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Galvanotechnik 7/2016 | Eugen G. Leuze Verlag 114 Jahre Galvanotechnik 1387 Grundlagen der Edelmetallverfahren in Theorie und Praxis Im Rahmen der Weiterbildung beschreitet das Z.O.G. immer wieder neue Wege. Dieses Mal führt der Weg nach Aalen an die dort ansässige Hochschule. Genauer gesagt an das Forschungsinstitut für Innovative Oberflächen FINO in die Arbeitsgemeinschaft Chemische und galvanische Beschichtung von Prof. Dr. Sörgel. An der Hochschule Aalen sind z. Z. ca. 6000 Studie- rende in 26 Bachelor- und 23 Masterstudiengängen eingeschrieben. Bereits 1957 wurde durch Prof. Dr. Ernst Raub an der staatlichen höheren Fachschule für das Edelmetallgewerbe in Schwäbisch Gmünd die Abteilung „Metallveredlung und Werkstoffkunde“ ge- gründet. Diese Abteilung zog 1962 nach Aalen um. Inzwischen werden mehr als 1600 Absolventen im Diplom Studiengang „Oberflächen- und Werkstoff- kunde“ bzw. den nachfolgenden Bachelor-Studiengän- gen „Oberflächen- und Werkstofftechnik“ und „Ober- flächentechnologie/neue Materialien“ gezählt. Am 6. und 7. April trafen sich Fachleute aus Forschung und Industrie sowohl auf Teilnehmer- als auch auf Refe- rentenseite um über Edelmetalle, deren Anwendung und vor allem deren galvanische Abscheidung zu diskutieren. Die sechs galvanisch relevanten Edelmetalle sind eingerahmt von dem gelb glänzenden Gold und dem strahlend weißen Silber. Beide Elemente kommen in der Natur gediegen, also elementar, vor und sind seit der Antike, den goldenen und silbernen Zeital- tern ,bekannt. Sie haben die Menschheit seither fas- ziniert und begleitet, weil sie nicht zuletzt schon mit den einfachen Mitteln der damaligen Zeit gewonnen und verarbeitet werden konnten. Bereits der Seefah- rer Christoph Columbus (1451–1506) wusste um den Wert des Goldes: „Gold ist eine Kostbarkeit. Jedem, der es besitzt, erfüllt es alle Wünsche dieser Welt und verhilft den Seelen ins Paradies.“ Silber kommt unge- fähr 15-mal häufiger auf der Erde vor als Gold. Diese Tatsache, die Art der Gewinnung und unser Werteemp- finden sind für den geldwerten Unterschied der beiden Edelmetalle verantwortlich: Gold ist ungefähr 70-mal so teuer wie Silber. Ihre Verwendung finden sie in ritu- ellen Gegenständen, in Schmuck sowie in Wert- und Kunstobjekten. Seit dem Zeitalter des technologischen Wandels gewinnen sie, gemeinsam mit den übrigen Edelmetallen Palladium, Platin, Rhodium und Ruthe- nium in reiner Form und als Legierungen neue Bedeu- tung als technische Hilfsmittel in einer Vielzahl von Gebrauchsgegenständen unseres täglichen Bedarfs. An dieser Stelle setzt das Seminar an. Von den 140 t Gold, die jedes Jahr galvanisch abgeschieden werden, werden 45 % für dekorative Oberflächen verwendet und 55 % für technische Anwendungen abgeschieden. Welche Vorteile verbergen sich hinter der teuren Ober- fläche? Natürlich verleiht Gold ein edles Aussehen

Grundlagen der Edelmetallverfahren in Theorie und Praxis · und entfetten der Werkstücke direkt auf Edelstahl ver-goldet werden. Die Vorbehandlungsschritte standen in der Versuchsgalvanik

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Galvanotechnik 7/2016 | Eugen G. Leuze Verlag114 Jahre

Galvanotechnik 1387

Grundlagen der Edelmetallverfahren in Theorie und Praxis

Im Rahmen der Weiterbildung beschreitet das Z.O.G. immer wieder neue Wege. Dieses Mal führt der Weg nach Aalen an die dort ansässige Hochschule. Genauer gesagt an das Forschungsinstitut für Innovative Oberflächen FINO in die Arbeitsgemeinschaft Chemische und galvanische Beschichtung von Prof. Dr. Sörgel.

