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TECHNISCHE
UNIVERSITAT
MUNCHEN
WALTHER - MEISSNER -
INSTITUT FUR TIEF -
TEMPERATURFORSCHUNG
BAYERISCHE
AKADEMIE DER
WISSENSCHAFTEN
Herstellung und Charakterisierung
von supraleitenden
Phasen-Qubits
Diplomarbeit
von
Heribert Knoglinger
Betreuer: Professor Dr. Rudolf Gross
Munchen, den 05. August 2004
Abstract
Superconducting Qubits are very promising candidates for the implementation as
fundamental units of information storage in a future quantum computer. This work
describes the production of a special kind of superconducting Qubit the so called
persistent current Qubit, which consists of a superconducting ring interrupted by
three Josephson tunnel junctions.
The behaviour of this Qubit is determined by the ratio of the Josephson coupling
energy and the Coulomb energy, which are directly related to the thickness of the
oxide-tunnel barrier. Therefore several experiments with Josephson tunnel junctions
have been performed to achieve sufficient control of the oxidation process. The results
are used in a theoretical model to get a value for the respective oxide thickness.
Testing the assumptions of this theoretical approach against experimental data from
literature showed a very good agreement.
In parallel, persistent current Qubits as well as intrinsically phase-biased dc SQUIDs
were produced to demonstrate the design stability of the production process.
3
Danksagung
Der folgende Abschnitt ist den Menschen gewidmet, die mich bei der Erstellung der
Diplomarbeit in vielfaltiger Weise unterstutzt haben und denen ich dafur recht herz-
lich danken mochte.
Ich mochte Prof. Dr. R. Gross dafur danken, dass er mir das Thema dieser Diplomar-
beit zur weitgehend selbstandigen Bearbeitung uberlassen und mir mit dieser Aufga-
benstellung den Zugang zu einem in vielerlei Hinsicht außerst interessanten Themen-
gebiet eroffnet hat.
Die umfassende Einfuhrung in die Elektronenstrahllithographie und die Dunnfilm-
technologie die mir durch den Doktoranden Jurgen Schuler zuteil wurde, hat mich
erst in die Lage versetzt, die mir ubertragene Aufgabe der Probenherstellung zu er-
fullen. Im weiteren Verlauf der Arbeit stand er mir zu jeder Zeit mit Rat und Tat zur
Seite, wenn es galt Probleme mit dem Rasterelektronenmikroskop zu losen.
Um reproduzierbare Ergebnisse trotz sehr sensibler Herstellungsschritte zu erzielen,
sind an allen Produktionsanlagen sowie auch im Reinraum nahzu konstante Verhalt-
nisse zu gewahrleisten. Dafur, fur die Konstruktionszeichnungen des Probenstabes
und fur ein extrem unkompliziertes”Miteinander“, dem der Begriff Zusammenarbeit
in keinster Weise gerecht wird, mochte ich mich bei dem Ingenieur Thomas Brennin-
ger bedanken.
Die Konzeption und Konstruktion des Probenstabes ware ohne den Ingenieur Wolf-
gang Hehn und Dr. Christian Probst, die mich durch ihre immens wertvollen Beitrage
vor vielen technologischen Sackgassen bewahrt haben, sicherlich nicht so erfolgreich
gewesen. Ferner hat mich Wolfgang Hehn beim Zusammenbau des Probenstabes mass-
geblich unterstutzt und es mir durch seine Einfuhrung in die Kryotechnik ermoglicht,
die Probencharakterisierung eigenstandig durchzufuhren.
Nicht unerwahnt sollen auch die Arbeiten der mit dem Auslese-Messaufbau der Qubits
beschaftigten Doktoranden Matteo Mariantoni und Chiara Coppi bleiben. Die sehr
5
gute Zusammenarbeit mit dem Diplomanden Georg Wild erleichterte vor allem die
Messungen an den Proben, da ich bei etwaigen Problemen immer auf seine Hilfe zah-
len konnte.
Obwohl ich in diesem Institut fast ausnahmslos auf offene Turen gestoßen bin, habe
ich keine andere so oft beansprucht wie die von Dr. Achim Marx1. Er stand bei Fragen
und Entscheidungen jederzeit beratend zur Seite und lies dabei trotzdem genugend
Freiraum fur die Entwicklung und Umsetzung eigener Ideen. Seine uneingeschrankte
Unterstutzung in allen Phasen dieser Diplomarbeit stellte einen sehr wertvollen Bei-
trag dar.
Gabrielle Gorblich, Robert Muller und die Mitarbeiter unserer hauseigenen Werkstatt
haben durch ihr prazises Arbeiten bei der Produktion der Einzelteile des Probensta-
bes entscheidend zu dem reibungslosen Ablauf meiner Experimente beigetragen.
Abschliessend gilt mein besonderer Dank meinen Eltern, die mir dieses Studium er-
moglicht und mich immer unterstutzt haben.
1fur Andreas Erb: ”Ich weiss Andreas, du sitzt auch in diesem Buro“
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung 13
2 Josephson-Tunnelkontakte 17
2.1 Das makroskopische Quantenmodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17
2.2 Die Josephson-Effekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20
2.3 Das RCSJ Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24
2.3.1 Das RCSJ Modell und seine Komponenten . . . . . . . . . . . . 24
2.3.2 Josephson-Tunnelkontakt im RCSJ Modell . . . . . . . . . . . . 25
2.3.3 Uberdampfte und unterdampfte Josephson-Tunnelkontakte . . . 26
2.4 Gesamtenergie eines unterdampften Josephson-Tunnelkontakts . . . . . 29
2.5 Quantenmechanische Betrachtung der Gesamtenergie . . . . . . . . . . 30
3 dc SQUIDs 33
3.1 Das dc SQUID . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33
3.2 Das phasenvorgespannte dc SQUID . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39
4 Supraleitende Quantenbits 45
4.1 Das Zweiniveausystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45
4.2 Supraleitende Qubits . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51
4.3 Vom rf SQUID zum pc Qubit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55
4.3.1 Das rf SQUID . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55
4.3.2 Das pc Qubit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57
4.4 Experimentelle Resultate mit pc Qubits . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65
5 Probenherstellung und Messaufbau 69
5.1 Probenherstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69
5.2 REM Aufnahmen hergestellter Qubits und dc SQUIDs . . . . . . . . . 73
5.3 Tieftemperatur Messaufbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76
5.3.1 3He-gekuhlter Einsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76
7
8 Inhaltsverzeichnis
5.3.2 Probenstab . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79
5.4 Elektronischer Messaufbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81
6 Experimentelle Ergebnisse 83
6.1 Messungen an Tunnelkontakten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83
6.2 Berechnung der Barrierendicke anhand der Messdaten . . . . . . . . . . 88
6.3 Messungen an seriellen Josephson-Tunnelkontakten . . . . . . . . . . . 91
7 Resumee und Ausblick 95
Literaturverzeichnis 101
A Die wichtigsten Parameter der Probenherstellung 103
Abbildungsverzeichnis
2.1 Strom-Spannungs-Charakteristik eines Al-Al2O3-Pb Josephson-Tunnel-
kontaktes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20
2.2 REM Aufnahme eines Al-Al2O3-Al Josephson-Tunnelkontakts . . . . . 21
2.3 Schema eines SIS-Tunnelkontakts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22
2.4 Ersatzschaltbild eines Josephson-Tunnelkontakts im RCSJ Modell und
Waschbrettpotential . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24
2.5 Strom-Spannungs-Charakteristik eines unter- und uberdampften Josephson-
Tunnelkontakts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27
3.1 Schema und Strom-Fluss-Charakteristik eines dc SQUIDs . . . . . . . . 34
3.2 Integrationsweg fur die Phasenanderung im dc SQUID . . . . . . . . . 35
3.3 Schema eines Rings fur die Phasenvorspannung und eines π/2 dc SQUIDs 40
3.4 Energiezustande des Rings fur die Phasenvorspannung . . . . . . . . . 42
3.5 Gemessene und berechnete Strom-Fluss-Charakteristik eines phasen-
vorgespannten dc SQUIDs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44
4.1 Bloch-Sphare als Zweiniveausystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46
4.2 Energie eines Zweiniveausystems mit endlicher Kopplung . . . . . . . . 48
4.3 Allgemeines Schema eines supraleitenden Qubits und Schema im Grenz-
fall eines Phasen-Qubits und Ladungsqubits . . . . . . . . . . . . . . . 51
4.4 Potentielle Energie eines rf SQUIDs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56
4.5 REM Aufnahme und Schema eines pc Qubits . . . . . . . . . . . . . . 57
4.6 Potentialle Energie eines pc Qubits im Phasenraum . . . . . . . . . . . 59
4.7 Energiebarriere fur intrazellulares Tunneln der Phase . . . . . . . . . . 60
4.8 Energiebarriere fur interzellulares Tunneln der Phase . . . . . . . . . . 61
4.9 Energie der ersten 5 Energieniveaus des pc Qubits . . . . . . . . . . . . 63
4.10 Zwei in Delft realisierte Qubitvarianten . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65
4.11 Energieniveau Spektroskopie an einem pc Qubit . . . . . . . . . . . . . 66
9
10 Abbildungsverzeichnis
4.12 Ubergange und Resonanzfrequenzen der Ubergange in einem pc Qubit . 67
4.13 Rabi-Frequenzen gegen Mikrowellenamplitude und Ramsey-Interferenz-
experiment an einem pc Qubit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68
5.1 Schema der Probenherstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70
5.2 Photo des Probenhalters der EVAP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71
5.3 REM Aufnahme der Zuleitungsstrukturen . . . . . . . . . . . . . . . . 73
5.4 REM Aufnahmen der Qubit Designvariante 1 . . . . . . . . . . . . . . 73
5.5 REM Aufnahmen der Qubit Designvariante 2 . . . . . . . . . . . . . . 74
5.6 REM Aufnahme eines π/2 dc SQUIDs . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74
5.7 Photo des 4He Einsatzes ohne Schleuse und Probenstab . . . . . . . . 76
5.8 Schema des 3He-gekuhlten Messaufbaus mit Einsatz und Probenstab . 77
5.9 Photos des Probenstabes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78
5.10 Photos des Probenhalters mit einer Probe . . . . . . . . . . . . . . . . 79
5.11 Schema des elektronischen Messaufbaus . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81
6.1 Strom-Spannungs-Charakteristik eines Josephson-Tunnelkontakts 1 . . 85
6.2 Strom-Spannungs-Charakteristik eines Josephson-Tunnelkontakts 2 . . 85
6.3 Strom-Spannungs-Charakteristik eines Tunnelkontakts 3 . . . . . . . . 87
6.4 3D Bild eines Tunnelkontakts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87
6.5 Tunnelwiderstand Rn in Abhangigkeit der Oxiddicke d . . . . . . . . . . 88
6.6 EJ0/EC fur verschiedene Tunnelkontaktflachen in Abhangigkeit von der
Oxiddicke d . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90
6.7 REM Aufnahme einer Serienschaltung aus Josephson-Tunnelkontakten 91
6.8 Strom-Spannungs-Charakteristik einer Serienschaltung aus Josephson-
Tunnelkontakten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92
Tabellenverzeichnis
6.1 Messergebnisse von Tunnelkontakten mit kleineren L-Werten . . . . . . 86
6.2 Berechnete Oxiddicke d fur die verschiedenen Tunnelkontakte . . . . . 89
6.3 Berechnetes EJ0/EC der Josephson-Tunnelkontakte . . . . . . . . . . . . 89
6.4 Ic, ∆V und IcRn-Produkte der Josephson-Tunnelkontakte der Serien-
schaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92
11
Kapitel 1
Einleitung
In den 80iger Jahren entwickelte R. Feynman [1] die Idee, quantenmechanische Vor-
gange in quantenmechanischen Systemen zu simulieren, was einen der ersten Schrit-
te zu einem Quantencomputer darstellte. Diese Uberlegungen wurden 1985 von D.
Deutsch [2] durch das Vorstellen von Quantenschaltkreisen und einem universellen
Satz an quantenmechanischen Gattern essentiell weiterentwickelt; er vollzog dabei den
entscheidenden Schritt von der Boolschen Algebra, auf der die klassische elektroni-
sche Datenverarbeitung basiert, hin zu nicht-Boolschen Operatoren. Die Algorithmen
von P. Shor [3] und L. K. Grover [4], die zum ersten Mal die immense Leistungs-
fahigkeit eines potentiellen Quantencomputers andeuteten, haben dem bestehenden
wissenschaftlichen Interesse an diesen Maschinen eine wirtschaftliche Relevanz gege-
ben.
Ein mit dem Shor-Alogrithmus operierender Quantencomputer kann die Periode einer
bestimmten Funktion exponentiell schneller finden, als jede andere klassische Maschi-
ne. Kenntnisse aus der Zahlentheorie ermoglichen dann die Zerlegung einer Zahl in ihre
Primfaktoren. Im Gegensatz zu herkommlichen Computern, bei denen die Anzahl der
dafur notwendigen Rechenschritte exponentiell mit der Lange der zu zerlegenden Zahl
wachst, ist die Anzahl der benotigten Rechenschritte in diesem Algorithmus nur der
dritten Potenz der Lange der zu zerlegenden Zahl proportional [5]. Die Zerlegung einer
500-stelligen Zahl, die ein Produkt aus nur zwei Primzahlen ist, ist mit einem klassi-
schen Computer somit nicht in einer vernunftigen Zeit moglich - ein Quantencomputer
konnte dieses Problem sehr viel schneller losen. Des Weiteren ware ein Quantencom-
puter, der eine aus N Eintragen bestehende Datenbank mit dem Grover-Algorithmus
nach einem bestimmten Eintrag durchsucht, um einen Faktor√
N schneller als ein
klassischer Computer, der dieselbe Aufgabe bearbeitet.
13
14 KAPITEL 1. EINLEITUNG
Die in diesen Algorithmen demonstrierte Uberlegenheit eines Quantencomputers, ba-
siert auf der hochgradig parallelen Informationsverarbeitung, die auch als Parallelis-
mus [2] bekannt ist. In Anlehnung an die Bits in einem klassischen Computer wird die
elementare Einheit der Informationsspeicherung in einem Quantencomputer Quanten-
bit genannt. Als Erweiterung des klassischen Konzepts werden informationsverarbei-
tende Operationen nicht nur mit reinen Einzelzustanden durchgefuhrt, sondern auch
quantenmechanische Superpositionen aus diesen, physikalisch als Zweiniveausysteme
zu bezeichnenden Quantenbits werden zur Informationsverarbeitung herangezogen.
Ionenfallen [6], Kernspins [7], elektrodynamische Hohlraumexperimente [8] und fest-
korperbasierte, lithographisch hergestellte Schaltungen sind als Quantenbits vorge-
schlagen worden. Der bisher großte Quantencomputer basierte auf dem physikalischen
Prinzip der Kernspin-Resonanz (NMR) und konnte mit sieben Spin-12-Kernen Shors
Algorithmus am Beispiel der Faktorisierung der Zahl 15 in 3 und 5 erfolgreich nach-
weisen [9]. Allerdings stellt die unzureichende Skalierbarkeit hin zu einer großen Zahl
von Quantenbits und deren schwierige Integration in elektronische Schaltkreise einen
Nachteil dieser Technologie dar.
Die theoretisch hoch skalierbaren, festkorperbasierten, lithographisch hergestellten
Quantenbits bieten sich vor diesem Hintergrund als attraktive Alternative an und
ermoglichen gleichzeitig eine hohe Flexibilitat in der Wahl der Designparameter. Ob-
wohl es aufgrund ihrer starken Kopplung an die Umgebung sehr schwer ist, sie von
externen Freiheitsgraden zu entkoppeln und in den lithographischen Prozessen, an-
ders als in Kernspins, eine inharente und schwer zu kontrollierende Variation der
hergestellten Schaltungen enthalten ist, stellen festkorperbasierte Quantenbits viel-
versprechende Kandidaten fur einen Quantencomputer dar. In vielen Experimenten
ist ihre Eignung zur Untersuchung quantenmechanischer Effekte erfolgreich nachge-
wiesen worden. Stellvertretend dafur seien hier [10, 11, 12, 13, 14, 15] genannt.
