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AGRAR FORSCHUNG SCHWEIZ März 2011 | Heft 3 Agroscope | BLW | SHL | AGRIDEA | ETH Zürich Umwelt Invasive Pflanzen – wie weiter? Seite 108 Pflanzenbau Agroforstwirtschaft in der Schweiz Seite 128 Nutztiere Genetische Vielfalt in der Eringerpopulation Seite 134

Heft 3 März 2011

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Heft 3 März 2011

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AgrArforschung schweiz

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Umwelt Invasive Pflanzen – wie weiter? Seite 108

Pflanzenbau Agroforstwirtschaft in der Schweiz Seite 128

Nutztiere Genetische Vielfalt in der Eringerpopulation Seite 134

ImpressumAgrarforschung Schweiz / Recherche Agronomique Suisse ist die Zeitschrift der landwirtschaftlichen Forschung von Agroscope und ihren Partnern. Die Zeitschrift erscheint auf Deutsch und Französisch. Sie richtet sich an Fachpersonen aus Forschung, Industrie, Lehre, Beratung und Politik, an kantonale und eidgenös sische Ämter und weitere Fachinteressierte.

HerausgeberinAgroscope

Partnerb Agroscope (Forschungsanstalten Agroscope Changins-Wädenswil

ACW; Agroscope Liebefeld-Posieux ALP und Schweizerisches Nationalgestüt SNG; Agroscope Reckenholz-Tänikon ART)

b Bundesamt für Landwirtschaft BLW, Bernb Schweizerische Hochschule für Landwirtschaft SHL, Zollikofenb Beratungszentralen AGRIDEA, Lindau und Lausanne b Eidgenössische Technische Hochschule ETH Zürich,

Departement Agrar- und Lebensmittelwissenschaften

Redaktion Andrea Leuenberger-Minger, Agrarforschung Schweiz / Recherche Agro-nomique Suisse, Forschungs anstalt Agroscope Liebefeld-Posieux ALP, Postfach 64, 1725 Posieux, Tel. +41 26 407 72 21, Fax +41 26 407 73 00, E-Mail: [email protected]

Judith Auer, Agrarforschung Schweiz / Recherche Agronomique Suisse, Forschungsanstalt Agroscope Changins-Wädenswil ACW, Postfach 1012, 1260 Nyon 1, E-Mail: [email protected]

Redaktionsteam Vorsitz: Jean-Philippe Mayor (Direktor ACW), Sibylle Willi (ACW), Gerhard Mangold (ALP und SNG), Etel Keller-Doroszlai (ART), Karin Bovigny-Ackermann (BLW), Beat Huber-Eicher (SHL), Philippe Droz (AGRIDEA), Jörg Beck (ETH Zürich).

AbonnementPreiseZeitschrift: CHF 61.–* (Ausland + CHF 20.– Portokosten),inkl. MWSt. und Versandkosten, Online: CHF 61.–** reduzierter Tarif siehe: www.agrarforschungschweiz.ch oder [email protected]

AdresseNicole Boschung, Agrarforschung Schweiz / Recherche Agronomique Suisse, Forschungsanstalt Agroscope Liebefeld-Posieux ALP, Postfach 64, 1725 Posieux, Tel. +41 26 407 72 21, Fax +41 26 407 73 00, E-Mail: [email protected]

Internet www.agrarforschungschweiz.chwww.rechercheagronomiquesuisse.ch

ISSN infosISSN 1663-7852 (Print)ISSN 1663-7909 (Internet)Schlüsseltitel: Agrarforschung SchweizAbgekürzter Schlüsseltitel: Agrarforsch. Schweiz

© Copyright Agroscope. Nachdruck von Artikeln gestattet, bei Quellenangabe und Zustellung eines Belegexemplars an die Redaktion.

Erfasst in: Web of Sience, CAB Abstracts, AGRIS

Berner FachhochschuleHaute école spécialisée bernoiseSchweizerische Hochschulefür Landwirtschaft SHLHaute école suisse d’agronomie HESA

InhaltMärz 2011 | Heft 3

Invasive Neophyten – Ankömmlinge aus anderen Kontinenten – passen sich an ihre neue Umgebung an und können das Gleichgewicht der Biodiversität empfindlich stören. Japanknöterich bevorzugt Ufer-bereiche an Gewässern und kann dort Erosion verursachen. (Foto: Carole Parodi, ACW) 107 Editorial

Umwelt

108 Invasive Pflanzen – wie weiter? Christian Bohren

Umwelt

114 Geruchskonzentration und -emission von Milchviehställen mit LaufhofMargret Keck, Alfons Schmidlin, Kerstin Zeyer,

Lukas Emmenegger und Sabine Schrade

Pflanzenbau

120 Bodenfruchtbarkeit und Produktivität der Kulturen: Auswirkungen von organischen Einträgen und PflugAlexandra Maltas, Raphaël Charles und

Sokrat Sinaj

Pflanzenbau

128 Agroforstwirtschaft in der SchweizAlexandra Kaeser, Firesenai Sereke, Dunja Dux

und Felix Herzog

Nutztiere

134 Genetische Vielfalt in der EringerpopulationChristine Flury und Stefan Rieder

140 Porträt

141 Aktuelles

143 Veranstaltungen

Sortenlisten

Beilage Liste der empfohlenen Maissortenfür die Ernte 2011 J. Hiltbrunner, U. Buchmann, A. Baux,

J.-F. Collaud, L. Deladoey und M. Bertossa

Editorial

107Agrarforschung Schweiz 2 (3): 107, 2011

Valérie Miéville-Ott, Agridea

Liebe Leserin, lieber Leser

Seit gut 15 Jahren wird das Umfeld in dem sich die schweizerische Landwirt-

schaft entwickelt von wichtigen wirtschaftlichen, politischen und sozialen Ver-

änderungen geprägt: Steigende Konkurrenz auf den Agrarmärkten, Preiszerfall,

Rückgang der Anzahl Betriebe, Zunahme der Arbeitsbelastung, Notwendigkeit

die Einkommensquellen zu diversifizieren, steigende Anforderungen an das Tier-

wohl und den Schutz der Umwelt, etc. In diesem unsicheren und sich stark ver-

ändernden Umfeld, das zu risikoreichem Verhalten führt, hängt das Aufrechter-

halten eines dynamischen landwirtschaftlichen Netzwerks von immer komplexer

werdenden Faktoren ab.

Zusätzlich ist der landwirtschaftliche Betrieb an sich ein komplexes System,

wo sich Arbeits- und Familienbeziehungen, Produktionsmittel und Vermögen,

Handelsbeziehungen und Beziehungen die auf gegenseitiger Rücksichtnahme

beruhen, technisches Können und saisonale Schwankungen vermischen.

Es ist deshalb einleuchtend, dass die deklarierten oder impliziten Ziele eines

jeden Familienmitgliedes von einer Vielfalt von Kriterien bestimmt werden, die

weit über die Gesetzmässigkeiten des «Homo oeconomicus» hinausgehen. Die

technisch-wirtschaftliche Leistungsfähigkeit kann nicht für sich allein ausschlag-

gebend für die Entwicklungsperspektiven eines Betriebes sein, denn die Anpas-

sungsfähigkeit eines landwirtschaftlichen Betriebs hängt stark von den mensch-

lichen Faktoren ab.

Ein gutes Management der Familienverhältnisse und die Fähigkeit, soziale

Netze als Quellen neuen Wissen und gegenseitiger Hilfe zu schaffen, stehen im

Zentrum der Zukunft der Landwirtschaft. Das soziale und menschliche Kapital ist

genauso wichtig, wenn nicht sogar wichtiger, als das technisch-wirtschaftliche

Potenzial. Kein auch noch so ausgefeiltes ökonometrisches Modell wird es jemals

ermöglichen, die Komplexität der Faktoren zu erfassen, die für die globale Leis-

tungsfähigkeit eines Betriebes ausschlaggebend sind und über Anpassungsfähig-

keit oder gar Überlebensfähigkeit entscheiden.

Angesichts dieser zahlreichen Herausforderungen verlangt die Begleitung

der Bauernfamilien nach neuen Kompetenzen und neuen Ansätzen. Es gilt, die

Bauern und Bäuerinnen als vollwertige Partner, als Nutzer vorhandenen Wissens,

aber auch als Produzenten von neuem und anwendungsbezogenem Wissen zu

sehen. Die Suche nach innovativen Lösungen muss deshalb im Sinne eines Dia-

logs und einer Partnerschaft zwischen Forschung, Ausbildung, Beratung und den

Bauernfamilien erfolgen.Aber die Zukunft der Schweizerischen Landwirtschaft spielt sich auf einem starken

politischen Feld ab. Angesichts des steigenden wirtschaftlichen Drucks erreicht die

Anpassungsfähigkeit der Betriebe ihre Grenzen. Auf dem Land entstehen neue

soziale Herausforderungen: unsichere familiäre Nachfolge, physische und mentale

Überforderung, Stress, Zunahme an Scheidungen, Unfällen etc. Diese Rahmenbe-

dingungen führen dazu, dass wir uns fragen, inwieweit die aktuellen Modelle der

wirtschaftlichen Entwicklung für die Landwirtschaft richtig sind.

Die Nachhaltigkeit der Schweizerischen Landwirtschaft darf nicht nur auf

den beiden Achsen Wirtschaftlichkeit und Umweltverträglichkeit beruhen. Sie

muss gleichermassen die soziale Dimension mitberücksichtigen, damit sie nicht

nur wirtschaftlich, sondern auch lebendig, gesellschaftlich anerkannt und lebens-

wert ist. Eine solche Landwirtschaft ist sowohl physisch wie psychisch verträglich,

stiftet Sinn und ist Quelle von Lebensfreude für die Bauernfamilien.

Humanistischer Ansatz für landwirtschaftliche Betriebe

108

Migration von Pflanzen

Pflanzen legen seit jeher bei ihrem Generationenwech-

sel, obwohl sie an den Boden gebunden sind, auf ganz

natürliche Weise mehr oder weniger weite Distanzen

zurück. Der Mensch stört mit diese Migration. Er verteilt

Pflanzen in grösserer Menge und schneller als die Natur

rund um den Erdball. Samen und Pflanzenteile werden

einerseits in Rohprodukten und anderen Gütern unbe-

absichtigt verschleppt; Samen von Gleichblättrigem

Kreuzkraut (Senecio inaequidens) kamen in Baumwoll-

ballen in unser Land. Andererseits werden Pflanzen

wegen ihrer schönen Blätter oder Blüten als Zierpflan-

zen gehandelt, Goldrute (Solidago spp.) ist immer eine

beliebte Zugabe zu Blumensträussen, obwohl die Art

auf der Schwarzen Liste der SKEW (SKEW 2010) aufgelis-

tet ist.

Neophyten

Als Neophyten werden Pflanzen, die aus anderen Konti-

nenten stammen, bezeichnet. Die Entdeckung Amerikas

durch Christoph Kolumbus gilt als Beginn der Epoche der

Neophyten. Pflanzen aus fernen Herkünften können bei

uns ein Klima vorfinden, das ihnen behagt. Wenn sie in

ihrer neuen Umgebung keinen Fressfeinden oder Krank-

heiten ausgesetzt sind, können sie sich ungehindert ver-

mehren. Für Zentraleuropäische Gebiete gilt die

so genannte Zehnerregel: von 1000 importierten oder

eingeschleppten Pflanzenarten werden 100 in der freien

Natur zu wachsen beginnen, zehn von diesen werden

die Winterkälte überleben und sich etablieren, einer der

etablierten Neuankömmlinge kann sich ausserordentlich

stark vermehren. Mit ihrer starken Vermehrung kann die

Pflanze die einheimische Flora und langfristig auch die

Fauna verdrängen. Der Neophyt wird invasiv und gefähr-

det die Biodiversität. Eingeschleppte Pflanzen werden

nicht in jedem Fall mit ihrer Ansiedelung sofort invasiv. Sie können sich lange Zeit ruhig verhalten, bis sie güns-

tigere Bedingungen vorfinden und sich invasiv zu ver-

mehren beginnen. Dieser Artikel möchte aufzeigen,

dass bezüglich der Bekämpfung von invasiven Neophy-

ten keine allgemein gültigen Rezepte angewendet

werden können.

Vom ersten Erscheinen bis zur Invasion

Eine Invasion beginnt immer lokal. Sie beginnt dort wo

die Pflanze hinkommt und sich vermehren kann. Es spielt

keine Rolle, wie lange die Pflanze schon an Ort war und

ob es sich um einen Neophyten handelt. Die unverhält-

nismässig starke Vermehrung steht am Beginn der Inva-

sion. Die Art der Vermehrung beeinflusst die Bekämp-

fungsmethoden: Einfaches Ausreissen vor der Blüte ist

gegen Ambrosia (Ambrosia artemisiifolia) sehr wirksam.

Die grünen Pflanzenteile zu vernichten, reicht zur

Bekämpfung oft nicht aus, denn viele invasive Pflanzen

haben unterirdische Vermehrungsorgane. Unabdingbar

ist die Suche nach der Quelle der Verseuchung. Die

Quelle muss unterbunden werden, wenn sich ein

Bekämpfungserfolg einstellen soll. Eines haben alle

Invasionen gemeinsam: sie versetzen ihre Umgebung

in eine Art Ausnahmezustand.

Christian Bohren, Forschungsanstalt Agroscope Changins-Wädenswil ACW, 1260 Nyon 1

Auskünfte: Christian Bohren, E-Mail: [email protected],Tel. + 41 22 363 44 25

Invasive Pflanzen – wie weiter ?

U m w e l t

Agrarforschung Schweiz 2 (3): 108–113, 2011

Abb. 1 | Erdmandelgras (Cyperus esculentus) wird mit Landmaschi-nen verschleppt und ist auf dem Vormarsch – die Alarmglocken läuten. (Foto: ACW)

Invasive Pflanzen – wie weiter ? | Umwelt

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Die Wanderung von Pflanzen um den

Globus ist eine wichtige Basis für unser

Leben. Mit der Globalisierung des Handels

und Tourismus stört der Mensch diese

Migration. Aus anderen Kontinenten

stammende Pflanzen – wie auch andere

Lebewesen – können sich am neuen Ort

anpassen und wegen fehlender Feinde das

bestehende Gleichgewicht der Biodiversität

empfindlich stören. Solche Pflanzen werden

invasive Neophyten genannt. Die intensive

Landnutzung des Menschen beschleunigt in

vielen Fällen die Pflanzeninvasion.

Seit Menschen die Erde bebauen, gibt es

Problempflanzen. Der Bauer muss seine

Bekämpfungsmethoden stetig anpassen.

Ähnlich sollte die Gesellschaft angepasste

Methoden zur Kontrolle von invasiven

Pflanzen akzeptieren. Kleine Gruppen von

Spezialisten sollten nach Anpassung der

bestehenden Konventionen für die Bekämp-

fung Massnahmen durchsetzen können, die

an die Pflanzenart angepasst sind. Gelöste

Probleme (Ambrosia) ermuntern, beste-

hende Probleme (Japanknöterich) und

zukünftige Probleme (Erdmandelgras)

beherzt anzupacken.

Landnutzung als Bauland ist für die bestehende Flora

eine Katastrophe. Mit den Bauten wird der Flora die

natürliche Grundlage entzogen. Während des Baupro-

zesses wird viel Bodenmaterial an andere Orte verfrach-

tet, was dazu führt, dass für Bauten viel mehr Bodenflä-

che gestört wird als das Gebäude selber nachher bedeckt.

Jede durch Bautätigkeit gestörte Fläche bietet wandern-

den Pflanzen, Gelegenheit sich anzusiedeln. Vor allem

invasive Pflanzen finden hier oft gute Voraussetzungen.

Die Folgen sind bekannt: die Invasion wird beschleunigt.

Mit dem steigenden Bedarf an nutzbarem Boden,

steigt auch der Bedarf des Menschen, Ursprüngliches zu

schützen. So müssen immer mehr Naturreservate

geschaffen werden. Diese Naturschutzgebiete sind aber

auch den Pflanzeninvasionen ausgesetzt. Ein Bachlauf

durch ein Naturschutzgebiet kann beste Voraussetzun-

gen für die Ansiedelung von Japanknöterich bieten,

wenn dieser weiter oben im nichtgeschützten Gebiet

nicht wirkungsvoll eliminiert werden kann. Die Rhizome

des Japanknöterichs destabilisieren das Ufer, sie werden

mit der Strömung weggeschwemmt und können sich

weiter unten im Naturschutzgebiet ansiedeln. Dort kön-

nen sie nach heute geltendem Recht überhaupt nicht

mehr effizient bekämpft werden, weil der Herbizidein-

satz allgemein verboten ist. So wird diese Invasion nie

gestoppt.

Agrarforschung Schweiz 2 (3): 108–113, 2011

Abb. 2 | Goldrute (Solidago canadensis) ist nicht nur schlecht – sie bietet dem Rebhuhn Schutz. (Foto: ACW)

Umwelt | Invasive Pflanzen – wie weiter ?

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Problempflanzen

Pflanzen, die aus menschlicher Sicht unerwünscht sind

und sich unverhältnismässig vermehren, gibt es überall.

In der Landwirtschaft sind das die schwer bekämpfbaren

Unkräuter, wie Disteln, Blacken oder Winden. Gewöhnli-

che Gräser wie Ackerfuchsschwanz (Agropyron repens)

oder Windhalm (Apera spica venti), die in vielfältigen

Fruchtfolgen unauffällig sind, können sich bei der Ver-

einfachung der Fruchtfolgen – etwa Spezialisierung auf

Getreideproduktion – zu wahren Problemunkräutern

entwickeln (Menne et al. 2008). Im Fall des Ackerfuchs-

schwanz/Windhalms kann das Problem oft nicht besei-

tigt werden, da die wirtschaftlichen Bedingungen eine

einseitige Produktionsform (unausgeglichene Frucht-

folge) begünstigen. Die Landwirtschaft wird immer wie-

der mit neuen Unkräutern konfrontiert, seien dies ein-

heimische welche auf veränderte Anbaumethoden

reagieren oder Neophyten. Beide, Neophyten und ein-

heimische Pflanzen erfordern dieselbe Aufmerksamkeit

betreffend zusätzlichem Bekämpfungsaufwand und

genauem Beobachten der Weitervermehrung. Letztlich

spielt dabei die Herkunft der Pflanzen keine Rolle.

Ein anderes Beispiel ist der Japanknöterich (Reynoutria

spp.) – vor 150 – 200 Jahren als Zierpflanze eingeführt.

Dieser konnte sich in den letzten Jahrzehnten in vielen

Ländern Europas ungehindert ausbreiten. Mittlerweile

hat diese Pflanze die Landnutzungszonen des Menschen

erreicht und wird zum Kostenfaktor. Gemäss Zeitungs-

angaben sollen die Kosten zur Beseitigung von Japan-

knöterich auf den Baustellen von Olympia 2012 in

London etwa 100 000 £ betragen. Die englische Umwelt-

behörde (Environment Agency 2010) spricht von 4 ha

befallener Fläche auf dem zukünftigen Olympiagelände.

Auf eine «spektakuläre Verbreitung in England» weist

auch die Internetseite www.jksl.com hin. Oberirdische

Bekämpfung reicht nicht, die Rhizome sind mit vernünf-

tigem Aufwand nicht vollständig aus dem Boden ent-

fernbar, somit sind mehrere Folgemassnahmen erfor-

derlich. Japanknöterich ist an Gewässern störend, da er

die ohnehin oft knapp berechneten Uferzonen destabi-

lisieren kann. Mit rein mechanischen Methoden kann

man der Pflanze kaum Herr werden und verursacht

zusätzlich hohe Arbeitskosten; eine Kombination von

mechanischen und chemischen Massnahmen bringt den

sichersten Erfolg.

Ambrosia, vor etwa 150 Jahren eingeschleppt, ist bei uns

erst seit wenigen Jahren im Vormarsch (Bohren et al.

2008). Ausreissen vor der Blüte reicht in vielen Fällen als

Bekämpfungsmassnahme, da sich Ambrosia nur mit

Samen vermehrt.

Im Kanton Genf gibt es ein Projekt zur Förderung des

Rebhuhns (Perdrix perdrix) in Gebieten mit intensivem

Anbau. 1996 haben Mayor & Lambelet-Haueter bei

Vegetationsanalysen Kanadisches Berufkraut (Conyza

canadensis) als unerwünschte Pflanze erwähnt. Heute

bieten die ökologischen Ausgleichsflächen der Land-

wirte, vor allem die Buntbrachen, eine exzellente Nische

für die Besiedelung durch den Vogel – nicht zuletzt

wegen der damals noch nicht vorhandenen, hochwach-

senden Goldrute. Die Goldrute kommt heute in dieser

Gegend häufig vor. Wenn sich das Rebhuhn auf einer

solchen Fläche einmal angesiedelt hat, sollte diese mög-

lichst lange unberührt bleiben. Deshalb wird fast jede

langlebige Buntbrache vom invasiven Neophyt Goldrute

befallen. Die Buntbrache verliert einerseits ihren Wert

gemäss den gültigen Richtlinien für den Ökoausgleich,

und müsste folglich aus dem Direktzahlungssystem aus-

geschlossen werden. Andererseits ist sie ein wertvolles

Element im Projekt zur Förderung des Rebhuhns und

wird – auch wenn die Brache voller Goldrute ist – wegen

des Rebhuhns nicht obligatorisch aufgehoben werden

müssen. So ist die per Definition gefährliche, weil inva-

sive Goldrute nützlich für das Rebhuhn. Nach Rekultivie-

rung einer Brache reagiert die Goldrute glücklicherweise

sehr empfindlich auf Bodenbearbeitung. Deshalb ist die-

ser Neophyt in Ackerkulturen keine Problempflanze. Als letztes Beispiel wird das Erdmandelgras (Cyperus

esculentus) erwähnt. Dieser invasive Neophyt breitet

sich mit seinen erbsengrossen Brutknöllchen in der

Erde zunehmend in intensiven Gemüsekulturen aus,

beeinträchtigt die Erntemenge und wird durch Land-

maschinen auf andere Felder verschleppt (Total 2008).

