), α(2), · · ·} besitzt kein kleinstesElement.
Angenommen, jede fallende Kette sei endlich und (Zn=0
, >) ist nicht wohlgeordnet=⇒ ∃S ⊂ Zn
=0, S 6= ∅ und S hat kein kleinstes Element.
=⇒ {wenn α ∈ S ⇒ ∃β ∈ S mit α > β ⇒ ∃ γ ∈ S mit β > γ usw}.=⇒ ∃ eine unendliche fallende Kette im Widerspruch zur Voraussetzung. ¤
Wenn wir Unbestimmte X1, . . . , Xn in einer bestimmten Reihenfolge anordnen, etwa X1 >
X2 > · · · > Xn, gibt es im wesentlichen drei praktikable Moglichkeiten, eine monomialeOrdnung zu erklaren:
1. lexikographische Ordnung (engl.: lexicographic order): >lex
2. graduierte lexikographische Ordnung (engl.: graded lexicographic order): >grlex
3. entgegengesetzte graduierte lexikographische Ordnung (engl.: graded revers lexicogra-phic order): >grevlex
Definition 4.3 Sei α := (α1, . . . , αn), β := (β1, . . . , βn), αi, βi ∈ Z, αi, βi = 0
|α| =n∑
i=1αi, |β| =
n∑i=1
βi
4 GROBNER-BASEN 24
1. α >lex β :⇐⇒ in α − β = (α1 − β1, . . . , αn − βn) ist die erste von Null verschiedeneDifferenz von links positiv (Xα >lex Xβ :⇐⇒ α >lex β).
2. α >grlex β :⇐⇒ |α| > |β| oder |α| = |β| und α >lex β
(Xα >grlex Xβ :⇐⇒ α >grlex β).
3. α >grevlex β :⇐⇒ |α| > |β| oder |α| = |β| und in α − β ist die erste von Nullverschiedene Differenz von rechts negativ(Xα >grevlex Xβ :⇐⇒ α >grevlex β).
Beispiele: zu 1. a) (1, 2, 0) >lex (0, 3, 4) bzw. X1X22 >lex X3
2X43
b) (3, 2, 4) >lex (3, 2, 1), da α− β = (0, 0, 3)
c) Xi ←→ (0, . . . , 1, . . . , 0) (1 in i-ter Komponente)=⇒ (1, 0, . . . , 0)>lex (0, 1, 0, . . . , 0)>lex · · · >lex (0, . . . , 0, 1)=⇒ X1 >lex X2 >lex · · · >lex Xn.
zu 2. a) (1, 2, 3) >grlex (3, 2, 0) da |α| = 6 > |β| = 5
b) (1, 2, 4) >grlex (1, 1, 5) da |α| = 7 = |β| aber (1, 2, 4) >lex (1, 1, 5)
c) wie bei 1. gilt X1 >grlex X2 >grlex · · · >grlex Xn
zu 3. a) (4, 7, 1) >grevlex (4, 2, 3) da |α| = 12 > |β| = 9
b) (1, 5, 2) >grevlex (4, 1, 3) da |α| = 8 = |β| aber α− β = (−3, 4,−1)
c) wie bei 1. gilt X1 >grevlex X2 >grevlex · · · >grevlex Xn
Man pruft leicht nach: Die oben definierten Ordnungen sind monomial.
Motiviert werden die graduierten Ordnungen dadurch, dass bei rein lexikographischen Ord-nungen die Dominanz der 1., 2.,... Variablen gegenuber den folgenden sehr stark ist, z.B.X1>lexX5
2X73 u.a., was mitunter zu großen Rechenzeiten und ungewohnlich vielen Basisele-
menten fuhrt.
Definition 4.4 Sei f =∑
α aαXα ∈ k[X1, . . . , Xn], wobei Xα = Xα11 · · ·Xαn
n und α =(α1, . . . , αn) ∈ Zn
=0, und sei ”>” eine monomiale Ordnung.
(i) Multigrad(f) = multideg(f) := max{α ∈ Zn=0
: aα 6= 0} bezuglich ”>”.
(ii) Anfangskoeffizient von f : LC(f) := amultideg(f)
(iii) Anfangsmonom von f : LM(f) := Xmultideg(f)
(iv) Anfangsterm von f : LT(f) := LC(f) · LM(f)
Beispiel: f = 4X1X22X3 + 4X2
3 − 5X31 + 7X2
1X23 , die Ordnung sei >lex
=⇒ multideg(f) = (3, 0, 0); LC(f) = −5; LM(f) = X31 ; LT(f) = −5X3
1 .
Ist die Ordnung >grlex, dann haben wir:multideg(f) = (2, 0, 2); LC(f) = 7; LM(f) = X2
1X23 ; LT(f) = 7X2
1X23
4 GROBNER-BASEN 25
Lemma 4.5 Sei f, g ∈ k[X1, . . . , Xn], f, g 6= 0. Dann gilt:
(i) multideg(f · g) = multideg(f) + multideg(g)
(ii) f + g 6= 0 =⇒ multideg(f + g) 5 max{multideg(f), multideg(g)}.Wenn multideg(f) 6= multideg(g), dann gilt die Gleichheit.
Die Aussagen kann man leicht nachprufen.
Divisionsalgorithmus in k[X1, . . . , Xn]
Satz 4.6 (Divisionsalgorithmus) Sei ”>” eine monomiale Ordnung in Zn=0
undF = 〈f1, . . . , fs〉 ein geordnetes s-Tupel von Polynomen aus R = k[X1, . . . , Xn]. Dann kannjedes f ∈ k[X1, . . . , Xn] geschrieben werden in der Form
f = a1f1 + · · ·+ asfs + r, ai, r ∈ R
und entweder r = 0 oder r ist eine Linearkombination von Monomen mit Koeffizienten aus k,so dass keines von ihnen durch einen der Terme LT(f1), . . . , LT(fs) teilbar ist. Ist aifi 6= 0,dann ist multideg(aifi) 5 multideg(f) fur i = 1, . . . , s.
r heißt der Rest von f bei Division durch F; Bezeichnung r = fF oder auch fF−→+ r.
Beweis: Dem Beweis stellen wir einen Algorithmus voran:
Input: f1, . . . , fs, f
Output: a1, . . . , as, r
a1 := 0, . . . , as := 0, r := 0p := f
WHILE p 6= 0 DOi := 1divisionoccured := false
WHILE i 5 s AND divisionoccured = false DOIF LT(fi) devides LT(p) THEN
ai := ai + LT(p)/LT(fi)p := p− (LT(p)/LT(fi)) · fi
divisionoccured := true
ELSE i := i + 1IF divisionoccured = false THEN
r := r + LT(p)p := p− LT(p)
Dieser Algorithmus leistet das Gewunschte:
I. Ausgangspunkt ist die richtige Relation f = a1f1 + · · · + asfs + p + r. Diese Relationwird im Algorithmus an zwei Stellen verandert:
1) ai · fi + p = (ai + LT(p)/LT(fi)) · fi + (p− (LT(p)/LT(fi)) · fi)= a′i · fi + p′
4 GROBNER-BASEN 26
2) p + r = (p− LT(p)) + (r + LT(p)) = p′ + r′
II. Offenbar ist multideg(p′) < multideg(p) oder p′ = 0=⇒ der Algorithmus endet nach endlich vielen Schritten, wenn p = 0, denn
bei 1): p′ = p− (LT(p)/LT(fi)) · fi und
multideg( LT(p)LT(fi)
· fi) = multideg( LT(p)LT(fi)
) + multideg(fi)
nach Lemma 4.5.
=⇒ LT( LT(p)LT(fi)
· fi) = LT( LT(p)LT(fi)
) · LT(fi) = LT(p) und damit
multideg(p′) < multideg(p).
bei 2): klar!
III. Jeder Term in ai ist von der Form LT(p)/LT(fi) fur einen gewissen Wert p∗ von p, also
LT(aifi) = LT(LT(p∗)LT(fi)
· fi) = LT(p∗).
Da p den Anfangswert f hat und sein Multigrad nicht wachst, ist
multideg(aifi) 5 multideg(p) 5 multideg(f).
¤
Bemerkung 4.7 r und ai sind nicht eindeutig bestimmt. Sie hangen von der Ordnung undder Reihenfolge der fi ab.
Beispiel: f = X2Y + XY 2 + Y 2, f1 = Y 2 − 1, f2 = XY − 1, F =< f1, f2 >
Als Ordnung wird die lexikographische Ordnung >lex gewahlt.
p = f, r = 0
1. Schritt: LT(p) = X2Y, LT(f1) = Y 2, LT(f2) = XY
a1 = 0, a2 := a2 + LT(p)LT(f2) = X
p = p−X · f2 = XY 2 + X + Y 2, p 6= 0 =⇒
2. Schritt: LT(p) = XY 2, LT(p)/LT(f1) = X
a1 := a1 + X, a2 = X
p = p−X · f1 = 2X + Y 2, p 6= 0 =⇒
3. Schritt: LT(p) = 2X =⇒ keine Teilbarkeitr := r + LT(p) = 2X, p := p− LT(p) = Y 2, p 6= 0 =⇒
4. Schritt: LT(p) = Y 2, LT(p)LT(f1) = 1 =⇒
a1 := a1 + 1 = X + 1, p := p− 1 · f1 = 1, p 6= 0 =⇒
5. Schritt: keine Teilbarkeitr := r + LT(p) = 2X + 1, p := p− LT(p) = 1− 1 = 0 =⇒ fertig!
f = (X + 1) · f1 + X · f2 + 2X + 1.
4 GROBNER-BASEN 27
Wir vertauschen jetzt f1 und f2 : F =< f2, f1 >
1. Schritt: LT(p) = X2Y, LT(p)LT(f2) = X, a1 = 0, a2 := X
p = p−X · f2 = XY 2 + X + Y 2, p 6= 0 =⇒
2. Schritt: LT(p) = XY 2, LT(p)LT(f2) = Y, a1 = 0, a2 := a2 + Y = X + Y
p = p− Y · f2 = X + Y 2 + Y, p 6= 0 =⇒
3. Schritt: LT(p) = X =⇒ keine Teilbarkeitr := r + LT(p) = X, p := p− LT(p) = Y 2 + Y, p 6= 0 =⇒
4. Schritt: LT(p) = Y 2, LT(p)LT(f1) = 1, a1 = 1, a2 = X + Y
p := p− 1 · f1 = Y + 1, p 6= 0 =⇒
5. Schritt + 6. Schritt: keine Teilbarkeitr := r + Y + 1 = X + Y + 1, p = 0
f = 1 · f1 + (X + Y ) · f2 + X + Y + 1.
Man pruft leicht nach, dass beide Darstellungen richtig sind und demnach ai und r von derReihenfolge der fi (und der gewahlten Ordnung) abhangig sind. Im allgemeinen ist nichteinmal r = 0 notwendig dafur, dass f ∈ (f1, . . . , fs). Diese Schwierigkeit wird mit Hilfe einer
”Standardbasis“ oder ”Grobner-Basis“ uberwunden.
Definition 4.8 Sei a ⊂ k[X1, . . . , Xn] ein Ideal, a 6= (0). Dann sei bezuglich einer festenOrdnung ”>”:
1) LT(a) = {c ·Xα : ∃ f ∈ a mit LT(f) = c ·Xα}
2) (LT(a)) sei das von LT(a) in k[X1, . . . , Xn] erzeugte (Potenzprodukt-)ideal.
Bemerkung 4.9 Ist a = (f1, . . . , fs), dann ist zwar LT(f1), . . . ,LT(fs) ∈ (LT(a)), im allge-meinen erzeugen aber LT(f1), . . . , LT(fs) noch nicht (LT(a)).
Beispiel: a = (f1, f2) ⊂ k[X, Y ] mit f1 = X3 − 2XY, f2 = X2Y − 2Y 2 + X, >grlex
Dann gilt LT(f1) = X3, LT(f2) = X2Y jedoch
X · f2 − Y · f1 = X(X2Y − 2Y 2 + X)− Y (X3 − 2XY ) = X2 /∈ (X3, X2Y ) = (LT(f1), LT(f2)).
Satz 4.10 ∃ g1, . . . , gr ∈ a, so dass (LT(a)) = (LT(g1), . . . , LT(gr)).
Beweis: Der Beweis folgt unmittelbar aus dem Lemma von Dickson.
Definition 4.11 Sei eine monomiale Ordnung festgelegt. Dann heißt die Menge G = {g1, . . . , gs} ⊂a eine Grobner-Basis oder Standardbasis fur a ⊂ R:⇐⇒ (LT(a)) = (LT(g1), . . . , LT(gs)).
Satz 4.12 (i) Jedes Ideal a ⊂ R, a 6= (0), besitzt eine Grobner-Basis.
4 GROBNER-BASEN 28
(ii) Jede Grobner-Basis von a 6= (0) ist eine Basis von a.
Beweis: (i) Nach Lemma 3.2 (b) besitzt (LT(a)) eine Basis aus Monomen p1, . . . , ps. NachKonstruktion von (LT(a)) gibt es g1, . . . , gs ∈ a mit LT(gi) = pi fur i = 1, ..., s. Daher istG = {g1, . . . , gs} eine Grobner-Basis.
(ii) Sei f ∈ a und LT(f) =s∑
i=1ai · LT(gi). Dann ist fur f∗ = f −
s∑i=1
ai · gi
multideg(f∗) < multideg(f), LT(f∗) ∈ (LT(a))
und f ∈ (g1, . . . , gs), also a = (g1, . . . , gs). Daher bricht dieser Prozess nach endlich vielenSchritten ab, qed.
Wir kommen nun zu einigen Aussagen, die den Wert der Grobner-Basen unterstreichen undeine Berechnungsmoglichkeit aufzeigen.
Satz 4.13 Sei G = {g1, . . . , gs} eine Grobner-Basis fur a ⊂ k[X1, . . . , Xn] = R, f ∈ Rund ”>” eine fest vorgegebene Ordnung. Dann existiert ein eindeutig bestimmtes r ∈ R mitfolgenden Eigenschaften:
(i) Kein Term von r ist teilbar durch eines der Elemente LT(g1), . . . ,LT(gs).
(ii) ∃ g ∈ a, so dass f = g + r.
r ist nunmehr ein eindeutig bestimmter Rest von f unter der ”Division“ durch G unabhangigvon der gewahlten Reihenfolge der Elemente g1, . . . , gs.
Definition 4.14 Der Divisionsrest von f unter G heißt auch Normalform von f bezuglichG : r = NG(f).
Beweis: a) Die Existenz von r mit den Bedingungen (i) und (ii) folgt aus dem Divisions-algorithmus Satz 4.6.
b) Eindeutigkeit: Angenommen, f = g + r = g∗ + r∗ und r 6= r∗. Dann istr − r∗ = g∗ − g ∈ a und r − r∗ 6= 0 =⇒ LT(r − r∗) ∈ (LT(a)) = (LT(g1), . . . ,LT(gs))=⇒ ∃ i0 : LT(gi0) |LT(r − r∗), da Potenzprodukte,jedoch LT(gi0) teilt keinen Term von r oder r∗. Daher ist r − r∗ = 0, qed.
Folgerung 4.15 Sei G = {g1, . . . , gs} eine Grobner-Basis fur a. Dann gilt ∀ f, g ∈ k[X1, . . . , Xn]
a) f ∈ a ⇐⇒ NG(f) = 0
b) f − g ∈ a ⇐⇒ NG(f) = NG(g).
Insbesondere ist in die Menge {NG(f) : f ∈ k[X1, . . . , Xn]} eine Menge von Reprasentantenfur k[X1, . . . , Xn]/a und
NG : k[X1, . . . , Xn] −→ k[X1, . . . , Xn]
ist eine k-lineare Abbildung.
4 GROBNER-BASEN 29
Beispiel: G = {X2Y − Y 2, X4Y 2 − Y 2}, >lex
=⇒ X5Y = (X3 + XY )(X2Y − Y 2) + 0 · (X4Y 2 − Y 2)−XY 3 ⇒ X5YG
= XY 3.
Die folgenden Aussagen uber S-Polynome bilden das Herzstuck des ”Buchberger-Algorithmus“zur Berechnung von Grobner-Basen.
Definition 4.16 Seien f, g ∈ k[X1, . . . , Xn], f, g 6= 0.
(i) Wenn multideg(f) = α = (α1, . . . , αs) und multideg(g) = β = (β1, . . . , βs), dann seiγ = (γ1, . . . , γs) mit γi = max{αi, βi} fur i = 1, . . . , n.
Xγ = Xγ11 · · ·Xγn
n ist das kleinste gemeinsame Vielfache von LM(f) und LM(g):Xγ = LCM(LM(f), LM(g)).
(ii) S(f, g) := Xγ
LT(f) · f − Xγ
LT(g) · g heißt das S-Polynom von f und g.
Beispiel: f = X3Y 2 −X2Y 3 + X, g = 3X4Y − Y 2, >grlex
LT(f) = X3Y 2, LT(g) = 3X4Y, α = (3, 2), β = (4, 1) ⇒ γ = (4, 2)
S(f, g) := X4Y 2
X3Y 2 · f − X4Y 2
3X4Y· g = X · f − 1
3 · Y · g = −X3Y 3 + X2 + 13Y 3.
Lemma 4.17 Seis∑
i=1ci · fi mit ci ∈ k und multideg(fi) = δ fur alle i ∈ {1, . . . , s} (gleich!).
Wenn multideg(s∑
i=1ci · fi) < δ, dann gibt es cjl ∈ k, so dass
s∑i=1
ci · fi =∑j,l
cjl · S(fj , fl).
Insbesondere ist ∀ j, l : multideg(S(fj , fl)) < δ.
Beweis: Sei di = LC(fi) ⇒ cidi = LC(cifi) ⇒ (nach Voraussetzung)∑
cidi = 0, damultideg(fi) = δ fur alle i ∈ {1, . . . , s}. Sei pi = fi/di, d.h. LC(pi) = 1.
Wir betrachten die ”Teleskop-Summe“s∑
i=1ci · fi =
s∑i=1
ci · di · pi =
c1d1(p1− p2)+ (c1d1 + c2d2)(p2− p3)+ · · ·+(c1d1 + · · ·+ cs−1ds−1)(ps−1− ps)+ (s∑
i=1ci · di)ps,
wobei der letzte Summand verschwindet. Offenbar ist LT(fj) = dj ·Xδ und
S(fj , fl) =Xδ
LT(fj)· fj − Xδ
LT(fl)· fl =
Xδ
dj ·Xδ· fj − Xδ
dl ·Xδ· fl = pj − pl
und damit
s∑
i=1
ci · fi = c1d1S(f1, f2) + (c1d1 + c2d2)S(f2, f3) + · · ·+ (c1d1 + · · ·+ cs−1ds−1)S(fs−1, fs).
Insbesondere fallt in pj − pl der Term Xδ heraus=⇒ multideg(pj − pl) = multidegS(fj , fl) < δ, qed.
Satz 4.18 (Kriterium fur Grobner-Basis) Sei a ⊂ k[X1, . . . , Xn], ”>” eine monomialeOrdnung und G = {g1, . . . , gs} eine Basis fur a. Dann gilt:
Die geordnete Menge G = {g1, . . . , gs} ist eine Grobner-Basis fur a
⇐⇒ ∀ i, j mit i 6= j gilt S(gi, gj)G
= 0 in der gewahlten monomialen Ordnung ”>”.
4 GROBNER-BASEN 30
Beweis: ”=⇒” Da S(gi, gj) ∈ a, ist S(gi, gj)G
= 0 nach Folgerung 4.15.
”⇐=” Sei f ∈ a. Wir haben zu zeigen: LT(f) ∈ (LT(g1), . . . ,LT(gs)).
Sei f =s∑
i=1hi · gi =⇒ (Lemma 4.5) multideg(f) 5 max{multideg(higi)} = δ
und δ sei minimal unter allen Darstellungen von f .
Tritt Gleichheit ein, etwa fur i = i0, dann ist
LT(f) = a · LT(hi0gi0) ∈ (LT(g1), . . . ,LT(gs))
und wir sind fertig.
Sei multideg(f) < max{multideg(higi)} = δ und etwa mit m(i) = multideg(higi)
f =∑
m(i)=δ
hi · gi +∑
m(i)<δ
hi · gi
=∑
m(i)=δ
LT(hi) · gi +∑
m(i)=δ
(hi − LT(hi)) · gi +∑
m(i)<δ
hi · gi
︸ ︷︷ ︸multideg < δ
(4.A)
Wir zeigen: Es gibt eine Darstellung f =s∑
i=1h′i · gi mit max{multideg(h′i · gi)} = δ′ < δ.
Es ist∑
m(i)=δ
LT(hi) · gi =∑
m(i)=δ
ci ·Xα(i) · gi. Wir setzen fi = Xα(i) · gi und erhalten nach
Lemma 4.17
∑
m(i)=δ
LT(hi) · gi =∑
j,k
cjkS(fj , fk).
Es ist
S(fj , fk) = S(Xα(j) · gj , Xα(k) · gk) =Xδ
Xα(j)LT(gj)·Xα(j)gj − Xδ
Xα(k)LT(gk)·Xα(k)gk
wegen δ = multideg(Xα(j)gj) = multideg(Xα(k)gk).
Sei Xγjk = LCM(LM(gj), LM(gk)) ⇒ S(gj , gk) = Xγjk
LT(gj)· gj − Xγjk
LT(gk)· gk
⇒ S(fj , fk) = Xδ−γjk · S(gj , gk) also∑
m(i)=δ
LT(hi) · gi =∑j,k
cjk ·Xδ−γjk · S(gj , gk)
nach Lemma 4.17 und multideg(Xδ−γjk · S(gj , gk)) < δ.
Nach Voraussetzung ist S(gj , gk)G
= 0, also nach dem Divisionsalgorithmus
S(gj , gk) =s∑
i=1
aijk · gi mit multideg(aijk · gi) 5 multideg(S(gj , gk)).
=⇒ Xδ−γjk · S(gj , gk) =s∑
i=1
aijk ·Xδ−γjk · gi =s∑
i=1
bijk · gi
=⇒ multideg(bijk · gi) 5 multideg(Xδ−γjk · S(gj , gk)) < δ
4 GROBNER-BASEN 31
Zusammenfassend ergibt sich:
∑
m(i)=δ
LT(hi) · gi =∑
j,k
Xδ−γjk · S(gj , gk)︸ ︷︷ ︸=
sPi=1
bijk·gi
=s∑
i=1
h∗i · gi und multideg(h∗i · gi) 5 δ∗ < δ.
Zusammen mit Gleichung (4.A) ergibt sich fur f die Darstellung
f =s∑
i=1
h′i · gi mit max{multideg(h′i · gi)} = δ′ < δ
im Widerspruch zur Minimalitat von δ. Qed.
Dem Buchberger-Algorithmus stellen wir ein Beispiel voran:
a = (f1, f2) ⊂ k[X, Y ] mit f1 = X3 − 2XY, f2 = X2Y − 2Y 2 + X, >grlex
LT(f1) = X3, LT(f2) = X2Y, α = (3, 0), β = (2, 1), γ = (3, 1)
G = {f1, f2} ist keine Grobner-Basis.
S(f1, f2) = X3YX3 · f1 − X3Y
X2Y· f2 = Y · f1 − X · f2 = −X2
Es ist LT(S(f1, f2)) = −X2 /∈ (X3, X2Y ) und −X2G
= −X2.
Wir fugen f3 := S(f1, f2)G
= −X2 zur Basis hinzu: G = {f1, f2, f3}.S(f1, f3) = f1 − (−X) · f3 = −2XY = S(f1, f3)
G 6= 0, f4 = −2XY
G = {f1, f2, f3, f4} =⇒ S(f1, f2)G
= S(f1, f3)G
= 0
S(f1, f4) = Y · f1 − (−12X) · f4 = −2XY 2 = Y · f4 ⇒ S(f1, f4)
G= 0
S(f2, f3) = f2 − (−Y ) · f3 = −2Y 2 + X = S(f2, f3)G 6= 0, f5 = −2Y 2 + X
G = {f1, f2, f3, f4, f5} =⇒ S(fi, fj)G
= 0 (1 5 i, j 5 5).
Daher ist G = {f1, f2, f3, f4, f5} eine Grobner-Basis.
Mit diesen Vorbereitungen lasst sich nun der Buchberger-Algorithmus zur Berechnung vonGrobner-Basen in Form eines Programms entsprechend wie der Divisionsalgorithmus (Satz4.6) formulieren.
