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Heiner Flassbeck: TTIP, Freihandel und wirtschaftliche Entwicklung. Internationale Politikanalyse, 2014, Friedrich-Ebert-Stiftung: http://library.fes.de/pdf-files/id/ipa/11125.pdf
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INTERNATIONALE POLITIKANALYSE
TTIP, Freihandel und wirtschaftliche Entwicklung
HEINER FLASSBECKDezember2014
Modellsimulationen,diezeigensollen,dasseintransatlantischesFreihandelsabkom-men positiveWachstums- und Arbeitsplatzeffekte haben soll, sindmit Hilfe vonModellenerrechnet,dieaufgrundihrerneoklassischenGrundstrukturgenaudafrnichtgeeignetsind.
DiebestehendenglobalenundeuropischenUngleichgewichteimtransatlantischenHandel,diesichvoralleminhohenundanhaltendenLeistungsbilanzberschssenDeutschlandsniederschlagen,macheneinenzustzlichenGewinnvonArbeitsplt-zeninDeutschlanddurcheinFreihandelsabkommenunmglich.
GenerellistdieVorstellung,einbilateralesAbkommen,aucheinsolcheszwischengroenHandelspartnern,werdeWohlstandsgewinnebringen, falsch.Wennber-haupt,dannknnennurwirklichmultilateraleLsungendieBedingungenfrdenHandelverbessern.AberauchdannmussdasWhrungssystemdasHandelssystemergnzen,wasderzeitnichtderFallist.
1HEINER FLASSBECK | TTIP, FREIHANdEL uNd wIRTSCHAFTLICHE ENTwICKLuNg
Inhalt
1. Einfhrung: warum ein Freihandels abkommen TTIP? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2
2. Eine wissenschaftliche Begrndung fr Freihandel am Beispiel TTIP . . . . . . . . . . . 2
3. Freihandel in der westlichen welt eine Bestandsaufnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . 4
4. die deutsche Abwertungsstrategie und die transatlantischen Folgen. . . . . . . . . . 7
5. warum schliet man ein bilaterales Abkommen in einer globalisierten wirtschaft?. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11
6. Es gibt keine bilateralen Lsungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12
7. Multilaterale Kooperation ist ein Muss in einer globalisierten wirtschaft aber auf allen Ebenen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13
Literaturverzeichnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15
2HEINER FLASSBECK | TTIP, FREIHANdEL uNd wIRTSCHAFTLICHE ENTwICKLuNg
1.Einfhrung:WarumeinFreihandelsabkommenTTIP?
Geradezuenthusiastischwurde inEuropadasAngebot
vonPrsidentObamaaufgenommen,konkretbereine
FreihandelszonezwischendenUSAundEuropazureden.
EswarvonvielenArbeitspltzendieRede,diedabeige-
schaffenwerdenknntenundvondenWachstumsmg-
lichkeiten,diesichdadurchbten.
Das ist nicht neu. Solche Euphorie hinsichtlich der
positiven Wirkungen von Deregulierungen und der
Befreiung derWirtschaft ist in vielen Fllen zu be-
obachtengewesenundwardochseltenberechtigt.Ob
man sich auf eine neue Liberalisierungsrunde bei der
Welthandelsorganisation in Genf einigt, ob in Brssel
der Europische Binnenmarkt geschaffenwird oder in
Maastricht die EuropischeWhrungsunion, immer ist
dasErgebnisindenKommentarenausscheinbarberufe-
nemMundeundindenMedien,nunseimehrWachstum
undmehrBeschftigung sicher,weil derHandel jadie
entscheidendeQuelledesWohlstandsdarstelle.
Besonders in Berlin warman ber das amerikanische
Angebothocherfreut,wrdensichdochdieAnstrengun-
gen zur Verbesserung der europischenWettbewerbs-
fhigkeitnochstrkerauszahlen,dieinzwischenalsdie
wichtigsteTherapieinSachenEurokriseangesehenwer-
den.DeutschlandalsnatrlicheExportnation,sosicher
die Erwartung bei vielen Politikern, wrde von einem
solchenAbkommeninbesonderemMaeprofitieren.
WerallerdingsdenzweitenSatzgrndlichliest,dender
amerikanische Prsident bei der Verkndigung seines
Angebots sagte, solltehellhrigwerden.Der Prsident
ergnztenmlichdiebloeAnkndigungderVerhand-
lungenmitdenWorten:WeilHandel,derfairundfrei
ist,MillionengutbezahlteramerikanischerArbeitspltze
untersttzt (zitiert nach International Herald Tribune
vom14.2.2013).
Im Lichte dessen kommtman nichtmehr so leicht zu
einempositivenErgebnisfrEuropa.Denneuropische
Versuche(nachdemVorbildDeutschlandszuBeginnder
EuropischenWhrungsunion)dieeigeneWettbewerbs-
fhigkeitberLohnsenkungenzuverbessern,fhrenin
denUSAgenauzumGegenteildessen,wasderPrsident
will.WennergutbezahlteamerikanischeJobserhalten
undschaffenwill,kannerdasnichtineinerFreihandels-
zonemiteinemEuropa,dasnichtsanderesimSinnhat
als amerikanische Jobs durch eigene Billigjobsweg zu
konkurrieren.
Wichtig ist auch dasWort fair. Die USA haben in-
zwischenber Jahrzehnte Jahr fr Jahr riesigeDefizite
inderHandelsbilanz,undsiesetzeninalleninternatio-
nalenVerhandlungendieLnderaufdieAnklagebank,
die permanent berschsse aufweisen. Daswar lange
ZeitChina,nunistesvermehrtDeutschland.Derletzte
CurrencyReportdesamerikanischenFinanzministersan
denKongresssprichthierBnde.
NunkannausgeglichenerHandel,alsoHandel,beidem
jederinderSummeimmersovielimportiertwieerex-
portiert,durchausgutsein.Daswarjadieursprngliche
IdeedesFreihandels.AuchbeiausgeglichenemHandel
kannsichdieProduktivittallerBeteiligtenerhhen,weil
dieVerteilungvonProduktionundEinkommeneinwenig
effizienter wird als vorher. Allerdings gibt es schon so
vielFreiheitdesHandelszwischendenUSAundEuropa,
dassman die Erfolge hier an der dritten Stelle hinter
demKommabeimProduktivittswachstumwirdablesen
mssen.
DochausgeglichenerHandelistwederdasZielinBerlin
nochinBrssel.Esgehtumhhereberschsse,denn
nurdiebringenneueJobsundsichtbarmehrWachstum.
Die USAwerden genau andersherum argumentieren.
Siewerdensagen,nachdemwirseit Jahrzehntenhohe
DefiziteimHandelmiteuchundanderenhattenunddie
EntwicklungslnderLeistungsbilanzdefizitescheuenwie
derTeufeldasWeihwasser,seidihrEuroperjetztander
Reihe,Defizitezuerdulden.KommteszudieserKonstel-
lation,isteinAbkommenpraktischunmglich,inseinen
Auswirkungen irrelevantoderesbleibteinFeigenblatt,
daslediglichpolitischesNichtstunberdeckensoll.
2.EinewissenschaftlicheBegrndungfrFreihandelamBeispielTTIP
DiepolitischeEuphorie,dieTTIPausgelsthat,istauch
aus theoretischen Grndenmehr als fragwrdig. Der
Handelistnmlichnurineinem(neoklassischen)Weltbild
dieentscheidendeQuelledesWohlstandes.Unddasliegt
ganz einfach daran, dass diese Theorie keine anderen
QuellendesWohlstandeskennt.Esgibtinderneoklas-
sischenTheoriekeineVorstellungdavon,wiewirtschaft-
3HEINER FLASSBECK | TTIP, FREIHANdEL uNd wIRTSCHAFTLICHE ENTwICKLuNg
licheEntwicklungentstehtundsichimSystemdurchsetzt.