An der Hochschule Aalen sind z. Z. ca. 6000 Studie-rende in 26 Bachelor- und 23 Masterstudiengängen eingeschrieben. Bereits 1957 wurde durch Prof. Dr. Ernst Raub an der staatlichen höheren Fachschule für das Edelmetallgewerbe in Schwäbisch Gmünd die Abteilung „Metallveredlung und Werkstoffkunde“ ge- gründet. Diese Abteilung zog 1962 nach Aalen um. Inzwischen werden mehr als 1600 Absolventen im Diplom Studiengang „Oberflächen- und Werkstoff-kunde“ bzw. den nachfolgenden Bachelor-Studiengän-gen „Oberflächen- und Werkstofftechnik“ und „Ober-flächentechnologie/neue Materialien“ gezählt. Am 6. und 7. April trafen sich Fachleute aus Forschung und Industrie sowohl auf Teilnehmer- als auch auf Refe-rentenseite um über Edelmetalle, deren Anwendung und vor allem deren galvanische Abscheidung zu diskutieren.Die sechs galvanisch relevanten Edelmetalle sind eingerahmt von dem gelb glänzenden Gold und dem strahlend weißen Silber. Beide Elemente kommen in der Natur gediegen, also elementar, vor und sind seit der Antike, den goldenen und silbernen Zeital-tern ,bekannt. Sie haben die Menschheit seither fas-ziniert und begleitet, weil sie nicht zuletzt schon mit

den einfachen Mitteln der damaligen Zeit gewonnen und verarbeitet werden konnten. Bereits der Seefah-rer Christoph Columbus (1451–1506) wusste um den Wert des Goldes: „Gold ist eine Kostbarkeit. Jedem, der es besitzt, erfüllt es alle Wünsche dieser Welt und verhilft den Seelen ins Paradies.“ Silber kommt unge-fähr 15-mal häufiger auf der Erde vor als Gold. Diese Tatsache, die Art der Gewinnung und unser Werteemp-finden sind für den geldwerten Unterschied der beiden Edelmetalle verantwortlich: Gold ist ungefähr 70-mal so teuer wie Silber. Ihre Verwendung finden sie in ritu-ellen Gegenständen, in Schmuck sowie in Wert- und Kunstobjekten. Seit dem Zeitalter des technologischen Wandels gewinnen sie, gemeinsam mit den übrigen Edelmetallen Palladium, Platin, Rhodium und Ruthe-nium in reiner Form und als Legierungen neue Bedeu-tung als technische Hilfsmittel in einer Vielzahl von Gebrauchsgegenständen unseres täglichen Bedarfs.An dieser Stelle setzt das Seminar an. Von den 140 t Gold, die jedes Jahr galvanisch abgeschieden werden, werden 45 % für dekorative Oberflächen verwendet und 55 % für technische Anwendungen abgeschieden. Welche Vorteile verbergen sich hinter der teuren Ober-fläche? Natürlich verleiht Gold ein edles Aussehen

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auf sichtbaren Oberflächen, was in sehr vielen Berei-chen genutzt wird. Einige Beispiele sollen das ver-deutlichen: Sanitärarmaturen und -accessoires, Kap- pen für Parfumflacons, Tafelgeschirr, Schreibgeräte und natürlich Uhren und Schmuck. Bei all diesen Bei- spielen garantiert Gold zusätzlich eine konstante Qua- lität über den Zeitraum der Nutzung. Im technischen Bereich fallen Eigenschaften wie sehr gute Leitfähig-keit, Korrosionsschutz und geringer Übergangswi-derstand ins Gewicht. Gerade im Zeitalter der elekt-ronischen Medien und der Kommunikationstechnik gilt das Motto: Kleiner + leichter + leistungsfähiger + schneller + preiswerter. Hier ist, was der Verbraucher nicht sieht, Gold unerlässlich. Aber auch in der Hoch-frequenz-, der Sensor- oder in der Medizintechnik, in denen korrosionsbeständige und nicht magnetische Materialien gefordert sind, um störende Einflüsse zu vermeiden, findet Gold Anwendung. Um alle diesen Anforderungen gerecht zu werden hat die Galvano-technik Elektrolyte entwickelt, die über die gesamte pH-Wert Palette eingesetzt werden können. Die zu- sätzliche Abscheidung von Legierungsmetallen senken die Kosten der Schichten und verbessern unter Um-