Satz 4.19 (Buchberger-Algorithmus) Sei a = (f1, . . . , fs) ⊆ k[X1, . . . , Xn], a 6= (0) einPolynomideal. Dann entsteht eine Grobner-Basis wie folgt:
Input: F = {f1, . . . , fs}Output: Grobner-Basis G = {g1, . . . , gt} mit F ⊆ G
G := F
REPEATG′ := G
FOR each pair {p, q}, p 6= q in G′ DOS := S(p, q)
G′
IF S 6= 0 THEN G := G ∪ {S}UNTIL G = G′
4 GROBNER-BASEN 32
Beweis:
I. Die Ausgangsbasis (f1, . . . , fs) von a wird solange erweitert, bis alle S-Polynome einererweiterten Basis, deren Divisionsrest 6= 0 ist, einen Divisionsrest = 0 bezuglich derneuen Basis haben.
II. Da mit p, q ∈ a auch S(p, q) ∈ a, ist auch S = S(p, q)G′ ∈ a, also stets G ⊂ a.
III. Der Algorithmus bricht nach endlich vielen Schritten ab:G′ $ G ⇒ (LT(G′)) $ LT(G) ⇒ nach dem Teilerkettensatz ist diese Folge stationar.
Qed.
Wir wollen nun zeigen, dass wir auch eine eindeutig bestimmte Grobner-Basis fur eine festvorgegebene monomiale Ordnung erhalten konnen.
Definition 4.20 Eine Grobner-Basis G fur a heißt minimal :⇐⇒
(i) ∀ g ∈ G ist LC(g) = 1
(ii) ∀ g ∈ G ist LT(g) /∈ (LT(G \ {g}))
Ersetzen wir (ii) durch scharfere Bedingung
(ii)* ∀ g ∈ G liegt kein Monom von g in (LT(G \ {g}))
dann heißt G reduziert.
Ein Element g ∈ G heißt reduziert fur G, wenn kein Monom von g in (LT(G \ {g})) liegt.
Satz 4.21 Sei a ⊆ k[X1, . . . , Xn], a 6= (0). Dann besitzt a fur jede fest vorgegebene mono-miale Ordnung eine eindeutig bestimmte reduzierte Grobner-Basis.
Beweis: Wir beweisen den Satz in vier Schritten.
1) Sind G und G′ minimale Grobner-Basen, dann ist LT(G) = LT(G′):
Sei p ∈ LT(G) ⇒ ∃ g ∈ G : LT(g) = p und p /∈ LT(G \ {g})jedoch: (LT(G)) = (LT(G′)) ⇒ p ∈ (LT(G′)) ⇒ ∃ p′ ∈ LT(G′) : p′ | p.
Angenommen, p′ ist ein echter Teiler von p (sonst ware p ∈ LT(G′) und wir waren fertig!)=⇒ ∃ p∗ ∈ LT(G) : p∗ | p′, p∗ = LT(g∗) mit einem gewissen g∗ ∈ G. Da p∗ auch ein echterTeiler von p sein muss, gilt g∗ 6= g. Daher ist LT(g∗) ∈ LT(G \ {g}) und LT(g∗) = p∗ | p imWiderspruch zur Minimalitat von G.Genauso zeigt man LT(G′) ⊆ LT(G).
2) Sind G und G′ minimale Grobner-Basen von a und g reduziert fur G. Wenn g ∈ G′, dannist g auch reduziert fur G′.
Da LT(G) = LT(G′) ist auch LT(G \ {g}) = LT(G′ \ {g}). Hieraus folgt die Aussage.
4 GROBNER-BASEN 33
3) Sei G minimal, g ∈ G, g′ = gG\{g} und G′ = (G \ {g}) ∪ {g′} ⇒ LT(G) = LT(G′) unddamit ist G′ ebenfalls minimale Grobner-Basis fur a und g′ reduziert fur G′.
Es ist LT(g) = LT(g′), denn ∀ g∗ ∈ G \ {g} ist LT(g∗) kein Teiler von LT(g)⇒ LT(g) tritt im Divisionsrest gG\{g} von g auf und ist damit auch sein Fuhrungsterm⇒ LT(G) = LT(G′), g′ ∈ a ⇒ G′ ⊂ a
⇒ G′ ist Grobner-Basis und g′ reduziert fur G′.
Diesen Prozess setzen wir fort, bis alle Elemente reduziert sind. Nach endlich vielen Schrit-ten erhalten wir eine reduzierte Grobner-Basis, da ein reduziertes Element wegen LT(G) =LT(G′) reduziert bleibt.
4) Eindeutigkeit Seien G und G reduzierte Grobner-Basen. Dann ist G = G.
Da G und G minimal sind, ist LT(G) = LT(G). Sei g ∈ G ⇒ ∃ g ∈ G : LT(g) = LT(g).Offenbar ist g − g ∈ a. Da sich die fuhrenden Terme aufheben und kein weiterer Term von g
und g durch einen Term aus LT(G) = LT(G) teilbar ist, gilt
g − gG
= 0 und g − gG
= g − g, also g = g, qed.
5 ELIMINATIONSTHEORIE 34
5 Eliminationstheorie
Elimination bedeutet geometrisch die Projektion auf (affine oder projektive) Unterraume undalgebraisch einfach die Elimination einzelner Variabler wie folgt:
Definition 5.1 Sei a ⊂ k[X1, . . . , Xn] (n = 1) ein Ideal. Das i-te Eliminationsideal ai istdas Ideal
ai := a ∩ k[Xi+1, . . . , Xn] (0 5 i 5 n),
wobei a0 = a und k[Xi+1, . . . , Xn] = k, falls i = n.
Problem: Wie findet man eine Basis fur ai, wenn eine Basis fur a bekannt ist?
Losung: Mit Hilfe einer Grobner-Basis bezuglich der lexikographischen Ordnung.
Beispiel: a = (X2 + Y + Z − 1, X + Y 2 + Z − 1, X + Y + Z2 − 1) ⊂ k[X, Y, Z]
G = {g1, . . . , g4} mit
g1 = X + Y + Z2 − 1 ∈ k[X, Y, Z]
g2 = Y 2 − Y − Z2 + Z ∈ k[Y, Z]
g3 = 2Y Z2 + Z4 − Z2 ∈ k[Y, Z]
g4 = Z6 − 4Z4 + 4Z3 − Z2 ∈ k[Z]
Das ”optische Bild“ ist auch mathematische richtig. Es gilt (siehe Satz 5.2)
a = (g1, g2, g3, g4)
a1 = a ∩ k[Y, Z] = (g2, g3, g4)
a2 = a ∩ k[Z] = (g4)
a3 = a ∩ k = (0)
Satz 5.2 (Eliminationssatz) Sei a ⊂ k[X1, . . . , Xn] (n = 1) ein Ideal und G eine Grobner-Basis fur a bezuglich der lexikographischen Ordnung X1 > X2 > · · · > Xn. Dann ist fur jedesi (0 5 i 5 n) die Menge
Gi = G ∩ k[Xi+1, . . . , Xn]
eine Grobner-Basis fur ai.
Beweis: Sei i fest (0 5 i 5 n). Wegen Gi ⊂ ai mussen wir zeigen: (LT(ai)) = (LT(Gi)).
Offenbar ist (LT(Gi)) ⊆ (LT(ai)).
Sei p ∈ (LT(ai)), p = LT(f) mit f ∈ ai. Dann ist f ∈ a. Folglich ∃ g ∈ G : LT(g) |LT(f),und daher enthalt LT (g) nur Variable aus der Menge {Xi+1, . . . , Xn}. Wegen der lexikogra-phischen Ordnung enthalt g ebenfalls nur Variable aus der Menge {Xi+1, . . . , Xn}. Daher istg ∈ k[Xi+1, . . . , Xn], also g ∈ Gi ⇒ p = LT(f) ∈ (LT(Gi)), qed.
5 ELIMINATIONSTHEORIE 35
Nachteil: Die lexikographischen Ordnung ist nicht immer gunstig fur die Berechnung derGrobner-Basis; sie fuhrt mitunter zu einer sehr großen Anzahl von Basispolynomen, wahrendetwa eine graduierte Ordnung mit wesentlich weniger Basiselementen auskommen konnte.
Erweiterungssatz
Gegeben sei eine algebraische Mannigfaltigkeit
V (a) = {(a1, . . . , an) ∈ An(k) : ∀ f ∈ a ist f(a1, . . . , an) = 0}.
Bei Vorgabe des Ideals a ist es i.a. schwierig, die Losungsmenge anzugeben bzw. zu beschrei-ben. Mit Hilfe der Eliminationstheorie wird folgender Weg beschritten:
Sei
ai = a ∩ k[Xi+1, . . . , Xn] (i = 1)
= (g1, . . . , gri)
und ai−1 = (g1, . . . , gri , . . . , gri−1).
Ist (ci+1, . . . , cn) eine partielle Losung von ai, so soll diese erganzt werden zu einer partiellenLosung von ai−1:
gegeben: g1(ci+1, . . . , cn) = · · · = gri(ci+1, . . . , cn) = 0
gesucht: Losung ci von gri+1(Xi, ci+1, . . . , cn) = · · · = gri−1(Xi, ci+1, . . . , cn) = 0
Beispiel: a = (XY − 1, XZ − 1) = (Y − Z, XY − 1) ⊂ k[X, Y, Z]
Es ist g1 = Y − Z, g2 = XY − 1 und G = {g1, g2} eine Grobner-Basis fur a.
Daher: a1 = a ∩ k[Y, Z] = (Y − Z) · k[Y, Z]
{partielle Losungen fur a1} = {(a, a) : a ∈ k} (Gerade)
⇒ g1(X, a, a) = a− a = 0, g2(X, a, a) = X · a− 1 = 0
⇒ fur a 6= 0 lasst sich die partielle Losung (a, a) fortsetzen zu einer Losung (1/a, a, a) vona.
Satz 5.3 (Erweiterungssatz) Sei k algebraisch abgeschlossen, etwa k = C,a = (f1, . . . , fs) ⊂ k[X1, . . . , Xn] (n = 1) und a1 = a ∩ k[X2, . . . , Xn] das1. Eliminationsideal. Dann sei
fi = hi(X2, . . . , Xn) ·XNi1 + (Terme, in denen X1 einen Grad < Ni hat)
Ni = 0, hi ∈ k[X2, . . . , Xn], hi 6= 0 (1 5 i 5 s).
Sei (a2, . . . , an) ∈ V (a1) eine partielle Losung. Wenn (a2, . . . , an) /∈ V (h1, . . . , hs), dann∃ a1 ∈ k, so dass (a1, . . . , an) ∈ V (a).
Bemerkung 5.4 (i) Die Voraussetzung uber V (h1, . . . , hs) ist erfullt, wenn eines der hi
konstant 6= 0 ist, d.h.
∃ i : fi = a ·XNi1 + (Terme, in denen X1 einen Grad < Ni hat) a 6= 0.
5 ELIMINATIONSTHEORIE 36
(ii) Mit dem Erweiterungssatz kann man sukzessiv Losungen (a1, . . . , an) aufbauen, indemman die Ideale
an, an−1, . . . , a1, a
betrachtet und beim ersten Ideal an0 mit an0 6= (0) (1 5 n0 5 n−1) mit einer partiellenLosung (an0+1, . . . , an) startet.Ist etwa an = (1), dann existiert keine Losung!
Zum Beweis des Erweiterungssatzes benotigen wir Aussagen uber die eindeutige Faktorisie-rung im Polynomring k[X1, . . . , Xn] und uber Resultanten.
Eindeutige Faktorisierung
Definition 5.5 Sei k ein Korper und f ∈ k[X1, . . . , Xn]. f heißt irreduzibel
:⇐⇒ f ist kein Produkt zweier nicht-konstanter Polynome.
Satz 5.6 Jedes f ∈ k[X1, . . . , Xn] kann als Produkt irreduzibler Polynome dargestellt werden.
Beweis: Wir wahlen die lexikographische Ordnung >lex. Sei f ∈ k[X1, . . . , Xn]. Ist f irreduzi-bel, dann sind wir fertig. Andernfalls gibt es nicht-konstante Polynome g, h ∈ k[X1, . . . , Xn],so dass f = g · h, multideg(g) + multideg(h) = multideg(f), also
multideg(g), multideg(h) < multideg(f).
Daher ist nach endlich vielen Schritten keine weitere Zerlegung moglich, qed.
Satz 5.7 Ist f ∈ k[X1, . . . , Xn] irreduzibel und f | g · h, dann gilt f | g oder f |h.
Beweis: siehe [1], Ch. 3, §5, Theorem 3.
Man kann Satz 5.7 auch idealtheoretisch interpretieren:
Sei a = (f) ein Hauptideal in k[X1, . . . , Xn], dann gilt
a = (f) ist prim ⇐⇒ f ist irreduzibel.
Es gilt g · h ∈ a ⇔ g · h = % · f ⇔ f | g · h und folglich:
a prim ⇐⇒ {∀ g, h gilt : g · h ∈ a und g /∈ a ⇒ h ∈ a}⇐⇒ {∀ g, h gilt : f | g · h und f 6 | g ⇒ f |h}⇐⇒ f ist irreduzibel.
Definition 5.8 Sei I ein Integritatsbereich (kommutativer Ring mit Einselement und ohneNullteiler). Dann sei
Qu(I) = {a
b| a, b ∈ I, a 6= 0 und
a
b=
a′
b′⇔ a · b′ − a′ · b = 0}.
5 ELIMINATIONSTHEORIE 37
Qu(I) ist, versehen mit der ublichen Addition und Multiplikation, offenbar ein Korper undheißt der Quotientenkorper von I.
Ist insbesondere I = k[X1, . . . , Xn], dann bezeichnen wir den Quotientenkorper von I mitk(X1, . . . , Xn).
Folgerung 5.9 Angenommen, f, g ∈ k[X1, . . . , Xn] haben beide positiven Grad in X1. Danngilt: f und g haben einen gemeinsamen Faktor mit positivem Grad aus X1
in k[X1, . . . , Xn] ⇐⇒ f und g haben einen gemeinsamen Faktor mit positivem Grad inX1 aus k(X2, . . . , Xn)[X1].
Beweis: ”=⇒” ist klar!
”⇐=” Angenommen, f = h · f1, g = h · g1, und h, f1, g1 ∈ k(X2, . . . , Xn)[X1].Sei d ∈ k[X2, . . . , Xn] der Hauptnenner von h, f1, g1 und etwa
h =h
d, f1 =
f1
d, g1 =
g1
dmit h, f1, g1 ∈ k[X1, . . . , Xn],
also d2 · f = h · f1 und d2 · g = h · g1. Sei h1 ein irreduzibler Faktor von h mit positivem Gradin X1. Dann ist h1 | d2 · f, aber h1 6 |d, da d nicht von X1 abhangt⇒ h1 | f wegen Satz 5.7. Genauso folgt h1 | g. Qed.
Satz 5.10 Jedes Polynom f ∈ k[X1, . . . , Xn] besitzt bis auf die Reihenfolge und Faktoren ausk eine eindeutig bestimmte Darstellung f = f1 · · · fr mit irreduziblen Polynomen f1, . . . , fr ∈k[X1, . . . , Xn].
Bemerkung 5.11 Fassen wir gleiche Faktoren bzw. Faktoren, die sich nur um einen Faktoraus k unterscheiden, zusammen, dann ergibt sich fur f die Darstellungf = c · gr1
1 · · · grss mit c ∈ k, c 6= 0, und r1, . . . , rs = 1. Man zeigt wie oben
(i) qi ist ein Primarideal mit dem Radikal pi = (gi) fur i = 1, . . . , s.
(ii) a = (f) = (gr11 ) ∩ · · · ∩ (grs
s ) ist eine unverkurzbare Darstellung von a als Durchschnittgroßter Primarkomponenten.
(iii) Fur n = 1 sind dieses die einzigen Ideale 6= (0) und 6= (1), d.h. k[X1] ist ein Haupt-
idealring.
Letzteres sieht man wie folgt: Ist etwa a = (f1, . . . , fs) $ k[X1], a 6= (0), dann ermittelt manmit Hilfe des Euklidischen Algorithmus den großten gemeinsamen Teiler g von f1, . . . , fs mitden Eigenschaften
(iv) g hat positiven Grad (da 1 /∈ a);
(v) g | fi fur i = 1, . . . , s und
(vi) ∃ g1, . . . , gs ∈ k[X1], so dass g = g1f1 + · · ·+ gsfs.
5 ELIMINATIONSTHEORIE 38
Daher ist a = (g).
Resultanten
Wir betrachten zunachst den Polynomring k[X] in einer Unbestimmten uber k. Die Ergeb-nisse lassen sich dann geeignet auf k[X1, . . . , Xn] erweitern.
Problemstellung: Unter welchen Bedingungen haben f, g ∈ k[X] einen gemeinsamen Faktor?Gleichwertig damit ist: Wann liefert der Euklidische Algorithmus den Rest 0?
Satz 5.12 Seien f, g ∈ k[X] Polynome, Grad f = r > 0, Grad g = s > 0. f und g habeneinen gemeinsamen Faktor ⇐⇒ ∃A, B ∈ k[X] mit folgenden Eigenschaften:
(i) A und B sind nicht beide ≡ 0.
(ii) GradA 5 s− 1, GradB 5 r − 1.
(iii) A · f + B · g ≡ 0.
Beweis: ”=⇒” Sei h ein gemeinsamer Faktor: f = h · f1, g = h · g1 ⇒
g1 · f + (−f1 · g) = g1 · h · f1 − f1 · h · g1 ≡ 0.
”⇐=” Angenommen, f und g hatten keinen gemeinsamen Faktor, also den großten gemein-samen Teiler 1.
⇒ ∃ A, B ∈ k[X] : A · f + B · g = 1.
Nach (i) sei etwa B 6= 0, GradB 5 r − 1
⇒ B = 1 ·B = (A · f + B · g) ·B = A ·B · f + B ·B · g = (A ·B −A · B) · f,
da B · g = −A · f nach (iii). ⇒ GradB = Grad (A ·B −A · B) + Grad f = r, Widerspruch!Qed.
Gemaß Satz 5.12 machen wir folgenden Ansatz:
f = a0Xr + a1X
r−1 + · · · + ar (a0 6= 0, r > 0)
g = b0Xs + b1X
s−1 + · · · + bs (b0 6= 0, s > 0)
A = c0Xs−1 + c1X
s−2 + · · · + cs−1
B = d0Xr−1 + d1X
r−2 + · · · + dr−1
⇒ A · f + B · g ≡ 0 liefert folgendes lineare Gleichungssystem aus r + s Gleichungen in denr + s Unbestimmten ci und dj (i-te Gleichung: Koeffizient von Xr+s−i = 0):
Xr+s−1 : a0c0 +b0d0 = 0Xr+s−2 : a1c0+a0c1 +b1d0+b0d1 = 0Xr+s−3 : a2c0+a1c1 +a0c2 +b2d0+b1d1 +b0d2 = 0
· · · · · ·· · · · · ·
X1 : arcs−2+ar−1cs−1 +bsdr−2+bs−1dr−1 = 0X0 : arcs−1 +bsdr−1 = 0
(5.A)
5 ELIMINATIONSTHEORIE 39
Dieses hat eine nicht-triviale Losung ⇐⇒ Koeffizientendeterminante = 0.
Definition 5.13 Die (transponierte) Koeffizientendeterminante des linearen Gleichungssy-stems (5.A) heißt die X-Resultante von f und g:
Res(f, g, X) =
∣∣∣∣∣∣∣∣∣∣∣∣∣∣∣∣∣∣∣∣
a0 , a1 , . . . , ar
a0 , a1 , . . . , ar
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .a0 , a1 , . . . , ar
b0 , b1 , . . . , bs
b0 , b1 , . . . , bs
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .b0 , b1 , . . . , bs
∣∣∣∣∣∣∣∣∣∣∣∣∣∣∣∣∣∣∣∣
Ist I ein Integritatsbereich und f, g ∈ I[X], dann gehen wir zum Quotientenkorper K =Qu(I) uber und erhalten dasselbe lineare Gleichungssystem (5.A), jedoch mit Koeffizientenai, bj ∈ I. Da die Berechnung der Determinante nur Addition und Multiplikation erfordert,also bereits in I erfolgt, wird die X-Resultante Res(f, g, X) wie in 5.13 definiert. Dieseswird insbesondere fur Polynome f, g ∈ k[X1, . . . , Xn] verwendet mit X = X1 und I =k[X2, . . . , Xn]. Dann ist die X1-Resultante Res(f, g, X1) ein Polynom in k[X2, . . . , Xn].
Lemma 5.14 Sei I ein Integritatsbereich und F, G ∈ I[X] Polynome vom Grad r bzw. s.Dann gibt es Polynome A, B ∈ I[X] mit GradA 5 s− 1, GradB 5 r − 1, so dass
Res(F, G, X) = A · F + B ·G.
Beweis: 1) F und G haben einen gemeinsamen Faktor⇒ ∃A, B ∈ I[X] : A · F + B ·G = 0. Dann ist nach Satz 5.12
Res(F, G, X) = 0 = A · F + B ·G.
2) F und G haben keinen gemeinsamen FaktorWir ersetzen I durch seinen Quotientenkorper K und erhalten:
F, G ∈ K[X], (F, G) ·K[X] = (1) ⇒ ∃ A, B ∈ K[X] : A · F + B ·G = 1
Mit dem Ansatz
F = a0Xr + a1X
r−1 + · · · + ar (a0 6= 0, r > 0)
G = b0Xs + b1X
s−1 + · · · + bs (b0 6= 0, s > 0)
A = c0Xs−1 + c1X
s−2 + · · · + cs−1
B = d0Xr−1 + d1X
r−2 + · · · + dr−1
5 ELIMINATIONSTHEORIE 40
und A · F + B ·G = 1 erhalten wir entsprechend wie 5.A das lineare Gleichungssystem
Xr+s−1 : a0c0 +b0d0 = 0Xr+s−2 : a1c0+a0c1 +b1d0+b0d1 = 0Xr+s−3 : a2c0+a1c1 +a0c2 +b2d0+b1d1+b0d2 = 0
· · · · · ·· · · · · ·
X1 : arcs−2+ar−1cs−1 bsdr−2+bs−1dr−1 = 0X0 : arcs−1 bsdr−1 = 1
(5.B)
Die Koeffizientendeterminante Res(F, G, X) ist nach Voraussetzung 6= 0, so dass sich nachder Cramerschen Regel folgende Losung ergibt:
c0 = A0Res(F, G, X) , . . . , cs−1 = As−1
Res(F, G, X)
d0 = B0Res(F, G, X) , . . . , dr−1 = Br−1
Res(F, G, X)
(Ai, Bj ∈ I).
Setzen wir A := A0Xs−1 + · · · + As−1 und B := B0X
r−1 + · · · + Br−1, so ergibt sich
A · F + B ·G =A
Res(F, G, X)· F +
B
Res(F, G, X)= 1,
und daher Res(F, G, X) = A · F + B ·G, qed.
Bemerkung 5.15 Ist f, g ∈ a, dann ist Res(f, g, X) = A ·f +B ·g ∈ a∩k[X2, . . . , Xn] = a1
also Res(f, g, X) = Res(f, g, X)(X2, . . . , Xn).
Beweis zu 5.3: Sei c = (a2, . . . , an) ∈ V (a1), (a2, . . . , an) /∈ V (h1, . . . , hs).
I. Sei s = 2 und Res(f1, f2, X1) ∈ k[X2, . . . , Xn] die X1-Resultante.
Wegen c = (a2, . . . , an) ∈ V (a1), a1 = a ∩ k[X2, . . . , Xn], und Res(f1, f2, X1) ∈ a1 istRes(f1, f2, X1)(c) = 0 und a0(c), b0(c) nicht beide = 0.
Angenommen, a0(c) 6= 0 und b0(c) 6= 0. Dann gibt es wegen Res(f1, f2, X1)(c) = 0 einegemeinsame Nullstelle a1 von f1(X1, c) und f2(X1, c).
Ist a0(c) 6= 0 aber b0(c) = 0, dann ersetzen wir f2 durch f2 + XN1 · f1 mit genugend großem
N . Offenbar ist (f1, f2) = (f1, f2 + XN1 · f1) und damit o.B.d.A. a0 = b0, also a0(c) 6= 0 und
b0(c) 6= 0.