FolglichwirdmehrHandelvonvornehereinalseffizient
angesehenundmanunterstellthufigeinewohlstands-
schaffendeWirkungdiesesHandels selbstdann,wenn
dieVoraussetzungen,diedieneoklassischeTheoriedafr
braucht,inWirklichkeitnichtgegebensind.
DieseFragenwerdenaberinderffentlichkeitgarnicht
diskutiert. Stattdessenwerden die politisch gewollten
ErgebnisseblicherweisemitStudienbelegt.Indiesem
FalleunteranderemmiteinerStudiedes ifo-Instituts
finanziertvonderBertelsmannStiftung.
DieFolgenvonDeregulierungundmehrFreihandelwie
bei TTIPwerden immer auf die gleicheArt undWeise
berechnet. Man baut in ein Gleichgewichtsmodell
Kostenersparnisse ein, die sich bei einer Verringerung
derHandelsschranken ergeben knnten.Wenn also in
EuropadieMilchnachAbschlusseinessolchenAbkom-
mensbilligerwird,weildieFarmenindenUSAbessere
Turbokhehabenals ihreeuropischenKollegen,dann
istdiebilligereMilcheinHandelsgewinn,derausdem
AbbauvonHandelskosten resultiert,weildieberden
AtlantikgeflogeneMilchjawenigerkostet.Oderwenn
die europischenAutobauer die amerikanischenAuto-
bauermitbilligerenProduktenbedrngen,dannistdas
frdieAmerikanereinHandelsgewinn,weildie inden
USAzukaufendenAutosbilligergewordensind.
DieFolgeneinessolchenAbkommenssindauchfrdie
Arbeitsmrktepositiv,weilindemverwendetenModell
auchderArbeitsmarktjederzeitimGleichgewichtist.Es
gibt automatischmehr Jobs, wenn die Kosten sinken.
DasModell betrachtet aber nicht die Effekte, die Ver-
nderungeninderWirtschaftaufdenArbeitsmarktha-
ben,sondernlediglichdieEffekte,diesichlangfristig
aufgrund der Modellsimulation ergeben. Das ist der
entscheidendePunkt:Langfristighatnmlichnichtsmit
einerwirklichlangenFristzutun,sondernnurmitdem
VergleichzwischendemGleichgewichtspunktimModell,
mitdemmanangefangenhatunddemnchsten,der
sichnachderReduktionderHandelskostenergibt.
WiedabeiArbeitspltzegeschaffenwerden, istunklar,
dennselbstwennderAbbauvonHandelsschrankenei-
nenpositivenProduktivittseffektaufbeidenSeitenhtte
(wasvlligoffenist),bedeutetderProduktivittssprung
ja gerade nichtmehr Arbeitspltze, sondern bei ent-
sprechend steigendemEinkommenvielleicht imbesten
Fall eineunvernderteZahl vonArbeitspltzen.Ander
Stelle kommt dann vermutlich eineweitere Annahme
derNeoklassikinsSpiel.ManunterstelltinsolchenFllen,
dasssteigendeEinkommennichtvollindenReallhnen
weitergegebenwerdenundaufdieseWeisedurchSub-
stitution von Kapital durch Arbeit ein Teil des Produk-
tivittseffektes wieder zurckgenommen wird. Dann
knnendieReallhneimmernochsteigen(woraufman
verweist, ohne denMechanismus zu benennen), aber
nichtsovielwieeseigentlichmglichwre,unddieZahl
derArbeitspltzenhmeperSaldoauchzu.
SchautmanimLichtedessendieErgebnissean,dievon
denInitiatorenderStudieerwartetwerden,erkenntman
ohneWeiteres,dassessichhierumeineMogelpackung
handelt.InderPressemitteilungderBertelsmannStiftung
heites:AllerdingsistTTIPkeinNullsummenspiel,son-
dernerzeugtrealeWohlfahrtsgewinnedurchdenAbbau
vonHandelskosten, sodass imPrinzip alle Lnder von
dieserReduktionprofitierenknnen.Weltweitwrdedas
durchschnittlichePro-Kopf-Einkommenum3,3Prozent
steigen.AlsovoneinemGleichgewichtspunktzuman-
deren solledasdurchschnittlicheEinkommen (offenbar
nominal)um3,3ProzentsteigenunddieGesamtzahlder
ArbeitspltzeumzweiMillionenzunehmen.Selbstwenn
mandiesesErgebnisakzeptiert,mussmanesberviele
Jahre strecken,was bedeutet, dassmanbei naheNull
herauskommt.Bei600bis700MillionenArbeitnehmern
indenUSAundEuropasindzweiMillionenbermehrere
Jahre ein vernachlssigbarer Zuwachs. Jedes Jahr einer
normalenwirtschaftlichenEntwicklungmitimZugedes
Produktivittsfortschritts steigenden Reallhnen in die-
semriesigenWirtschaftsraummsstemitderSchaffung
vonmindestens dreiMillionenArbeitspltzen (0,5 Pro-
zentZuwachs)enden.
Entscheidend fr die politische Einordnung solcher Er-
gebnisse aber ist, dass es in derWelt solcher Gleich-
gewichtsmodelle selbstverstndlich auch keine
Handelsungleichgewichtegibt,wiesieetwadasVerhlt-
nisDeutschlandszudenUSAseitvielenJahrenprgen.
ObamEndederVerhandlungeneineLsunggefunden
werden kann, bei der diese Ungleichgewichte besei-
tigt werden, ist vollkommen offen. Ebenso unklar ist,
aufwelcheWeiseLndermithohenberschssenihre
Positionrevidierenundobdasarbeitsplatzneutralerfol-
gen kann. Der Groteil des Beschftigungsaufbaus in
Deutschland in den vergangenen Jahren ist ja gerade
nicht einem Produktivittseffekt im internationalen
4HEINER FLASSBECK | TTIP, FREIHANdEL uNd wIRTSCHAFTLICHE ENTwICKLuNg
Handel zuzuschreiben, sondern den absoluten Vortei-
len,dieDeutschlanderzielenkonnte,weildieanderen
europischenPartnerimGefolgedeutscherLohnmode-
ration anWettbewerbsfhigkeit verloren und der Euro
imVerhltnis zumUS-Dollar nicht die deutsche Strke
reflektierte,sonderndeneuropischenDurchschnitt.Ver-
suchteEuropainsgesamt,dendeutschenWegzugehen,
unddas istdaserklrteZielderReformen inderEuro-
pischenWhrungsunion,msstederEurofrheroder
spteraufgewertetwerdenundkeinesderErgebnisse,
diemanheutevoneinemFreihandelsabkommenerwar-
tet,knnterealisiertwerden.
Angesichts all dieser notwendigen Relativierungen fr
den Erfolg eines Freihandelsabkommens, ist es nicht
auszuschlieen, dasswirtschaftliche berlegungen bei
der InitiativederUSAnuramRandeeineRollespielen.
Esscheint,alshabesichbeideramerikanischenAdmi-
nistration dieberzeugung durchgesetzt, dass nur die
USAundEuropagemeinsamdemaufstrebendenChina
auf langeSichtParolibietenundRusslandweitgehend
isolieren knnen. Das bte den USA dieMglichkeit,
ihre hegemoniale Funktion weiter auszuben, wenn
sie unterstellen, dass es bei einer engen Partnerschaft
USA-Europa nur die USA sind, die wirklich jederzeit
politisch undmilitrisch handlungsfhig sind. Europa,
sowomglichdasKalkl,wredanngezwungen,dem
amerikanischenPartnerinderRegelzufolgen.Ineinem
solchenFallwrendieUSAbereit,wirtschaftlicheKrten
zuschlucken,umihrepolitischeDominanzzuerhalten.