Supraleitende Quantenbits bieten neben den bereits aufgezeigten allgemeinen Vor-
teilen festkorperbasierter Losungen noch weitere Eigenschaften, die sie als attraktive
Alternativen qualifizieren. Durch die supraleitende Energielucke werden die in die-
sem Energiebereich liegenden Zweiniveausysteme effektiv von den Quasiteilchen und
der Umgebung entkoppelt. Ferner stellt der supraleitende Zustand bereits einen nicht
entarteten, makroskopischen Grundzustand dar. Gegenstand dieser Diplomarbeit sind
sogenannte supraleitende”persistent current“ Quantenbits .
In dieser Diplomarbeit soll eine bereits bestehende Technologie zur Herstellung mi-
15
kroskopischer Schaltungen mittels Elektronenstrahl Lithographie und Schattenbe-
dampfung fur die Produktion von”persistent current“ Quantenbits adaptiert wer-
den. Zu diesem Zweck muss zuerst die Designstabilitat der mikroskopischen Struktu-
ren nachgewiesen werden und im nachsten Schritt mussen die beteiligten Josephson-
Tunnelkontakte hinsichtlich ihrer Oxidbarriere optimiert werden.
Im zweiten Kapitel werden die wichtigsten Bestandteile der”persistent current“ Quan-
tenbits , die Jospehson-Tunnelkontakte diskutiert. Zu diesem Zweck wird zuerst anhand
des makroskopischen Quantenmodells eine phanomenologische Einfuhrung in die Su-
praleitung gegeben. Uber die Josephson-Effekte und die Diskussion eines Jospehson-
Tunnelkontakts im RCSJ Modell , wird in den letzten Abschnitten dieses Kapitels die
Gesamtenergie eines unterdampften Josephson-Tunnelkontakts zuerst klassisch und
dann quantenmechanisch hergeleitet.
Das nachste Kapitel ist den zum Auslesen der hier besprochenen”persistent current“
Quantenbits verwendeten dc SQUIDs gewidmet. Da in dieser Diplomarbeit auch in-
trinsisch phasenvorgespannte dc SQUIDs hergestellt worden sind, wird im zweiten
Abschnitt dieses Kapitels die dafur verwendete Technologie diskutiert.
Kapitel vier setzt sich mit supraleitenden Quantenbits auseinander, wobei diese als
Einstieg in der Architektur-unabhangigen Darstellung des Zweiniveausystems vorge-
stellt werden. Im folgenden Abschnitt werden die zwei unterschiedlichen supraleiten-
den Quantenbitvarianten aus einem anschaulichen Schema abgeleitet. Im Anschluss
daran wird die Entwicklung vom rf SQUID zum”persistent current“ Quantenbit be-
trachtet und die beiden Varianten ausfuhrlich diskutiert. Experimentelle Resultate an
”persistent current“ Quantenbits schliessen dieses Kapitel.
In Kapitel funf werden die Probenherstellung und der Tieftemperatur- sowie der elek-
tronische Messaufbau besprochen. Des Weiteren werden im Anschluss an die Pro-
benherstellung im Rahmen dieser Diplomarbeit hergestellte, aber nicht vermessene
Quantenbit- und dc SQUID-Strukturen gezeigt.
Das Kapitel sechs ist ganz den experimentellen Resultaten und deren Diskussion be-
stimmt.
In Kapitel sieben schliesslich wird ein Resumee gezogen und ein Ausblick hinsichtlich
der Optimierung der Experimente und der Herstellung gegeben.
Kapitel 2
Josephson-Tunnelkontakte
Von einem anwendungsorientierten, technischen Standpunkt aus betrachtet, ist die be-
merkenswerteste Eigenschaft der Supraleitung sicherlich der widerstandsfreie Strom-
transport. Aus physikalischer Sicht ist das Beobachten quantenmechanischer Effekte
an makroskopischen, supraleitenden Objekten hervorzuheben. Die Quantisierung der
charakteristischen Parameter dieser makroskopischen Einheiten ist eine direkte Folge
der makroskopischen Wellenfunktion, die das Verhalten eines Supraleiters im ma-
kroskopischen Quantenmodell beschreibt, das am Anfang dieses Kapitels steht. Die
Bezeichnung”makroskopisch“ leitet sich von der Gesamtheit der Millionen von Cooper-
Paaren ab, die durch diese Wellenfunktion in diesem Quantenmodell dargestellt wird.
Anhand der Josephson-Effekte, wird dann ein Josephson-Tunnelkontakt im RCSJ Mo-
dell diskutiert. Dieses Kapitel schliesst mit der klassischen und quantenmechanischen
Betrachtung der Gesamtenergie eines unterdampften Josephson-Tunnelkontakts .
2.1 Das makroskopische Quantenmodell
In verschiedenen Materialien existiert neben dem normalleitenden Zustand ein supra-
leitender Zustand. Wird ein Supraleiter unter seine kritische Temperatur TC gekuhlt
und ubersteigt ein eventuell vorhandenes Magnetfeld nicht einen materialabhangigen,
kritischen Wert Hc, so findet der Phasenubergang in den supraleitenden Zustand statt.
Dieser Zustand zeichnet sich durch einen verschwindend kleinen Restwiderstand aus,
da der Stromtransport hauptsachlich uber die supraleitenden Ladungstrager erfolgt.
Diese aus einem Elektronenpaar bestehenden Ladungstrager werden als Cooper-Paare
bezeichnet und haben eine Ladung qs von 2e−, und eine Masse mq von 2me, wobei e−
der Elementarladung und me der Elektronenmasse entspricht. Ein phanomenologisches
17
18 KAPITEL 2. JOSEPHSON-TUNNELKONTAKTE
Modell zur Beschreibung von Supraleitern stellt das makroskopische Quantenmodell
[16, 17] dar. Obwohl es keine Erklarung der zugrunde liegenden mikroskopischen Me-
chanismen liefert, bildet es aufgrund seiner quantenmechanischen Natur eine gute
Basis zum Verstandnis der Supraleitung.
Da sich diese Cooper-Paare alle mit derselben Phase bewegen und somit einen ko-
harenten Zustand bilden, postuliert das makroskopische Quantenmodell die Existenz
einer makroskopischen Wellenfunktion Ψ(r, t), die das Verhalten der Gesamtheit der
Cooper-Paare beschreibt. Die zeitliche Entwicklung der makroskopischen Wellenfunk-
tion Ψ(r ,t) folgt der Schrodingergleichung der Quantenmechanik. Betrachten wir eine
Einteilchenwellenfunktion in der Quantenmechanik, so ergibt das Betragsquadrat im-
mer die Aufenthaltswahrscheinlichkeit des Teilchens an einem Ort r zu einer Zeit t
und ist, uber das ganze Volumen integriert, auf eins normiert. Die makroskopische
Wellenfunktion Ψ(r, t) beschreibt hingegen die Gesamtheit der Cooper-Paare und ist
deshalb auf deren Gesamtzahl Ns normiert
Ns =
∫Ψ(r, t)∗Ψ(r, t) dV. (2.1)
Somit resultiert aus dem Betragsquadrat nicht die Aufenthaltswahrscheinlichkeit son-
dern die Teilchenzahldichte ns(r, t) der supraleitenden Ladungstrager mit
ns(r, t) = |Ψ(r, t)|2 . (2.2)
Die makroskopische Wellenfunktion kann in der Form
Ψ(r, t) =√
ns(r, t) e ιΘ(r, t) (2.3)
mit der reellen Phase Θ(r, t) dargestellt werden.
Aus der, im Vergleich zur Quantenmechanik, unterschiedlichen Normierung der ma-
kroskopischen Wellenfunktion Ψ(r, t) im makroskopischen Quantenmodell resultiert
auch eine andere Bedeutung der Wahrscheinlichkeitsstromdichte j(r, t) als in der
Quantenmechanik. In der quantenmechanischen Schreibweise wird die Wahrschein-
lichkeitsstromdichte in Abhangigkeit vom Ort r und der Zeit t durch
jρ(r, t) = <
ψ∗(r, t)
(−ι~
m∇ −
qm
A(r, t)
)ψ(r, t)
(2.4)
2.1. DAS MAKROSKOPISCHE QUANTENMODELL 19
beschrieben [18]. Der Ausdruck < steht fur den Realteil in Gleichung (2.4), in die
die mikroskopische Einteilchenwellenfunktion ψ(r, t), die Ladung q und die Masse m
des Teilchens eingehen. Durch den Term mit dem Vektorpotential A(r, t) wird einem
Magnetfeld der Starke H = 1µ0
rotA Rechnung getragen.
In Gleichung (2.4) ersetzen wir die Masse m und die Ladung q durch die Masse und
Ladung eines Cooper-Paars. Multiplizieren wir diesen Ausdruck dann noch mit der
Ladung eines Cooper-Paars, so erhalten wir die supraleitende Stromdichte
Js(r, t) = qs<
Ψ∗(r, t)
(−ι~
ms∇ −
qs
msA(r, t)
)Ψ(r, t)
. (2.5)
Durch Einsetzen von Gleichung (2.3) in Gleichung (2.5) und mit dem Flussquant
Φ0 =h2e
(2.6)
vereinfacht sich diese zu
Js(r, t) =qsns~
ms
(∇Θ(r, t) −
2πΦ0
A(r, t)
). (2.7)
Basierend auf Gleichung (2.7) lassen sich also Effekte wie z.B. eine Anderung des
magnetischen Flusses in einem supraleitenden Ring, direkt auf die makroskopische
Wellenfunktion Ψ(r, t) bzw. deren Phase Θ(r, t) zuruckfuhren. Da diese die hochgra-
dig korrelierte, koharente Bewegung der Gesamtheit der Cooper-Paare im Rahmen
der Quantenmechanik beschreibt, konnen deren Gesetzmaßigkeiten an supraleitenden
makroskopischen Elementen uberpruft werden.
20 KAPITEL 2. JOSEPHSON-TUNNELKONTAKTE
Abbildung 2.1: Strom-Spannungs-Charakteristik eines Al-Al2O3-Pb Josephson-Tunnelkontaktesaus [19]. Der Tunnelstrom der Cooper-Paare bei der Spannung V = 0 ist deutlich zu erkennen.
2.2 Die Josephson-Effekte
Lange Zeit war man der Ansicht, dass ein Tunnelstrom aus supraleitenden Ladungs-
tragern nicht zu beobachten sein sollte. Zum ersten Mal wurden sowohl der Tunnel-
strom der Quasiteilchen als auch der der Cooper Paare 1960 von Nicol, Shapiro und
Smith [19] gemessen; die Strom-Spannungs-Charakteristik ist in Abbildung 2.1 ge-
zeigt. Dieser Effekt sollte zwei Jahre lang unerklart bleiben.
B. D. Josephson veroffentlichte 1962 eine Arbeit, in der er unter anderem zwei Effekte
an zwei schwach gekoppelten Supraleitern erklarte [20, 21]. Diese nach ihm benann-
ten Josephson-Effekte wurden in vielen Experimenten einwandfrei nachgewiesen. Die
dafur notwendige schwache Kopplung entsteht durch den Uberlapp der makrosko-
pischen Wellenfunktionen der beteiligten Supraleiter. Als schwach gekoppelte Kon-
takte werden beispielsweise Supraleiter-Isolator-Supraleiter- (SIS) oder Supraleiter-
Normalleiter-Supraleiter-(SNS) Kontakte bezeichnet.
Im Rahmen dieser Diplomarbeit werden ausschliesslich SIS-Tunnelkontakte aus Al-
2.2. DIE JOSEPHSON-EFFEKTE 21
Abbildung 2.2: Rasterelektronenmikroskop (REM) Aufnahme eines Al-Al2O3-Al Josephson-Tunnelkontakts, der im Rahmen dieser Arbeit hergestellt wurde (vgl. Abschnitt 5.1). Der rote Kreisschliesst den Josephson-Tunnelkontakt ein.
Al2O3-Al (siehe Abbildung 2.2) behandelt und deshalb wird im Folgenden auch nur
noch auf solche Kontakte eingegangen.
Der erste Josephson-Effekt beschreibt die Tatsache, dass durch einen SIS-Tunnelkontakt
auch ohne eine angelegte Spannung ein nicht dissipativer Stromfluss aus supraleiten-
den Ladungstragern beobachtet werden kann. Dieser supraleitende Stromfluss wird
auch als dc Josephson-Effekt bezeichnet und ist durch
Is(ϕ) = Ic sinϕ (2.8)
gegeben. Is(ϕ) ist der Strom der Cooper-Paare durch den Kontakt und Ic steht fur
den maximalen, kritischen Suprastrom, den der jeweilige Tunnelkontakt tragen kann.
Die Große ϕ beschreibt den eichinvarianten Phasenunterschied zwischen der linken
und der rechten Elektrode des Tunnelkontaktes, der implizit schon in Gleichung (2.7)
22 KAPITEL 2. JOSEPHSON-TUNNELKONTAKTE
SL 1 SL 2Barriere
1r , t 2 r , t
Abbildung 2.3: Schema eines SIS-Tunnelkontakts. ”SL1“ und ”SL2“ bezeichnen die zwei Supraleiterund ”Barriere“ die Isolationsschicht dazwischen. Ψj bezeichnet die makroskopische Wellenfunktionim jeweiligen Supraleiter SL j.
steht
∇Θ(r, t) −2πΦ0
A(r, t)1. (2.9)
Wie bereits weiter oben eingefuhrt, entspricht Θ der Phase der makroskopischen Wel-
lenfunktion und A(r, t) dem Vektorpotential. Durch Integration von Gleichung (2.9)
von Supraleiter 1 uber die Barriere hinweg zu Supraleiter 2 (vgl. Abbildung 2.3) ergibt
sich der eichinvariante Phasenunterschied
ϕ =
∫ 2
1
(∇Θ(r, t) −
2πΦ0
A(r, t)
)ds
= Θ2 − Θ1 −2πΦ0
∫ 2
1A(r, t) ds.
(2.10)
Dieser Ausdruck reduziert sich im feldfreien Fall auf den Phasenunterschied ∆Θ der
makroskopischen Wellenfunktionen der zwei Supraleiter.
Der eichinvariante Phasenunterschied ϕ stellt sich dabei immer genau so ein, dass
Gleichung (2.8) erfullt ist, falls der Strom nicht großer als der kritische Strom Icist. Ubersteigt der angelegte Strom Ib den kritischen, dann fallt eine Spannung an
dem Kontakt ab und er schaltet in den Spannungszustand . Die Strom-Spannungs-
Charakteristik zeigt dann ein ohmsches Verhalten mit dem normalleitenden Wider-
stand Rn.
Der zweite Josephson-Effekt beschreibt das Verhalten eines Josephson-Tunnelkontakts
an dem eine Spannung abfallt. Diese Spannung V ruft eine zeitliche Entwicklung des
1Dieser Ausdruck wird auch als ”Phasengradient“ bezeichnet, obwohl im allgemeinen keine skalareFunktion γ exisitiert, fur die ∇γ mit Gleichung (2.9) ubereinstimmt. Dies hatte namlich zur Folge,dass ∇γ−∇Θ ∝ A(r, t); wegen ∇×A(r, t) = B(r, t) wurde das nur den Fall B(r, t) = 0 einschliessen.
2.2. DIE JOSEPHSON-EFFEKTE 23
eichinvarianten Phasenunterschieds ϕ an dem Josephson-Tunnelkontakt gemaß
∂ϕ
∂t=
2πΦ0
V (2.11)
hervor. Dieser zweite Josephson-Effekt wird auch als ac-Josephson-Effekt bezeich-
net, da in dieser Situation ein supraleitender Wechselstrom mit der charakteristischen
Josephson-Frequenz
ωc =2πΦ0
V (2.12)
fließt.