II. s = 3 (s = 1 ist trivial)
Sei c = (a2, . . . , an) /∈ V (h1, . . . , hs) und etwa h1(c) 6= 0. Wir setzen f := u2 ·f2 + · · · + us ·fs
mit Unbestimmten u2, . . . , us und betrachten
Res(f1, f, X1) = Res(f1, u2 · f2 + · · · + us · fs, X1)
=∑α
qα · uα ∈ k[X2, . . . , Xn, u2, . . . , us]
qα ∈ k[X2, . . . , Xn]
5 ELIMINATIONSTHEORIE 41
Wir zeigen: qα ∈ (f1, . . . , fs) = a und damit qα ∈ a1.
Nach Lemma 5.14 ∃A, B ∈ k[X2, . . . , Xn, u2, . . . , us] mit
Res(f1, f, X1) = A · f1 + B · (u2 · f2 + · · · + us · fs) =∑α
qα · uα.
Sei A =∑
α Aα · uα, B =∑
β Bβ · uβ, Aα, Bβ ∈ k[X2, . . . , Xn] und ui = uei mite2 = (1, 0, . . . , 0), . . . , es = (0, . . . , 0, 1). Dann ist
qα = Aα · f1 +∑
i=2β+ei=α
Bβ · fi ∈ a1 = a ∩ k[X2, . . . , Xn] = a1.
⇒ ∀ c ∈ V (a1) und ∀α ist qα(c) = 0 ⇒ Res(f1, f, X1)(a2, . . . , as) = 0.
Wie oben konnen wir durch Ersetzen von f2 durch f2+XN1 ·f1 erreichen, dass f1 und f densel-
ben hochsten Koeffizienten h1(X2, . . . , Xs) besitzen, und damit ist h2(c) 6= 0. Daher konnenwir jede Nullstelle (a2, . . . , an) von Res(f1, f, X1) erganzen zu einer Nullstelle (a1, . . . , an)von (f1, u2 ·(f2+XN
1 ·f1)+· · ·+us ·fs). Da u2, . . . , us Unbestimmte sind, ist dieses gemeinsameNullstelle von (f1, . . . , fs), qed.
Als eine der wichtigsten Anwendungen der Eliminationstheorie behandeln wir den
Hilbertschen Nullstellensatz
Sei k ein beliebiger Korper und k sein algebraischer Abschluss. Ist a ⊆ k[X1, . . . , Xn] einIdeal, dann bezeichnen wir mit Vk(a) die Nullstellenmenge von a in k
n bzw. An(k), d.h.Vk(a) = {(a1, . . . , an) ∈ k
n | ∀ f ∈ a ist f(a1, . . . , an) = 0}.
Satz 5.16 (schwache Form des Nullstellensatzes) Sei a ⊆ k[X1, . . . , Xn] und n = 0.Wenn Vk(a) = ∅, so ist a = k[X1, . . . , Xn].
Umkehrschluss: a $ k[X1, . . . , Xn], ⇒ Vk(a) 6= ∅.
Beweis: Sei a = (f1, . . . , fs). Nach geeigneter Variablentransformation konnen wir o.B.d.A.annehmen, dass a bezuglich X1 die Voraussetzungen von Satz 5.3 erfullt, a1 = a∩k[X2, . . . , Xn]dieses bezuglich X2 usw. Sei i0 (1 5 i0 5 n) derart, dass ai0 = (0) oder ai0 = k[Xi0 , . . . , Xn](spatestens fur an gilt an = (0) oder an = k). Ist an = (0), dann existiert nach Satz 5.3 einPunkt (a1, . . . , an) ∈ Vk(a) - Widerspruch!
⇒ an = k ⇒ 1 ∈ a ⇒ a = k[X1, . . . , Xn],
qed.
Bemerkung: Im Beweis zu Satz 5.3 ist naturlich der Fundamentalsatz der Algebra verwendetworden. Insofern ist der relativ einfache Beweis des Nullstellensatzes erklarbar.
Satz 5.17 (Hilbertscher Nullstellensatzes) Sei k ein Korper, k sein algebraischer Ab-schluss und f, f1, . . . , fs ∈ k[X1, . . . , Xn]. Wenn Vk(f) ⊇ Vk(f1, . . . , fs), dann existiert einm = 1, so dass fm ∈ (f1, . . . , fs).
5 ELIMINATIONSTHEORIE 42
Beweis: Sei a = (f1, . . . , fs) und a∗ = (a, 1 − Y · f) ⊆ k[X1, . . . , Xn, Y ] ⇒ Vk(a∗) = ∅,denn falls a = (a1, . . . , an) Nullstelle von f1, . . . , fs ⇒ f(a1, . . . , an) = 0⇒ 1− Y · (a1, . . . , an) = 1 6= 0 ⇒ a∗ = k[X1, . . . , Xn, Y ] ⇒ 1 ∈ a∗.Daher gibt es g1, . . . , gs, g ∈ k[X1, . . . , Xn, Y ], so dass
1 = g1 · f1 + · · · + gs · fs + g · (1− Y · f).
Setzen wir Y = 1/f und multiplizieren mit fm, wenn m der hochste Grad von Y in g1, . . . , gs
ist, dann gilt
fm = g∗1 · f1 + · · · + g∗s · fs, g∗i ∈ k[X1, . . . , Xn],
qed.
Folgerung 5.18 Seien a und b Radikalideale in k[X1, . . . , Xn]. Dann gilt a = b genau dann,wenn Vk(a) = Vk(b).
Geometrie der Elimination
Definition 5.19 Sei k ein algebraisch abgeschlossener Korper und An(k) der n-dimensionaleaffine Raum uber k, etwa k = C. Dann sei
πi : An(k) → An−i(k) mit πi(a1, . . . , an) = (ai+1, . . . , an) (1 5 i 5 n)
die Projektion von An(k) auf An−i(k). Insbesondere ist fur V = Z(a):
πi(V ) = {(ai+1, . . . , an) | (a1, . . . , an) ∈ V }.
Frage: Wenn ai = a ∩ k[Xi+1, . . . , Xn], wie stehen dann πi(V ) und Z(ai) zueinander?
Lemma 5.20 πi(V ) ⊆ Z(ai) fur 1 5 i < n.
Beweis: Wir wahlen fur a eine Grobner-Basis (f1, . . . , fs) = (f1, . . . , fri , . . . , fs), so dassai = (f1, . . . , fri) ⊆ k[Xi+1, . . . , Xn]. Dann gilt:
c = (a1, . . . , an) ∈ V ⇒ fj(c) = 0 (j = 1, . . . , s)
⇒ fj(ai+1, . . . , an) = 0 (j = 1, . . . , ri) ⇒ (ai+1, . . . , an) = π(c) ∈ Z(ai),
qed.
Damit konnen wir πi(V ) auch folgendermaßen beschreiben:
πi(V ) = {(ai+1, . . . , an) ∈ Z(ai) | ∃ a1, . . . , ai ∈ k mit (a1, . . . , an) ∈ V }.
Im allgemeinen ist πi(V ) 6= Z(ai).
Beispiel: a = (XY − 1, XZ − 1) = (Y − Z, XZ − 1), a1 = (Y − Z)⇒ Z(a1) = {(a, a) | a ∈ k} und π1(V ) = {(a, a) | a ∈ k, a 6= 0}.Dieses Beispiel zeigt, dass wir die Ausnahmepunkte gemaß Satz 5.3: Z(g1, . . . , gs) ∩ Z(a1)sicherlich hinzufugen mussen. Es gilt
5 ELIMINATIONSTHEORIE 43
Satz 5.21 Sei a = (f1, . . . , fs) ⊆ k[X1, . . . , Xn], V = Z(a), a1 = a ∩ k[X2, . . . , Xn] undfi = gi(X2, . . . , Xn) ·XNi
1 + · · · fur i = 1, . . . , s. Dann ist
Z(a1) = π1(V ) ∪ (Z(g1, . . . , gs) ∩ Z(a1)).
Beweis: Offenbar ist π1(V ) ∪ (Z(g1, . . . , gs) ∩ Z(a1)) ⊆ Z(a1).
Sei (a2, . . . , an) ∈ Z(a1) und etwa (a2, . . . , an) /∈ Z(g1, . . . , gs). Dann existiert nach Satz 5.3ein a1 ∈ k, so dass (a1, . . . , an) ∈ V ⇒ (a2, . . . , an) ∈ π1(V ), qed.
Folgerung 5.22 Ist eines der gi konstant, also fi = c · XNi1 + · · · , c ∈ k, c 6= 0 und k
algebraisch abgeschlossen, dann ist π1(V ) = Z(a1).
Im obigen Beispiel sehen wir, dass π1(V ) eine Gerade g \ {(0, 0)} ist, also keine algebraischeMannigfaltigkeit ist, wahrend π1(V ) ∪ (Z(g1, . . . , gs) ∩ Z(a1)) durch Hinzufugen von (0, 0)wieder eine solche wird. Wir zeigen nun, dass Z(a1) die kleinste algebraische Mannigfaltigkeitist, die π1(V ) enthalt. Es gilt
Satz 5.23 (Abschluss-Theorem) Sei k algebraisch abgeschlossen, a = (f1, . . . , fs) ⊂ k[X1, . . . , Xn],V = Z(a) und ai = a ∩ k[Xi+1, . . . , Xn] (1 5 i 5 n). Dann gilt:
1) Z(ai) ist die kleinste algebraische Mannigfaltigkeit, die πi(V ) ⊆ An−i(k) enthalt.
2) Wenn V 6= ∅, dann gibt es eine affine Mannigfaltigkeit W $ Z(ai), so dass Z(ai) \W ⊆πi(V ).
Was bedeutet ”kleinste Mannigfaltigkeit”?
Definition 5.24 Sei S ⊆ An(k) eine Teilmenge. V0 ⊇ S heißt kleinste Mannigfaltigkeit,die S enthalt :⇐⇒ ∀ Mannigfaltigkeiten V ⊇ S gilt V0 ⊆ V .
Lemma 5.25 Ist S ⊆ An(k) und I(S) = {f ∈ k[X1, . . . , Xn] : ∀ s ∈ S ist f(s) = 0} dasIdeal von S, dann ist Z(I(S)) die kleinste Mannigfaltigkeit, die S enthalt.
Beweis: Sei W ⊇ S eine algebraische Mannigfaltigkeit ⇒ I(W ) ⊆ I(S) ⇒ Z(I(W )) ⊇Z(I(S)) und (Z(I(W ))) = W nach Satz 1.10 f), qed.
Beweis 5.23: 1) Wegen 5.25 mussen wir zeigen: Z(ai) = Z(I(πi(V ))).
”⊇”: Z(ai) ⊇ πi(V ) ⇒ I(Z(ai)) ⊆ I(πi(V ))
⇒ Z(I(πi(V ))) ⊆ Z(I(Z(ai))) = Z(ai).
”⊆”: Sei f ∈ I(πi(V )) ⇒ ∀ (ai+1, . . . , an) ∈ πi(V ) ist f(ai+1, . . . , an) = 0⇒ ∀ a ∈ V ist f(a) = 0 ⇒ ∃m fm ∈ a, fm ∈ k[Xi+1, . . . , Xn] ⇒ fm ∈ ai
⇒ f ∈ Rad ai = I(Z(ai)) ⇒ I(πi(V )) ⊆ I(Z(ai))⇒ (siehe oben) Z(I(πi(V ))) ⊇ Z(ai).
5 ELIMINATIONSTHEORIE 44
2) Wir beweisen nur den Fall i = 1, der Fall i > 1 wird durch Induktion und mit demerweiterten Resultantenbegriff wie in 5.3 bewiesen, ist aber mit erheblich mehr technischemAufwand verbunden ⇒ wird hier weggelassen (siehe[1], Ch. 5, §6).
Wir wissen: Z(a1) = π1(V ) ∪ (Z(g1, . . . , gs) ∩ Z(a1)) und zeigen, dass im wesentlichenW = Z(g1, . . . , gs) ∩ Z(a1) das Gewunschte leistet.
a) Z(g1, . . . , gs) ∩ Z(a1) $ Z(a1) ⇒ W := Z(g1, . . . , gs) ∩ Z(a1).
b) Z(g1, . . . , gs) ∩ Z(a1) = Z(a1) ⇒ Z(g1, . . . , gs) ⊇ Z(a1)⇒ g1, . . . , gs ∈ Rad a1 ⊆ Rad a ⇒ Z(g1, . . . , gs) = Z(f1, . . . , fs, g1, . . . , gs).
Sei a = (f1, . . . , fs, g1, . . . , gs) ⊇ a ⇒ Z(a) = Z(a) = V .Wir ersetzen fi durch fi −XNi
1 · gi = fi
⇒ GradX1 fi < GradX1fi und a = (f1, . . . , fs, g1, . . . , gs).
Nach endlich vielen Schritten erhalten wir entweder
a) W ⊂ Z(a1) oder b) GradX1fi = 0 ∀ i und damit W = ∅ und Z(a1) = π1(V ), qed.
Beispiel 1) a = (X1X2 − 1, X1X3 − 1) = (f1, f2), g1 = X2, g2 = X3
{X2 −X3, X1X3 − 1} - Grobner-Basis ⇒ a1 = a ∩ k[X2, X3] = (X2 −X3)Z(g1, g2) = {(0, 0)} ⇒ π1(V ) = {(a, a)| a 6= 0}.Es ist Z(g1, g2) ∩ Z(a1) = Z(X2, X3) ∩ Z(X2 −X3), d.h. x2 = x3 = 0 ⇒ W = {(0, 0)}.Beispiel 2) a = ((X2 −X3) ·X2
1 + X1X2 − 1, (X2 −X3) ·X21 + X1X3 − 1)
Man rechne nach: a = (X1X2 − 1, X1X3 − 1) wie im Beispiel 1)⇒ a1 = (X2 −X3), g1 = g2 = X2 −X3 ⇒ W = Z(a1)
Sei f1 = f1 −X21 · g1 = X1X2 − 1, f2 = f2 −X2
1 · g2 = X1X3 − 1. Dann ist
a = (f1, f2, g1, g2) = (X1X2 − 1, X1X3 − 1, X2 −X3) = (X2 −X3, X1X3 − 1).
Fortsetzung wie im Beispiel 1) und W = {(0, 0)}.Eine weitere Anwendung der Eliminationstheorie ist die Umwandlung einer Parameterdar-stellung von V in eine parameterfreie Darstellung.
Beispiel: x = t + u, y = t2 + 2t · u, z = t3 + 3t2 · u(Tangentenflache der irreduziblen Kubik ϕ(t) = (t, t2, t3), t ∈ k).
Prinzip: Wir betrachten das Ideal a = (X − (t + u), Y − (t2 + 2t · u), Z − (t3 + 3t2 · u)) ⊂k[t, u, X, Y, Z] mit einer lexikographischen Ordnung, so dass {t, u} vor {X, Y, Z} stehen,etwa t > u > X > Y > Z, und eliminieren die Parameter t, u mittels Grobner-Basis:a2 = a ∩ k[X, Y, Z].
Man erhalt eine Grobner-Basis a = (g1, . . . , g7) mit:
g1 = 4X3Z − 3X2Y 2 − 6XY Z + 4Y 3 + Z2
g2 = 2uY 3 − 2uZ2 − 4X2Y Z + XY 3 −XZ2 + 5Y 2Z
g3 = 2uXZ − 2uY 2 + 2X2Z −XY 2 − Y Z
5 ELIMINATIONSTHEORIE 45
-2
0
2
x
0
5y
-5
0
5
z
0
5y
-5
0
5
Abbildung 7: Tangentenflache
-1
0
1
x
0
1
2y
-4
-2
0
2
4
z
0
1
2y
Abbildung 8: Raumkurve 3. Ordnung
5 ELIMINATIONSTHEORIE 46
g4 = uXY − uZ −X2Y −XZ − 2Y 2
g5 = 2uX2 − 2uY − 2X3 + 3XY − Z
g6 = u2 −X2 + Y
g7 = t + u−X
=⇒ a2 = a ∩ k[X, Y, Z] = (g1) · k[X, Y, Z] = I(V ).
allgemein: Sei V gegeben durch die ganz-rationale Parameterdarstellung
x1 = f1(t1, . . . , tm)...
xn = fn(t1, . . . , tm)
mit fi(t1, . . . , tm) ∈ k[t1, . . . , tm] (i = 1, . . . , n). Dann haben wir eine FunktionF : km −→ kn mit
F (t1, . . . , tm) = (f1(t1, . . . , tm), . . . , fn(t1, . . . , tm)).
F wird folgendermaßen zerlegt:
km+n
i ↗ ↘ πm
km F−→ kn
i(t1, . . . , tm) = (t1, . . . , tm, f1, . . . , fn) ←→ W ;πm(t1, . . . , tm, x1, . . . , xn) = (x1, . . . , xn)
⇒ F (km) = πm(i(km)) = πm(W )
Offenbar ist dann W = Z(X1 − f1(t1, . . . , tm), . . . , Xn − fn(t1, . . . , tm)) ⊆ km+n.
Wir haben folgenden
Satz 5.26 Sei k unendlich und F : km −→ kn wie oben. Sei
a = (X1 − f1(t1, . . . , tm), . . . , Xn − fn(t1, . . . , tm)) ⊆ k[t1, . . . , tm, X1, . . . , Xn]
und am = a ∩ k[X1, . . . , Xn]. Dann ist Z(am) die kleinste Mannigfaltigkeit in An(k), dieF (km) enthalt.
Zunachst folgendes
Beispiel: Sei x1 = f1(t) = t2, x2 = f2(t) = t3 und i : k1 → k1+2
mittels i(t) = (t, t2, t3) ←→ W - kubische Kurve.Dann ist a = (X1 − f1(t), X2 − f2(t)) = (X1 − t2, X2 − t3) ⊆ k[t, X1, X2] undF : k1 −→ k2, F (t) = (t2, t3) und W der Graph der Abbildung F . Fur die Projektionπ1 ergibt sich π1(k3) = F (k1) mit π1(t, t2, t3) = (t2, t3).
5 ELIMINATIONSTHEORIE 47
Als Grobner-Basis fur a erhalt man G = {g1, . . . , g4} mit
g1 = X31 −X2
2 , g2 = −X21 + t ·X2, g3 = t ·X1 −X2, g4 = t2 −X1
und daher a1 = a ∩ k[X1, X2] = (X31 −X2
2 ).
Beweis zu 5.26: Wir haben F (km) = πm(V ). Wenn k algebraisch abgeschlossen ist, so folgtdie Aussage aus 5.23: Z(am) ist die kleinste algebraische Mannigfaltigkeit, die πm(V ) enthalt.
Sei k beliebig und K ⊇ k der algebraische Abschluss. Nach Lemma 5.20 haben wir F (km) =πm(V ) ⊆ Zk(am).
Sei nun Vk = Zk(g1, . . . , gs) ⊂ km eine algebraische Mannigfaltigkeit uber k, die F (km)enthalt: F (km) ⊆ Vk. Wir mussen zeigen: Zk(am) ⊆ Vk.
(Beispiel: a = (X2 + 1) ⊂ R[X], ZR = ∅, ZC = {i, −i})Wir werden zeigen: ZK(am) ⊆ VK, woraus dann durch Einschrankung auf k die Aussagefolgt.
Fur alle P = (p1, . . . , pn) ∈ Vk gilt gi(p1, . . . , pn) = 0 (i = 1, . . . , s) =⇒ ebenfalls∀P = (p1, . . . , pn) ∈ F (km) gilt gi(p1, . . . , pn) = 0, d.h. Gi := gi ◦ F = 0 ∀ (t) ∈ km,also Gi(t1, . . . , tm) = (gi ◦ F )(t) = gi(f1(t), . . . , fn(t)) = 0 ∀ (t) ⇒ Gi ≡ 0 auf km und k un-endlich; daher verschwindet das Polynom Gi identisch, und folglich ist auch Gi(t1, . . . , tm) = 0fur alle (t1, . . . , tm) ∈ Km. Somit ist
F (Km) ⊆ VK = ZK(g1, . . . , gs).
Da die Aussage fur algebraisch abgeschlossene Korper gilt, folgt
ZK(am) ⊆ VK und daher Zk(am) ⊆ Vk,
qed.
Dieses Prinzip lasst sich auch auf rationale Parameterdarstellungen ausdehnen, wobei denNennern eine besondere Bedeutung zufallt.
Beispiel: Sei x = u2
v , y = v2
u , z = u
=⇒ v · x− u2 = 0, u · y − v2 = 0, z − u = 0 und (x, y, z) liegt stets auf
x2 · y − z3 = (u4
v2 )(v2
u)− u3 = 0.
Sei a = (v ·X − u2, u · Y − v2, Z − u) ⊂ k[u, v, X, Y, Z]=⇒ a2 = a ∩ k[X,Y, Z] = (Z · (X2Y − Z3)) =⇒ V (a2) = V (X2Y − Z3) ∪ V (Z)
Jedoch: V (a2) ist nicht die kleinste Mannigfaltigkeit, die die Parametrisierung enthalt!
Sei
x1 =f1(t1, . . . , tm)g1(t1, . . . , tm)
, . . . , xn =fn(t1, . . . , tm)gn(t1, . . . , tm)
, f1, . . . , fn, g1, . . . , gn ∈ k[t1, . . . , tm]. (5.C)
F (t1, . . . , tm) =(
f1
g1, . . . ,
fn
gn
): km \W −→ kn,
5 ELIMINATIONSTHEORIE 48
wobei W = V (g1 · · · gn) ⊂ km.
Problem: Gesucht ist die kleinste Mannigfaltigkeit von kn, die F (km \W ) enthalt.
km+n
i ↗ ↘ πm
km \WF−→ kn
Offenbar ist i(km \W ) ⊆ V (a) mit a = (g1 ·X1 − f1, . . . , gn ·Xn − fn).
Sei g = g1 · · · gn. Dann erweitern wir a um den Term 1− g · Y und erhalten ein neues Ideal
J = (g1 ·X1 − f1, . . . , gn ·Xn − fn, 1− g · Y ) ⊂ k[Y, t1, . . . , tm, X1, . . . , Xn].
Dann ist bei einer Nullstelle von J auch 1− g · Y = 0 und damit alle Nenner in (5.C) 6= 0.Wir betrachten jetzt
km+n+1
j ↗ ↘ πm+1
km \WF−→ kn
mit
j(t1, . . . , tm) =(
1g(t)
, t1, . . . , tm,f1(t)g1(t)
, . . . ,fn(t)gn(t)
)
und πm+1(Y, t1, . . . , tm, X1, . . . , Xn).
Wie oben erhalten wir
Satz 5.27 Sei k unendlich und F : km \W −→ kn eine rationale Parameterdarstellung.Sei
J = (g1 ·X1 − f1, . . . , gn ·Xn − fn, 1− g · Y )
mit g = g1 · · · gn und Jm+1 = J ∩ k[X1, . . . , Xn]. Dann ist Z(Jm+1) die kleinste Mannigfal-tigkeit in An(k), die F (km \W ) enthalt.
Beweis entsprechend wie 5.26.
Beispiel: Sei x1 = t21t2
, x2 = t22t1
, x3 = t1.
Dann ist
f1(t1, t2) = t21, f2(t1, t2) = t22, f3(t1, t2) = t1,
g1(t1, t2) = t2, g2(t1, t2) = t1, g3(t1, t2) = 1 =⇒ g(t1, t2) = t1 · t2J = (t2 ·X1 − t21, t1 ·X2 − t22, X3 − t1, 1− t1t2 · Y )
Grobner-Basis fur die lexikographische Ordnung Y > t1 > t2 > X1 > X2 > X3:
G = {X21X2 −X3
3 , −X1X2 + t2X3, t2X1 −X23 , t22 −X2X3, t1 −X3, −X1 + X3
3Y,
− t2 + X2X23Y, −1 + X1X2Y }
5 ELIMINATIONSTHEORIE 49
=⇒ J3 = J ∩ k[X1, X2, X3] = (X21X2 −X3
3 ) d.h. V (g) ist nicht erforderlich.
Wir zeigen zum Abschluss, dass Mannigfaltigkeiten, die eine Parameterdarstellung zulassen,irreduzibel sind.
Satz 5.28 Sei k unendlich und V ⊂ kn definiert durch
x1 = f1(t1, . . . , tm), . . . , xn = fn(t1, . . . , tm)
mit fi ∈ k[t1, . . . , tm] (1 5 i 5 n). Dann ist V irreduzibel.
Beweis: Sei F : km −→ kn definiert durch
F (t1, . . . , tm) = (f1(t1, . . . , tm), . . . , fn(t1, . . . , tm))
Dann ist V der Zariski-Abschluss von F (km) und I(V ) = I(F (km)).