ständen die dekorativen und/oder technischen Eigen-schaften. In Abbildung 1 sind der pH-Bereich und die hier anwendbaren Legierungselemente aufgeführt. Besonders hervorzuheben ist ein stark saurer Elek-trolyt, der es ermöglicht, Gold direkt auf Edelstahl abzuscheiden. Dieser Elektrolyt übernimmt die Akti-vierung des Edelstahls, somit bleibt der edle Charakter des Werkstoffs auch nach einer Vergoldung erhalten. Es sind keine unedlen Zwischenschichten erforderlich. Eine Besonderheit des Elektrolyten ist seine geringe Stromausbeute, da die Abscheidung mit einer hohen Wasserstoffentwicklung einhergeht.Für einen praktischen Versuch bietet sich der saure Gold-Elektrolyt an. Mit diesem kann nach reinigen und entfetten der Werkstücke direkt auf Edelstahl ver-goldet werden. Die Vorbehandlungsschritte standen in der Versuchsgalvanik der TH zur Verfügung, so dass die Teilnehmerinnen und Teilnehmer Kaffeelöffel und Kuchengabeln vergolden konnten. Gleichzeitig wurde an den Besteckteilen eine Teilvergoldung ausprobiert. Die Stiele waren auf der Vorderseite mit erhabenen Motiven versehen. Die Rückseite der Stiele wurde abgeklebt und nur die Stiele vergoldet. Anschließend wurde das Klebeband entfernt und die Vorderseite gebürstet. Auf diese Weise blieb das Gold in den Vertiefungen erhalten und das Muster wurde stärker hervorgehoben.Silber ist das „weißeste“ aller Gebrauchsmetalle. Frisch abgeschiedenes Silber reflektiert 99,5 % des sichtbaren Lichts. Elektrolytisch abgeschiedenes Sil-ber hat eine Reinheit von 99,9 % und wird zur Herstel-lung von Spiegeln und Reflektoren verwendet. Gleich-zeitig hat Silber von allen Metallen die beste thermi-sche- und elektrische Leitfähigkeit. Neben vielfachen technischen Anwendungen ist es beliebt als Tafelsilber und Schmuck. Der Silberelektrolyt ist leicht zu führen. Dennoch kommt er nicht ohne Zusätze aus. Wird der Silberelek-trolyt nicht für rein technische Anwendungen verwen-det, sondern dient neben einer Gebrauchsschicht von mehreren µm auch zur Dekoration, sollte im Rahmen von Elektrolytprüfungen auf den Glanzzusatz geach-tet werden. Im Hullzellenversuch kann ein Defizit an Glanzzusatz schnell und einfach dargestellt werden. Und so war ein Versuch zur Elektrolytkontrolle eines Silberelektrolyten so ausgelegt, dass zunächst ein Sil- berelektrolyt ohne Glanzzusatz angesetzt wurde und ein Hullzellenversuch gefahren wurde. Wie zu erwar-

Abb. 1: Übersicht der Goldelektrolyte nach pH-Wert und Legierungselementen, Auszug aus Vortrag von Erich Arnet. Im linken Bereich des Diagramms sind die dekorativen Anwendungen aufgeführt, das Legierungselement hat Ein-fluss auf die Farbe. Die Elektrolyte erstrecken sich über den gesamten pH-Bereich. Der mittlere Bereich kennzeichnet Elektrolyte die sowohl technisch als auch dekorativ einge-setzt werden können. Diese Elektrolyte sind im neutralen bis sauren Bereich angesiedelt. Der rechte Bereich des Dia-gramms kennzeichnet die Elektrolyte, die überwiegend im technischen Bereich eingesetzt werden. Hierin sind auch außenstromlose Elektrolyte vertreten