Der Uberlapp der beiden makroskopischen Wellenfunktionen kann hinsichtlich seiner
Starke mit der Kopplungsenergie Ej (ϕ) charakterisiert werden. Diese in dem Kontakt
gespeicherte Energie ergibt sich durch Integration der fur die Beschleunigung der su-
praleitenden Ladungstrager notwendigen Leistung uber die Zeit. Mit Gleichung (2.8)
und Gleichung (2.11) resultiert
EJ(ϕ) =∫ t ′
0IsVdt
=
∫ t ′
0Ic sinϕ′
Φ0
2πdϕ′
dtdt
=Φ0Ic2π
∫ ϕ
0sinϕ′ dϕ′
= EJ0(1− cosϕ).
(2.13)
Die erste Integration erstreckt sich vom Zeitpunkt t = 0 bis zu t = t′ und fur die
Integration uber ϕ′ von ϕ(0) = 0 bis ϕ(t′) = ϕ. In Gleichung (2.13) bezeichnet
EJ0 =Φ0Ic2π
(2.14)
die Josephson-Energie.
24 KAPITEL 2. JOSEPHSON-TUNNELKONTAKTE
JJRn
Ib
VC
E p o t
j
I b = 0 I b = 0 . 5 I c I b = 1 . 1 I c
M
Abbildung 2.4: Ersatzschaltbild eines Josephson-Kontakts im RCSJ Modell (links) und Wasch-brettpotential (rechts). Die beiden Bilder werden im Text erklart.
2.3 Das RCSJ Modell
2.3.1 Das RCSJ Modell und seine Komponenten
Die Physik eines Josephson-Tunnelkontakts basiert auf der Beschreibung der nicht-
linearen Dynamik des eichinvarianten Phasenunterschieds ϕ. Anschaulich wird diese
Dynamik am Beispiel der im rechten Teil in Abbildung 2.4 dargestellten Bewegung ei-
nes fiktiven Teilchens diskutiert, dass sich in einem verkippten kosinusformigen, auch
als”tilted washboard“ bezeichneten Potential bewegt [17, 22]. Die Darstellung der
zeitlichen Entwicklung des eichinvarianten Phasenunterschieds ϕ hangt komplett von
dem zugrunde gelegten Schaltkreis ab, mit dem der Josephson-Tunnelkontakt model-
liert wird.
Ein einfacher und oft verwendeter Typ ist das Resistively and Capacitively Shunted
Junction (RCSJ) Modell. In diesem wird ein idealer Josephson-Tunnelkontakt in ei-
ne Parallelschaltung aus einem frequenz- und spannungsunabhangigen Widerstand Rn
und einer idealen Kapazitat C, wie im linken Teil der Abbildung 2.4 gezeigt, integriert.
Der Stromanteil des idealen Josephson-Tunnelkontakts ist durch Gleichung (2.8) gege-
ben. Der Widerstand Rn, der den Quasiteilchenstrom beschreibt, folgt dem Ohm’schen
Gesetz und sein Anteil am Gesamtstrom ist durch
IQ =VRn
(2.15)
2.3. DAS RCSJ MODELL 25
gegeben. Die Parallelkapazitat resultiert aus der Betrachtung des Josephson-Tunnelkon-
takts als idealem Plattenkondensator mit
Id = CdVdt
(2.16)
als Verschiebungsstrom. Wie im Fall eines Plattenkondensators wird die Kapazitat C
durch
C =ε0εRAdoxid
(2.17)
beschrieben. In Gleichung (2.17) steht ε0 fur die Dielektrizitatskonstante des Vakuums,
ε R fur die des Barrierenmaterials (fur Al2O3 ≈ 10), doxid fur die Dicke der Barriere
(ublicherweise 0.35− 1 nm) und A fur die Flache des Josephson-Tunnelkontakts.
2.3.2 Josephson-Tunnelkontakt im RCSJ Modell
Nach dieser kurzen Betrachtung der Bestandteile des RCSJ Modells aus Abbildung 2.4,
wird im folgenden ein Strom Ib an den Josephson-Tunnelkontakt angelegt und das
Verhalten in diesem Modell diskutiert. Ausgehend von
Ib = Is + IQ + Id (2.18)
erhalten wir durch Einsetzen von Gleichungen (2.8), (2.11) und (2.16)
Ib = Ic sinϕ +1Rn
(Φ0
2π
)dϕdt+C
(Φ0
2π
)d2ϕ
dt2. (2.19)
Multiplizieren wir diesen Ausdruck mit(Φ02π
)und setzen Gleichung (2.14) ein, so ergibt
sich
C
(Φ0
2π
)2 d2ϕ
dt2+
1Rn
(Φ0
2π
)2 dϕdt+
ddϕ
EJ0
(1− cosϕ −
IbIcϕ
)= 0. (2.20)
Ein Vergleich von Gleichung (2.20) mit der Bewegungsgleichung eines Teilchens der
Masse M, Dampfung η in dem Potential Upot
Md2xdt2+ η
dxdt+ ∇Upot = 0, (2.21)
26 KAPITEL 2. JOSEPHSON-TUNNELKONTAKTE
liefert unter der Bedingung, daß ϕ als generalisierte Koordinate gesehen wird, folgende
Analogien:
M ≡ C
(Φ0
2π
)2
(2.22)
η ≡
(Φ0
2π
)2 1Rn
(2.23)
Upot ≡ EJ0
(1− cosϕ −
IbIcϕ
)(2.24)
Dieses Potential U entspricht dem verkippten Waschbrettpotential und wurde fur
verschiedene Verhaltnisse von Ib/Ic im rechten Teil der Abbildung 2.4 dargestellt.
2.3.3 Uberdampfte und unterdampfte Josephson-Tunnelkontakte
Die Analogie zwischen einem Teilchen mit der Masse M in einer verkippten Potenti-
allandschaft und einem Josephson-Tunnelkontakt ermoglicht eine anschauliche Defini-
tion von unter - und uberdampften Josephson-Tunnelkontakten. Ein an den Josephson-
Tunnelkontakt angelegter Strom Ib, der großer als sein kritischer Strom Ic ist, wird
langsam zuruckgedreht. In der Potentiallandschaft des mechanischen Analogons kon-
nen sich somit nach Gleichung (2.24) lokale Minima bilden.
Im Fall eines uberdampften Kontakts stellen diese lokalen Minima tiefe Potential-
topfe dar, in denen das Teilchen wegen seiner geringen Masse und der starken Damp-
fung eingefangen wird. Nach Gleichung (2.22) bzw. Gleichung (2.23) entspricht dies ei-
nem Josephson-Tunnelkontakt mit kleiner Kapazitat C und/oder kleinem Widerstand
R. Da sich die Phase nicht mehr frei bewegen kann, sondern zur Ruhe kommt, schaltet
der Josephson-Tunnelkontakt gemaß Gleichung (2.11) sofort nach Unterschreiten des
kritischen Stroms in den spannungslosen Zustand. Die Strom-Spannungskennlinie, die
im unteren Teil der Abbildung 2.5 gezeigt ist, weist fur ein Durchfahren von Ib > Icnach −Ib < −Ic und wieder zuruck keine Hysterese auf.
In einem unterdampften Kontakt stellen diese lokalen Minima keine tiefen Potenti-
altopfe dar und da das Teilchen mehr Masse hat und keine starke Dampfung vorliegt,
wird es auch nicht mehr sofort eingefangen. Im Gegensatz zu oben entspricht dies ei-
nem Josephson-Tunnelkontakt mit großer Kapazitat C und/oder großem Widerstand
R. Somit kann sich die Phase noch langer die Potentiallandschaft hinunter bewe-
gen und der Jospehson-Tunnelkontakt schaltet erst spater, bei einem Strom der als
”retrapping“ Strom Ir bezeichnet wird, in den spannungslosen Zustand. Die Strom-
2.3. DAS RCSJ MODELL 27
−2 −1.5 −1 −0.5 0 0.5 1 1.5 2−2
−1.5
−1
−0.5
0
0.5
1
1.5
2
Ib/I
c
<V>/IcR
n
Durchfahren von −Ib nach I
b für |I
b>I
c|
Durchfahren von Ib nach −I
b für |I
b>I
c|
Ir
"retrapping" Strom Ir,
mit Hysterese
−2 −1.5 −1 −0.5 0 0.5 1 1.5 2−2
−1.5
−1
−0.5
0
0.5
1
1.5
2
Ib/I
c
<V>/IcR
n
Durchfahren von −Ib nach I
b für |I
b>I
c|
Durchfahren von Ib nach −I
b für |I
b>I
c|
kein "retrapping" Strom Ir,
keine Hysterese
Abbildung 2.5: Strom-Spannungs-Charakteristik eines unterdampften (oben) und uberdampften(unten) Josephson-Tunnelkontakts im RCSJ Modell.
28 KAPITEL 2. JOSEPHSON-TUNNELKONTAKTE
Spannungskennlinie, die im oberen Teil der Abbildung 2.5 gezeigt ist, weist deshalb
fur ein Durchfahren von Ib > Ic nach −Ib < −Ic und wieder zuruck eine Hysterese
auf.
Formal lassen sich unter- und uberdampfte Josephson-Tunnelkontakte durch einen
Parameter βc unterscheiden. Da dieser von Stewart [23] und McCumber [24] einge-
fuhrt wurde, wird er auch als Stewart-McCumber Parameter bezeichnet und fur einen
uberdampften Josephson-Tunnelkontakt ist er durch
βc =2πIcRn
2CΦ0
1 (2.25)
gegeben. Im Fall eines unterdampften Josephson-Tunnelkontakts wird dieser Aus-
druck zu
βc =2πIcRn
2CΦ0
1. (2.26)
Analytisch betrachtet beschreibt βc den Einfluss der Kapazitat im RCSJ Modell aus
Abbildung 2.4 bis zu der charakteristischen Frequenz ωc aus Gleichung (2.12), mit
βc =ωc
2
ωp2. (2.27)
Die Frequenz
ωp =
√2πIcΦ0C
(2.28)
enspricht der Plasmafrequenz des Josephson-Tunnelkontakts. Durch diese analytische
Betrachtung wird der direkte Zusammenhang zwischen dem normalleitenden Wider-
stand Rn und der Kapazitat C, und dem Verhalten eines Jospehson-Tunnelkontakts
auf eine physikalisch stabilere Basis gestellt, als durch die anschauliche, mechanische
Analogie eines fiktiven Teilchens.
2.4. GESAMTENERGIE EINES UNTERDAMPFTEN JOSEPHSON-TUNNELKONTAKTS 29
2.4 Gesamtenergie eines unterdampften
Josephson-Tunnelkontakts
Betrachten wir nun einen unterdamften Josephson-Tunnelkontakt im Spannungszu-
stand, d.h. ϕ , 0. Diese Einschrankung ist fur die folgenden Betrachtungen notwendig,
da ein uberdampfter Josephson-Tunnelkontakt im Spannungszustand betrieben, durch
den normalleitenden Strom In viel starker an die Umgebung gekoppelt ist und man
einen dissipativen Term mitberucksichtigen musste. Somit ware die Energieerhaltung
selbst uber sehr kurze Zeitintervalle nicht gewahrleistet und die folgenden Uberlegung
waren nicht anwendbar [16].
Die Gesamtenergie EG eines unterdampften Josephson-Tunnelkontakts bei T = 0 K,
d.h. Quasiteilchen werden in dieser Betrachtung vernachlassigt, setzt sich aus der kine-
tischen Energie EK und der potentiellen Energie U, die in Gleichung (2.13) berechnet
worden ist, zusammen. Die schon bei der Diskussion des RCSJ Modells angewendete
Betrachtung von ϕ als generalisierte Koordinate des Systems rechtfertigt auch hier die
Bezeichnungen”kinetisch“ und
”potentiell“ fur die beteiligten Energien. Die kinetische
Energie resultiert aus
EK =12
CV2 =Q2
2C=
12
EJ0
ϕ2
ωp2. (2.29)
Mit Gleichung (2.29) und Gleichung (2.13) ist die Gesamtenergie EG durch
EG =12
EJ0
ϕ2
ωp2+ EJ0(1− cosϕ) (2.30)
gegeben, wobei EJ0 wie in Gleichung (2.14) die Josephson-Energie und ωp die bereits
oben eingefuhrte Plasmafrequenz des Josephson-Tunnelkontakts ist.
30 KAPITEL 2. JOSEPHSON-TUNNELKONTAKTE
2.5 Quantenmechanische Betrachtung der
Gesamtenergie
Die zwei Josephson-Gleichungen, durch die ein Josephson-Tunnelkontakt beschrieben
wird, setzen voraus, dass die benotigten Variablen wie I , V, oder ϕ mit beliebiger
Genauigkeit gleichzeitig gemessen werden konnen. Obwohl sie eindeutig quantenme-
chanischer Natur sind, verletzen die zwei Josephson-Gleichungen somit doch eines
der elementarsten Prinzipien der Quantenmechanik und sind deshalb gewissermassen
als”klassisch“ zu bezeichnen. Dies stutzt die Annahme, dass die Beschreibung eines
Josephson-Tunnelkontakts durch seine Strom-Phase- und Spannungs-Phase-Beziehung
nur die sehr gute Naherung einer exakten quantenmechanischen Beschreibung, in
einem als klassisch zu bezeichnenden Bereich ist [16]. Ausgehend von der in Ab-
schnitt 2.4 hergeleiteten Gesamtenergie in Gleichung (2.30) wird das Verhalten des
unterdampften Josephson-Tunnelkontakts quantenmechanisch untersucht.
Mit Hilfe des Lagrange Formalismus ergibt sich die klassische Hamilton Funktion
als Summe der potentiellen und der kinetischen Energie. Gleichung (2.30) stellt al-
so bereits diese klassische Hamilton Funktion dar. Der Ubergang zu einer quanten-
mechanischen Behandlung dieses Josephson-Tunnelkontakts wird durch Ersetzen der
klassischen konjugierten Variablen in der klassischen Hamilton Funktion durch den
jeweiligen quantenmechanischen Operator erreicht. Hier bedeutet dies, dass wir die
Ladung durch den Operator in der Phasendarstellung, die der Ortsdarstellung ent-
spricht, ersetzen mussen. Zu diesem Zweck wird zunachst Gleichung (2.30) durch
Einsetzen von Gleichungen (2.11), (2.14) und (2.28) in
EG = EJ0(1− cosϕ) +12
EJ0
ϕ2
ωp2
= EJ0(1− cosϕ) +C2V2
4e2
4e2
2C
(2.31)
umgeformt. Mit Hilfe des Korrespondenzprinzips fur die Variable N, die mit der La-
dung uberQ2e=
CV2e= N, N → ι
∂
∂ϕ(2.32)
verknupft ist, und der Coulomb-Energie EC fur die Ladung eines einzelnen Elektrons
EC =e2
2C(2.33)
2.5. QUANTENMECHANISCHE BETRACHTUNG DER GESAMTENERGIE 31
wird dieser Ausdruck zum Hamilton Operator H des Josephson-Tunnelkontakts
H = EJ0(1− cosϕ) − 4EC
∂2
∂ϕ2. (2.34)
Bei N und ϕ handelt es sich um zwei quantenmechanisch-konjugierte Variablen [25],
die dem Kommutator [ϕ,N
]= ι (2.35)
genugen. Diese Vertauschungsrelation kann alternativ als eine Unscharferelation fur
die Cooper-Paare formuliert werden, die formal der Schwingerschen Ungleichung
∆N∆ϕ ≥ 1 (2.36)
entspricht [26]. Nach [16] kann die Abweichung von der”klassischen“ Beschreibung
durch das Verhaltnis von~2ωp
2
EC2≡
8EJ0
EC
(2.37)
charakterisiert werden. Fur ~ωp 2√
2EJ0 sind die Energieniveaus um das Mini-
mum, ϕ ′ = 2πn, des Potentialtopfes lokalisiert. Dies wird verstandlich, wenn man
berucksichtigt, dass die Hohe U0 des Potentialtopfes nach [16] durch
U0 ∝ 2EJ0 (2.38)
genahert werden kann.
Es ist somit nach [16] moglich, den Kosinus-Term im Potential in Gleichung (2.34) in
einer Taylor-Reihe um das Minimum zu entwickeln. Vernachlassigen wir alle Terme
ab einschliesslich der 3. Ordnung, so erhalten wir einen Hamilton Operator
H = EJ0
12ϕ2 − 4EC
∂2
∂ϕ2, (2.39)
der formal dem des harmonischen Oszillators entspricht. Dessen Energieeigenzustande
sind allgemein nach [18] durch
En = ~ω (n+12
) (2.40)
32 KAPITEL 2. JOSEPHSON-TUNNELKONTAKTE
gegeben. In unserem Fall entspricht der Frequenz ω die Plasmafrequenz des Josephson-
Tunnelkontakts ωp.
