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Grundsatz der Verträge sind einzuhalten. Vertragsbindung: Pacta sunt servanda. Vertrages

Grundsatz derVerträge sind einzuhalten. Vertragsbindung: Pacta sunt servanda. Die Wirkungen eines Vertrages

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Page 1: Grundsatz derVerträge sind einzuhalten. Vertragsbindung: Pacta sunt servanda. Die Wirkungen eines Vertrages

Grundsatz der Verträge sind einzuhalten.Vertragsbindung: Pacta sunt servanda.

Die Wirkungen eines Vertrages

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„Pacta sunt servanda.“Es ist ein Irrtum, wenn Menschen glauben, der Rücktritt, dieKündigung oder der Widerruf von Verträgen seien stets möglich.

Grundsatz der Vertragsbindung

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WiderrufIn den gesetzlich geregelten Fällen

Rücktritt

In den gesetzlich geregelten Fällen

Kündigung

In den gesetzlich geregelten Fällen

Grundsatz: Pacta sunt servanda.

Die Vertragsbindung und ihre Ausnahmen

Ausnahmen:

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In letzten Jahrzehnten wurden immer mehr Möglichkeiten zum Widerruf von einem Vertrag in das BGB eingefügt. Dies dient dem Verbraucherschutz und erfolgt oft zur Umsetzung von EU-Richtlinien.

Widerrufsrechte zum Schutz der Verbraucher

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Spezielle Widerrufsrechte

§ 312 BGB Haustürgeschäfte

§ 312 b BGB Fernabsatzverträge

§ 485 BGBTeilzeit-Wohnrechte

= mündliche Verhandlung am Arbeitsplatz / Bereich

Privatwohnung

= Verträge, die unter ausschließlicher Verwendung von

= Freizeitveranstaltung vom Unternehmer od. Dritten in seinem Sinne

Fernkommunikationsmitteln (…Kommunikationsmittel,…die

§ 495 BGBVerbraucher-darlehensverträge

= überraschendes Ansprechen im Bereich öffentlicher Verkehrsmittel/-flächen

ohne körperliche

Anwesenheit der Vertragsparteien…) zustande kommen

§ 505 BGB

RatenlieferungsV

Ausnahmen siehe 5.1.(3) oder § 312 BGB Abs. 3

Ausnahmen nach § 312 b Absatz 3 oder § 312 d Absätze 3 bis 5 BGB.

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Widerrufsrecht bei Haustürgeschäften

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• Ein Haustürgeschäft liegt vor, wenn ein Vertrag zwischen einem Verbraucher (§ 13) und einem Unternehmer (§ 14) über eine entgeltliche Leistung getroffen werden

• durch– mündliche Verhandlungen am Arbeitsplatz– mündliche Verhandlungen in einer Privatwohnung– überraschendes Ansprechen in öffentlichen

Verkehrmitteln– Verhandlungen im Rahmen von Freizeitveranstaltungen

Widerrufsrecht bei Haustürgeschäften § 312

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Teilzeit-Wohnungsrechte = Time-Sharing (§481)Beispiel: Anteil einer Ferienwohnung auf Mallorca

Widerrufsrecht bei Teilzeit-Wohnrecht § 485

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Widerrufsrecht bei Verbraucherdarlehen

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Ausnahmen vom Widerrufsrecht

Haustürverträge:

- Versicherungsverträgen oder wenn - mündliche Verhandlungen auf

vorhergehender Bestellung beruht - Leistung sofort bei

Vertragsabschluss erbracht worden ist und Entgelt unter 40 Euro liegt

- oder wenn eine notarielle Beglaubigung oder Beurkundung vorliegt

Fernabsatzverträge: - Fernunterricht (§ 1 FernunterrichtsG) - Teilnutzung von Wohngebäuden (§ 481 BGB) - Versicherungen - Veräußerung von Grundstücken (Veränderung

von dinglichen Rechten an Grundstücken) - Lieferung von Lebensmitteln, Getränken,

Haushaltswaren - Dienstleistungen über Unterbringung,

Beförderung und Lieferung von Lebensmitteln und Getränken sowie Freizeitveranstaltungen

- Verwendung von Warenautomaten und öffentlichen Fernsprecheinrichtungen

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Ausnahmen vom Widerrufsrecht bei Haustürgeschäften

bei Haustürgeschäften nach vorheriger Bestellung durch den Verbraucher, § 312 Absatz 3 BGB

bei sofortiger Erbringung der Leistung, wenn deren Wert bis zu 40 Euro beträgt

oder bei notarieller Beurkundung des Haustürgeschäfts

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Fernabsatzvertrag § 312b

b2c Unternehmer (§14)

1. Fernunterricht.

Verbraucher (§ 13)

2. Nutzung von Wohngebäuden

3. Versicherungen, Lebensmittel; Beförderung.

4. aus Automaten oder über die Benutzung von Telefonzellen

Tele oder Mediendienste, §§ 312b Absatz 2 BGB, 1 TMGWEB-Formulare, E-Mails u.ä.

TelefonTelefaxRundfunk

Briefe,Katalogeu.ä.

Vertrag zwischen Unternehmer und Verbraucher

über Waren oder Dienstleistungen mit Ausnahme von

unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmitteln

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Ausschluss des Widerrufsrechts (§312d Absatz 4 BGB)

bei Herstellung nach Kundenspezifikation

Videos, CD´s und Software

Wett- und Lotteriespiele

Zeitungen und Zeitschriften

Versteigerungen Aktien- und Devisengeschäfte, Wertpapierhandel

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Der 20-jährige Student S will die eine Computerzeitschrift abonnieren. Er stellt erfreut fest, dass die Zeitschrift für Studenten nur 29,40 Euro pro Jahr kostet und er bestellt das Abonnement per Internet. Die Kündigungsfrist beträgt ein Jahr.Kurze Zeit später stellt er fest, dass die Zeitschrift auch in der Hochschulbibiothek ausliegt. Er könnte sie also auch umsonst lesen. S will das Abo widerrufen.Kommt S aus dem Vertrag noch raus?

Übungsfall: Zeitschriftenabo

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Widerrufbarkeit nach Fernabsatzrecht S könnte entweder ein Widerrufsrecht nach den §§ 355, 312b BGB haben, weil er den Vertrag per Internet abschloss.

Kein Widerruf bei Zeitschriftenbestellungen Bei Fernabsatzverträgen zwischen Unternehmer und Verbraucher besteht in der Regel nach den §§ 355, 312b BGB für den Verbraucher ein Widerrufsrecht. Aber bei Verträgen über die Lieferung von Zeitschriften, Zeitungen und Illustrierten ist dieses nach § 312 d Abs.4 Nr.3 BGB ausnahmsweise ausgeschlossen. Widerrufbarkeit von RatenlieferungsverträgenRatenlieferungsverträge sind nach §505 Absatz 1 Satz 1 BGB in der Regel widerrufbar. Und das Zeitschriftenabo ist nach §505 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 BGB ein Ratenlieferungsvertrag.