Sei g ∈ k[X1, . . . , Xn]. Dann wird g ◦ F ∈ k[t1, . . . , tm] durch
(g ◦ F )(t1, . . . , tm) = g(f1(t1, . . . , tm), . . . , fn(t1, . . . , tm))
=⇒ I(V ) = {g ∈ k[X1, . . . , Xn] : g ◦ F = 0}Angenommen, p · q ∈ I(V ) ⇒ (p · q) ◦ F = (p ◦ F ) · (q ◦ F ) = 0⇒ p ◦ F = 0 oder q ◦ F = 0 ⇒ p ∈ I(V ) oder q ∈ I(V ) ⇒ I(V ) ist prim, qed.
Der Satz gilt auch fur rationale Parameterdarstellungen:
Satz 5.28∗: Sei k unendlich und V ⊂ kn die durch
x1 =f1(t1, . . . , tm)g1(t1, . . . , tm)
, . . . , xn =fn(t1, . . . , tm)gn(t1, . . . , tm)
mit fi, gi ∈ k[t1, . . . , tm] (1 5 i 5 n) definierte algebraische Mannigfaltigkeit. Dann ist V
irreduzibel.
Beweis: V ist die kleinste algebraische Mannigfaltigkeit, die F (km \W ) enthalt, also V =Z(Jm+1). Wir mussen zeigen, dass I(V ) = RadJm+1 prim ist.
Sei h(X1, . . . , Xn) ∈ I(V ) ⇒ h(f1(t)g1(t) , . . . ,
fn(t)gn(t)) = (h ◦ F )(t1, . . . , tm) = 0.
Ist nun g = g1 · · · gn, dann wird g ◦ F 6= 0 auf ganz V und fur vorgegebenes h gibt es ein N ,so dass (gN ·h) ◦F = (gN ◦F ) · (h ◦F ) ein Polynom ist. Wenn dann wie oben p · q ∈ I(V ), sofolgt (gN · p) ◦ F = (gN ◦ F ) · (p ◦ F ) = 0 oder (gN · q) ◦ F = (gN ◦ F ) · (q ◦ F ) = 0 und daherp ◦ F = 0 oder q ◦ F = 0, qed.
6 DIMENSION UND DURCHSCHNITTE VON IDEALEN 50
6 Dimension und Durchschnitte von Idealen
Wir fuhren zunachst den Begriff der Dimension eines Ideals bzw. einer Mannigfaltigkeit ein.
Definition 6.1 Sei R ein kommutativer noetherscher Ring mit Einselement.
(i) Ist p ⊂ R ein Primideal, dann heißt das Supremum d der Lange r aller Ketten vonPrimidealen
p = p0 ⊂ p1 ⊂ · · · ⊂ pr ⊂ R (pi 6= pi+1, pr 6= R)
die (Krull-) Dimension von p.
Bezeichnung: dim p = d = sup{r | ∃ Primidealkette der Lange r von p zu R}
(ii) Sei a ⊂ R ein beliebiges Ideal und
Ass a = {p | p ist assoziiertes Primideal von a}
d.h. wenn a = q1∩ · · · ∩ qs, qi primar und pi = Rad qi (1 5 i 5 s), dann sind p1, . . . , ps
nach Satz 2.20 eindeutig bestimmt und Ass a = {p1, . . . , ps}. Dann heißt
dim a = max{dim p | p ∈ Ass a}
die Dimension von a.
(iii) dim R := dim(0)R heißt die Dimension von R.
(iv) Ist R = k[X1, . . . , Xn] und a ⊂ R, a = I(V ), dann istdim V := dim I(V ) = dim a die Dimension von V .
In beliebigen kommutativen noetherschen Ringen ist die Dimensionstheorie ein durchausschwieriges Thema, da z.B. nicht jede maximale Kette von Primidealen dieselbe Lange habenmuss und daher allein die Auswahl der Wege von p zu R problematisch ist. In PolynomringenR = k[X1, . . . , Xn] treten solche exotischen Falle nicht auf. Wir haben
Satz 6.2 Sei R ein kommutativer noetherscher Ring mit Einselement und p1 ⊆ p2 ⊂ R zweiPrimideale. Dann gilt
(i) dim p1 = dim p2 und {dim p1 = dim p2 ⇐⇒ p1 = p2}
(ii) Ist R = k[X1, . . . , Xn] und V1 = Z(p1), V2 = Z(p2) irreduzible Mannigfaltigkeiten,dann gilt dim V1 = dim V2 und {dim V1 = dim V2 ⇐⇒ V1 = V2}
Beweis: Jede Kette von Primidealen von p2 zu R lasst sich verlangern zu einer Kette vonp1 zu R. Die Verlangerung ist echt genau dann, wenn p1 $ p2. Qed.
Satz 6.2 gilt nicht fur beliebige Ideale bzw. Mannigfaltigkeiten:
6 DIMENSION UND DURCHSCHNITTE VON IDEALEN 51
Sei a = p1 ∩ p2, p1 6= p2 und dim p1 = dim p2 = dim a =⇒ a $ p1.
Definition 6.1 ist zwar algebraisch sehr hilfreich, aber geometrisch muss man stets prufen,wie viele Mannigfaltigkeiten erforderlich sind, um bis zu einem Punkt zu kommen:
V = V0 ⊃ V1 ⊃ · · · Vr ⊃ ∅l l l l
I(V0) ⊂ I(V1) ⊂ · · · I(Vr) ⊂ I(∅)‖ ‖ ‖ ‖
p = p0 p1 pr (1)
deshalb gehen wir einen anderen Weg, vergleichbar mit dem fur lineare Raume
V : ~x = ~x0 + t1~x1 + · · ·+ tn−r~xn−r
⇒ dim V = n− r = {maximale Anzahl der Parameter}= {maximale Anzahl linear unabhangiger Vektoren in V }
Außerdem suchen wir einen ”Grobner-Basis tauglichen“ Dimensionsbegriff.
Bezeichnung: Sei R = k[X1, . . . , Xn] (n = 1) und {U} = {U1, . . . , Ur} ⊆ {X1, . . . , Xn} ={X}. Dann bedeutet {U} ¿ {X} \ {U}, dass in der gewahlten monomialen Ordnung jedesUi kleiner ist als jedes Xj /∈ {U1, . . . , Ur}. (Ist r = 0, dann ist {U} = ∅.)
Definition 6.3 Sei R = k[X1, . . . , Xn] (n = 1), a ⊂ R ein Ideal und {U} = {U1, . . . , Ur} ⊆{X1, . . . , Xn}.
(i) Ist {U} ¿ {X} \ {U}, dann sei aU = a ∩ k[U1, . . . , Ur].
(ii) {U1, . . . , Ur} heißen unabhangig modulo a :⇐⇒ aU = (0).
(iii) {U1, . . . , Ur} heißen maximal unabhangig modulo a :⇐⇒ {U1, . . . , Ur} sind unabhangigmodulo a und {U1, . . . , Ur} ist in keiner großeren Menge
{U1, . . . , Ur, Ur+1, . . . , Us}, s > r, enthalten, die unabhangig modulo a ist.
(iv) dim∗ a := max{|{U}| : {U} ist unabhangig modulo a}.
Satz 6.4 Sei a = q1 ∩ · · · ∩ qs, Rad qi = pi (1 5 i 5 s), dann ist
dim∗ a = max{dim∗ pi| i = 1, . . . , s}.
Beweis 1) dim∗ a = max{dim∗ pi| i = 1, . . . , s}:Sei max{dim∗ pi| i = 1, . . . , s} = dim∗ p1 und {U} = {U1, . . . , Ur} eine Menge großterMachtigkeit mit p1 U = (0). Falls a ∩ k[U1, . . . , Ur] 6= (0), ware auchp1 ∩ k[U1, . . . , Ur] 6= (0).
2) dim∗ a 5 max{dim∗ pi| i = 1, . . . , s}:
6 DIMENSION UND DURCHSCHNITTE VON IDEALEN 52
Angenommen, {U} = {U1, . . . , Ur} sei eine maximal unabhangige Menge großter Machtigkeitbezuglich a. Falls ∀ p ∈ {p1, . . . , pr} : pU 6= (0), dann gibt es fi ∈ pi U , fi 6= 0 fur i = 1, . . . s.Dann ist aber (f1 · · · fr)m ∈ aU mit einem hinreichend großen m im Widerspruch zu aU = (0).Qed.
Satz 6.5 Fur R = k[X1, . . . , Xn] und a ⊂ R gilt stets dim a = dim∗ a.
Wir zeigen hier nur die Beweisidee auf. O.B.d.A. sei a = p ein Primideal.
Sei R = R/p ∼= k[x1, . . . , xn] = k[X1, . . . , Xn] der Faktorring und K = Qu(R/p). Dann ist Keine endlich erzeugte Erweiterung von k. Unter den x1, . . . , xn gibt es algebraisch unabhangigeund von diesen algebraisch abhangige Elemente entsprechend der Gleichungen
f1(x1, . . . , xn) = · · · = fs(x1, . . . , xn) = 0,
wenn (f1, . . . , fs) eine Basis von p ist. Ist etwa {x1 = X1, . . . , xr = Xr} eine Menge algebraischunabhangiger Elemente und xr+1, . . . , xn davon algebraisch abhangig, dann ist {x1, . . . , xr}eine sogenannte Transzendenzbasis von K uber k.
Geht man von p zu p′ ⊃ p uber und bildet K′ = Qu(R/p′), so kommt mindestens eineRelation hinzu und der Transzendenzgrad verringert sich. Man kann zeigen: liegt zwischenp und p′ kein weiteres Primideal, dann verringert sich die Transzendenzbasis um genau einElement. Daher ist dim p = r. Die Aussage folgt nun aus
Lemma 6.6 {U1, . . . , Ur} ist maximal unabhangig modulo p ⇐⇒ B = {U1, . . . , U r} isteine Transzendenzbasis fur K uber k.
Beweis: ”=⇒”
a) U i 6= U j fur i 6= j, denn andernfalls ware Ui − Uj ∈ p ⇒ pU 6= (0).
b) B ist algebraisch unabhangig, denn andernfalls ∃ f ∈ k[U1, . . . , Ur] :f(U1, . . . , U r) = 0 ⇒ f ∈ p ∩ k[U1, . . . , Ur] = pU 6= (0), Widerspruch!
c) B ∪{Xj}, Xj /∈ B, sind algebraisch abhangig, denn {U1, . . . , Ur} ist maximal unabhangigund daher p∩k[U1, . . . , Ur, Xj ] 6= (0) ⇒ ∃ f ∈ p∩k[U1, . . . , Ur, Xj ], so dass f(U1, . . . , U r, Xj) =0. Folglich sind U1, . . . , U r, Xj algebraisch abhangig.
”⇐=” Seien U1, . . . , U r algebraisch unabhangig. Dann ist p ∩ k[U1, . . . , Ur] = pU = (0).Jedes Xj /∈ B ist algebraisch abhangig hiervon. Daher gibt es Polynome fj 6= 0, so dassfj(U1, . . . , U r, Xj) = 0. Dann ist aber fj(U1, . . . , Ur, Xj) ∈ p ∩ k[Xj ] 6= (0). Qed.
Bemerkung 6.7 Wenn a nicht prim ist, kann es maximal unabhangige Mengen geben, dienicht maximale Machtigkeit haben:
a = (X1X3 + X3, X2X3 + X3) = (X1 + 1, X2 + 1) · X3 = (X1 + 1, X2 + 1) ∩ (X3)⇒ {X3} und {X1, X2} sind maximal unabhangig.
Fur spatere Anwendungen sind folgende leicht zu beweisenden Lemmata nutzlich:
6 DIMENSION UND DURCHSCHNITTE VON IDEALEN 53
Lemma 6.8 Sei a ⊂ k[X1, . . . , Xn]. Dann gilt:
(i) dim a = 0 ⇐⇒ ∀ i ∃ fi ∈ k[Xi] mit fi ∈ a
(ii) Wenn dim a = 0 und {U1, . . . , Ur} ⊆ {X1, . . . , Xn}, dann ist
dim a ∩ k[U1, . . . , Ur] = 0.
Lemma 6.9 Sei a ⊂ R und dim a = 0, dann gilt: a maximal ⇐⇒ a ist prim.
Beweis: Angenommen, a prim aber nicht maximal. Dann gibt es ein Primideal p mit p ⊃ a
im Widerspruch zu dim a = 0.
Wir wollen in diesem Abschnitt Methoden angeben, wie man zu vorgegebenen Idealen a und b
deren Durchschnitt a∩b, den Quotienten a : b und das Radikal Rad a berechnet. Anschließendwerden wir sehen, wie man zur Durchschnittsdarstellung
a = q1 ∩ · · · ∩ qs
gelangt.
Satz 6.10 Seien a, b ⊂ k[X1, . . . , Xn] Ideale und t eine Unbestimmte. Dann gilt
a ∩ b = (t · a + (1− t) · b) · k[X1, . . . , Xn, t] ∩ k[X1, . . . , Xn].
Beweis: ”⊆” Sei f ∈ a∩b ⇒ t ·f ∈ t ·a und (1− t) ·f ∈ (1− t) ·b sowie f = t ·f +(1− t) ·f ∈k[X1, . . . , Xn].
”⊇” Sei f ∈ (t · a + (1− t) · b) · k[X1, . . . , Xn, t] ∩ k[X1, . . . , Xn]. Dann ist
f(X1, . . . , Xn) = g(X1, . . . , Xn, t) + h(X1, . . . , Xn, t)
mit g(X, t) ∈ t · a · k[X1, . . . , Xn, t] und h(X, t) ∈ (1 − t) · b · k[X1, . . . , Xn, t], wenn wirX = {X1, . . . , Xn} setzen. Wir erhalten
fur t = 0 : f(X) = g(X, 0) + h(X, 0) = h(X, 0) ∈ b und
fur t = 1 : f(X) = g(X, 1) + h(X, 1) = g(X, 1) ∈ a, also f(X) ∈ a ∩ b, qed.
Entsprechend beweist man die allgemeinere Darstellung
Satz 6.10∗: Sei a1, . . . , am ⊂ k[X1, . . . , Xn], t1, . . . , tm Unbestimmte und
b = (1− (t1 + · · ·+ tm), t1a1, . . . , tmam) · k[X1, . . . , Xn, t1, . . . , tm].
Dann ist a1 ∩ · · · ∩ am = b · k[X1, . . . , Xn, t1, . . . , tm] ∩ k[X1, . . . , Xn].
Bemerkung: Obige Durchschnittsdarstellung lasst sich mit Hilfe einer Grobner-Basis bezuglicheiner lexikographischen Ordnung gewinnen.
Um den Idealquotienten auszurechnen, benutzen wir folgende Konstruktion:Sei a, b ∈ k[X1, . . . , Xn], b = (g1, . . . , gs)
=⇒ a : b = a : (g1, . . . , gs) = (a : (g1)) ∩ · · · ∩ (a : (gs))
6 DIMENSION UND DURCHSCHNITTE VON IDEALEN 54
nach Satz 2.15 d). Da wir den Durchschnitt bereits berechnen konnen, benotigen wir nocheine Methode fur die Berechnung von a : (g).
Satz 6.11 Sei a ⊆ k[X1, . . . , Xn], g ∈ k[X1, . . . , Xn] und (h1, . . . , hr) = a∩(g) ⊆ k[X1, . . . , Xn].Dann ist hi/g ∈ k[X1, . . . , Xn] fur i = 1, . . . , r und {h1/g, . . . , hr/g} ist eine Basis fur a : (g).
Beweis: Sei a ∈ (g) ⇒ a = b · g, b ∈ k[X1, . . . , Xn]. Dann ist auch hi = h∗i · g und damithi/g = h∗i ∈ k[X1, . . . , Xn]. Nun ist
f ∈ (h1/g, . . . , hr/g) = (h∗1, . . . , h∗r), f = α1 · h1
g + · · ·+ αr · hrg
⇐⇒ f · g = α1 · h1 + · · ·+ αr · hr ∈ a ⇐⇒ f ∈ a : (g),
qed.
Fur die weiteren Uberlegungen ist der Begriff des quadratfreien Polynoms in k[X1, . . . , Xn]wichtig.
Definition 6.12 Sei f ∈ k[X1, . . . , Xn]. Wegen der eindeutigen Zerlegbarkeit in irreduzibleFaktoren in k[X1, . . . , Xn] (Satz 5.10) besitzt f eine Darstellung f = gr1
1 · · · grss mit irredu-
ziblen Polynomen g1, . . . , gs und r1, . . . , rs > 0.f heißt quadratfrei :⇐⇒ r1 = · · · = rs = 1.
Lemma 6.13 Sei a ⊂ k[X1, . . . , Xn] und f, g1, . . . , gs ∈ k[X1], so dass f = gr11 · · · grs
s mitpaarweise relativ primen Polynomen g1, . . . , gs. Dann ist
(a, f) =s⋂
i=1
(a, grii ).
Beweis: ”⊆” ist trivial.
”⊇” Sei h ∈ ⋂si=1(a, gri
i ) =⇒ ∃ qi ∈ k[X1, . . . , Xn] und ai ∈ a mit h = ai + qi · grii
fur i = 1, . . . , s. Sei fi =∏j 6=i
grj
j (i = 1, . . . , s) =⇒ h · fi ∈ (a, f).
k[X1] ist ein Euklidischer Ring. Daher ist nach dem Satz vom großten gemeinsamen TeilerggT(gi, gj) = 1 fur i 6= j, also auch ggT(f1, . . . , fs) = 1=⇒ ∃αi ∈ k[X1] :
∑αifi = 1 und daher h =
∑αi · fi · h ∈ (a, f), qed.
7 DER NULL-DIMENSIONALE FALL 55
7 Der null-dimensionale Fall
Wir beschranken uns zunachst auf den wichtigen Fall dim a = 0 und zeigen dann im folgendenAbschnitt, wie der allgemeine Fall hierauf zuruckgefuhrt werden kann. In der Primardarstel-lung a = q1 ∩ · · · ∩ qs, Rad qi = pi ist dann pi maximal fur i = 1, . . . , s.
Fur die Zerlegung von Idealen in einen Durchschnitt von Primaridealen und die Bestimmunggeeigneter Grobner-Basen und der Nullstellen a ⊂ k[X1, . . . , Xn] sei char k = 0, etwa k = Qoder k = R. Der algebraische Abschluss von k ist dann k = C.
Die Aussagen gelten auch fur perfekte Korper mit positiver Charakteristik, worauf am Endedieses Abschnitts kurz eingegangen wird.
Lemma 7.1 (Seidenberg) Sei a ⊂ k[X1, . . . , Xn], dim a = 0 und angenommen,∀ i ∈ {1, . . . , n} ∃ fi ∈ k[Xi], fi ∈ a und fi quadratfrei. Dann ist Rad a = a.
Beweis: Wir beweisen das Lemma durch Induktion bezuglich n.
n = 1 =⇒ a = (f) ⊂ k[X1] ist ein Hauptideal, f = g1 · · · gs und die gi sind paarweise prim.Dann ist nach Lemma 6.13
a =s⋂
i=1
(f, gi) =s⋂
i=1
(gi)
und die (gi) sind prime, maximale Ideale.
Sei n > 1 und etwa f1 = g1 · · · gs wie oben. Dann ist nach Lemma 6.13
a = (a, f1) =s⋂
i=1
(a, gi).
Es ist Rada = a, wenn Rad(a, gi) = (a, gi) fur i = 1, . . . , s. Sei daher o.B.d.A. f1 = g1
irreduzibel. Wir rechnen modulo f1:
ψ : k[X1]∼−→ k[X1]/(f1) = K
K ist eine einfache algebraische Erweiterung von k und damit wieder ein Korper. Wir setzendiesen Homomorphismus fort zu
ϕ : k[X1][X2, . . . , Xn] ∼−→ K[X2, . . . , Xn]
Xi 7−→ Xi (i = 2, . . . , s)
mit Kerϕ = f1 ·k[X1, . . . , Xn], ϕ(a) = a∗ und ϕ(fi) = fi (i = 2, . . . , n). Nach Induktionsvor-aussetzung ist a∗ = Rad a∗ = m∗
1 ∩ · · · ∩ m∗r. Die Ideale m∗
1, · · · , m∗r sind maximal und prim.
Bezeichnen wir mit mj das vollstandige Urbild von m∗j in k[X1, . . . , Xn] : mj = ϕ−1(m∗
j ), dannist f1 ∈ mj , mj ∩ k[X1] = (f1) und mj maximal und prim in k[X1, . . . , Xn] fur j = 1, . . . , r.Folglich ist a = m1 ∩ · · · ∩mr = Rad a, qed.
7 DER NULL-DIMENSIONALE FALL 56
Folgerung 7.2 Sei a ⊂ k[X1, . . . , Xn] und dim a = 0. Wenn a ∩ k[Xi] = (fi) und gi derquadratfreie Teil von fi ist fur i = 1, . . . , n, dann ist
Rad a = (a, g1, . . . , gn).
Beweis: Offenbar ist Rad a = Rad(a, g1, . . . , gn) und nach Lemma 7.1
Rad(a, g1, . . . , gn) = (a, g1, . . . , gn),
qed.
Auch fur die Zerlegung von a in Primarkomponenten wird zunachst der Fall dim a = 0behandelt. Der allgemeine Fall wird uber die Konstruktion des Quotientenringes
RM = k(X1, . . . , Xd)[Xd+1, . . . , Xn], M = k[X1, . . . , Xd] \ {0},
hierauf zuruckgefuhrt.
Ist dim a = 0, a ⊂ k[X1, . . . , Xn] und a = q1 ∩ · · · ∩ qs, dann sei pi = Rad qi. Die pi sindmaximal und isoliert, d.h. fur alle i 6= j gilt pi " pj .
Lemma 7.3 Sei (a) = (a1, . . . , an) ∈ kn und ca = (X1 − a1, . . . , Xn − an). Dann gilt
1) ca ist maximal und enthalt alle Ideale mit (a) als Nullstelle.
2) Wenn k algebraisch abgeschlossen, so hat jedes maximale Ideal m die Gestalt ca.
Beweis: zu 1) G = {X1−a1, . . . , Xn−an} ist offenbar Grobner-Basis fur ca, da die fuhrendenTerme paarweise disjunkt sind. (Ist z.B. f1 = X1 − a1, f2 = X2 − a2 ⇒ LT(f1) =X1, LT(f2) = X2 ⇒ S(f1, f2) = X1·X2
X1f1 − X1·X2
X2f2 = a1X2 − a2X1 und a1X2 − a2X1 −
(a1f2 − a2f1) = 0 also S(f1, f2)G
= 0.)
Falls m ⊃ ca und f(X) ∈ m, f(X) /∈ ca, dann fuhrt der Divisionsalgorithmus modulo ca
zu einem Rest 6= 0 und Grad < 1, also einer von Null verschiedenen Konstanten =⇒ m =k[X1, . . . , Xn].
zu 2) Der Rest des Beweises ergibt sich aus dem Hilbertschen Nullstellensatz. Ist k algebraischabgeschlossen und f ∈ m∩k[Xi] =⇒ f = (Xi−α
(i)1 )ν1 · · · (Xi−α
(i)s )νs =⇒ z.B. Xi−α
(i)1 ∈
m. Daher ist m = ca mit (a) ∈ kn, qed.
Sei k perfekt und k der algebraische Abschluss von k. Sei a ⊂ k[X1, . . . , Xn], dim a = 0 unda = a ·k[X1, . . . , Xn]. Dann ist a = q1 ∩ · · · ∩ qr mit Rad qi = pi und pi = ca(i) mit (a(i)) ∈ k
n
fur i = 1, . . . , r.
Definition 7.4 Sei a ⊂ k[X1, . . . , Xn], dim a = 0. Wir sagen a befindet sich inNormalposition bezuglich Xi :⇐⇒ die Xi-Komponenten aller Nullstellen vona = a · k[X1, . . . , Xn] sind paarweise verschieden.
7 DER NULL-DIMENSIONALE FALL 57
Geometrisch: Die Projektion der Nullstellen (a(1)), . . . , (a(r)) auf die Xi-Achse liefert aufdieser r paarweise verschiedene Punkte.
Beispiel: a = (Y 2 − X3, Y 2 + X2 − 2X), G = {X3 + X2 − 2X, Y 2 + X2 − 2X}ist Grobner-Basis, wenn Y > X. Offenbar ist V = Z(a) der Schnitt einer Neilschen Pa-rabel mit einem Kreis. (Durch einfaches Ausrechnen erhalt man 5 SchnittpunkteP1 = {0, 0}, P2 = {1, 1}, P3 = {1, −1}, P4 = {−2, i · √8}, P5 = {−2, −i · √8}.)Im Reellen ergibt sich folgendes Bild:
0.5 1 1.5 2
-2
-1.5
-1
-0.5
0.5
1
1.5
2
Abbildung 9: Schnitt einer Neilschen Parabel mit einem Kreis
Offenbar ist a nicht in Normalposition bezuglich X, wohl aber bezuglich Y .