Kapitel 3
dc SQUIDs
Die in dieser Diplomarbeit diskutierten supraleitenden Qubits werden uber dc SQUIDs
ausgelesen und deshalb werden diese Bauelemente in diesem Kapitel eingehend be-
sprochen.
Aus technischen Grunden kann es interessant sein, dc SQUIDs und andere supraleiten-
de Bauelemente bei einem festgelegten Arbeitspunkt zu betreiben. Eine sehr elegante
Moglichkeit stellt die im zweiten Abschnitt dieses Kapitels vorgestellte Variante der
Integration eines surpaleitenden Ringes in die dc SQUID-Struktur dar. Diese Kombi-
nation aus Ring und dc SQUID wird dann auch als phasenvorgespanntes dc SQUID
bezeichnet.
3.1 Das dc SQUID
Ein direct current Superconducting QUantum Interference Device, dc SQUID, be-
steht aus zwei parallel geschalteten Josephson-Tunnelkontakten wie im linken Teil der
Abbildung 3.1 gezeigt. Dieses dc SQUID eignet sich zum Nachweis von Anderungen
des die Innenflache des Rings durchsetzenden magnetischen Flusses. Prinzipiell basiert
der Nachweis einer Anderung im externen Fluss Φext auf der Φ0-periodischen Abhan-
gigkeit des kritischen Stroms des dc SQUIDs von dieser Große, wie im rechten Teil der
Abbildung 3.1 gezeigt. Der magnetische Fluss durch die vom dc SQUID umschlossene
Flache verursacht eine Phasenanderung der makroskopischen Wellenfunktionen in den
beiden Zweigen und je nach seiner Starke interferieren die zwei makroskopischen Wel-
lenfunktionen. Diese Eigenschaften spiegeln sich im Namen SQUID durch”quantum“
und”interference“ wieder. Betrachtet man zwei identische Josephson-Tunnelkontakte
33
34 KAPITEL 3. DC SQUIDS
HJJ
ISQUID
I2
I1
0 0.5 1 1.5 2 2.5 3 3.5 4 Φext
/Φ0
Im
/Ic
2
Abbildung 3.1: Schema eines dc SQUIDs (links); JJ steht fur die Josephson-Tunnelkontakte desdc SQUIDs, die Stome werden durch Ii beschrieben. Die Große H stellt ein angelegtes Magnetfelddar, das aus der Abbildungsebene herauszeigt. Auf der rechten Seite ist die Abhangigkeit des aufIc normierten maximalen Stroms Im eines dc SQUIDs vom ihn durchsetzenden auf Φ0 normiertenmagnetischen Fluss Φext wiedergegeben.
in den Asten des dc SQUIDs mit den kritischen Stromen,
Ii = Ic sinϕi
mit i = 1 oder 2, so ergibt sich der kritische Strom des dc SQUIDs zu
ISQUID = I1 + I2
= Ic sinϕ1 + Ic sinϕ2
= 2Ic cos(ϕ1 − ϕ2
2
)sin
(ϕ1 + ϕ2
2
).
(3.1)
Durch Linienintegration der Phasenanderung der makroskopischen Wellenfunktionen
∇Θ entlang des gestrichelten Integrationswegs in Abbildung 3.2 erhalt man einen Aus-
druck fur die eichinvarianten Phasenunterschiede ϕ1 und ϕ2. Wegen der Eindeutigkeit
der makroskopischen Wellenfunktionen, muss diese Phasenanderung integriert uber
eine geschlossene Kontur C 2πn ergeben,∮C∇Θ ds = 2πn = (Θb − Θa)︸ ︷︷ ︸
Kontakt
+ (Θc − Θb)︸ ︷︷ ︸Ring
+ (Θd − Θc)︸ ︷︷ ︸Kontakt
+ (Θa − Θd)︸ ︷︷ ︸Ring
, (3.2)
3.1. DAS DC SQUID 35
Hb
a
c
d
I
I
I1 I2
C
Abbildung 3.2: Die gestrichelte Linie bzw. die schwarzen Pfeile beschreiben den Integrationswegbzw. die -richtung tief im Inneren des supraleitenden Rings. Die Josephson-Tunnelkontakte sind blauund ein den Ring durchsetzendes Magnetfeld H, das aus der Abbildungsebene herauszeigt, ist grundargestellt.
wobei n eine ganze Zahl ist. Unter Berucksichtigung der Gleichungen (2.7) und (2.10)
und mit dem London’schen Koeffizienten
Λ =ms
qs2ns
(3.3)
liefern die einzelnen Summanden in Gleichung (3.2) folgende Beitrage zu dem Linien-
integral
Θb − Θa = −ϕ1 −2πΦ0
∫ b
aA(r, t) ds (3.4)
Θc − Θb = −2πΦ0
∫ c
bA(r, t) ds −
2πΦ0
∫ c
bΛJs(r, t) ds (3.5)
Θd − Θc = ϕ2 −2πΦ0
∫ d
cA(r, t) ds (3.6)
Θa − Θd = −2πΦ0
∫ a
dA(r, t) ds −
2πΦ0
∫ a
dΛJs(r, t) ds (3.7)
Aus den Beitragen mit dem Vektorpotential A(r, t) ist ersichtlich, dass dessen Inte-
gration uber die geschlossene Kontur C mit
2πΦ0
∮CA(r, t) ds =
2πΦsum
Φ0(3.8)
36 KAPITEL 3. DC SQUIDS
erfolgt. Somit ergibt sich aus Gleichung (3.8) der eingeschlossene magnetische Fluss
Φsum.
Die Integration uber die supraleitende Stromdichte Js erfolgt hingegen nicht uber die
geschlossene Kontur C, sondern spart die Bereiche der Barrieren, also von a nach
b und von c nach d, aus. Diese Abweichung wird durch die Nomenklatur D in der
Integration
2πΦ0
∮DΛJs(r, t) ds =
2πΦ0
∫ a
dΛJs(r, t) ds +
2πΦ0
∫ c
bΛJs(r, t) ds (3.9)
zum Ausdruck gebracht. Unter Berucksichtigung der Gleichungen (3.4), (3.5), (3.6),
(3.7), (3.8) und (3.9) erhalten wir fur die eichinvarianten Phasenunterschiede ϕ1 und
ϕ2 die Beziehung
ϕ2 − ϕ1 = 2πn+2πΦsum
Φ0+
2πΦ0
∮DΛJs(r, t) ds. (3.10)
Die supraleitende Stromdichte Js(r, t) fallt allgemein im Inneren eines Supraleiters
exponentiell mit der London’schen Eindringtiefe
λL(0) =√
ms
µ0nsqs2
(3.11)
ab. In diesem Ausdruck steht µ0 fur die magnetische Feldkonstante. Diese Große ist
temperaturabhangig und λL(0) ist der Wert fur T = 0. Dieser Zusammenhang lasst sich
aus der 2. London Gleichung herleiten, was hier jedoch nicht durchgefuhrt wird. Aus
diesem Grund kann der Beitrag aus Gleichung (3.9) in Gleichung (3.10) vernachlas-
sigt werden, falls die Abmessungen des Querschnitts der supraleitenden Ringstruktur
großer als einige London’sche Eindringtiefen sind. Fur Aluminium finden sich in der
Literatur Werte von λL(0) ≈ 100 nm.
Mit dieser Einschrankung reduziert sich Gleichung (3.10) auf
ϕ2 − ϕ1 = 2πn+2πΦsum
Φ0. (3.12)
Unter Verwendung von Gleichung (3.12) resultiert fur den kritischen Strom des dc
SQUIDs
ISQ = 2Ic cos
(πΦsum
Φ0
)sin
(ϕ1 +
πΦsum
Φ0
). (3.13)
3.1. DAS DC SQUID 37
Der Fluss Φsum laßt sich als Summe aus dem externen und dem selbst induzierten
Fluss durch
Φsum ≡ Φext + Φid (3.14)
darstellen. Setzten wir zusatzlich zu den identischen Kontakten auch noch eine Sym-
metrie der zwei Zweige voraus, so konnen wir den mittleren Strom I und den zirku-
lierenden Strom Icir nach [17] mit
I =I1 + I2
2(3.15)
Icir =I1 − I2
2(3.16)
einfuhren. Der mittlere Strom I in dem Ring hat keinen Anteil an dem induzierten
Feld, da sich dessen Beitrage aufheben. Der selbst induzierte Fluss wird nur durch
den zirkulierenden Strom Icir erzeugt. Mit der geometrischen Induktivitat des Rings
LG und Gleichung (3.16) laßt sich Gleichung (3.14) als
Φsum = Φext + LGIcir
= Φext +LGIc
2(sinϕ1 − sinϕ2)
= Φext + LGIc sin(ϕ1 − ϕ2
2
)cos
(ϕ1 − ϕ2
2
)= Φext − LGIc sin
(πΦext
Φ0
)cos
(ϕ1 +
πΦext
Φ0
) (3.17)
schreiben. Im folgenden soll der Fall LGIc Φext betrachtet werden, indem die Am-
plitude des selbst induzierten Feldes das zu messende externe Feld kaum verfalschen
kann. Die Gleichung (3.14) reduziert sich dann zu Φsum ≈ Φext. Um den maxima-
len Strom Im bei einem festen Φext zu bestimmen, muss das Maximum von Glei-
chung (3.13) in Abhangigkeit von ϕ1 berechnet werden.
ddϕ1
2Ic cos
(πΦext
Φ0
)sin
(ϕ1 +
πΦext
Φ0
)= 2Ic cos
(πΦext
Φ0
)cos
(ϕ1 +
πΦext
Φ0
)= 0 (3.18)
Daraus resultiert die Bedingung
cos
(ϕ1 +
πΦext
Φ0
)= 0. (3.19)
38 KAPITEL 3. DC SQUIDS
Am Extremum ϕ′1 hat der Sinus in Gleichung (3.13) den Wert
sin
(ϕ′1 +
πΦext
Φ0
)= ±1. (3.20)
Der maximale Strom Im ist somit durch
Im = 2Ic
∣∣∣∣∣∣cos
(πΦext
Φ0
)∣∣∣∣∣∣ (3.21)
gegeben.
3.2. DAS PHASENVORGESPANNTE DC SQUID 39
3.2 Das phasenvorgespannte dc SQUID
Viele supraleitende Anwendungen in der Elektronik basieren auf den Josephson- Effek-
ten, d.h. der Strom und die Spannung hangen direkt von der Phase ab. Aus technischen
Grunden kann es interessant sein, diese Bauelemente bei einer ganz bestimmten Pha-
se zu betreiben, d.h. mit einer Phase”vorzuspannen“ was mit dem Ausdruck
”phase
biased“ beschrieben wird. Normalerweise wird diese Phasenvorspannung oder”pha-
se bias“ durch einen bestimmten externen magnetischen Fluss realisiert. Mit diesem
Verfahren erzeugt man allerdings auch immer Rauschen durch die Stromquelle mit
der die dafur notwendige Spule betrieben wird und benotigt zusatzlichen Platz fur die
Spule. Um das zu vermeiden, sucht man nach intrinsischen Moglichkeiten die Phase
vorzuspannen, d.h. man versucht die benotigte Phasenvorspannung in das Design zu
integrieren.
In π -Josephson-Kontakten wird die Phase mit π vorgespannt, d.h. die Charakteristik
des phasenabhangigen Stroms wird um π verschoben. Solche π - Josephson-Kontakte
sind mit d-Wellen Supraleitern [8] oder mit Supraleiter-Ferromagnet-Supraleiter-Kon-
takten (SFS) [6] bereits realisiert worden. Ohne naher darauf einzugehen, sind dafur
komplexe Herstellungsverfahren und komplizierte Materialsysteme notwendig. An der
Delft University of Technologie im Kavli Institute of Nanoscience unter Professor J.E.
Mooij wurde eine Moglichkeit fur eine Phasenvorspannung in Al-Technologie entwi-
ckelt [27, 28, 29, 30]. In diesen Arbeiten wurde eine einfache Aluminiumstruktur, mit
der beliebige Phasenvorspannungen zwischen 0 und 2π realisiert werden konnen, her-
gestellt und charakterisiert. Es handelt sich dabei um einen geschlossenen Ring aus
Aluminium, der z.B. in eine dc SQUID Struktur integriert wird. Je nachdem mit wel-
chem Bruchteil seines Umfangs er zum dc SQUID Ring beitragt, ruft er eine andere
Verschiebung der Phase im dc SQUID Ring hervor. Das Schema eines solchen Rings
ist im linken Teil der Abbildung 3.3 gezeigt.
Die Phasendifferenz γ entlang dieses Rings mit dem Umfang s muss wegen der Ein-
deutigkeit der makroskopischen Wellenfunktion ein Vielfaches von 2π sein
2πn = 2πΦsum
Φ0+
2πΦ0
∮sΛJs(r, t) ds︸ ︷︷ ︸
Phasendifferenz γ
. (3.22)
Das Linienintegral aus Gleichung (3.22) wird mit einer raumlich und zeitlich homo-
genen Stromverteilung, die sich aus dem Querschnitt bh der Ringstruktur und dem
40 KAPITEL 3. DC SQUIDS
s
extind
JJ
Abbildung 3.3: Schema eines Rings fur die Phasenvorspannung (links) und eines π/2 dc SQUIDs(rechts). Links bezeichnet γ die Phasendifferenz entlang des Rings und s seinen Umfang. Φext +
Φind bezeichnet den Fluss in dem Ring. Rechts ist das Schema eines π/2 dc SQUIDs gezeigt. Dergestrichelte Pfad kennzeichnet den Integrationsweg fur den veranderten Phasenunterschied.
Strom im Ring IR zu
Js(r, t) =IR
bh(3.23)
ergibt, sowie der London’schen Eindringtiefe aus Gleichung (3.11) zu
2πΦ0
∮sΛJs(r, t) ds =
2πΦ0λL
2µ0s
bhIR
=2πΦ0
LKIR ≡ γ.
(3.24)
In Gleichung (3.24) wird die kinetische Induktivitat
LK = λL2µ0
sbh
(3.25)
eingefuhrt [17]. Aufgrund der direkten Proportionalitat der Phasendifferenz γ zu die-
ser Große, wird eine wichtige Anforderung an das Design des Ringes deutlich. Die
Abmessungen des Querschnitts der Ringstruktur b und h mussen kleiner als die Lon-
don’sche Eindringtiefe λL sein1, um einen signifikanten Phasenunterschied direkt durch
die Ringstruktur und nicht nur durch den induzierten Fluss darstellen zu konnen.
Fur eine genauere Betrachtung des Phasenunterschieds γ wird Gleichung (3.14) in
1Diese Bedingung ist mit der, bereits weiter oben gemachten, Annahme einer raumlich und zeitlichhomogenen Stromverteilung identisch.
3.2. DAS PHASENVORGESPANNTE DC SQUID 41
Gleichung (3.22) eingesetzt und mit der magnetischen Frustration des Rings
fR =Φsum
Φ0(3.26)
und der geometrischen Induktivitat LG zu
γ = −2πΦext + Φind
Φ0+ 2πn
= −2π f + 2πn− 2πΦind
Φ0
= 2π
(n− fR −
LGIR
Φ0
)= 2π
[(n− fR)Φ0 − LGIR
Φ0
](3.27)
umgeformt. Das Verhaltnis der kinetischen zur geometrischen Induktivitat
β ≡LG
LK
(3.28)
ermoglicht nach [27] eine weitere Umformung zu
γ = 2πn− fR1+ β
. (3.29)
Der Strom in dem Ring IR ist nach [29] und Gleichung (3.24) durch
IR =Φ0
LG
(n− fR) β1+ β
(3.30)
dargestellt. Die Energiezustande ER des Rings sind nach [27] durch
ER =12
LKIR2 +
12
LGIR2. (3.31)
gegeben. Durch Verwenden von Gleichungen (3.25), (3.24) und (3.29) ergibt sich ER
zu
ER =Φ0
2LK(1+ β)( fR − n)2. (3.32)
Eine Phasenvorspannung wird in mehreren Schritten realisiert. Zunachst wird der
Ring oberhalb von TC einem Magnetfeld ausgesetzt, das in dem Ring ungefahr ein
42 KAPITEL 3. DC SQUIDS
−2 −1.5 −1 −0.5 0 0.5 1 1.5 2 0
0.2
0.4
0.6
0.8
1
fR
ER
(n) n = −1n = 0n = 1
Abbildung 3.4: Einige Energiezustande ER(n) des Rings in Abhangigkeit von seiner FrustrationfR.
