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JESUITENMISSION 2009 Heft 4 MENSCHEN FÜR ANDERE Glaube und Gerechtigkeit

Heft 04, 2009

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Magazin der Jesuitenmission Österreich

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JESUITENMISSIONJESUITENMISSION20

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MENSCHEN FÜR ANDERE

Glaube und Gerechtigkeit

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Liebe Freundinnen und Freundeder Jesuitenmission!

Die Begegnung mit Kardinal Jin in Shanghai bleibt mir in lebendiger Erin-nerung. Der 94 Jahre alte Mann antwortet auf die Frage, wie wir in China heute helfen können, mit vier Ratschlägen:

„Haben Sie Geduld mit der Entwicklung in China.“ Und das gilt nicht nur für dieses Land, sondern für viele Länder in denen wir armen Menschen helfen. Wie oft höre ich das Argument: „Die sollen erst einmal Ordnung im eige-nen Haus machen.“ Wir helfen meist in Notlagen. Große gesellschaftliche Änderungen kommen wohl nur, wenn entsprechende wirtschaftspolitische Entscheidungen getroffen werden. Was uns immer bleibt, ist die Not vie-ler Menschen in Asien, Afrika, Lateinamerika und auch in Europa, die zum Himmel schreit!

„Schauen Sie genau hin – ohne vorgefasste Meinungen.“ Das ist nun wirklich eine göttliche Tugend: Ehrlich zu schauen, sich nicht abkehren vom Schmutz der Armut, von der überwältigenden Größe der Not. Wir sind nicht hilflos! Zu-mindest hinschauen können wir und versuchen zu ergründen, was es heißt, auf Hilfe angewiesen zu sein. Was es heißt, Hilfe zu erfahren.

„Suchen Sie die Begegnung mit Menschen in Not.“ Nicht jeder kann und muss nach China, nach Afrika, nach Indien reisen, um der Not zu begegnen. Sie ist auch hier bei uns greifbar. Der Mut, sich nicht nur anrühren zu lassen, sondern tatsächlich auch Not zu lindern, weckt in uns neue Kräfte: Wer hier Not sieht und ihr aktiv begegnet, der findet auch Wege, den Menschen in fernen Kontinenten beizustehen.

„Berichten sie positiv!“ Das ist der vierte Ratschlag des weisen greisen Kardi-nals von Shanghai. Und das tun wir wieder in diesem Heft. Wir können po-sitiv berichten, weil Sie die Menschen, von denen Sie in diesem Heft hören, unterstützen. Herzlichen Dank dafür!

Hans Tschiggerl SJ Missionsprokurator

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Lebendige Kirche in Hebei

Seit der kommunistischen Machtü-bernahme 1949 hat es viele Enteig-nungen kirchlicher Güter in China gegeben. Aufgrund des neuen Ver-suchs eine Gesellschaft in Harmonie zu gestalten, kommt es zu Entschädi-gungszahlungen und zur Rückgabe von Häusern. Die Diözesen werden meist verpflichtet, mit diesem Geld Kathedralen zu errichten. Die Regie-rung hat überall begonnen, an einem modernen harmonischen Stadtbild zu bauen. Es klingt unglaublich: Der Staat finanziert tatsächlich einige Bi-schofskirchen in China mit. Die-

se parallele Entwicklung zum wirt-schaftlichen Aufschwung ist natürlich auch fragwürdig: Wird die Kirche durch diese Maßnahmen nicht auch ein Stück weit gekauft? Geben große Bauten nicht auch das Signal, dass wir auf der Seite der Wirtschaftsgewinner stehen? Die Pfarren in Hebei sind meist ärm-liche, ländliche Gemeinden. Die Er-wachsenen sind organisiert in Grup-pen, die von Katechisten begleitet werden. Die Seelsorge konzentriert sich auf Persönlichkeitsentwicklung und Begleitung der Jugendlichen. Ei-nige schaffen es, nach Schulabschluss, ein Universitätsstudium in der näch-

Im September 2009 war Hans Tschiggerl SJ mit den Kollegen aus Deutschland und der Schweiz auf Projektreise in China. Drei Wo-chen lang konnten die Missionsprokuratoren den Alltag der Kirche und der Menschen in China miterleben.

Braucht ein Riese Hilfe?

P. Tschiggerl SJ in Meggu

Sozialeinsatz in Gemeinschaft

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CHINA

sten Stadt zu beginnen. Hier können wir helfen: Bei der Katechistenaus-bildung und der Studentenseelsorge an den Universitäten. Sogar katho-lische Kindergärten und Grundschu-len werden vereinzelt vom Staat an-erkannt. Die Aus- und Weiterbildung von Priestern und Schwestern ist be-sonders wichtig. Die Jesuitenmission hilft gerade in diesem Bereich.

Freiwillige: Wir suchen Johns und Maries

Peter und ein chinesischer Schola-stiker begleiten 40 Schüler in einem Vorbereitungsseminar für einen Frei-willigeneinsatz. Mit Hilfe der ignati-anischen Spiritualität lernen die Ju-gendlichen zu unterscheiden, sich zu entscheiden und apostolischen Eifer: Menschen für andere zu sein. Sieben Studenten verpflichten sich nach Ex-

erzitien für eine Lebensgemeinschaft für ein Jahr. Aufgabe dieser aposto-lischen Gemeinschaft ist es, auf dem Universitätscampus missionarisch tä-tig zu sein. In Shijiazhuang gibt es 15 Universitäten. In Wirklichkeit betrei-ben die jungen Freiwilligen pastora-le Begleitung, denn sie suchen mit Plakaten nach „Maries und Johns“ – die Christen am Campus erkennen sofort, worum es da eigentlich geht. Die Gruppe von Freiwilligen beglei-tet ca. 500 StudentInnen, die sich in diözesanen Gruppen neunmal pro Semester treffen. Die Begegnungen dauern oft den ganzen Tag. Es gibt Erfahrungsaustausch, die Schrift wird gelesen, Freizeitaktivitäten werden geplant und durchgeführt. Die Aus-bildung dieser Studenten liegt uns am Herzen. Immer wieder können Vor-tragende kommen, um sie in mensch-lichen und religiösen Themen zu un-terstützen. Kurse und Aktivitäten sind allerdings mit Kosten verbunden.