3.FreihandelinderwestlichenWelteineBestandsaufnahme
Betrachtet man den Handel Deutschlands mit seinen
wichtigstenPartnerlnderninderwestlichenWeltinab-
solutenGren (Bild1),zeigtsich indenvergangenen
25JahreneinerheblicherAnstiegdesHandelsvolumens
(ExportplusImport).
EinerheblicherUnterschiedzwischenLndern,diedem
europischen Binnenmarkt angehren und solchen,
wiedenUSAundderSchweiz,dieauerhalbliegen,ist
nichtzuerkennen.AuchGrobritannien,dasdemBin-
nenmarkt angehrt, der EuropischenWhrungsunion
(EWU)abernicht,flltnichtsonderlichausdemRahmen.
AbsoluteGrensindinwachsendenWirtschaftenaber
nichtaussagekrftig.MisstmandieHandelsvoluminaam
BIP,bringtderVergleichvonLnderninnerhalbundau-
erhalbdesBinnenmarkteserstaunlicheErgebnisse(Bild
2).Nunzeigtsich,dassseitBeginnderneunzigerJahre,
alsozuderZeit,alsdereuropischeBinnenmarktseiner
Vollendungzuging,dieFortschritteinderHandelsinteg-
rationinEuropanichtmehrgrowaren.
Bild1:GesamterHandelmitdenwichtigstenPartnerlndern(Mrd.)
180
160
140
120
100
80
60
40
20
01995 2000 2005 2010 2013
Frankreich
Italien
Niederlande
UK
Schweiz
USA
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Quelle:StatistischesBundesamt(GENESIS-OnlineDatenbank),August2014
5HEINER FLASSBECK | TTIP, FREIHANdEL uNd wIRTSCHAFTLICHE ENTwICKLuNg
DereuropischeBinnenmarktmussjaalsVorbildfrein
FreihandelsabkommenwieTTIPgelten,weilerlngstver-
wirklichthat,woraufmanimtransatlantischenVerhltnis
wartet:EinenweitgehendfreienAustauschvonGtern
undDienstleistungenunddieweitestgehendfreieAllo-
kationvonKapitalzwischendenMitgliedslndern.Man
wrde erwarten, dass sich etwa derHandelsaustausch
mitFrankreichundItaliennachderVollendungdesBin-
nenmarktes und zumal nach dembergang zur EWU
imJahre1999deutlichundstetigerhhthat.Seit1990
aberistdasnichtderFall.FrankreichliegtimJahr2013
nur ganz leicht ber demWert von 1990. Italien liegt
sogardarunter.
Manmussnatrlichbedenken,dassmitderdeutschen
Vereinigung vorbergehend die statistische Erfassung
desdeutschenHandelsmitdenanderenLndernverzerrt
war,weilmitdemHinzutretenOstdeutschlandsdasdeut-
scheWirtschaftsgebiet grerwurde (was den Anteil
allerLnderdrckt)understimLaufederneunzigerJahre
wiedernormaleVerhltnisseeingetretensind.
Aber ungeachtet dessenmussman konstatieren, dass
etwadieUSAihrenAnteilerheblichausweitenkonnten
(vondreiauffnfProzent).AuchmitGrobritannienund
derSchweizgabeserheblicheZuwchse.SeitBeginnder
2000erJahreliegtallerdingsderHandelsanteilderUSA
undGrobritanniensaufeinerrelativstabilenLinievon
fnfbzw.vierProzent.Washeit,dassseit15Jahrendie
DynamikdesBinnenmarktlandes(UK)nichtandersistals
diedesNicht-BinnenmarktlandesUSA.
Seit dieser Zeit konnte auch der Handelmit den Bin-
nenmarktlndern Frankreich und Italien nichtmerklich
erweitert werden. Frankreichs Anteil stieg ganz leicht,
whrendderAnteil Italienssogar leicht rcklufigwar.
LediglichmitdenNiederlandenistinnerhalbdesBinnen-
markteseinstetigerZuwachserzieltworden(vondreiauf
fastsechsProzent),derbemerkenswertistundderden
ErwartungenderFreihandelstheorieentspricht.
AllerdingswirddiesesBildberlagertvoneinemanderen
Phnomen,dasinderTheoriedesFreihandelsberhaupt
nichtvorgesehenist.
Deutschland hat in dieser Zeit, insbesondere aber seit
MittederneunzigerJahre,einemassiveVernderungder
HandelsbilanzsaldenzuseinenGunstenerreicht(Bild3).
ImHandelmitalldengroenhierbetrachtetenLndern
sinddiedeutschenberschssezumindestbiszumBe-
ginnderFinanzkrise2008erheblichgestiegen,nurmit
derSchweizunddenNiederlandenistdasnichtgelun-
Bild2:DeutschlandsWarenverkehr*mitdenwichtigstenHandelspartnerngemessenamBrutto-inlandsprodukt
7
6
5
4
3
2
1
0
Ges
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umm
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des
BIP
1991
1992
1993
1994
1995
1996
1997
1998
1999
2000
2001
2002
2003
2004
2005
2006
2007
2008
2009
2010
2011
2012
2013
Frankreich
Italien
Niederlande
UK
Schweiz
USA
*WertmigeSummedergesamtenEin-undAusfuhrennachHerkunfts-bzw.BestimmungslandgemessenamnominalenBruttoin-landsproduktzuMarktpreisen.
Quelle:StatistischesBundesamt(GENESIS-OnlineDatenbank);Eurostat(August2014)
6HEINER FLASSBECK | TTIP, FREIHANdEL uNd wIRTSCHAFTLICHE ENTwICKLuNg
gen.EsistinderTatso,dassderAnstiegdesAnteilsder
groenhierbetrachtetenLndereinhergegangenistmit
demAufbaudieserberschsse.Frankreich,Italien,die
USAundGrobritannienhabenzugleichmitderAuswei-
tungdesHandelsdasEntstehenerheblicherDefiziteim
HandelmitDeutschlandakzeptiert.
Das macht eine Bewertung der damit eingetretenen
WohlfahrtseffektefrdieseLnderunmglich.blicher-
weise unterstellt man nmlich, dassmitmehr freiem
Handel insgesamt effektiver gewirtschaftet wird, dass
sichalsodieArbeitsteilungvertieft.Das,sodieTheorie
desFreihandels,wirdpositiveProduktivittseffektegene-
rieren,weilGterundDienstleistungendorthergestellt
werden,woesamkostengnstigstenmglichist.
FrdenwirtschaftlichenErfolgoderMisserfolgdesHan-
delsfreineinzelnesLandnochwichtigeralsdiesepo-
tenziellen Produktivittseffekte (deren Gre brigens
niemandmessenkann)sindjedochdieBeitrgefrdas
Wachstum, die direkt vom Saldo des Auenhandels
ausgehen.Wenn also ein Landmehr exportiert als es
importiert,wirddasalspositiverAuenbeitragindie
volkswirtschaftlicheGesamtrechnungbernommen.Wer
dauernd steigende berschsse in der Leistungsbilanz
verzeichnet,hatdauerndeinenpositivenWachstumsef-
fektunddamitaucheinenpositivenArbeitsplatzeffekt.