Flussquant hervorruft. Der Ring wird in Abhangigkeit dieses magnetischen Flusses
den niedrigsten Energiezustand einnehmen2. Dann wird er unter die kritische Tem-
peratur gekuhlt. Dabei nimmt der Ring den niedrigsten Energiezustand n = 1 an.
Wird das Magnetfeld abgeschaltet, kann der Ring nicht in den neuen Grundzustand
n = 0 ubergehen, da sich dafur seine Phase andern mußte. Da der Ring supraleitend
ist setzt dies voraus, dass die Dichte der supraleitenden Ladungstrager innerhalb der
Ringstruktur auf einer Lange, die in der Großenordnung der Koharenzlange ζ0 liegt,
Null wird und das Flussquant den Ring verlassen kann. Diese Koharenzlange, die
vom jeweiligen Supraleiter abhangt, ist ein Mass fur das Abklingen der makroskopi-
schen Wellenfunktion außerhalb des Supraleiters. Die ohne angelegten Strom benotigte
Energie fur diesen Vorgang betragt nach [27] und [31] ungefahr√
6IcΦ0/2π, wobei Ichier der kritische Strom des Rings ist. Nimmt man einen realistischen kritischen Strom
von 1 mA an so erntspricht die benotigte Energie fur diesen Prozess einer Temperatur
von mehr als 10000 K [27]. Ein auf diese Art”gefangener“ Fluss in einem Ring wird
auch als eingefroren bzw”frozen“ bezeichnet.
Im folgenden wird dieser Ring mit einem eingefrorenen Flussquant in einen supralei-
tenden Schaltkreis integriert. Im rechten Teil der Abbildung 3.3 ist dies am Beispiel
eines dc SQUIDs gezeigt. Dies hat zur Folge, dass dieser Ring auf zwei Arten auf das zu
2Dies hat ganz allgemein zur Folge, dass der n-te Energiezustand fur alle magnetischen Flusse Φext
mit (n− 0.5)Φ0 < Phiext < (n+ 0.5)Φ0 eingenommen wird. Ferner kann man nach [17] zeigen, dassfur das Einfrieren von n Flussquanten mindestens ein Magnetfeld benotigt wird, das in dem Ringeinen Fluss der Starke (n− 0.5)2Φ0 hevorruft.
3.2. DAS PHASENVORGESPANNTE DC SQUID 43
beeinflussende Element einwirkt. Zum einen geht der Phasenunterschied γ gewichtet
mit as durch
γas
(3.33)
direkt in den eichinvarianten Phasenunterschied des zu beeinflussenden Elements ein.
Hier ist a der Anteil vom Umfang s, mit dem der Ring zur Stromleitung in dem zu
beeinflussenden Element beitragt. Andererseits erzeugt sein Fluss einen Beitrag zum
selbst induzierten Fluss dieses Elements. Ausgehend von supraleitenden Zuleitungen
zu den Josephson-Tunnelkontakten, die wie in Abschnitt 3.1 angenommen, dicker als
einige λL sein sollen, laßt sich die Linienintegration der Phasenanderung ∇Θ uber das
zu beeinflussende Element als∮ele∇Θ ds =
2πΦ0
(Φext + Φ
∗ind
)(3.34)
schreiben. Der Ausdruck Φ∗ind wird zu
Φ∗ind = Φind︸︷︷︸Element
−MIR︸︷︷︸Ring
(3.35)
umgeformt. Die Große M ist die Gegeninduktivitat und ist mit dem Kopplungsfaktor k
und den Induktivitaten der beteiligten Bauteile Li, in unserem Fall den geometrischen
Induktivitaten des Ringes und des dc SQUIDs, durch
M = k√
LRingLdc SQUID (3.36)
gegeben. Diese Große ist, wie die Induktivitaten auch, mit numerischen Simulationen
bestimmbar.
Der komplette Ausdruck fur die Phasenanderung lautet somit∮ele∇Θ ds + 2παn =
2πΦ0Φext + 2πα fR +
2πΦ0Φind. (3.37)
Die Große α ist nach [27] durch
α =
as +
MLGβ
1+ β(3.38)
definiert. Anhand von α kann man das Verhalten eines mit einer bestimmten Phase
vorgespannten Elements diskutieren [29]. Fur den Fall, dass die kinetische Induktivitat
LK dominiert, d.h. β 1, geht hauptsachlich der Phasenanteil der Phasenvorspan-
44 KAPITEL 3. DC SQUIDS
0 0.5 1 1.5 2 2.5 3 3.5 4 Φext
/Φ0
Im
/Ic Referenz DC SQUID
π DC SQUIDπ/2 DC SQUID
2
Abbildung 3.5: Strom-Fluss-Charakteristik eines Referenz, π- und π/2 dc SQUIDs aus [27] (links)und die berechneten Kurven fur die drei dc SQUIDs (rechts). In beiden Graphen ist die Abhangigkeitdes auf den auf den kritischen Strom normierten, maximalen Strom des phasenvorgespannten dcSQUIDs vom ihn durchsetzenden normierten magnetischen Fluss wiedergegeben.
nung ein. Ist die geometrische Induktivitat LG dominant, d.h. β 1, so bestimmt
der Flussanteil der Phasenvorspannung das Verhalten. In den in [27] betrachteten dc
SQUIDs mit Phasenvorspannung war β ≈ 1.
Betrachten wir jetzt Gleichung (3.21), d.h. ein dc SQUID mit vernachlassigbarer
Selbstinduktivitat, und setzten wir die Phasenvorspannung ein, so erhalten wir den
maximalen kritischen Strom
Im = 2Ic |cos (π f + π( fR + n)α| . (3.39)
Aus einer Strom-Fluss-Charakteristik ist der Wert von α uber die Periodizitat be-
stimmbar. Fur die Strom-Fluss-Charakteristik aus dem linken Teil von Abbildung 3.5
ergeben sich α ≈ 0.46 fur das π dc SQUID und α ≈ 0.253 fur das π/2 dc SQUID.
Theoretisch erwartet man fur ein π dc SQUID α ≡ 0.5 und fur π/2 dc SQUID ein
α ≡ 0.25.
Kapitel 4
Supraleitende Quantenbits
Ein Quantenbit wird in seiner Funktionsweise ganz allgemein als ein Zweiniveausystem
beschrieben. Da diese Architektur-unabhangige Darstellung konsequenter Weise auch
supraleitende Quantenbits beschreibt, ist das Zweiniveausystem als Ausgangspunkt
dieses Kapitels gewahlt worden. Im Anschluss daran werden die zwei unterschiedli-
chen supraleitenden Quantenbitvarianten eingefuhrt. In Anlehnung an die zur Dar-
stellung des jeweiligen Zweiniveausystems verwendeten Freiheitsgrade, werden sie als
Phasen-Quantenbit und Ladungsquantenbit bezeichnet. Vor dem Hintergrund SQUID-
basierter Quantenbits werden das rf SQUID und das im Zentrum dieser Diplomarbeit
stehende”persistent current“ Quantenbit im folgenden Abschnitt detailliert diskutiert.
Experimentelle Resultate an”persistent current“ Quantenbits werden im letzten Ab-
schnitt dieses Kapitels kurz skizziert.
4.1 Das Zweiniveausystem
In klassischen Computern werden Informationen in Zeichenfolgen aus Bits, die die
Werte 0 und 1 annehmen konnen, verarbeitet und gespeichert. Ein Quantencomputer ,
so er realisiert werden kann, speichert Informationen in quantenmechanischen Zweini-
veausystemen und verarbeitet diese Informationen durch koharenzerhaltende Wechsel-
wirkung zwischen diesen Systemen [32]. Diese Zweiniveausysteme werden Quantenbits
oder kurz Qubits genannt [33]. Im Gegensatz zu klassischen Bits, konnen Qubits nicht
nur in den reinen Zustanden |0〉 und |1〉 sondern auch in Uberlagerungen oder Super-
positionen aus diesen reinen Zustanden existieren. Es ist generell moglich, quanten-
mechanische Zweiniveausysteme auf das bekannte Spin-12 System zu reduzieren und
deshalb ist dieses spezielle Zweiniveausystem auch Gegenstand der weiteren Diskus-
45
46 KAPITEL 4. SUPRALEITENDE QUANTENBITS
⟨∣⟩
⟨∣0⟩
⟨∣1⟩
z
x
y
Abbildung 4.1: Das Spin- 12 System, dargestellt auf der Bloch-Sphare mit den reinen Zustanden
|0〉 ≡ |↑〉 und |1〉 ≡ |↓〉 und dem allgemeinen Zustand |Ψ〉.
sion, die sich an Standardwerken der Quantenmechanik [34, 18] und an dem Skript
von Professor Gross [16] orientiert.
Ein quantenmechanisches Zweiniveausystem ist dadurch charakterisiert, dass es durch
zwei Basiszustande beschrieben werden kann, die im Folgenden mit |0〉 und |1〉 be-
zeichnet werden. Die entsprechenden Eigenenergien E0 und E1 dieser Eigenzustande
des Systems erhalten wir durch Losen der zeitunabhangigen Schrodinger-Gleichung
H |Ψ〉 = E |Ψ〉 . (4.1)
In Gleichung (4.1) ist H der zeitunabhangige Hamilton-Operator des Systems und
|Ψ〉 = α |0〉 + β |1〉 (4.2)
eine beliebige Superposition der zwei Basiszustande |0〉 und |1〉. α bzw. β ist die kom-
plexe Amplitude, mit der der jeweilige Basiszustand zu der Superposition |Ψ〉 beitragt.
Der Zustand |Ψ〉 ist auf eins normiert, d.h. es gilt |α|2 + |β|2 = 1. Der allgemeine zeitu-
4.1. DAS ZWEINIVEAUSYSTEM 47
nabhangige Ausdruck fur einen Zustand |Ψ〉 kann in der Form
|Ψ〉 = cosΘ
2e−ι
ϕ2 |0〉 + sin
Θ
2e+ι
ϕ2 |1〉 (4.3)
dargestellt werden. In Gleichung (4.3) beschreibt
Θ =|β|
|α|(4.4)
das Verhaltnis der Amplituden und ϕ ist durch den Unterschied der beiden Phasen-
faktoren der zwei Amplituden mit
ϕ = argβ − argα (4.5)
gegeben. Dieser allgemeine Zustand |Ψ〉 ist in Abbildung 4.1 dargestellt. Diese Form
der Darstellung entspricht der Darstellung der Zustande eines Spin-12 Systems auf der
Bloch-Sphare.
Zwei fur die Betrachtung der Energiezustande eines Qubits entscheidende Eigen-
schaften werden allerdings erst durch die Hinzunahme einer zusatzlichen, nicht im
Hamilton-Operator H enthaltenen Kopplung K dieser zwei Basiszustande verstand-
lich [16]. Wir betrachten deshalb jetzt den neuen Hamilton-Operator
Hs = H + K (4.6)
mit den Eigenzustanden |Ψ±〉 und den Eigenergien E±. Die Hinzunahme dieser endli-
chen Kopplung K resultiert somit in neuen Eigenzustanden die nicht mehr mit |0〉 und
|1〉 identisch sind und auch im Allgemeinen andere Energie E± haben werden. Kon-
sequenterweise sind die Zustande |0〉 und |1〉 auch nicht mehr stationar, d.h. existiert
das System im Zustand |0〉 zur Zeit t = 0, so gibt es eine endliche Wahrscheinlichkeit
P01(t) das System zu Zeit t = t ′ im Zustand |1〉 vorzufinden [16].
Vernachlassigt man die Storung in den Diagonalelementen, so ergibt sich der gestorte
Hamilton-Operator in der Matrixschreibweise zu
Hs =
E1 K12
K12 E2
. (4.7)
Diskutiert man diesen Hamilton-Operator Hs in der Basis der ungestorten Eigenzu-
48 KAPITEL 4. SUPRALEITENDE QUANTENBITS
−3 −2 −1 0 1 2 3 −3
−2
−1
0
1
2
ε0 / ∆
Ei / ∆ E
+
∆
E−
[ ε02 + ∆2 ]0.5
R
R
L
L
∝ [R − L]
∝ [R + L]
Abbildung 4.2: Energie eines 2 Niveau Systems mit endlicher Kopplung, die zu einer Abstoßung derreinen Zustande und somit zu einem anti-crossing-Verhalten fuhrt. Die Energie der reinen Zustandeist durch die gestrichelten Linien und die der Superpositionszustande durch die rote bzw. blaue Kurvedargestellt. Die Aufspaltung der Energieniveaus ist durch
√ε02 + ∆2 gegeben. R und L werden spater
benotigt und dort erklart.
stande |0〉 und |1〉 so ergeben sich die Eigenenergien E± der gestorten Zustande zu
E± = ±12
√ε0
2 + ∆2. (4.8)
Dabei wurden
ε0 =12
(E1 − E2) (4.9)
und ∆ = 2 |K12| (4.10)
verwendet. Die Große ∆ wird auch als Tunnelaufspaltung bezeichnet. Diese Energien
E± sind bereits um einen Offset, der auf das Verhalten des Zweiniveausystems keinen
Einfluss hat, verschoben worden. Dieser wurde so gewahlt, dass E± symmetrisch um
die Null verteilt sind wie es in Abbildung 4.2 dargestellt ist. Wie bereits weiter oben
erwahnt, kann jedes Zweiniveausystem auf das bekannte Spin-12 System zuruckgefuhrt
4.1. DAS ZWEINIVEAUSYSTEM 49
werden, das nach [35] mit dem Hamilton-Operator
Hspin =12µ0
Hz −Hx
−Hx −Hz
(4.11)
dargestellt werden kann, in dem Hx und Hz die Komponenten eines angelegten Ma-
gnetfeldes sind. Vergleichen wir Hspin und Hs, so stellen wir fest, dass beide denselben
physikalischen Sachverhalt beschreiben. Die reinen Zustande werden durch die Dia-
goalelemente E1 und E2 bzw. ± Hz beschrieben und Kopplung K12 bzw. Hx erzeugt
Mischzustande der zwei Diagonalzustande mit den Eigenenergien E±.
Im folgenden soll die Ubergangswahrscheinlichkeit P01(t), d.h. die zeitlichen Ent-
wicklung eines Zustands ergrundet werden. Losen wir die zeitabhangige Schrodinger-
Gleichung
ι∂
∂t|Ψ(t)〉 = Hs |Ψ(t)〉 , (4.12)
so erhalten wir die zeitliche Entwicklung des Systems. Ausgehend von einem Anfangs-
zustand mit t = t0|Ψ(t0)〉 = α0 |Ψ+〉 + β0 |Ψ−〉 (4.13)
ergibt sich fur den zeitabhangigen Zustand zur Zeit t = t′
∣∣∣Ψ(t′
)⟩= α0e
ι~E+(t
′−t0) + β0e
ι~E−(t
′−t0), (4.14)
in dem α0 und β0 durch die Anfangsbedingungen festgelegt sind. Strahlt man eine
elektromagnetische Welle in das durch eine Kopplung gestorte energetisch entartete
Zweiniveausystem ein, so oszilliert es zwischen den zwei ungestorten Zustanden [36].