Unter diesen Bedingungen ist es leicht vorhersehbar,

dass uns diese Pflanze zukünftig grosse Probleme

machen wird. Die oderirdische Bekämpfung dämmt die

Invasion nicht ein. Gut wirksame Herbizide können

die Vermehrung des Erdmandelgrases nicht verhin-

dern, wenn sie wegen der nötigen Kulturverträglich-

Agrarforschung Schweiz 2 (3): 108–113, 2011

Abb. 3 | Japanknöterich (Reynoutria spp.) ist weit verbreitet und nur mit grossem Aufwand bekämpfbar – die Probleme werden mit der Zeit nicht kleiner. (Foto: ACW)

Invasive Pflanzen – wie weiter ? | Umwelt

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Bekämpfungsmethoden wurden verfeinert: vermehrtes

Hacken in Ackerkulturen, Reduktion der Bodenbearbei-

tungsintensität, Einsatz von Gründünger. Heute orien-

tiert sich die Unkrautbekämpfung am Prinzip der ökono-

mischen Schadensschwellen. Die Kosten der Bekämpfung

sollen nicht höher sein als der monetäre Gegenwert des

Ertragsverlustes wenn nicht bekämpft wird. Mit den

beschriebenen Prinzipien zur Unkrautbekämpfung

kommt die heutige Landwirtschaft im Allgemeinen gut

zurecht. Es ist unbestritten, dass die Herbizide effiziente

Bekämpfungsmethoden bieten, die viele Handarbeits-

stunden ersetzen. Hinsichtlich der Bekämpfung von

invasiven Neophyten kann man sich durchaus die Frage

stellen, ob Schadensschwellen sinnvoll wären. Es ist sinn-

los, den invasiven Neophyten den totalen Krieg – also

die Ausrottung – erklären zu wollen. Aber Pflanzenin-

vasionen könnten sinnvoll zurückgedrängt werden.

Ambrosia schadet nicht, solange die Grenzwerte der all-

ergenen Pollen in der Luft nicht überschritten werden;

Japanknöterich schadet viel weniger, wenn er nicht ent-

lang von Verkehrs- und Wasserwegen vorkommt.

Wir suchen heute die wirksamsten Bekämpfungsmetho-

den gegen all diese Arten – wir wollen keine gepflegten

Bestände von invasiven Pflanzen («pet-invasives») an

Orten wo sie Probleme verursachen. Die Methoden müs-

sen in unsere Umweltgesetzgebung passen. Hier sei die

Frage erlaubt, ob die bestehenden Umweltgesetze eine

Ausnahmesituation wie die invasive Ausbreitung von

Pflanzen beispielsweise entlang von Wasserläufen und

Seeufern genügend würdigen oder nicht.

Aktuelle Situation und Perspektiven

Unser Ziel muss es sein, Situationen, wie wir sie heute

mit dem Japanknöterich haben, in Zukunft zu vermei-

den. Wir müssen die Gefährlichkeit einer beginnenden

Invasion frühzeitig erkennen und die betroffene Pflan-

zenart frühzeitig mit allen zu Verfügung stehenden Mit-

teln bekämpfen können. Nur auf diesem Weg wird es

möglich sein, exorbitante Bekämpfungskosten gegen

eine einzelne invasive Art, zu verhindern. Auf der

«schwarzen Liste» befinden sich gegenwärtig etwa

20  Arten, es werden weitere dazukommen. Invasive

Pflanzen verursachen bei uns eine Gefährdung der Bio-

diversität, hohe Bekämpfungskosten, Risiken für die

menschliche Gesundheit etc. Alle diese Verluste zeigen,

dass wir es noch nicht verstehen, auf eine Pflanzenin-

vasion mit geeigneten Mitteln zu antworten.

Es braucht einen neuen «Spinnerclub»

Die Eisenbahn hatte oftmals ein starres, ja verstaubtes

Image einer Institution, die sich mit Innovationen

schwertat. Dieses Verhalten war früher vor allem aus

keit hinsichtlich der Knöllchenbildung zur falschen

Zeit eingesetzt werden müssen.

Bei all diesen Beispielen laufen wir in schwer lösbare

und  ganz verschiedenartige Probleme. Die werden

schnell grösser, wenn wir nicht früh genug einschreiten

können. Von vielen Pflanzen auf der schwarzen Liste

(SKEW) wissen wir nicht ob und wann sie sich invasiv ver-

breiten werden.

Invasive Neophyten nur dort ausrotten wo sie schaden

Ein wichtiges Element in Land- und Ackerbau ist seit

jeher die richtige Behandlung von Unkräutern oder der

Ackerbegleitflora. Die Unkrautbekämpfung hatte früher

zum Ziel, Unkräuter auszuschalten um damit die Produk-

tion wesentlich zu vereinfachen und zu erleichtern.

Einerseits wurden so Ertragsverluste verhindert, ande-

rerseits konnte die Zunahme der Verunkrautung durch

fehlende Versamung in den folgenden Jahren unterbun-

den werden (Zwerger und Ammon 1999). Mit der Ent-

wicklung von Herbiziden glaubte man, dem unkraut-

freien Ackerbau einen grossen Schritt näher gekommen

zu sein, bis das Auftreten von herbizidresistenten

Unkräutern und Gewässerverunreinigungen durch Her-

bizide diesen Träumen ein Ende setzten. Man begann,

den ökologischen Wert der Unkräuter zu erkennen. Die

Agrarforschung Schweiz 2 (3): 108–113, 2011

Abb. 4 | Die Invasion durch Ambrosia (Ambrosia artemisiifolia) ist gestoppt – die Überwachung darf nicht einschlafen. (Foto: ACW)

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Umwelt | Invasive Pflanzen – wie weiter ?

sicherheitstechnischen Überlegungen nützlich, denn es

verhinderte unüberlegte Entscheide, die zu Unfällen

hätten führen können. Die Schweizerischen Bundesbah-

nen überlegten sich schon in den 60er Jahren des letzten

Jahrhunderts, wie sie aus den althergebrachten Struktu-

ren ausbrechen könnten. Sie suchten eine Antwort auf

den boomenden Autobahnbau um letztendlich mehr

Güter und Personen auf die Schiene zu bringen und

diese schneller zu befördern. Die Bahnverwaltung rief

ein kleines Team aus Bahn- und Fahrplaningenieuren ins

Leben, welches die Aufgabe hatte, den Bahnbetrieb

unabhängig von allem Althergebrachten neu zu erfin-

den (Hürlimann 2007). Dieses Team hatte die Freiheit,

die verrücktesten Ideen zu entwickeln, ohne bestehende

Bedingungen als Grenze akzeptieren zu müssen. Die

Gruppe wurde bald einmal als «Spinnerclub» bezeich-

net; einerseits weil man nie so recht wusste, was sie

gerade diskutieren, andererseits weil sie «verrückte»

Ideen entwickelten. Zusammen mit den holländischen

Bahnen entwickelte dieses Team die Verrücktheit eines

Taktfahrplans. 20 Jahre später wurde der Taktfahrplan in

die Praxis umgesetzt. Heute ist er nicht mehr aus dem

Bahnbetrieb wegzudenken.Bezogen auf die einwandernden Pflanzen, könnte ein

«think tank» (= Spinnerclub) sehr wichtige Funktionen

erfüllen, um neue Invasionen früh zu erkennen und fort-

geschrittene Invasionen abzubremsen. Kleine Gruppen

von Spezialisten mit je einem Vertreter von Ökologie,

Medizin, Agronomie, Behörden und Politik, müssten

regelmässig zusammenkommen und die neuesten Ent-

wicklungen auf dem Gebiet der Einwanderung von Pflan-

zen erörtern. Das Beobachtungsgebiet eines solchen

Teams wäre geografisch und Klimatisch – ohne Berück-

sichtigung von Kantons- und Staatsgrenzen – begrenzt

(biogeographische Regionen); somit würde es in unserem

Land mehrere solcher Teams geben. Die Zusammenset-

zung der kleinen Gruppen müsste unter die Prämisse der

Früherkennung von Pflanzeninvasionen und der Vermei-

dung von immensen Bekämpfungs problemen durch

expandierende Invasoren gestellt werden: der Ökologe

erkennt entstehende Fehlentwicklungen (Pflanzeninva-

sion) früh, die Medizinerin beurteilt Problempflanzen auf

ihr gesundheitliches Risiko, der Agronom entwickelt eine

Bekämpfungsstrategie, die Be hördenvertreterin erkennt

die entstehende Aus nahmesituation und kann die Anpas-

sung von Regelungen einleiten, der Politiker kann früh-

zeitig finanzielle Mittel bereitstellen.

Situation heute

Die stetig intensivere Landnutzung bringt uns immer

mehr in Konflikt mit Pflanzen. Gemüsebauflächen in

Stadtnähe werden verbaut, die Gemüsebauern müssen

auf Ackerflächen ausweichen; die Zahl der Austauschfel-

der nimmt zu. In dieser Mischung von intensivem Gemü-

sebau und Ackerbau auf denselben Flächen findet zum

Beispiel Erdmandelgras ideale Voraussetzungen, sich zu

verbreiten. Die Brutknöllchen werden in Gemüsekultu-

ren durch mehrmalige Boden- und Erntearbeiten im Jahr

rasch übers ganze Feld verteilt. Felder im Austausch zwi-

schen Gemüse- und Ackerbau werden von Maschinen

angefahren, die zuvor auf einem verseuchten Feld arbei-

teten und mit der klebenden Erde werden Brutknöll-

chen verfrachtet. Mit Herbiziden ist die Bildung der

Knöllchen nicht zu stoppen. Hier läuten bereits die

Alarmglocken.

Auf Anregung mehrerer Kantone wurde ein grosses

Versuchsnetz gegen Japanknöterich aufgezogen. Die

Versuchsdauer richtet sich nach der für den Nachweis

des wirksamsten Bekämpfungsverfahrens nötigen

Anzahl von Vegetationsperioden (mindestens 4 Jahre).

Ob dereinst die effizienteste Methode überall angewen-

det werden darf, ist noch nicht entschieden.

Die Ambrosia Invasion wurde in der Schweiz frühzeitig

erkannt. Die rasche Aufnahme des Allergieunkrauts in

die Pflanzenschutzverordnung als obligatorisch zu

bekämpfendes Unkraut hat sehr viel dazu beigetragen,

dass wir heute die Situation gut im Griff haben. Ebenso

wichtig ist, dass das Bekämpfungsgebot trotz politischer

Widerstände weiterhin bei der stark betroffenen Land-

wirtschaft verankert ist. Die Gefahr der Invasion ist damit

jedoch nicht gebannt. Deshalb muss die Aufmerksam-

keit gegen Ambrosia bestehen bleiben.

Eine sehr rasche Verbreitung findet derzeit das

Gleichblättrige Kreuzkraut (Senecio inaequidens) vor

allem entlang von Autobahnen. Es ist gut erkennbar, da

es bis zu Beginn der Winterkälte auf den Mittelstreifen

hell gelb blüht. Ob dieses mehrjährige, für Stalltiere gif-

tige Kraut in naher Zukunft anliegende Flächen befallen

wird, wissen wir nicht. Auch hier gilt erhöhte Wachsam-

keit des Menschen.

n

Agrarforschung Schweiz 2 (3): 108–113, 2011

Hinweis

An einem internationalen Kongress – organi-

siert von der Europäischen Gesellschaft für

Unkrautforschung (EWRS) und Agroscope

Chagins-Wädenswil (ACW) – über invasive

Pflanzen vom 2. – 7. Oktober 2011 in Ascona

soll über die Beziehungen von Unkrautbio-

logie und -bekämpfung in der Landwirtschaft

und Pflanzeninvasionen diskutiert werden

http://invasive.weeds.ascona.ewrs.org

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Invasive Pflanzen – wie weiter ? | Umwelt

Ria

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Piante invasive – come procedere?

La migrazione delle piante in tutto il

mondo è un importante fattore per la

nostra vita. Con la globalizzazione

delle sue attività l’uomo disturba

questa migrazione. Piante ed altre

forme di vita, provenienti da altri

continenti, sono in grado di adattarsi

al loro nuovo ambiente, ma in assenza

di nemici, come p.es. erbivori, malattie,

ecc., perturbano severamente l’attuale

equilibrio della biodiversità. Tali piante

sono chiamate neofite. L’uso intenso

del terreno accelera, in molti casi, la

loro invasione. Da quando l’uomo

coltiva la terra esistono piante proble-

matiche e l’agricoltore deve costante-

mente adattare il suoi metodi di lotta.

Allo stesso modo la società dovrebbe

accettare i metodi adattati al controllo

di piante invasive. Piccoli gruppi di

esperti dovrebbero poter imporre,

indipendentemente da convenzioni

preesistenti, delle misure di lotta

adatte alla specie. Problemi risolti

(Ambrosia) incoraggiano ad affrontare

con vigore problemi esistenti (Poligono

del Giappone) e futuri (Cipero dolce).

Invasive plants – what else?

The migration of plants around the

globe is essential for our life. Globali-

zation of human activities disturbs

normal plant migration. Plants and

other live forms from other continents

do adapt to their new environments.

If they do not find enemies there, they

might become invasive and disturb the

balance of the biodiversity. Plant

invasions often depend on the inten-

sity of land use. Since men cultivate

land, weeds do exist and control

methods must be adapted to them.

The society should accept the introduc-

tion of appropriate methods to control

the weed. Small specialized groups

could develop adapted control strate-

gies after existing restrictions for

control have been adapted. Solved

problems (ragweed) motivate to

courageously tackle existing problems

(Japanese knotweed) and future

problems (yellow nutsedge).

Key words: invasion, control method,

society, invasive plant.

Literatur b Bohren C., Delabays N. & Rometsch S., 2008. Invasive Pflanzen: Heraus-forderung für die Landwirtschaft? Agrarforschung 15 (7): 314 – 319.

b Environment Agency, 2010. Zugang: http://www.environment-agency.gov.uk/research/library/publications/103309.aspx [09.12.2010]

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Agrarforschung Schweiz 2 (3): 108–113, 2011

114

E i n l e i t u n g

In ländlichen Gebieten kommt die heranrückende

Wohnbebauung bestehenden landwirtschaftlichen

Betrieben mit der Zeit näher oder gar zu nahe. Zugleich

verändern sich die Dorfstrukturen. Der Kontakt der

Wohnbevölkerung zur Landwirtschaft nimmt ab und

damit sinkt in hohem Mass das Verständnis und die Tole-

ranz für Tierhaltung und landwirtschaftliche Gerüche.

Kommunen, Behörden und Gerichte müssen sich ver-

mehrt mit Beschwerden und Klagen über Geruchsbeläs-

tigung von Tierhaltungsanlagen befassen. Bei der Stand-

ortwahl von Tierhaltungsanlagen sind raumplanerische

Anforderungen zur Vermeidung der Zersiedelung und

die Voraussetzungen für eine längerfristige Betriebsent-

wicklung hin zu grösseren Tierbeständen oft wider-

sprüchlich. Erst wenn es gelingt, die daraus entstehende

Diskussion auf eine fachliche Basis zu bringen, werden

jene Lösungsansätze reifen, welche der Konfliktvermei-

dung und Betriebsentwicklung im Interesse der Tierhal-

tenden und der Anwohnenden am besten dienen. Erfor-

derlich sind daher aktualisierte, fundierte Planungsdaten

zur Ermittlung von Mindestabständen zwischen Tierhal-

tungsanlagen und Wohnzonen (Richner und Schmidlin

1995) mit Blick auf eine gezielte Standortwahl bei Neu-

und Erweiterungsbauten. Die Geruchsemission pro Tier

Margret Keck1, Alfons Schmidlin1, Kerstin Zeyer2, Lukas Emmenegger2 und Sabine Schrade1

1Forschungsanstalt Agroscope Reckenholz-Tänikon ART, 8356 Ettenhausen2Empa Dübendorf, 8600 Dübendorf

Auskünfte: Margret Keck, E-Mail: [email protected], Tel. +41 52 368 31 31

Geruchskonzentration und -emission von Milchviehställen mit Laufhof

U m w e l t

Agrarforschung Schweiz 2 (3): 114–119, 2011

Abb. 1 | Laufställe für Milchvieh – Flächenquellen für Geruch. (Foto: ART)

Geruchskonzentration und -emission von Milchviehställen mit Laufhof | Umwelt

115

Zusa

mm

enfa

ssu

ng

Gemeinden, Behörden und Gerichte sind

vermehrt mit Beschwerden und Klagen über

Geruchsbelästigung von Tierhaltungsanlagen

konfrontiert. Die Geruchskonzentration und

-emission von fünf frei gelüfteten Milchvieh-

ställen wurde in zwei Jahres- und zwei

Tageszeiten verglichen. Für diese Ställe mit

Liegeboxen, planbefestigten Laufflächen

und angrenzendem Laufhof kam eine neu

entwickelte Tracer-Ratio-Methode zum

Einsatz. Die Geruchskonzentration von den

Flächenquellen am Boden (Liegebox, Lauf-

gang und Laufhof) und in 3 m Höhe wurde

am Olfaktometer mit Testpersonen bestimmt.

Während am Boden die höchsten Geruchs-

konzentrationen vor allem im Laufgang

auftraten, war die Geruchskonzentration in

3 m Höhe über den drei Flächenquellen

vergleichbar. Dies deutet auf eine starke

Durchmischung zwischen diesen Bereichen

bereits in 3 m Höhe hin. Die Geruchsemission

am Nachmittag war an sechs der sieben

Messtage um das zwei- bis vierfache höher

als am Morgen. Auch zwischen den Betrieben

variierte die Geruchsemission stark. Deshalb

bedingt eine vergleichende Bewertung von

Tierhaltungssystemen breit abgestützte

Daten auf mehreren Betrieben, den Einbezug

aller Jahreszeiten und eine hohe tageszeitli-

che Auflösung. Erforderlich sind aktuelle,

fundierte Planungsdaten zur Bestimmung

von Mindestabständen und als Basis für

Ausbreitungsmodellierung sowie die wich-

tigsten Einflussgrössen auf die Geruchsfrei-

setzung, um Lösungen zur Geruchsminde-

rung aufzeigen zu können.

oder Grossvieheinheit (1 GV = 500 kg Lebendmasse) und

Zeiteinheit ist für die vergleichende Bewertung von Tier-

haltungssystemen ein geeignetes Mass sowie eine

unentbehrliche Eingangsgrösse für aussagekräftige Aus-

breitungsmodellierungen.

Während Oldenburg (1989) bereits in den 80er-Jahren

Geruchsemissionen bei 17 Boxenlaufställen mit Milch-

vieh ohne Berücksichtigung der tageszeitlichen Varia-

tion gemessen hat, legt Brose (2000) zeitlich höher auf-

gelöste Daten vor, jedoch nur von einem Einzelbetrieb.

Gemäss der Geruchsimmissionsrichtlinie GIRL (2008) aus

Agrarforschung Schweiz 2 (3): 114–119, 2011

Abb. 2 | Schematische Darstellung mit Grundriss und Schnitt eines zweireihigen Liegeboxenlaufstalls mit Zudosierung, Probenahme sowie Klimasensoren.

Umwelt | Geruchskonzentration und -emission von Milchviehställen mit Laufhof

116

Deutschland sind Offenställe bei Ausbreitungsrechnun-

gen bisher ein Problemfall, da die Emissionen von den

Wetterbedingungen, zum Beispiel Anströmgeschwindig-

keit und -richtung, abhängen. Daher sind Emissionsfakto-

ren von frei gelüfteten Systemen besonders sorgfältig zu

ermitteln. Erforderlich ist eine breiter abgestützte, aktu-

elle Datengrundlage von relevanten Verfahren und von

einer ausreichenden Zahl von Betrieben. Daten zu Liege-

boxenlaufställen mit Laufhof (Abb.1) als bodennahe, dif-

fuse Emissionsquelle fehlen bisher komplett. Gerade die-

ses Haltungssystem gewinnt jedoch derzeit in der Schweiz

stark an Verbreitung. Dass Daten für frei gelüftete Ställe

fehlen, ist vor allem auf Schwierigkeiten bei der Bestim-

mung der Luftwechselrate zurückzuführen.

Ziel dieser Untersuchung war ein Vergleich der

Geruchskonzentration zwischen verschiedenen Flächen-

quellen sowie die Quantifizierung von Geruchsemissio-

nen aus Liegeboxenlaufställen für Milchvieh mit Lauf-

hof. Die Variation zwischen zwei Tages- und Jahreszeiten

sowie zwischen Betrieben war aufzuzeigen.

M e t h o d e n

Die Messungen erfolgten in fünf Laufställen mit Milch-

vieh (Betriebe 2–6), Liegeboxen, planbefestigten Lauf-

flächen und angrenzendem Laufhof. Die vorliegenden

Geruchserhebungen waren integriert in die Untersu-

chungen von Schrade (2009) «Ammoniak- und PM10-

Emissionen im Laufstall für Milchvieh mit freier Lüftung

und Laufhof anhand einer Tracer-Ratio-Methode» auf

sechs Betrieben. Die Betriebe, Haltungsverfahren und

Tierparameter sind bei Schrade (2009) detailliert

beschrieben. Weiter wurden zur Charakterisierung der

jeweiligen Messsituation, als Bezugsgrössen und zur

Ableitung von wichtigen Einflussgrössen auf die Emissio-

nen auch Klimadaten, der Tieraufenthalt im Laufhof

und die Verschmutzung der Laufflächen erfasst. In Abbil-

dung 2 ist der Grundriss eines Betriebes beispielhaft auf-

gezeigt. Die verschiedenen Stallbereiche Laufgang, Lie-

geboxen und Laufhof wurden differenziert. Der

Vergleich erfolgte in den beiden Jahreszeiten Frühjahr

und Sommer (Tab.  1), jeweils am frühen Morgen (zwi-

schen 4:00 und 5:30 Uhr) und am späten Nachmittag

(zwischen 15:00 und 16:30 Uhr). Betrieb 6 war in beiden

Jahreszeiten vertreten, bei Betrieb 2 erfolgten im Som-

mer Messungen an zwei Tagen.Auf den verschiedenen Flächenquellen am Boden

wurde jeweils aufeinanderfolgend eine Probenahme-

haube (845 mm Durchmesser, Eigenbau) aufgesetzt und

während 20 Sekunden Probenluft mit einem ECOMA-

Agrarforschung Schweiz 2 (3): 114–119, 2011

Abb. 3 | Verschiedene Flächenquellen im Milchviehstall.