Lösungsvorschlag 1

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Widerrufbarkeit bei geringen TeilzahlungsratenAusnahmsweise ist dieses Widerrufsrecht aber nach § 505 Absatz 1 Satz 2 BGB ausgeschlossen, wenn die bis zum frühestmöglichen Kündigungszeitpunkt zu entrichtenden Teilzahlungen in der Summe weniger als 200 Euro betragen (§ 505 Abs.1 Sätze 1 und 2 iVm § 491 Abs.2 Nr.1 BGB).

Kein Widerruf bei Zeitschriftenbestellungen Da das Abo von S weniger als 200 € kostet, kann nicht widerrufen. Er muss das Abo bezahlen

...

Lösungsvorschlag 2

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Martina hat sich im Internet eine Zeitschrift für ein Jahr für monatlich 10 € abonniert.

Einige Tage später erfährt sie von ihrer Freundin Monika, dass Monika sich die Zeitschrift gerade gestern ebenfalls an der Haustür von einem Vertreter aufschwatzen ließ und sofort dort das Abo unterschrieben hat.

Martina und Monika wollen sich jetzt ein Abonnent teilen und das andere stornieren.

Kommen Martina oder Monika aus ihrem Vertrag wieder heraus?

Fall: Zeitschriftenabonnements

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Widerrufsrecht für Martina

Grundsatz der VertragsbindungGrundsätzlich sind abgeschlossene wirksame Verträge bindend. Die daraus resultierenden Verpflichtungen sind zu erfüllen, falls nicht ausnahmsweise ein Kündigungs-, Rücktriftts- oder Widerrufsrecht besteht.

Ausnahme: Widerrufsrecht für Fernabsatzverträge Für Fernabsatzverträge sehen die §§ 355 und 312d ausnahmsweise ein Widerrufsrecht vor. Und Internetgeschäfte sind nach § 312b BGB Fernabsatzgeschäfte.

Ausnahme zur Ausnahme: Kein Widerruf bei ZeitungenAber auch zu dieser Ausnahmeregelung gibt es wieder Ausnahmen. Beim Fernabsatzvertrag über die Lieferung von Zeitungen, Zeitschriften und Illustrierten besteht nach § 312d Absatz 4 Nr. 3 BGB kein Widerrufsrecht.

Lösungsvorschlag 1

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Grundsatz: Widerrufsrecht bei RatenlieferungsverträgenNach den §§ 491, 495, 355 BGB gibt es bei Ratenlieferungs-verträgen grundsätzlich ein Widerrufsrecht.

Ausnahme: Kein Widerruf bei geringen Raten Eine Ausnahme gilt für den Fall, dass die bis zum frühest möglichen Kündigungszeitpunkt zu entrichtenden Teil-zahlungen in der Summe nicht mehr als 200 Euro betragen(§ 505 Abs. 1 und 2, § 491 Abs. 2 Nr. 1 BGB).

Martina kann nicht widerrufen.

Widerrufsrecht für MonikaNach den §§ 312, 355 BGB besteht bei Haustürgeschäften ein Widerrufsrecht. Die insoweit nach § 312 Absatz 3 gere-gelten Ausnahmen treffen im Falle von Monika nicht zu.Monika kann ihr Abo widerrufen.

Lösungsvorschlag 2

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• Teil des Verbraucherschutzes

• Ursprünglich eigenes Gesetz(.06.2000 bis .01.2002) FernAbsG

• Durch Schuldenrechtsmoder-nisierung Übernahme in das BGB(am .01.2002)

• Nun in BGB § 312b § 312f

Geschichte des Fernabsatzrechts

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• Der Kunde sieht die Ware nie vor Vertragsabschluss und kann ihre Eigenschaften daher nicht wahrnehmen.

• Der Kunde kann die Mängel der Kaufsache nicht wahrnehmen.

• Der Kunde kann die Kaufsache vor Vertragsschluss nicht testen.

Gründe für die Entstehung des Fernabsatzrechts

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Kauf- oder Dienstleistungsverträge…

…zwischen Unternehmen und Verbraucher

...abgeschlossen über:

• Telefon

• Internet

• Briefbestellung

• o.ä. Fernkommunikationsmittel

Anwendungsbereich der §§ 312b ff.

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§ 312b Absatz 3 BGB:• Teilzeitnutzung von Wohngebäuden• Versicherungen• Grundstücksgeschäfte• Sachen des tägliches Bedarfs, welche regelmäßig

geliefert werden• Dienstleistungen mit festen Zeitpunkt, Beförderung,

Unterbringung, Lieferung von Speisen und Freizeitgestaltung

• Benutzung von öffentlichen Fernsprechern• Verträge über Warenautomaten

Ausnahmen vom Anwendungsbereich

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Vor Abschluss eines jeden Vertrages… informieren über:

• volle Identität• komplette Anschrift• wesentliche Merkmale seiner

Ware oder Dienstleistung• alle Teile der Vertragsbedienungen• Hinweis auf die AGB geben

• Insbesondere: Widerrufs- und Rückgaberecht

Informationspflichten§ 312c und BGB-Info-VO

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Der Unternehmer kann informieren …

• persönlich am Telefonjedes Mal

• über das Internetwenn er vor jedem Abschluss draufaufmerksam macht!

• im Katalog oder

• auf dem Bestellschein

Informationswege

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• erkennbare, wirksame undzugängliche Eingabefelder

• Vor Abschluss ist der Vertragspartner auf seineRechte hinzuweisen.

• Der Zugang der Bestellung ist unverzüglich zu bestätigen (Sog. Autoreply).

• Alle Vertragsbestimmungen und AGB sind ständig zugänglich zu machen und sie müssen abspeicherbar sein

Ausnahmen gelten für individuell vereinbarte Verträge.

Formulargestaltung

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Unternehmer kann Verweise tätigen, wenn…

• Leicht zu finden

• Immer aufrufbar

• Immer gültig

Links auf vorgeschriebene Informationen

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• Widerrufsrecht: Dauer: 2 Wochen– Beginn: Erhalt der Ware oder Beginn der Dienstleistung– Es zählt der versandt Tag– Grundsatz: Widerruf der Willenserklärung

ODER

• Rückgaberecht: BGB §356

– Dauer: nicht weniger als 2 Wochen– Beginn: siehe oben– Es zählt der Versandtag– Grundsatz: Eintausch der Ware gegen ursprüngliche Kaufsumme

Widerrufs- oder Rückgaberecht, § 355

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• Waren, welche nach Kundenspezifikationen angefertigt wurden

• Ware, welche leicht verderblich ist• Audio, Video oder Datenträger welche vor Gebrauch

entsiegelt werden müssen• Zeitungen, Zeitschriften oder Illustrierte• Lotterie- oder Wett-Dienstleistungen• Waren oder Dienstleitungen, welche durch Ersteigerungen

erworben wurden• und bei einigen Finanzdienstleistungen

Ausnahmen vom Widerrufsrecht, §312d Abs. 4

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Frau K möchte ihr Wohnzimmer neu einrichten, dazu kauft sie sich eine neue Sitzgarnitur und bestellt sich beim Versandhaus Q telefonisch passend dazu schöne Vorhänge. Da aber Frau K in einer Altbauwohnung lebt müssen die Vorhänge extra für sie angefertigt werden. Frau K nimmt den Aufpreis an. Als die Vorhänge geliefert werden, trifft Frau K beinahe der Schlag. Denn die Vorhänge haben wider Erwarten einen anderen Farbton als die Couch. Entrüstet ruft Fr. K beim Versandhaus an und will die Lieferung widerrufen.