Ein Besuch im Lepradorf

Willkommen Jeje Guhanson: Will-kommen Großvater Gutheinz – im Chor begrüßen die Kinder des Le-pradorfes Meggu den geliebten „Va-ter des Dorfes“. Es sind gut 60 Kin-der, die uns mit Liedern und Tänzen überraschen. Gerne nehmen wir nach einer Stunde Aufstieg ins ent-legene Lepradorf Platz und lauschen den Begrüßungsgesängen. An die 200 Menschen sind versammelt. Darunter viele Lepra Gezeichnete. Nicht alle leben im Dorf. Alle haben sie aber durch den Einsatz von China Lepro-sy Service (CLS - Luis Gutheinz SJ)

Schwestern im Dienst der

Menschlichkeit

P. Gutheinz SJ in der Schule im

Lepradorf

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CHINA

und durch Casa Ricci (Fernando Az-piroz SJ) Hilfe im Umgang mit ihrer lebensbedrohenden Krankheit erfah-ren. Die Schwächsten und am här-testen Getroffenen bleiben im Dorf und werden liebevoll von vier Schwe-stern gepflegt und betreut.

Die Kinder, die vor uns tanzen und singen, sind aus der Umgebung, zum großen Teil auch Nachkommen von Leprakranken. Das bieten unsere Le-pradörfer in China an: eine Grund-schule für die Kinder aus der Um-gebung. Vier geistliche Schwestern wirken hier Wunder: Es ist ihnen un-tersagt von ihrem christlichen Glau-ben zu erzählen. Dennoch bleibt nie-mandem verborgen, aus welchen Quellen sie schöpfen. „Schwester, warum kommst Du aus der Haupt-stadt um hier im Lepradorf zu leben?“ Manchmal sind ihre Antworten so überzeugend, dass die sehnsüchtigen Fragen zur Taufe führen. Mit einem gewissen Stolz machen manche Le-prakranke ein Kreuzzeichen und sa-gen mir damit: „Ich bin Christ!“

Warum Schwestern?

Der Staat will die Schwestern in den Sozialeinrichtungen nicht akzeptie-ren. China Leprosy Service und Casa Ricci müssen mit dem Staat koope-rieren, wenn sie ein Lepradorf errich-ten wollen. Sie tun es aber nur, wenn Schwestern die Pflege übernehmen. Warum? Die Ärzte und Pfleger, die der Staat zur Verfügung stellt machen den Dienst oft nur widerwillig. Eine korrekte Verabreichung der Medizin an kranke und alternde Menschen ist

alles was von ihnen erwartet werden kann. Die Schwestern leben mit den Ausgegrenzten zusammen. Sie sind nicht hier um zu missionieren. Und doch verkünden sie gerade in diesem Dienst die Ideale Jesu! Luis Gutheinz SJ erzählt: „Oft sagen mir die staatlich Verantwortlichen: Gebt uns das Geld, wir bauen ein Le-prazentrum und führen es. Aber wir lassen uns auf solche Angebote nicht ein. Niemals können wir solchen Ver-sprechen trauen. Es braucht Zusam-menarbeit, damit die Unterstützung auch wirklich den Notleidenden zu-gute kommt!“

Die Kinder bringen Leben ins Lepra-dorf. Sie machen auch bewusst, wo-rum es neben der Pflege der Kranken hauptsächlich geht: Um die Wieder-eingliederung in die Gesellschaft. Die Schule ermöglicht ihnen, im Dorf Arbeit zu finden. Noch sind sie, wie ihre Eltern und Verwandten, die unter Lepra leiden, stigmatisiert.

Die Jesuitenmission unterstützt 19 Lepradörfer in China: Die geistlichen Schwestern pflegen die Kranken, geben den Kindern Schulunterricht und verkünden so ihren Glauben. Hier können wir dem Riesen China helfen.

HIV Kinder haben Recht auf Bildung

Sr. Wang bringt Wärme insAids-Zentrum

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CHINA

Die neue Herausforderung: HIV

Cecilia von Casa Ricci berichtet: Über ein Jahr lang haben wir nach Möglichkeiten gesucht, AIDS-Kran-ken zu helfen. Einen Vorschlag zur Zusammenarbeit mit einem staatli-chen Partner mußten wir ablehnen.Ihm ging es nur um finanzielle Vor-teile, nicht aber um den Dienst am Menschen.

Schließlich trafen wir auf Edward und sein AIDS-Zentrum. Es über-traf all unsere Erwartungen. Die Tä-tigkeitsbereiche seiner Einrichtung sind: Unterkunft, Ratschläge für Verwandte und die Anstellung von AIDS-Kranken im Krankenhaus! Wir tauschten unsere Erfahrungen aus, er-zählten von unseren Lepraprojekten, der Reichweite unserer Programme, und von der Arbeit mit AIDS-Kran-ken. Edward klagte über die vielen Nöte seiner Organisation. Schließlich begannen wir über eine Zusammen-arbeit nachzudenken.

Später besuchten wir eine der Un-terkünfte für AIDS-Patienten. Das Krankenhaus hatte gerade einen un-

erwünschten Aids-Waisen gebracht – die Ärzte wollen ihn nicht. Das Zentrum behandelt eigentlich nur Erwachsene AIDS-Infizierte, es ist nicht für die Betreuung von Kindern ausgestattet. Edward brachte es nicht übers Herz, den heimatlosen Klei-nen wegzuschicken. Später folgten noch vier HIV-positive Kinder. Diese Barmherzigkeit hat die Bedingungen im Zentrum noch schwieriger ge-macht. Es ist überfüllt. Hilfe jeder Art ist höchst notwendig.