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ten gab es ein nicht zufriedenstellendes Ergebnis. Dann wurde in drei Schritten Glanzzusatz bis zum Sollwert zugegeben und nach jeder Zugabe die Abscheidung auf einem Blech bewertet. Bekannt ist die Beobachtung, dass Silber, wenn es nicht regelmäßig benutzt wird, dunkle Flecken bildet, es läuft an. Zunächst bildet sich eine transparente Oxidschicht auf der Silberoberfläche, die ihrerseits bereits mit Schwefelwasserstoff, das meist nur in Spuren in der Atmosphäre vorkommt, zu dem schwer-löslichen Silbersulfid reagiert.

2 Ag + O2 → 2 AgOAgO + H2S → AgS + H2O

Diese Schicht sieht nicht nur unschön aus, zudem ver-ringern sich die guten technischen Eigenschaften. Der Kontaktübergangswiderstand und der Reibungskoeffi-zient werden erhöht, hingegen die Löt- und Bondfähig-keit verringert. Während die Oxidschicht durch leichte mechanische Beanspruchung entfernt wird, widersteht Silbersulfid derselben und wächst auf mehre Atomla-gen an. Möglichkeiten diesen Schritt zu verhindern, sind daher äußerst gefragt. Bekannte Verfahren sind Chromatierung, Lackierung, galvanische Abschei-dung beständigerer Metalle oder organische Anlauf-schutzsysteme. Von allen Verfahren ist die kathodi-sche Chromatierung das preiswerteste und schnellste Verfahren. Nach einem Wärmebehandlungsschritt bei 130 °C erhält die leicht gelbliche Silberoberfläche eine haltbare Schutzschicht. Aufgrund von Gesundheits- und Umweltbedenken wird dieses Verfahren nur noch in wenigen Ländern eingesetzt. In Europa ist das Ver-fahren aufgrund diverser Auflagen verboten. Einen bereits guten Schutz bietet eine sehr dünne Schicht aus galvanisch abgeschiedenem Rhodium. Das vergleichs-weise teure Verfahren verändert die Farbe der Ober-fläche leicht. Da für den Laien der Unterschied kaum merkbar ist, wird dieser Schutz häufig auf Schmuck

eingesetzt. Besonders gute Eigenschaften versprechen organische Anlaufschutzsysteme. Sie bestehen aus langkettigen aliphatischen Verbindungen mit einer funktionellen Gruppe an einem Ende. Bei der Wahl der funktionellen Gruppe wird die Affinität des Sil-bers zu Schwefel ausgenutzt und eine schwefelhaltige Gruppe verwendet. Der langkettige Rest übernimmt zwei Funktionen. Er schottet die Oberfläche gegen den Angriff von Schwefelwasserstoff ab und er wirkt was-serabweisend. Gibt man der Lösung ein Leitsalz hinzu und legt eine äußere Spannung an, wird die Schutz-schicht noch kompakter abgeschieden. Der Schutzfilm ist nur wenige Nanometer dick. Er beeinflusst weder Farbe noch die technischen Eigenschaften von Silber.Prüfungen von Silberanlaufverhalten sind einfach durchzuführen und bieten sich daher für einen prak-tischen Versuch an. Zunächst wurden Versuchsteile versilbert und danach mit unterschiedlichen Schutz-schichten versehen und das Verhalten in 5-%iger Kali-umsulfidlösung beobachtet. Reines, also unbehandel-tes Silber, diente als Referenzschicht. Danach wurden Silber plus Rhodium und Silber plus organischem An-laufschutz getestet. Die erhaltenen Ergebnisse entspre-chen den Erwartungen. Tabelle 1 zeigt die Ergebnisse des Versuchs.Zwischen Gold und Silber sind die sogenannten wei-ßen Edelmetalle angesiedelt. Diese sind Palladium, Pla- tin, Rhodium und Ruthenium. Auch Osmium und Iri-dium zählen hierzu, sie spielen in der Galvanotechnik eine untergeordnete Rolle und werden daher nicht näher erwähnt. Kriterien für die Auswahl der Ele-mente sind Eigenschaften wie Härte, Abriebbestän-digkeit, Korrosionseigenschaften, Farbe und natürlich der Preis. Bei den Edelmetallen beobachtet man, abgesehen von den üblichen Schwankungen, über die Jahre gesehen stetig steigende Kurse. Dieser Einfluss ist auf die be- grenzten Ressourcen bei gleichzeitig steigender Nach-