Muss Frau K die Vorhänge abnehmen und bezahlen?

Fallbeispiel: Fensterschmuck

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WiderrufsrechtDas Recht zum Widerruf hat Frau K nach § 355 BGB nur, wenn sie mit Q einen Fernabsatzvertrag im Sinne von § 312b BGB geschlossen hat. Fernabsatzgeschäft Der telefonisch geschlossene Vertrag ist in Abwesenheit der Vertragspartner ausschließlich unter Verwendung von Fernkommunikationsmitteln zustande gekommen und das Versandhaus ist auch so organisiert. Es handelt sich also um ein Fernabsatzgeschäft.

Ausschluss des WiderrufsrechtsDer Widerruf ist nach §312d Absatz 4 BGB ausgeschlossen. Die bestellten Vorhänge wurden entsprechen den Wünschen von Frau K angefertigt und sind somit für den Weiterverkauf unbrauchbar. Somit muss Frau K trotz der unterschiedlichen Farbtöne die Lieferung annehmen und bezahlen.

Lösung des Fallbeispiels

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Student V braucht dringend Geld und entschließt sich schweren Herzens zum Verkauf seines ein Jahr alten BMW´s. Dessen Verkehrswert beträgt laut Schwackeliste 35.000 €.V möchte für den BMW mindestens 30.000 € bekommen.Er bietet ihn bei ebay gegen Höchstgebot an. Um den Bieter-wettbewerb zu forcieren, verzichtet V auf die Festlegung eines Mindestgebots. Der Startpreis beträgt somit 1 €.

Die Sache geht voll nach hinten los. Der Maurer K gibt mit 18.000 € das höchste Gebot ab.

V meint, die Anzeige bei ebay sei - wie jede Werbung - noch nicht bindend. Erst der Käufer unterbreite ein Kaufangebot. Und das müsse er nicht annehmen. Es gelte schließlich Ver-tragsfreiheit. Vorsorglich erkläre er den Widerruf.

K will von V den BMW für 18.000 € geliefert bekommen. Wer hat Recht?

Fall: Verbindlichkeit einer Online-Auktion

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Anspruch auf Lieferung gemäß § 433 Absatz 1 BGBNach § 433 Absatz 1 BGB hat K einen Anspruch auf Lieferung des BMW´s zum vereinbarten Preis, wenn auf elektronischem Weg ein wirksamer Kaufvertrag geschlossen wurde und V diesen nicht widerrufen kann .

Vertragsschluss Verträge kommen nach den §§ 145 ff. BGB durch Angebot und Annahme zustande. Ein Vertrag ist deshalb nur zustande-gekommen, wenn bereits V ein bindendes Verkaufsangebot abgegeben hat, indem er das Angebot in das Internet gestellt hat.

Unverbindlichkeit von WerbungWerbeanzeigen stellen in der Regel noch keine bindende Willenserklärung dar, da sich der Verkäufer erkennbar nicht gegenüber allen Lesern der Werbung zum Verkauf verpflich-ten möchte.

Lösungsvorschlag I

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invitatio ad offerendumWerbeanzeigen sind deshalb nur als Einladung an den Kauf- interessenten zu verstehen, dass er seinerseits ein Kaufangebot abgibt. Wer online Werbung macht, bindet sich also noch nicht.Unterschiede von Online-Auktion und Online-Werbung Anders als die Online-Werbung soll die Online-Auktion aber beide Seiten bereits binden. Der Käufer soll an die Abgabe seines Gebots gebunden sein. Und der Verkäufer bindet sich bereits durch das Einstellen des Verkaufsangebots zum Verkauf an den meist Bietenden. So steht es auch in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen von ebay und auf dieser Grundlage geben beide Vertragsteile ihre Erklärungen ab.

Angebot und AnnahmeV hat somit an den Meistbietenden ein Lieferangebot abge-geben und dies hat K zum Preis von 18.000 € angenommen.

Fortsetzung der Lösung II

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WiderrufsrechtV muss deshalb den verkauften BMW zum Preis von 18.000 € an K liefern, sofern er den Vertrag nicht ausnahmsweise widerrufen kann. Vertragsbindung Grundsätzlich sind Verträge bindend. Man kann von ihnen in der Regel nicht zurücktreten und man kann sie auch nicht widerrufen. Anders ist es nur in den vertraglich oder gesetzlich geregelten Ausnahmefällen (§§ 346, 355 BGB).

WiderrufsrechtNach § 355 BGB besteht ein Widerrufsrecht nur in den gesetzlich geregelten Fällen. Nach § 312d BGB Absatz 1 Satz 1 ist dies bei einem Fernabsatzvertrag der Fall.FernabsatzvertragDer Begriff des Fernabsatzvertrages ist in § 312b Absatz 1 Satz 1 BGB definiert.

Fortsetzung der Lösung III

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Vertrag zwischen Unternehmer und VerbraucherFernabsatzvertrag kann nach § 312b Absatz 1 Satz 1 BGB nur ein Vertrag zwischen Unternehmer und Verbraucher sein. Begriff des Unternehmers und des Verbrauchers Unternehmer ist nach § 14 BGB, wer bei Abschluss des Rechtsgeschäfts in Ausübung seiner gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit handelt. Der Maurer K handelt bei dem ebay-Kauf nicht in Ausübung seiner beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit. K handelt nicht als Unternehmer.

ErgebnisDa K nicht als Unternehmer handelt, kann der zwischen ihm und V geschlossene Vertrag kein Fern-absatzvertrag sein. V hat kein Widerrufsrecht. Er muss den geschlossenen Kaufvertrag erfüllen und den BMW zum vereinbarten Preis von 18.000 € übereignen.

Fortsetzung der Lösung IV

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K informiert sich per Internet über kostengünstige neue Notebooks. Er schließt per Internet einen Kaufvertrag mit V, einem gewerblichen Verkäufer von PC´s.

K wird sofort nach Vertragsschluss von V per Email über sein Widerrufsrecht ordnungsgemäß aufgeklärt.