Edward fragte nach der Möglich-keit, eine Schwester zur Betreuung der HIV Waisenkinder zu senden. Das hörte ich gerne. Schlussendlich entschieden wir uns, zwei Schwe-stern zur Unterstützung zu senden.Im folgenden Monat habe ich fünf Kirchengemeinden aufgesucht. Wir haben über unser Projekt und den Bedarf an Schwestern gesprochen. Alle fünf haben mir ihre Unterstüt-zung zugesagt. Wir fordern nicht, dass die Schwestern ein breites Wissen über AIDS-Versorgung, medizinische Fachkompetenz oder administrative Kenntnisse mitbringen, jedoch brau-chen wir Geduld, Mit- und Verant-wortungsgefühl und Freude. Während ihres Einsatzes lernen die Schwestern von den Kindern und wir stellen ih-nen Trainingsmöglichkeiten zur Ver-fügung. Technische Kompetenzen können erlernt werden. Die Motiva-tion zu helfen und zu dienen muss je-doch von Anfang an vorhanden sein. Dieser Samen wird durch die Pflege wachsen und reifen. So schenken wir den Kindern Liebe und Fürsorge.

Hans Tschiggerl SJ, Cecilia Chang

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CHINA

Internationales SymposiumMatteo Ricci – Grenzgänger zwischen Kulturen

10. -11. Mai 2010

Am 11. Mai 2010 jährt sich zum 400. Mal der Todestag des bekannten Ge-lehrten, Grenzgängers und Brückenbauers zwischen Ost und West. Bis heute ist der Jesuit Matteo Ricci SJ einer der angesehensten Weisen im Reich der Mitte und inspiriert Menschen zum interkulturellen Austausch. Die Jesuiten-mission und das Konfuzius Institut Wien laden zum internationalen Sympo-sium ein:

Die Person des Matteo Ricci in der Geschichte ChinasUniversität Wien, Konfuzius Institut

Montag, 10.Mai 2010

Ort: Universitätscampus „Altes AKH, Hof 1, Aula, Spitalgasse 2, Wien IX 10:00-17:00 Wissenschaftliches Symposium zu Matteo Ricci

Konzert und BegegungMontag, 10.Mai 2010

Ort: Jesuitenkirche, Dr. Ignaz Seipel Platz, Wien 1 20:00 Orgelkonzert mit Christine Yu-Ru Liu

An die Grenzen gehen: Das Erbe des Matteo Ricci in China heuteJesuitenmission

Dienstag, 11.Mai 2010

Ort: Kardinal König Haus, Kardinal-König-Platz 3, Wien XIII 10:00 Film: Die Jesuitenmission in China 11:00 P. Paul Oberholzer SJ:China und die Jesuiten - 400 Jahre Matteo Ricci 14:00 Bischof Peter Feng: Die Kirche in China 15:30 P. Lee Hua SJ: Die Jesuiten und China heute 16:30 Fr. John Baptist Zhang: Sozialarbeit der Kirche in China 20:00 P. Luis Gutheinz SJ: Lepra, Einsatz für Menschen am Rand der Gesellschaft

Ausstellung 5.April-5.Mai „China heute“: Fotos von Klaus Pichler Ort: Kardinal König Haus, Wien XIII

nähere Informationen und Voranmeldung (bis Februar 2010): [email protected], oder 01/3170519

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handel darstellt. Die Zahl der Infi-zierten hat sich innerhalb von weni-gen Jahren mehr als verdoppelt. Die Zahl der Aids-Waisen übersteigt die Grenze von 10 Millionen.Damit stellt Aids längst keine Gefahr einzelner Menschen mehr dar, son-dern ist zur Plage ganzer Völker ge-worden. Das heftige Vorkommen ist in Afrika von einem medizinischen zu einem wirtschaftlichen und poli-tischen Hilfeschrei mutiert!

Die erschreckenden Daten über die Neuinfizierungen scheint uns recht zu geben. Der Kontinent liegt vor allen anderen Teilen der Welt! Trotz vieler Vorsorgeprogramme und Be-handlungen zeigen die Statistiken, dass sich die Epidemie weiter aus-breitet. Zwischen 2000 und 2020 werden rund 55 Millionen Afrikaner an Aids sterben. Kurz gesagt bedeutet das, dass diese Pandemie die größte Bedrohung Afrikas seit dem Sklaven-

Wenn wir von Afrika sprechen, denken wir gleich an den Kon-tinent der Armen und der Kranken – besonders der Aids-Kran-ken. Michael Czerny SJ baut mit AJAN an einem Netzwerk der Menschlichkeit.

Afrika im Kampf gegen Aids

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Stigmatisierung

Diese zugleich realistische und dra-matische Sichtweise öffnet einem weiteren Phänomen Tür und Tor: Wir vergessen die Menschen, die hinter den überwältigenden Zah-len stehen. Wir vernachlässigen die Einzelschicksale, die Tag für Tag die-sen enormen Missstand ertragen! Die Folgen für die Betroffenen sind in Afrika auf sozialer und kultureller Ebene mindestens ebenso beunruhi-gend wie die physische Beeinträchti-gung. Scham und Stigmatisierung be-gleiten die Opfer, von dem Tag an, an dem bekannt wird, dass sie sich mit HIV infiziert haben. Aus Angst vor gesellschaftlicher Diskriminierung weigern sie sich, ihr Verhalten zu än-dern. Sobald jedoch die Infizierung bekannt wird, verlieren sie ihre bis-herige soziale Stellung und sind mit dem Stigma der Krankheit in voller Härte konfrontiert.

Die psychischen Leiden der Betrof-fenen bleiben meist unreflektiert. Nun haben sie auch niemanden, mit dem sie über ihre Gefühle der Ab-lehnung und der Isolation sprechen könnten.

In diesem Prozess der Stigmatisierung kommt es oft zur schmerzhaften Ab-sonderung der „Normalen“ von den „Anormalen“, der „Kranken“ von den „Gesunden“, zur Trennung zwi-schen „uns“ und „denen“. So wird der Gemarterte zum Opfer unserer eigenen Ängste.

Verbunden mit den Leidenden

Doch gerade hier hat ernsthafte Aids-Hilfe anzusetzen. Wollen wir uns wirklich für die Opfer der Pandemie einsetzen, dürfen wir nicht bei einer rein körperlich-sexuellen Betrach-tung der Krankheit stehen bleiben. Ihre vielgestaltige soziale Kompo-nente muss mitberücksichtigt wer-den. Es genügt eben nicht, den Op-fern die medizinische Beratung und

AFRIKA

mit dem Leid leben lernen

Freude am Leben spüren

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AFRIKA

die wissenschaftlichen Erkenntnisse zur Verfügung zu stellen!