(Bezuglich Y erhalten wir mit X > Y folgende Grobner-Basis:
G = {−8Y 2 + 7Y 4 + Y 6, 12X − 11Y 2 − Y 4}
und daher y1 = 0, y2 = 1, y3 = −1, y4 = 2√
2i, y5 = −2√
2i. )
Wir nehmen folgende Variablentransformation vor:
X = X ′ + Y ′, Y = X ′ − 2Y ′
und erhalten als Grobner-Basis, wenn wir wieder X und Y statt X ′ und Y ′ schreiben:
{−8X2 + 24X3 + 5X4 − 12X5 − 9X6, 836Y + 836X − 8003X2 − 429X3 + 4599X4 + 2997X5}.
Jetzt ist a in Normalposition bezuglich X und
f = −8X2 + 24X3 + 5X4 − 12X5 − 9X6 = −X2(X − 1)(X − 13)(X − z)(X − z)
wobei z = −43 + 2
3
√2 · i.
Im Reellen ergibt sich jetzt folgendes Bild:
Es gilt nun folgendes Lemma, was zu einer Primardarstellung von a fuhrt.
7 DER NULL-DIMENSIONALE FALL 58
-0.5 0.5 1 1.5 2
-0.4
-0.2
0.2
0.4
0.6
0.8
1
Abbildung 10: Affines Bild des Schnittes einer Neilschen Parabel mit einem Kreis
Lemma 7.5 Sei a ⊂ k[X1, . . . , Xn], dim a = 0 und a in Normalposition bezuglich X1. Wennein irreduzibles Polynom p ∈ k[X1] existiert, so dass pν ∈ a∩k[X1] mit einem gewissen ν > 0,dann ist a primar.
Beweis: Sei p1 ⊇ a. Dann ist a offenbar primar, wenn p1 einziges maximales Ideal mit dieserEigenschaft ist. Angenommen, es gibt p2 mit dieser Eigenschaft und p1 6= p2. Dann ist wegena ⊆ p1 ∩ p2 auch p ∈ p1 ∩ p2. Damit erzeugt p sowohl p1 ∩ k[X1] als auch p2 ∩ k[X1], d.h.p1 ∩ k[X1] = p2 ∩ k[X1].
Behauptung: p1 und p2 haben dieselben Nullstellen in kn.
Sei z1 ∈ k eine Nullstelle von p, p(z1) = 0, dann ist z1 eine Nullstelle von p1 ∩ k[X1] undp2 ∩ k[X1]. Daher kann nach dem Erweiterungssatz 5.3 z1 erganzt werden zu einer Nullstellesowohl von p1 ·k[X1, . . . , Xn] als auch p2 ·k[X1, . . . , Xn], die nach Voraussetzung bezuglich der
”Normalposition“ gleich sein mussen. Da wir offenbar jede Nullstelle von p1 und p2 auf dieseWeise erhalten, haben p1 und p2 dieselben Nullstellen in k
n und sind somit wegen Folgerung5.18 gleich, qed.
Satz 7.6 Sei a ⊂ k[X1, . . . , Xn], dim a = 0 und a in Normalposition bezuglich X1. f ∈ k[X1]sei das eindeutig bestimmte Polynom mit hochstem Koeffizienten 1, fur das gilt a ∩ k[X1] =(f). Sei f = pν1
1 · · · pνrr mit irreduziblen und paarweise verschieden p1, . . . , pr ∈ k[X1]. Dann
ist
a =r⋂
i=1
(a, pνii )
die (eindeutig bestimmte) Primardarstellung von a.
Beweis: Nach Lemma 6.13 ist a =⋂r
i=1(a, pνii ). Wir zeigen:
1) (a, pνii ) 6= k[X1, . . . , Xn] fur i = 1, . . . , r;
2) kein (a, pνii ) ist uberflussig;
3) pi = Rad(a, pνii ) sind paarweise verschieden.
7 DER NULL-DIMENSIONALE FALL 59
zu 1) Angenommen, ∃ j, so dass 1 ∈ (a, pνj
j ). Dann ist
∏
i6=j
pνii ∈ (a, p
νj
j ) ∩ (⋂
i6=j
(a, pνii )) = (a, f) = a
=⇒ ∏i6=j
pνii ∈ a ∩ k[X1] = (f) - Widerspruch!
zu 2) Angenommen, ∃ j, so dass (a, pνj
j ) ⊇ ⋂i6=j(a, pνi
i )
=⇒ (wie oben)∏i6=j
pνii ∈ (a, p
νj
j ). pνj
j und∏i6=j
pνii sind relativ prim in k[X1]
=⇒ 1 ∈ (a, pνj
j ) - Widerspruch!
zu 3) Falls pi = pj fur i 6= j, dann ist pi, pj ∈ pi und damit 1 ∈ pi - Widerspruch!
Nach Lemma 7.5 ist nun qi = (a, pνii ) (i = 1, . . . , r) ein Primarideal. Qed.
Bemerkung: Rad(a, pνii ) ist gemaß (7.2) zu bestimmen fur i = 1, . . . , r.
Im obigen Beispiel erhalten wir a =5⋂
i=1(a, pνi
i ) =5⋂
i=1qi und
q1 = (X2, Y ), q2 = (X − 1, Y ), q3 = (X − 13 , Y − 2
3) (reelle Punkte)q4 = (X − z, Y + 2
3 + 23
√2 · i), q5 = (X − z, Y + 2
3 − 23
√2 · i)
Wenn das Ideal a keine mehrfachen Nullstellen hat, besitzt die Grobner-Basis fur eine mono-miale Ordnung ”≤” mit {X1} ¿ {X2, . . . , Xn} eine besonders einfache Struktur.
Satz 7.7 Sei a ⊂ k[X1, . . . , Xn], dim a = 0 und a in Normalposition bezuglich X1. Dannhat die reduzierte Grobner-Basis G von a bezuglich einer beliebigen monomialen Ordnung mit{X1} ¿ {X2, . . . , Xn} die Gestalt
G = {g1(X1), X2 − g2(X1), . . . , Xn − gn(X1)}
mit g1(X1), . . . , gn(X1) ∈ k[X1].
Damit haben wir die Bestimmung der Nullstellen auf die Transformation auf Normalpositionbezuglich einer Variablen, die Berechnung einer reduzierten Grobner-Basis und die Bestim-mung der Nullstellen eines Polynoms in einer Unbestimmten zuruckgefuhrt.
Zum Beweis des Satzes 7.7 benotigen wir einige technische Vorbereitungen.
Wir beschranken und auf den Fall char k = 0, da in praktischen Anwendungen uberwiegendmit k = Q oder k = R gerechnet wird. Die entsprechenden Nullstellen findet man dann stetsim algebraischen Abschluss k = C, wenn sie nicht bereits in k liegen. Die Aussagen selbstkann man fur beliebige perfekte Korper beweisen, zu denen Korper der Charakteristik 0 undalle endlichen Korper zahlen.
Reduzierte Terme
Sei T die Menge aller Monome (Potenzprodukte) Xν = Xν11 · · ·Xνn
n , ν = (ν1, . . . , νn) ∈ Nn:
T = {Xν = Xν11 · · ·Xνn
n | ν = (ν1, . . . , νn) ∈ Nn}
7 DER NULL-DIMENSIONALE FALL 60
und ”≤“ eine beliebige monomiale Ordnung. Dann ist fur ein Ideal a ⊆ k[X1, . . . , Xn]
LM(a) = {Xν ∈ T | ∃ f ∈ a mit LM(f) = Xν}
und fur eine Grobner-Basis G von a bezuglich der Ordnung ”≤“
LM(G) = {Xν ∈ T | ∃ g ∈ G mit LM(g) = Xν}= {Xν ∈ LM(a) | ∃ g ∈ G mit LM(g) = Xν},
also LM(G) ⊆ LM(a) ⊆ T. Dann ist die Menge der reduzierten Terme modulo a:
RT(a) := T \ LM(a)
= {t = Xν ∈ T | ∀ s ∈ LM(a) gilt s 6 | t}= {t = Xν ∈ T | ∀ s ∈ LM(G) gilt s 6 | t}.
Letztere Gleichheit gilt, da G eine Grobner-Basis von a ist und daher die von LM(a) undLM(G) in k[X] erzeugten Ideale gleich sind:
LM(a) · k[X] = LM(G) · k[X].
Bezeichnen wir mit − die Restklassen modulo a, dann gilt
Lemma 7.8 Sei B = RT(a) = {t ∈ k[X]/a | t ∈ RT(a)}. Dann ist B eine Basis des k-Vektorraumes Vk = k[X]/a. Insbesondere ist die Abbildung
ψ : RT(a) −→ B (t 7−→ t)
bijektiv.
Beweis 1) B erzeugt den Vektorraum Vk:
Sei f ∈ Vk und etwa f ∈ k[X], h = NG(f) die Normalform von f . Dann ist f = h und etwa
f = h =∑
t∈T (h)
at · t =∑
t∈T (h)
at · t =∑
t∈T (h)
at · t, t ∈ B,
wenn T (h) die Menge der in h auftretenden Monome ist.
2) B ist eine Menge linear unabhangiger Elemente aus Vk:
Sei B = {t1, . . . , tr} und etwa
r∑
i=1
ai · ti (ai ∈ k, ti ∈ RT(a), i = 1, . . . , r)
und nicht alle ai = 0, etwa a1 6= 0 und t1 > ti fur i = 2, . . . , r. Sei h =∑r
i=1 ai · ti ∈ k[X].Dann ist h 6= 0, LM(h) = t1 und h ∈ a, da h = 0.
=⇒ ∃ g ∈ G : LM(g) | t1
7 DER NULL-DIMENSIONALE FALL 61
im Widerspruch zu t1 ∈ RT(a) = T \ LM(a).
3) ψ : RT(a) −→ B ist bijektiv:
ψ ist offenbar surjektiv. Um zu zeigen, dass ψ auch injektiv ist, sei s, t ∈ RT(a) mit s = t undetwa s < t. Dann ist s− t = 0 und daher s− t ∈ a, also t = LM(s− t) ∈ LM(a) - Widerspruchund damit Lemma 7.8 bewiesen.
Sei nun char k=0, K ein Erweiterungskorper von k, also k ⊆ K und f(X1) ∈ k[X1] einPolynom vom Grad > 0. k[X1] und K[X1] sind Ringe mit eindeutiger Primelementzerlegung.Daher gibt es fur f(X1) ∈ k[X1] ⊆ K[X1] eine bis auf die Reihenfolge und Faktoren aus keindeutige Darstellung
f(X1) = p1(X1)ν1 · · · ps(X1)νs
mit paarweise verschiedenen Primpolynomen p1(X1), . . . , ps(X1). Ist f ′(X1) die Ableitungvon f(X1) bezuglich X1 und q(X1) einer der Primfaktoren von f(X1), so dass
f(X1) = q(X1)r · g(X1), q(X1)r+1 6 | f(X1),
dann gilt
f ′(X1) = (g(X1) · q(X1)r)′ = g′ · qr + r · g · q′ · qr−1,
woraus qr−1 | f ′(X1) und qr 6 | f ′(X1) folgt, da ggT(q, q′)=1 und ggT(q, g)=1. Insbesondereist
ggT(f, f ′) = p1(X1)ν1−1 · · · ps(X1)νs−1
und damit
f(X1) / ggT(f, f ′) = p1(X1) · · · ps(X1)
der quadratfreie Teil von f(X1). Insbesondere erhalten wir
Lemma 7.9 Sei char k = 0, K ein Erweiterungskorper von k und f(X1) ∈ k[X1]. Dannsind folgende Aussagen aquivalent:
(i) ggT(f, f ′) = 1;
(ii) f(X1) ist quadratfrei in k[X1];
(iii) f(X1) ist quadratfrei in K[X1].
Beweis: Da der ggT(f, f ′) uber den Euklidischen Algorithmus bestimmt werden kann, giltdie Aussage ggT(f, f ′) = 1 gleichermaßen uber k und K.
Folgerung 7.10 Sei a ⊂ k[X1, . . . , Xn] ein Ideal, dim a = 0 und K ein Erweiterungskorpervon k. Wenn a · k[X1, . . . , Xn] ein Radikalideal ist, d.h. Rad a = a, dann ist auch a ·K[X1, . . . , Xn] ein Radikalideal.
7 DER NULL-DIMENSIONALE FALL 62
Beweis: Ist fi ∈ k[Xi] ∩ a quadratfrei, dann ist auch fi ∈ K[Xi] ∩ a und quadratfrei nachLemma 7.9 und daher a wegen Lemma 7.1 Radikalideal, qed.
Satz 7.11 Sei k ein Korper der Charakteristik 0, L = k der algebraische Abschluss von kund a ⊆ k[X1, . . . , Xn] ein Radikalideal. Dann ist die Anzahl r der Nullstellen von a in Ln
gleich der Dimension des L-Vektorraumes L[X1, . . . , Xn]/a:
r = dimL(L[X1, . . . , Xn]/a).
Beweis Sei G eine Grobner-Basis von a bezuglich einer beliebigen monomialen Ordnung undA = G ·L[X1, . . . , Xn] das von G in L[X1, . . . , Xn] erzeugte Ideal. Dann haben a und A in Ln
offenbar dieselben Nullstellen. Da die Bestimmung der S-Polynome und der NormalformenNG(f) bereits in k[X1, . . . , Xn], d.h. uber k erfolgt, ist G auch eine Grobner-Basis fur A.Daher ergibt sich auch aus Lemma 7.8, dass k[X1, . . . , Xn]/a und L[X1, . . . , Xn]/A dieselbeAnzahl von Elementen haben, also
dimk k[X1, . . . , Xn]/a = dimL L[X1, . . . , Xn]/A.
Nach Folgerung 7.10 ist mit a auch A ein Radikalideal. Damit ist A wegen Folgerung 7.3Durchschnitt von r (= Anzahl der Nullstellen) maximalen Idealen der Art ca = (X1 −a1, . . . , Xn − an), etwa
A = m1 ∩ . . . ∩mr.
Wir zeigen:
L[X1, . . . , Xn]/A ∼=r⊕
i=1
L[X1, . . . , Xn]/mi∼=
r⊕
i=1
L
als Vektorraume uber L, woraus die Aussage des Satzes folgt.
Sei
ϕ : L[X1, . . . , Xn] −→r⊕
i=1
L[X1, . . . , Xn]/mi
f 7−→ (f + m1, . . . , f + mr)
ein Vektorraumhomomorphismus.
ϕ ist surjektiv:
Sei etwa (f1 + m1, . . . , fr + mr) ∈⊕r
i=1 L[X1, . . . , Xn]/mi. Da die Ideale mi maximal sind,sind fur jedes i die Ideale mi und
⋂rj=1, j 6=i mj paarweise comaximal, d.h.
mi +r⋂
j=1j 6=i
mj = L[X1, . . . , Xn] also 1 ∈ mi +r⋂
j=1j 6=i
mj .
7 DER NULL-DIMENSIONALE FALL 63
Daher gibt es fur jedes i Polynome pi, qi ∈ L[X1, . . . , Xn] mit
1 = pi + qi, pi ∈ mi, qi ∈⋂
j 6=i
mj , also qi ≡ 1 (mi), qi ≡ 0 (mj , j 6= i).
Wir setzen f :=∑r
i=1 qi · fi und haben damit
ϕ(f) = (f + m1, . . . , f + mr) = (f1 + m1, . . . , fr + mr).
Es ist f ∈ kerϕ genau dann, wenn f + mi = mi (i = 1, . . . , r), also f ∈ ⋂ri=1 mi = A. Damit
ist
dimk k[X1, . . . , Xn]/a = dimL L[X1, . . . , Xn]/A = r
und Satz 7.11 bewiesen.
Geht es uns nur um die paarweise verschiedenen Nullstellen von a in L, dann ist diese Anzahl
r = dimk k[X1, . . . , Xn]/Rada.
Wir kommen nun zum
Beweis von Satz 7.7: Sei L der algebraische Abschluss von k und G die reduzierte Grobner-Basis von a bezuglich der gewahlten monomialen Ordnung. Dann hat G ∩ k[X1] genau einElement, etwa f1(X1). Sei nun
d = Grad f1(X1)
m1 = Anzahl der verschiedenen Nullstellen von f1(X1) in Ln
m = dimk k[X1, . . . , Xn]/a
= Anzahl der verschiedenen Nullstellen von a in Ln
Dann gilt nach obigen Ausfuhrungen
d ≤ dimk k[X1, . . . , Xn]/a = m ≤ m1 ≤ d
und damit die Gleichheit
d = dimk k[X1, . . . , Xn]/a = m = m1.
Nach Lemma 7.8 hat B = RT(a) eine Basis aus genau d Elementen. Hierzu gehoren dieRestklassen von 1, X1, . . . , X
d−11 , also keine weiteren Elemente. Demnach ist
Xi ∈ LM(a) = LM(G), i = 2, . . . , n.
Da nun G reduziert ist, kann Xi i ∈ {2, . . . , n} nur in einem einzigen Polynom fi von G unddort auch nur linear auftreten und X1 nur in Potenzen < d, also ist
T (fi) ⊆ {Xi, 1, X1, . . . , Xd−11 }, (i = 2, . . . , n).
7 DER NULL-DIMENSIONALE FALL 64
Daher hat die reduzierte Grobner-Basis von a die Gestalt
G = {g1(X1), X2 − g2(X1), . . . , Xn − gn(X1)}
mit g1(X1), . . . , gn(X1) ∈ k[X1], qed.
Umgekehrt gilt
Satz 7.12 Sei k ein beliebiger Korper, a ⊆ k[X1, . . . , Xn] ein Ideal mit einer Basis
G = {g1(X1), X2 − g2(X1), . . . , Xn − gn(X1)},
wobei g1(X1), . . . , gn(X1) ∈ k[X1]. Dann ist dim a = 0 und a in Normalposition bezuglichX1.
Beweis Da in einer monomialen Ordnung mit {X1} ¿ {X2, . . . , xn} von jedem Xi einePotenz in (LM(a)) liegt, ist dim a = 0. Ist a = (a1, . . . , an) ∈ Ln, L = k - algebraischerAbschluss, eine Nullstelle von a, dann bestimmt a1 die restlichen Komponenten a2, . . . , an
wegen ai = gi(a1). Daher ist a in Normalposition bezuglich X1, qed.
8 DER ALLGEMEINE FALL - QUOTIENTENRINGE 65
8 Der allgemeine Fall - Quotientenringe
Eng verbunden mit der Dimensionstheorie ist die Theorie der Quotientenringe
Sei R ein kommutativer, noetherscher Ring mit Einselement und
M0 = {a ∈ R | a 6= 0 und a ist kein Nullteiler in R}.
Dann ist M0 multiplikativ abgeschlossen in R, d.h. ∀ a, b ∈ M0 gilt a · b ∈ M0
Definition 8.1 Sei RM0 = {(a, u) | a ∈ R, u ∈ M0} mit folgenden Bedingungen:
(i) (a, u) ∼ (b, v) ⇔ a · v = b · u; a/u = (a, u) ist die Restklasse von (a, u)
(ii) au + b
v := av + buuv
(iii) au · b
v := a · bu · v
(RM0 , +, ·) heißt totaler oder vollstandiger Quotientenring von R: RM0 = Qu(R).
Sei M eine beliebige multiplikativ abgeschlossene Menge von R, so dass 0 /∈ M , und
nM = {a ∈ R | ∃ s ∈ M : a · s = 0}.
Offenbar ist nM ⊂ R ein Ideal und nM ∩M = ∅, denn andernfalls gibt es fur jedes a ∈ nM ∩M
ein s ∈ M mit a · s = 0 =⇒ 0 ∈ M - Widerspruch!
Definition 8.2 Mit obigen Bezeichnungen sei
RM = {a/m | a ∈ R, m ∈ M} ⊂ Qu(R).
RM heißt der Quotientenring von R bezuglich M .
Der fur uns wichtigste Fall ist, wenn M das Komplement eines Primideals p in R ist: M =R \ p. Dann ist M offenbar multiplikativ abgeschlossen:
a, b ∈ M ⇒ a, b /∈ p ⇒ a · b /∈ p ⇒ a · b ∈ M.
Wir betrachten im folgenden die Beziehungen zwischen den Idealen aus R und RM undfuhren folgende Bezeichnungen ein:
1. a ⊂ R =⇒ ae := a ·RM ; ist a = (a1, . . . , as) ·R, dann istae = a ·RM = {α =
∑α∗i · ai; α∗i = αi/mi ∈ RM}.
Setzen wir m =∏
mi, dann wird mit einem geeigneten a ∈ a : α = a/m.
2. A ⊂ RM =⇒ Ac := A ∩R
3. a ⊂ R =⇒ aec := a ·RM ∩R
8 DER ALLGEMEINE FALL - QUOTIENTENRINGE 66
Folgende Probleme wollen wir betrachten:
I. Wenn a = q1 ∩ · · · ∩ qr ⊂ R, wie sieht die Struktur von ae = a ·RM aus?
II. Wenn A = Q1 ∩ · · · ∩ Qs ⊂ RM , wie sieht die Struktur von Ac = A ∩R aus?
Lemma 8.3 Ist M ⊂ R multiplikativ abgeschlossen, p ⊂ R ein Primideal und q ⊆ p einp-primares Ideal, dann gilt: q ∩M = ∅ ⇐⇒ p ∩M = ∅(bzw. allgemein gilt fur ein Ideal a mit Rad a = p: a ∩M = ∅ ⇐⇒ p ∩M = ∅).
Beweis: Folgt aus ps ⊆ q ⊆ p fur ein gewisses s > 0.
Lemma 8.4 Mit obigen Bezeichnungen gelten folgende Aussagen:
a) Wenn a ⊂ R, dann ist ae 6= RM genau dann, wenn a ∩M = ∅.
b) Sei q ein p-primares Ideal in R und p∩M = ∅, dann ist pe prim, qe primar mit pe alsRadikal sowie qec = q ·RM ∩R = q und pec = p ·RM ∩R = p.
c) Sei Q ein P-primares Ideal in RM , dann ist Pc = P ∩R prim, Qc primar mit Pc alsRadikal sowie Qce = (Q ∩R) ·RM = Q und Pce = (P ∩R) ·RM = P.
d) a, b ∈ R =⇒ (a ∩ b) ·RM = a ·RM ∩ b ·RM
A, B ∈ RM =⇒ (A ∩B) ∩R = (A ∩R) ∩ (B ∩R)
Beweis: a) In RM hat jedes Element aus M ein Inverses. Daher ist 1 ∈ ae genau dann, wenna ∩M 6= ∅.b) p ·RM ist prim:
Sei x′, y′ ∈ RM , x′ · y′ ∈ p ·RM und x′ /∈ p ·RM .Dann gibt es x, y, z ∈ R, m, n, s ∈ M , so dass x′ = x/m und y′ = y/n und x′ · y′ = z/s mitz ∈ p ⇒ x · y · s − z ·m · n = 0 ∈ p ⇒ x · y · s ∈ p, s /∈ p ⇒ x · y ∈ p, x /∈ p ⇒ y ∈ p ⇒y′ ∈ p ·RM .
Genauso zeigt man: q ·RM ist primar.
Wir zeigen noch: q ·RM ∩R = qec = q (die Aussage fur p folgt entsprechend).
Offenbar ist q ⊆ qec. Sei α ∈ qec = q · RM ∩ R ⇒ α =∑
αi · qi mit αi ∈ RM undqi ∈ q ⇒ αi = ai
mi, mi ∈ M . Sei m =
∏mi ⇒ m · α =
∑α′i · qi, α′i ∈ R
⇒ m · α ∈ q, m /∈ p ⇒ α ∈ q.
c) Wir mussen nur Q ⊆ Qce bzw. P ⊆ Pce zeigen. Die anderen Aussagen sind trivial. Seietwa q′ ∈ Q, q′ = q
m mit q ∈ Q ∩R und m ∈ M . Dann ist q′ ·m = q ∈ (Q ∩R) ·RM undfolglich q′ = q
m ∈ (Q ∩R) ·RM = Qce.
d) Es bleibt zu zeigen: a ·RM ∩ b ·RM ⊆ (a ∩ b) ·RM .Sei α ∈ a ·RM ∩ b ·RM . Wie im Teil b) gibt es x ∈ R, m ∈ M , so dass α = ϕ(x)/ϕ(m).Offenbar ist x ∈ a ∩ b und daher α ∈ (a ∩ b) ·RM , qed.