Nach 10 Tagen erhält K die Ware. Er findet aber keine Zeit, um das Notebook in Betrieb zu nehmen. Nach weiteren 21 Tagen möchte er deshalb das Notebook zurückgeben.

Hat K noch ein Recht zum Widerruf?

Fall: Widerrufsbelehrung per E-Mail

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WiderrufsrechtK steht ein Widerrufsrecht nach den §§ 355, 312b BGB zu. Widerrufsfrist Die Frist berechnet sich nach §355 Absatz 2 BGB. Wäre K schon während des Vertragabschlusses ordnungsgemäß über seine Rechte belehrt worden, stünden ihm nur 14 Tage zur Verfügung. So aber steht K nach § 355 Absatz 2 Satz 2 BGB eine Frist von einem Monat zu, um von seinem Widerrufsrecht Gebrauch zu machen, weil er erst nach dem Vertragabschluss über sein Widerrufsrecht ordnungsgemäß belehrt wurde.

FristbeginnNach §355 Absatz 3 Satz 1 BGB beginnt beginnt die Wider-rufsfrist erst zu laufen, wenn der Verbraucher die Ware erhal-ten hat, also erst 10 Tage nach Vertragsschluss. Und dies ist erst 21 Tage her. Die Monatsfrist ist noch nicht abgelaufen.K kann den Kaufvertrag noch widerrufen.

Lösung des Fallbeispiels

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Student S bestellt über ebay von der Gericom Deutschland AG ein Notebook durch Klicken der Option „Sofort kaufen“. Am selben Tag bekommt er von Gericom ein Mail, worin die Bestellung bestätigt und ein Liefertermin angekündigt wird. Als er einen Tag später im Internet von zahlreichen Beschwerden über dieses Unternehmen liest, überlegt S es sich anders und er sendet über ebay an Gericom ein Mail, worin er seine Bestellung widerruft.

Gericom meint, Vertrag sei Vertrag und besteht auf der Abnahme und der Zahlung des Notebooks.

Zu Recht?

BGB § 156Bei einer Versteigerung kommt der Vertrag erst durch den Zuschlag zustande. Ein Gebot erlischt, wenn ein Übergebot abgegeben oder die Versteigerung ohne Erteilung des Zuschlags geschlossen wird.

Fall: Gericom 1

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KaufvertragGericom hat Anspruch auf Abnahme des Geräts nach § 433 Absatz 1 BGB und auf dessen Bezahlung nach § 433 Absatz 2 BGB, wenn zwischen ihr und S ein Kaufvertrag besteht.

Elektronischer VertragsschlussDie Internetwerbung von Gericom stellt ein Angebot dar, und nicht nur die Einladung zur Abgabe eines Angebotes.

Der Kaufvertrag ist somit gemäß den §§ 145 ff. BGB durch Angebot von S und die Annahme durch Gericom zustande gekommen. VertretungDabei wurde Gericom wirksam durch den dazu bevollmäch-tigten Mitarbeiter vertreten (§§ 164, 167 BGB).

Lösungsvorschlag 1

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Wirksamkeit des WiderrufsWenn dem S ein Widerrufsrecht zusteht, hat er den Vertrag fristgerecht und formgerecht widerrufen. Denn durch das abgesendete und zugegangene E-Mail ist die vorgeschriebene Textform (§ 355 Absatz 1 Satz 2, 126b BGB) und die vorge-sehene Frist (§ 355 Absäze 2 und 3 BGB) gewahrt. Anwendbarkeit des FernabsatzrechtsEin Widerrufsrecht steht S nur zu, wenn es gesetzlich vorge-sehen ist. Für Fernabsatzverträge ist ein Widerrufsrecht nach§ 312d Absatz 1 Satz 1 BGB grundsätzlich vorgesehen. Und die mittels der Auktionsplattform ebay geschlossenen Verträge sind nach § 312b Absatz 1 Satz 1 BGB Fernabsatzverträge.Ausnahme für Versteigerungen iSv § 156 BGBAber das Widerrufsrecht besteht ausnahmsweise nach § 312d Absatz 4 Nummer 5 BGB nicht bei Fernabsatzverträgen, die in Form einer Versteigerung nach § 156 BGB geschlossen wurden.

Lösungsvorschlag 2

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Keine Versteigerung bei „sofort kaufen“Es mag problematisch sein, ob eine Ersteigerung per „Gebot abgeben“ eine Versteigerung im Sinne von § 126 BGB ist. Die „Sofort Kaufen“-Option führt aber jedenfalls nicht zu einem Erwerb im Wege der Versteigerung.

WiderrufsrechtS kann den Vertrag nach § 355 BGB widerrufen und muss das Notebook weder abnehmen noch bezahlen.

.

Lösungsvorschlag 3

Page 43: Grundsatz derVerträge sind einzuhalten. Vertragsbindung: Pacta sunt servanda. Die Wirkungen eines Vertrages

Student S ersteigert bei ebay ein von der Gericom AG produziertes Notebook durch Klicken der Option „Bieten“. Am selben Tag bekommt er von dem Verkäufer, einem ebay-Powerseller ein Mail, worin die Bestellung bestätigt und ein Liefertermin angekündigt wird. Als er einen Tag später im Internet von zahlreichen Beschwerden über dieses Unternehmen liest, überlegt S es sich anders und er sendet über ebay an den Verkäufer eine Mail, worin er seine Bestellung widerruft.

Der Verkäufer meint, Vertrag sei Vertrag und besteht auf der Abnahme und der Zahlung des Notebooks.

Zu Recht?

BGB § 156Bei einer Versteigerung kommt der Vertrag erst durch den Zuschlag zustande. Ein Gebot erlischt, wenn ein Übergebot abgegeben oder die Versteigerung ohne Erteilung des Zuschlags geschlossen wird.

Fall: Gericom 2

Page 44: Grundsatz derVerträge sind einzuhalten. Vertragsbindung: Pacta sunt servanda. Die Wirkungen eines Vertrages

KaufvertragGericom hat Anspruch auf Abnahme des Geräts nach § 433 Absatz 1 BGB und auf dessen Bezahlung nach § 433 Absatz 2 BGB, wenn zwischen ihr und S ein Kaufvertrag besteht.

Elektronischer VertragsschlussDie Internetwerbung von Gericom stellt ein Angebot dar, und nicht nur die Einladung zur Abgabe eines Angebots.

Der Kaufvertrag ist somit gemäß den §§ 145 ff. BGB durch Angebot von S und die Annahme durch Gericom zustande gekommen. VertretungDabei wurde Gericom wirksam durch den dazu bevollmäch-tigten Mitarbeiter vertreten (§§ 164, 167 BGB).