Befindet sich unser Zweiniveausystem zur Zeit t = t0 in dem Zustand |0〉, so beschreibt
die Rabi-Formel [36] die zeitabhangige Wahrscheinlichkeit P01(t), es zur Zeit t = t′
im
Zustand |1〉 vorzufinden
P01(t′
) =A2
A2 + (√ε0
2 + ∆2 − ~ωEM)2sin2
[√A2 + (
√ε0
2 + ∆2 − ~ωEM)2 t′
2~
]. (4.15)
Die Große A in Gleichung (4.15) ist proportional zu ∆ Γ. ∆ ist wieder die Tunnelauf-
spaltung, Γ ist die Amplitude der eingestrahlten elektromagnetischen Welle und ωEM
deren Frequenz. Der Term √ε0
2 + ∆2 − ~ωEM (4.16)
50 KAPITEL 4. SUPRALEITENDE QUANTENBITS
beschreibt die Abweichung der Energie der eingestrahlten Frequenz von der Niveau-
Aufspaltung. Ein Wert fur A ist fur eine sinusformige Frequenzabhangigkeit der einge-
strahlten elektromagnetischen Welle nicht analytisch bestimmbar, sondern kann nur
uber die Naherung des Resonanzfalls√ε0
2 + ∆2 ≡ ~ωEM (4.17)
erhalten werden [37]. Fur diesen Fall findet man fur A nach [38] den folgenden Wert
A ≡∆Γ
2√ε0
2 + ∆2. (4.18)
4.2. SUPRALEITENDE QUBITS 51
CG
Supraleitende Insel
JJ
Elektronen Reservoir
fQubit
= 0.5C
J
(a) (b) (c)
JJC JJC
VG
Abbildung 4.3: Allgemeines Schema eines Qubits (b), Schema im Grenzfall eines Phasen- bzw.Fluss-Qubits mit einem Josephson-Tunnelkontakt (a) und eines Ladungsqubits (c). Im allgemeinenSchema (b) ist der Josephson-Tunnelkontakt durch eine Kapazitat CJ und einem idealen Josephson-Tunnelkontakt JJ dargestellt. Da der durch Gleichung (4.19) angegebene Fall betrachtet wird, in demQuasiteilchen vernachlassigt werden, wird auf einen parallelen Widerstand Rn in Teil (b) verzichtet.Der Grenzfall (a) geht aus (b) im Limit EJ0 EC hervor; (c) geht aus (b) im Limit EC EJ0
hervor und in beiden Darstellungen bezeichnet JJC die in (b) gezeigte Parallelschaltung aus derKapazitat CJ und einem idealen Josephson-Tunnelkontakt JJ. Das Phasen- bzw. Fluss-Qubit wirdnormalerweise wie in Teil (a) dargestellt mit fQubit = 0.5 betrieben. In Teil (c) dient die KapazitatCG der Ankopplung einer Kontrollspannung VG. Der durch die grune Linie eingeschlossene Bereichstellt die supraleitende Insel dar.
4.2 Supraleitende Qubits
Supraleitende Qubits konnen prinzipiell auf zwei Arten realisiert werden, namlich als
Phasen- bzw. Fluss- Qubit und als Ladungsqubit [35]. Die Cooper-Paare in einem
Phasen- bzw. Fluss-Qubit, die sich in einem supraleitenden Ring mit mindestens ei-
nem Josephson-Tunnelkontakt wie z.B. in Teil (a) der Abbildung 4.2 gezeigt, bewegen,
sind fur jeden fQubit-Wert in einem anderen Grundzustand.
Diese Grundzustande setzen sich, wie in Abbildung 4.2 durch R und L angedeutet,
aus jeweils unterschiedlichen Anteilen von Rechts und Links herumlaufenden Kreis-
stromen zusammen. Fur fQubit = 0.5, am sogenannten Entartungspunkt , entsprechen
die Grundzustande der symmetrischen bzw. antisymmetrischen Superposition der rei-
nen Zustande. Durch resonante elektromagnetische Strahlung wird dieses System aus
seinem Grundzustand in einen angeregten Zustand uberfuhrt und es treten koharente
Oszillationen zwischen diesen Zustanden auf.
52 KAPITEL 4. SUPRALEITENDE QUANTENBITS
Das Potential ist dabei, wie bereits in Abschnitt 2.4 fur einen Josephson-Tunnelkontakt
gezeigt worden ist, eine Funktion des eichinvarianten Phasenunterschieds am Josephson-
Tunnelkontakt und ein Ubergang in einen anderen Zustand ist immer auch mit ei-
ner Anderung dieser Große verbunden. Der ebenso verwendete Ausdruck Fluss-Qubit
ruhrt daher, dass diese makroskopischen Strome der Cooper-Paare eine Flussanderung
erzeugen, die z.B. uber ein zum Auslesen des Zustands verwendetes dc SQUID detek-
tiert werden kann. Im folgenden wird fur diese Qubits der Ausdruck”Phasen-Qubit“
verwendet. Somit ist der in Phasen-Qubits verwendete Freiheitsgrad der eichinvarian-
te Phasenunterschied am Josephson-Tunnelkoontakt.
In einem Ladungsqubit, wie es schematisch im Teil (c) der Abbildung 4.2 gezeigt ist,
besteht das Zweiniveausystem aus Zustanden der supraleitenden Insel, die durch das
Tunneln von Ladungstragern uber den Josephson-Tunnelkontakt schwach miteinan-
der gekoppelt sind. Falls mit der Josephson-Energie EJ0 aus Gleichung (2.14), der
Coulomb-Energie EC aus Gleichung (2.33) sowie ∆0 als supraleitender Energielucke
bei T = 0
EJ0EC∆0 (4.19)
gilt, kann man die Betrachtung auf Cooper-Paare beschranken [16]. Diese Zustande
der supraleitenden Insel unterscheiden sich dann durch eine Ladung von 2e−. Der in
Ladungsqubits verwendete Freiheitsgrad ist somit die Anzahl der Cooper-Paare auf
der supraleitenden Insel.
Das unterschiedliche physikalische Verhalten dieser zwei Arten von supraleitenden
Qubits ist durch das Verhaltnis der Josephson-Energie EJ0 und der Coulomb-Energie
EC charakterisiert. Reduziert man bei gleichbleibender Oxiddicke d die Flache eines
Josephson-Tunnelkontakts, so dominiert die Coulomb-Energie die Josephson-Energie
EC EJ0 (4.20)
und die Quantenzustande auf der supraleitenden Insel in Abbildung 4.2 haben La-
dungscharakter. In diesem Fall ist viel mehr Energie notig, um uber den Josephson-
Tunnelkontakt ein zusatzliches Cooper-Paar auf die supraleitende Insel zu bringen,
als eine Anderung des eichinvariaten Phasenunterschieds ϕ um 2π an dem Josephson-
Tunnelkontakt benotigt. Dies hat zur Folge, dass der eichinvariante Phasenunterschied
an dem Josephson-Tunnelkontakt unscharf ist.
4.2. SUPRALEITENDE QUBITS 53
Mit Gleichung (2.36), der Unscharferelation fur Cooper-Paare
∆N∆ϕ ≥ 1
laßt sich dieser Sachverhalt sehr anschaulich zeigen. Die Unscharfe ∆N in der Zahl der
Cooper-Paare auf der supraleitenden Insel geht gegen Null, d.h. N ist scharf definiert;
die Unscharfe des eichinvarianten Phasenunterschieds ∆ϕ auf der supraleitenden Insel
ist somit beliebig.
In solchen Ladungsqubits wurden zum ersten Mal koharente Oszillationen zwischen
verschiedenen Ladungszustanden nachgewiesen [12]. Allerdings weisen Ladungsqubits
einen signifikanten Nachteil auf, da Ladungsfluktuationen sowohl im Substrat als auch
in den Zuleitungen und in den Tunnelbarrieren eine schwer zu kontrollierende Quelle
fur Dekoharenz darstellen. Diese Ankopplung an die Umgebung spricht moglicherwei-
se gegen eine Skalierung hin zu mehr als ein paar Ladungsqubits [39]. Trotzdem stellen
Experimente mit Ladungsqubits eine wichtige Informationsquelle fur die Erforschung
der Quantenkoharenz dar [40].
Wird zusatzlich zur Flache des Josephson-Tunnelkontakts auch die Oxiddicke d redu-
ziert, so ubersteigt die Josephson-Energie die Coulomb-Energie
EJ0 EC (4.21)
und die Quantenzustande haben Phasencharakter. Mit einer ahnlichen Argumentati-
on wie oben, kann gezeigt werden, dass jetzt viel mehr Energie fur eine Anderung des
eichinvarianten Phasenunterschieds ϕ benotigt wird, als fur eine Anderung der Zahl
N der Cooper-Paare.
Phasen-Qubits lassen sich auf zwei Arten realisieren [39]. In der ersten Variante
handelt es sich um einen supraleitenden Ring mit entweder einem unterdampften
Josephson-Tunnelkontakt, auch als Radio Frequency (rf) SQUID [41] bekanntem
Qubit oder einem Ring mit drei unterdampften Josephson-Tunnelkontakten. Ob-
wohl beiden Ringstrukturen gemein ist, dass ihre Quantenzustande durch entgegen-
gesetzte, langlebige, makroskopische Kreisstrome, auch als”persitent currents“ (pc)
bezeichnet, erzeugt werden, wird nur der Ring mit drei unterdampften Josephson-
Tunnelkontakten normalerweise als”persistent current“ (pc) Qubit bezeichnet [13].
Diese langlebigen, makroskopischen Kreisstrome rufen ihrerseits eine Flussanderung
hervor, die z.B. uber ein dc SQUID ausgelesen werden kann. In Abbildung 4.2 ist auf
54 KAPITEL 4. SUPRALEITENDE QUANTENBITS
der linken Seite stellvertretend fur diese erste Variante der Phasen-Qubits ein Ring
mit einem Josephson-Tunnelkontakt, also ein rf SQUID, dargestellt.
Mit beiden Ringkonzepten ist im Experiment bereits das”anti-crossing“ der Energie
Niveaus nachgewiesen worden, das auf koharentem Phasen-Tunneln basiert [15, 42].
Mit der Drei-Kontakt-Variante wurden auch schon quantenmechanische Superpositio-
nen von Phasen-Zustanden, die sich aus entgegengesetzten, langlebigen, makroskopi-
schen Kreisstromen zusammensetzten, durch Messung von Rabi Oszillationen nach-
gewiesen [14]. Ferner wurde durch Koppeln von zwei pc Qubits uber eine spezielle
Ringstruktur, einem sogenannten”superconducting flux transporter“ , eine Moglich-
keit fur eine kontrollierte Ubertragung des durch die Superposition der Kreisstrome
erzeugten Flusses geschaffen und somit eine Verschrankung [43] der Qubits ermoglicht
[44].
Allgemein beschreibt eine Verschrankung eine Korrelation zwischen mehreren Sys-
temen, fur die charakteristisch ist, das eine Wechselwirkung mit nur einem System
immer auch die anderen Systeme beeinflusst. Diese konnen dabei, sofern sie mit dem
der Wechselwirkung ausgesetzten System verschrankt sind, beliebig weit von diesem
entfernt sein. Die Existenz solcher Zustande wurde bereits vor 20 Jahren eindrucksvoll
bewiesen [45]. Dieses Experiment [44] ist deshalb so bemerkenswert, da die immen-
se Leistungsfahigkeit eines potentiellen Quantencomputers zu einem großen Teil auf
dem Arbeiten mit verschrankten Einzelkomponenten basiert und es deshalb die Tur
zu weiteren notwendigen Entwicklungen fur einen Quantencomputer geoffnet hat.
Die zweite oben angesprochene Variante ist das Verwenden einzelner Josephson- Kon-
takte [46, 47], die fur Experimente zur Quantenkoharenz benutzt worden sind.
Gegenstand dieser Diplomarbeit ist das Phasen-Qubit und deshalb wird dieses Bau-
element im folgenden genauer diskutiert.
4.3. VOM RF SQUID ZUM PC QUBIT 55
4.3 Vom rf SQUID zum pc Qubit
4.3.1 Das rf SQUID
Die ersten Experimente, in denen makroskopisches Quantentunneln der Phase1 nach-
gewiesen wurde, sind an Einzel-Josephson-Tunnelkontakten durchgefuhrt worden [47,
46]. Im folgenden wurden auch rf SQUIDs fur Untersuchungen zum makroskopischen
Quantentunneln der Phase herangezogen, fur die hier stellvertretend auf [48] verwie-
sen wird. Diese Systeme wurden Anfang der 80iger Jahre von Caldeira, Leggett und
Garg [49, 50, 51] zur Untersuchung makroskopischer quantenmechanischer Effekte
vorgeschlagen [35]. Diese Experimente an rf SQUIDs konnen im Nachhinein als die
ersten Schritte in Richtung SQUID-basierter Qubits angesehen werden.
Betrachten wir ein rf SQUID, also einen Ring mit einem Josephson-Tunnelkontakt
wie er schematisch im Teil (a) der Abbildung 4.2 gezeigt ist, so wird dessen klassische
Hamilton Funktion nach [35] durch
HRF = −EJ0 cos
(2πΦsum
Φ0
)+
(Φsum − Φext)2
2L+
Q2
2CJ
(4.22)
beschrieben. In dieser Hamilton Funktion HRF steht L fur die Selbstinduktivitat des
Rings, Q fur die Elementarladung e− und CJ fur die Kapazitat des Josephson Tun-
nelkontakts. Die ersten zwei Terme beschreiben den Anteil der potentiellen Energie
U im Fall eines angelegten Magnetfeldes, das bezogen auf die Flache des rf SQUIDs
als Fluss Φext bezeichnet wird und in diesem einen Fluss Φsum hervorruft. Betrachtet
man nur diese potentielle Energie U und formt sie etwas um, so ergibt sich
UEJ0
= − cos
(2πΦsum
Φ0
)+Φ0
2
EJ02L(Φsum − Φext)
2
Φ02
= − cos
(2πΦsum
Φ0
)+ 2π
(2LIcΦ0
)−1 (Φsum − Φext)2
Φ02
.
(4.23)
Der Faktor in den runden Klammern vor dem zweiten Term in der potentiellen Energie
U wird auch als
βL =2LIcΦ0
(4.24)
1Diese Abkurzung soll ab hier fur den etwas unhandlichen Ausdruck ”eichinvarianter Phasenunter-schied“ im Zusammenhang mit dem Tunneln dieser Große verwendet werden.
56 KAPITEL 4. SUPRALEITENDE QUANTENBITS
−1.5 −1 −0.5 0 0.5 1 1.5 2 2.5
0
2
4
6
8
10
12
2π Φext
/Φ0
U/EJ0
βL= 0.1
βL= 0.5
βL= 1
βL= 2
βL= 5
βL= 8
βL= 10
βL= 100
Abbildung 4.4: Potentielle Energie eines rf SQUIDs in Abhangigkeit von Φext fur verschiedene βL
mit einem Fluss Φsum ≡ 0.5Φ0. Es ist deutlich zu erkennen, dass fur βL < 1 kein Doppelmuldenpo-tential, wie es zur Darstellung von getrennten Phasen-Basiszustanden in einem Qubit benotigt wird,existiert.
bezeichnet. Da βL den maximal induzierten Fluss LIc normiert auf ein halbes Fluss-
quant Φ0/2 angibt, und somit nach der Lenz’schen Regel die maximale Abschwa-
chung des externen Flusses Φext beschreibt, wird βL auch als”screening parameter“
bezeichnet. Ein Doppelmuldenpotential, wie es zur Darstellung von getrennten Pha-
sen Zustanden in einem Phasen-Qubit benotigt wird, entsteht erst ab βL > 1, wie aus
Abbildung 4.4 ersichtlich ist. Hohere Werte von βL konnen entweder uber eine L- oder
Ic-Erhohung erreicht werden.
Die Induktivitat L skaliert mit der Flache ASQUID des rf SQUIDs. Vergroßerungen der
Flache machen das rf SQUID wesentlich empfindlicher fur Flussrauschen; auch der
kritische Strom kann aufgrund der benotigten, kleinen Kapazitaten der Josephson-
Tunnelkontakte nicht beliebig vergroßert werden.
In Abbildung 4.4 ist deutlich zu erkennen, dass mit steigendem βL die 2 Minima im-
mer weiter auseinander wandern und somit ein Tunneln der Phase fur große βL immer
starker unterdruckt wird. In Summe sprechen diese Argumente alle fur ein rf SQUID
mit βL ' 1.