Laufgang am Fressbereich Laufhof

Betrieb 2 3 4 5 6

Fläche gesamt [m²], 575 858 412 529 568

davon Lauffläche 440 624 295 377 388

Tiere, Anzahl GV [n] 58 94 40 77 90/83

Erhebungstermin [Monat] 2 Termine: August März April Juli Mai, Juni

Lufttemperatur [°C] 12,6/22,8 5,5/20,5 9,3/7,4 13,1/19,6 9,6/20,6

Morgen/Nachmittag 14,0/24,1 13,1/25,5

Tab. 1 | Angaben zu den Betrieben mit Stallflächen, Tierbestand sowie Erhebungsterminen und Temperaturdaten

Liegebox

Geruchskonzentration und -emission von Milchviehställen mit Laufhof | Umwelt

117

R e s u l t a t e

Verschiedene Flächenquellen am Boden

Beim Vergleich der Geruchskonzentration der drei Stall-

bereiche waren die Werte von den Laufgängen mit

einem Median von 870 GE/m3 deutlich höher als von den

Liegeboxen mit weniger als 150  GE/m3 oder von den

Laufhöfen bei 70 beziehungsweise 435  GE/m3 (Abb. 3

und Abb. 4a). Dies spiegelt den höheren Tieraufenthalt

und entsprechend den Anfall an Kot und Harn im Lauf-

gang im Vergleich zum Laufhof wider (Schrade 2009).

Allerdings streuten die Einzelwerte in einem weiten

Bereich. Dies wird zum Beispiel dadurch illustriert, dass

die Geruchskonzentration am Boden Werte bis

4000 GE/ m3 erreichte, während 50 % aller Werte unter

400 GE/m3 lagen. Mit Ausnahme von Betrieb 4 waren die

Geruchskonzentrationen meist am Nachmittag höher als

am Morgen. Das abweichende Verhalten des Betriebs 4

ist wahrscheinlich auf Niederschlag am Erhebungstag

(morgens 3 mm, nachmittags 12 mm) zurückzuführen.

Luftsammelproben in drei Meter Höhe

Die Luftsammelproben in 3  m Höhe sind räumlich und

zeitlich viel stärker gemittelt als die Proben mittels einer

Haube am Boden. Während am Boden die höchsten

Geruchskonzentrationen vor allem im Laufgang auftra-

ten, war die Geruchskonzentration in 3 m Höhe zwischen

den beiden Jahreszeiten und den drei Bereichen ähnlich

(Abb. 4b). Der Median über alle Bereiche lag zwischen 25

und 37 GE/m3. Dies lässt auf eine starke Durchmischung

zwischen diesen Bereichen bereits in 3 m Höhe schliessen.

Probenehmer in Beutel aus Nalophan (9 Liter Volumen)

gesaugt. Die einzelnen Probenahmeorte im Laufgang, in

der Liegebox und im Laufhof waren bereits im Erhebungs-

raster vorgegeben, um eine subjektive, selektive Auswahl

der jeweiligen Probenahmestelle zu vermeiden (Abb. 2).

Die Geruchskonzentration auf Bodenniveau wurde mit

der Geruchskonzentration in etwa 3 m Höhe (Abb. 2) ver-

glichen. Für die Proben in 3 m Höhe kam ein Luftsammel-

system aus Teflonschlauch und kritischen Glaskapillaren

zum Einsatz. Dieses ermöglichte repräsentative Probenah-

men der Tracergase und der Geruchsproben in den weit-

räumigen Ställen. Als Luftsammelprobe wurde jeweils die

Geruchsprobe über ein Zeitintervall von acht Minuten in

den jeweiligen Probenbeutel mit einer Schlauchquetsch-

pumpe gesaugt. Die 81 Probenbeutel wurden innerhalb

von 24 Stunden am Olfaktometer TO8 (ECOMA) von

jeweils vier Testpersonen, in Anlehnung an DIN EN 13725

(2003), bewertet. Die Testpersonen wurden mit n-Butanol

(100 ppm) kontrolliert.Für die Bestimmung der Emissionen bei freier Lüf-

tung und von Flächenquellen entwickelten ART und

Empa eine Tracer-Ratio-Methode mit zwei Tracergasen

(SF6, SF5CF3). Die verdünnten Tracergase wurden über ein

Rohrsystem mit kritischen Kapillaren direkt an den emit-

tierenden Laufflächen kontinuierlich zudosiert und bil-

deten so die Quelle der Geruchsemission ab. Die Analyse

der beiden Tracergase erfolgte simultan mittels Gaschro-

matographie (GC-ECD). Die Geruchsemission lässt sich

aus dem Konzentrationsverhältnis des zudosierten Tra-

cergases am Boden und in 3 m Höhe, multipliziert mit

der Geruchskonzentration ermitteln.

Agrarforschung Schweiz 2 (3): 114–119, 2011

Ger

uchs

konz

entr

atio

n [G

E/m

³]

0

20

40

60

80

100

LB LG LH LB LG LH

Frühjahr Sommer

Jahreszeit, Bereich

0

1000

2000

3000

4000

5000

LB LG LH LB LG LH

Frühjahr Sommer

Jahreszeit, Bereich

a) Boden b) in 3 m Höhe

Ger

uchs

konz

entr

atio

n [G

E/m

³]

Abb. 4 | Geruchskonzentration a) am Boden und b) in 3 m Höhe, angegeben als Geruchs-einheiten pro Kubikmeter Luft [GE/m3], nach Jahreszeit und Stallbereich (LB Liegebox, LG Laufgang, LH Laufhof), als Median und Einzelwerte.

• Einzelwerte

– Median

118

Umwelt | Geruchskonzentration und -emission von Milchviehställen mit Laufhof

Geruchsemission

In Abbildung 5 ist die Geruchsemission nach den beiden

Zeitpunkten Morgen und Nachmittag aufgeteilt: Die

Geruchsemission am Nachmittag war in sechs der sieben

Messtage um das zwei- bis vierfache höher als am Mor-

gen. Nur bei Betrieb 4 mit Niederschlag während der

Erhebung war dieser Effekt nicht vorhanden.

Auch zwischen den Betrieben war die Variation im

Median mit 11 – 30 GE/GV × s sehr hoch. Betrieb 4 zeigte

am Tag mit Niederschlag die tiefste Geruchsemission.

Die höchsten Werte resultierten auf Betrieb 3 im Früh-

jahr. Die Betriebe 2 und 6 im Sommer mit den höchsten

Lufttemperaturen führten bei der Geruchsemission nicht

zu den höchsten Werten.

D i s k u s s i o n

Die Luftsammelproben zur Geruchskonzentration in 3 m

Höhe ermöglichen eine Aussage über den jeweiligen

Stallbereich, während eine Probenahme mit der Haube

am Boden nur einen sehr punktuellen Ausschnitt wie-

dergibt. Um räumlich heterogen verschmutzte Flächen,

insbesondere den Laufhof, adäquat zu charakterisieren,

wie dies bei Schrade (2009) der Fall war, wäre mit Probe-

nahmehauben eine deutlich grössere Probenanzahl

erforderlich.

Der grosse tageszeitliche Unterschied bei der

Geruchsemission kann einerseits durch Unterschiede in

der Tieraktivität, in der Überströmung der verschmutz-

ten Fläche, aber auch durch Unterschiede in der Tempe-

ratur bedingt sein.

Bei der Geruchsemission war ein ausgeprägt saiso-

naler Effekt im Vergleich mit den Daten zu den Ammo-

niakemissionen bei Schrade (2009) auf denselben

Betrieben nicht ersichtlich (Abb. 5). In der vorliegenden

Untersuchung mit Offenställen, mit grösseren Flächen

und Laufhof war die Geruchsemission höher als in der

Literatur mit eher geschlossenen Ställen und Trauf-

First-Lüftung (Oldenburg 1989, Brose 2000).

S c h l u s s f o l g e r u n g e n

Die neue Tracer-Ratio-Methode kombiniert mit Geruchs-

proben ermöglicht es, Geruchsemissionen in frei belüfte-

ten Ställen zu quantifizieren. Eine verbesserte Daten-

grundlage von Geruchsemissionen aus den fünf frei

belüfteten Ställen mit Laufhof dient zum einen für Pla-

nungshilfsmittel zur Ermittlung von Mindestabständen

zwischen Tierhaltungsanlagen und Wohnzonen und

zum anderen als Basis für die Ausbreitungsmodellierung.

Erst mit breiter abgestützten Daten auf einer ausrei-

chenden Zahl von Betrieben, dem Einbezug aller Jahres-

zeiten und zeitlich höher aufgelösten Erhebungen wird

eine vergleichende Bewertung von Tierhaltungssyste-

men möglich. Denn die dynamischen Prozesse mit Tier-

aktivität, Windanströmung und Austrocknung sind für

die Geruchsemission bei frei gelüfteten Ställen relevant.

Eine bessere Kenntnis der wichtigsten Einflussgrössen

auf die Geruchsfreisetzung hilft auf dem Weg zur

Geruchsminderung. n

Agrarforschung Schweiz 2 (3): 114–119, 2011

Ger

uchs

emis

sion

[GE/

GV·

s]

0

10

20

30

40

50

60

70

80

3 4 6 Median 2 5 6 Median

Frühjahr Sommer

Jahreszeit, Betrieb

Median Gesamt Einzelwerte Morgen Einzelwerte Nachmittag

Abb. 5 | Geruchsemission, angegeben als Geruchseinheit pro Grossvieheinheit (entspricht 500 kg Lebendmasse) und Sekunde [GE/GV×s] als Einzelwerte am Morgen und Nachmittag, dargestellt pro Jahreszeit und Betrieb sowie als Median der Betriebe und pro Jahreszeit.

119

Geruchskonzentration und -emission von Milchviehställen mit Laufhof | Umwelt

Ria

ssu

nto

Sum

mar

y

Literatur b Brose G., 2000. Emissionen von klimarelevanten Gasen, Ammoniak und Geruch aus einem Milchviehstall mit Schwerkraftlüftung. VDI-MEG-Schrift 362, Universität Hohenheim. 136 S.

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b Schrade S., 2009. Ammoniak- und PM10-Emissionen im Laufstall für Milchvieh mit freier Lüftung und Laufhof anhand einer Tracer-Ratio- Methode. VDI-MEG Schrift 483, Universität Kiel. 131 S.

Odour concentration and emission from dairy

cattle housing with an exercise yard

Local authorities, government agencies and

courts are increasingly faced with complaints

and lawsuits relating to odour annoyance from

livestock housing systems. Odour concentra-

tion and emission from five naturally venti-

lated dairy cattle sheds were compared in two

seasons and at two times of day. A newly

developed tracer ratio method was used for

these cowsheds with cubicles, solid floor

surfaces and an adjacent exercise yard. Test

subjects were used to determine on the

olfactometer the odour concentration from

area sources on the ground (cubicle, traffic

alley and exercise yard) and at a height of 3 m.

Whereas at ground level the highest odour

concentrations occurred mainly in the traffic

alley, the odour concentration at a height of

3 m was comparable over the three area

sources. This would indicate that at a height of

3 m there had already been considerable

intermixture between these areas. On six of

the seven measurement days, odour emission

in the afternoon was two to four times higher

than in the morning. The variation in odour

emission between farms was also high. A

comparative assessment of animal housing

systems therefore requires broadly supported

data on several farms, the inclusion of all

seasons and high time-of-day resolution. In

order to provide solutions for odour reduction,

there is a need for well-founded, up-to-date

planning data to determine minimum dis-

tances; these data will be used as a basis for

dispersion modelling and the most important

variables influencing odour release.

Key words: odour concentration, odour

emission, dairy cattle, loose housing, natural

ventilation.

Concentrazioni ed emissioni di odori nelle

stalle di bestiame lattifero con area d'uscitaSempre più spesso comuni, autorità e tribunali

sono confrontati con ricorsi e cause provocate

dai cattivi odori provenienti dalle strutture di

stabulazione. Durante due stagioni e per due

volte al giorno si sono confrontati la concentra-

zione e le emissioni di odori in cinque stalle per

bestiame lattifero ad aerazione naturale. Per

queste strutture dotate di box di riposo,

superfici di movimento con rivestimento e area

d'uscita limitrofa, è stato impiegato il metodo

”Tracer-Ratio”. La concentrazione degli odori

provenienti da fonti al suolo (box di riposo,

superficie di movimento e area d'uscita) è stata

misurata all’altezza di 3 metri attraverso delle

persone munite di olfattometro. Mentre al

suolo le concentrazioni più elevate sono state

rilevate soprattutto sulla superficie di movi-

mento, all’altezza di 3 metri esse erano simili

per tutte i tre settori. Ciò indica che a quell'al-

tezza gli odori di diversa provenienza tendono

fortemente a mescolarsi. 6 giorni su 7 l'emis-

sione di odori nel corso del pomeriggio risultava

da 2 a 4 volte superiore che al mattino. Tra le

aziende coinvolte si sono registrate forti

variazioni di emissioni. Per questo motivo una

valutazione comparativa dei sistemi di stabula-

zione richiede un'estesa base di dati su più

aziende, prendendo in considerazione tutte le

stagioni e una maggiore frequenza di misura-

zione. Per proporre delle soluzioni alla diminu-

zione dei cattivi odori sono necessari dati di

pianificazione consolidati e aggiornati per

determinare le distanze minime; questi dati

serviranno come base per la simulazione della

diffusione e indicheranno i principali parametri,

relativi alla volatilizzazione degli odori.

Agrarforschung Schweiz 2 (3): 114–119, 2011

120 Agrarforschung Schweiz 2 (3): 120–127, 2011

E i n l e i t u n g

Die intensive Bodenbewirtschaftung bei Betrieben ohne

Viehhaltung führt zu einem Rückgang des organischen

Materials in den Böden, sofern keine Vorkehrungen

getroffen werden. Bei viehhaltenden Betrieben stellt

sich jedoch vermehrt die Frage, wie die grosse Menge an

anfallendem Hofdünger bestmöglich verwertet werden

kann. In der Schweiz liegen diese beiden Betriebstypen

im Allgemeinen in unterschiedlichen, weit voneinander

entfernten Regionen. Die Überführung von überschüssi-

gem Hofdünger an Betriebe ohne Viehhaltung ist dem-

zufolge schwierig, auch wenn die vom BLW entwickelte

Web-Applikation HODUFLU die Hofdüngerflüsse verein-

facht und harmonisiert (BLW 2010).

Die reduzierte Bodenbearbeitung und die Gabe von

Hofdünger sind Techniken, die für ihre positive Wirkung

auf die Speicherung von organischem Material in den

landwirtschaftlichen Böden (Lal 2009) bekannt sind.

Nicht geklärt ist jedoch die Frage nach ihrer Fähigkeit,

die Bodenfruchtbarkeit aufrechtzuerhalten und die Kul-

turen unter Schweizer Bedingungen versorgen zu kön-

nen. In einem Langzeitversuch haben Vullioud et al.

(2006) die Wirkung verschiedener organischer Stickstoff-

und Mineralgaben auf die Bodenfruchtbarkeit, die

Erträge der Kulturen und die Nährstoffbilanz untersucht.

Die Auswirkung der Bodenbearbeitung sowie der Dün-

geeffekt von organischen Düngern je nach Düngungs-

verfahren bleiben jedoch offene Fragen.

Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, die Auswirkung

der Bedingungen der Bodenbearbeitung und der Hof-

düngergaben auf die Bodenfruchtbarkeit (i), die Pro-

duktion von Trockenmasse der Kulturen (ii) und das

Ansprechen der Kulturen auf die Stickstoffdüngung (iii)

über die zwölf Jahre zu quantifizieren.

M a t e r i a l u n d M e t h o d e n

Versuchsbeschreibung

Mit dem Versuch wurde im Jahre 1997 in Changins (VD, 430

m) begonnen. Die wichtigsten physikalisch-che mischen

Eigenschaften des Bodens sind in Tabelle 1 beschrieben.

Oberflächliche Bodenbearbeitung mit dem Schälgrubber. (Foto: P. Vullioud)

P f l a n z e n b a u

Alexandra Maltas, Raphaël Charles und Sokrat Sinaj,

Forschungsanstalt Agroscope Changins-Wädenswil ACW, 1260 Nyon

Auskünfte: Alexandra Maltas, E-Mail : [email protected], Tel. + 41 22 363 47 43

Bodenfruchtbarkeit und Produktivität der Kulturen: Auswirkungen von organischen Einträgen und Pflug

Boden

Mist(kg t-1 Frisch- material)

Gülle verdünnt(kg m-3 Frisch-material)

Bodentyp Parabraunerde N 4,59 (3,74) 1,43 (0,74)

Ton (%) 23 N-NH4 0,25 (0,22) 0,83 (0,34)

Sand (%) 36 P 1,33 (1,38) 0,23 (0,16)

pH-H2O 7,9 K 5,83 (5,75) 1,70 (0,61)

OM (%) 2,05 Ca 4,56 (7,38) 0,63 (0,50)

P-AAE (mg kg-1) 132 Mg 0,89 (0,81) 0,22 (0,16)

K-AAE (mg kg-1) 198

Nutzbare Tiefe (cm)

70–100

Tab. 1 | Wichtigste physikalisch-chemische Eigenschaften des Bodens im Jahre 1992 und der Hofdünger (gesamte, durchschnittli-che Konzentrationen in den Jahren 1997 bis 2008). Die Werte in Klammern entsprechen den Standardabweichungen.

Die untersuchungen wurden gemäss referenzmethoden der forschungsanstalten Agroscope durchgeführt (fAL et al. 2004)

Bodenfruchtbarkeit und Produktivität der Kulturen: Auswirkungen von organischen Einträgen und Pflug | Pflanzenbau

121

Zusa

mm

enfa

ssu

ng

Agrarforschung Schweiz 2 (3): 120–127, 2011

Ein in Changins zwischen 1997 und 2009

durchgeführter Versuch befasste sich mit den

kombinierten Auswirkungen der Dünger

(NPK, Mist + NPK und Gülle + NPK), der

Aufteilung der Mistgaben (jährlich oder

dreijährlich) und der Bodenbearbeitung

(Pflügen oder pflugloser Anbau) verbunden

mit zwei Stickstoffdosen (100 oder 60 % der

optimalen Dosis) auf die Bodenfruchtbarkeit

und die Produktion von Trockensubstanz der

Kulturen. Die nach zwölf Versuchsjahren

untersuchten Bodenfruchtbarkeitskompo-

nenten weichen zwischen den Unterverfah-

ren der Stickstoffdüngung nicht voneinander

ab, und einzig der Gehalt an organischem

Material und an Gesamtstickstoff im Boden

weicht zwischen den Verfahren signifikant

ab. Unter nicht begrenzenden Stickstoffdün-

gungsbedingungen produzieren die Kulturen

der Verfahren mit Hofdünger signifikant

mehr Trockenmasse als die Kulturen der

Verfahren mit auschliesslicher Mineraldün-

gung. Eine Unterversorgung mit Stickstoff-

dünger, die 60 % des Bedarfs abdeckt, führt

je nach Verfahren zu einer Produktions-

senkung um 7 bis 13 %. Bei fehlenden

Hofdüngergaben kann eine reduzierte

Bodenbearbeitung den Vorrat an organi-

schem Material im Boden aufrechterhalten.

Jedoch sollte gleichzeitig die Stickstoffdün-

gung intensiviert werden. Die Aufteilung des

Mists in geringe, jährliche Dosen verbessert

die Wirksamkeit des Mists nicht.

Bei der Fruchtfolge wechseln sich Sommer- und Win-

terkulturen ab. Während fünf bis sechs Jahren setzen sie

sich zu 60 bis 70 % aus Getreide zusammen. Raps steht

am Anfang der Fruchtfolge. Das Getreidestroh wird sys-

tematisch geerntet, während das Maisstroh (im Jahre

2000 und 2005) und Rapsstroh (in den Jahren 1997, 2003

und 2008) dem Boden zurückgeführt werden. Nach der

Ernte der vorangehenden Kultur findet mit dem Schäl-

grubber eine flache Stoppelbearbeitung (10 bis 15 cm)

des Bodens statt. Vor der Aussaat wird der Boden je nach

Verfahren (Tab. 2) ein zweites Mal mit dem Schälgrubber

oder dem Pflug bearbeitet. Schliesslich wird der Boden

für die Aussaat mit der Kreiselegge bearbeitet.

Die Versuchsanordnung besteht aus einer Split-Plot-

Anlage mit fünf Verfahren und zwei Unterverfahren, die

vier Mal wiederholt werden (Tab. 2). Die 40 einheitlichen

Parzellen sind je 63 m² gross. Die direkte Wirkung der

Hofdünger (Ryser et al. 1987) wird abgezogen, um die

mineralische Stickstoffmenge (N) zu bestimmen, die es je

nach der Art der Behandlung (Tab. 3) zuzuführen gilt.