Ich glaube hier wird die durchschla-gende Kraft der christlichen Bot-schaft deutlich. Sie drängt darauf, sich mit den Leidenden und Ausgeschlos-senen verbunden zu wissen. Dem Aufruf Jesu folgend, den anderen zu lieben wie sich selbst, muss es der Kir-che ein besonderes Anliegen sein, ih-ren Leidensweg von Stigmatisierung und Diskriminierung mitzugehen. Stigmatisierung und Diskriminierung sind eine Reaktion auf Unwissenheit, Angst und Unsicherheit. Auch Men-schen anderswo würden kaum anders reagieren, wenn sie von HIV bedroht würden.Stigmatisierung und Diskri-minierung müssen verstanden, nicht lediglich verurteilt werden. Und da-für braucht es eine wirkliche kultu-relle Veränderung.

Afrikanische Werte

Die Art und Weise, wie Afrikane-rInnen sich ihre Sexualität aneignen,

sollte gehört und geachtet werden, so wie es die Kirche versucht. Die Be-drohung durch HIV ändert nicht die Morallehre der Kirche, aber HIV macht es dringlicher für die Kirche, den Gläubigen - besonders den jun-gen - und anderen, die bewusst oder unbewusst diese christlichen Wer-te teilen, ihre Morallehre zu vermit-teln. Es bedarf dringend des Wider-stands gegen die globale Kultur und der Förderung afrikanischer Werte.

Die katholische Morallehre bietet einen wichtigen Weg für beides an. Hilfsdienste und soziale Gerechtig-keit sind in der Antwort der Kirche auf Aids untrennbar. Deswegen ver-bindet die Kirche wie von selbst Seel-sorge, medizinische Versorgung, die Praxis von Compassion/Mitleid und Anwaltschaft, persönliche Moral, So-zialethik und die Erziehung zur Vor-sorge. Compassion/Mitleid zu prak-tizieren und dabei über die sündhafte Strukturen hinwegzusehen oder mo-ralische Prinzipien und Vorsorge zu verkünden ohne gegen die Armut zu kämpfen, schlägt der kirchlichen Tra-dition ins Gesicht und ist eine Nega-tion ihrer Sendung, das Reich Gottes zu verkünden. in dem der Tod für im-mer besiegt ist.

HIV-positive Familien

Rosanna ist eine zwanzigjährige mit ihren Kindern sitzengelassene Mut-ter. Sie bemüht sich in ihrem Slum in Nairobi zu Recht zu kommen. Sie ist HIV-positiv. „Sechs Jahre lang hat mich meine Familie nicht akzep-tiert, weder meine Eltern, noch mein

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AFRIKA

die Initiative ergreifen-

besonders für die Schwachen

Mann. Ich habe meinen Job verloren, weil ich HIV-positiv bin.“ erzählt sie. Ihre Tochter starb bereits im Säug-lingsalter auf Grund von AIDS. Aber ihr zehnjähriger Sohn – sie wurde schwanger bevor sie sich infizierte – ist gesund. Jomo ist ein kluger, sport-licher Junge, der es liebt zu zeichnen und Fußball zu spielen. Seine Mut-ter versucht mit aller Kraft am Leben zu bleiben. „Ich will ihn wachsen se-hen!“ Rosanna nimmt keine antire-troviralen Medikamente (ARVs), aber, wenn sich ihr Gesundheitszustand verschlechtern sollte, wird AJAN die Krankenhauskosten finanzieren.

Hilfe zur Selbsthilfe

Ab und zu wird Rosanna von Katho-lischen AIDS-Organisationen ein-geladen, um über ihre schwierige Lebenssituation und ihren Krank-heitsverlauf zu sprechen. Das soll jun-ge Menschen dazu ermutigen nicht den gleichen Fehler zu begehen und sich vor möglichen Infektionen zu schützen. Dafür bekommt sie von AJAN einen geringen monatlichen Gehalt.Rosanna ist für diese Hilfe dankbar, aber braucht mehr: „Ich bin jung. Ich habe Zukunft, auch wenn ich nicht einmal die Grundschule abgeschlos-sen habe. Ich hoffe, dass es mein Sohn zu etwas bringt!“Da sie unfähig ist körperlich harte Arbeit zu verrichten, hat sie nur ge-ringe Chancen einen Arbeitgeber zu finden. Aber erst kürzlich hatte sie ei-nen geschäftstüchtigen Einfall: Die Grundbesitzer in ihrem Slum verwei-gern die Bereitstellung einer Wasser-

versorgung. Stattdessen rufen sie die Mieter auf, sich selbst Wasser zu be-sorgen. Also ergriff Rosanna die In-itiative und kaufte mit der Mithilfe von AJAN einen Wasserspeicher und eine Wasserpumpe, um ihren eigenen Handel aufzubauen. Ihre Geschäfte laufen gut und sie kann monatlich bereits 2% ihres Kredits zurückbe-zahlen.

Michael Czerny SJ, Thomas Seissl

Viele solche Projekte unterstützt AJAN in verschiedenen Ländern Afrikas mit Ihrer Hilfe!

Kosten: etwa 1.000 Euro pro Jahr für ein Projekt.

DER BESUCH MARIAS BEI ELISABETH

GLASFENSTER IN DER KATHEDRALE

KRIPPENDARSTELLUNG HL FAMILIE

SANKT IGNATIUS IN SHANGHAI CHINA

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Elba Ramos war eine typische Salva-dorianerin: braune Hautfarbe, dun-kle Augen, schwarze Haare - und sie konnte vor allem herzhaft lachen. So hatte ich sie 1989 in den ersten Mo-naten meines Aufenthalts in El Salva-dor als Köchin meiner Kommunität kennengelernt. Am Nachmittag des 15. November saßen wir bei einem Kaffee, zusammen mit ihrer 15-jäh-rigen Tochter Celina. Seit fünf Tagen hatte sich der Bürgerkrieg in schreck-licher Weise verschärft. Nun wur-de auch in den Straßen der Haupt-stadt San Salvador zwischen Armee

und Guerilla gekämpft. Um un-ser Haus zogen immer mehr Solda-ten auf. Wir rieten Elba und Celina, bei uns zu übernachten. Doch Elba wollte ihren Mann Obdulio nicht al-leine lassen. So gingen sie die zehn Minuten zu Fuß in die Zentralameri-kanische Universität, wo Obdulio als Gärtner arbeitete und die Familie ein kleines Häuschen hatte. Elba und Ce-lina suchten in dieser Nacht Zuflucht im Wohngebäude der Jesuiten inner-halb der Universität. Dort wähnten sie sich sicherer.