8 DER ALLGEMEINE FALL - QUOTIENTENRINGE 67
Satz 8.5 Sei R ein kommutativer, noetherscher Ring mit Einselement und M ⊂ R einemultiplikativ abgeschlossene Menge. Dann gilt:
(i) Wenn a = q1 ∩ · · · ∩ qr ∩ qr+1 ∩ · · · ∩ qs, Rad qi = pi eine unverkurzbare Darstellunggroßter Primarideale ist, so dass pi ∩ M = ∅ fur i = 1, . . . , r und pi ∩ M 6= ∅ furi = r + 1, . . . , s, dann ist
a ·RM = q1 ·RM ∩ · · · ∩ qr ·RM
eine ebensolche fur a ·RM .
(ii) Ist A = Q1 ∩ · · · ∩ Qr ⊆ RM eine unverkurzbare Darstellung großter Primarideale inRM , dann ist
A ∩R = (Q1 ∩R) ∩ · · · ∩ (Qr ∩R)
eine ebensolche fur A ∩R.
(iii) Mit den Bezeichnungen aus (i) ist
a ·RM ∩R = (q1 ·RM ∩R) ∩ · · · ∩ (qr ·RM ∩R).
Der Beweis folgt unmittelbar aus Lemma 8.4.
Zum Schluss beweisen wir entsprechende Aussagen, wenn der Erweiterungsring von R einPolynomring uber R ist.
Satz 8.6 Sei R ein kommutativer Ring mit Einselement und S = R[X1, . . . , Xn]. Dann gilt:
(i) Fur alle Ideale a ⊆ R gilt aec = a · S ∩R = a.
(ii) Sei q ein p-primares Ideal in R, dann ist pe = p · S prim und qe = q · S primar mit pe
als Radikal.
(iii) a, b ∈ R =⇒ (a ∩ b) · S = a · S ∩ b · S.
(iv) Wenn a = q1 ∩ · · · ∩ qr, Rad qi = pi, eine unverkurzbare Darstellung großter Primaridea-le ist, dann ist
a · S = q1 · S ∩ · · · ∩ qr · S
eine ebensolche fur a · S und es gilt
aec = a · S ∩R = (q1 · S ∩R) ∩ · · · ∩ (qr · S ∩R) = a.
Beweis: Es reicht aus, die Aussagen fur n = 1 zu beweisen. Sei also S = R[X] mit einerUnbestimmten X uber R. Dann lasst sich α ∈ a ·R[X] als Polynom α =
∑aiX
i mit ai ∈ a
darstellen. Hieraus folgt bereits (i).
8 DER ALLGEMEINE FALL - QUOTIENTENRINGE 68
(ii) Sei p ⊆ R prim und etwa α =s∑
i=0aiX
i, β =r∑
j=0bjX
j derart, dass α · β ∈ p, α /∈ p.
O.B.d.A. sei as /∈ p, asbr ∈ p ⇒ br ∈ p. Entsprechend ergibt sich br−1, . . . , b0 ∈ p und damitβ ∈ p.
Genauso zeigt man, dass q primar ist. Da ein % > 0 existiert mit p% ⊆ q, ist auch p% ·S ⊆ q ·Sund damit Rad q · S = p · S.
(iii) Wir mussen zeigen: a · S ∩ b · S ⊆ (a ∩ b) · S.
Sei α =s∑
i=0aiX
i ∈ a · S ∩ b · S ⇒ ∀ i : ai ∈ a ∩ b ⇒ α ∈ (a ∩ b) · S.
(iv) ergibt sich nun aus (i), (ii) und (iii). Qed.
Die Bestimmung der Nullstellen von a im Fall dim a > 0 fuhren wir mit Hilfe folgenderKonstruktionen auf den nulldimensionalen Fall zuruck:
I. Wenn {X1, . . . , Xr} ⊆ {X1, . . . , Xn} maximal unabhangig bezuglich a sind, dann sei M
die multiplikativ abgeschlossene Menge M = k[X1, . . . , Xr] \ {0} undRM = k(X1, . . . , Xr)[Xr+1, . . . , Xn] ⇒ dim a ·RM = 0.
II. ∃ f ∈ R = k[X1, . . . , Xn], so dass a = (a, fs)∩ (a : f s) fur genugend großes s und es ista : (fs) = a ·RM ∩R.
III. Fur a ·RM konnen wir die Durchschnittsdarstellung uber K = k(X1, . . . , Xr) in RM
und damit fur a ·RM ∩R in k[X1, . . . , Xn] bestimmen.
IV. Wir wiederholen den Prozess mit (a, fs) statt a. Der Prozess endet, wenn f = 1.
Satz 8.7 Sei a ⊂ k[X1, . . . , Xn] = R, n = 1, M = k[X1, . . . , Xd] \ {0} (1 5 d 5 n) undae = a ·RM . Dann gilt
1. ae 6= RM ⇐⇒ {X1, . . . , Xd} sind unabhangig modulo a.
2. Sind X1, . . . , Xd maximal unabhangig modulo a =⇒ dim ae = 0.
Beweis: zu 1. Es gilt ae 6= RM ⇐⇒ a ∩M = ∅ ⇐⇒ a ∩ k[X1, . . . , Xd] = (0)⇐⇒ {X1, . . . , Xd} sind unabhangig modulo a.
zu 2. Nach 1. ist ae 6= RM und fur alle i ∈ {d + 1, . . . , n} gilt a ∩ k[X1, . . . , Xd, Xi] 6= (0),etwa fi ∈ k[X1, . . . , Xd, Xi] =⇒ fi ∈ k(X1, . . . , Xd)[Xi] =⇒ (Lemma 6.8)dim ae = 0. Qed.
Lemma 8.8 Sei R kommutativ, noethersch mit Einselement, a ⊂ R ein Ideal in R undN∗ = N \ {0}. Dann gilt:
1. Ist f ∈ R, f 6= 0, dann existiert ein s = 1, so dass
a : (fs) = a : (f s+1) und damit a : (f s) =⋃
i∈N∗a : (f i).
Bezeichnung: a : f∞ :=⋃
i∈N∗a : (f i)
8 DER ALLGEMEINE FALL - QUOTIENTENRINGE 69
2. Ist s derart, dass a : f∞ = a : (f s) =⇒ a = (a, fs) ∩ (a : (fs)).
Beweis: zu 1. Wegen (f) ⊇ (f2) ⊇ · · · ⊇ (f i) ⊇ · · · gilt
a : (f) ⊆ a : (f1) ⊆ · · · ⊆ a : (f i) ⊆ · · ·
Die aufsteigende Kette ist stationar, da R noethersch ist. Daher gibt es ein s, so dass
a : (fs) = a : (fs+1) = a : (f s+i) ∀ i = 1.
zu 2. a ⊆ (a, fs) ∩ (a : (fs)) ist trivial.
Sei a ∈ (a, fs) ∩ (a : (f s)) =⇒ a · fs ∈ a und a = b + α · f s mit einem Element b ∈ a
=⇒ a · fs = b · f s + α · f2s, also α · f2s = a · fs − b · fs ∈ a
=⇒ α ∈ a : (f2s) ⊆ a : f∞ = a : (fs) =⇒ α · fs ∈ a =⇒ a = b + α · fs ∈ a, qed.
a : f∞ lasst sich uber Grobner-Basen in R = k[X1, . . . , Xn] berechnen:
Lemma 8.9 Sei X = {X1, . . . , Xn}, a ⊂ k[X1, . . . , Xn] = k[X], f ∈ k[X], f 6= 0, undb = (a, 1− Y · f)k[X, Y ]. Dann gilt:
1. a : f∞ = b ∩ k[X].
2. Ist a = (f1, . . . , fr), b ∩ k[X] = (a, 1 − Y · f)k[X, Y ] ∩ k[X] = (g1, . . . , gm) und gi =
hi(1−Y ·f)+r∑
j=1hij ·fj fur 1 5 i 5 m; hi, hij ∈ k[X, Y ] und s = max{degY (hij) | 1 5
i 5 m, 1 5 j 5 r} =⇒ a : f∞ = a : (fs).
Beweis: zu 1. Sei g ∈ b ∩ k[X], g =r∑
i=1qi(X,Y )fi + q(X,Y )(1− Y · f), qi, q ∈ k[X, Y ].
In k(X, Y ) bleibt die Gleichung richtig, wenn wir Y durch 1/f ersetzen:
g =r∑
i=1
qi(X, 1/f)fi mit qi(X, 1/f) ∈ k(X).
Ist d = max{degY qi | i = 1, . . . , r}, dann gilt fd · g =r∑
i=1fd · qi(X, 1/f)fi ∈ a, da
fd · qi(X, 1/f) ∈ k[X] =⇒ g ∈ a : (fd) ⊆ a : f∞.
Sei g ∈ a : f∞, etwa fd · g ∈ a ⊆ b. Da 1 ≡ Y · f (mod b) =⇒ 1 ≡ (Y · f)d (mod b) =⇒ g ≡g · Y d · fd ≡ 0 (mod b), also g ∈ b ∩ k[X].
zu 2. Sei g ∈ a : f∞ = (a, 1− Y · f)k[X, Y ] ∩ k[X] = (g1, . . . , gm). Dann ist
g =m∑
i=1
qi · gi (qi ∈ k[X])
=m∑
i=1
qi · (hi(1− Y · f) +r∑
j=1
hijfj).
Wie oben ersetzen wir Y durch 1/f, s = max{degY (hij) | 1 5 i 5 m, 1 5 j 5 r}=⇒ fs · g ∈ a =⇒ g ∈ a : (fs), qed.
8 DER ALLGEMEINE FALL - QUOTIENTENRINGE 70
Fur die Ruckfuhrung auf den nulldimensionalen Fall haben wir folgende Situation:
Sei k ein Korper, X1, . . . , Xn Unbestimmte und {U1, . . . , Ur} ⊆ {X1, . . . , Xn} maximal un-abhangig bezuglich a ⊆ R = k[X1, . . . , Xn].
Wir setzen zur ubersichtlicheren Darstellung U = {U1, . . . , Ur}, X = {X1, . . . , Xn} und V ={V1, . . . , Vn−r} = {X1, . . . , Xn}\{U1, . . . , Ur} = X\U . Dann gehen wir zu k(U1, . . . , Ur)[V1, . . . , Vn−r] =k(U)[X \ U ] = K[X \ U ] uber, wenn K = k(U1, . . . , Ur).
Sei T (X) die Menge der Monome in X1, . . . , Xn und entsprechend T (U) und T (X \ U).Eine monomiale Ordnung in X1, . . . , Xn bedeutet eine monomoiale Ordnung auf T (X) undentsprechend auf T (U) und T (X \ U).
Fur die Relation a = (a, fs) ∩ (a : f∞) wollen wir ein geeignetes f und a : f∞ bestimmen:
Lemma 8.10 Sei ”5” eine monomiale Ordnung auf T (X \ U) und b ⊆ k(U)[X \ U ] einIdeal. G sei eine Grobner-Basis fur b bezuglich 5, so dass G ⊂ k[X] (d.h. ∀ g ∈ G ist g
rational in U1, . . . , Ur und ganz-rational in X \ U =⇒ es wird mit dem Hauptnenner ausk[U ] durchmultipliziert!). Sei a = (G) · k[X] und f = k.g.V.{LC(g) ∈ k[U ] : g ∈ G}.Dann ist b ∩ k[X] = bc = a : f∞.
Beweis: ”⊇” Sei f ∈ k[U ] beliebig und g ∈ a : f∞ =⇒ ∃ s : fs · g ∈ a
=⇒ g = 1fs · fsg ∈ b ∩ k[X].
”⊆” Sei g ∈ bc = b ∩ k[X] =⇒ g ∈ b und gG = 0. Der Divisionsprozess g → gG
wird in endlich vielen Schritten vollzogen =⇒ ∃ minimale Anzahl m von Schritten und einezugehorige Strategie fur den Divisionsalgorithmus. Wir beweisen die Aussage durch Induktionnach m:
Sei m = 0 =⇒ g = gG = 0 ∈ a : f∞.
Sei m > 0 und gG−→ g1
G−→ · · · G−→ 0 = gG = gG1 . Aus dem Divisionsalgorithmus folgt:
∃ p ∈ G, h ∈ k[U ], s ∈ T (X \ U), so dass g1 = g − LT(g)LT(p)
· p = g − h
LC(p)· s · p.
Nach Voraussetzung uber f ist f ∈ K = k(U) und LC(p) | f in k[U ]
=⇒ f · g1 = f · g − f
LC(p)· h · s · p ∈ b ∩ k[X]
und nach Induktionsvoraussetzung g1 ∈ a : f∞, da g1 zum Erreichen des Divisionsrestes 0weniger als m Schritte benotigt. Da p ∈ a und f
LC(p) · h · s ∈ k[X], folgt f · g ∈ a : f∞, also
g ∈ a : f∞, qed.
Definition 8.11 Sei U = {U1, . . . , Ur} ⊆ X = {X1, . . . , Xn} und ≤1 eine monomiale Ord-nung auf T (U) sowie ≤2 eine monomiale Ordnung auf T (X \ U). Fur s1, t1 ∈ T (U) unds2, t2 ∈ T (X \ U) sei
s1 · s2 ≤ t1 · t2 :⇐⇒ s2 <2 t2 oder s2 =2 t2 und s1 ≤1 t1.
”≤” heißt eine inverse Blockordnung auf T (X) bezuglich U .
8 DER ALLGEMEINE FALL - QUOTIENTENRINGE 71
Lemma 8.12 Sei ≤ eine inverse Blockordnung auf T (X) bezuglich U und G ⊆ k[X] ei-ne Grobner-Basis fur ein Ideal a bezuglich ≤. Dann ist G auch eine Grobner-Basis fura · k(U)[X \ U ] in k(U)[X \ U ] bezuglich der Einschrankung ≤′ von ≤ auf T (X \ U).
Beweis: Sei G = {g1, . . . , gm} eine Grobner-Basis fur a bezuglich ≤.
Wir zeigen: (LT≤′(g1), . . . , LT≤′(gm)) = (LT≤′(a · k(U)[X \ U ]))
bzw.: wenn f =∑m
i=1 higi ∈ a · k(U)[X \ U ] =⇒ ∃ g ∈ G : LT≤′(g) |LT≤′(f).
Sei q = k.g.V.{Nenner von h1, . . . , hm} ∈ k[U ]
=⇒ q · f =m∑
i=1
(q · hi)gi ∈ a =⇒ ∃ g ∈ G : LT≤(g) |LT≤(q · f)
Aufgrund der inversen Blockordnung bezuglich U bleiben Fuhrungsterme in k[X] bezuglich≤ auch Fuhrungsterme in k(U)[X \ U ] bezuglich ≤′
=⇒ LT≤′(g) |LT≤′(q · f) = LT≤′(f), qed.
Mit diesen Vorbereitungen kommen wir zur entscheidenden Aussage, mit deren Hilfe Radikalund Durchschnittsdarstellung beliebiger Polynomideale berechnet werden konnen.
Satz 8.13 Sei ≤ eine inverse Blockordnung auf T (X) bezuglich U und a ⊆ k[X] ein Idealmit der Grobner-Basis G bezuglich ≤. Sei f = k.g.V.{LC(g) ∈ k[U ] : g ∈ G}. Dann ist
aec = a · k(U)[X \ U ] ∩ k[X] = a : f∞.
Beweis: Nach 8.12 ist G eine Grobner-Basis fur ae = a · k(U)[X \ U ] und nach 8.10 giltaec = a : f∞, qed.
Was haben wir nun erreicht?
Sei a ⊂ k[X1, . . . , Xn] = k[X1, . . . , Xn] ein Ideal und {U1, . . . , Ur} ⊆ {X1, . . . , Xn} einemaximal unabhangige Menge bezuglich a.
I. r = 0: =⇒ a ∩ k[Xi] 6= (0) fur i = 1, . . . , n =⇒ dim a = 0 =⇒ ”fertig”:
Es ist a = (f1, . . . , fm) = q1 ∩ · · · ∩ qs, qi - primar und Rad qi = pi - prim fur i = 1, . . . , s.Ist k algebraisch abgeschlossen, etwa k = C, dann besitzt pi die Darstellung
pi = (X1 − a(i)1 , . . . , Xn − a(i)
n ), i = 1, . . . , s
Ist Pi = (a(i)1 , . . . , a
(i)n ) ∈ An(k), dann sind {P1, . . . , Ps} genau die gemeinsamen Nullstellen
von
f1 = 0, . . . , fm = 0
behaftet mit Vielfachheiten, die im folgenden Abschnitt behandelt werden.
8 DER ALLGEMEINE FALL - QUOTIENTENRINGE 72
II. r > 0: Sei ”≤” eine inverse Blockordnung auf T (X) bezuglich U = {U1, . . . , Ur} undG = {f1, . . . , fm} eine Grobner-Basis fur a bezuglich ”≤”, etwa
fi = gi(U) · hi(X \ U) + · · · mit LC(fi) = gi, LM(fi) = hi(X \ U), i = 1, . . . , s.
Dann ist nach Satz 8.13
f = k.g.V.{g1(U), . . . , gm(U)}.
Wir betrachten nun a · k(U)[X \ U ] = a ·K[X \ U ] = ae.
{U1, . . . , Ur} ist maximal unabhangig bezuglich a(Satz 8.7)
=⇒ dim ae = 0(Satz 7.6)
=⇒ wir konnen furae in K[X \ U ] die Durchschnittsdarstellung ae = Q1 ∩ · · · ∩ Qt1 angeben und erhalten mitqi = Qi ∩ k[X]
aec = a : f∞ = q1 ∩ · · · ∩ qt1
=⇒ a = (a, fs)∩ q1 ∩ · · · ∩ qt1 , da a = (a, fs)∩ (a : f∞) nach Lemma 8.8 und Lemma 8.9.
Den Prozess wiederholen wir mit (a, fs) statt a solange, bis f = 1. Dieser Fall tritt nachendlich vielen Schritten ein, da {U1, . . . , Ur} z.B. nicht mehr unabhangig bezuglich (a, fs) istund sich damit die Anzahl der unabhangigen Variablen in jedem Schritt verringert.
Die Bestimmung und Darstellung der Nullstellen der assoziierten Prim- bzw. Primaridealevon a ist gleich bedeutend mit der Darstellung irreduzibler algebraischer Mannigfaltigkeiten,etwa in parametrisierter Form. Es ist ratsam, dieses im jeweils vorliegenden Fall gesondert inAbhangigkeit von der konkreten Beschaffenheit des zugehorigen Ideals zu untersuchen. Beider Bestimmung einzelner Nullstellen kann man auf den Erweiterungssatz 5.2 zuruckgreifen.
Beispiel: a = (X3(X1 + 1), X3(X2 + 1)) ⊂ k[X1, X2, X3]
∃ 2 maximal unabhangige Mengen von Variablen:
1. U1 = X3 ⇒ U = {X3}, X \ U = {X1, X2}
2. U1 = X1, U2 = X2 ⇒ U = {X1, X2}, X \ U = {X3}
Fall 1. Grobner-Basis: {f1, f2} = {X3(X1 + 1), X3(X2 + 1)},also die oben angegebene Basis fur a ⇒ g1 = g2 = X3 ⇒ f = X3
a · k(X3)[X1, X2] = (X1 + 1, X2 + 1) ⇒ aec = a : f∞ = (X1 + 1, X2 + 1)
(a, f) = (X3) ist ein Primideal =⇒a = (a, f) ∩ (a : f∞) = (X3) ∩ (X1 + 1, X2 + 1) ist Primardarstellung.
Fall 2. X3 > X1 > X2, Grobner-Basis: {f1, f2} = {(X1 + 1)X3, (X2 + 1)X3}⇒ g1 = X1 + 1, g2 = X2 + 1 ⇒ f = (X1 + 1)(X2 + 1)
a · k(X1, X2)[X3] = (X3) ⇒ aec = a : f∞ = (X3)
⇒ a = (a, f) ∩ (a : f∞) = ((X1 + 1)X3, (X2 + 1)X3, (X1 + 1)(X2 + 1)) ∩ (X3)
Weiter mit: a(1) = (a, f) = ((X1 + 1)X3, (X2 + 1)X3, (X1 + 1)(X2 + 1))
8 DER ALLGEMEINE FALL - QUOTIENTENRINGE 73
Maximal unabhangige Mengen sind: {X1}, {X2}, {X3};alle Mengen sind unabhangig maximaler Machtigkeit.
Wir wahlen: U1 = X1, U = {X1}, X \ U = {X2, X3}
f(1)1 = (X1 + 1)X3, f
(1)2 = (X2 + 1)X3, f
(1)3 = (X1 + 1)(X2 + 1)
=⇒ g(1)1 = X1 + 1, g
(1)2 = 1, g
(1)3 = X1 + 1 =⇒ f (1) = X1 + 1
a · k(X1)[X2, X3] = (X3, (X2 + 1)X3, (X1 + 1)(X2 + 1)) = (X3, X2 + 1)
a(1)ec = (X3, X2 + 1), (a(1), f (1)) = ((X2 + 1)X3, X1 + 1)
=⇒ a = (X3) ∩ (X3, X2 + 1) ∩ ((X2 + 1)X3, X1 + 1)
Weiter mit: a(2) = (a(1), f (1)) = ((X2 + 1)X3, X1 + 1)
Maximal unabhangige Mengen sind: {X2}, {X3};wir wahlen: U1 = X2, U = {X2}, X \ U = {X1, X3}f
(2)1 = (X2 + 1)X3, f
(2)2 = X1 + 1 =⇒ g
(2)1 = X2 + 1, g
(2)2 = 1 =⇒ f (2) = X2 + 1
a · k(X2)[X1, X3] = (X3, X1 + 1) =⇒ a(2)ec = (X3, X1 + 1)
und (a(2), f (2)) = ((X2 + 1)X3, X1 + 1, X2 + 1) = (X1 + 1, X2 + 1)
=⇒ a = (X3) ∩ (X3, X2 + 1) ∩ (X3, X1 + 1) ∩ (X1 + 1, X2 + 1)
= (X3) ∩ (X1 + 1, X2 + 1)
Weiter mit: a(3) = (a(2), f (2)) = (X1 + 1, X2 + 1)
Maximal unabhangig ist: U = {X3}f
(3)1 = X1 + 1, f
(3)2 = X2 + 1 =⇒ g
(3)1 = g
(3)2 = 1 =⇒ f (3) = 1
=⇒ fertig!
9 POLYNOMIALE ABBILDUNGEN UND GANZZAHLIGE OPTIMIERUNG 74
9 Polynomiale Abbildungen und ganzzahlige Optimierung
Die ganzzahlige Optimierung bereitet wegen der einschrankenden Bedingung, Losungen imganzzahligen Bereich zu suchen, durchweg erhebliche theoretische als auch praktische Proble-me bei der algorithmischen Umsetzung. Andererseits lassen sich Optimalitatsprobleme derDiskreten Mathematik/Graphentheorie durchweg durch ganzzahlige Optimierung losen. DieTheorie der Grobner-Basen ist ein geeignetes Hilfsmittel zur algorithmischen Losung.
Zur Vorbereitung werden einige Aussagen uber polynomiale Abbildungen bereitgestellt.
Definition 9.1 Sei k ein Korper, Y1, . . . , Ym, X1, . . . , Xn Unbestimmte uber k und
Φ : k[Y1, . . . , Ym] −→ k[X1, . . . , Xn]
ein k-Algebra Homomorphismus. Φ ist ein Ring-Homomorphismus, der ebenfalls eine linearek-Vektorraum-Transformation ist mit
Φ : Yi −→ fi(X1, . . . , Xn) (i = 1, . . . ,m).
Ist h = h(Y1, . . . , Ym) ∈ k[Y1, . . . , Ym], h =∑
α cαY α =∑
α cαY α11 · · ·Y αm
m , dann ist
Φ(h) =∑α
cαfα11 · · · fαm
m = h(f1, . . . , fm) ∈ k[X1, . . . , Xn].
Wir wollen Kern und Bild von Φ bestimmen. Es ist
kerΦ = {h ∈ k[Y1, . . . , Ym] : Φ(h) = h(f1, . . . , fm) = 0}
und damit das Ideal der Relationen zwischen f1, . . . , fm. Weiter ist
Im Φ = {f ∈ k[X1, . . . , Xn] : ∃h ∈ k[Y1, . . . , Ym] mit Φ(h) = f}.