Die gesamten (mineralischen und organischen) Phos-

phor-Kalium-Gaben sind nicht begrenzend. Die minerali-

sche Düngung richtet sich nach den geltenden Normen

und berücksichtigt den Düngewert durch Rückführung

der Ernterückstände, des Mists und der Gülle (Ryser et al.

1987). Die mittleren N-, P- und K-Gaben der verschiede-

nen Behandlungen sind in Tab. 3 ersichtlich.

Messungen und statistische Auswertung

Der gesamte N-, P-, K-, Ca- und Mg-Gehalt von Mist und

Gülle wird jährlich vor seinem Ausbringen bestimmt

(Tab. 1). Im Jahre 2009 wird eine Bodentiefe von 20 Zen-

timentern untersucht (Tab. 4). Die Gesamtmenge der

Verfahren Unterverfahren

Abkürzung BodenbearbeitungArt der ausgebrachten Düngemittel

Dosis und Fraktionie-rung der Hofdünger

Abkürzung Stickstoffdüngung

EminPLPflugloser Anbau: Schälgrubber in 10 – 15 cm Tiefe

Mineraldünger NPK Keine BeigabeN100 Stickstoffbedarf±,

vollständig gedeckt durch organische und/oder minerali-sche Düngung Fu3PL

Pflugloser Anbau: Schälgrubber in 10 – 15 cm Tiefe

Mist† von Rindern im Freilaufstall und Mineraldünger NPK

36 t ha-1 alle 3 Jahre (1997, 2000, 2003 und 2006)

Fu1PLPflugloser Anbau: Schälgrubber in 10 – 15 cm Tiefe

Mist† von Rindern im Freilaufstall und Mineraldünger NPK

12 t ha-1 alle Jahre

Fu1LaKlassisches Pflügen: in 20 – 25 cm Tiefe

Mist† von Rindern im Freilaufstall und Mineraldünger NPK

12 t ha-1 alle Jahre

Li1PLPflugloser Anbau: Schälgrubber in 10 – 15 cm Tiefe

Gülle‡ von Rindern, verdünnt und Mineraldünger NPK

22 m3 ha-1 alle Jahre

N60 Stickstoffbedarf±, zu 60 % gedeckt durch organische und/oder minerali-sche Düngung

Tab. 2 | Beschreibung der Verfahren und Unterverfahren

† Vor der Bestellung der Kultur auf nacktem Boden ausgebracht‡ Auf dem durch die Kultur bedeckten Boden ausgebracht. Die gülle wurde mit waschwasser verdünnt (Verdünnung 1:1).± gemäss Methode der korrigierten normen festgelegt ( ryser et al. 1987)

Pflanzenbau | Bodenfruchtbarkeit und Produktivität der Kulturen: Auswirkungen von organischen Einträgen und Pflug

122 Agrarforschung Schweiz 2 (3): 120–127, 2011

Verfahren UnterverfahrenN P K

Chemisch† Organisch Chemisch Organisch Chemisch Organisch

EminPLN100 132 0 26 0 70 0

N60 78 0 26 0 70 0

Fu3PLNN100 108 51 14 13 27 67

N60 63 51 14 13 27 67

Fu1PLNN100 103 59 10 17 22 70

N60 62 59 10 17 22 70

Fu1LaNN100 103 56 9 18 22 73

N60 62 56 9 18 22 73

Li1PLNN100 112 31 26 5 58 37

N60 70 31 26 5 58 37

Tab. 3 | Durchschnittsmengen (kg ha-1 Jahr-1) an Nährstoffen, die durch die chemischen und/oder organischen Dünger in den Verfahren und Unterverfahren in den Jahren 1997 bis 2008 zugeführt wurden

† Die Bestimmung des gesamten und organischen P wird nach der Methode von saunders und williams (1955) durchgeführt; alle anderen Bestimmungen erfolgen nach den referenzmethoden der forschungsanstalten Agroscope (fAL et al. 2004)

Die verschiedenen grossbuchstaben innerhalb einer gleichen Linie zeigen signifikant unterschiedliche Mittel bei einem schwellenwert von 5 % gemäss fisher-Test. Die verschiedenen Kleinbuchstaben innerhalb einer gleichen Linie zeigen signifikant unterschiedliche Mittel bei einem schwellenwert von 5 % gemäss fisher-Test.

Untersuchungen† Unterverfah-ren N60

Unterverfahren N100

Mittel EminPL Fu3PL Fu1PL Fu1La Li1PL

Organische Eigenschaften

OM (%) 2,11 A 2,11 A 2,03 ab 2,28 a 2,13 ab 1,98 b 2,15 ab

N total (%) 0,158 A 0,160 A 0,158 ab 0,170 a 0,160 ab 0,148 b 0,163 ab

Verhältnis C/N 7,7 A 7,7 A 7,5 a 7,8 a 7,7 a 7,8 a 7,7a

Chemische Eigenschaften

pH-H2O 7,9 A 7,9 A 8,0 a 8,0 a 7,8 a 7,9 a 7,9 a

CaCO3 total1 (%) 4,7 A 4,7 A 6,0 a 3,5 a 4,3 a 6,3 a 3,5 a

CEC (cmol+ kg-1) 11,2 A 11,3 A 11,1 a 11,4 a 11,3 a 11,0 a 11,7 a

Sättigungsgrad (%) 94,0 A 94,5 A 96,0 a 94,3 a 91,7 a 95,7 a 94,8 a

Bodenphosphor (mg kg-1)

P total† 955 A 943 A 957 a 979 a 911 a 909 a 960 a

P organisch† 286 A 287 A 264 a 285 a 321 a 269 a 299 a

P-AAE 126 A 123 A 120 a 140 a 119 a 105 a 132 a

P-H2O 3,0 A 2,8 A 2,9 a 3,2 a 3,1a 2,1 a 2,7 a

Bodenkationen (mg kg-1)

K-AAE 168 A 168 A 160 a 177 a 174 a 155 a 173 a

K-H2O 30 A 29 A 28 a 29 a 31 a 26 a 29 a

Mg-AAE 192 A 196 A 213 a 176 a 185 a 224 a 179 a

Mg-CaCl2 59 A 58 A 64 a 55 a 66 a 51 a 55 a

Ca-AAE 19493 A 19723 A 24659 a 16864 a 15707 a 23986 a 17398 a

Spurenmetalle (mg kg-1)

Cu+Fe+Mn+Zn-AAE2 754 A 763 A 773 a 763 a 785 a 779 a 713 a

Tab. 4 | Durchschnittsmengen (kg ha-1 Jahr-1) an Nährstoffen, die durch die chemischen und/oder organischen Dünger in den Verfahren und Unterverfahren in den Jahren 1997 bis 2008 zugeführt wurden

† Ammoniaksalpeter, in zwei oder drei gaben auf der Kultur ausgebracht ‡ superphosphat und Kalirohsalz, in einer gabe vor der Aussaat der sommerkultur und bei den anderen Kulturen unmittelbar vor der ersten stickstoffgabe ausgebracht

Bodenfruchtbarkeit und Produktivität der Kulturen: Auswirkungen von organischen Einträgen und Pflug | Pflanzenbau

123Agrarforschung Schweiz 2 (3): 120–127, 2011

Li1PL und Fu1PL (Tab. 5). Die Varianzanalyse weist keine

signifikante Interaktion zwischen Verfahren und Unter-

verfahren nach (Tab. 5). Das Ansprechen auf die N-Dün-

gung ist jedoch gemäss Fisher-Test zwischen Fu1La und

Fu1PL signifikant verschieden.

Stickstoffgehalt der Kulturen

Wie bei der STM ist die Interaktion zwischen Verfahren

und Jahren beim N-Gehalt der Kulturen signifikant

(Tab. 5). Bei nicht begrenzenden N-Bedingungen ist der

N-Gehalt bei Li1PL signifikant höher als bei jenen von

Fu1La und Fu3PL (P<0,05; Tab. 5).

Die Reduktion der N-Düngung (Unterschied zwi-

schen N100 und N60) senkt den N-Gehalt der Kulturen in

den fünf Verfahren signifikant (Tab. 5).

D i s k u s s i o n

Auswirkungen der Hofdünger auf die Bodenfruchtbar-

keit und die Produktion der Kulturen

Während unserer Versuchsdauer beeinflusst die Ausbrin-

gung von Hofdünger die Bodenfruchtbarkeit nur wenig.

Nur der OM- und gesamte N-Gehalt schwanken je nach

ausgebrachter Düngerart. Wir konnten keine Wirkung

der Düngerart auf den pH-Gehalt im Boden feststellen.

Die durch Beigabe von Hofdünger zugeführten, nicht

vernachlässigbaren Mengen an austauschbaren Basen

vermögen die durch die Nitrifikation des N in diesen

Düngern verursachte Säure zu neutralisieren und kön-

nen somit dazu beitragen, den pH-Gehalt im Boden auf-

rechtzuerhalten (Trans et al. 1996). Der Gehalt an gespei-

chertem und an löslichem P und K wird durch die Art der

Spross-Trockenmasse (STM) der Kulturen (Korn und Stroh)

wird jedes Jahr bei der Ernte gemessen. Der N-Gehalt der

STM wird in den Jahren 1998 bis 2008 jährlich ausgewertet.

Die statistischen Auswertungen erfolgen mit der

Software XLSTAT 2010, Copyright Addinsoft 1995 – 2009.

Aufgrund der Versuchsanordnung und der möglichen

Zeitverschiebung der Wirkung der organischen Gaben

werden die Daten gesamthaft über alle Kulturen in Pro-

zent der Kontrollsorte ausgewertet (EminPL N100).

R e s u l t a t e

Bodenfruchtbarkeit

Der gesamte OM- und N-Gehalt in den Verfahren Fu1La

und EminPL ist tiefer als bei den anderen Verfahren (Tab. 4).

Die anderen Bodenfruchtbarkeitskomponenten sind durch

die Verfahren nicht signifikant betroffen (Tab. 4).

Die N-Düngung verändert die chemischen und organi-

schen Bodeneigenschaften unseres Versuchs nicht signi-

fikant (P>0,05) (Tab. 4).

Gesamtmenge an Spross-Trockenmasse

Die Verfahren und Unterverfahren haben eine signifi-

kante Auswirkung (P<0,001) auf die Produktion von

STM, es besteht jedoch eine signifikante Interaktion zwi-

schen Jahr und Verfahren (Tab. 5, Abb. 1a). Bei nicht

begrenzenden N-Bedingungen (Unterverfahren N100)

produzieren die Kulturen bei EminPL signifikant weni-

ger STM als in den anderen Verfahren (Tab. 5). Die

Reduktion der N-Düngung (Unterschied zwischen N100

und N60) führt zu einer Abnahme der STM-Produktion

um jeweils 7, 9, 11, 12 und 13 % bei Fu1La, EminPL, Fu3PL,

Ges

amte

Spr

oss-

Troc

kenm

asse

(% K

ontro

llver

fahr

en)

60

80

100

120

140

Jahre

Gesa

mte

r N-G

ehal

t der

Spr

oss-

Troc

kenm

asse

(% K

ontro

llsve

rfahr

en)

60

80

100

120

140

EminPL Fu3PL Fu1PL Fu1La Li1PL

a)

b)

1996 1998 2000 2002 2004 2006 2008

Ges

amte

Spr

oss-

Troc

kenm

asse

(% K

ontro

llver

fahr

en)

60

80

100

120

140

Jahre

Gesa

mte

r N-G

ehal

t der

Spr

oss-

Troc

kenm

asse

(% K

ontro

llsve

rfahr

en)

60

80

100

120

140

EminPL Fu3PL Fu1PL Fu1La Li1PL

a)

b)

1996 1998 2000 2002 2004 2006 2008

Ges

amte

Spr

oss-

Troc

kenm

asse

(% K

ontro

llver

fahr

en)

60

80

100

120

140

Jahre

Gesa

mte

r N-G

ehal

t der

Spr

oss-

Troc

kenm

asse

(% K

ontro

llsve

rfahr

en)

60

80

100

120

140

EminPL Fu3PL Fu1PL Fu1La Li1PL

a)

b)

1996 1998 2000 2002 2004 2006 2008

Abb. 1 | Auswirkung der Verfahren auf die Entwicklung a) der gesamten Spross-Trockenmasse und b) den gesamten N-Gehalt der Pflanzen. Die Ergebnisse sind in Prozent der Kontrollsorte EminPL N100 ausgedrückt. Die vertikalen Balken stellen die geringeren signifikanten Abweichungen bei einem Schwellenwert von 5 % dar (PPDS).

Pflanzenbau | Bodenfruchtbarkeit und Produktivität der Kulturen: Auswirkungen von organischen Einträgen und Pflug

124 Agrarforschung Schweiz 2 (3): 120–127, 2011

Dünger auch nicht beeinträchtigt. Der Düngewert an P

und K von Mist und Gülle scheint also in den «Grundla-

gen für die Düngung» (Sinaj et al. 2009) korrekt berück-

sichtigt zu sein.

Hofdünger führen auch nicht vernachlässigbare

Mengen Ca und Mg (17 – 85 kg Ca ha-1 Jahr-1 und 5 – 12

kg Mg ha-1 Jahr-1, Tab. 2) zu. Diese wiederholten Gaben

wirken sich jedoch im Jahre 2009 weder auf die Ca- und

Mg-Reserven des Bodens, noch auf die Spurenelemente

(Cu Fe, Mn und Zn) aus. Die durch Hofdünger zugeführ-

ten Mengen an Ca, Mg und Spurenelementen werden

vermutlich in Parzellen, denen Mist oder Gülle zugeführt

wird, durch höhere Ausfuhren mit den Ernteprodukten

kompensiert (Tab. 5).

Die Beigabe von frischem OM in den Verfahren mit

Hofdünger hingegen führt zu höheren Gesamtmengen

an N und OM im Boden als im EminPL-Verfahren. Es muss

jedoch festgestellt werden, dass bei fehlendem Einsatz

von Hofdünger der pfluglose Anbau (EminPL) erlaubt,

den ursprünglichen Gehalt an OM im Boden aufrechtzu-

erhalten (2,03 % im Jahre 2009 gegenüber 2,05 % im

Jahre 1997).

Der schwankende Gehalt an OM im Boden je nach

angewandtem Düngertyp scheint sich positiv auf das

Produktionspotenzial von Spross-Trockenmasse auszu-

wirken. Ladha et al. (2003) haben ausserdem festgestellt,

dass der ausschliessliche, kontinuierliche Einsatz von

Mineraldünger zu einem Rückgang der Erträge führt,

während eine kombinierte Düngung von Hofdünger

und angemessenem NPK-Mineraldünger aufgrund der

verbesserten Speicherung von organischem C und der

physikalischen Bodeneigenschaften die Erträge auf-

rechterhält. Die vielseitigeren Mineralbeigaben von Hof-

dünger (N, P, K, Ca, Mg, Spurenelemente) konnten das

Produktionspotenzial ebenfalls positiv beeinflussen.

Auswirkungen von Mist und Gülle im Vergleich

Im Gegensatz zu Mist wirkt sich die leicht abbaubare

Gülle weniger stark auf die Speicherung von OM im

Boden aus (Triberti et al. 2008). In unserem Versuch ist

der Gehalt an OM und Gesamt-N des Bodens im Li1PL

und Fu1PL vergleichbar. Dies ist umso erstaunlicher, als

dass die Parzellen mit Gülle weniger organischen N

erhielten als jene mit Mist (Tab. 3). Die geringste Humifi-

zierung der Gülle kann durch (i) erhöhte Rückfuhr durch

Kulturrückstände im Li1PL, aufgrund einer erhöhten

Produktion von STM und/oder (ii) eine langsamere Mine-

ralisierung der OM im Boden kompensiert werden. Im

Endeffekt hat die Beigabe von 12 t ha-1 Jahr-1 Mist oder

22 m3 ha-1 Jahr-1 Gülle die gleiche Auswirkung auf die

Speicherung von OM im Boden.

Vorteil des jährlich ausgebrachten Düngers in reduzier-

ten Dosen

Die reduzierten, aber in kurzen Intervallen ausgebrach-

ten Dünger erhöhen die mit dem Ausbringen (Zeit und

Treibstoff) verbundenen Kosten, könnten sich jedoch

durch eine bessere Nutzung durch die Pflanzen (Sinaj et

al. 2009) rechtfertigen. Unsere Ergebnisse weisen keine

positive Wirkung der reduzierten Dosen auf die Produk-

tion von STM nach. Somit beeinflusst die dreijährliche

Ausbringung von 36 t ha-1 Jahr-1 Mist die Düngereffizienz

nicht und ist also rentabler als die Aufteilung der glei-

chen Dosis in jährlichen Gaben. Die reduzierten, jährlich

ausgebrachten Gaben haben auch keine Auswirkung auf

die Bodeneigenschaften.

Unterverfahren VerfahrenGesamte Spross-

Trockenmasse

Gesamter N-Gehalt

der Spross-Trockenmasse

N100

EminPL 100 b 100 ab

Fu3PL 107 a 97 b

Fu1PL 107 a 99 ab

Fu1La 107 a 98 b

Li1PL 110 a 102 a

N60

EminPL 91 e 89 c

Fu3PL 95 cde 89 c

Fu1PL 93 de 85 d

Fu1La 99 bc 87 cd

Li1PL 97 bcd 88 cd

Ergebnisse der Varianzanalyse gemäss

Verfahren *** ns

Verfahren*Unterverfahren

ns *

Verfahren*Jahre

*** ***

Verfahren*Unterverfahren

procédés*années ns ns

Unterverfahren *** ***

Jahre *** ***

Unterverfahren*Jahre

*** ***

Tab. 5 | Auswirkung der Verfahren und Unterverfahren auf die gesamte Spross-Trockenmasse und den N-, P-, K-, Mg- und Ca- Gehalt der Pflanzen. Die Werte entsprechen den Mittelwerten über die angegebene Periode und sind in Prozent der Kontrollsorte EminPL N100 ausgedrückt

* signifikante Auswirkung bei einem schwellenwert von 5 %;** signifikante Auswirkung bei einem schwellenwert von 1 % ; *** signifikante Auswirkung bei einem schwellenwert von 0,1 %;ns: nicht signifikant.unterschiedliche Kleinbuchstaben innerhalb der gleichen spalte weisen auf signifikant unterschiedliche Mittelwerte bei einem schwellenwert von 5 % gemäss fisher-Test hin.

Bodenfruchtbarkeit und Produktivität der Kulturen: Auswirkungen von organischen Einträgen und Pflug | Pflanzenbau

125Agrarforschung Schweiz 2 (3): 120–127, 2011

nachgewiesen. Es wird allgemein eingeräumt, dass die

Stickstoffdüngung dazu beiträgt, C im Boden zu binden,

indem die Biomasse der Kulturrückstände erhöht wird

(Khan et al. 2007  ; Vullioud et al. 2006). In diesem Ver-

such haben wir keine signifikante Wirkung der Stick-

stoffdüngung auf den Gehalt an OM festgestellt. Die

Unterverfahren der Stickstoffdüngung waren jedoch in

unserem Versuch weniger kontrastiert als in jenem von

Vullioud et al (2006). Zahlreiche in den USA durchge-

führte und von Khan et al. aufgeführte Studien weisen

ebenfalls eine schwache Wirkung der Stickstoffdüngung

auf die Lagerung von C im Boden nach. Dieses Ergebnis

kann mit der erhöhten Aktivität der Mikroorganismen

(Khan et al. 2007) und/oder einer Häufung von labileren

organischen Formen erklärt werden (Stevens et al. 2005).

Nicht vernachlässigbare Interaktion zwischen Verfah-

ren und Jahren

Die Auswirkungen des Pflügens auf die Produktion von

OM variieren je nach Klima oder Anbauart (Abb. 1a). Im

Jahre 2000 wirkte sich das Pflügen negativ auf die STM

aus, während in den Jahren 2003 und 2008 das Gegen-

teil beobachtet wurde. Das Pflügen bei zu feuchten

Bedingungen im Jahre 2000 scheint für den signifikan-

ten, im Fu1La-Verfahren (Abb. 1a) festgestellten Produk-

tionsrückgang verantwortlich zu sein. Ein feineres Saat-

bett nach dem Pflügen könnte hingegen die besseren

Ergebnisse dieser Technik beim Raps in den Jahren 2003

und 2008 erklären.

Vorteil des pfluglosen Anbaus

Der pfluglose Anbau senkt den Verlust an OM durch

Mineralisierung und Erosion (Lal 2009). Zwölf Versuchs-

jahre haben erlaubt, die positive Wirkung des pfluglo-

sen Anbaus (Vergleich der Verfahren Fu1La und Fu1PL)

auf die Speicherung des OM und des Gesamt-N im Boden

zu bestätigen. Parallel dazu beobachten wir, dass die

Kulturen in den gepflügten Parzellen signifikant schwä-

cher auf die N-Düngung ansprechen. Dieses Ergebnis

weist beim Pflug-Verfahren vermutlich auf ein höheres

N-Angebot im Boden hin. In der Tat ist das OM beim

pfluglosen Anbau in den Bodenaggregaten besser

geschützt, was zu einer Senkung des Prozentsatzes des

mineralisierten Gesamtstickstoffes führt (Balesdent et al.

2000). Wird der Boden nicht mehr gepflügt, wird somit

häufig geraten, die Stickstoffdüngung in den ersten

Übergangsjahren zu verstärken (Thomas 2007). Im Ver-

such von Oberacker (BE) in der Schweiz raten Chervet et

al. (2007), die Stickstoffdüngung bei der Direktsaat in

den ersten fünf bis sieben Übergangsjahren zu verstär-

ken. Unsere Ergebnisse scheinen zu zeigen, dass die

Stickstoffdüngung mindestens in den ersten zwölf Über-

gangsjahren intensiviert werden muss, wenn der Schäl-

grubber den Pflug ersetzt.