Tab. 1: Wirksamkeit von Silberanlaufschutzverfahren Versuchsergebnisse

Schutz Ergebnis Bemerkung

Silber ohne Schutz Starke Verfärbung Referenz

Silber + 0,05 µm Rhodium Sehr schwache Verfärbung Gutes Ergebnis für Modeschmuck

Silber + org. Anlaufschutz mit Stromunterstützung

Keine Verfärbung Sehr gutes Ergebnis, geeignet für dekorative und technische Anwendungen

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frage zurück zu führen. Mit dem 3-Wege Katalysator, der in den 70er Jahren auf den Markt kam, stiegen z. B. die Kurse für die katalytisch wirksamen Edel-metalle Platin, Palladium und Rhodium drastisch an. Der Preis galvanisch abgeschiedener Edelmetalle ist jedoch nicht allein vom Kurs an der Börse abhängig. Ein wichtiger Faktor ist die Dichte, mit der das jewei-lige Metall aufgebracht wird. In Tabelle 2 sind die gal-vanisch abgeschiedenen Edelmetallkosten auf Basis der Kurse aus 2014 zum Vergleich aufgeführt. Dabei blieben die Kosten für die Chemikalien, die Bear-beitungskosten oder mögliche Verarbeitungsverluste unberücksichtigt, da sie von den jeweiligen Arbeits- bedingungen abhängen wie Elektrolyttyp, Artikelgeo-metrie, Durchsatz, Gestell- oder Trommelware, Hand- oder Automatengalvanik, um nur einige Beispiele zu nennen.

Gegenüber äußeren Einflüssen sind Edelmetalle be- sonders korrosionsbeständig. Treten Korrosionser-scheinungen auf, sind diese auf das Grundmaterial und/oder den Schichtaufbau zurückzuführen. In jedem speziellen Fall sollte Grundmaterial und Schichtauf-bau mit Korrosionstests geprüft werden. Härte und Abriebbeständigkeit sind sowohl bei dekorativen als auch bei technischen Anwendungen entscheidende Auswahlkriterien. Hier zeigt sich, dass Legierungs-abscheidungen gegenüber den Reinelementen die Schichteigenschaften deutlich verbessern, wie die Beispiele in Abbildung 2 und 3 verdeutlichen.

Speziell für dekorative Anwendungen sind Farbe und Helligkeit einer Schicht wichtige Entscheidungsfak-toren. Das Farbsystem der Lab-Werte erweist sich im Metallbereich als besonders geeignet. L steht für die

Helligkeit einer Farbe und reicht von 0 = Tiefschwarz bis 100 = Reinweiß. Der a-Wert steht für den Grün/Rot- und der b-Wert für den Gelb/Blau-Anteil einer Farbe. Auf dieser Skala hat Silber mit einem L-Wert von 98,2 den höchsten Weißanteil direkt gefolgt von Rhodium

(L = 91,2). Über Platin und Palladium sinken die L-Werte zum Ruthenium, welches, je nach Elektrolytführung, L-Werte von 75–45 annehmen kann. Die a- und b-Werte der weißen Edel-metalle weichen, wie es die Theorie er- warten lässt, nur wenig von Null ab. Wir haben gesehen, dass der Einbau von Legierungselementen auf Härte und Abrieb einen entscheidenden Ein- fluss hat, dagegen verändern sich die Farben der Schichten nur unwesent- lich. Die Farbwerte sind in Tabelle 3 im Vergleich zum Gold zusammenge- stellt.