Umgekehrt inLndern,die immer tiefer indieDefizite
geraten. Bei ihnen schlagennegativeWachstums-und
Arbeitsplatzeffekte zu Buche undmssen den poten-
ziell positiven Produktivittseffekten gegenbergestellt
werden,willmanwissen, ob der Freihandel per Saldo
frdasLanderfolgreichwar.FrdieWeltinsgesamtist
dieLeistungsbilanz immerausgeglichen,folglich istder
SaldeneffektNullundesgehtvorallemumdieVerteilung
diesesEffektsaufdieLnder.DasGanzeisteinNullsum-
menspiel,alsoeinSpiel,beidemdereineimmernurdas
gewinnt,waseinandererverliert.
InderWirklichkeitgibtesnatrlichimmereineberla-
gerungdieserEffekte,sobaldberhauptnennenswerte
Salden(alsoAbweichungenderExportvoluminavonden
Importvolumina)imHandelauftreten.Dasistunproble-
matisch,wenndiesepositivenodernegativenBeitrge
nichtdauerhaftundnichteinseitigverteiltsind.Sindsie
jedoch einseitig verteilt, kann ein Land einemanderen
den gesamten Vorteil aus dem gemeinsamen Handel
dadurchwegnehmen, dass es selbst dauernd positive
Saldenerzieltunddasanderenegative.
Weralsoernsthaftberlegt,einFreihandelsabkommen
abzuschlieen,musszuallererstdafrSorgetragen,dass
Bild3:DeutschlandsHandelsbilanzsaldenmitdenwichtigstenPartnerlnderngemessenamBIP*
1,5
1,0
0,5
0
0,5
1,0
1,5
Saldo vo
n Aus- un
d Einfuh
ren in vH des BIP
1991
1990
1992
1993
1994
1995
1996
1997
1998
1999
2000
2001
2002
2003
2004
2005
2006
2007
2008
2009
2010
2011
2012
2013
Niederlande
Frankreich
Italien
UK
Schweiz
USA
*SaldovonAusfuhreninundEinfuhrenausdenjeweiligenPartnerlnderngemessenamnominalenBruttoinlandsproduktzuMarkt-preisen.
Quelle:StatistischesBundesamt(GENESIS-OnlineDatenbank);Eurostat(August2014)
7HEINER FLASSBECK | TTIP, FREIHANdEL uNd wIRTSCHAFTLICHE ENTwICKLuNg
derandereHandelspartnernichtdaraufausist,dauernd
Leistungsbilanzberschssezuerzielen.Wennmandas
erwartet, kannman praktisch keine positiven Effekte
mehrerzielen,weildiepotenziellenpositivenProdukti-
vittseffektedierealenundunterUmstndenriesengro-
enSaldeneffekteniemalsaufwiegenknnen.DenUSA
istdasabsolutbewusst.IndenG-20gabesindenver-
gangenenJahreneineungewhnlichscharfeAuseinan-
dersetzungindieserFrage,diesichineinererheblichen
KritikderUSAandenberschusslndernniederschlug.
DasbetrafvieleJahrevorallemChina,indenletztenJah-
renaberimmerstrkerDeutschland,dasgrteLandder
EuropischenUnion.DerobenzitierteCurrencyReport
belegt die Schrfe dieser Auseinandersetzung,weil er
Deutschlandklarbenenntundzugleichheftigkritisiert.
Ein Land wie Deutschland, das auf seinen positiven
LeistungsbilanzsaldenauswelchenGrndenauchim-
merbeharrt, ist folglich vonvornehereinein schwie-
riger Partner fr ein Freihandelsabkommen, zumindest
sobalddiePartnerseineStrategiedurchschauen,washier
eindeutigderFallist.Dieregelmigeberprfungder
Handelspartnermit hohenberschssen auf Dumping
durchWhrungsmanipulation,wieesderamerikanische
Kongress von der Regierung durchfhren lsst, zeigt,
dassdieamerikanischeAdministrationsichdieserProb-
lematikvollkommenbewusstist.
FreihandelwarvonAnfangan,alsovorallemvonDavid
RicardoundAdamSmithundihrenZeitgenossen,alsein
Systemverstandenworden,dasallenBeteiligtenVorteile
verspricht, weil es jedemmit seinen ganz besonderen
spezifischen Fhigkeiten die Chance gibt, durch Aus-
tausch von Gtern und Dienstleistungenmit anderen
seine Lage zu verbessern. Dass ein Teilnehmer durch
realeAbwertungdereigenenWhrungalleanderen in
Handelsbilanzdefizitedrngt,wolltensienicht,denndas
charakterisiert ja das von ihnen heftig kritisiertemer-
kantilistische System. Freihandel war gerade nicht als
Nullsummenspielgedacht,beidemdereinedasgewinnt,
wasderandereverliert.
DasmussauchfrEuropaeineentscheidendeFragesein,
bevoressichzueinemFreihandelsabkommenmiteinem
Partner entscheidet, der ber viele JahrehoheDefizite
hingenommenhatundnichtmehrbereitist,dasauchin
Zukunftzutun.WrdenFrankreichundItalienernsthaft
versuchen,dasdeutscheModellnachzuahmen,wiedas
javonderdeutschenPolitikempfohlenwird,bliebeers-
tensdieFrage,weraufderanderenSeite,derDefizitseite
nmlich,dannnochsteht.Dennirgendjemandenmsste
es jageben,derbereitwre, riesigeeuropischeber-
schsse hinzunehmen. Die USA kritisieren aber schon
jetztheftigeralsalleanderenLnderdiedeutschenber-
schsse,undindenEntwicklungslndernsindLeistungs-
bilanzdefiziteeinrotesTuch,weildadurchdieGefahrvon
Finanzkrisendramatisch steigt.ZweitenswrdeEuropa
nochtieferindieDeflationgetrieben,wennauchdiese
Lnder versuchten, real abzuwerten, indem sie Lhne
undPreisesenken.WrdederWechselkursdesEurodas
nichtmiteinerAufwertungbeantworten,wre frdie
USAsichereineroteLinieberschritten,diedasgesamte
Abkommeninfragestellt.
4.DiedeutscheAbwertungsstrategieunddietransatlantischenFolgen
Die entscheidende Frage ist daher, wie es zu der un-
gleichgewichtigen Entwicklung im Handel zwischen
DeutschlandundseinenPartnerngekommenist.Wenn
esStellschraubengibt,diesogewaltigsind,dasssiedie
Handelsstrmesoumlenkenknnen,dasseinLandseine
Auenhandelsposition trotzweitgehend freienHandels
systematischzulastenderanderenverbessernkann,dann
mssendiese Stellschrauben international angegangen
werden, bevorman sichmit den kleinen und kleins-
ten Schrubchendernoch vorhandenenZlleundder
nicht-tarifrenHandelshemmnissebefasst.
Die empirische Basis fr die Identifikation der Ursache
dermassivenUmlenkungderHandelsstrmezugunsten
Deutschlandsistklarundeindeutig.
Deutschland hat unter dem Schutzschirm des Euro-
pischenWhrungssystemsunddesEurosystemsselbst
seine Wettbewerbsfhigkeit deutlich zulasten seiner
Handelspartnerverbessert.Eshatseit1990fastdurch-
gngig abgewertet (eine Bewegung des realen effek-
tivenWechselkurses nach unten ist eine Abwertung).
DasgiltauchgegenberGrobritannienundItalien,die
nurdeswegenaufeinemrelativniedrigenNiveauinder
folgendenGrafik(Bild4;aufderBasis1990=100)sind,
weil sie Anfang der 1990er Jahre in der groen Krise
desEuropischenWhrungssystemsabgewertetundden
VerlustvonWettbewerbsfhigkeitinderzweitenHlfte
der1980erJahreausgeglichenhaben.