Lösungsvorschlag 1

Page 45: Grundsatz derVerträge sind einzuhalten. Vertragsbindung: Pacta sunt servanda. Die Wirkungen eines Vertrages

Wirksamkeit des WiderrufsWenn dem S ein Widerrufsrecht zusteht, hat er den Vertrag fristgerecht und formgerecht widerrufen. Denn durch das abgesendete und zugegangene E-Mail ist die vorgeschriebene Textform (§ 355 Absatz 1 Satz 2, 126b BGB) und die vorge-sehene Frist (§ 355 Absäze 2 und 3 BGB) gewahrt. Anwendbarkeit des FernabsatzrechtsEin Widerrufsrecht steht S nur zu, wenn es gesetzlich vorge-sehen ist. Für Fernabsatzverträge ist ein Widerrufsrecht nach§ 312d Absatz 1 Satz 1 BGB grundsätzlich vorgesehen. Und die mittels der Auktionsplattform ebay geschlossenen Verträge sind nach § 312b Absatz 1 Satz 1 BGB Fernabsatzverträge.Ausnahme für Versteigerungen iSv § 156 BGBAber das Widerrufsrecht besteht ausnahmsweise nach § 312d Absatz 4 Nummer 5 BGB nicht bei Fernabsatzverträgen, die in Form einer Versteigerung nach § 156 BGB geschlossen wurden.

Lösungsvorschlag 2

Page 46: Grundsatz derVerträge sind einzuhalten. Vertragsbindung: Pacta sunt servanda. Die Wirkungen eines Vertrages

Begriff der VersteigerungNach dem umgangssprachlichen Sprachverständnis ist eine ebay-Auktion eine Versteigerung. Der Text des § 156 BGB macht aber deutlich, dass bei einer Versteigerung im Sinne von § 156 BGB der Vertragsschluss nicht durch eine Annahmererklärung des Vertragspartners sondern durch den Zuschlag des Versteigerers zustande kommt.

Vertragsschluss durch Zuschlag?Die ebay-Auktion ist also nur dann eine Versteigerung im Sinne von § 156 BGB, wenn das Auktionshaus einen Zuschlag erteilt. Bei ebay gibt das Auktionshaus jedoch keinerlei eigene Willenserklärung ab.

elektronischer Zuschlag?Dies gilt auch für die elektronische Mitteilung, das die Auktion jetzt beendet ist. Den Zeitpunkt für diese Mitteilung legt nicht das Auktionshaus, sondern der Verkäufer fest.

Lösungsvorschlag 3

Page 47: Grundsatz derVerträge sind einzuhalten. Vertragsbindung: Pacta sunt servanda. Die Wirkungen eines Vertrages

Bestimmung einer Annahmefrist und kein ZuschlagDeswegen kann die elektronische Mitteilung über die Beendigung der Auktion auch nicht als elektronischer Zuschlag durch das Auktionshaus nach § 156 BGB angesehen werden, sondern es handelt sich um eine Mitteilung des Verkäufers über den Ablauf der von ihm nach § 148 BGB bestimmten Annahmefrist.

Vertrasschluss durch Annahme statt durch ZuschlagNach allem kommt der Vertrag bei ebay nicht durch Zu-schlag des Versteigerers sondern durch Annahme des Käu-fers zustande. § 156 BGB findet ebenso wenig Anwendung wie die Ausnahme des § 312d Absatz 4 Nummer 5 BGB.

Analoge Anwndung des § 312d Absatz 4 Nummer 5 BGBDie analoge Anwendung einer Rechtsvorschrift kommt nur in Betracht, wenn das Gesetz eine planwidrige Lücke enthält und der geregelte Fall dem zu entscheidenden vergleichbar ist.

Lösungsvorschlag 4

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planwidrige LückeDie Frage, ob ein Widerrufsrecht auch für Verträge ausge-schlossen ist, die durch eine Internet-Auktion geschlossen wurden, ist im Gesetz nicht geregelt. Ob diese Lücke planwidrig oder beabsichtigt war, ergibt sich aus dem Willen des Gesetzgebers. Dieser ergibt sich durch Gesetzesauslegung.

AuslegungsmethodenGesetze können an Hand des Wortlauts, der Entstehungs-geschichte, nach ihrer Systematik und nach ihrem Sinn und Zweck ausgelegt werden.

Auslegung nach Sinn und ZweckDer Sinn des Widerrufsrechts besteht darin, den Verbraucher vor Fehlentscheidungen zu schützen, die daraus entstehen, daß der Verbraucher im Fernabsatzgeschäft nicht die Möglichkeit hat, die Ware vor Vertragsschluß zu besichtigen. Dieses Schutzbedürfnis besteht gerade auch bei ebay-Auktionen.

Lösungsvorschlag 5

Page 49: Grundsatz derVerträge sind einzuhalten. Vertragsbindung: Pacta sunt servanda. Die Wirkungen eines Vertrages

Dem Ausschluss des Widerrufsrechts bei Versteigerungen nach § 156 BGB liegt die Erwägung zugrunde, dass die Durchführung der Versteigerung durch das Widerrufs-recht erschwert wird. Dies trifft für herkömmliche Versteige-rungen durch einen Auktionator jedoch in stärkerem Umfang zu als im Falle des von ebay entwickelten Verfahrens. Systematische AuslegungAusnahmeregelungen sind immer eng auszulegen. Das Widerrufsrecht ist ein Grundsatz für alle Fernabsatzgeschäfte. Die Ausnahme für Versteigerungen ist daher eng auszulegen. Eine andere Auslegung ist auch nicht durch die Entstehungs-geschichte dieses Gesetzes geboten.Kein Ausschluss des WiderrufsrechtsDas Widerrufsrecht ist nicht nach § 312d Absatz 4 Nummer 5 BGB ausgeschlossen. S kann nach § 355 Absatz 1 Satz 1 BGB widerrufen. Er muss das Notebook nicht abnehmen und Kauf-preis und Versendungskosten nicht bezahlen.

Lösungsvorschlag 6

Page 50: Grundsatz derVerträge sind einzuhalten. Vertragsbindung: Pacta sunt servanda. Die Wirkungen eines Vertrages

Der bei der Siemens AG für den Einkauf verantwortliche Mitarbeiter bestellt für Siemens per Internet von einem großen Papierhersteller für 5.000 € Papier. Einen Tag später geht per E-Mail bei Siemens die Auftragsbestätigung des Papier-herstellers ein. Das Papier soll danach in 14 Tagen geliefert werden.

Der Mitarbeiter von Siemens bemerkt drei Tage später ein um tausend Euro günstigeres Angebot eines anderen Papier-herstellers. Im Namen der Siemens AG widerruft er die Bestellung nach § 355 BGB.

Der Papierhersteller verlangt trotzdem Abnahme und Bezahlung des Papiers.

Zu Recht?

Fall: Papiereinkauf

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KaufvertragDer Papierhersteller hat einen Anspruch auf Abnahme des Papiers nach § 433 Absatz 1 BGB und auf dessen Bezahlung nach § 433 Absatz 2 BGB, wenn zwischen ihm und Siemens ein Kaufvertrag besteht.Elektronischer VertragsschlussDie Internetwerbung des Papierherstellers stellt kein Angebot dar, sondern nur die Einladung zur Abgabe eines Angebots.