Wirkung der N-Düngung auf den Gehalt an OM im Boden

Vullioud et al. (2006) haben in einer Studie auf einer

Nachbarparzelle dieses Versuchs die positive Wirkung

der Stickstoffdüngung auf den Gehalt an OM des Bodens

UnterverfahrenAnzahl Jahre seit der letz-

ten Gabe bei Fu3PLVerfahren

Gesamte Spross-Trockenmasse

Gesamter N-Gehalt der Spross-Trockenmasse

N100

0Fu3PL 106 ab 86 de

Fu1PL 112 a 95 abc

1Fu3PL 107 ab 99 ab

Fu1PL 106 ab 100 ab

2Fu3PL 107 ab 103 a

Fu1PL 101 b 101 ab

N60

0Fu3PL 92 cd 80 e

Fu1PL 98 bcd 82 e

1Fu3PL 92 cd 91 cd

Fu1PL 90 d 88 cd

2Fu3PL 101 bcd 94 bc

Fu1PL 91 d 85 de

unterschiedliche Kleinbuchstaben innerhalb der gleichen spalte weisen auf signifikant unterschiedliche Mittel bei einem schwellenwert von 5 % gemäss fisher-Test hin.

Tab. 6 | Auswirkung der Fraktionierung des Mists auf die gesamte Spross-Trockenmasse und den N-Gehalt nach Anzahl der verflossenen Jahre seit der letzten Gabe bei Fu3PL. Die Ergebnisse sind in Prozent der Kontrollsorte EminPL N100 ausgedrückt

126

Pflanzenbau | Bodenfruchtbarkeit und Produktivität der Kulturen: Auswirkungen von organischen Einträgen und Pflug

Agrarforschung Schweiz 2 (3): 120–127, 2011

Die Auswirkungen der Fraktionierung des Mists

(Fu1PL und Fu3PL) auf das N-Angebot im Boden variie-

ren je nach Anzahl Jahren, die seit der letzten Dünger-

beigabe bei Fu2PL (Abb. 1a, b) verstrichen sind. Das Jahr

der Beigabe, der N-Gehalt der Pflanzen bei nicht begren-

zenden N-Bedingungen (Unterverfahren N100) ist im

Fu1PL höher als im Fu3PL (Tab. 6). Dies ist wahrscheinlich

auf ein besseres N-Angebot im Boden im Fu1PL zurück-

zuführen, da die Produktion von STM in beiden Verfah-

ren identisch ist (Tab. 6). Zwei Jahre nach der Beigabe

scheint das N-Angebot im Boden hingegen im Fu3PL

höher zu sein. In der Tat spricht die STM weniger auf

die N-Düngung an (+ 6 % gegenüber + 10 % im Fu1PL,

Tab.  6) während die Produktion von STM bei nicht

begrenzenden Bedingungen nicht betroffen ist. Diese

Ergebnisse legen nahe, dass die direkten Auswirkungen

des Mists überbewertet und die Nachwirkungen unter-

bewertet werden. Obwohl die Nachlieferungen zwei

Jahre nach der Hofdüngung bekannt sind (Vullioud et al.

2006), werden sie aus Gründen der Vereinfachung in den

N-Düngungsempfehlungen nicht mit berücksichtigt

(Ryser et al. 1987). Unsere Ergebnisse scheinen zu zeigen,

dass sie in die Berechnungen des N-Düngebedarfs mit

einfliessen sollten.

S c h l u s s f o l g e r u n g e n

Die Auswertung der Versuchsergebnisse führt zu folgen-

den Schlussfolgerungen:

•• In einem gepflügten Boden reicht die Beigabe von

12 t ha-1 Jahr-1 Mist nicht dazu aus, den Gehalt an OM

im Boden aufrechtzuerhalten, wenn das Getreidestroh

entzogen wird.

•• Durch die Reduktion der Bodenbearbeitung (der Pflug

wird durch einen Schälgrubber ersetzt) kann in

Systemen ohne Hofdünger der Gehalt an OM im

Boden aufrechterhalten werden.

•• Beim pfluglosen Anbau sollte die Düngung gegenüber

dem Anbau mit Pflug sowohl kurz- wie mittelfristig

(12 Jahre) verstärkt werden.

•• Düngergaben in kleinen jährlichen Gaben wirken sich

im Vergleich zu einer entsprechenden, dreijährlich

ausgebrachten Dosis kaum auf die Bodenfruchtbarkeit

und die Produktion von STM der Kulturen aus, und

scheinen also nicht rentabel zu sein.

•• Eine 40 %-ige Reduktion der N-Düngung hat keine

Auswirkung auf die Bodenfruchtbarkeit.

•• Die Nachwirkungen der Hofdünger zwei Jahre nach

Beigabe sollten in die Berechnung des N-Düngebe-

darfs mit einbezogen werden. n

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127

Bodenfruchtbarkeit und Produktivität der Kulturen: Auswirkungen von organischen Einträgen und Pflug | Pflanzenbau

Ria

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nto

Sum

mar

y

Agrarforschung Schweiz 2 (3): 120–127, 2011

Soil fertility and crop productivity:

medium-term effect of organic inputs

and simplified cultivation techniques

The combined effects of the nature of

fertilizers (NPK, manure + NPK and

liquid manure + NPK), fractionation of

the manure inputs (every year or every

three years) and tillage (plowing and

reduced-tillage) associated with two

nitrogen rates (100 or 60 % of the

optimal dose) on soil fertility and dry

matter production of different crops

have been studied from 1997 to 2009 in

Changins. After twelve years of trial,

different soil analyses show that

nitrogen fertilization had no effect on

soil fertility, only the soil organic matter

and total nitrogen contents differed

significantly between treatments. In

terms of non-limiting nitrogen fertiliza-

tion, crops treated with manure

produced significantly more dry matter

than those treated with only inorganic

fertilizer. A sub-fertilization with only

60 % of the nitrogen fertilizer needs

causes a decrease in production of

7–13 % according to the treatments. In

the absence of the manure input,

reducing tillage keeps the stock of soil

organic matter, but should be accompa-

nied by a strengthening of nitrogen

fertilization. Split manure in annually

low inputs doesn’t increase the manure

efficiency.

Key words: manure, liquid manure,

nitrogen fertilization, tillage, soil

organic matter, dry matter production.

Fertilità del suolo e produttività delle

colture: effetti a medio termine degli

apporti organici e delle tecniche

colturali semplificate

Gli effetti combinati dei vari tipi di

fertilizzanti (NPK, letame più NPK e

liquame più NPK), del frazionamento

dell’apporto di letame (annuale o ogni

terzo anno) e la lavorazione del terreno

(aratura o pseudo-aratura), associate a

due differenti dosaggi di azoto (100 %

oppure 60 % della dose ottimale) sulla

fertilità del suolo e la produzione di

sostanza secca delle colture, sono stati

messi a confronto in una prova a

Changins dal 1997 al 2009. Dopo 12 anni

di prove, le analisi del suolo hanno

evidenziato che la concimazione azotata

non ha avuto effetti sulla fertilità del

suolo, per contro i contenuti di materia

organica e l’azoto totale nel suolo hanno

riscontrato differenze significative tra i

procedimenti. Nella variante di apporto

azotato non limitante, le culture hanno

prodotto un maggiore quantitativo

significativo di sostanza secca, se

accompagnate da fertilizzanti aziendali

rispetto alle varianti con soli fertilizzanti

minerali. Una concimazione di azoto

limitata al 60 % dei bisogni ha provocato

una minore produzione dal 7 al 13 % a

dipendenza della procedura applicata. In

assenza di apporti di fertilizzanti

aziendali, la riduzione della lavorazione

del suolo ha permesso di mantenere il

livello di materia organica del suolo

inalterata, però dovrebbe essere

accompagnata da un incremento della

concimazione azotata. Dividere letame in

basse dosi annuali non ha migliorato

l’efficienza del letame.

128 Agrarforschung Schweiz 2 (3): 128–133, 2011

E i n l e i t u n g

Bäume gehören zu unserer traditionellen Kulturland-

schaft. Sie liefern Holz und Früchte und erbringen als

Wasserfilter, Erosionsschutz, Kohlenstoffspeicher und

Lebensraum vieler Tiere wichtige Leistungen für die

Umwelt. Unter dem Begriff «Agroforstwirtschaft» ver-

steht man die Kombination von Bäumen mit landwirt-

schaftlichen Unterkulturen acker- oder futterbaulicher

Art (Krummenacher et al. 2008).

Eine traditionelle Form der Agroforstwirtschaft

ist  die Fruchtproduktion in Hochstamm-Obstgärten.

Arbeitstechnische und wirtschaftliche Gründe sowie

grosse Rodungsaktionen anfangs der 1960er-Jahre

führten zu einem massiven Rückgang der Hochstamm-

Obstbäume von rund 15 Millionen im Jahr 1905 auf 2,9

Millionen im Jahr 2001 (Walter et al. 2010). Trotz Direkt-

zahlungen seit Anfang der 1990er-Jahre nimmt die

Anzahl der Hochstamm-Obstbäume im Kulturland wei-

ter ab. Damit gehen die oben genannten Umweltleistun-

gen verloren und das Landschaftsbild verändert sich

merklich.

Um weiterhin von den Umweltleistungen der Bäume in

der Agrarlandschaft profitieren zu können, sucht ART

nach Möglichkeiten, um die Kombination von Bäumen

mit Unterkulturen wieder wirtschaftlich und damit für

die Landwirte attraktiv zu gestalten. Dabei haben wir

auf Ergebnissen aus europäischen Nachbarländern und

Initiativen von innovativen Landwirtinnen und Landwir-

ten in der Schweiz aufgebaut. In modernen Systemen

können Bäume nicht nur zur Frucht- sondern auch zur

Wertholzproduktion dienen und sowohl mit Ackerkultu-

ren wie Futtergräsern kombiniert werden (Abb. 1).

M e t h o d e n

Die Produktivität und Wirtschaftlichkeit von modernen

agroforstlichen Systemen wurde für einen Zeitraum von

60 Jahren mithilfe der Computermodelle YieldSAFE und

FarmSAFE abgeschätzt (van der Werf et al. 2007; Graves et

al. 2007). Als Grundlage dienten Erfahrungen aus Deutsch-

land und Frankreich, ein Inventar innovativer Agroforst-

systeme in der Schweiz sowie Daten zur Wirtschaftlichkeit

der Unterkulturen und der Früchte für die Schweiz. In den

Modellberechnungen wurde bei 70 Bäumen pro Hektare

von einer ackerbaulichen Nutzung nur in den ersten zehn

bis 20 Jahren ausgegangen. Bei 40 Bäumen pro Hektare

wurde mit Ackerbau während den gesamten 60 Jahren

gerechnet. Detaillierte Angaben zur Vollkostenkalkula-

tion finden sich in Kaeser et al. (2010).

Die Umweltleistungen von Agroforstsystemen wurden

von Palma et al. (2006) in 42 zufällig (statistisch reprä-

sentativ) ausgewählten Landschaftseinheiten in Holland,

Frankreich und Spanien untersucht. Die Erosion wurde

mit der Revised Universal Soil Loss Equation (RUSLE)

geschätzt. Die Auswaschung von Stickstoff wurde als

Produkt der Stickstoffbilanz und der Austauschhäufig-

keit des Bodenwassers berechnet, unter Annahme einer

bedarfsgerechten Stickstoffdüngung. Die Kohlenstoff-

bindung wurde gemäss Gifford (2000) ermittelt, wobei

nur der oberirdische Pflanzenteil berücksichtigt wurde.

Die Akzeptanz von Agroforstwirtschaft bei Landwirtin-

nen und Landwirten wurde in einer Befragung ermittelt.

Diese erfolgte mündlich anhand eines strukturierten

Fragebogens (Atteslander et al. 1995). Aus der Deutsch-

Alexandra Kaeser, Firesenai Sereke, Dunja Dux und Felix Herzog,

Forschungsanstalt Agroscope Reckenholz-Tänikon ART, 8046 Zürich

Auskünfte: Felix Herzog, E-Mail: [email protected], Tel. +41 44 377 74 45

Agroforstwirtschaft in der Schweiz

P f l a n z e n b a u

Abb. 1 | Vogelkirschen zur Wertholzproduktion in Frankreich. (Foto: ART)

Agroforstwirtschaft in der Schweiz | Pflanzenbau

129

Zusa

mm

enfa

ssu

ng

Agrarforschung Schweiz 2 (3): 128–133, 2011

und Westschweiz wurden 50 Landwirtinnen und Land-

wirte zufällig ausgewählt und zur Produktivität, Wirt-

schaftlichkeit und zu den Umweltleistungen von

Agroforstwirtschaft befragt. Die Beliebtheit der Systeme,

die Wertschätzung der Bäume und ihrer Produkte sowie

die Gründe für das Pflanzen von Hochstamm-Bäumen

wurden eruiert.

R e s u l t a t e u n d D i s k u s s i o n

In modernen Agroforstsystemen werden die Bäume in

Reihen gepflanzt, um die maschinelle Bearbeitung

dazwischen möglichst wenig zu behindern. Die Produk-

tivität und Wirtschaftlichkeit solcher Systeme wurde für

40 beziehungsweise 70 Vogelkirsch- und Walnussbäume

pro Hektare (Frucht- und Wertholzproduktion) auf Grün-

und Ackerland berechnet.

Höhere Flächenproduktivität als Monokultur

Bäume und Unterkulturen konkurrieren im Agroforstsys-

tem um Licht, Wasser und Nährstoffe. Das Kräfteverhältnis

verschiebt sich mit der Zeit von den Kulturen hin zu den

Bäumen. Dies zeigt auch der Ertrag der Unterkultur, der

mit dem Wachstum der Bäume stets zurückgeht (Abb. 2).

Die Modellberechnungen ergaben, dass Agroforst-

systeme eine bis zu 30 Prozent höhere Flächenprodukti-

vität aufweisen als der räumlich getrennte Anbau von

zum Beispiel Getreide in Monokultur und Holz aus dem

Wald. Dass im Agroforstsystem mehr Biomasse pro Flä-

che produziert wird, beruht auf der effizienteren Nut-

zung der Ressourcen im Vergleich zur Monokultur. Denn

Bäume wachsen in die Höhe und nützen somit den Raum

stärker aus als Ackerkulturen. Auch erschliessen die

Bäume erbringen in der Agrarlandschaft

wichtige Umweltleistungen. Trotzdem

verschwinden sie aus wirtschaftlichen und

betriebstechnischen Gründen aus dem Kultur-

land. Hier setzt moderne Agroforstwirtschaft

an. Dabei werden Bäume auf landwirtschaft-

lich genutzten Flächen in Reihen gepflanzt,

um die maschinelle Bearbeitung weniger zu

behindern. ART hat das ökonomische und

ökologische Potenzial moderner Agroforst-

systeme für die Schweiz untersucht. Die

Flächenproduktivität, Wirtschaftlichkeit und

Umweltleistungen wurden anhand computer-

gestützter Modelle berechnet. Es zeigte sich,

dass Agroforstsysteme eine bis zu 30 Prozent

höhere Flächen produktivität als Monokulturen

erreichen und langfristig gesehen wirtschaft-

lich konkurrenzfähig werden können. Auf

fruchtbaren Ackerstandorten können Agro-

forstsysteme Boden verluste um bis zu 78 %

und Stick stoff auswaschung um bis zu 46 %

reduzieren, sowie bis zu 133 Tonnen Kohlen-

stoff in 60 Jahren binden. In Interviews

wurden Landwirte zu den Vor- und Nachteilen

von Agroforstwirtschaft befragt. Die befragten

Landwirte schätzen Agroforstsysteme als

unproduktiv und nicht rentabel ein, sehen aber

einen Nutzen für die Artenvielfalt und die

Kulturlandschaft. Ausgehend von Pionierland-

wirten müssten die vielfältigen Gestaltungs-

möglichkeiten und wirtschaftlichen Optionen

von Agroforstsystemen besser bekannt

gemacht werden.

0

10

20

30

40

50

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0.8

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Baum

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Zeit [Jahre] Zeit [Jahre]

Ertrag Ackerkultur bei W 40 Vogelkirschen/ha Ertrag Wertholz bei W 40 Vogelkirschen/ha

Abb. 2 | Die Entwicklung des relativen Ertrags von Ackerkultur und des Baumvolumens bei 40 Vogelkirschbäumen pro Hektare zur Wertholzproduktion. Der relative Ertrag der Ackerkultur bezieht sich auf den Ertrag, welcher ohne Bäume möglich wäre. Mit dem Wachstum der Bäume nimmt der Ertrag der Ackerkultur ab. Die Fruchtfolge im Acker ist Raps, Weizen, Kunstwiese, Weizen.

Pflanzenbau | Agroforstwirtschaft in der Schweiz

130 Agrarforschung Schweiz 2 (3): 128–133, 2011

Baumwurzeln tiefere Bodenschichten und profitieren

von Wasser und Nährstoffen ausserhalb des Wurzel-

raums der Kulturen (siehe auch Dupraz & Liagre 2008;

Reeg et al. 2009).

Wirtschaftlich konkurrenzfähig mit Beiträgen

Die Wirtschaftlichkeit eines Agroforstsystems hängt in

erster Linie von den Produktpreisen, den Direktzahlun-

gen und von den jährlichen Kosten ab. Hinzu kommen

die Investitionskosten respektive der Diskontierungssatz,

mit welchem der Tatsache Rechnung getragen wird, dass

der investierte Betrag auch auf dem Kapitalmarkt ange-

legt werden könnte. Anlage- und Pflegekosten liegen

bei Bäumen zur Fruchtproduktion aufgrund des Auf-

wands für Pflege und Ernte höher als bei Wertholzbäu-

men. Denn Wertholzbäume müssen nur in den ersten

15 Jahren hochgeastet werden, um drei bis sechs Meter

lange Stämme ohne Astlöcher zu erhalten. Sie brauchen

später wenig Pflege.

Mithilfe von Modellen wurde die Wirtschaftlichkeit ver-

schiedener an Schweizer Verhältnisse angepasster Sys-

teme mit den Baumarten Vogelkirsche und Walnuss

berechnet (Tab. 1). Systeme mit höherer Baumdichte

(70 Bäume pro Hektare) sind tendenziell rentabler. Wal-

nuss zur Frucht- oder Wertholzproduktion scheint sich

besonders für die Kombination mit Ackerbau zu eignen.

Auf Grasland können bereits geringere Pflanzdichten

(40 Bäume pro Hektare) einen wirtschaftlichen Mehr-

wert bringen, wobei Vogelkirsche vorteilhafter als Wal-

nuss erscheint.

Die ökologischen Direktzahlungen für Hochstamm-

Obstbäume sind unabhängig vom Alter der Bäume und

auch davon, ob die Hochstamm-Obstbäume der Frucht-

oder Wertholzproduktion dienen. Für den ökologischen

Ausgleich werden jährlich pro Baum 15 Franken bezahlt

und eine Are kann als ökologische Ausgleichsfläche

angerechnet werden. In Kombination mit Beiträgen für

biologische Qualität und Vernetzung werden bis zu 50

Franken pro Baum und Jahr erreicht.

Gemäss den Modellberechnungen können gute

Marktpreise für die Baumprodukte und Beiträge von

15 Franken moderne Agroforstsysteme langfristig gese-

hen ökonomisch konkurrenzfähig machen (Tab. 1). Bei

höheren Beiträgen wird die Gewinnschwelle früher

erreicht und das Agroforstsystem wirtschaftlich konkur-

renzfähiger. Ein Risiko stellen die oftmals tiefen Preise

für Baumprodukte bzw. die fehlenden Absatzmärkte für

Hochstamm-Obst dar. Agroforstsysteme sind jedoch

weniger stark von marktbedingten Erlösschwankungen

der Ackerkultur betroffen als landwirtschaftliche Mono-

kulturen. Der Grund hierfür liegt in der Produktdiversifi-

zierung. Auch ist der Erntezeitpunkt von Holz relativ

flexibel und kann auf Jahre mit guten Marktpreisen

gelegt werden.

Für Boden-, Grundwasser- und KlimaschutzBäume erbringen wichtige Umweltleistungen im Boden-,

Grundwasser- und Klimaschutz (Kaeser, Palma et al. 2010).

Erosions- und Nitratprobleme bestehen in der Schweiz

vor allem in den intensiv ackerbaulich genutzten Regio-

nen des Mittellands (Prasuhn et al. 2007; Muralt u. Cor-

naz 2005). Dabei sind vor allem Flächen in Hanglagen

erosionsgefährdet und die Tallagen wiederum eher von

Nitratauswaschung ins Grundwasser betroffen.

In Reihen entlang der Höhenlinien gepflanzte Bäume

mindern Bodenerosion, indem ihre Wurzeln die Erde an

Ort und Stelle verankern und das Einsickern des Regen-

wassers in den Boden verbessern. Bäume können gemäss

SystemeW = Wertholz, F = Frucht40 bzw. 70 Bäume/ha

Kapitalwert (CHF/ha) nach … Jahren Gewinn-

schwelle10 30 60

Ackerbau bzw. ackerbauliche Unternutzung

Acker-Monokultur 13 533 29 510 41 008 1. Jahr

W 40 Vogelkirschen/ha 10 182 24 579 35 763 3. Jahr

W 70 Vogelkirschen/ha 11 001 27 328 40 019 3. Jahr

W 40 Walnuss/ha 11 352 21 298 38 751 2. Jahr

W 70 Walnuss/ha 13 113 23 487 46 920 2. Jahr

F 40 Walnuss/ha -1661 23 442 38 049 12. Jahr

F 70 Walnuss/ha -7089 27 909 48 280 14. Jahr

Grünland bzw. futterbauliche Unternutzung

Grünland-Monokultur 10 542 23 554 32 469 1. Jahr

W 40 Vogelkirschen/ha 7903 23 106 36 629 3. Jahr

W 70 Vogelkirschen/ha 8642 26 618 43 435 3. Jahr

W 40 Walnuss/ha 8051 11 561 26 264 2. Jahr

W 70 Walnuss/ha 8978 17 271 40 525 3. Jahr

F 40 Vogelkirschen/ha -5338 18 914 37 829 17. Jahr

F 70 Vogelkirschen/ha -12 242 19 894 46 674 20. Jahr

F 40 Walnuss/ha -4439 16 322 29 361 15. Jahr

F 70 Walnuss/ha -10 826 20 941 41 158 16. Jahr

Tab. 1 | Kapitalwert der Wertholzproduktion von Vogelkirschen und der Wertholz- und Fruchtproduktion von Walnuss bei 40 oder 70 Bäumen pro Hektare auf Acker- oder Grünland unter Annahme jährlicher Beiträge von 15 Franken pro Baum.