Abb. 2: Härte der Edelmetallschichten im Vergleich, Aus-zug aus Vortrag von Erich Arnet

Abb. 3: Abrieb der Edelmetallschichten im Vergleich, Aus-zug aus Vortrag von Erich Arnet

Tab. 2: Vergleich der Preise galvanisch abgeschiedener Edelmetalle

EdelmetallSchichtdicke

in µmEM-Preis in Euro

Dichte in g/cm3

Gewicht in g/cm2

Preis je m2

Gold 24 ct 0,1 33,52 19,0 1,90 64,00

Gold 18 ct 0,1 25,14 15,0 1,50 44,00

Rhodium 0,1 25,95 12,4 1,24 31,00

Platin 0,1 35,30 21,0 2,10 74,00

Palladium 0,1 20,55 12,0 1,20 24,00

Ruthenium 0,1 2,15 12,0 1,20 2,60

Silber 0,1 0,53 10,5 1,05 0,55

Auszug aus Vortrag von Erich Arnet

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Bleiben wir bei den dekorativen Edelme-tallschichten, die unsere Gebrauchsartikel verschönern, ihren Wert steigern und ihre Lebensdauer verlängern. Unterschiedliche Gründe und nicht zuletzt die stetige Wert-steigerung der Edelmetalle haben dazu geführt, sie mit Schutzschichten zu über-ziehen. Einige Aufgaben der Beschich-tungen sind:• Sie verringern die Fingerprintempfind-

lichkeit der Oberfläche • Die Abriebbeständigkeit im Gebrauch

wird erhöht• Sie dienen als Anlaufschutz, z. B. auf

Silber• Der Korrosionsschutz des Artikels wird

verbessert• Kosten werden gesenkt, da dünnere

Edelmetallschichten möglich werden• Durch den Einsatz von z. B. Mattpartikeln im Lack

können optische Effekte erzeugt werdenDie gebräuchlichsten aus zahlreichen Möglichkei-ten sind transparente farblose Klarlacke. Je nach Anwendung, Material oder Schichtaufbau bieten sich unterschiedliche Lacksysteme an. In Tabelle 4 sind verschiedene Lacksysteme und deren Eigenschaften zusammengefasst.Über den technischen Einsatz der Edelmetalle wurde bisher nicht berichtet, dabei begleiten sie uns in den

Tab. 3: Farben und Helligkeit galvanischer Edelmetallschichten

EdelmetallHelligkeit

[L*]Grün/Rot

[a*]Blau/Gelb

[b*]

Gold 24 ct - Gold 24 ct 86,8 8,6 35,3

Gold 18 ct - Gold 18 ct 83,4 10,2 23,1

Rhodium 91,2 0,9 4,9

Rhodium/Ruthenium 80/20 88,8 0,4 3,3

Platin 87,4 0,5 6,2

Platin/Ruthenium 75/25 86,1 0,4 4,3

Palladium 86,3 0,6 5,8

Palladium/Nickel 80/20 84,5 0,7 5,8

Ruthenium 75 - 45 0,7 4,2

Silber 98,2 –0,1 3,5

Auszug aus Vortrag von Erich Arnet

Tab. 4: Vergleich der Lacksysteme

Lacksystem Lösemittel ApplikationTrocknung/Härten

Besonderheiten/Vorteile

Nasslack 1 Kompo-nente

Organisch/wässrig

Spritzen 130–200 °C Nur für temperaturstabile Materialien geeignetVollständige Härte ist sofort nach der Trocknung er-reichtGroßes Farbspektrum

Nasslack 2 Kompo-nenten

Organisch/wässrig

Spritzen ca. 80 °C Für temperaturempfindliche Materialien geeignetVollständige Härte wird nach ca. 2 Wochen erreichtGroßes Farbspektrum, Effektlackierung