Erinnerung an die ermordeten Jesuiten in El Salvador.

Menschen, die für Glaube und Gerechtigkeit lebten und diesen Ein-satz mit dem Tod bezahlten, verdienen Erinnerung und Würdigung. Vor 20 Jahren wurden sechs Jesuiten, ihre Haushälterin und deren Tochter in El Salvador erschossen. Martin Maier SJ hat die Gescheh-nisse damals hautnah miterlebt.

Märtyrer für Glaube und Gerechtigkeit

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THemA

Die Mörder kamen in der Nacht

Nach Mitternacht wurden sie von einem Spezialkommando der salva-dorianischen Armee aus dem Schlaf gerissen. Von höchster Stelle hatten die Soldaten den Befehl erhalten, die Jesuitenpatres umzubringen. Diese mussten sich im Garten mit dem Ge-sicht nach unten ins Gras legen. Dann wurden sie mit Maschinengewehren aus nächster Nähe bis zur Unkennt-lichkeit verstümmelt. Neben Ignacio Ellacuría SJ, dem Rektor der Univer-sität, waren es Segundo Montes SJ, Ignacio Martín-Baró SJ, Amando Ló-pez SJ, Juan Ramón Moreno SJ und Joaquín López y López SJ. Auch Elba und Celina wurden erschossen, weil den Soldaten befohlen worden war, keine Zeugen übrigzulassen.

Der Kampf für Gerechtigkeit und ihr Preis

Warum wurden die sechs Jesuiten mit den beiden Frauen umgebracht? Die kürzeste Antwort darauf ist auf der Grabplatte in der Universitätska-pelle zu lesen. Hier wird der wich-tigste Auftrag des Jesuitenordens in unserer heutigen Zeit beschrieben, wie ihn die Generalkongregation von 1974/75 formuliert hat: „Was heißt heute Jesuit, Gefährte Jesu sein? Sich unter dem Kreuz im entscheidenden Kampf unserer Zeit einzusetzen: im Kampf für den Glauben, der den Kampf für die Gerechtigkeit mit ein-schließt.“ Mit dieser Grundentschei-dung antworteten die Jesuiten auf die weltweite Ungerechtigkeit als drän-

gendster Herausforderung unserer Zeit. Prophetisch hatte die Ordens-versammlung aber auch vorausgesagt: „Wir werden nicht für die Gerechtig-keit arbeiten, ohne einen Preis dafür zu bezahlen.“ Dieser Satz ist ebenfalls in die Grabplatte eingraviert.

Wissenschaft im Dienst der Armen

Ignacio Ellacuría hatte es sich zur Le-bensaufgabe gemacht, als Philosoph, Theologe und Rektor der Universi-tät der Jesuiten für Glaube und Ge-rechtigkeit einzutreten. Er war zur Überzeugung gekommen, dass in-mitten des zum Himmel schreienden Elends der Mehrheit der salvado-rianischen Bevölkerung nicht Wis-senschaft um der Wissenschaft wil-len betrieben werden konnte. Die Zentralamerikanische Universität sollte sich als Universität für soziale Reformen mit dem Ziel einer ge-rechteren Gesellschaftsordnung ein-setzen. Sie sollte zur Stimme derjeni-gen werden, die keine Stimme haben. Damit wurde sie aber immer mehr zur Zielscheibe der Reichen und der

Die vor zwan-zig Jahren er-mordeten Je-suiten leben

in den Herzen der Armen

weiter, für de-ren Befreiung

und Men-schenwürde

sie sich einge-setzt haben.

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Mächtigen. Nachdem 1976 die ersten Bomben auf dem Campus der Uni-versität ex plodiert waren, schrieb der damalige Generalobere Pedro Arru-pe SJ in einem Brief an die zentral-amerikanischen Jesuiten: „Ich kann mich nur freuen und Euch aufrich-tig dazu beglückwünschen, dass Ihr die Sache der Armen verteidigt habt und aus diesem Grund verfolgt wer-det.“ Am 12. März 1977 wurde Ru-tilio Grande SJ ermordet, der sich als Pfarrer der Gemeinde von Aguilares für die Rechte der verarmten Land-bevölkerung und eine gerechtere Landverteilung eingesetzt hatte. Kurz danach tauchten Flugblätter auf mit der Aufforderung: „Tu was fürs Va-terland, töte einen Priester.“ Ultima-tiv wurden die Jesuiten aufgefordert, binnen eines Monats das Land zu ver-lassen. Andernfalls würde man sie ei-nen nach dem anderen umbringen. Sie blieben - auch wenn sie über län-gere Zeit jede Nacht ihre Schlafstätte wechseln mussten.

Auferstehung im Volk

Jon Sobrino SJ, der dem Massaker vom November 1989 nur des wegen entkommen war, weil er sich im Aus-land zu einer Vor tragsreise befand, schrieb zum Tod seiner Mitbrüder und der beiden Frauen: „Ein Marty-ri um be sitzt sein eige nes, wirk sa-mes Licht, das mehr über das Leben und den Glau ben aus sagt, als tausend Worte. Alle Märtyrer werden in der Ge schichte auf erstehen.“ In den Jah-ren nach der Bluttat haben sich die Worte Sobri nos in einer über wälti-genden Weise erfüllt. Wie Erzbischof

Oscar Romero sind auch Elba, Celina und die sechs Jesuiten im salva do ria-ni schen Volk aufer standen. Sie leben in den Herzen der Armen, für deren Befreiung und Menschenwürde sie sich als Priester und Wissen schaftler einge setzt haben. Städte wurden nach ihren Namen benannt, ihre Bilder sind in vielen Kirchen zu finden; ihr Grab in der Universitätskapel le wurde ebenso zu einer Wall fahrtsstätte wie der Garten, in dem man sie liegend fand, und in dem heute Rosen blü-hen. Jedes Jahr füllt sich am 16. No-vember der Campus der Universität zu einer großen Gedenkmesse.