Die werte stammen aus Modellberechnungen mit einem Diskontierungssatz von 3,5 %. in den Anfangsjahren beschränken sich die einnahmen auf die unterkultur. zudem fallen in den ersten Jahren die Pflanzkosten ins gewicht. Dieser Verlust wird langfristig mit dem zusatzeinkommen durch den fruchtertrag bzw. das sparkapital an holz kompensiert. Die gewinnschwelle gibt den zeitpunkt an, ab welchem das system kostendeckend ist. Die fruchtfolge im Acker ist raps, weizen, Kunstwiese, weizen. für detaillierte Angaben zur Vollkosten berechnung wird auf Kaeser, sereke et al. (2010) verwiesen.

Agroforstwirtschaft in der Schweiz | Pflanzenbau

131Agrarforschung Schweiz 2 (3): 128–133, 2011

Für den Klimaschutz leisten Bäume einen Beitrag,

indem sie Kohlenstoff binden. Dieser kann in Holz möbeln

während mehrerer Jahrzehnte gespeichert werden. Auch

Brennholz trägt als Ersatz fossiler Brennstoffe zum Schutz

des Klimas bei (Briner et al. 2011). Bei 113 Bäumen pro

Hektare wird insgesamt mehr Kohlenstoff gebunden als

bei 50 Bäumen pro Hektare. Pro Baum wird im Modell

mit 50 Bäumen aber mehr Kohlenstoff gebunden, weil

die Bäume vergleichsweise stärker wachsen (Tab. 2).

Akzeptanz bei befragten Landwirten

Die Befragung von 50 zufällig ausgewählten Landwirten

in der Deutsch- und Westschweiz zu den Vor-und Nach-

teilen von agroforstlichen Systemen ergab, dass diese

mit modernen Agroforstsystemen nicht vertraut sind

und sie als unproduktiv und nicht rentabel einschätzen.

Sie sehen in den Bäumen aber einen Nutzen für die

Artenvielfalt und die Kulturlandschaft. Den Landwirten

gefallen Agroforstsysteme mit Fruchtproduktion auf

Grünland am besten. Bäume auf Ackerland hingegen

werden stark negativ bewertet. Von den Baumprodukten

interessieren sich die Landwirte weder für Wertholz noch

Energieholz im Kurzumtrieb sondern nur für die Früchte.

Aber auch das Interesse an den Früchten ist nicht gross.

Den Landwirten zufolge hat es eher zu wenige Hoch-

stamm-Bäume im Kulturland ihrer Gemeinde und der

Schweiz. Von den befragten Landwirten würden 52 Pro-

zent heute wieder Hochstamm-Bäume pflanzen, um

Teile ihrer landwirtschaftlichen Fläche doppelt zu nutzen.

Wenn Landwirte Bäume pflanzen, dann einerseits

aus ideellen Gründen wie zur Förderung der Artenviel-

falt und Erhaltung der Kulturlandschaft, andererseits als

Schattenspender für das Vieh und zur Selbstversorgung

(Abb. 3). Auch Erscheinungsbild des Betriebs und Schutz

vor Erosion spielen eine Rolle.

Kein Grund, um Bäume zu pflanzen, sind für 52 Pro-

zent der befragten Landwirte die Beiträge. Von den

befragten Landwirten erhalten 72 Prozent jährliche

Beiträge für Hochstamm-Bäume, bei 48 Prozent sind es

jährlich 15 Franken pro Baum. Die Beiträge für Hoch-

stamm-Bäume reichen aus Sicht der befragten Land-

wirte nicht aus, um den Arbeitsaufwand zu decken.

Den maximal möglichen Beitrag für Hochstamm-Bäume

in ihrem Kanton kennen nach eigenen Angaben nur

26 Prozent der Landwirte.

Die eher skeptische Einstellung der zufällig ausge-

wählten Landwirte kontrastiert mit der Einschätzung

der Teilnehmenden an einem Agridea-Kurs zu Agro-

forstwirtschaft (2010). Diese hatten sich grösstenteils

bereits aus eigenem Antrieb mit dem Thema befasst.

Einige von ihnen planten die Anlage von innovativen

Agroforstsystemen oder hatten solche bereits angelegt.

den Modellberechnungen von Palma et al. (2006) auf

fruchtbaren, intensiv genutzten Standorten die Boden-

verluste um rund 80 Prozent reduzieren (Tab. 2). Die

Anzahl der Bäume (50 und 113 pro Hektare) hat keinen

wesentlichen Einfluss auf die Bodenverluste.

Bäume schützen das Grundwasser vor Verunreini-

gungen durch Nitrat. Einerseits nehmen im Acker

gepflanzte Bäume das vom Oberboden ausgewaschene

Nitrat auf, indem sie unter den Kulturen wurzeln. Ande-

rerseits wird durch die Anlage von Baumstreifen dieser

Teil der landwirtschaftlichen Fläche der Düngung entzo-

gen. Die Reduktion der Nitratauswaschung ist gemäss

Palma et al. (2006) auf fruchtbarem, intensiv genutztem

Land und bei hoher Baumdichte am grössten (Tab. 2).

Bei hoher Baumdichte wird die Unterkultur stärker

beeinträchtigt und ihr Anbau somit früher eingestellt.

Dadurch werden weniger Stickstoffdünger ausgebracht.

Das Potenzial der Baumwurzeln, Stickstoff unterhalb der

Kulturen aufzufangen, wurde in den Modellberechnun-

gen nicht berücksichtigt.

System Ertragsarmer Standort

Fruchtbarer Standort

Durchschnittlicher jährlicher Bodenverlust [t/ha] auf stark erosions-gefährdeten Standorten (> 3 t/ha Erosion pro Jahr); Bewirtschaftung entlang der Höhenlinien (Prozentuale Verringerung der Bodenverluste in Klammern)

Acker ohne Bäume 3,8 (100 %) 4,5 (100 %)

Acker mit 50 Bäumen/ha 1,4 (-63 %) 1,1 (-76 %)

Acker mit 113 Bäumen/ha 1,3 (-66 %) 1,0 (-78 %)

Durchschnittliche jährliche Stickstoffauswaschung [kgN/ha] während 60 Jahren auf intensiv genutztem Ackerland (Düngung > 100 kgN/ha) (Prozentuale Verringerung der Stickstoffauswaschung in Klammern)

Acker ohne Bäume 142 (100 %) 182 (100 %)

Acker mit 50 Bäumen/ha 117 (-18 %) 171 (-6 %)

Acker mit 113 Bäumen/ha 105 (-26 %) 99 (-46 %)

Kohlenstoffbindung in den Bäumen des Agroforstsystems nach 60 Jahren [t/ha]

Acker ohne Bäume 0 0

Acker mit 50 Bäumen/ha 81 106

Acker mit 113 Bäumen/ha 112 133

Tab. 2 | Einfluss von Bäumen auf Bodenverluste, Stickstoffauswa-schung und Kohlenstoffbindung nach Palma et al. (2006).

Die werte stammen aus Modellberechnungen für 42 zufällig ausgewählte Land-schaften in holland, frankreich und spanien.

132

Pflanzenbau | Agroforstwirtschaft in der Schweiz

Agrarforschung Schweiz 2 (3): 128–133, 2011

S c h l u s s f o l g e r u n g e n u n d A u s b l i c k

Die Landwirtschaft steht vor der Herausforderung, in

Zukunft mehr zu produzieren, um die Bedürfnisse der

steigenden Weltbevölkerung zu decken. Gleichzeitig

sollen die natürlichen Ressourcen geschont und der

Zustand der Umwelt verbessert werden. Moderne Agro-

forstsysteme sind produktiver als landwirtschaftliche

Monokulturen und erbringen wichtige Umweltleistun-

gen. Dadurch können sie Teil der Lösung sein, um diese

widersprüchlichen Anliegen zu befriedigen. Die Modell-

berechnungen zeigen, dass moderne Agroforstsysteme

bereits unter den jetzigen Rahmenbedingungen wirt-

schaftlich sein können.

Allerdings stehen viele Landwirtinnen und Landwirte

der Idee, wieder vermehrt Bäume im Kulturland zu

pflanzen, skeptisch gegenüber. Zu wenig bekannt sind

die vielen Gestaltungsmöglichkeiten von Agroforstsyste-

men und die Tatsache, dass diese produktiv und langfris-

tig gesehen rentabel sein können. So muss beispielsweise

das Interesse an der Wertholzproduktion – trotz guter

Marktpreise für Edelholz in Furnierqualität – erst geweckt

werden. Dabei ist die Wertholzproduktion unkompli-

ziert, benötigt keine Spezialmaschinen und kann auf

Acker- und Grünland erfolgen. Auch sind Kombinatio-

nen von Frucht- und Wertholzproduktion möglich.

In der Schweiz müsste die landwirtschaftliche Praxis

einerseits bezüglich der Möglichkeiten, welche die

Agroforstwirtschaft ihr bietet, besser informiert werden.

Andererseits fehlen bisher Feldversuche mit Agroforst-

systemen. Diesbezüglich wäre ein Monitoring von

bereits bestehenden innovativen Agroforstsystemen in

Zusammenarbeit mit Pionierbetrieben sinnvoll.

Schwierige Absatzbedingungen für Hochstamm-Obst

machen Agroforstsysteme mit Fruchtproduktion zurzeit

eher für den Nischenmarkt attraktiv. Agroforstsysteme

sind wirtschaftlich insbesondere im Zusammenhang mit

Beiträgen für die biologische Qualität zu empfehlen.

Das Pflanzen von Bäumen bedeutet eine namhafte

Anfangsinvestition. Obstbäume kommen erst nach Jah-

ren in den Vollertrag und Wertholz kann erst nach Jahr-

zehnten geerntet werden. Innovative Landwirte, die

trotzdem Agroforstsysteme anlegen, zeichnen sich

dadurch aus, dass sie etwas Neues ausprobieren wollen

und Freude daran haben, mit Bäumen zu arbeiten. n

2,6 ± 1,3

3,4 ± 1,3

4,2 ± 1,4

3,1 ± 1,4

4,8 ± 1,2

3,0 ± 1,6

4,3 ± 1,2 4,8 ± 1,0

3,6 ± 1,3

3,3 ± 1,2

3,9 ± 1,2

1

2

3

4

5

6

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assers

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Bew

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kala

(1 –

6)

Abb. 3 | Gründe weshalb Landwirte Hochstamm-Bäume pflanzen. Es wurden 50 Landwirte in der Deutsch- und Westschweiz befragt, Mittelwerte gebildet und die Standardabweichungen berechnet. Die Bewertungsskala geht von 1 bis 6. Werte über 3,5 gelten als Motivation für das Pflanzen von Hochstamm-Bäumen.

133

Agroforstwirtschaft in der Schweiz | Pflanzenbau

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Agrarforschung Schweiz 2 (3): 128–133, 2011

Agroforestry in Switzerland

Trees in agricultural landscapes provide important

benefits for the environment. Nevertheless, they are

disappearing from cultivated land due to economic

and operational reasons. In modern agroforestry

systems, trees are planted in rows on agricultural

land in order to facilitate mechanical operations.

The economic and ecological potential of modern

agroforestry systems in Switzerland was examined.

Productivity per hectare, profitability and environ-

mental benefits were estimated using computer-

aided models. The results show an up to 30 % higher

productivity (per unit area) of agroforestry systems

compared to monocultures. In the long term, agro-

forestry systems can become profitable. On fertile

arable land, they may reduce soil erosion by 78 %

and nitrate leaching by 46 % as well as sequester up

to 133 tons of carbon in 60 years.

In interviews, farmers were questioned about their

perception of benefits and disadvantages of agro-

forestry. Farmers rate agroforestry systems as

non-productive and unprofitable. However, they

admit a benefit for biodiversity and cultural land-

scape. Farmers need to be made aware of the many

agroforestry designs and their economic potential,

based on the experience of pioneer farmers.

Key words: alley cropping, timber and fruit produc-

tion, Prunus avium, Juglans regia, erosion, nitrogen

leaching, carbon sequestration, profitability.

Literatur b Atteslander P., Cromm J., Grabow B., Maurer A., Siegert G. & Zipp G., 1995. Methoden der empirischen Sozialforschung (8. bearb. Aufl.). Berlin; New York: de Gruyter.

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Agrosilvicoltura in Svizzera

Gli alberi nel paesaggio agricolo forniscono

importanti prestazioni ecologiche. Ciò nonostante,

per ragioni di natura economica e tecnico-aziendali,

essi scompaiono dal paesaggio rurale. Questo è il

punto d’inizio di una moderna agrosilvicoltura. Di

norma gli alberi sono piantati su terreni ad uso

agricolo a filare, in modo da non intralciare le

lavorazioni meccaniche. ART ha analizzato il

potenziale economico ed ecologico dei moderni

sistemi di agrosilvicoltura in Svizzera. Attraverso

modelli computerizzati sono stati calcolati la

produttività delle superfici, la redditività e i benefici

ambientali. Dai risultati è emerso che i sistemi di

agrosilvicoltura consentono di accrescere fino al

30 % la produttività delle superfici rispetto alle

monocolture e che a lungo termine possono

diventare economicamente competitivi. Sulle terre

aperte fertili possono ridurre l'erosione del suolo

fino al 78 % e il dilavamento dell'azoto fino al 46 %,

nonché contribuire al sequestro di 133 tonnellate di

carbonio nell'arco di 60 anni. Nell’ambito di

sondaggi svolti gli agricoltori sono stati interpellati

sui vantaggi e gli svantaggi dell'agrosilvicoltura. Da

quanto emerso i sistemi di agrosilvicoltura sono

ritenuti improduttivi e non redditizi, ma gli si

attribuisce una certa utilità per la biodiversità ed il

paesaggio rurale. Partendo dalle esperienze degli

agricoltori pionieri in agrosilvicoltura, sarebbe utile

far meglio conoscere le sfaccettature multiple ed il

potenziale economico dei sistemi di agrosilvicoltura.

134 Agrarforschung Schweiz 2 (3): 134–139, 2011

E i n l e i t u n g

Das Jahr 2010 wurde von den Vereinten Nationen als

internationales Jahr der Biodiversität deklariert. Spätes-

tens seit der Umweltkonferenz von Rio de Janeiro im

Jahre 1992 ist klar, dass auch die Landwirtschaft einen

wichtigen Beitrag zur globalen Biodiversität leistet.

Im Bereich der Nutztiere findet sich Vielfalt einerseits

zwischen Spezies als auch zwischen und innerhalb Ras-

sen. Die Produkte tierischer Herkunft wie auch andere

Nutzen und Werte der landwirtschaftlichen Nutztiere

sind sehr vielfältig und oft an regionale Gegebenheiten

angepasst. Der Erhalt von Rassen mit unterschiedlichen

Charakteristiken ermöglicht eine angepasste Reaktion

auf Veränderungen in den Umweltbedingungen und

Veränderungen auf den Absatzmärkten. Innerhalb der

Rassen kann eine massive Einschränkung der geneti-

schen Vielfalt zu einem gehäuften Auftreten von Erb-

fehlern sowie einer abnehmenden Fitness und Frucht-

barkeit der Tiere führen.

In der Schweiz sind mehr als 90 Rinder-, Pferde-,

Schaf-, Ziegen- und Schweinerassen registriert (BLW

2007), davon sind jedoch nur 25 ursprüngliche Schweizer

Rassen. Die Erringerrasse gehört zu dieser Gruppe und

besitzt den Gefährdungsstatus «zu beobachten» (BLW

2002). Damit eine unkontrollierte Abnahme der geneti-

schen Vielfalt verhindert werden kann, wird für solche

Populationen die Überwachung der aktuellen, geneti-

schen Vielfalt empfohlen. Falls Abstammungsinformatio-

nen vorhanden sind, bietet PopReport (Groeneveld et al.

2009) eine relativ einfache, internetbasierte Möglichkeit

für ein periodisches Monitoring der genetischen Vielfalt.

Christine Flury und Stefan Rieder, Schweizerische Hochschule für Landwirtschaft, 3052 Zollikofen

Auskünfte: Christine Flury, E-Mail: [email protected], Tel. +41 31 910 22 64

Genetische Vielfalt in der Eringerpopulation

N u t z t i e r e

Die Eringerrasse ist eine einzigartige Rinderrasse der Schweiz. Eine möglichst breite genetische Vielfalt bildet die Voraussetzung für ihren langfristigen Erhalt. (Eva Moors, Universität Göttingen, Göttingen, Deutschland)

Genetische Vielfalt in der Eringerpopulation | Nutztiere

135

Zusa

mm

enfa

ssu

ng

Agrarforschung Schweiz 2 (3): 134–139, 2011

Sved (1971) und Hill (1981) haben theoretisch gezeigt,

dass eine Beziehung zwischen dem Kopplungsphasen-

ungleichgewicht («linkage disequilibrium» – LD) zwi-

schen zwei Genloci, deren Distanz und der effektiven

Populationsgrösse – einem wichtigen Mass zur Bestim-

mung der genetischen Vielfalt – besteht. Diese Bezie-

hung wurde von verschiedenen Autoren (z.B. Hayes et al.

2003; Tenesa et al. 2003) für die markergestützte Schät-

zung der effektiven Populationsgrösse herangezogen.

Seit Ende 2007 ist für das Rind der 50k Illumina Beadchip

für kommerzielle Genotypisierungen verfügbar. Diese

weitreichende genetische Information erlaubt seither

eine noch genauere Schätzung des LD beziehungsweise

der effektiven Populationsgrösse.

In der vorliegenden Arbeit wurde die genetische

Vielfalt für die Eringerpopulation in der Schweiz analy-

siert. Dies einerseits basierend auf der Abstammungs-

information für 15 Referenzjahrgänge (alle Tiere mit

den Jahrgängen 1993 bis 2007). Andererseits wurden

zusätzlich 128 Tiere für den 50k Illumina Beadchip geno-

typisiert und diese Genotypen wurden für die genomi-

sche Schätzung der effektiven Populationsgrösse heran-

gezogen. Die verschiedenen Schätzwerte erlauben eine

Aussage zu der aktuellen genetischen Vielfalt in der

Eringerpopulation, deren Entwicklung als auch einen

Vergleich zwischen markerbasierten und pedigree-

basierten Schätzungen.

M a t e r i a l u n d M e t h o d e n

Für die vorliegende Studie wurden 120 Tiere die zwi-

schen 2000 und 2003 geboren worden waren ausge-

wählt und für den 50k Illumina Beadchip genotypisiert.

Aus einer anderen Studie (Timm et al. 2010) standen die

Genotypen von acht weiteren Tieren, geboren zwischen

1998 und 1999, zur Verfügung.

Nach dem Filtern der Genotypisierungsergebnisse

standen insgesamt 128 Eringertiere mit je 33 849 infor-

mativen, sogenannten Single Nucleotid Polymorphisms

(SNPs) für die weitergehende Analyse zur Verfügung.

Im Zentrum der Auswertungen standen die Parameter

Inzuchtkoeffizient (F), Inzuchtrate (ΔF) und effektive

Populationsgrösse (Ne). Diese Grössen dienen als Masse

zur Beurteilung der genetischen Vielfalt in Nutztierpo-

pulationen. Ne verhält sich umgekehrt proportional zu

ΔF (Ne = 1/2 ΔF).

Für die markerbasierte Schätzung der effektiven

Populationsgrösse ist das LD zwischen zwei Markern

von  Bedeutung. Dieses wurde für die Stichprobe der

128 Genotypen mit dem Paket Haploview (Barrett et al.

2005) geschätzt. Für die markerbasierte Schätzung der

effektiven Populationsgrösse wurde die untenstehende

Bei der Rasse Eringer handelt es sich um eine

ursprüngliche Rinderrasse der Schweiz. Ziel

der vorliegenden Studie war es, die Ent-

wicklung der genetischen Vielfalt von 1993

bis 2007 basierend auf Abstammungsinfor-

mation zu untersuchen. Weiter wurden

128 Eringerkühe für den Illumina 50k Bead-

chip genotypsiert und die genetische Vielfalt

basierend auf dieser genomweiten Markerin-

formation bestimmt. Die Schätzungen für die

aktuelle effektive Populationsgrösse liegen

zwischen 53 und 321. Die markerbasierten

Schätzungen liegen für alle Methoden bei

Werten unter 100, während die pedigree-

basierten Schätzungen alle Werte > 100

ergaben. Ein möglicher Grund für diese

Differenzen liegt in der unterschiedlichen

Vollständigkeit der Pedigreeinformation, die

im Jahre 2001 für die erste bis zur sechsten

Ahnengeneration unter 90 % gefallen ist. In

der vorliegenden Arbeit werden Strategien

zum langfristigen Erhalt der genetischen

Vielfalt in dieser einzigartigen Schweizer

Rasse dargestellt und diskutiert.