8HEINER FLASSBECK | TTIP, FREIHANdEL uNd wIRTSCHAFTLICHE ENTwICKLuNg
DiedeutscheAbwertungsstrategiewareinklarerVersto
gegendieRegelnderEWU,aber,unddaswirdkaumdis-
kutiert,eswaraucheinklarerVerstogegendieRegeln
derWTO und denGeist einer freien Handelsordnung,
weil Deutschland sich (seinen Unternehmen) als Land
auf dieseWeise absolute Vorteile verschafft hat. Das
istgenaudas,was ineinemFreihandelsregimeniemals
geduldetwerden kann, ohne alle anderen Regeln ad
absurdumzufhren.
DasErgebnis istdramatisch.Alseinzigesgroes Indus-
trielandhatDeutschlanddenAuenhandelsanteilamBIP
indenvergangenen15Jahrengewaltigsteigernknnen.
Vonetwasunter50ProzenthabenFrankreich,Italienund
GrobritannienihrenAuenhandelsanteilindenletzten
20Jahrenaufetwa60Prozenterhht.DieUSAkonn-
ten ebenfalls einen leichten Anstieg verzeichnen, von
20auf30Prozent.DeutschlandhatindiesemZeitraum
denAnteilvonExportplusImportvonunter50auffast
100 Prozent erhht (Bild 5). Dieser Verlauf entspricht
demVerlaufderLeistungsbilanzsalden(Bild6).
Der gesamte Freihandelsgedanke basiert darauf, dass
sich die Preise bei allen Handelspartnern nach genau
dengleichenMarktregelnbilden.Dasheitauch,dass
dasFreihandelsdogmaunterstellt,dassinallenLndern
am Arbeitsmarkt Bedingungen eines vollkommenen
Wettbewerbsherrschen,alsodieFestlegungderLhne
entsprechendderrelativenKnappheitvonArbeitundKa-
pitalerfolgt.FreinLandmitgeringerKapitalausstattung
bedeutetdas,dassdieLhnerelativniedrigsind,weildie
geringeKapitalausstattungnureinegeringeProduktivitt
erlaubt.Auf dieseWeise entsprechen in allen Lndern
dieLhnederProduktivitt.DasgiltaufjedenFallfrdie
realenLhne.
GehtinSystemenmitnationalenWhrungenundflexib-
len(berhauptnderbaren)Wechselkursendienominale
EntlohnungineinemLandberdierealeEntlohnungund
damit die Produktivitt weit hinaus, entsteht Inflation.
DiesehatnatrlichAuswirkungenaufdieinternationale
Wettbewerbsfhigkeit,weildieNachfragenachdenPro-
dukten eines Landes sich an den (nominalen) Preisen
orientiert. Dadurch entstehende Inflationsdifferenzen
werden aber durchnderungen desAuenwertes der
Whrungenausgeglichen,weilessonsteinfachkeinen
Freihandelgebenkann.
DieserfrdenFreihandelabsolutzentraleMechanismus
(die Lohnstckkosten entwickeln sichwie die nationa-
lenInflationsratenundderenDifferenzenwerdendurch
nderungenderWechselkurseausgeglichen) istgenau
dann aufgehoben, wenn innerhalb eines Whrungs-
raumes ein Land Lohndumping betreibt.Weil sich der
WechselkursdiesesRaumesnachderInflationsentwick-
lungdesgesamtenWhrungsraumesrichtet,kanndieses
LandseineWettbewerbsfhigkeitunterdemDeckmantel
dergemeinsamenWhrungmitanderengegenberder
Bild4:RealereffektiverWechselkursDeutschlandsundseinerwichtigstenHandelspartner
130
120
110
100
90
80
70Real
er e
ffek
tiver
Wec
hsel
kurs
, Bas
isja
hr (1
990=
100)
1991
1990
1992
1993
1994
1995
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1997
1998
1999
2000
2001
2002
2003
2004
2005
2006
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2009
2010
2011
2012
Deutschland
Frankreich
Italien
UK
USA
Quelle:UNCTADSTAT(Juli2014)
9HEINER FLASSBECK | TTIP, FREIHANdEL uNd wIRTSCHAFTLICHE ENTwICKLuNg
Bild5:AuenhandelinRelationzumBruttoinlandsprodukt
100
90
80
70
60
50
40
30
20
10
0
Gesam
ter Au
enha
ndel in
vH des BIP
1991
1990
1992
1993
1994
1995
1996
1997
1998
1999
2000
2001
2002
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2004
2005
2006
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2008
2009
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2011
2012
2013
EU 28
Deutschland
Frankreich
Italien
UK
USA
Quelle:Eurostat(August2014)
Bild6:LeistungsbilanzsaldengemessenamBruttoinlandsprodukt
12
10
8
6
4
2
0
2
4
6
8
Saldo de
r Leistung
sbilanz
in vH des BIP
1991
1990
1992
1993
1994
1995
1996
1997
1998
1999
2000
2001
2002
2003
2004
2005
2006
2007
2008
2009
2010
2011
2012
2013
Deutschland
Frankreich
Italien
Niederlande
UK
USA
Quelle:IWF(WorldEconomicOutlookDatabase),StandApril
10
HEINER FLASSBECK | TTIP, FREIHANdEL uNd wIRTSCHAFTLICHE ENTwICKLuNg
Bild7:LohnstckkostenvergleichbeinationalerWhrung*
145
140
135
130
125
120
115
110
105
100
95
Inde
x 19
99 =
100
Deutschland
Frankreich
Italien
UK
USA
EZB-Inflationsziel
1999
2000
2001
2002
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2009
2010
2011
2012
2013
*BruttoeinkommenausunselbstndigerArbeitinnationalerWhrungjegeleisteteArbeitsstundederBeschftigten(frItaliengeschtzt)dividiertdurchrealesBruttoinlandsproduktinnationalerWhrungjegeleisteteArbeitsstundederErwerbsttigen,Index1999=100.
Quellen:OECD;AmecoDatenbank
Bild8:LohnstckkostenvergleichinEuro*
140
130
120
110
100
90
80
Inde
x 19
99 =
100
Deutschland
Frankreich
Italien
UK
USA
EZB-Inflationsziel
1999
2000
2001
2002
2003
2004
2005
2006
2007
2008
2009
2010
2011
2012
2013
*BruttoeinkommenausunselbstndigerArbeitinEurojegeleisteteArbeitsstundederBeschftigten(frItaliengeschtzt)dividiertdurchrealesBruttoinlandsproduktinnationalerWhrungjegeleisteteArbeitsstundederErwerbsttigen,Index1999=100.
Quellen:OECD;AmecoDatenbank
11
HEINER FLASSBECK | TTIP, FREIHANdEL uNd wIRTSCHAFTLICHE ENTwICKLuNg
gesamtenWelt verbessern (seineWhrung realabwer-
ten,wiedasblicherweisegenanntwird).
DassDeutschlandgenaudasgetanhat,kannmannicht
bestreiten (Bild 6). Der Lohnanstieg ist auf Druck der
Bundesregierung von Beginn der Whrungsunion an
weitunterdemgeblieben,wasbeidemvorgesehenen
ZieleinerInflationsratevon1,9Prozent(nahebei,aber
unter zwei Prozent) angemessen gewesenwre. Kein
anderes Land hat, bei der Betrachtung der nationalen
Entwicklungen(also innationalerWhrunggerechnet),
einhnlichesDumpingbetrieben.
In internationalerWhrung gerechnet zeigt sich zwar,
dassdieSituationderUSAundGrobritannienseffektiv
wenigerschlechtist,weilsieihreWhrungenabgewer-
tethaben.BeideLnderhattenaberdochwieBild4
schon gezeigt hatte erhebliche Nachteile gegenber
Deutschland.FrdieUSAgiltdasvorallemzuAnfang
der2000erJahre,frGrobritannienbiszurFinanzkrise.