Verhinderte Aufklärung

Zu einem Licht wurde dieses Mar-tyrium auch unter politischer Rück-sicht. Im September 1991 kam es zu einem Prozess, bei dem zum ersten Mal in der Geschichte des Landes acht Soldaten und Offiziere auf der Anklagebank saßen. Allerdings wur-den nur zwei von ihnen ver urteilt, und diese ließ man schon bald wie-der frei. Obwohl inzwischen feststeht, dass die gesamte Armeespitze hinter dem Massaker stand, ist das Verbrechen bis heute noch nicht lückenlos aufge-klärt. Ein besonderer Skandal war, dass auch die US-Botschaft in die Vertuschungsmanöver verwickelt war und ein US-Militärberater so-gar im Voraus von den Planungen der Morde wusste, ohne etwas zu unter-nehmen. Ende Februar 2001 wies der Oberste Gerichtshof von El Salva-dor einen Antrag der Jesuiten ab, den Prozess neu aufzurollen. 2008 reichte

Jon Sobri-no SJ entging dem Massaker 1989, weil er sich auf einer Vortragsrei-se außerhalb des Landes be-fand.

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THemA

eine spanische Menschenrechtsorga-nisation eine Anzeige beim Natio-nalen Gerichtshof in Madrid gegen 14 ranghohe Militärs und den Ex-Präsidenten Alfredo Cristiani wegen Verbrechen gegen die Menschlich-keit ein.

Weg zum dauerhaften Frieden

Allerdings ließen die Verzögerung und Verschleppung der Aufklärungen durch die Armee den Fall zu einem Druckmittel gegen die Armee selbst und für die Friedensverhandlungen zur Beendi gung des Bürgerkriegs werden. Der Peruaner Alvaro de Soto leite-te diese Verhandlungen als Vertreter des damaligen UN-Generalsekre-tärs Javier Perez de Cuellar. Rück-blickend beschrieb er die Schlüssel-bedeutung der Jesuitenmorde für die Verhandlungen: „Die Jesuiten muss-ten ihr Leben verlieren, um die mora-lische Empörung hervorzurufen, die die salvadorianischen Streitkräfte in der Defensive hielten und sie am Ver-handlungstisch zu den Zugeständ-nissen zwangen, ohne die ein dau-erhafter Friede wahrscheinlich nicht erreicht worden wäre. Die Unter-suchungen der Morde und der Ver-handlungsprozess waren ineinander verwoben wie eine Fuge, die Bach würdig gewesen wäre; sie schien vom Himmel her inspiriert.“ Diese Ver-handlungen führten zu einem umfas-senden Friedensvertrag, der im Januar 1992 unterzeichnet wurde, von dem aber in der Folge nur wenig umge-setzt wurde.

El Salvador heute

Auch 17 Jahre nach Unterzeichnung des Friedensvertrags sind die Pro-bleme von El Salvador noch weit von einer Lösung entfernt. Das Land befindet sich immer noch in einem schwierigen und zerbrechlichen Übergangsprozess vom Bürgerkrieg zum wirklichen Frieden, von den jahrzehntelangen Militärdiktaturen zur Demokratie, von extremen so-zialen Polarisierungen zu einer nati-onalen Versöhnung. Die Chance zu einer Aufarbeitung der schlimmsten Verbrechen des Bürgerkriegs wur-de 1993 mit der überstürzten Ge-neralamnestie vertan. Beängs tigend ist vor allem das Ausmaß der Gewalt. So werden heute mindestens eben-so viele Menschen Opfer von Mord und Totschlag wie in den Jahren des Bürgerkrieges.

Neue Hoffnungen gibt es seit dem 15. März 2009, als mit Mauricio Funes zum ersten Mal ein Politiker der Linken zum Präsidenten gewählt wurde. Wiederholt berief er sich auf Erzbischof Oscar Romero und Igna-cio Ellacuría als Lehrer und Vorbilder. Funes möchte vor allem die Krimi-nalität durch Prävention und Pro-gramme für Jugendliche sowie durch die Schaffung von Arbeitsplätzen be-kämpfen. Auch der Kampf gegen die Korruption steht ganz oben auf sei-ner Agenda. Doch es bleibt abzuwar-ten, ob der neuen Regierung Erfolg beschieden sein wird.

Martin Maier SJ

Tony Calleja SJ

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INTeRVIeW

Was bedeutet es für Dich, mit Armen zu leben?

Es hat mein Leben nachhaltig geprägt. Meine 30 Jahre als Priester haben mich demütiger werden lassen. Ich habe viele Menschen getroffen, die voller Güte und Menschlichkeit sind.Es zeigt mir, was wichtig im Leben ist und was nicht. Arme Menschen haben kaum die Möglichkeit, sich vor dem Bösen im Leben zu schützen. Viele von ihnen sind sehr glücklich, unge-achtet ihrer Armut. Sie werden mit Leid und Tod konfrontiert und entwi-ckeln keine Selbstgenügsamkeit oder Arroganz. Sie entwickeln ein Gespür für Solidarität und sie sind bereit, das wenige das sie haben, mit anderen zu teilen. Diese Menschen akzeptie-

ren das Leben wie es ist, mit all sei-nen guten und schlechten Seiten. Sie glauben an die Prinzipien des Evan-geliums und ich glaube, sie verstehen sie besser als wir. Ihre Erzählungen und Geschichten haben mich ge-prägt. Ich habe mit und für Arme aus vielen verschiedenen Kulturen gear-beitet und ich bin gesegnet durch die große Mitmenschlichkeit und Ein-fachheit, die ich so erfahren durfte.

Worin besteht Deine aktuelle Arbeit?