Nutztiere | Genetische Vielfalt in der Eringerpopulation

136 Agrarforschung Schweiz 2 (3): 134–139, 2011

Formel nach Sved (1971), sowie deren Erweiterung um

den Faktor (1/n) von Hill (1981) verwendet:

Bei r2 handelt es sich um ein weitverbreitetes Mass für

die Beschreibung von LD, E(r2) steht für den Erwartungs-

wert von r2, n steht für die Stichprobengrösse und c für

die genetische Distanz zwischen zwei Markern. Zur Schät-

zung der markerbasierten effektiven Populationsgrösse

wurden sowohl die Annahmen zur genetischen Distanz

(Annäherung der genetischen Distanz über die physikali-

sche Distanz oder durch die geschätzten genetischen Dis-

tanzen in Morgan) als auch die Annahmen zur Korrektur

für die Stichprobengrösse n (ohne Korrektur für die Stich-

probengrösse oder mit Korrektur für die Stichproben-

grösse) variiert, somit konnten vier verschiedene Metho-

den verglichen werden. Die kleinste Distanz zwischen

zwei Genloci die berücksichtigt wurde, entspricht 25 kb.

Zur Ermittlung der Anzahl Generationen, für welche die

Schätzung gilt, wurde die Formel 1/(2×c) herangezogen

(Hayes et al. 2003). Weitere Angaben zu der markerba-

sierten Schätzung der effektiven Populationsgrösse kön-

nen Flury et al. (2010a) entnommen werden.

Die gesamte Abstammungsinformation der Rasse

Eringer von 1926 bis 2007 wurde freundlicherweise vom

Eringerzuchtverband zur Verfügung gestellt. Für die

pedigreebasierte Analyse wurden neben dem gesamten

Pedigree für die Referenzjahrgänge aller geborener

Tiere von 1993 bis 2007 auch die Abstammungsinforma-

tion für die Stichprobe der 128 SNP genotypisierten

Tiere ausgewertet. Die Abstammungsinformation für

die Referenzjahrgänge umfasste total 72 232 Tiere,

demgegenüber fanden sich total 4798 Ahnen im Pedi-

gree der Stichprobe der 128 genotypisierten Tiere.

Die  Abstammungsinformation wurde mit gängiger

Software wie CFC (Sargolzaei et al. 2006), Endog (Gutiér-

rez und Goyache 2005) und PopReport (Groeneveld et al.

2009) analysiert.

R e s u l t a t e u n d D i s k u s s i o n

Entwicklung der genetischen Vielfalt in den Referenz-

jahren (1993 bis 2007)

Für die Bestimmung der genetischen Vielfalt basierend

auf Abstammungsinformationen ist deren Vollständig-

keit wichtig. Je vollständiger die Abstammungsinforma-

tionen sind desto genauer können Verwandtschafts-

beziehungen zwischen den Tieren und somit auch die

Parameter der genetischen Vielfalt geschätzt werden. In

Abbildung 1 ist die Entwicklung der Vollständigkeit der

Abstammungsinformation für die 15 Referenzjahrgänge

beim Eringerrind dargestellt.

Für 1993 geborene Tiere fanden sich noch 90 % und

mehr der Abstammungsinformation der ersten sechs

Ahnengenerationen. Danach hat die Vollständigkeit der

Abstammungsinformation kontinuierlich abgenommen

und ist im Jahre 2001 für alle untersuchten Ahnengene-

rationen unter 90 % gefallen. Gründe für diese Abnahme

sind die teilweise Öffnung des Herdebuchs für Tiere der

Rasse Evolèner, sowie die vergleichsweise schlechtere

Meldungsrate der Abstammung von Natursprungkäl-

bern seitens der Tierhalter (persönliche Kommunikation

E. Fellay). Ab 2002 hat die Vollständigkeit der Informa-

tion wieder zugenommen.

Die Entwicklung der Anzahl dokumentierter Gebur-

ten pro Jahr und die durchschnittliche Anzahl Nachkom-

men pro Stier ist Bestandteil von Abbildung 2. Haupt-

sächlich durch die Einführung der Tierverkehrsdatenbank

beziehungsweise der Meldepflicht weiblicher wie auch

männlicher Kälber haben sich die dokumentierten

Geburten ab 2002 bis heute fast verdoppelt. Der gleiche

Effekt ist auch für andere Rassen bekannt (z.B. Flury und

0

20

40

60

80

100

1958 1962 1966 1970 1974 1978 1982 1986 1990 1994 1998 2002 2006

Volls

tänd

igke

it Pe

digr

ee %

Jahr1. Gen 2. Gen 3. Gen 4. Gen 5. Gen 6. Gen

Abb. 1 | Vollständigkeit der Abstammungsinformation für jeweils sechs Generationen, bezogen auf die Referenzjahrgänge zwischen 1958 bis 2007.

2805 2671 2581 2638 2644 2489 2557 2764

3087

4501

5219 5518 5507

5697 5721

0

5

10

15

0

1000

2000

3000

4000

5000

6000

1993 1995 1997 1999 2001 2003 2005 2007

ø N

achk

omm

en p

ro S

tier

Geb

urte

n

JahrAnzahl Geburten Anzahl Nachkommen pro Stier

Abb. 2 | Entwicklung der Anzahl Geburten pro Jahr und der durch-schnittlichen Anzahl Nachkommen pro Stier.

E(r²)= +1(1+4Nec)

1n

Genetische Vielfalt in der Eringerpopulation | Nutztiere

137Agrarforschung Schweiz 2 (3): 134–139, 2011

Der durchschnittliche Inzuchtkoeffizient für alle Tiere

hat von 1993 bis 2007 von 1,76% auf 2,10% zugenom-

men. Wobei für die Spanne von zwischen 1999 bis 2004

im Mittel keine Veränderung verzeichnet werden kann.

Die durchschnittlichen Inzuchtkoeffizienten der Väter zei-

gen für diese Spanne sogar einen abnehmenden Trend an.

Die geschätzten effektiven Populationsgrössen und

die zugehörigen Inzuchtraten sind Bestandteil von

Abbildung 4. Die Inzuchtraten (ΔF) beschreiben die Ver-

änderung der durchschnittlichen Inzuchtkoeffizienten

pro Zeiteinheit (hier pro Jahr) und lassen sich somit aus

den Ergebnissen in Abbildung 3 ableiten.

Seit 1996 hat die Inzuchtrate stetig abgenommen bis

zu einem Tiefpunkt im Jahr 2001. Es wird angenommen,

dass diese Abnahme primär durch die abnehmende Voll-

ständigkeit der Abstammungsinformation bedingt ist und

die «wahren» Inzuchtraten hier somit unterschätzt wer-

den. Die Öffnung des Herdebuches für Tiere der Evolèner-

rasse und damit die Migration von teilweise Eringer-frem-

den Genen trägt ebenfalls zur Abnahme der beobachteten

Inzuchtrate bei. Von 2002 bis 2007 zeigt die Inzuchtrate

wieder einen zunehmenden Trend. Die Abnahme der

Inzuchtrate zwischen 1996 bis 2001 widerspiegelt sich auf-

grund der umgekehrten Proportionalität von Ne und ΔF

direkt in den Schätzwerten für die effektive Populations-

grösse dieser Zeitspanne. Dabei ist der extreme Schätz-

wert für das Jahr 2001 auffällig. Die aktuelle effektive

Populationsgrösse (d.h. Jahr 2007) liegt bei 147.

Markergestützte Schätzung der genetischen Vielfalt

Die historische Entwicklung der markergestützten

effektiven Populationsgrösse der Eringerpopulation

aus den vier verschiedenen Schätzmethoden ist

Bestandteil von Abbildung 5. Die kleinste Distanz zwi-

schen zwei Genloci die berücksichtigt wurde entspricht

25 kb was aufgrund der Beziehung 1/(2×c) 2000 Gene-

rationen entspricht. Für welche Rinderpopulation die

Schätzer weiter als 100 Jahre (d.h. 20 Generationen)

zurück gelten ist nicht klar. Es wird angenommen, dass

die Schätzer eher z.B. für die Rinderpopulationen der

Alpenregion gelten, als spezifisch für die Eringerrasse

(Flury et al. 2010a).

Bapst 2010). Es ist davon auszugehen, dass die dokumen-

tierte Information heute ungefähr der tatsächlichen

Anzahl geborener Kälber von Herdebuchtieren ent-

spricht. Im Jahr 2007 wurden 5721 Geburten erfasst.

Diese Kälber gehen auf 453 Stiere und 5392 Kühe zurück.

Die durchschnittliche Anzahl Nachkommen pro Stier

belief sich im selben Jahr auf 12,3 Tiere. Die vergleichs-

weise tiefe durchschnittliche Anzahl Nachkommen pro

Stier ist nicht weiter erstaunlich, da in der Eringerrasse

nach wie vor ein sehr hoher Anteil der Bedeckungen

(66 %) über den Natursprung erfolgt (Eringerzuchtver-

band 2009).

Beim Inzuchtkoeffizienten, der Inzuchtrate und der

effektiven Populationsgrösse handelt es sich um wichtige

Parameter zur Beschreibung der genetischen Vielfalt in

einer Population. In Abbildung 3 ist die Entwicklung der

durchschnittlichen Inzuchtkoeffizienten für alle Tiere der

15 Referenzjahrgänge, sowie auch für deren Väter und

Mütter dargestellt.

0,000

0,005

0,010

0,015

0,020

0,025

1993 1995 1997 1999 2001 2003 2005 2007

durc

hsch

nitt

l. In

zuch

tkoe

ffizi

ent

Jahr

alle Tiere Väter der Tiere Mütter der Tiere

Abb. 3 | Entwicklung der durchschnittlichen Inzuchtkoeffizienten für alle Tiere geboren zwischen 1993 und 2007, sowie deren Väter und Mütter.

122 102 125 116 152 185 250

714

1667

278

625

333 179

250 147

0,0000

0,0010

0,0020

0,0030

0,0040

0,0050

0,0060

0

200

400

600

800

1000

1200

1400

1600

1993 1995 1997 1999 2001 2003 2005 2007

delta

F

effe

ktiv

e Po

pula

tions

grös

se

Jahr

effektive Populationsgrösse delta_F

Abb. 4 | Effektive Populationsgrösse (vertikale Achse links) und zu-gehörige Inzuchtrate (vertikale Achse rechts) für die 15 Referenz-jahrgänge.

Effektive Populationsgrösse _.__ Generationen zurück

Methode 1,00 2,00 3,34 5,01

Ne_1_approx 53 88 114 134

Ne_1_Morgan 53 93 120 144

Ne_2_approx 92 134 157 171

Ne_2_Morgan 92 147 169 187

Tab. 1 | Markerbasierte Schätzungen für die aktuelle effektive Po-pulationsgrösse (1 bis 5 Generationen zurück; Flury et al. 2010b).

138

Nutztiere | Genetische Vielfalt in der Eringerpopulation

Agrarforschung Schweiz 2 (3): 134–139, 2011

Aus Abbildung 5 wird ersichtlich, dass die Schätzungen

der aktuellen effektiven Populationsgrösse (d.h.

100 Generationen und weniger) für alle vier Methoden

ungefähr gleich sind.

Die markerbasierten Schätzungen der aktuellen,

effektiven Populationsgrösse für die vier Schätzmetho-

den sind Bestandteil von Tabelle 1.

Aus Abbildung 5 sowie aus Tabelle 1 wird deutlich, dass

sowohl die historische als auch die aktuelle effektive

Populationsgrösse für die Eringerpopulation abgenom-

men hat. Dieser Trend ist auch aus Untersuchungen für

andere Rassen bekannt (Hayes et al. 2003; The Bovine

Hapmap Consortium 2009; Flury und Bapst 2010; Flury

et al. 2010b).

Die Schätzungen für die heutige effektive Populati-

onsgrösse schwanken zwischen 53 und 92, d.h. liegen

unter 100. Die pedigreebasierten Schätzungen für die

Abstammungsinformation der 128 typisierten Tiere lie-

gen im Bereich von 110 - 321 (Flury et al. 2010a). Diese

Unterschiede werden hauptsächlich durch die historisch

beschränkte Natur der Abstammungsinformation wie

auch die Abnahme der Vollständigkeit des Pedigrees von

1994 bis 2001 begründet. Das älteste Tier im berücksich-

tigten Pedigree wurde im Jahr 1926 geboren. Allfällige

gemeinsame Ahnen vor diesem Zeitpunkt sind in der

Analyse basierend auf Abstammungsinformation nicht

berücksichtigt. Es muss aber davon ausgegangen wer-

den, dass es auch vor 1926 verwandtschaftliche Bezie-

hungen in der Eringerrasse gab. Die genomische Infor-

mation trägt diesem Umstand Rechnung. Dem zweiten

Grund, der kürzlichen Abnahme der Pedigreevollstän-

digkeit (Meldedisziplin), wird jedoch noch der grössere

Einfluss auf die gefundenen Unterschiede zugeschrie-

ben. Es ist davon auszugehen, dass alle hier vorgestell-

ten pedigreebasierten Schätzungen die wahren Parame-

ter überschätzen. Eine Verzerrung der markerbasierten

Schätzung durch die Auswahl der Tiere für die Stich-

probe ist grundsätzlich möglich (z.B. zufällige Auswahl

von nah verwandten Tieren). Bei der Auswahl der 128

Tiere für die Typisierung wurde jedoch versucht dem

soweit wie möglich entgegenzuwirken, indem Halb-

und Vollgeschwister ausgeschlossen wurden.

S c h l u s s f o l g e r u n g e n

Die genetische Vielfalt in der Eringerrasse hat in den ver-

gangenen Jahren abgenommen. Im direkten Vergleich

ist die Abnahme etwas weniger ausgeprägt als für

andere geschlossene Rinderpopulationen.

Es wird angenommen, dass die hier präsentierten

Ergebnisse für die pedigreebasierten Schätzungen über-

schätzt sind, dies aufgrund der erst vor kurzem aufgetre-

tenen abnehmenden Pedigreevollständigkeit. Sowohl

für Selektionsentscheide als auch für das Monitoring der

genetischen Vielfalt ist das Vorhandensein möglichst

kompletter Abstammungsinformation eine wichtige

Grundlage.

Bei der Eringerrasse handelt es sich um eine relativ

kleine, geschlossene Population mit einem hohen

Anteil an Natursprung-Bedeckungen. Insgesamt ist das

Zuchtprogramm weniger selektiv als in anderen Nutz-

tierrassen. Somit sollte auch die genetische Vielfalt

unter geringerem Druck stehen als in anderen Popula-

tionen.

Um eine möglichst grosse genetische Vielfalt dieser ein-

zigartigen Rasse zu erhalten wird den Züchtern als ein-

fache Regel geraten die Verwandtschaftsverhältnisse

zwischen potenziellen Paarungspartnern bis mindes-

tens zur dritten Ahnengeneration zurück in der Paa-

rungsplanung mit zu berücksichtigen und Abstammun-

gen vollständig dem Herdebuch zu melden. Von einem

Einsatz von überdurchschnittlich stark mit der weibli-

chen Zuchtpopulation verwandten Stieren, sowie der

direkten Verpaarung von Eltern mit einem Verwandt-

schaftsgrad von mehr als 12% wird abgeraten. Ein ein-

faches Instrument für Anpaarungsentscheidungen

unter Berücksichtigung der genetischen Vielfalt wie

auch den Zuchtwerten wurde für die Schweizer Freiber-

gerrasse von Hasler et al. (in press) vorgeschlagen. Die

Anwendung dieses Instruments ist auch für lokale Rin-

derrassen – wie die Eringer – denkbar. n

Abb. 5 | Entwicklung der effektiven Populationsgrösse basierend auf genomischer Information für die vier verschiedenen Methoden. Ne_1_ steht für die Methode ohne Korrektur für die Stichproben-grösse n und Ne_2_ für die Methode mit der Korrektur für die Stich-probengrösse. Weiter stehen die Endungen _approx für die Annä-herung der genetischen Distanz über die physikalische Distanz und

_Morgan für die Berücksichtigung der geschätzten genetischen Dis-tanzen in Morgan (Flury et al. 2010a).

0

250

500

750

1000

1250

1500

1750

2000

2250

0 500 1000 1500 2000

effe

ktiv

e Po

pula

tions

grös

se (N

e)

Generationen zurück

Ne_1_approx Ne_2_approx Ne_1_Morgan Ne_2_Morgan

139

Genetische Vielfalt in der Eringerpopulation | Nutztiere

Ria

ssu

nto

Sum

mar

y

Agrarforschung Schweiz 2 (3): 134–139, 2011

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b Flury C. & Bapst B., 2010. Genetic diversity in the Swiss Original Brown cattle population. Proceedings of the European Brown Swiss Conference, October 14–16, Novo Mesto, Slovenia.

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b Gutiérrez J.P., Goyache F. (2005) A note on ENDOG: a computer program for analysing pedigree information. Journal of Animal Breeding and Gene-tics 122, 172–176.

b Hasler H., Flury C., Menet S., Haase B., Leeb T., Simianer H., Poncet P-A. & Rieder S., in press. Genetic diversity in an indigenous horse breed – impli-cations for mating strategies and the control of future inbreeding. Journal of Animal Breeding and Genetics.

b Hayes B.J., Visscher P.M., McPartlan H.C. & Goddard M.E., 2003. Novel multilocus measure of linkage disequilibrium to estimate past effective po-pulation size. Genome Research 13(4), 635–643.

b Hill W.G., 1981. Estimation of effective population size from data on linka-ge disequilibrium. Genetical Research 38, 209–216.

b Sargolzaei M., Iwaisaki H., Colleau J.J. (2006) CFC: A tool for monitoring genetic diversity. Proc. 8th World Congr. Genet. Appl. Livest. Prod., CD-ROM Communication no 27–28. Belo Horizonte, Brazil, Aug. 13–18, 2006.

b Sved J.A., 1971. Linkage disequilibrium and homozygosity of chromosome segments in finite populations. Theoretical Population Biology 2(2), 125–141.

b Tenesa A., Knott S.A., Ward D., Smith D., Williams J.L. & Visscher P.M., 2003. Estimation of linkage disequilibrium in a sample of the United King-dom dairy cattle population using unphased genotypes. Journal of Animal Science 81, 617–623.

b The Bovine HapMap Consortium, 2009. Genome-wide survey of SNP varia-tion uncovers the genetic structure of cattle breeds. Science 324 (5926), 528–532.

b Timm K., Rüfenacht S., von Tscharner C., Bornand V.F., Doherr M.G., Oevermann A., Flury C., Rieder S., Hirsbrunner G., Drögemüller C. & Roosje P.J., 2010. Alopecia areata in Eringer cows. Veterinary Dermatology 21, 545–553.

Genetic diversity of the Eringer breed

The Eringer cattle breed is a local breed of Swiss

origin. The objective of this study was to analyse

the development of genetic diversity from 1993

to 2007 using pedigree information. In addition,

128 Eringer cows were genotyped for the

Illumina 50k beadchip and, using this genome-

wide marker information, the genetic diversity

within the population was assessed. The current

effective population size is estimated to be

between 53 and 321. For all methods applied,

the marker-based estimates were below 100,

whereas the pedigree-based estimates were

above 100. One possible reason for this differ-

ence is the degree of pedigree completeness: for

animals born before 2001, the completeness over

six generations of ancestors was found to be

below 90 %, whereas for all other animals the

completeness was found at nearly 100%. In this

study, strategies to maintain the genetic diver-

sity of this unique cattle breed of Switzerland

are presented and discussed.

Key words: local cattle breed, inbreeding,

effective population size, SNPs.

Diversità genetica della razza Hérens

La razza di Hérens è una razza bovina di

origine svizzera. Lo scopo di questo studio era

quello di verificare l’evoluzione della sua

diversità genetica dal 1993 al 2007 basandosi

su informazioni genealogiche. Inoltre, 128 ani-

mali sono stati genotipizzati con l’ausilio della

tecnologia Illumina 50k Beadchip, e la diversità

genetica di questa popolazione è stata

determinata partendo dai marcatori genomici

ottenuti. I valori stimati per la misura effettiva

della popolazione varia tra i 53 ed i 321.

Le stime basate sui marcatori genomici sono

sempre inferiori a 100, mentre le stime basate

sul pedigree sono sempre superiori a 100.

Queste differenze potrebbero essere spiegate

da variazioni nella completezza dell’ informa-

zione sul pedigree che nell’anno 2001 risultava

inferiore al 90 % per le prime sei generazioni di

ascendenti. Questo studio propone misure per

preservare a lungo termine la diversità

genetica di questa razza Svizzera unica.

140

Martin Lobsiger ist Geschäftsführer von Profi-Lait. Seit

2003 arbeitet er für das Netzwerk von Forschung, Bera-

tung, Lehre, Verbänden und Interessengruppen zur Unter-

stützung der Schweizer Milchbauern. «Kampagnen wie

‹Kostenoptimierung der Milchproduktion› oder die ‹Dürr-

futtermeisterschaften› bringen die richtigen Leute zusam-

men und den Milchbauern schlussendlich das Knowhow,

ihre Produktion und Wirtschaftlichkeit zu verbessern. Es

ist der Zweck von Profi-Lait, den Milchbauern einen Nut-

zen zu bieten und den Wissenstransfer von der Forschung

in die Praxis zu unterstützen», erklärt Martin Lobsiger

seine Aufgabe an der Forschungsanstalt Agroscope Liebe-

feld-Posieux ALP.

Land, Stadt und Landwirtschaft

Aufgewachsen auf dem Land, auf einem Milchvieh betrieb

im Bernischen Uettligen, interessierte sich Lobsiger Zeit

seines Lebens für die Landwirtschaft und die Nahrungs-

mittelproduktion im Allgemeinen. Nachdem klar wurde,

dass sein Bruder den elterlichen Hof weiterführen würde,

entschied sich Lobsiger für das Gymnasium und das Stu-

dium der Umweltnaturwissenschaften an der ETH Zürich.