FrankreichundItalienhabengegenberallenLndernin
derhiervorgenommenenBetrachtungmassivanWett-
bewerbsfhigkeitverloren.
Dieser schwere Versto gegen das Freihandelsprinzip
unddieseenormenVerschiebungenbeidenabsoluten
Vorteilen iminternationalenHandelknnendurchkein
ErgebnisaufderMikroebenegeheiltwerden.Handels-
verhandlungenwerden ja immernachdemPrinzipder
gleichgewichtigen Kosten und Nutzen bei bestimmten
Produkten auf beiden Seiten gefhrt. In solchen Ver-
handlungen auf derMikroebenewird es bei gleichbe-
rechtigten Partnern niemals passieren, dass eine Seite
sich absolute Nachteile einhandelt, die so gravierende
FolgenwieeinestarkerealeAufwertunghaben.
DaherknnteeinbilateralesAbkommenzwischenden
USAundEuropanurerfolgreichsein,wenneszugleich
mitdiesemAbkommengelnge,dieUngleichgewichtein
denHandelsbeziehungenzwischenEuropaunddenUSA,
aberauchinnerhalbEuropaszubeseitigen.Dasistnicht
zuerwarten,daesjanichteinmalgelingt,ininnereuro-
pischenVerhandlungeneineangemesseneLsungfr
dieWettbewerbsfhigkeitslcke zwischen Deutschland
unddenanderenLnderninnerhalbderWhrungsunion
zufinden.BeiFortbestandderUngleichgewichtekannes
keinErgebnisgeben,dasfrbeideSeitenNutzenstiftet.
5.WarumschlietmaneinbilateralesAbkommenineinerglobalisiertenWirtschaft?
Esisterstaunlich,dassbeiderffentlichenKritikanTTIP
sowenigderAspektdesBilateralenerwhntwird.Wie
kann ein bilaterales Abkommen, selbst wenn es zwi-
schen groen Wirtschaftsrumen geschlossen wird,
in einermehr undmehr globalisiertenWirtschaft Vor-
teilebringen?AlleArgumente,diekonomen frden
Freihandel vorbringenknnen,beziehen sich jedenfalls
aufmultilaterale Freihandelsabkommen, niemals aber
aufeinbilaterales.WiesosolleinAbkommen,das,wie
Bild2zeigt,nur5ProzentdesdeutschenHandelsbetrifft,
Vorteile bringen, solange unklar ist, aufwelcheWeise
es denHandelmit der restlichenWelt berhrt?Wenn
HandelsschrankenberdenAtlantikabgebautwerden,
gleichzeitig aber durch diesen Abbau der Handelmit
ChinaoderanderenSchwellenlndernnegativbetroffen
wird,kanndasGesamtergebnisdesbilateralenAbkom-
mensfrdiedeutscheundfrdieeuropischeWirtschaft
absolutnegativsein.
GeradeimVerhltniszudenEntwicklungs-undSchwel-
lenlndernabergibtesweitereKomplikationen,die in
derpolitischenDiskussiongarnichtauftauchen.Wrden
sichetwadieUSAundEuropainihrembilateralenAb-
kommen auf einen Abbau der Handelsbilanzungleich-
gewichteeinigen,knntensieversuchen,daszuLasten
der Entwicklungslnder zu tun. Schon eine Einigung
auf bestimmteOber- undUntergrenzen fr dieWech-
selkursbewegungen zwischen Euro und Dollar knnte
erheblicheAuswirkungenaufdieWhrungenvonDritt-
lndern haben, deren Effektewiederum den globalen
Handelerheblichbeeintrchtigenknnten.
AucheineEinigungaufeinbilateralesInvestitionsschutz-
abkommenknntesehrnegativeAuswirkungenaufdie
Investitionen inEntwicklungslndernhaben,wennsich
diedortigenRegierungennichtaufhnlicheRegelungen
einlassen,weil sie in einerweitweniger komfortablen
SituationvorsolchenGerichtensindalsdiewirtschaft-
lichenSupermchteUSAundEuropa,dieamEndedie
wirtschaftlicheundpolitischeMachthaben,dieEntschei-
dungen solcher Schiedsverfahren zu akzeptieren oder
ebennicht.
DerpolitischeWunschaufbeidenSeitendesAtlantiks,
denWeg eines bilateralenAbkommens zu gehen, hat
12
HEINER FLASSBECK | TTIP, FREIHANdEL uNd wIRTSCHAFTLICHE ENTwICKLuNg
sicher auchmit der Frustration ber den jahrelangen
StillstandderVerhandlungeninderWTOinGenfzutun.
InderTatistesseitderErweiterungderWTO-Mitglied-
schaft durch eine groe Zahl von Entwicklungslndern
nichtmehr gelungen, einemultilaterale Handelsrunde
mitgreifbarenErfolgenbeimAbbauvonHandelshemm-
nissenzuEndezubringen.Das istabernicht inerster
LiniedieSchuldderEntwicklungslnder.
Die Industrielnder haben nie begriffen (oderwollten
nichtbegreifen),dassmanimVerhltniszuaufholenden
Lndern, also Lndern auf einer geringeren Entwick-
lungsstufe,beimAbbauvonHandelsschrankennichtdie
gleichenRegelnanwendenkannwie imVerhltnisder
Industrielnder untereinander. Entwicklungslnder sind
invielgreremMaekrisenanflligalsIndustrielnder
und knnendaher nicht annhernd hnlichhoheRisi-
ken im Auenhandel eingehenwie ein lange etablier-
tes Industrieland.Daswiederumhat sehr vielmitdem
heutigen internationalenWhrungssystem zu tun, das
dazutendiert,dieWhrungenvonEntwicklungslndern
systematisch falsch zubewerten: zuhoch innormalen
Zeitenundzuniedrig inKrisenzeiten.EinLand,dessen
Whrung aber unter permanentemAufwertungsdruck
steht,sowiedasinBrasilienindenvergangenen15Jah-
ren z.B. sehr hufig der Fall war, und das deswegen
immerbesorgtseinmuss,nichtindieAbhngigkeitder
internationalenKapitalmrktezugeraten,kannnichtzur
gleichenZeitingroerRuheberdenAbbauvonHan-
delshemmnissenberaten.NurwenndieIndustrielnder
bereitwren,BrasilienundanderenbeiderLsungihrer
Whrungsprobleme entgegenzukommen, also eine zu
starkeAufwertungund spter zu starkeAbwertungen
zuverhindern,knntemanmitZugestndnissenbeiden
Handelsverhandlungen rechnen. Brasilien hat in den
vergangenenJahrenmehrfacheinsolchesJunktimher-
gestelltundistimmerausideologischenGrnden(kein
Eingriff in die freien Kapitalmrkte) von der gesamten
PhalanxderIndustrielnderabgeschmettertworden.
Eine hnliche Denkblockade auf Seiten der Industrie-
lnder existiert bei der Frage der Auswirkungen von
DirektinvestitioneninEntwicklungslndernaufdieHan-
delsstrme.Weder die konomische Theorie noch die
HandelspolitikhabenzurKenntnisgenommen,dassdie
altenRegelndesFreihandelsinderneuenglobalisierten
Wirtschaftnichtmehrexistieren.EineProduktion,dievon
DeutschlandoderdenUSAmitunvernderterTechnolo-
gienachChinaverlagertwird,umdortdiehoheProduk-
tivitt der vorhandenenAnlagenmit niedrig bezahlten
Arbeitskrften auszunutzen, stellt alle Prinzipien des
freienHandelsaufdenKopf,weilhiernichtkomparative
Vorteilegeschaffen,sondernriesigeabsoluteKostenvor-
teile realisiert werden, die die Handelsstrme und die
Produktionskettenmassivverndern.IneinerWeltaber,
indersowohldieUSAalsauchEuropagroeTeileihrer
ProdukteinChinaundanderenBilliglohnlndernvorpro-
duzieren lassen, um sie sichdann alsMarkenprodukte
des einen oder anderen gegenseitig zu verkaufen, hat
derAbbaudergeringennochvorhandenenSchranken
frdenfreienbilateralenAustauscheinenganzanderen
(undvermutlichweitgeringeren)EffektalsineinerWelt,
wojedeRegionvondererstenSchraubebiszurletzten
Mutterallesselbstherstellt.