Der Kaufvertrag ist somit gemäß den §§ 145 ff. BGB durch Angebot von Siemens und Annahme durch den Papierhersteller zustande gekommen. VertretungDabei wurde Siemens wirksam durch den dazu bevollmäch-tigten Mitarbeiter vertreten (§§ 164, 167 BGB).

Lösungsvorschlag

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Elektronischer VertragsschlussDer Abschluss eines Kaufvertrages ist nicht an eine bestimmte Form gebunden. Mit dem Ausfüllen des elektronischen Bestellformulars hat der Mitarbeiter ein Angebot für Siemens abgegeben. Dieses hat der Papierhersteller durch sein E-Mail angenommen.

WiderrufNach § 355 Absatz 1 Satz 1 BGB hat Siemens nur ein Wider-rufsrecht, wenn dies gesetzlich bestimmt ist. Nach § 312d Absatz 1 Satz 1 BGB steht aber bei Fernabsatzverträgen nur dem Verbraucher ein Widerrufsrecht nach § 355 BGB zu. VerbraucherVerbraucher kann nach den § 13 und 14 BGB nur eine natürliche Person sein. Siemens ist nicht Verbraucher, sondern Unternehmer. Siemens hat kein Widerrufsrecht. Siemens muss das Papier abnehmen und bezahlen.

Fortsetzung der Lösung

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V ist Autohändler. Die Geschäfte laufen mal wieder schlecht. Er braucht dringend Geld. Deshalb möchte er seine neue noch nicht benutzte Armbanduhr verkaufen. Er fotografiert die Armbanduhr und bietet sie bei ebay an. Dort bietet er sie mit einem Startpreis von 100 € zur Versteigerung an und bestimmt für die Internet-Auktion eine Laufzeit von einer Woche.

Student K gibt 1 Minute vor Auktionsende mit 150 € das höchste Gebot ab. K bezahlt den Kaufpreis und erhält die Uhr.

Die Uhr funktioniert und sie entspricht auch der Beschreibung. Aber K findet, dass die Uhr auf dem Foto irgendwie besser ausgesehen hat. Acht Tage nach Beendigung der Auktion teilt K dem V per E-Mail mit, dass er den Vertrag nach § 355 BGB widerrufe und dass er den Kaufpreis zurück haben will.

Darf V die Kaufpreisrückzahlung verweigern?

Fall: Notverkauf

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KaufvertragV hat Anspruch auf Abnahme der Uhr nach § 433 Absatz 1 BGB und auf deren Bezahlung nach § 433 Absatz 2 BGB, wenn zwischen V und K ein Kaufvertrag besteht.Elektronischer VertragsschlussDieser ist gemäß den §§ 145 ff. BGB durch Angebot des V und Annahme des K zustandegekommen. Dieser Vetrag ist auch nicht wegen eines Formvertoßes nach § 125 BGB unwirksam. Denn weder durch Gesetz noch durch einen Vertrag ist für den Abschluss des Kaufvertrages eine bestimmte Form vorgeschrieben. Da weder Schriftform noch Textform vorgeschrieben sind, kann der Vertrag auch per Click im Internet-Browser geschlossen werden.Erlöschen des Vertrags durch WiderrufDer Vertrag wäre nach den §§ 346 Absatz 1, 357 Absatz 1 Satz 1 BGB rückgängig zu machen, wenn K das ausgeübte Widerrufsrecht tatsächlich zusteht.

Lösungsvorschlag

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WiderrufsrechtNach § 355 Absatz 1 Satz 1 BGB hat K nur ein Widerrufs-recht, wenn dies gesetzlich bestimmt ist. Nach § 312d Absatz 1 Satz 1 BGB steht dem Verbraucher bei Fernabsatzverträgen ein Widerrufsrecht nach § 355 BGB zu.

FernabsatzvertragAls Fernabsatzvertrag gilt nach § 312b Absatz 1 Satz 1 BGB nur ein Vertrag zwischen Unternehmer und Verbraucher.

Definition von Unternehmer und VerbaucherUnternehmer ist nach § 14 BGB nur eine natürliche Person, die bei Abschluss des Rechtsgeschäfts in Ausübung ihrer ge-werblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt. Verbraucher ist nach § 13 BGB jede natürliche Person, die ein Rechtsgeschäft zu einem Zwecke abschließt, der weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbständigen beruflichen Tätigkeitzugerechnet werden kann.

Fortsetzung der Lösung II

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Unternehmereigenschaft des VBei Abschluss des Rechtsgeschäfts handelt V nicht in Aus-übung seiner gewerblichen Tätigkeit, weil er Autoverkäufer ist und der Verkauf der Uhr damit nicht in Zusammenhang steht. V ist also nach der Definition der des § 14 kein Unternehmer. Vielmehr sind bei dem Uhrenverkauf V und K beide Verbraucher im Sinne des § 13 BGB.ErgebnisSomit ist der Kaufvertrag nicht zwischen einem Unternehmer und einem Verbaucher zustandegekommen und er ist deshalb nach der Definition des § 312b Absatz 1 Satz 1 BGB kein Fernabsatzvertrag. Deswegen hat K kein Widerrufsrecht nach § 312d Absatz 1 Satz 1 BGB. Dass K findet, „die Uhr habe auf dem Bild irgendwie besser ausgesehen“, stellt keinen Mangel der Kaufsache im Sinne von § 434 BGB dar, der ihn nach den §§ 437, 440, 323 BGB zur Rückgabe berechtigt. V schuldet keine Rückerstattung des Kaufpreises.

Fortsetzung der Lösung III

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V handelt gewerblich mit Schmuckstücken. Er ist Powerseller bei ebay. Dort stellt V ein „15,00ct. Diamanten-Armband“ mit einem Startpreis von 1 € zur Versteigerung ein und bestimmt für die Internet-Auktion eine Laufzeit von einer Woche.

K gibt 2 Minuten vor Auktionsende mit 252 € das höchste Ge-bot ab. Einen Tag nach Beendigung der Auktion teilt K dem V per E-Mail mit, dass er den Vertrag widerrufe und dass er Abnahme und Bezahlung des Diamanten-Armbands ablehne.

V beruft sich auf § 312d Absatz 4 Nummer 5 BGB. Er lässt dem K das Armband durch einen Paketdienst zustellen und verlangt 252 € für die Ware und 11 € für den Versand.

K beruft sich auf § 355 Absatz 1 Satz 1 BGB und verweigert die Zahlung der 263 €. Das Armband könne sich V bei K wieder abholen.Wer hat Recht? (BGH vom 03.11.2004 AZ: VIII ZR 375/03)

Fall: Widerrufrecht bei Online-Auktion?

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Hat der Antragende für die Annahme des Antrags eine Frist

bestimmt, so kann die Annahme nur innerhalb der Frist

erfolgen.