Das Agronomiestudium war ihm zu dieser Zeit zu konser-

vativ orientiert. «Systemdenken und der Nachhaltigkeits-

gedanke waren mir damals schon sehr wichtig. Das Stu-

dium der Umweltnaturwissenschaften bot damals in

dieser Hinsicht mehr.» Im Anschluss ans Studium blieb

Martin Lobsiger in Zürich und der Stadt, arbeitete an der

ETH an der Professur für Natur- und Landschaftsschutz,

leitete zwei Saisons lang Milchviehalpen im Wallis und im

Berner Oberland und bildete sich am Strickhof zum Bio-

landbauexperte weiter. Weitere Praxiserfahrung sam-

melte er während mehrerer Aufenthalte auf einer gros-

sen Farm im US-Bundesstaat Süddakota. Umwelttheorie

und landwirtschaftliche Praxis, zwei ihm wichtige The-

men, hatte er sich nun umfassend zu eigen gemacht.

Zeit für Freunde und Ideen

Heute wohnt Martin Lobsiger mit seiner Frau und den drei

kleinen Kindern in Thun. Die Freizeit widmet er momentan

ganz der Familie und der Weiterbildung. Die Stunden, die

er mit den Kindern draussen in der Natur verbringt, erset-

zen ihm weitgehend das Bedürfnis, Sport zu treiben. «Lei-

der kann ich wegen chronischer Verletzungen nur noch

wenig Sport betreiben. Viel Zeit verbringe ich daher, meine

mir wichtigen Freundschaften zu pflegen,» antwortet er

auf die Frage nach seinen Hobbys. Sein freundliches Auf-

treten und kommunikatives Wesen prädestinieren ihn für

die Arbeit mit Leuten und für den Wissenstransfer. Zusätz-

lich zu seiner Aufgabe als Geschäftsführer von Profi-Lait

arbeitet er zu 30 Prozent für ALP. Hier verfasst er Artikel für

die Beratung und Praxis und organisiert Tagungen und Ver-

anstaltungen.

Aktuell beschäftigt ihn die Planung von Nutri 11 (siehe

Kasten), wo er im Organisationskomitee ALP vertritt.

Manchmal ist es seine Rolle, Missverständnisse aus dem

Weg zu räumen und Wogen zu glätten. Werkzeuge für

diese Aufgabe holt er sich nicht zuletzt bei seiner aktuellen

Weiterbilung zum Excecutive Master of Business Administ-

ration EMBA in Bern. «Bei Nutri 11, der grossen Veranstaltung zur Ernäh-

rung von Pflanze, Tier und Mensch, kann ich mich voll

einbringen.» Ganzheitlichkeit und Nachhaltigkeit in der

Nahrungsmittelproduktion, Qualität der Produkte und

langfristiges Denken sind und bleiben für Martin Lobsi-

ger wichtige Anliegen.

Andrea Leuenberger-Minger, Redaktion Agrarforschung Schweiz,

1725 Posieux

Martin Lobsiger leitet die Plattform Profi-Lait

Agrarforschung Schweiz 2 (3): 140, 2011

Nutri 11 – Ernährung verbindetVier Partner – das landwirtschaftliche Institut in Grangeneuve IAG,

die Vetsuisse Fakultät der Universität Bern, die Schweizerische

Hochschule für Landwirtschaft SHL und die Forschungsanstalt

Agroscope Liebefeld-Posieux ALP – organisieren vom 17. – 19. Juni

2011 die Nutri 11, eine grosse Veranstaltung auf dem Gelände des

IAG und der ALP in Posieux. Unter dem Thema «Ernährung verbindet

und geht uns alle etwas an» werden gemeinsame Forschungs-

projekte einem breiten Publikum auf attraktive Weise vorgestellt.

P o r t r ä t

Aktuell

141

Nicht nur in der Schweiz wird über die Reform der

Direktzahlungen diskutiert, auch Europa will die

Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) weiterentwickeln. Das

Deutsche Bundesamt für Naturschutz führte in diesem

Zusammenhang in Berlin einen Workshop zum Thema

«Erhalt der Biodiversität in der Agrarlandschaft − Erfah-

rungen und Weiterentwicklung» durch, in dem es

schwerpunktmässig um die Biodiversität ging. Der Ver-

treter der EU-Kommission (GD Agriculture) legte dar,

dass die Umweltziele der EU und der Mitgliedstaaten,

insbesondere im Bereich der Biodiversität, nicht erreicht

wurden und dass deshalb die Reform so ausgerichtet

werden sollte, dass unter anderem die Agrobiodiversität

besser erhalten werden kann. Urs Niggli (FiBL) stellte

Agrarforschung Schweiz 2 (3): 141–143, 2011

N e u e P u b l i k a t i o n e n

ALP aktuell

Schotteverwertung durch das Schwein Merkblatt für die Praxis

Nr. 38 | 2010

Autor

Peter StollForschungsanstaltAgroscope Liebefeld-Posieux ALPTioleyre 4, Postfach 64CH-1725 [email protected]

Die Verfütterung von Schotte (oder Molke) an Schweine hat eine lange Tradition und ist sehr verbreitet. Nicht nur weil es ein kostengünstiges Produkt ist und es von den Tieren gut gefressen wird, sondern auch weil Schotte fettarm ist und dadurch die Fettqualität der Schlachtkörper günstig beeinfl usst.

Milchnebenprodukte sind wertvolle Fut-termittel, die jedoch auch ihre Tücken haben. Sowohl der hohe Laktose- und Natriumgehalt als auch die grosse Variabi-lität der Nährstoffgehalte zwischen den verschiedenen Milchnebenprodukten oder die Anfälligkeit für mikrobiellen Verderb

erfordern einen gezielten Einsatz beim Schwein. Um diesbezüglich Hilfestellung zu geben, behandelt dieses Merkblatt fol-gende Punkte:

• Vermarktete Schottemenge• Verschiedenartigkeit von Milchneben- produkten• Schotte und Mikrobiologie• Grundsätze der Schottestabilisierung• Fütterungsgrundsätze beim Schotte- einsatz• Kosten der Schotte

EidgenössischesVolkswirtschaftsdepartement EVDForschungsanstaltAgroscope Liebefeld-Posieux ALP

ALP gehört zur Einheit ALP-Haras

Schweizerische EidgenossenschaftConfédération suisseConfederazione SvizzeraConfederaziun svizra

ALP

Impressum

Herausgeber: ForschungsanstaltAgroscope Liebefeld-Posieux ALPwww.agroscope.ch

Redaktion:Gerhard Mangold, ALP

Gestaltung:RMG Design, Fribourg

Druck:Tanner Druck AG,Langnau im Emmental

Copyright:Nachdruck, auch auszugsweise, bei Quellenangabe und Zustellung eines Belegexemplars an die Herausgeberin gestattet.

ISSN 1660-7570

alp actuel 38_all.indd 1 17.12.10 09:17

Schotteverwertung durch das Schwein

ALP aktuell

Die Verfütterung von Schotte (oder Molke) an Schweine

hat eine lange Tradition und ist sehr verbreitet. Nicht nur

weil es ein kostengünstiges Produkt ist und es von den

Tieren gut gefressen wird, sondern auch weil Schotte fett-

arm ist und dadurch die Fettqualität der Schlachtkörper

günstig beeinflusst. Milchnebenprodukte sind wertvolle

Futtermittel, die jedoch auch ihre Tücken haben. Sowohl

der hohe Laktose- und Natriumgehalt als auch die grosse

Variabilität der Nährstoffgehalte zwischen den verschie-

denen Milchnebenprodukten oder die Anfälligkeit für

mikrobiellen Verderb erfordern einen gezielten Einsatz

beim Schwein. Um diesbezüglich Hilfestellung zu geben,

behandelt dieses Merkblatt folgende Punkte:

•• Vermarktete Schottemenge

•• Verschiedenartigkeit von Milchneben- produkten

•• Schotte und Mikrobiologie

•• Grundsätze der Schottestabilisierung

•• Fütterungsgrundsätze beim Schotte- einsatz

•• Kosten der Schotte

Peter Stoll, ALP

den Ökologischen Leistungsnachweis ÖLN in der Schweiz

vor. In der Diskussion wurde wiederholt auf das «Schwei-

zer Modell» verwiesen und eine Mehrheit plädierte für

die Einführung von zirka 10 Prozent «Ressourcenschutz-

flächen» (im Sinn von ökologischen Ausgleichsflächen)

auf jedem Landwirtschaftsbetrieb. Der EU-Vertreter will

prüfen, welche Elemente des ÖLN in die Reform der GAP

einfliessen könnten.

Felix Herzog, Agrarlandschaft und Biodiversität,

Forschungsanstalt Agroscope Reckenholz-Tänikon ART, Zürich

Erhalt der Biodiversität in der Agrarlandschaft − Erfahrungen und Weiterentwicklung

Aktuell

A k t u e l l

142

M e d i e n m i t t e i l u n g e n

22.09.2010 / ART Im Netz der Pilze Zürich ist zur Pilzhauptstadt der Schweiz avanciert. Heute

wurde am Stadtrand die erste nationale Sammlung

unterirdischer Knäuelpilze eröffnet. Pilzfäden halten das

Leben auf der Erde zusammen. Denn sie liefern Bäumen,

Gräsern und Nutzpflanzen überlebenswichtige Nähr-

stoffe. Wegen ihrer enormen Bedeutung für das Ökosys-

tem eröffnete heute die landwirtschaftliche Forschungs-

anstalt Agroscope Reckenholz-Tänikon ART die erste

nationale Sammlung der so genannten Knäuelpilze, eine

Gruppe der Mykorrhizapilze.

19.09.2010 / SNG Equus helveticus – Ein weiterer Grosserfolg für das Schweizer Pferd Die zweite Ausführung des neuen Pferdefestivals Equus

helveticus zog während vier Tagen (16. – 19. September

2010) 20 000 Personen an und war ein Grosserfolg. Familien,

Reiter und Züchter aus der ganzen Schweiz und dem Aus-

land bewunderten über 1000 Pferde in sämtlichen existie-

renden Pferdesport- und Pferdezuchtdisziplinen. Das Pfer-

defestival Equus helveticus bescherte Avenches ein

einmaliges Wochenende.

16.09.2010 / ART Ammoniak aus Ställen auf der Spur Laufställe sind bedeutende Quellen von Ammoniak. Jetzt

zeigen Messungen, dass Ammoniakemissionen im Sommer

besonders hoch sind. Kühe produzieren eine Menge Kot

und Harn, die oft mehrere Stunden auf den Laufflächen

liegen. Dabei entweicht Ammoniak. Das Problem: Der

Landwirtschaft geht viel wertvoller Stickstoffdünger verlo-

ren, weil er sich buchstäblich in die Luft verflüchtigt.

Ammoniak in der Atmosphäre kommt schliesslich mit dem

Regen auf die Erdoberfläche und belastet dort als

Stickstoff¬dünger empfindliche Ökosysteme.

13.09.2010 / ACWAgroscope ACW bewertet 120 Aprikosensorten, die zwischen Juni und September geerntet wurden Das Aprikosenfest vom 6 bis 8. August 2010 in Saxon hat

viele tausend Menschen angelockt. In diesem Rahmen hat

das kantonale Amt für Obstbau im Wallis in Zusammenar-

beit mit der Forschungsanstalt Agroscope Changins-

Wädenswil ACW einen gemeinsamen Informationstag

organisiert. Anlässlich dieser Veranstaltungen konnten

neben vielen angesprochenen aktuellen Themen auch

zahlreiche Aprikosensorten vorgestellt werden. Agroscope

ACW bewertet an ihrem Standort in Conthey derzeit

120 Aprikosensorten, die in der Zeit von Mitte Juni bis Ende

September geerntet werden können.

09.09.2010 / ART Identitäts-Chip am Ohr

Das Leben eines Schweins könnte in Zukunft von der

Geburt bis zur Schlachtung mittels elektronischen Ohrmar-

ken rückverfolgt werden. Die Technologie dazu muss noch

entwickelt werden.

31.08.2010 / ART Landwirtschaftliche Einkommen sinken 2009 Die wirtschaftliche Situation der landwirtschaftlichen

Betriebe ist 2009 weniger gut als 2008. Sowohl das land-

wirtschaftliche Einkommen je Betrieb als auch der Arbeits-

verdienst je Familienarbeitskraft gehen zurück. Dies zeigen

die definitiven Ergebnisse der Zentralen Auswertung von

Buchhaltungsdaten der Forschungsanstalt Agroscope

Reckenholz-Tänikon ART. 2009 beträgt das landwirtschaft-

liche Einkommen je Betrieb 60 300 Franken gegenüber

64 100 Franken im Vorjahr (-6,0 %). Der durchschnittliche

Arbeitsverdienst je Familienarbeitskraft sinkt im Vergleich

zu 2008 um 1,3 % (von 41 700 Franken auf 41 200 Franken).

www.agroscope.admin.ch/medienmitteilungen

Aktuell

M e d i e n m i t t e i l u n g e n

Agrarforschung Schweiz 2 (3): 141–143, 2011

08.02.2011 / ALP Risikobasierte Futtermittelkontrolle führt zu mehr Beanstandungen Die Forschungsanstalt Agroscope Liebefeld-Posieux ALP

hat den Auftrag, alle in den Handel gebrachten Futter-

mittel für Nutz- und Heimtiere zu kontrollieren. Damit

stellt sie die erste Kontrollinstanz entlang der Lebensmit-

telkette dar. Im vergangenen Jahr wurden 1430 Proben

erhoben und analysiert. Bei den Futtermitteln für Nutz-

tiere hat sich der Anteil der beanstandeten Proben

gegenüber dem Vorjahr erhöht. Im Gegensatz dazu hat

sich die Situation beim Petfood deutlich verbessert.

www.agroscope.admin.ch/medienmitteilungen

Aktuelle Forschungsergebnisse

für Beratung und Praxis:

Agrarforschung Schweiz publiziert 10-mal

im Jahr Forschungsergebnisse über

Pflanzenbau, Nutztiere, Agrarwirtschaft,

Landtechnik, Lebensmittel, Umwelt und

Gesellschaft.

Agrarforschung ist auch online verfügbar

unter: www.agrarforschungschweiz.ch

Bestellen Sie jetzt Ihre Gratisausgabe!

AGrArForSchUNG Schweiz

rechercheAGroNomiqUeSUiSSe

Talon einsenden an:Redaktion Agrarforschung Schweiz, Forschungsanstalt Agroscope Liebefeld-Posieux ALP, Postfach 64, 1725 PosieuxTel. +41 26 407 72 21, Fax +41 26 407 73 00E-Mail: [email protected] | www.agrarforschungschweiz.ch

NEU

Name/Firma

Vorname

Strasse/Nr

PLZ/Ort

Beruf

E-Mail

Datum

Unterschrift

Agrarforschung Schweiz / Recherche Agronomique Suisse ist die zeitschrift

der landwirtschaft lichen Forschung von

Agroscope und ihren Partnern. Partner der

zeitschrift sind das Bundesamt für Landwirt-

schaft, die Schweizerische hochschule für

Landwirtschaft ShL, die Beratungszentralen

AGriDeA, die eidgenössische Technische

hochschule eTh zürich, Departement Agrar-

und Lebensmittelwissenschaften und Agro-

scope, die gleichzeitig herausgeberin der

zeitschrift ist.

Die zeitschrift erscheint auf Deutsch und

Französisch. Sie richtet sich an Fachpersonen

aus Forschung, industrie, Lehre, Beratung

und Politik, an kantonale und eidgenössische

Ämter und an weitere Fachinteressierte.

Aktuell

143

Informationen: www.agroscope.admin.ch/veranstaltungen

Agrarforschung Schweiz 2 (3): 141–143, 2011

V e r a n s t a l t u n g e n

März 2011

23. – 24.03.20113. Tänikoner MelktechniktagungAgroscope Reckenholz-Tänikon ARTTänikon

April 2011

02.04.2011Tag der Pferdezucht 2011Schweizerisches Nationalgestüt SNGAvenches

05.04.20116. BioforschungstagungAgroscope und FiBLWädenswil

07.04.2011AGFF-FrühlingstagungART, Inforama, Profi-LaitZollikofen

Mai 2011

05.05.2011Fachtagung: Zukunftsträchtige Futtermittel und Zusatzstoffe Gemeinsame Veranstaltung der ETH Zürich, der Vetsuissefakultäten Universität Zürich und Bern und Agroscope Liebefeld-Posieux ALPETH Zentrum

11.05.20112nd Swiss FoodTech DaySwiss Food ResearchSisseln

Juni 2011

15. – 16.06.2011Agrartechniktage Tänikon Agroscope Reckenholz-Tänikon ARTTänikon

17. – 19.06.2011Nutri11Gemeinsame Veranstaltung des Landwirtschaftlichen Instituts Grangeneuve (LIG), der Agroscope Liebe-feld-Posieux ALP, Vetsuisse Bern und der Schweiz. Hochschule für Landwirtschaft (SHL)Posieux

I n t e r n e t l i n k s

Die Revue suisse de viticulture, arboricul-ture, horticulture

www.revuevitiarbohorti.ch

Die Revue suisse de Viticulture, Arboriculture, Horticul-

ture richtet sich in erster Linie an ein Fachpublikum, das

sich mit der Produktion und Verarbeitung von Spezial-

kulturen befasst. Sie richtet sich aber auch an eine breite

Leserschaft, die sich mit Fragen der Qualität und der

Sicherheit von Lebensmitteln auseinandersetzt. Die

Revue suisse de Viticulture, Arboriculture, Horticulture ist

die einzige französischsprachige Zeitschrift in der Schweiz,

die sich der Spezialkulturenforschung widmet.

In einer attraktiven Aufmachung veröffentlicht sie die

Ergebnisse von Agroscope (www.agroscope.ch), dem

Kompetenzzentrum der Schweizer Agrarforschung, sowie

von anderen Partnerinstitutionen. Sie vermittelt Aktuelles

aus dem Bildungsbereich (www.eichangins.ch) und der

landwirtschaftlichen Beratung (www.agridea.ch).

April 2011 / Heft 4

•• Erosionsrisikokarte im 2 × 2-Meter-Raster (ERK2),

S. Gisler et al. Universität Bern und ART

•• Identifizierung von Flächen, die überproportional

zur Gewässerbelastung beitragen, Martin Frey et al.

Eawag und ART

•• Veränderung der Haltungssysteme und Messkonzept für

Ammoniakemissionen bei freier Lüftung, S. Schrade et al.

ART und EMPA

•• Entwicklung der landwirtschaftlichen Stickstoff-

Emissionen bis im Jahr 2020, S. Peter ETH Zürich

•• Die Referenzverdunstung und ihre Anwendung in der

Agrarmeteorologie, P. Calanca et al. ART

•• Weiterbildung Betreuungsleistungen: Kompetenzen

stärken für soziale Leistungen in der Landwirtschaft,

E. Bolliger AGRIDEA

Bodenerosion führt zum Verlust von wertvollem Oberboden und kann Ge-wässer mit Sediment oder Nähr- und Schadstoffen verunreinigen. Neu ent-wickelte Erosionsrisiko karten der landwirtschaft lichen Nutzfläche der Schweiz zeigen das potenzielle Erosi-onsrisiko je nach Standortfaktoren wie Relief, Boden und Niederschlag.

V o r s c h a u

Informationen: www.agroscope.admin.ch/veranstaltungen

*Anmeldungen und Infos: / * Inscriptions et renseignements :Tel. 026 676 63 00 Fax: 026 676 63 04

[email protected]

Sechste Jahrestagung NetzwerkPferdeforschung Schweiz

15. April 20119 - 17 Uhr, Théâtre du Château, Avenches

- Öffentliche Tagung mit Vorträgen und Ausstellung- Wissenschaftlicher Austausch und Wissenstransfer zu den

Haltern, Reitern, Fahrern und Züchtern- Themen: Prävention und Krankheiten; Zucht und Genetik;

Wohlbefinden und Haltung; Definition der Bedürfnisse- Tagungsgebühren (inkl. Verpflegung):

Teilnehmer CHF 120.- (90 €)Equigarde®-Teilnehmer CHF 100.- (75 €)Studenten und Doktoranden CHF 40.- (30 €)

- Anmeldung* obligatorisch

6ème réunion annuelle du Réseaude recherche équine en Suisse

15 avril 20119 h - 17 h, Théâtre du Château, Avenches

- Journée ouverte à tout public avec exposés et posters- Echange et transmission d’un savoir scientifique aux dé-

tenteurs, cavaliers, meneurs et éleveurs- Thèmes : Prévention et maladies ; Elevage et génétique ;

Bien-être et détention; Définition des besoins- Prix (y. c. les repas) :

Participants CHF 120.- (90 €)Participants au cycle Equigarde® CHF 100.- (75 €)Etudiants et doctorants CHF 40.- (30 €)

- Inscription* obligatoire

harasnational.ch

Renseignements : / Infos:Tel. 026 676 61 11

[email protected]

Sechster Tag der Pferdezucht2. April 201110 - 17 Uhr, Schweiz. Nationalgestüt, Avenches

- Die Pferdezucht entdecken :25 verschiedene Pferde-Pony-Eselrassen

- Pferdepräsentationen- Das Gestüt im Dienst der Pferdezucht:

Beratung, Ausbildung und Forschung- Vorträge und Podiumsdiskussionen zu brennenden

Themen wie Pferderegistrierung, Raumplanung,Tierschutz, usw.

Eintritt frei, Festwirtschaft

6ème Journée d’élevage2 avril 201110 h - 17 h, Haras national suisse, Avenches

- Découvrez l'élevage :25 races de chevaux, poneys et ânes

- Présentations de chevaux- Le haras au service de l'élevage :

conseils, formation et recherche- Conférences et table-ronde sur les thématiques les plus

actuelles : enregistrement des chevaux, aménagement duterritoire, protection des animaux, etc.

Entrée libre, Cantine