6.EsgibtkeinebilateralenLsungen
BilateraleLsungengibtesindieserWeltnicht.Dochdie
gleichenPartner,diescheinbardenFreihandelhochhal-
ten,sindvollkommenignorantbezglichdergewaltigen
makrokonomischenVerzerrungendesglobalenHandels
durch Bilateralismus, ein chaotischesWhrungssystem
unddie groeBedeutungderDirektinvestitionen.Wer
das aber ignoriert, kann keinenwirklichen Beitrag zur
VerbesserungderHandelsbeziehungen leisten.AlleBe-
mhungen zumAbbau vonbilateralenHandelsschran-
kenmssen in die Kategorie Aktionismus eingeordnet
oder gleich als reine Lobbyarbeit betrachtet werden.
InsofernistTTIP,wennesbeiderreinenHandelsverhand-
lungbleibt,aufjedenFalleinRckschrittauchimSinne
einesvernnftiginterpretiertenFreihandels.
Leidergibt es innerhalbderGruppeder Entwicklungs-
undSchwellenlnderkeinewirklichernsthaftenVersuche,
demDiktatder Industrielnderundderenneoliberalen
Scheinlsungen zu entkommen. Das gilt auch fr die
jngsten Verhandlungen der BRICS-Staaten (Brasilien,
Russland, Indien, China, Sdafrika). Zwar haben diese
fnfLnderkrzlichinBrasilienbeschlossen,gemeinsam
eineEntwicklungsbankzugrndenunddafr100Milli-
ardenDollaraufzubringensowieeinenPoolanReserven
zu schaffen, also Reserven zusammenzulegen, um im
FallneuerinternationalerSpannungennichtaufdenvon
denUSAundvonEuropabeherrschten Internationalen
Whrungsfonds(IWF)angewiesenzusein.
13
HEINER FLASSBECK | TTIP, FREIHANdEL uNd wIRTSCHAFTLICHE ENTwICKLuNg
Reservenpoolungund einCounterpart zum IWF knn-
tensehrguteundwichtige Ideensein,wennnichtdie
bisherigen Versuchemit solchenAnstzen in den Ent-
wicklungsregionen klglich im Sande verlaufenwren.
InAsientfteltmanseitderAsienkrise(imRahmender
sogenanntenChiangMaiInitiative)aneinemeigenstn-
digenasiatischenWhrungsfondsherum,ohnewirklich
weitergekommen zu sein. In Lateinamerika kannman
die Initiativen nichtmehr zhlen, in deren Rahmen in
denletztenJahrenvonderpolitischenSpitzeWhrungs-
zusammenarbeitbeschlossenwurde.DochPapier ist
geduldigundgeschehenistfastnichts(s.dieStudieder
UNCTADdazu,dieichselbstverantwortethabe1).Auch
RusslandistmitseinenVersuchen,strkereZusammen-
arbeitindenzentralasiatischenStaatenzuorganisieren,
nichtsehrweitgekommen.VonAfrikamussmanindie-
semZusammenhanggarnichtreden,dortgibteseinige
kleineregionaleKooperationenundWhrungsverbnde,
aber keinenwirklich groen Ansatz zumonetrer Ko-
operation.
Was in diesen Lndern nicht verstandenwird, ist die
Tatsache,dassdieintellektuelleDominanzdesIWFund
seinergrtenGeldgeber tausendmalwichtiger ist, als
die konkrete Stimmengewichtung allerMitgliedslnder
(wo esmikroskopisch kleine Fortschritte gegeben hat)
oderdieArtundWeise,wiederIWFinhilfsbedrftigen
Lndern auftritt. Gerade Letzteres ist fr diemeisten
Entwicklungslnder ein Horror ohnegleichen gewesen,
nmlichdieTatsache,dassdieStabsmitgliederdesIWFin
denLndern,dieumHilfeanfragen,frJahredieDemo-
kratieauerKraftsetzenunddenPolitikernindieFeder
diktieren,wassiezutunundzulassenhaben.Daswurde
alssptkolonialistischesVerhaltenempfundenundtreibt
dieVersuche,unabhngigervomNordenundWestenzu
werden,politischvoran.
Dass das nicht unbedingtmit der Diskriminierung von
Entwicklungslndern zu tun hat, knnteman seit der
Eurokrisewissen. Da hat nmlich die Troika (also IWF,
EZB und Europische Kommission) die Demokratie in
denMitgliedslndernderEuropischenUnionebenfalls
kurzerhand auer Kraft gesetzt. Da haben sich Indus-
trielnder sozusagen selbst demDiktat anderer Indus-
trielnder und den dazu gegrndeten Hilfstruppen in
den internationalen Organisationen unterworfen. Dass
1. http://www.lai.fu-berlin.de/homepages/fritz/publikationen/UNCTAD_2011.pdf(aufgerufenam15.12.2014)
dasklglichgescheitertist,wissenwir.Aberesistnicht
klglichgescheitert,weilesundemokratisch(odergegen
dieEntwicklungslndergerichtet)war,sondernweildie
geistigeBasisderHilfsaktionenunsinnigwarundist.
Eine BRICS-Initiative, die dieses geistige Diktat htte
aufhebenwollen,httewenigervonMilliardenalsvon
neuen theoretischen Anstzen gesprochen, die man
erproben wolle. Man htte gesagt, dass man genug
hat von der neoliberalen Ideologie, diemit primitiven
Mittelnversucht,Lnder,dieamBodenliegen,aufden
richtigenKurszuzwingen,obwohlsienureineHilfe
beiderBewltigungvonDevisenspekulationbrauchen.
Manhttegesagt,dassdieWelteinneuesWhrungs-
systembraucht,eines,beidemalleLnder,Defizit-wie
berschusslnder, die Pflicht haben, vorhandene Un-
gleichgewichteiminternationalenHandelzubeseitigen
undzuknftigezuverhindern.Manhttegesagt,dass
auchderinternationaleHandelnichtfunktionierenkann,
wennmannichtgravierendeUnter-undberbewertun-
genvonWhrungenvonvornehereinverhindertunddie
SpekulationmitWhrungen vollkommen unterbindet.
Dochdasalleswurdenichtgesagtunddeswegenwird
esauchvondieserSeiteinabsehbarerZeitkeineInitiative
geben,dieeineChancefreinenwirklichenFreihandel
bietet.
7.MultilateraleKooperationisteinMussineinerglobalisiertenWirt-schaftaberaufallenEbenen
DerVerlustanwirtschaftspolitischerSouvernittfrNa-
tionenoderRegionenistimKernFolgederEntscheidung
fastallerLnderdieserWelt froffeneGter-undKa-
pitalmrkte.Dassolltemanauchnichtbeklagen,wenn
mandieVorteilediesesoffenenSystemsnutzenwill.Glo-
balisierungerlaubtnunmalkeineAbschottung,weder
einemonetrenocheinerealwirtschaftliche.Siefordert
aberGlobalGovernance,eineglobaleRegelsetzung,die
denMrkteneinenrechtlichenundpolitischenRahmen
gibt.Handelspolitik istabergeradekeinErsatzfrum-
fassendeRegelungenderinternationalenWirtschaftsbe-
ziehungen,diedasWhrungssystemanvordersterStelle
miteinbeziehen.DeswegenistTTIPdiefalscheIdeezur
falschenZeitundfrdenfalschenRaum.