Ich arbeite für JRS Great Lakes, ein Projekt in Ruanda, Burundi und dem Kongo. Dies ist eine der neun Regionen, in der JRS tätig ist (vier davon befinden sich in Afrika). Ich

Wie das achte Sakrament

So beschreibt Toni Calleja SJ sein Leben mit Armen in Flüchtlings-lagern. „Hier habe ich Gott gefunden, der in mysteriöser Weise vor Ort und für die Menschen da ist.“ Seit drei Jahren kümmert er sich um die Flüchtlingslager Great Lakes (Kongo, Ruanda, Burun-di). Toni Calleja Sj ist Projektpartner der Jesuitenmission

Überleben im Flüchtlingslager

Bildung: ein wichtiger

Bereich

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INTeRVIeW

koordiniere unsere Arbeit in die-sen drei Ländern, 548 Personen ar-beiten vor Ort, sowohl Einheimische, Vertriebene, Wiederkehrende und Flüchtlinge. Momentan sind wir für 150.000 Menschen da.

Wie sieht das konkret aus?

Wir arbeiten helfen bei humanitären Nöten. Neue Projekte müssen schnell entwickelt und in Kraft gesetzt wer-den. Im letzten Jahr stellten wir acht solcher Projekte in Goma und Ruts-huru auf die Beine. Beide Gebiete sind von Kriegen zerstört. Der größte Teil unseres Dienstes betrifft die Bil-dung (56 %), gefolgt von Schutz des Lebens, einkommensfördernden Ak-tivitäten für die Flüchtlinge und so-zialpastorale Arbeit. Gut 3 % unserer Arbeit kann man dem Dienst an der Gesundheit (besonders AIDS) zu-schreiben. Ca. ein Fünftel des Ein-satzes gilt anderen sozialen Diensten, kulturellen Aktivitäten, der Sicher-stellung von Nahrung und Hilfe für Schutzbedürftige.

Welche Ideale leiten Dich?

Die Ideale von JRS lassen sich ganz kurz zusammenfassen: Wir versuchen mit den Flüchtlingen zu leben. Wir versuchen sie zu begleiten. Wir versu-chen ihnen zu dienen und sie zu ver-teidigen. Damit haben wir alle Hände voll zu tun.

Wie können wir Deine Arbeit unterstützen?

(1) Durch Gebete, viele Gebete. Für

uns ist es ungeheuer wichtig, dass un-sere Arbeit Teil von Gottes Aktivität auf der Welt ist und nicht nur eine weitere humanitäre Tätigkeit. Wir müssen unterscheiden können, nach Gottes Willen denken und handeln, seine Werte beachten. Genau dazu brauchen wir Ihre Hilfe, da wird das nicht alleine schaffen können.

(2) Bitte vergessen Sie nicht auf die Flüchtlinge dieser Welt! 18 Millionen von ihnen leben in menschenunwür-digen Situationen. Sie haben Angst um ihr Leben, wissen nicht was der morgige Tag oder die Zukunft brin-gen wird. Es hilft diesen Person zu wissen, dass es Menschen gibt, die sich sorgen.

(3) Schließlich bekommen wir finan-zielle Hilfe durch die Jesuitenmission in Österreich. Ich danke allen Spen-dern und Spenderinnen. Ihr Beispiel sensibilisiert Menschen, die Notla-ge der Armen zu sehen, ob in Afrika oder auch im eigenen Land.

Das Gespräch mit Tony Calleja SJ führte Mag. Katrin Morales

im Schlafsaal

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Seit 1.August bin ich in Südindien, in Anekal, einer kleinen Stadt nahe Bangalore. Hier versuchen die Jesui-ten der Bevölkerung zu helfen

Schwierige Situationen

Die Stadt ist umgeben von vielen kleinen Dörfern. Die durchschnitt-liche Gehzeit von den Dörfern in eine Schule in Anekal beträgt etwa drei Stunden. Daher haben Jesui-ten ein Girls- und Boyshostel für die Schulkinder errichtet. In jedem Ho-stel sind über 50 Kinder unterge-bracht. Ich bin im Hostel für sieben bis achtzehnjährige Mädchen tätig. 53 Mädchen schlafen hier eng an-einander gekuschelt in zwei groß-

en Schlafräumen. Das sind sie von zu Hause gewöhnt. Sie stammen aus ar-men Dorffamilien. Die Kinder gehen nur an den Feiertagen nach Hause. Im Heim bleibt ihnen mehr Zeit zum Lernen. Zu Hause würden sie mit einem ganz anderen Alltag konfron-tiert werden und müssten arbeiten. Das Leben im Hostel führt sie auch in die indische Kultur ein. Die Jesu-iten bemühen sich um einen engen Kontakt mit den Eltern und stehen mit Rat und Tat zur Seite

Zeit schenken

Über zwei Monate lebe ich schon hier, aber ich lerne jeden Tag mehr über die indische Kultur. So wer-

Zeit für die Armen

Irmgard Hackl hat sich gemeinsam mit anderen Freiwilligen der Jesuitenmission intensiv auf ihren Einsatz vorbereitet. Hier der erster Bericht aus ihrem Einsatzort in Indien

tägliche Routine

Miteinander in eine bessere

Zukunft blicken

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FReIWILLIGe

de ich etwa auf der Strasse von un-bekannten Frauen angesprochen und auf eine Tasse Tee eingeladen. Immer wieder faszinieren mich die Spon-taneität und die fröhliche Ruhe der Menschen. Jeder Tag verläuft anders. Dennoch gibt es für mich einen geregelten Ta-gesablauf: Er beginnt um 5.25 Uhr mit dem Wecken der Mädchen. Mit meiner Gitarrenmusik starten sie in den Tag starten. Danach geht es wei-ter mit Jonglieren, damit die Mäd-chen auch wirklich fit und zum Ler-nen bereit sind. Während die Kinder in der Schule sind, lerne ich auf ei-ner Fußmaschine nähen. Bald kann ich die Kleider der Kinder flicken. Ich helfe beim Kochen, gehe auf den Markt und versuche die Landesspra-che Kannada zu lernen. Nachmit-tags spiele ich mit den Kindern, wir trinken Tee und reden. Diese Zeit ist mir besonders wichtig, denn ich bin hier um ihnen meine Zeit zu schen-ken. Auch wenn ich ihnen die Arbeit (putzen, lernen, Wäsche waschen) nicht abnehmen kann, will ich ihnen das Leben durch meine Anwesenheit und meine Unterstützung verschö-nern.