Daher ist
Im Φ = k[f1, . . . , fm] ⊆ k[X1, . . . , Xn] und k[Y1, . . . , Ym]/kerΦ ∼= k[f1, . . . , fm].
Damit tun sich 2 Probleme bezuglich Grobner-Basen auf:
I. Bestimmung einer Grobner-Basis fur kerΦ
II. Algorithmus fur die Entscheidung: Wann gilt fur f ∈ k[X1, . . . , Xn] auch f ∈ k[f1, . . . , fm]?
Zunachst ein vorbereitendes
Lemma 9.2 Sei R ein beliebiger kommutativer Ring und a1, . . . , an, b1, . . . , bn ∈ R. Dannist a1 · · · an − b1 · · · bn ∈ (a1 − b1, . . . , an − bn)R.
9 POLYNOMIALE ABBILDUNGEN UND GANZZAHLIGE OPTIMIERUNG 75
Beweis: Induktion bezuglich n: n = 1 ist trivial. Sei n > 1. Dann ist
a1 · · · an − b1 · · · bn = a1(a2 · · · an − b2 · · · bn︸ ︷︷ ︸∈(a2−b2,...,an−bn)
) + b2 · · · bn(a1 − b1) ∈ (a1 − b1, . . . , an − bn). ¤
Satz 9.3 Mit obigen Bezeichnungen sei a = (Y1−f1, . . . , Ym−fm) ⊆ k[Y1, . . . , Ym, X1, . . . , Xn].Dann ist kerΦ = a ∩ k[Y1, . . . , Ym].
Beweis: 1) a ∩ k[Y1, . . . , Ym] ⊆ kerΦ:
Sei g ∈ a ∩ k[Y1, . . . , Ym],
g = g(Y1, . . . , Ym) =m∑
j=1
(Yj − fj(X))hj(Y, X),
dann ist g(f1, . . . , fm) = 0 und damit g ∈ kerΦ.
2) kerΦ ⊆ a ∩ k[Y1, . . . , Ym]:
Sei g ∈ kerΦ, g =∑
α cαY α11 · · ·Y αm
m , cα ∈ k und g(f1, . . . , fm) = 0. Dann ist
g = g − g(f1, . . . , fm) =∑α
cα(Y α11 · · ·Y αm
m − fα11 · · · fαm
m ) ∈ (Y1 − f1, . . . , Ym − fm)
nach Lemma 9.2. ¤
Wenn wir eine Grobner-Basis fur a mit einer Eliminationsordnung X À Y berechnen, habenwir eine Basis fur kerΦ. Diese ist fur die Losung ganzzahliger Optimierungsprobleme geeignet,wie wir spater sehen werden.
Beispiel 9.4 Sei Φ : Q[Y1, Y2, Y3, Y4] −→ Q[X1, X2] mit
Y1 7−→ X41 , Y2 7−→ X3
1X2, Y3 7−→ X1X32 , Y4 7−→ X4
2
oder einfacher geschrieben Φ : Q[r, u, v, w] −→ Q[x, y] mit
r 7−→ x4, u 7−→ x3y, v 7−→ xy3, w 7−→ y4.
Es ist a = (r − x4, u − x3y, v − xy3, w − y4) ⊂ Q[r, u, v, w, x, y]. Als monomiale Ordnungwahlen wir eine Blockordnung mit y > x > r > u > v > w und außerdem: >1 grlex auf x, y
mit y > x und >2 grevlex auf r, u, v, w mit r > u > v > w. Dann erhalt man eine reduzierteGrobner-Basis
G = {x4 − r, x3y − v, xy3 − v, y4 − w, yv − xw, yr − xu, y2u− x2v,
x2y2w − v2, yuw − xv2, yu2 − xrv,
uv − rw, v3 − uw2, rv2 − u2w, u3 − r2v}
und hieraus
G ∩Q[r, u, v, w] = {uv − rw, v3 − uw2, rv2 − u2w, u3 − r2v} = kerΦ.
Der zentrale Satz ist nun
9 POLYNOMIALE ABBILDUNGEN UND GANZZAHLIGE OPTIMIERUNG 76
Satz 9.5 Mit obigen Bezeichnungen sei a = (Y1−f1, . . . , Ym−fm) ⊆ k[Y1, . . . , Ym, X1, . . . , Xn]und G eine reduzierte Grobner-Basis fur a bezuglich einer Eliminationsordnung, so dassX À Y . Dann gilt fur f ∈ k[X1, . . . , Xn]:
f ∈ ImΦ ⇐⇒ ∃h ∈ k[Y1, . . . , Ym] mit NG(f) = h,
d.h. der Divisionsrest h = NG(f) von f unter G liegt in k[Y1, . . . , Ym]. In diesem Fall istf = Φ(h) = h(f1, . . . , fm).
Beweis: ”=⇒“ Sei f ∈ ImΦ ⊆ k[X1, . . . , Xn] und etwa f = g(f1, . . . , fm) fur g ∈ k[Y1, . . . , Ym].Dann ist
f(X1, . . . , Xn)− g(Y1, . . . , Ym) = g(f1, . . . , fm)− g(Y1, . . . , Ym) ∈ a
wegen Lemma 9.2. Daher haben f und g unter G wegen Folgerung 4.15 denselben Divisi-onsrest, etwa h : f
G−→+ h, gG−→+ h. Da g ∈ k[Y1, . . . , Ym] und X À Y , kann g nur durch
Polynome aus G ∩ k[Y1, . . . , Ym] reduziert werden, also h ∈ k[Y1, . . . , Ym].
”⇐=“ Wenn fG−→+ h und h ∈ k[Y1, . . . , Ym], dann ist f − h ∈ a, also
f(X1, . . . , Xn)− h(Y1, . . . , Ym) =s∑
i=1
gi(X1, . . . , Xn, Y1, . . . , Ym)(Yi − fi).
Daher ist f(X)− h(f1, . . . , fm) = 0, also f(X) = h(f1, . . . , fm) und f ∈ ImΦ. ¤
Satz 9.5 ist gleichzeitig ein Kriterium dafur, wann ein Element f ∈ k[X1, . . . , Xn] in k[f1, . . . , fm]liegt. Es gilt
Folgerung 9.6 Mit denselben Bezeichnungen wie im Satz 9.5 sei f ∈ k[X1, . . . , Xn]. Dannist
f ∈ k[f1, . . . , fm] ⇐⇒ NG(f) ∈ k[Y1, . . . , Ym].
Beispiel 9.7 Sei Φ : Q[u, v] −→ Q[x] mit Y1 = u 7→ x4 + x = f1(x), Y2 = v 7→ x3 = f2(x).
Dann ist a = (u− x4 − x, v − x3) und
G = {u3 − v4 − 3v3 − 3v2 − v, xv + x− u, xu2 − v3 − 2v2 − v, x2u− v2 − v, x3 − v}
eine Grobner-Basis. x5 wird wie folgt reduziert:
x5 x3−v−→ x2vxv+x−u−→ −x2 + xu = NG(x5) /∈ Q[u, v] ⇒ x5 /∈ Q[x4 + x, x3].
Was passiert nun, wenn wir k[X1, . . . , Xn] durch k[X1, . . . , Xn]/I mit einem Ideal I ⊆k[X1, . . . , Xn] ersetzen? Wir haben dann
Φ : k[Y1, . . . , Ym] −→ k[X1, . . . , Xn]/I
mit
Φ : Yi 7−→ fi + I, fi ∈ k[X1, . . . , Xn] (i = 1, . . . , m).
9 POLYNOMIALE ABBILDUNGEN UND GANZZAHLIGE OPTIMIERUNG 77
Satz 9.8 Mit obigen Bezeichnungen sei a = (I, Y1−f1, . . . , Ym−fm) ⊆ k[Y1, . . . , Ym, X1, . . . , Xn].Dann ist kerΦ = a ∩ k[Y1, . . . , Ym].
Beweis: Sei g ∈ a ∩ k[Y1, . . . , Ym] und etwa
g =m∑
i=1
hi(X,Y )(Yi − fi) + w(Y1, . . . , Ym, X1, . . . , Xn)
und w =∑
j qj(X, Y ) · vj(X1, . . . , Xn), vj(X1, . . . , Xn) ∈ I. Dann ist
Φ(g) = g(f1, . . . , fm) =∑
j
qj(X1, . . . , Xn, f1, . . . , fm) · vj(X1, . . . , Xn) + %
mit vj(X1, . . . , Xn), % ∈ I, also Φ(g) ∈ I und damit g ∈ kerΦ.
Sei umgekehrt g ∈ kerΦ, also Φ(g) = 0, g = g(Y1, . . . , Ym) ∈ k[Y1, . . . , Ym]. Dann ist Φ(g) =g(f1, . . . , fm) + w(Y, X) ∈ I mit w ∈ I und daher g(f1, . . . , fm) ∈ I. Entsprechend wie obenerhalt man
g(Y1, . . . , Ym) = g(Y1, . . . , Ym)− g(f1, . . . , fm)︸ ︷︷ ︸∈ (Y1 − f1, . . . , Ym − fm)
+ g(f1, . . . , fm)︸ ︷︷ ︸∈ I
∈ a ∩ k[Y1, . . . , Ym]
¤
Damit konnen wir auch Satz 9.5 ubertragen.
Satz 9.9 Mit obigen Bezeichnungen sei
a = (I, Y1 − f1, . . . , Ym − fm) ⊆ k[Y1, . . . , Ym, X1, . . . , Xn,W ]
und G eine Grobner-Basis fur a bezuglich einer Eliminationsordnung mit X, W À Y . Danngilt fur f ∈ k[X1, . . . , Xn]
f + I ⊆ ImΦ ⇐⇒ ∃h ∈ k[Y1, . . . , Ym] mit fG−→+ h.
In diesem Fall ist f + I = Φ(h) = h(f1, . . . , fm) + I, d.h. in k[X1, . . . , Xn]/I ist f =h(f1, . . . , fm).
Beweis (entsprechend wie zu 9.5): ”=⇒“ Sei f + I ⊆ ImΦ =⇒ ∃ g ∈ k[Y1, . . . , Ym] mitf−g(f1, . . . , fm) ∈ I. Wir betrachten f(X)−g(Y ) = f(X1, . . . , Xn)−g(Y1, . . . , Ym) ∈ k[X, Y ].Es ist wie oben
f(X)− g(Y ) = g(f1, . . . , fm)− g(Y1, . . . , Ym)︸ ︷︷ ︸∈ (Y1 − f1, . . . , Ym − fm)
+ f(X1, . . . , Xn)− g(f1, . . . , fm)︸ ︷︷ ︸∈ I
∈ a
=⇒ ∃h : fG−→+ h und g
G−→+ h und wegen g ∈ k[Y1, . . . , Ym] auch h ∈ k[Y1, . . . , Ym].
9 POLYNOMIALE ABBILDUNGEN UND GANZZAHLIGE OPTIMIERUNG 78
”⇐=“ Sei f ∈ k[X1, . . . , Xn], fG−→+ h und h = h(Y1, . . . , Ym) ∈ k[Y1, . . . , Ym]. Dann ist
auch f − h(Y ) ∈ a, etwa
f − h =m∑
i=1
gi(X, Y )(Yi − fi) + w, w ∈ I
und
w =∑
j
qj(Y1, . . . , Ym, X1, . . . , Xn) · vj(X1, . . . , Xn) mit vj(X1, . . . , Xn) ∈ I.
Ersetzen wir Yi durch fi (i = 1, . . . , m), so folgt
f(X1, . . . , Xn)− h(f1, . . . , fm) =∑
j
qj(f1, . . . , fm, X1, . . . , Xn) · vj(X1, . . . , Xn) ∈ I
und daher f + I ⊆ ImΦ. ¤
Folgerung 9.6 erhalt nun die Form
Folgerung 9.10 Mit obigen Bezeichnungen ist f +I ∈ k[X1, . . . , Xn]/I im Bild von Φ genaudann, wenn NG(f) ∈ k[Y1, . . . , Ym].
Ganzzahlige Optimierung
Wir betrachten das ganzzahlige Optimierungsproblem
a11σ1 + a12σ2 + . . . + a1mσm = b1
... (9.A)
an1σ1 + an2σ2 + . . . + anmσm = bn
mit aij , bi ∈ Z (i = 1, . . . , n, j = 1, . . . , m) und der Kostenfunktion
c(σ1, . . . , σm) =m∑
j=1
cjσj −→ min, (σ1, . . . , σm) ∈ Nm.
Losungen (σ1, . . . , σm) ∈ Nm von (9.A) heißen zulassig. Die Menge aller zulassigen Losungenheißt der zulassige Bereich.
Die Hauptschwierigkeit gegenuber der linearen Optimierung besteht im Auffinden des zulassi-gen Bereiches. Hierzu betrachtet man zunachst die ”linke Seite“ von (9.A) bzw. die Mengeder Optimierungsprobleme
A · σ = b, b-beliebig,
wenn A =
a11 . . . a1m
......
an1 . . . anm
, σ =
σ1
...σm
und b =
b1
...bn
. Sei aj =
a1j
...anj
.
9 POLYNOMIALE ABBILDUNGEN UND GANZZAHLIGE OPTIMIERUNG 79
Wir untersuchen zunachst den Spezialfall aij , bi ≥ 0 und erweitern anschließend die Uber-legung auf beliebige ganze Zahlen. k sei ein beliebiger Korper, o.B.d.A. sei Char k=0, etwak = Q oder k = R.
I. aij ≥ 0, bi ≥ 0 (i = 1, . . . , n, j = 1, . . . ,m)
Wir betrachten das Monoid M = Nm. Dann sind die Spalten aj ∈ M (j = 1, . . . , n) underzeugen ein Teilmonoid N = 〈a1, . . . , an〉.Das System (9.A) besitzt eine zulassige Losung ⇐⇒ b ∈ N.
Seien nun x1, . . . , xn, y1, . . . , ym Unbestimmte uber k. Dann schreiben wir die Gleichungenaus (9.A) in der Form
xai1σ1 + ai2σ2 + ... + aimσmi = xbi
i (i = 1, . . . , n)
und das gesamte System als
xa11σ1 + ... + a1mσm1 · · ·xan1σ1 + ... + anmσm
n = xb11 · · ·xbn
n
oder auch
( xa111 xa21
2 · · ·xan1n︸ ︷︷ ︸
=f1(x1, . . . , xn)
)σ1 · · · ( xa1m1 xa2m
2 · · ·xanmn︸ ︷︷ ︸
=fm(x1, . . . , xn)
)σm = xb11 xb2
2 · · ·xbnn︸ ︷︷ ︸
=f(x1, . . . , xn)
.
Sei nun Φ die polynomiale Abbildung
Φ : k[y1, . . . , ym] −→ k[x1, . . . , xn] mit Φ(yj) = xa1j
1 · · ·xanjn = fj(x1, . . . , xn)
(j = 1, . . . , m). Dann ist die Existenz einer zulassigen Losung fur eine rechte Seite b von (9.A)gleichwertig mit b ∈ N bzw.
f(x1, . . . , xn) = xb11 · · ·xbn
n ∈ ImΦ,
und zwar xb11 · · ·xbn
n = Φ(yσ11 · · · yσm
m ). Wir haben
Lemma 9.11 Mit obigen Bezeichnungen sei aij ≥ 0, bi ≥ 0 (i = 1, . . . , n, j = 1, . . . , m).Dann existiert eine Losung (σ1, . . . , σm) ∈ Nm fur das System (9.A) genau dann, wennxb1
1 · · ·xbnn das Bild unter Φ eines Potenzproduktes yσ1
1 · · · yσmm ist:
xb11 · · ·xbn
n = Φ(yσ11 · · · yσm
m ).
(σ1, . . . , σm) ∈ Nm ist die gesuchte Losung.
In Satz 9.5 wird als Kriterium angegeben:
f = xb11 · · ·xbn
n ∈ ImΦ ⇐⇒ NG(f) ∈ k[y1, . . . , ym].
9 POLYNOMIALE ABBILDUNGEN UND GANZZAHLIGE OPTIMIERUNG 80
Um dieses anwenden zu konnen, mussen wir sichern:
f = xb11 · · ·xbn
n ∈ ImΦ =⇒ f ist Bild eines Potenzproduktes.
Dieses leistet
Lemma 9.12 Mit obigen Bezeichnungen gilt
f = xb11 · · ·xbn
n ∈ ImΦ =⇒ f = Φ(yσ11 · · · yσm
m ).
Beweis: Sei a = ({yj−xa1j
1 · · ·xanjn : j = 1, . . . ,m}) und G eine Grobner-Basis fur a bezuglich
einer Eliminationsordnung mit x À y. Dann folgt aus Satz 9.5
xb11 · · ·xbn
n ∈ ImΦ ⇐⇒ xb11 · · ·xbn
nG−→+ h ∈ k[y1, . . . , ym]
und xb11 · · ·xbn
n = Φ(h). Da sowohl G als auch die S-Polynome Differenzen zweier Monomesind, ergibt sich in jedem Reduktionsschritt als Ergebnis wieder ein Potenzprodukt, also istauch h ein solches. ¤
Der Divisionsalgorithmus liefert gleichzeitig eine zulassige Losung, wenn eine solche existiert:
xb11 · · ·xbn
nG−→+ h ∈ k[y1, . . . , ym] und h = yσ1
1 · · · yσmm
sowie
xb11 · · ·xbn
n = Φ(h) = fσ11 · · · fσm
m = (xa111 xa21
2 · · ·xan1n )σ1 · · · (xa1m
1 xa2m2 · · ·xanm
n )σm
wie oben.
Beispiel 9.133σ1 + 2σ2 + σ3 + σ4 = 104σ1 + σ2 + σ3 = 5
2 Variable x1, x2 fur die Zeilen, 4 Variable y1, . . . , y4 fur die Unbestimmten
Q[y1, y2, y3, y4]Φ−→ Q[x1, x2]
y1 7−→ x31x
42
y2 7−→ x21x2
y3 7−→ x1x2
y4 7−→ x2
a = (y1 − x31x
42, y2 − x2
1x2, y3 − x1x2, y4 − x2) ⊆ Q[y1, y2, y3, y4, x1, x2]
x1 > x2 > y1 > y2 > y3 > y4 - lexikographische Ordnung.
Grobner-Basis G = {f1, . . . , f5} mit
f1 = x1 − y4, f2 = x2y4 − y3, f3 = x2y33 − y1, f4 = y2 − y3y4, f5 = y1y4 − y4
3
9 POLYNOMIALE ABBILDUNGEN UND GANZZAHLIGE OPTIMIERUNG 81
x101 x5
2G−→+ y5
3y54 ⇒ (σ1, σ2, σ3, σ4) = (0, 0, 5, 5)
II. aij , bi ∈ Z (i = 1, . . . , n, j = 1, . . . , m)
Wir mussen nun negative Exponenten der xizulassen und fuhren hierzu eine neue Variable w
ein. Dann wird k[x1, . . . , xn] ersetzt durch k[x1, . . . , xn, w]/I mit dem Ideal I = (x1 · · ·xnw−1) ⊆ k[x1, . . . , xn, w].
Wir wahlen a′ij , αj ∈ N derart, dass
(a1j , a2j , . . . , anj) = (a′1j , a′2j , . . . , a′nj) + αj(−1, −1, . . . , −1)
Beispiel: (−3, 2, −7) = (4, 9, 0) + 7(−1, −1, −1)
In k[x1, . . . , xn, w]/I ist x1 · · ·xnw−1 = 0, d.h. w nimmt die Rolle von x−11 · · ·x−1
n ein. Somitkonnen wir den Reprasentanten von x
a1j
1 · · ·xanjn + I definieren als
xa1j
1 · · ·xanjn + I := x
a′1j
1 · · ·xa′njn wαj + I.
Entsprechend setzen wir
(b1, b2, . . . , bn) = (b′1, b′2, . . . , b′n) + β(−1, −1, . . . , −1)
mit b′1, . . . , b′n, β ∈ N und xb11 · · ·xbn
n + I := xb′11 · · ·xb′n
n wβ + I.
Dann erhalt unser Optimierungsproblem die Gestalt
(xa′111 · · ·xa′n1
n wα1)σ1 · · · (xa′1m1 · · ·xa′nm
n wαm)σm + I = xb′11 · · ·xb′n
n wβ + I.
Die linke Seite betrachten wir wieder als Bild von yσ11 · · · yσm
m unter dem Homomorphismus
k[y1, . . . , ym] Φ−→ k[x1, . . . , xn, w]/I
yj 7−→ xa′1j
1 · · ·xa′njn wαj + I
Vergleichbar wie Lemma 9.11 erhalten wir
Lemma 9.14 Mit obigen Bezeichnungen existiert eine zulassige Losung fur das Optimie-rungsproblem (9.A) genau dann, wenn x
b′11 · · ·xb′n
n wβ + I das Bild unter Φ von einem Potenz-produkt aus k[y1, . . . , ym] ist. Wenn
xb′11 · · ·xb′n
n wβ + I = Φ(yσ11 · · · yσm
m ),
dann ist (σ1, . . . , σm) ∈ Nm die gesuchte Losung.
Wie im Fall I. mussen wir noch zeigen:
Lemma 9.15 Ist mit obigen Bezeichnungen xb′11 · · ·xb′n
n wβ + I Bild eines Elementes h ∈k[y1, . . . , ym], dann ist h ein Potenzprodukt yσ1
1 · · · yσmm ∈ k[y1, . . . , ym]:
f = xb′11 · · ·xb′n
n wβ + I = Φ(yσ11 · · · yσm
m ).
9 POLYNOMIALE ABBILDUNGEN UND GANZZAHLIGE OPTIMIERUNG 82
Beweis: Sei
a = (x1 · · ·xnw − 1, {yj − xa′1j
1 · · ·xa′njn wαj : j = 1, . . . , m}) ⊆ k[y1, . . . , ym, x1, . . . , xn, w]
und G eine Grobner-Basis fur eine Eliminationsordnung mit x,w À y. Dann ist nach Satz9.9
xb′11 · · ·xb′n
n wβ + I ∈ Im Φ ⇐⇒ xb′11 · · ·xb′n
n wβ G−→+ h ∈ k[y1, . . . , ym].
Da a und damit auch G von Differenzen zweier Potenzprodukte erzeugt wird, ist h ebenfallsein Potenzprodukt. ¤
Beispiel 9.16 Wir betrachten das folgende System
3σ1 − 2σ2 + σ3 − σ4 = −14σ1 + σ2 − σ3 = 5
2 Variable x1, x2 fur die Zeilen, 4 Variable y1, . . . , y4 fur die Unbestimmten
Dann ist I = 〈x1x2w − 1〉 ⊂ Q[x1, x2, w] und Φ der Homomorphismus
Q[y1, y2, y3, y4]Φ−→ Q[x1, x2, w]/I
y1 7−→ x31x
42 + I
y2 7−→ x32w
2 + I
y3 7−→ x21w + I
y4 7−→ x2w + I
a = (y1 − x31x
42, y2 − x3
2w2, y3 − x2
1w, y4 − x2w, x1x2w − 1) ⊆ Q[y1, y2, y3, y4, x1, x2, w]
x1 > x2 > w > y1 > y2 > y3 > y4 - lexikographische Ordnung.
Grobner-Basis G = {f1, . . . , f9} mit
f1 = x1 − y1y43y
64, f2 = x2 − y1y
33y
64, f3 = w − y3y
24, f4 = y1y
43y
74 − 1, f5 = y1y
33y
84 − y2
f6 = y1y23y
94 − y2
2, f7 = y1y3y104 − y3
2, f8 = y1y114 − y4
2, f9 = y2y3 − y4
Der rechten Seite (−1, 5) = (0, 6) + 1 · (−1,−1) entspricht das Potenzprodukt x−11 x5
2 unddamit x−1
1 x52 + I = x6
2w + I. Wir reduzieren x62w bezuglich G:
x62w
{f1,f2}−→ y61y
193 y38
4f4−→ y5
1y153 y31
4f4−→ y4
1y113 y24
4f4−→ y3
1y73y
174
f4−→ y21y
33y
104
f5−→ y1y3y24
und y1y3y24 ist reduziert bezuglich G. Da alle Reduzierungen in Q[y1, y2, y3, y4] liegen, haben
wir als zulassige Losungen die Exponententupel
(6, 0, 19, 38), (5, 0, 15, 31), (4, 0, 11, 24), (3, 0, 7, 17), (2, 0, 3, 10), (1, 1, 0, 2).