BGB § 156 Vertragsschluss bei Versteigerung

1Bei einer Versteigerung kommt der Vertrag erst durch den

Zuschlag zustande. 2Ein Gebot erlischt, wenn ein Übergebot

abgegeben oder die Versteigerung ohne Erteilung des

Zuschlags geschlossen wird.

BGB § 148 Bestimmung einer Annahmefrist

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KaufvertragV hat Anspruch auf Abnahme des Armbands nach § 433 Ab-satz 1 BGB und auf dessen Bezahlung nach § 433 Absatz 2 BGB, wenn zwischen V und K ein Kaufvertrag besteht.Elektronischer VertragsschlussDieser ist gemäß den §§ 145 ff. BGB durch Angebot des V und Annahme des K zustandegekommen. Dieser Vetrag ist auch nicht wegen eines Formvertoßes nach § 125 BGB unwirksam. Denn weder durch Gesetz noch durch einen Vertrag ist für den Abschluss des Kaufvertrages eine bestimmte Form vorgeschrieben. Da weder die Schriftform noch die Textform vorgeschrieben ist, kann der Vertrag auch per Click im Internet-Browser geschlossen werden.Erlöschen des Vertrags durch WiderrufDer Vertrag wäre nach den §§ 346 Absatz 1, 357 Absatz 1 Satz 1 BGB rückgängig zu machen, wenn K das ausgeübte Widerrufsrecht tatsächlich zusteht.

Lösungsvorschlag

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Wirksamkeit des WiderrufsWenn dem K ein Widerrufsrecht zusteht, hat er den Vertrag fristgerecht und formgerecht widerrufen. Denn durch das abgesendete und zugegangene E-Mail ist die vorgeschriebene Textform (§ 355 Absatz 1 Satz 2, 126b BGB) und die vorge-sehene Frist (§ 355 Absäze 2 und 3 BGB) gewahrt. Anwendbarkeit des FernabsatzrechtsEin Widerrufsrecht steht K nur zu, wenn es gesetzlich vorge-sehen ist. Für Fernabsatzverträge ist ein Widerrufsrecht nach§ 312d Absatz 1 Satz 1 BGB grundsätzlich vorgesehen. Und die mittels der Auktionsplattform ebay geschlossenen Verträge sind nach § 312b Absatz 1 Satz 1 BGB Fernabsatzverträge.Ausnahme für Versteigerungen iSv § 156 BGBDas Widerrufsrecht besteht ausnahmsweise nach § 312d Ab-satz 4 Nummer 5 BGB nicht bei Fernabsatzverträgen, die in Form einer Versteigerung nach § 156 BGB geschlossen werden.

Fortsetzung der Lösung II

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Begriff der VersteigerungNach dem umgangssprachlichen Sprachverständnis ist eine ebay-Auktion eine Versteigerung. Der Text des § 156 BGB macht aber deutlich, dass bei einer Versteigerung im Sinne von § 156 BGB der Vertragsschluss nicht durch eine Annahmererklärung des Vertragspartners sondern durch den Zuschlag des Versteigerers zustandekommt.

Vertragsschluss durch Zuschlag?Die ebay-Auktion ist also nur dann eine Versteigerung im Sinne von § 156 BGB, wenn das Auktionshaus einen Zuschlag erteilt. Bei ebay gibt das Auktionshaus jedoch keinerlei eigene Willenserklärung ab.

elektronischer Zuschlag?Dies gilt auch für die elektronische Mitteilung, das die Auktion jetzt beendet ist. Den Zeitpunkt für diese Mitteilung legt nicht das Auktionshaus, sondern der Verkäufer fest.

Fortsetzung der Lösung III

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Bestimmung einer Annahmefrist und kein ZuschlagDeswegen kann die elektronische Mitteilung über die Beendigung der Auktion auch nicht als elektronischer Zuschlag durch das Auktionshaus nach § 156 BGB angesehen werden, sondern es handelt sich um eine Mitteilung des Verkäufers über den Ablauf der von ihm nach § 148 BGB bestimmten Annahmefrist.

Vertrasschluss durch Annahme statt durch ZuschlagNach allem kommt der Vertrag bei ebay nicht durch Zu-schlag des Versteigerers sondern durch Annahme des Käu-fers zustande. § 156 BGB findet ebenso wenig Anwendung wie die Ausnahme des § 312d Absatz 4 Nummer 5 BGB.

Analoge Anwndung des § 312d Absatz 4 Nummer 5 BGBDie analoge Anwendung einer Rechtsvorschrift kommt nur in Betracht, wenn das Gesetz eine planwidrige Lücke enthält und der geregelte Fall dem zu entscheidenden vergleichbar ist.

Fortsetzung der Lösung IV

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planwidrige LückeDie Frage, ob ein Widerrufsrecht auch für Verträge ausge-schlossen ist, die durch eine Internet-Auktion geschlossen wurden, ist im Gesetz nicht geregelt. Ob diese Lücke planwidrig oder beabsichtigt war, ergibt sich aus dem Willen des Gesetzgebers. Dieser ergibt sich durch Gesetzesauslegung.

AuslegungsmethodenGesetze können an Hand des Wortlauts, der Entstehungs-geschichte, nach ihrer Systematik und nach ihrem Sinn und Zweck ausgelegt werden.

Auslegung nach Sinn und ZweckDer Sinn des Widerrufsrechts besteht darin, den Verbraucher vor Fehlentscheidungen zu schützen, die daraus entstehen, daß der Verbraucher im Fernabsatzgeschäft nicht die Möglichkeit hat, die Ware vor Vertragsschluß zu besichtigen. Dieses Schutzbedürfnis besteht gerade auch bei ebay-Auktionen.

Fortsetzung der Lösung V

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Dem Ausschluss des Widerrufsrechts bei Versteigerungen nach § 156 BGB liegt die Erwägung zugrunde, daß die Durchführung der Versteigerung durch das Widerrufsrecht erschwert wird. Dies trifft für herkömmliche Versteigerungen durch einen Auktionator jedoch in stärkerem Umfang zu als im Falle des von ebay entwickelten Verfahrens. Systematische AuslegungAusnahmeregelungen sind immer eng auszulegen. Das Widerrufsrecht ist ein Grundsatz für alle Fernabsatzgeschäfte. Die Ausnahme für Versteigerungen ist daher eng auszulegen. Eine andere Auslegung ist auch nicht durch die Entstehungs-geschichte dieses Gesetzes geboten.Kein Ausschluss des WiderrufsrechtsDas Widerrufsrecht ist nicht nach § 312d Absatz 4 Nummer 5 BGB ausgeschlossen. K kann den Vertrag nach § 355 Absatz 1 Satz 1 BGB widerrufen. Er muss den Kaufpreis einschließ-lich der vereinbarten Versendungskosten nicht bezahlen.