Hinsichtlich der Rckwirkungen nationaler Manah-
men auf andere Volkswirtschaften existiert derzeit nur
14
HEINER FLASSBECK | TTIP, FREIHANdEL uNd wIRTSCHAFTLICHE ENTwICKLuNg
im Bereich des internationalen Handels ein ausgekl-
geltesRegelwerkmitinternationalerRechtsprechungim
RahmenderWTO.berrealeWechselkursnderungen,
berdieAuswirkungenvonDirektinvestitionenaufdie
Handelsstrme,dieoftweitgrereAuswirkungenauf
HandelundKapitalstrmealsreineHandelsbarrierenha-
ben, wird dagegen in internationalen Verhandlungen
mit Leichtigkeit hinweggegangen. Die globale Politik
istoffenbargefangenvonderFiktion,derWechselkurs
seieinreinmonetresPhnomenohneRckwirkungen
aufdierealwirtschaftlichenVorgngeundtrotzoffener
Grenzen in der globalisiertenWirtschaft knne es so
etwaswieeinewirtschaftspolitischeUnabhngigkeitder
Nationalstaaten geben. Direktinvestitionenwerden vor
allem als Kapitalstrme registriert, ohne dassman die
potenziell groen handelsverzerrendenWirkungen sol-
cherDirektinvestitionenzurKenntnisnimmt,dieaufdie
KombinationvonniedrigenLhnenmithoherProdukti-
vittausgerichtetsind.
Insofernmuss die Agenda der Handelsverhandlungen
zumindestumWhrungsfragenerweitertwerdenbzw.
musseinerneuenglobalenHandelsordnungeineglobale
Whrungsordnung vorausgehen. Unmittelbar vor und
nachdemZweitenWeltkrieggabesdarberkeinenZwei-
fel.Keynes sagte imbritischenOberhaus imMai1944
zudenschonlaufendenBretton-Woods-Verhandlungen:
ZuallererstgibteseinenlogischenGrund,diemonetren
Vorschlge zuerst zubehandeln. Es ist auerordentlich
schwierig,irgendwelcheVorschlgehinsichtlichderZlle
aufzustellen,wennesdenLndernfreisteht,denWert
ihrerWhrungohneZustimmung[vonauen,Ergnzung
d.Verf.]kurzfristigzundern.ZlleundWechselkursab-
wertungen sind in vielen FllenHandlungsalternativen.
OhneWhrungsvereinbarungenhatmankeinenfesten
Boden, auf demman Zlle diskutieren kann.Genauso
haben Plne, die Schwankungen internationaler Preise
zu verringern, keinerlei interne Bedeutung fr die be-
troffenenLnder,bevorwirnichtfestenBodenfrden
WertdesGeldeshaben.Daherkann,whrenddieande-
renOrdnungsbereichenichtwesentlicheVoraussetzung
frdiemonetreOrdnungsind,sehrwohlargumentiert
werden,denkeich,dassdiemonetreOrdnungeinfestes
Fundamentabgibt,aufdasdieanderen[Ordnungsberei-
che,Ergnzungd.Verf.]aufgebautwerdenknnen.Esist
sehrschwierig,irgendeineArtOrdnunginanderenBerei-
chenherzustellen,whrendmonetresChaosherrscht.
(Keynes1944,S.5,bersetzungd.Verf.).
EineglobaleWhrungsordnungkannsoorganisiertsein,
dass,hnlichwieindemSystemvonBrettonWoods,Ab-
und AufwertungsBnder frWechselkurse definiert
werden,dieausschlielichdemeinenzentralenZieldie-
nen,denrealenWechselkursberlngereFristeninetwa
konstant zuhalten.NominaleAb- undAufwertungen,
die in bestimmten Abstnden diskretionr oder nach
vereinbartenRegelnvorgenommenwerden,mssendie
jeweils aufgelaufenen Inflations-, d.h. Lohnstckkos-
tendifferenzenzwischendenLndernausgleichen.Das
bedeutet alsoweder flexible noch festeWechselkurse,
sondern feste, aber geregelt anpassungsfhigeWech-
selkurse.
Wrdeman zudemdie Energie und die politischeAk-
tivitt statt auf dieses in vieler Hinsicht fragwrdige
bilaterale Projekt darauf verwenden, fr Normalitt in
derwirtschaftlichenEntwicklung imVerhltnisderEnt-
wicklungslnder zu den Industrielndern zu sorgen,
knntemanhundertmalmehrerreichenalsmitdemTTIP.
Wrdeman gar begreifen, dassWettbewerbsfhigkeit
einNullsummenspielistundwrdemanverstehen,wie
diePolitikbeiderSchaffungderBedingungenfreine
wirtschaftliche Dynamik systematisch versagt, knnte
mansichdenVersuch,alles zuharmonisieren,wasoft
aus guten Grnden zwischen denWirtschaftsrumen
unterschiedlichist,vollkommensparen.
15
HEINER FLASSBECK | TTIP, FREIHANdEL uNd wIRTSCHAFTLICHE ENTwICKLuNg
Bertelsmann-Stiftung (2013): http://www.bertelsmann-stiftung.de/de/presse-startpunkt/presse/pressemitteilungen/pressemitteilung/pid/usa-und-gesamte-eu-wuerden-von-transatlantischem-freihandelsabkommen-erheblich-profitieren/(aufgerufenam15.12.2014)
Felbermayr g., Heid B., Lehwald S., (2013):Die Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft (THIP) Wem nutzt ein transatlantisches Freihandelsabkommen?,http://www.bertelsmann-stiftung.de/fileadmin/files/BSt/Presse/imported/downloads/xcms_bst_dms_38052_38053_2.pdf(aufgerufenam15.12.2014)
Keynes, John M. (1944):ThecollectedwritingsofJohnMaynardKeynes,vol.XVIActivities19411946.MacMillanCambridgeUniversityPressfortheRoyalEconomicSociety1980,ed.D.Moggridge
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u.S. department of the Treasury Office of International Affairs (2013):Report to Congress on International Economic and Exchange Rate Policies, http://www.treasury.gov/resource-center/international/exchange-rate-policies/Documents/2013-10-30_FULL%20FX%20REPORT_FINAL.pdf(aufgerufenam15.12.2014)
Literaturverzeichnis
Die in dieser Publikation zum Ausdruck gebrachten Ansichten sind nicht notwendigerweise die der Friedrich-Ebert-Stiftung.
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DiesePublikationerscheintimRahmenderArbeitslinieEuropischeWirtschafts-undSozialpolitik,Redaktion:Dr.ErnstHillebrand.Redaktionsassistenz:SabineDrfler,[email protected].
ISBN 978-3-95861-050-7
ber den Autor
Professor dr. Heiner Flassbeck war von 2003 bis 2012DirektorderAbteilungGlobalisierungundEntwicklungsstrate-gienbeiderUNCTAD,derKonferenzderVereintenNationenfrHandelundEntwicklunginGenf.
1. Einfhrung: Warum ein Freihandelsabkommen TTIP?2. Eine wissenschaftliche Begrndung fr Freihandel am Beispiel TTIP3. Freihandel in der westlichen Welt eine Bestandsaufnahme4. Die deutsche Abwertungsstrategie und die transatlantischen Folgen5. Warum schliet man ein bilaterales Abkommen in einer globalisierten Wirtschaft?6. Es gibt keine bilateralen Lsungen7. Multilaterale Kooperation ist ein Muss in einer globalisierten Wirtschaft aber auf allen EbenenLiteraturverzeichnis