Nasslack Wässrig Elektrochemi-sche Tauch- lackierung

130–180 °C Werkstoff muss elektrisch leitend seinHoher KorrosionsschutzHervorragendes Umgreifverhalten

Pulverlack Lösemittel-frei

Elektrostati-sches Sprüh-verfahren

110–250 °C Vollständige Härte ist sofort nach der Trocknung erreichtGroßes Farbspektrum

Auszug aus Vortrag Dr. Elke Moosbach

Abb 4: Farbwerte nach dem Lab-System, Quelle: Minolta

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vielen elektronischen und informationstechnischen Ge- räten täglich. Beinahe jedes Gerät in unserer hoch-technisierten Gesellschaft enthält Edelmetall. In Steckverbindern finden wir Hartgold, Palladium, Palladium/Nickel oder Silber. LEDs, Halbleiter und Leadframes werden partiell mit Gold, Rhodium und Silber beschichtet. Als Sonderverfahren können Reed- Kontakte genannt werden, in denen Ruthenium und Rhodium Verwendung finden.Steckverbinder, wie in Abbildung 5 gezeigt, verbinden zwei Übergangsmedien mittels eines lösbaren Kon-taktbereichs. Die Anforderungen sind anspruchsvoll, um eine häufige Anwendung und damit eine hohe Lebensdauer zu erreichen. In Tabelle 5 sind Materia-lien für Steckverbinder zusammengefasst. Wieder an-dere Anforderungen werden an Halbleiter- und LED-Techniken gestellt. Halbleiterelemente, sogenannte Leadframes, dienen zur Aufnahme und Kontaktierung von Bauelementen in der Mikroelektronik. Die Kon-taktoberflächen dieser Bauteilgruppen müssen spezi-elle Eigenschaften aufweisen:

• Hohe elektrische Leitfähigkeit• Niedrige Härte (Reibverschleiß wird bewusst in

Kauf genommen)• Korrosionsbeständigkeit gegenüber Angriffen aus

der Atmosphäre• Niedriger Diffusionskoeffizient für Kupfer• Bond- und Lötfähigkeit der Oberfläche

Ein Edelmetall, welches diese Eigenschaften auf sich vereint ist Gold, elektrolytisch abgeschieden mit einem Mindestgehalt von 99,00 %. Auch Palladium als End-schicht auf einer Nickelsperrschicht auf Kupfer als Grundmaterial bietet sich an.Nachdem die Glühbirne aus unseren Lampen verbannt wurde, findet die LED-Technik ein immer größeres Anwendungsfeld. Die Schicht auf dem Trägermaterial übernimmt zwei wesentliche Aufgaben. Sie sorgt für eine bondfähige Oberfläche und dient der Reflexion des vom Halbleiter erzeugten Lichts.Die Einsatzbereiche von Edelmetallen im technischen Bereich sind vielfältig und gehen weit über die hier aufgezeigten Beispiele hinaus. Gleichzeitig wird von der Industrie eine ressourcen- und kostensparende Herstellung erwartet. Wir sprechen von sehr kleinen Bauteilen, die in möglichst kurzer Zeit in sehr großen Stückzahlen und dabei oft nur auf einem kleinen Bereich der Gesamtfläche beschichtet werden sollen. Eine Herausforderung an die Galvanotechnik, die durch den Einsatz von sogenannten Bandanlagen ge-schickt gelöst wird.Bereits das Grundmaterial der Kontakte muss eine besonders gute Leitfähigkeit aufweisen, so dass sich hierfür Kupferlegierungen anbieten. Das Material

Abb. 5: Aufbau und Funktionsprinzip von Steckverbindern, Auszug aus Vortrag Alexander Peters