4.3. VOM RF SQUID ZUM PC QUBIT 57
JJ
fQubit
= 0.5I
1 I2
I3
ĚJ0
EJ0
γ1
EJ0
γ2
γ3
Abbildung 4.5: Rasterelektronenmikroskop Aufnahme aus [52] (links) und Schema (rechts) einespc Qubits mit 3 Josephson Tunnelkontakten. In der Aufnahme entspricht der weisse Balken 1µmund die Josephson-Tunnelkontakte sind durch Kreise hervorgehoben. Im Schema sind sie durch dieblauen Kreuze dargestellt und die Phasenvorspannung ist durch fQubit ≡ Φsum/Φ0 = 0.5 angedeutet.
Friedman et al. in Stony Brook arbeiteten mit einem rf SQUID, in dem anstatt eines
Josephson Tunnelkontakts ein kleines dc SQUID in die Ringstruktur integriert war.
Dieses dc SQUID ermoglicht durch Anlegen eines Flusses Φext eine einstellbare Barrie-
re zwischen den beiden Potentialmulden [15]. Ein βL = 2.33 reichte jedoch bereits aus,
um Tunneln zwischen den beiden Grundzustanden nahezu zu unterdrucken [35]. In
den beiden Potentialmulden existierten allerdings noch energetisch hohere Zustande
die wieder eine ausreichende Tunnelwahrscheinlichkeit aufwiesen. Die spektroskopisch
nachgewiesene Niveau Aufspaltung lies den Schluss zu, dass sich Superpositionen aus
unterschiedlichen Phasen-Zustanden aus den zwei Potentialtopfen aufgebaut haben.
Dieses spektroskopische Experiment stellte eine Leistung dar, wenngleich das verwen-
dete Qubit noch offensichtliche Nachteile beinhaltete wie z.B. die aufwendige Kontrolle
der Barrierenhohe mit einem zusatzlichen externen Fluss und das Einstellen der Bar-
rierenform uber βL oder die Tatsache, dass die verwendeten Superpositonen nicht aus
den Grundzustanden, sondern aus angeregten Zustanden aufgebaut waren.
4.3.2 Das pc Qubit
1999 wurde eine Design-Veranderung von Mooij et al. vorgeschlagen, die die oben
diskutierten Schwierigkeiten in der Darstellung des Doppelmuldenpotentials anhand
58 KAPITEL 4. SUPRALEITENDE QUANTENBITS
des Parameters βL elegant losen konnte [13, 44]. Die vorliegende Diplomarbeit setzt
sich mit pc Qubits dieser Art auseinander, deshalb sollen deren Eigenschaften etwas
ausfuhrlicher diskutiert werden.
Zur Optimierung wurde, im Gegensatz zum rf SQUID, ein viel kleinerer supraleitender
Ring mit drei Josephson-Tunnelkontakten, wie in Abbildung 4.5 als Schema und als
Rasterelektronenmikroskop Aufnahme dargestellt, als Qubit Struktur verwendet [13].
Der Vorteil eines kleineren Rings liegt nicht nur in seiner kleineren Induktivitat, die ihn
unempfindlicher gegenuber Flussrauschen macht, sondern ermoglicht auch eine hohere
Integrationsdichte in einem potentiellen Quantencomputer. Des Weiteren haben nur
zwei der drei Josephson-Tunnelkontakte identische Eigenschaften. Durch einen Para-
meter α wird eine Asymmetrie eingefuhrt. Der dritte Josephson-Tunnelkontakt hat
eine um den Faktor 0.5 ≤ α < 1 kleinere Flache als die zwei anderen [13]. Typischer-
weise wird α ≈ 0.75 gewahlt. Daraus resultiert fur die charakteristischen Energien
EJ0 = αEJ0 , (4.25)
EC = α−1EC. (4.26)
Unter Berucksichtigung der Stromrichtungen und der Richtung der Phasenvorspan-
nung aus Abbildung 4.5 erhalten wir auf dieselbe Art wie in Abschnitt 3.1 einen
Ausdruck fur den gesamten eichinvarianten Phasenunterschied der makroskopischen
Wellenfunktion. Dieser ist aus den einzelnen eichinvarianten Phasenunterschieden γi
der drei Josephson-Tunnelkontakte entlang des Rings in Abbildung 4.5 durch
γ1 − γ2 + γ3 = 2πn− 2π fQubit (4.27)
zusammengesetzt. Hier wurde wieder angenommen, dass die Abmessungen des Quer-
schnitts der Ringstruktur großer als λL sind. Im Folgenden betrachten wir einen Ring
mit vernachlassigbarer Selbstinduktivitat L; damit wird Φsum ≡ Φext. Nutzen wir jetzt
Gleichung (2.13) und erweitern sie durch Summation auf drei Josephson Tunnelkon-
takte so ergibt sich
U =∑
i
EJ0 i (1− cosγi) . (4.28)
4.3. VOM RF SQUID ZUM PC QUBIT 59
Abbildung 4.6: Potentielle Energie eines pc Qubits im 2π × 2π periodischen Phasenraum aufge-spannt von γ1 und γ2. Die dunkelblauen Gebiete sind Energieminima und die dunkelroten Gebietebeschreiben Energiemaxima. Die Linie entlang Tin beschreibt den Barrierenverlauf fur intrazellu-lares und die entlang Tout den fur das interzellulare Tunneln der Phase. Die in dieser Rechnungverwendeten Parameter waren α = 0.75 und fQubit = 0.5.
Setzten wir jetzt Gleichung (4.27) in Gleichung (4.28) ein und berucksichtigen wir
Gleichung (4.25), so erhalten wir fur die potentielle Energie U eines PC Qubits
UEJ0
= 2+ α − cosγ1 − cosγ2 − α cos(2π fQubit + γ1 − γ2
). (4.29)
In Abbildung 4.6 ist die potentielle Energie U im 2π × 2π periodischen Phasenraum,
der von γ1 und γ2 aufgespannt wird, dargestellt. Fur Werte von fQubit ≈ 0.5 und α > 0.5
ergeben sich in jeder 2π× 2π großen Einheitszelle stabile Zustande, die fur fQubit ≡ 0.5
energetisch entartet sind [13]. In Abbildung 4.6 sind die zwei Minima in der zentra-
len Einheitszelle mit L00 und R00 bezeichnet. Die Grundzustande in diesen Minima
entsprechen jeweils den langlebigen, makroskopischen Kreisstromen Ip mit entgegen-
gestzter Umlaufrichtung und identischer Starke. Die Gesamtheit aller Li j Zustande in
dieser Potentiallandschaft beschreibt somit den einen makroskopischen Zustand und
die Gesamtheit der Ri j Zustande den anderen makroskopischen Zustand des Qubits.
Das makroskopische koharente Quantentunneln der Phase kann, wie in Abbildung 4.6
60 KAPITEL 4. SUPRALEITENDE QUANTENBITS
1
2
4.5
γint
U/EJ0
α = 0.5 fQubit
= 0.500α = 0.6 f
Qubit = 0.500
α = 0.7 fQubit
= 0.500α = 0.8 f
Qubit = 0.500
α = 0.9 fQubit
= 0.500α = 1.0 f
Qubit = 0.465
α = 1.0 fQubit
= 0.535
L00
R00
Abbildung 4.7: Energiebarriere fur intrazellulares Tunneln der Phase entlang der Linie Tin inAbbildung 4.6. Die Barrierenhohe ist stark von α abhangig und fur α < 0.7 bildet sich kein Doppel-muldenpotential. Zusatzlich ist die Asymmetrie fur Abweichungen von fQubit = 0.5 zu großeren bzw.kleineren Werten hin fur α = 1 gezeigt.
dargestellt, uber einen intrazellularen Pfad , d.h. innerhalb einer Einheitszelle entlang
Tin und einen interzellularen Pfad , d.h. zwischen zwei Einheitszellen entlang Tout erfol-
gen. In Abbildung 4.7 ist die Energiebarriere fur den intrazellularen Pfad entlang Tin
fur einige Werte von α und fQubit = 0.5 gezeigt. Es ist deutlich erkennbar, dass sich ein
Doppelmuldenpotential erst fur α ≈ 0.7 bildet. Eine Abweichung von fQubit = 0.5 er-
zeugt eine Asymmetrie im Potential wie sie fur fQubit = 0.465bzw. fQubit = 0.535gezeigt
ist. Die Energiebarriere fur den interzellularen Pfad in Abbildung 4.8 ist wesentlich
hoher, breiter und nahezu α-unabhangig. Ein Tunneln zwischen den Einheitszellen ist
fur α ≈ 0.75 gegenuber einem Tunneln in der Einheitszelle unterdruckt.
Diese Unterdruckung des interzellularen Tunnelns ermoglicht erst die Beobachtung
von koharenten Oszillationen der Phase durch makroskopisches Quantentunneln. Oh-
ne diese Einschrankung konnte sich die Phase vollkommen frei in der Potentialland-
schaft aus Abbildung 4.6 bewegen.
Mit Hilfe der Tunnelmatrixelemente, die nach [13] mit der Wentzel-Kramers-Brillouin
Naherung berechnet werden konnen, laßt sich diese Tunnelunterdruckung rechnerisch
4.3. VOM RF SQUID ZUM PC QUBIT 61
1
2
4.5
γout
U/EJ0 α = 0.5 f
Qubit = 0.500
α = 0.6 fQubit
= 0.500α = 0.7 f
Qubit = 0.500
α = 0.8 fQubit
= 0.500α = 0.9 f
Qubit = 0.500
α = 1.0 fQubit
= 0.465α = 1.0 f
Qubit = 0.535
R00
L10
Abbildung 4.8: Energiebarriere fur interzellulares Tunneln der Phase entlang der Linie Tout inAbbildung 4.6. Die Barrierenhohe ist hier nahezu α-unabhangig. Zusatzlich ist die Asymmetrie furAbweichungen von fQubit = 0.5 zu großeren bzw. kleineren Werten hin fur α = 1 gezeigt.
nachweisen. Fur das Matrixelement Tin zwischen den Minima der Einheitszelle L00
und R00 ergibt sich mit α = 0.75 und fQubit = 0.5 demnach
Tin ≈ ~ωpq exp
−0.64
√EJ0
EC
(4.30)
und fur das Matrixelement Tout zwischen den benachbarten Minima zweier Einheits-
zellen z.B. zwischen L10 und R00 erhalten wir wieder mit α = 0.75 und fQubit = 0.5
Tout ≈ ~ωpq exp
−1.5
√EJ0
EC
. (4.31)
Aus Gleichung (4.30) und Gleichung (4.31) ist die großere Tunnelamplitude fur Tin
direkt ersichtlich. ωpq steht fur die Plasmafrequenz des pc Qubits, fur die in diesem
Fall nach [44] gilt
~ωpq ≈ 2.3√
EJ0EC. (4.32)
62 KAPITEL 4. SUPRALEITENDE QUANTENBITS
Hier wird die technologische Herausforderung bei der Herstellung des pc Qubits deut-
lich. Die Plasmafrequenz ωpq muss einerseits klein gegen die Barrierenhohe sein, um
definierte Zustande mit messbaren Stromen zu zulassen und andererseits groß genug
um eine ausreichende Tunnelwahrscheinlichkeit zu ermoglichen [44]. Wie aus Glei-
chung (4.32) ersichtlich, kann diese Balance prinzipiell uber die Josephson-Energie
EJ0 oder die Coulomb-Energie EC eingestellt werden. Die Kunst liegt darin, zusatzlich
zu den Bedingungen, die ωpq an diese beiden Energien stellt, sowohl eine ausreichend
hohes Verhaltnis von EJ0 zu EC zu erreichen um einerseits in das Phasen-Regime der
Josephson-Tunnelkontakte zu kommen und andererseits noch ein ausreichend großes
Tunnelmatrixelement Tin zu gewahrleisten.
Die klassische Hamilton-Funktion fur dieses Qubit setzt sich wieder aus der poten-
tiellen und der kinetischen Energie zusammen. Die kinetische Energie ist prinzipiell
wie in Abschnitt 2.4 durch die Coulomb-Energien der Kapazitaten der Josephson-
Tunnelkontakte durch
T =∑
i
12
CiV2 (4.33)
gegeben. Setzten wir in Gleichung (4.33) Gleichung (2.11) ein und verwenden Glei-
chung (4.27), so erhalten wir fur die kinetische Energie den folgenden Ausdruck:
T =12
C
(Φ0
2π
)2 [γ1
2 + γ22 + α (γ2 − γ1)
2]
(4.34)
Dieses Ergebnis setzt einen zeitlich konstanten Fluss im Qubit Φsum voraus und da
wir die Selbstinduktivitat des Rings vernachlassigen, ist dieser identisch mit Φext.
Benutzen wir wieder den Lagrange Formalismus, so erhalten wir mit Gleichung (4.29)
und Gleichung (4.34)
H =12
C
(Φ0
2π
)2 [γ1
2 + γ22 + α (γ2 − γ1)
2]
+ EJ0
[2+ α − cosγ1 − cosγ2 − α cos
(2π fQubit + γ1 − γ2
)],
(4.35)
die klassische Hamilton-Funktion des pc Qubits. In [13] werden durch eine quanten-
mechanische Behandlung der klassischen Hamilton-Funktion aus Gleichung (4.35) in
Kombination mit numerischen Berechnungen die Eigenfunktionen und Eigenenergien
dieses Systems ermittelt. In Abbildung 4.9 sind die ersten funf Energieniveaus, die mit
[53] fur α = 0.75 und EJ0/EC = 100berechnet wurden, gezeigt. Es ist deutlich ersicht-
4.3. VOM RF SQUID ZUM PC QUBIT 63
0.49 0.495 0.5 0.505 0.51 fQubit
E
Abbildung 4.9: Berechnung der ersten 5 Energieniveaus des pc Qubits mit [53]. Fur diese Simulationwurde α = 0.75 und EJ0/EC = 100 verwendet. Um den Entartungspunkt fQubit ≡ 0.5 sind die beidenuntersten, die fur das Zweiniveausystem verwendet werden, deutlich von den hoheren Energieniveaussepariert.
lich, dass in einer kleinen Umgebung um den Entartungspunkt, 0.495≤ fQubit ≤ 0.505,
die ersten beiden Energieniveaus sehr gut von den hoheren Energieniveaus separiert
sind. In diesem Bereich ist der Abstand der beiden Energieniveaus maximal halb so
groß, wie die Entfernung zum dritten Energienieveau. Betrachtet man nur diese zwei
Energieniveaus, so kann man das Verhalten des Qubits in einem Zweiniveausystem
beschreiben.
Die Eigenenergien in der Form von Gleichung (4.8) resultieren nach [13] aus dem
Hamilton-Operator
HQubit =12
ε0 −∆
−∆ −ε0
. (4.36)
Fur ε0 gilt nach [14]
ε0 = 2Ip
(fQubit −
12
)Φ0, (4.37)
64 KAPITEL 4. SUPRALEITENDE QUANTENBITS
wobei der Strom Ip den langlebigen Dauerstrom, der sich aus einem der energetisch
entarteten klassischen Grundzustande des Zweiniveausystems ergibt, darstellt und ∆
wieder der Tunnelaufspaltung entspricht.
4.4. EXPERIMENTELLE RESULTATE MIT PC QUBITS 65
Abbildung 4.10: Zwei in Delft realisierte Qubitvarianten; die roten Kreise kennzeichnen die dcSQUID Josephson-Tunnelkontakte und die grunen Kreise die des Qubits. Links die erste mit einerinduktiven Ankopplung an das zum Auslesen benotigte dc SQUID [52]. Der weisse Balken entspricht3µm. Rechts die zweite Variante mit einer galvanischen Ankopplung an das zum Auslesen benotigtedc SQUID [14]. Die beiden Pfeile stellen die zwei klassischen Grundzustande des links und rechtsherumlaufenden Stroms dar.