9 POLYNOMIALE ABBILDUNGEN UND GANZZAHLIGE OPTIMIERUNG 83
Bisher wurden lediglich zulassige Losungen bezuglich einer vorgegebenen Eliminationsord-nung bestimmt, jedoch die Kostenfunktion außer Acht gelassen. Zum Abschluss wollen wirzeigen, wie wir zu optimalen Losungen bezuglich einer vorgegebenen Ordnung kommen.
Sei c = c(σ1, . . . , σm) =∑m
j=1 cjσj (m > 1) eine lineare Kostenfunktion.
Definition 9.17 Eine monomiale Ordnung <c auf den Variablen y1, . . . , ym heißt kompa-
tibel mit der Kostenfunktion c und der Abbildung Φ, wenn gilt:
Φ(yσ11 · · · yσm
m ) = Φ(yσ′11 · · · yσ′m
m )und c(σ1, . . . , σm) <c c(σ′1, . . . , σ
′m)
}=⇒ yσ1
1 · · · yσmm <c y
σ′11 · · · yσ′m
m .
Derartige Ordnungen liefern genau zulassige Losungen, die die Kostenfunktion minimieren,wie Satz 9.18 zeigt. Wir betrachten das Optimierungsproblem (9.A) mit der polynomialenGleichung
(xa111 · · ·xan1
n )σ1 · · · (xa1m1 · · ·xanm
n )σm = xb1 · · ·xb
n
aij , bi ∈ Z (i = 1, . . . , n; j = 1, . . . , m), σ1, . . . , σm ∈ N und der Kostenfunktion
c = c(σ1, . . . , σm) =m∑
j=1
cjσj −→ min .
Sei
(a1j , a2j , . . . , anj) = (a′1j , a′2j , . . . , a′nj) + αj(−1, −1, . . . , −1)(b1, b2, . . . , bn) = (b′1, b′2, . . . , b′n) + β(−1, −1, . . . , −1)
mit a′ij , b′i, αj , β ≥ 0 (i = 1, . . . , n; j = 1, . . . , m). Sei I = (x1 · · ·xnw − 1)k[x1, . . . , xn, w].Wir betrachten die polynomiale Abbildung
Φ : k[y1, . . . , ym] −→ k[x1, . . . , xn, w]/I
Yj 7−→ xa′1j
1 · · ·xa′njn wαj + I (j = 1, . . . , m)
wobei xa′1j
1 · · ·xa′njn wαj = fj(x1, . . . , xn, w). Dann ist a das Ideal
a = (x1 · · ·xnw − 1, {yj − xa′1j
1 · · ·xa′njn wαj : j = 1, . . . , m})
= (x1 · · ·xnw − 1, y1 − f1, . . . , ym − fm)k[y1, . . . , ym, x1, . . . , xn, w].
Es gilt
Satz 9.18 Mit obigen Bezeichnungen sei G eine Grobner-Basis fur a bezuglich einer Elimi-nationsordnung, in der x, w À y, und einer Ordnung <cauf den Variablen y1, . . . , ym, diemit der Kostenfunktion c und der Abbildung Φ kompatibel ist. Wenn
xb′1 · · ·xb′
n wβ G−→+ yσ11 · · · yσm
m ,
wobei yσ11 · · · yσm
m reduziert bezuglich G ist, dann ist (σ1, . . . , σm) eine zulassige Losung, diedie Kostenfunktion c minimiert.
9 POLYNOMIALE ABBILDUNGEN UND GANZZAHLIGE OPTIMIERUNG 84
Beweis: Sei xb′1 · · ·xb′
n wβ G−→+ yσ11 · · · yσm
m und yσ11 · · · yσm
m reduziert bezuglich G. Nach Lemma9.15 ist (σ1, . . . , σm) eine Losung von (9.A). Wir mussen zeigen, dass (σ1, . . . , σm) minimalist.
Angenommen, (σ1, . . . , σm) ware nicht minimal. Dann existiert eine Losung (σ′1, . . . , σ′m) mit
c(σ′1, . . . , σ′m) =
m∑
j=1
cjσ′j <
m∑
j=1
cjσj = c(σ1, . . . , σm).
Fur das Potenzprodukt yσ′11 · · · yσ′m
m gilt
Φ(yσ11 · · · yσm
m ) = Φ(yσ′11 · · · yσ′m
m ) = xb′1 · · ·xb′
n wβ + I.
Daher ist
yσ11 · · · yσm
m − yσ′11 · · · yσ′m
m ∈ kerΦ ⊆ a,
also yσ11 · · · yσm
m − yσ′11 · · · yσ′m
mG−→+ 0.
Da yσ11 · · · yσm
m >c yσ′11 · · · yσ′m
m , ist LT(yσ11 · · · yσm
m − yσ′11 · · · yσ′m
m ) = yσ11 · · · yσm
m . yσ11 · · · yσm
m istreduziert bezuglich G: yσ1
1 · · · yσmm = NG(yσ1
1 · · · yσmm ). Daher kann die Differenz yσ1
1 · · · yσmm −
yσ′11 · · · yσ′m
m nicht zu 0 reduziert werden. ¤
Bemerkung 9.19 Zu einer vorgegebenen Ordnung <c ist das Minimum eindeutig bestimmt.Verschiedene Ordnungen erzeugen i.A. auch verschiedene optimale Losungen.
10 ERGANZUNG: ORDNUNG UND MULTIPLIZITATEN VON IDEALEN 85
10 Erganzung: Ordnung und Multiplizitaten von Idealen
Wir haben bereits an dem einfachen Beispiel des Schnittes eines Kreises mit einer NeilschenParabel gesehen, dass man Schnittpunkten eine Vielfachheit zuordnen muss, um ”samtliche“Schnittpunkte zu erreichen, entsprechend der Vielfachheit einer Nullstelle eines Polynoms ausdem Fundamentalsatz der Algebra. Dieses ist relativ einfach bei sogenannten ”vollstandigenSchnitten”, d.h.
a = (f1, . . . , fr) ⊂ k[X1, . . . , Xn] und dim a = n− r,
und noch einfacher, wenn n− r = 0. Der allgemeine Fall
dim a = d = n− r, d = 0,
erfordert erheblich mehr Aufwand und wird hier nur im Uberblick dargestellt.
I. Homogenisierung
Um alle Schnittpunkte zu erhalten, mussen die (im affinen Raum) im ”Unendlichen“ liegendenPunkte ins ”Endliche“ transformiert werden, ohne dass sie lediglich gegen andere ausgetauschtwerden. Dieses geschieht mittels Homogenisierung wie folgt:
Sei f = f(X1, . . . , Xn) =∑
aαXα, α = (α1, . . . , αn), Xα = Xα11 · · ·Xαn
n ein Polynom ink[X1, . . . , Xn] und m der maximale Grad von f in einer graduierten Ordnung, d.h. wenn
|α| =n∑
i=1αi dann ist m = max{|α| : f =
∑aαXα, aα 6= 0}. Wir fuhren eine neue Variable
X0 ein und ersetzen Xi durch XiX0
. Dann sei
F (X0, . . . , Xn) := Xm0 · f(
X1
X0, . . . ,
Xn
X0) ∈ k[X0, X1, . . . , Xn].
Beispiel: f = X2 + X1 ·X3 = X(0,1,0) + X(1,0,1) ⇒ m = 2 und
X20 · f(
X1
X0,
X2
X0,
X3
X0) = X2
0 ·(
X2
X0+
X1
X0· X3
X0
)= X0X2 + X1X3 = F (X0, X1, X2, X3)
Definition 10.1 (i) F ist ein homogenes Polynom vom Grad m in X0, . . . , Xn und heißtdie Homogenisierung von f(X1, . . . , Xn). Es ist f(X1, . . . , Xn) = F (1, X1, . . . , Xn).
(ii) Ist a ⊂ k[X1, . . . , Xn] ein Ideal und
aH = {F (X0, . . . , Xn) ∈ k[X0, X1, . . . , Xn] : F (1, X1, . . . , Xn) ∈ a},
dann heißt aH das zu a aquivalente H-Ideal.
(iii) dim aH := dim a (= Krull-Dimension von aH − 1).
Bemerkung 10.2 (i) Ist (f1, . . . , fr) eine Basis fur a in k[X1, . . . , Xn] und Fi die Homo-genisierung von fi, dann ist aH ⊇ (F1, . . . , Fr)
(ii) aH = (F1, . . . , Fr) : X∞0
10 ERGANZUNG: ORDNUNG UND MULTIPLIZITATEN VON IDEALEN 86
(iii) Geometrisch bedeutet die Homogenisierung den Ubergang vom affinen Raum zum ”pro-jektiven” Raum.
(iv) Es ist dim(X0, X1, . . . , Xn) = −1. Geometrisch ist dieses sinnvoll, daZ(X0, X1, . . . , Xn) = {(0, . . . , 0)} und (0, . . . , 0) kein Punkt des projektiven Raumesist.
(v) Ideale der Dimension −1 heißen triviale Ideale. Dieses sind genau die Primarideale mitdem Radikal (X0, X1, . . . , Xn).
Beispiel 10.3 a = (f1, f2) = (X21 , X2 + X1X3) =⇒ X1 ·X2 = −X3 · f1 + X1 · f2 ∈ a
und daher X1 ·X2 ∈ aH .
(F1, F2) = (X21 , X0X2 + X1X3) =⇒ X1 ·X2 /∈ (F1, F2),
aber −X3 · F1 + X1 · F2 = X0X1X2 =⇒ X1 ·X2 ∈ (F1, F2) : (X0).
Ist man lediglich an den gemeinsamen Nullstellen von f1, . . . , fr und damit F1, . . . , Fr inter-essiert, so kann man mit (F1, . . . , Fr) fortfahren statt mit aH !
II. Die Hilbert-Funktion
Die Hilbert-Funktion ist der geeignete numerische Charakter, um Ordnung und Vielfachheitbeliebiger Ideale und Primarkomponenten zu definieren.
Sei aH ⊂ k[X0, X1, . . . , Xn] ein beliebiges homogenes Ideal und k stets unendlich. Dannbilden die Elemente des Grades t (t = 0) aus aH einen k-Vektorraum
V (t, aH) = {F (X0, . . . , Xn) ∈ aH : GradF = t}.
Insbesondere ist V (t, (1)) = {Xα : |α| = t}.
Lemma 10.4 dim V (t, (1)) =(n + t
n)
=(n + t
t)
Beweis: Vollstandige Induktion bezuglich n!
Definition 10.5 H(t, aH) =(n + t
n)− dimk V(t, aH) heißt die Hilbert-Funktion von aH .
Beispiel 10.6 aH = (F ), GradF = τ = 1, dim aH = n− 1
V(t, aH) =
{0}, falls t < τ
〈F 〉, falls t = τ
〈p · F : p = Xα, |α| = t− τ〉, falls t > τ
=⇒ dim V(t, aH) =
0, falls t < τ
1, falls t = τ
H(t− τ, (1)) =(t− τ + n
n), falls t > τ
und fur die Hilbert-Funktion erhalten wir
H(t, aH) =
{ (n + tn
), falls 0 5 t < τ(n + t
n)− (n + t− τ
n), falls t = τ
}=
(n + t
n
)−
(n + t− τ
n
),
10 ERGANZUNG: ORDNUNG UND MULTIPLIZITATEN VON IDEALEN 87
wenn wir(mn
)= 0 setzen fur m < n. Hieraus folgt
H(t, aH) = τ · ( tn− 1
)+ h1
( tn− 2
)+ · · ·+ hn−1 = h0 ·
( tn− 1
)+ h1
( tn− 2
)+ · · ·+ hn−1
mit h0, h1, . . . , hn−1 ∈ Z. h0 = h0(aH) = τ heißt die Ordnung von aH und ist hier gleich demGrad von F . Diese Darstellung von H(t, aH) ergibt sich auch fur beliebiges aH (siehe unten).
Aus der Theorie der Vektorraume erhalt man unmittelbar
Satz 10.7 Seien aH , bH ⊂ k[X0, X1, . . . , Xn] homogene Ideale. Dann gilt:
(i) Wenn aH ⊆ bH =⇒ H(t, aH) = H(t, bH) ∀ t = 0
(ii) H(t, aH + bH) = H(t, aH) + H(t, bH)−H(t, aH ∩ bH)
(iii) Ist F ∈ k[X0, X1, . . . , Xn] ein homogenes Polynom des Grades τ , dann gilt
H(t, (aH , F )) = H(t, aH)−H(t− τ, aH : (F )).
Insbesondere ist
H(t, (aH , F )) = H(t, aH)−H(t− τ, aH), falls aH : (F ) = aH .
(iv) Ist aH ein triviales Ideal, dann gibt es ein t0 = 0, so dass H(t, aH) = 0 fur alle t = t0
und umgekehrt. Das trifft insbesondere dann zu, wenn (X0, . . . , Xn)t0 ⊆ aH .
Beweis: Nach der Dimensionsformel fur Vektorraume gilt:
dimk V(t, aH + bH) = dimk V(t, aH) + dimk V(t, bH)− dimk V(t, aH ∩ bH).
Hieraus folgt unter Beachtung von
V(t, aH + bH) = V(t, aH) + V(t, bH) und V(t, aH ∩ bH) = V(t, aH) ∩V(t, bH),
sofort (ii).
Zum Beweis von (iii) beachte man, dass nach Satz 2.15 gilt
aH ∩ (F ) = (aH : (F )) · (F )
und daher dimk V(t, aH ∩ (F )) = dimk V(t− τ, aH : (F )). Fur die Hilbert-Funktion bedeu-tet dieses
H(t, aH ∩ (F )) =(n + t
n)− dimk V(t, (aH : (F )) · (F ))
=(n + t
n)− dimk V(t− τ, aH : (F ))
=(n + t
n)− (n + t− τ
n)
+(n + t− τ
n)− dimk V(t− τ, aH : (F ))
= H(t, (F )) + H(t− τ, aH : (F ))
10 ERGANZUNG: ORDNUNG UND MULTIPLIZITATEN VON IDEALEN 88
nach obigem Beispiel, also
H(t, (aH , (F ))) = H(t, aH) + H(t, (F ))−H(t, aH ∩ (F ))
= H(t, aH)−H(t− τ, aH : (F )),
qed.
Folgerung 10.8 Besitzt aH eine triviale Komponente a−1, dann hat diese keinen Einflussauf die Hilbert-Funktion H(t, aH) fur genugend großes t.
Beweis: Es ist aH = aH∗ ∩ a−1, a−1 ist trivial.
=⇒ H(t, aH) = H(t, aH∗) + H(t, a−1)−H(t, aH
∗ + a−1)
und H(t, a−1) = H(t, aH∗ + a−1) = 0 fur t À 0, qed.
Folgerung 10.9 Ist dim aH = 0, dann ist H(t, aH) = const > 0 fur t = t0.
Beweis: Sei aH = aH∗ ∩ a−1, a−1 ist trivial =⇒ H(t, aH) = H(t, aH
∗) fur t = t0.Sei l eine Linearform, die in keinem p ∈ Ass aH
∗ liegt. Dann ist aH∗ : (l) = aH
∗ nachHilfssatz 2.21. Aus Satz 10.7 (iii) ergibt sich
H(t, (aH∗, l)) = H(t, aH
∗)−H(t− 1, aH∗) = 0
fur t À 0, da (aH∗, l) trivial ist. Dann existiert ein t0, so dass fur alle t = t0 gilt
H(t, aH) = H(t, aH∗) = H(t− 1, aH
∗) = const.
Qed.
Satz 10.10 (Hilbertscher Satz): Sei aH ⊂ k[X0, X1, . . . , Xn] ein homogenes Ideal,dim aH = d mit 0 5 d 5 n, d.h. aH ist nicht trivial. Dann gibt es ganze Zahlen h0 >
0, h1, . . . , hd, so dass fur alle genugend großen t, d.h. ∀ t = t0, gilt
H(t, aH) = h0 ·(td)
+ h1
( td− 1
)+ · · ·+ hd.
h0 = h0(aH) heißt die Ordnung von aH .
Beweis: Induktion bezuglich d:
Sei d = 0 =⇒ H(t, aH) = const. = h0(aH) fur t À 0 nach Folgerung 10.9.
Sei d > 0 =⇒ wir konnen o.B.d.A. annehmen, dass aH keine triviale Komponente besitzt.Dann gibt es eine Linearform l, so dass aH : (l) = aH , d.h. l liegt in keinem assoziiertenPrimideal von aH =⇒ dim(aH , l) = d− 1 =⇒
H(t, (aH , l)) = H(t, aH)−H(t− 1, aH)
= h∗0 ·( td− 1
)+ h∗1
( td− 2
)+ · · ·+ h∗d−1
10 ERGANZUNG: ORDNUNG UND MULTIPLIZITATEN VON IDEALEN 89
fur alle t = t0 nach Induktionsvoraussetzung. Dann ist
t∑ν=t0
(H(ν, aH)−H(ν − 1, aH)
)= H(t, aH)−H(t0 − 1, aH) =
t∑
ν=0
[h∗0 ·( νd− 1
)+ h∗1
( νd− 2
)+ · · ·+ h∗d−1]−
t0−1∑
ν=0
[h∗0 ·( νd− 1
)+ h∗1
( νd− 2
)+ · · ·+ h∗d−1].
Unter Beachtung vont∑
ν=0
(νk)
=(t + 1k + 1
)=
( tk + 1
)+
(tk)
ergibt sich
H(t, aH) = h∗0 ·(td)
+ (h∗0 + h∗1)( td− 1
)+ · · ·+ h∗d
= h0 ·(td)
+ h1
( td− 1
)+ · · ·+ hd,
qed.
Satz 10.11 Sei aH = (F1, . . . , Fr) ⊂ k[X0, X1, . . . , Xn] ein vollstandiger Schnitt, d.h. dim aH =d = n− r und sei GradFi = τi (i = 1, . . . , r). Dann ist h0(aH) = τ1 · · · τr.
Zum Beweis bemerken wir, dass aH die Durchschnittsdarstellung aH = q1 ∩ · · · ∩ qs mitdim qi = d besitzt und damit (F1, . . . , Fj) : (Fj+1) = (F1, . . . , Fj) fur j = 0, 1, . . . , r − 1.Dann folgt der Satz durch Induktion bezuglich r:
r = 1: Siehe obiges Beispiel.
r > 1: Sei bH = (F1, . . . , Fr−1) =⇒ aH = (bH , Fr) und bH : (Fr) = bH , dim bH = d + 1=⇒ (Satz 10.7 (iii))
H(t, aH) = H(t, bH)−H(t− τr, bH) = h0(bH)[( td + 1
)− (t− τrd + 1
)] + · · ·
sowie
( td + 1
)− (t− τrd + 1
)=
τr∑
ν=1
(t + 1− νd + 1
)− (t− νd + 1
)︸ ︷︷ ︸(t− ν
d)
= τr
(td)
+ · · ·
Daher ist
h0(aH) = h0(bH) · τr = τ1 · · · τr−1 · τr,
qed.
Satz 10.12 Sei aH = (F1, . . . , Fr) ⊂ k[X0, X1, . . . , Xn] und
aH = q1 ∩ · · · ∩ qs ∩ qs+1 ∩ · · · ∩ qt
derart, dass dim qi = d = dim aH fur i = 1, . . . , s und dim qi < d fur i = s + 1, . . . , t. Danngilt
h0(aH) = h0(q1) + · · ·+ h0(qs),
d.h. die Komponenten geringerer Dimension haben keinen Einfluss auf die Ordnung.
10 ERGANZUNG: ORDNUNG UND MULTIPLIZITATEN VON IDEALEN 90
Beweis: Sei a1 = q1 ∩ · · · ∩ qs und a2 = qs+1 ∩ · · · ∩ qt. Dann ist
H(t, aH) = H(t, a1) + H(t, a2)−H(t, (a1, a2)) =⇒ h0(aH) = h0(a1).
Setzen wir bH = q1 ∩ · · · ∩ qs−1, so ergibt sich genauso
h0(a1) = h0(bH) + h0(qs) = h0(q1) + · · ·+ h0(qs−1) + h0(qs),
qed.
Wir wollen noch darstellen, welche Beziehungen zwischen h0(q) und h0(p) besteht, wenn q
ein p-primares Ideal ist.
Lemma 10.13 Sei p ⊂ R = k[X0, X1, . . . , Xn] ein homogenes Primideal und q1 ⊂ q2 ⊆ p
zwei p-primare Ideale, so dass zwischen q1 und q2 kein weiteres p-primares Ideal liegt. Danngilt
h0(q1) = h0(q2) + h0(p).
Beweis: Sei q2 = (q1, u1, . . . , us).Wir zeigen: u1, . . . , us lassen sich so auswahlen, dass
1. p · u1 ⊆ q1
2. ∃ ai, bi : bi · ui − ai · u1 = 0 (i = 2, . . . , s) und bi /∈ p
Hierzu gehen wir von R zum Quotientenring Rp uber. In diesem ist p ·Rp wegen Lemma 8.4offenbar das einzige maximale Ideal und zwischen q1 ·Rp und q2 ·Rp kann kein weiteres Idealliegen, da dieses ebenfalls das Erweiterungsideal eines p-primaren Ideals sein musste.
=⇒ ∃u∗ =u
m(u ∈ q2, m /∈ p) : q2 ·Rp = (q1,
u
m) ·Rp = (q1, u) ·Rp
Angenommen, p · u · Rp * q1 · Rp =⇒ (q1, p · u) · Rp = q2 · Rp 3 u, etwa u = q + p · u=⇒ (1− p) · u = q ∈ q1, 1− p /∈ p =⇒ u ∈ q1, Widerspruch!
Sei u1 = u. Da ui ∈ (q1, u) ·Rp, gibt es αi = aibi
, bi /∈ p, so dass ui = qi + αi · u1. Sei o.B.d.A.
qi = 0. Dann ist ui = aibi· u1 =⇒ bi · ui − ai · u1 = 0.
Wir betrachten nun die Ideale
q1 ⊂ (q1, u1) ⊂ (q1, u1, u2) ⊂ · · · ⊂ (q1, u1, . . . , us) = q2.
Ist τi = Gradui, dann ergibt sich aus Satz 10.7 (iii)
H(t, (q1, u1, . . . , ui+1)) = H(t, (q1, u1, . . . , ui))−H(t− τi+1, (q1, u1, . . . , ui) : (ui+1)).
Da bi+1 ∈ (q1, u1, . . . , ui) : (ui+1), bi+1 /∈ p, ist dim (q1, u1, . . . , ui) : (ui+1) < dim p
=⇒ h0(q1, u1, . . . , ui+1) = h0(q1, u1, . . . , ui) = h0(q1, u1) (i = 1, . . . , s− 1).
10 ERGANZUNG: ORDNUNG UND MULTIPLIZITATEN VON IDEALEN 91
Andererseits ist
H(t, (q1, u1)) = H(t, q1)−H(t− τi, q1 : (u1)).
Nach Hilfssatz 2.21 ist q1 : (u1) ein p-primares Ideal und wegen p ·u1 ⊆ q1 auch p ⊆ q1 : (u1),also p = q1 : (u1) und daher
h0(q1, u1) = h0(q1)− h0(p) = h0(q2), qed.
Wir kommen nach diesen Vorbereitungen zu dem wichtigen
Satz 10.14 Sei p ⊂ R = k[X0, X1, . . . , Xn] ein homogenes Primideal und q ⊆ p ein p-primares Ideal. Zwischen q und p existiere eine langste Kette von p-primaren Idealen
q = q1 ⊂ q2 ⊂ · · · ⊂ qµ = p (µ = 1).
Dann gilt
h0(q) = µ · h0(p).
µ heißt die Vielfachheit oder Multiplizitat von q und wird mit λ(q) bezeichnet.
Beweis: Nach 10.13 ergibt sich
h0(q) = h0(q2) + h0(p) = · · · = h0(qµ) + (µ− 1) · h0(p) = µ · h0(p), qed.
Folgerung 10.15 Sei aH ⊂ R = k[X0, X1, . . . , Xn] ein homogenes Ideal,
aH = q1 ∩ · · · ∩ qs ∩ qs+1 ∩ · · · ∩ qt
eine Primardarstellung, so dass dim qi = dim aH = d fur i = 1, . . . , s und dim qi < d furi = s + 1, . . . , t. qi sei pi-primar und µi = λ(qi). Dann gilt
h0(aH) =s∑
i=1
µi · h0(pi).
Ist insbesondere k algebraisch abgeschlossen und dim pi = 0, dann ist h0(pi) = 1.
Die Berechnung der Hilbert-Funktion und damit der Ordnungen erfolgt z.B. durch die Be-rechnung der Syzygien-Module, was ebenfalls korrekt mit Hilfe von Grobner-Basen erfolgenkann.
LITERATUR 92
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