Fortsetzung der Lösung VI

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Rücksendung der WareNach § 357 Absatz 2 Satz 1 BGB ist der Käufer zur Rück-sendung der Ware verpflichtet. V muss also die Ware nicht bei K abholen, sondern K muss V die Ware schicken.

Kosten der VersendungNach § 357 Absatz 2 Satz 2 BGB muss der Verkäufer die Kosten dafür übernehmen. Auf eine abweichende vertragliche Regelung könnte sich V gemäß § 357 Absatz 2 Satz 3 BGB

nicht berufen, weil der Warenwert die Grenze von 40 € übersteigt.

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Fortsetzung der Lösung VII

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Bauunternehmer K bestellt über das Internet bei dem Büroausstatter V einen PC für seinen 12jährigen Sohn. Auf dem elektronischen Bestellformular kann K zwischen verschiedenen Konfigurationsmöglichkeiten wählen. Der PC kann wahlweise mit 4 verschiedenen Festplatten und unterschiedlich großem Arbeitsspeicher sowie mit 3 verschiedenen Grafikkarten bestellt werden. V baut die PC´s für die Kunden auf deren Bestellung zusammen. Im Bestellformular stehen folgende AGB des V:“1. Käufer haben kein Widerrufsrecht, wenn es sich um einen aus Komponenten nach Wunsch zusammengesetzten PC handelt. 2. Ist ein Widerruf zulässig und widerruft der Käufer den Vertrag, muss er die Rücksendung der Ware bezahlen ...“ V bestätigt die Bestellung per E-Mail. 2 Monate nach der Bestellung bekommt K den PC ausgeliefert. K verwahrt den PC 5 Monate für den Geburtstag seines Soh-nes. Danach liest er in einer Computerzeitschrift, dass ein anderer Hersteller einen PC mit besseren Ausstattungsmerkmalen zum halben Preis anbietet. Noch am sel-ben Tag, widerruft K den Kaufvertrag. Den noch nicht in Gebrauch genommenen PC schickt K wieder an V und verlangt zugleich die Rückzahlung des Kaufpreises einschließlich der Kosten für die Anlieferung sowie die Erstattung der von ihm verauslagten Kosten für die Rücksendung. V meint, K sei Unternehmer und habe kein Widerrufsrecht und bei Einzelanfertigungen gebe es keinen Widerruf. Und wenn doch, könne K nur den halben Kaufpreis zurückbekommen. Um für einen anderen Käufer einen PC nach Wunsch liefern zu können müsse er die Kompo-nenten zerlegen. Danach könne der PC nicht mehr als Neuware verkauft werden. Und für die Anlieferung und die Rücksendung müsse K sowieso aufkommen.Wie ist die Rechtslage? BGH, Urteil v. 19.03.2003, VIII ZR 295/01; OLG Frankfurt vom 28.11.2001, 9 U 148/01

Fall: Bestellung eines PC´s

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KaufpreisrückzahlungNach den §§ 357 Absatz 1 Satz 1, 346 Absatz 1 BGB hat der Käufer einen Anspruch auf Kaufpreisrückzahlung, wenn er den Vertrag wirksam widerrufen hat.

WiderrufsrechtGemäß den §§ 355 Absatz 1 Satz 1 BGB, 312d Absatz 1 Satz 1 BGB kann K den Vertrag widerrufen, wenn der Kaufvertrag über den PC ein Fernabsatzvertrag zwischen Unternehmer und Verbraucher ist.

Fernabsatzvertrag zw. Unternehmer und VerbraucherNach § 312b Absatz 1 Satz 1 BGB liegt ein Fernabsatz-vertrag vor. V ist nach § 14 BGB Unternehmer. K ist gemäߧ 13 BGB Verbraucher, weil der Ankauf des PC´s in keinem Zusammenhang mit der Tätigkeit als Bauunternehmer steht.

Lösungsvorschlag I

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Ausschluss des Widerrufsrechts nach §312d Absatz 4 BGBNach § 312d Absatz 4 Nummer 1 BGB ist der Widerruf bei Waren ausgeschlossen, die nach Kundenspezifikation ange-fertigt werden.

Nach Kundenspezifikation angefertigte Ware?Der PC wird nicht angefertigt, sondern zusammengesteckt.Die Komponenten lassen sich leicht wieder trennen und können erneut verkauft werden. Wenn ein handelsüblicher PC eigens für den Kunden konfiguriert wurde, gibt es also keinen Grund, den Widerruf auszuschließen,.

Ausschluss des Widerrufsrechts durch AGB´sNach § 305 Abs. 2 Nr. 1 sind die Allgemeinen Geschäfts-bedingungen Bestandteil des Vertrages geworden. Und durch Vertrag können gesetzliche Regelungen abbedungen werden, sofern es sich nicht um zwingende Vorschriften handelt.Die §§ 312 ff. sind aber nach § 312f Satz 1 BGB zwingend.

Fortsetzung der Lösung II

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Form des WiderrufsNach § 355 Absatz 1 Satz 2 BGB kann K per Mail widerrufen. WiderrufsfristDa K zu unrecht mitgeilt wurde, dass es im Falle eines auf Kundenwunsch konfigurierten PC´s kein Widerrufsrecht gibt, ist K wegen Nummer 2 der AGB nicht ordnungsgemäß über den Widerruf belehrt worden. Nach § 355 Absatz 3 Satz 3 erlischt sein Widerrufsrecht deshalb überhaupt nicht.

Berücksichtigung der WertminderungIm Falle des Widerrufs muss der Käufer nach § 357 Absatz 3 BGB nur Wertersatz für eine Verschlechterung der Kaufsache leisten, wenn die Wertminderung durch die Ingebrauch-nahme der Kaufsache eingetreten ist. Der von K erworbene PC wurde aber nicht in genommen und deswegen muss K auch keinen Wertersatz leisten.

K kann den vollen Kaufpreis zurückverlangen.

Fortsetzung der Lösung III

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Rückzahlung der Kosten der AnlieferungWiderrufen wurde nicht nur der Kaufvertrag, sondern auch der Auftrag zur Versendung. Daher schuldet V nach den §§ 357 Absatz 1 Satz 1, 346 Absatz 1 BGB auch die Rückgabe des Betrages, den K für die Versendung gezahlt hat.

Erstattung der Kosten für die RücksendungNach § 357 Absatz 2 Satz 2 BGB muss im Falle des Widerrufs der Unternehmer für die Kosten der Rücksendung auf-kommen.

Gültigkeit von Nummer 2 der AGBDie in Nummer 2 der AGB getroffene Regelung über die Ver-pflichtung des Käufers zur Übernahme der Rücksendungs-kosten verstößt gegen die §§ 357 Absatz 2 Satz 3 und 312f BGB.V muss an K den Kaufpreis samt der Frachtkosten zurück-zahlen und er muss ihm die Kosten der Rücksendung erstatten.

Fortsetzung der Lösung IV