Tab. 5: Materialien in Steckverbindern

Funktion Materialien (Beispiele) Beispiel

Grundwerkstoff Mechanische Stabilität Kupfer/-legierungen

Edelstähle

CuNiSi-Bronze

Zwischenschicht Diffusionssperre

Korrosionsschutz

Einebnung der OF

Nickel

Palladium

Weißbronze

Glanz-Nickel

Matt-Nickel

Endschicht Elektrische Eigenschaften

Korrosionsbeständigkeit

Tribologische Eigenschaften

Hartgold

Silber

Palladium-Legierungen

AuCo/AuNi

AgNi

PdNi + Au-Flash

Auszug aus Vortrag Alexander Peters

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Referenten:

Erich Arnet, Geschäftsführer Z.O.G, Schwäbisch GmündInge Baumann, Umicore Galvanotechnik, Schwä-bisch GmündJoachim Grimm, Umicore Galvanotechnik, Schwä- bisch GmündOliver Kersten, Forschungsinstitut für Innovative Oberflächen, AalenDr. Elke Moosbach, Moosbach & Kanne GmbH, SolingenAlexander Peters, Umicore Galvanotechnik, Schwäbisch Gmünd

wird im Kaltwalzprozess zu Blechen verarbeitet, in die die Kontakte so gestanzt werden, dass sie wie an Bändern zusammenhängen, aus denen sie nach der Beschichtung vereinzelt werden. In den bereits erwähnten Bandanlagen werden die Kontaktbänder im Durchlaufverfahren beschichtet. Die entscheiden-den Vorteile dieser Beschichtungsverfahren sind:• Sehr hohe Durchsatzmengen werden realisiert, ty-

pisch sind 8–10 m/min• Kleine Badvolumina gestatten geringe Kapitalbin-

dung durch die Edelmetalle• Anlagen- und Prozessparameter können genau ein-

gehalten werden, so dass konstante Schichtdicken und Schichtqualitäten erreicht werden

• Selektivverfahren werden angewendet, so dass Metalle nur dort abgeschieden werden, wo sie ge-braucht werden

• Schichtaufbauten aus verschiedenen Metallen kön-nen nacheinander abgeschieden werden

• Selektivtechniken ermöglichen Einsparungen durch geringeren Edelmetallverbrauch

Auf diese Weise wird vorkonfektioniertes Bandma-terial in die Anlage eingeführt, es kommt fertig be-schichtetes Material heraus, das für die weiteren Ver-fahrensprozesse zur Verfügung steht.Die Diskussionsbereitschaft der Teilnehmerinnen und Teilnehmer war außergewöhnlich groß, so dass über das eigentliche Thema hinaus Fragen gestellt, disku-tiert und beantwortet wurden. Der Fachbereich von Prof. Sörgel ist hervorragend für praktische Versuche ausgestattet und verfügt über großzügige Seminar-räume. Und so erwies sich die TH Aalen als ausge-zeichneter Gastgeber, was nicht zuletzt der Zusam-menarbeit der dortigen Mitarbeiter zu verdanken ist, die während des Seminars und der Vor- und Nachbe-reitung ihre eigenen Forschungsarbeiten liegen ließen und dem Z.O.G. zur Verfügung standen. Ihnen und Hr. Prof. Sörgel gilt ein besonderer Dank.

-Text: Dr. Elke Moosbach/Fotos: Erich Arnet-

Schmerzensgeld für Mobbing

Mobbing am Arbeitsplatz kann unter bestimmten Umständen dazu führen, dass dem betroffenen Arbeitnehmer ein Anspruch auf Schmerzensgeld zusteht, dessen Höhe zum Beispiel von der Dauer und den Folgen des Mob-bings abhängen kann. Diverse Gerichte haben hierzu manchen Arbeitnehmern schon ordentliche Schmerzens-geldbeträge zugesprochen. Verhalten, welches arbeitsrechtlich zulässig ist, kann prinzipiell nicht als Mobbing gewertet werden. Dazu ist vielmehr ein systematisches und wiederholtes Anfeinden, Schikanieren oder Diskri-minieren durch Kollegen, Vorgesetzte oder den Arbeitgeber notwendig, so das Landesarbeitsgericht Düsseldorf in seinem Urteil vom 26.03.2013, Aktenzeichen 17 Sa 602/12. RAin G. Curschmann-Käsinger