Voneinander lernen

Während der “studytime”, unter-richte ich Englisch. Die Kleinen lie-ben meine spielerischen Lernmetho-den und wollen gar nicht aufhören. Den älteren Mädchen gebe ich Auf-klärungsunterricht und bringe da-bei auch mein Wissen über natür-liche Empfängnisregelung ein. Das Thema wird in Schule und Familie

nach wie vor tabuisiert. Ihr Interes-se ist allerdings sehr groß. Bei diesen Gesprächen werden mir immer wie-der die kulturellen Unterschiede be-wusst. Dabei fällt mir auch der un-terschiedliche Zugang zum Thema Lernen auf. Auswendig Lernen steht im Vordergrund. Hobbies sind unbe-deutend. Schnelligkeit und Konkur-renz werden groß geschrieben. Die Kinder müssen hart kämpfen um spä-ter vielleicht ein bessseres Leben füh-ren zu können. Das ist für mich teil-weise schwerer zu akzeptieren als für sie selbst.

Luxus eigenes Zimmer

Mein eigenes Zimmer ist für mich zum Luxus geworden, denn ich brau-che auch Zeit für mich allein. Lange halte ich es in meinem Raum aber doch nicht aus. Ich könnte ja schö-ne Momente mit den Kindern ver-passen. Sehr oft denke ich mir, dass ich ein Glückspilz bin, weil ich hier in Indien sein darf: bei Kindern, de-nen es zwar an Materiellem fehlt, die dafür aber an Frohsinn und Tapferkeit umso reicher sind.

Irmi Hackl

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IN KÜRZe

Bücher Flohmarkt der JGCL

Zum Sonntag der Weltkirche organisierte die Jugend-GCL unter der Leitung von Ingrid Sieder einen Bücher Flohmarkt. Über Tage hat sich Frau Sieder mit einigen Freiwilligen daran gemacht, die Bücher zu sortieren und nach Be-reichen zu ordnen. Vor allem die Dubletten aus Beständen früherer Jesuiten-bibliotheken haben großes Interesse bei den Besuchern geweckt. Am Sonntag um 10 Uhr wurde dann der Flohmarkt in der Alten Burse eröffnet. Mit meh-reren Helferinnen konnte eine angenehme Atmosphäre bei Kaffee und Ku-chen geschaffen werden. 1035,30 € ist der große Beitrag den die Initiative den Straßenkindern in Manaus / Brasilien erwirtschaftet hat.

Ein besonderes Dankeschön an alle, die zu diesem großen Erfolg beigetra-gen haben: Die Jesuiten, Ingrid und Franz Sieder, Wolfgang Schindegger, Eli-sabeth Tripolt, Elfi Kugler, Claudia und Herr Treipl, Sr. Erika und Sr. Rozalia. Großen Dank besonders für die tatkräftige Unterstützung der Jugend: David Schwarzmann, Clemens Hlawaty, Poldi Kaserer, Nico Sieder, Babsi Glatz, Ma-rie Treipl, Daniela Kratzik, Sonia Friedmann, Wolfi Hammerschmied.

Vielen herzlichen Dank!

Ehrendoktorat für P. Luis Gutheinz SJ

„Das zentrale Forschungsanliegen von Luis Gutheinz SJ ist es, Grundlagen für die Begegnung des Christentums mit der chinesischen Kultur und den sie prägenden religiösen wie nichtreligiösen Traditionen zu schaffen, Grundlagen für eine genuin chinesische Theologie. Und seit den 90er Jahren hat er sich dabei vor allem um die nötigen Arbeitsinstrumente für „die Werkstatt der chi-nesischen Theologie“ gekümmert.“ Diese prägnante Zusammenfassung sei-ner wissenschaftlichen Arbeit, spiegelt wohl einen der Hauptgründe für die Verleihung der Ehrendoktorwürde an P. Luis Gutheinz SJ durch die Goethe Universität Frankfurt – Fachbereich Katholische Theologie wider. Luis Gut-heinz, den wir hier meist als engagierten Vater der Leprakranken in China beschreiben, hat gerade in diesem dynamischen Zusammenwirken zwischen Glaube und Gerechtigkeit seine besonderen Verdienste. Wir gratulieren herzlich!

ImpressumJESUITENMISSION MENSCHEN FÜR ANDERE, 2009 Heft 4 Medieninhaber und Herausgeber: Missionsprokur der Gesellschaft Jesu in Österreich, Canisiusgasse 16, A-1090 Wien, Tel +43 01 3170519, [email protected], www.jesuitenmission.at Redaktion: P. Hans Tschiggerl SJ, Mag. Katrin Morales, Gestaltung: Martin Tiefengrabner, Druck: LDD Communication Bildnachweis: Jesuitenmission (Titelbild,S2-6,12f,16f,21), Jesuitenmission Deutschland (S6,14-17), Jesuitenmission Schweiz (S4,24), Irmi Hackl (S20f), JRS (18f)DVR 0029874(234), P.b.b. Verlagsort 1090 Wien GZ 02Z032649M,

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UNSeRe BITTe

Unsere Weihnachtsbitte: Hoffnung wider alle Hoffnung!

Liebe Leserin, lieber Leser!HIV und Aids sind eine riesige Herausforderung für Menschen in China und in Afrika. Kinder leiden besonders unter der Stigmatisierung: Sie werden von Kliniken und Waisen-häusern abgewiesen, keine Schule will sie in den Unterricht aufnehmen. AJAN und Casa Ricci sind Einrichtungen der Jesuiten, die menschliche Gemeinschaften aufbauen, in de-nen Menschen mit HIV überleben und würdig leben können. Hier wird direkt geholfen, Informationsarbeit geleistet und medizinisch-ganzheitliche Hilfe bereitgestellt. Unsere Bitte an Sie: Schenken Sie Hoffnung in anscheinend hoffnungslosen Situationen. Unse-re Projektpartner in China und Afrika sind Jesuiten und geistliche Schwestern, die durch ihre Begleitung und ihren Dienst an „hoffnungslosen Fällen“ Wunder wirken. Sie können mitwirken.Danke für Ihre Unterstützung!

Hans Tschiggerl SJ

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