4.4 Experimentelle Resultate mit pc Qubits
In diesem Abschnitt werden kurz die wichtigsten experimentellen Resultate der bei-
den in Delft realisierten Qubit Designvarianten wiedergegeben. Die im linken Teil der
Abbildung 4.10 dargestellte Designvariante 1 enthalt ein 7× 7µm2 großes dc SQUID,
das ein 5 × 5µm2 großes pc Qubit umschliesst. Die kritischen Strome der großeren
Josephson-Tunnelkontakte sind Ic = 570± 60 nA und ihre Kapazitat C = 2.6± 0.4 fF.
Mit der aus dem linken Teil der Abbildung 4.10 abgeschatzten Flache eines dieser zwei
Josephson-Tunnelkontakte von 500× 180 nm2 ergibt sich eine kritische Stromdichte
von 636 Acm−2. Der dritte Josephson-Tunnelkontakt dieses Qubits ist um einen Faktor
α ≈ 0.8 kleiner und somit resultiert fur das Verhaltnis der charakteristischen Energien
EJ0/EC = 38± 8 [52]. Die Parameter der Josephson-Tunnelkontakte des dc SQUIDs,
Ic = 109± 5 nA und C = 0.6 ± 0.1 fF, die Selbstinduktivitat L = 11± 1 pH sowie die
Gegeninduktivitat zwischen dc SQUID und Qubit M = 7 ± 1 pH sind ebenfalls [52]
entnommen.
Mit diesem Aufbau, der zum Auslesen ein dc SQUID induktiv an das Qubit ankoppelt,
wurde bereits die Energieaufspaltung des Zweiniveausystems spektroskopiert. Zu die-
sem Zweck wurden die verschiedenen”switching“ Strome in Abhangikeit von Φext bei
verschiedenen Frequenzen der eingestrahlten Mikrowelle gemessen. Der”switching“
66 KAPITEL 4. SUPRALEITENDE QUANTENBITS
Abbildung 4.11: Energieniveau Spektroskopie aus [52]. In diesem Graph sind die in Abhangigkeitvon Φext(Φ0) gemessenen ”switching“ Strome bei verschiedenen Frequenzen in GHz, auf der rechtenAchse angegeben, dargestellt.
Strom ist dabei der Strom, bei dem das dc SQUID in den Spannungszustand schal-
tet. Das durch das dc SQUID gemessene Flusssignal des pc Qubits wird in Form von
ISw, einem gemittelten”switching“ Strom dargestellt [52]. In Abbildung 4.11 ist dieser
Strom gegen den externen Fluss aufgetragen. Die von der Frequenz abhangigen”dip“
und”peak“ Strukturen, die symmetrisch um 0.5Φ0 sind, treten bei Werten von Φext
auf, an denen die Niveauaufspaltung in Resonanz mit der eingestrahlten Mikrowelle
ist. An diesen Stellen regt die Mikrowelle Ubergange zwischen den Superpositionen
der reinen Zustande an. Durch Auftragen der”dip“ und
”peak“ Strukturen in Abhan-
gigkeit von Φext(Φ0) erhalt man dann eine zu Abbildung 4.2 ahnliche Darstellung.
In der anderen, im rechten Teil der Abbildung 4.10 dargestellten, Designvariante 2
wird das Qubit galvanisch an das dc SQUID gekoppelt. Die kritischen Strome der zwei
großeren Josephson-Tunnelkontakte sind ungefahr 0.5µA, α = 0.8 und EJ0/EC = 34.65
mit EC = 7.36 GHz. Die kritischen Strome der zwei Josephson-Tunnelkontakte des
dc SQUIDs sind ≈ 2.2µA und das Verhaltnis der dc SQUID- zur Qubit-Flache ist
3:1. Fur eine moglichst gute Abschatzung der kritischen Stromdichte wurde aus dem
Wert der Coulomb-Energie und dem Verhaltnis EJ0/EC der mittlere kritische Strom
der Josephson-Tunnelkontakte uber
EJ0 = 34.65ECh =IcΦ0
2π(4.38)
4.4. EXPERIMENTELLE RESULTATE MIT PC QUBITS 67
Abbildung 4.12: Ubergang aus dem Grundzustand in den angeregten Zustand (oben) und Reso-nanzfrequenzen der Ubergange gegen die auf Φ0 normierte Abweichung ∆Φext aufgetragen (unten)aus [14]. Der um den Hintergrundstrom des dc SQUIDs Ibg korrigierte und auf den Mittelwert Istepnormierte Strom Isw ist in der oberen Abbildung gegen die Abweichung ∆Φext aufgetragen. Die Große∆γq gibt die Abweichung von der gepunkteten Symmetriachse an. In der unteren Figur entspricht diegestrichelte Linie einem Fit mit EJ0/EC = 34.65. Die aus den Daten resultierende Tunnelaufspaltung∆ ist ebenfalls angegeben.
berechnet. Berucksichtigen wir die Asymmetrie der drei Josephson-Tunnelkontakte
durch
Ic =0.8+ 2
3Ic, (4.39)
so erhalten wir fur den kritischen Strom der großeren Josephson-Tunnelkontakte Ic =
570 nA. Durch Abschatzen der Flache eines der großeren Josephson-Tunnelkontakte
aus dem rechten Teil der Abbildung 4.10 zu 278× 180 nm ergibt sich fur die kriti-
sche Stromdichte ein Wert von 1139 Acm−2. Die Gegeninduktivitat zwischen dem dc
SQUID und dem Qubit ist durch M ≈ 9 pH [14] gegeben. Diese starkere Kopplung
resultiert aus der gemeinsamen kinetischen und geometrischen Induktivitat und ver-
starkt das Qubit Signal; nachteilig dabei ist die große Zahl der Quasiteilchen, die bei
jedem Auslesevorgang durch das dc SQUID injiziert wird. In Abbildung 4.12 sind
68 KAPITEL 4. SUPRALEITENDE QUANTENBITS
Abbildung 4.13: Abhangigkeit der Rabi-Frequenzen von der Mikrowellenamplitude (links) undRamsey-Interferenzexperiment (rechts) aus [14]. Links ist der charakteristische lineare Zusammen-hang zwischen der Rabi-Frequenz und der Mikrowellenamplitude deutlich zu erkennen; die Geradeist ein linearer Fit und die Punkte stellen die Messdaten dar. Rechts entsprechen die Punkte ebenfallsden Messdaten und aus der angefitteten Kurve ergibt sich τϕ ≈ 20 ns.
die durchgefuhrten spektroskopischen Messungen an diesem Qubit gezeigt. Der obere
Graph zeigt dabei einen”dip“ und einen
”peak“ bei der Frequenz 16 GHzund der un-
tere Teil das Ergebnis, wenn man alle”dips“ und
”peaks“ nach ihrer Frequenz uber der
Abweichung vom Entartungspunkt ∆Φext auftragt. Diese Abweichung kommt durch
den vom dc SQUID induzierten Fluss zustande.
In den folgenden Experimenten an diesem Qubit konnten Rabi-Oszillationen, wie
in Abbildung 4.13 gezeigt, beobachtet werden. Aus der Periodizitat dieser Rabi-
Oszillationen wurde eine, von der eingestrahlten Leistung unabhangige, Abklingzeit
tRabi = 150 nsgefunden. Diese sehr lange Abklingzeit ist ein Beleg fur einige hundert
koharente Rabi-Oszillationen [14]. Experimente bei einer Rabi-Frequnz von 5.71 GHz
ergaben eine Relaxationiszeit von einem angeregten Zustand in einen Grundzustand
von 900 ns. Durch Ramsey-Interferenzexperimente [54] wurde eine Zeit τϕ ≈ 20 ns
fur das Auseinanderlaufen der Phase eines Superpositionszustands gemessen. Der an-
geregte Zustand wurde durch einen π/2-Puls erzeugt. Mit einem zweiten π/2-Puls
wurde dann die Besetzung der reinen Zustande uber die Ubergangswahrscheinlichkeit
bestimmt. Das Ergebnis dieser Messung ist im rechten Teil von Abbildung 4.13 ge-
zeigt. Die Autoren geben als moglichen Grund fur diesen sehr großen Unterschied in
den beiden Zeiten eine zeitliche Variation in der Niveauaufspaltung des Qubits an,
deren Ursache in externem oder internem Rauschen zu suchen ist [14].
Kapitel 5
Probenherstellung und Messaufbau
Dieses Kapitel beginnt mit einer detaillierten Beschreibung der Probenherstellung.
Die im anschliessenden Abschnitt gezeigten Rasterelektronenmikroskop Aufnahmen
von hergestellten pc Qubits und phasenvorgespannten dc SQUIDs, stammen aus Pro-
benserien, anhand derer die Designstabilitat der Herstellungsprozesse erfolgreich nach-
gewiesen wurde. Designstabilitat bedeutet hier diese sehr kleinen, komplexen Struktu-
ren, die das Produkt sehr storanfalliger Einzelprozesse sind, reproduzierbar herzustel-
len. Diese Designstabilitat konnte in vielen Proben sehr gut nachgewiesen werden. Im
zweiten Teil dieses Kapitels wird auf den 3He-gekuhlten Messaufbau eingegangen und
der zur schnelleren Erst-Charakterisierung konstruierte Probenstab fur diesen Mess-
einsatz vorgestellt. Dieses Kapitel schliesst mit einer schematischen Beschreibung des
elektronischen Messaufbaus.
5.1 Probenherstellung
Alle Proben wurden auf einem Silizium Wafer mit 1 Zoll Durchmesser hergestellt.
Dabei wurden die einzelnen Baugruppen durch Schattenbedampfung [55, 56] erzeugt.
Zuerst wird das Substrat im Ultraschallbad in Azeton und Isopropanol gereinigt.
Die Herstellung ist in Abbildung 5.1 schematisch dargestellt und im Anhang A sind
die wichtigsten Parameter der einzelnen Herstellungsschritte wiedergegeben. Auf dem
gereinigten Wafer wird zuerst eine ca. 690 nmdicke Lackschicht aus PMMA/MA auf-
gebracht. Nachdem der Resist bei 160C fur mindestens 100 min ausgebacken wur-
de, wird eine weitere Resistschicht aus PMMA mit ca. 70 nmDicke aufgebracht, die
fur mindestens 60 min bei 100C ausgebacken wird. Die dunnere Lackschicht dieses
Zweilagen-Resists ist unempfindlicher gegenuber Elektronenbestrahlung, d.h. in dem
69
70 KAPITEL 5. PROBENHERSTELLUNG UND MESSAUFBAU
PMMAPMMA/MA
Substrat
e- e-
(a) (b)
(c)
Al
(d)
O2
(e)
Al
-γ
γ
(f)
JJ
Resistbrücke
Abbildung 5.1: Schema der Probenherstellung. (a) ein Muster wird mit einem Elektronenstrahlaus einem REM in den Zweilagen-Resist geschrieben. (b) nach der Entwicklung bleibt eine freitra-gende Resistbrucke ubrig, die durch den Unterschnitt erzeugt wird und fur die Schattenbedampfunggrundlegend ist. (c) danach wird die erste Aluminiumschicht unter einem Winkel γ aufgedampft.(d) die Tunnelbarriere wird durch Oxidation dieser Aluminiumschicht erzeugt. (e) die zweite Alu-minumschicht wird unter einem Winkel −γ aufgedampft. (f) nach dem Entfernen des Photoresistsbleibt nur die Aluminiumstruktur ubrig, die direkt auf das Substrat aufgedampft wurde. Der darausresultierende Josephson-Tunnelkontakt ist durch den Kreis und ”JJ“ gekennzeichnet.
5.1. PROBENHERSTELLUNG 71
Abbildung 5.2: Photo des um ±45 kippbaren Probenhalters der EVAP. Die roten Pfeile markierendie Anschlusse an einen mit flussigem Stickstoff betriebenen Kuhlkreislauf.
nach der Belichtung erfolgenden Entwicklungsprozess mit einem Isopropanol-MIBK-
Gemisch im Verhaltnis 4:1 lost sich dieser Resist wesentlich weniger stark. Daraus
resultiert der fur die Schattenbedampfung notwendige Unterschnitt , auch “undercut“
genannt, durch den die”Maske“ fur die Bedampfung aus der Struktur in der PMMA
Resist-Schicht erzeugt wird.
Nach der Belackung des Wafers wird dieser im Rasterelektronenmikroskop (REM)
mit der gewunschten Struktur durch einen Elektronenstrahl belichtet. Dieser Prozess-
schritt ist in Abbildung 5.1 (a) dargestellt. Es kommt zur Ausbildung einer Streubirne,
die bei der fur den Schreibprozess verwendeten Beschleunigungsspannung von 20 kV
ublicherweise einen Durchmesser von 2µm hat. Durch den Elektronenstrahl werden
die langkettigen PMMA-Molekule in kurzere Ketten zerlegt. Da die dickere Schicht
wesentlich empfindlicher gegenuber Elektronen als die dunnere ist, konnen dort ge-
streute Elektronen die Polymerketten effektiver zerlegen. Bei den gewahlten Resistdi-
cken fuhrt dies dazu, dass sich im Entwicklungsschritt in Abbildung 5.1 (b) mit dem
Entwickler in der PMMA/MA-Schicht ein Unterschnitt herauslosen lasst und eine
Maske fur die gewunschte Struktur entsteht. Das Herauslosen exponierter Bereiche in
der Resiststruktur ist charakteristisch fur die verwendeten Positivresiste.
Danach wird der Wafer in eine Elektronenstrahlverdampfungsanlage (EVAP) mit ei-
72 KAPITEL 5. PROBENHERSTELLUNG UND MESSAUFBAU
nem um ±45 kippbaren Probenhalter eingebracht, der in Abbildung 5.2 dargestellt
ist. Im ersten Schritt der dreiteiligen Schattenbedampfung wird eine ca. 15 nm dicke
Aluminiumschicht unter einem Winkel γ = 16 aufgedampft. Im Gegensatz zur
Resist-Oberflache, wird das Substrat nur an den Stellen mit Aluminium bedampft, an
denen das Aluminium, wie in Abbildung 5.1 (c) gezeigt, die Maskenstruktur passieren
kann. Um das Kollabieren der Resistkanten wahrend dem Bedampfen zu verhindern,
wird der Wafer thermisch an einen, mit flussigem Stickstoff gekuhlten, Kupferblock
angekoppelt. Dessen Leitungen sind in Abbildung 5.2 durch die roten Pfeile markiert.
Im zweiten Schritt, dargestellt in Abbildung 5.1 (d), wird diese Aluminiumschicht
mit reinem Sauerstoff oder einem Sauerstoff-Argon Gemisch mit einem Produkt aus
Sauerstoffpartialdruck und Oxidationszeit von 0.01− 19 mbarsoxidiert. Der Oxidati-
onsdruck, die Oxidationszeit und die Probentemperatur wahrend der Oxidation be-
stimmen die Oxiddicke, und sind somit die Parameter zum Einstellen der Kapazitat
und des kritischen Stroms des Josephson-Tunnelkontaks. Im dritten Schritt wird eine
zweite ca. 15 nmdicke Aluminiumschicht unter einem Winkel von γ = −16 aufge-
dampft.
Im letzten Herstellungsschritt wird die Resistmaske in heissem Azeton von dem Wafer
gelost; alles auf den Resist aufgedampfte Aluminium wird dabei auch von der Probe
entfernt und es bleibt nur das direkt auf das Substrat aufgedampft Aluminium ubrig.
Dieser Prozessschritt wird auch als”lift-off“ bezeichnet. Der Ausdruck Schattenbe-
dampfung resultiert aus dem Uberlapp der zwei durch die Resistbrucke erzeugten
”Schatten“, die mit der Oxidbarriere den Al-Al2O3-Al Josephson-Tunnelkontakt bil-
den. In Abbildung 5.1 (f) ist der Josephson-Tunnelkontakt durch einen roten Kreis
hervorgehoben.
5.2. REM AUFNAHMEN HERGESTELLTER QUBITS UND DC SQUIDS 73
Abbildung 5.3: REM Aufnahme der Zuleitungsstrukturen. Das grungestrichelte Quadrat markiertdas Schreibfeld, in das die zu vermessenden Strukturen geschrieben werden.
Abbildung 5.4: REM Aufnahme der Qubit Designvariante 1 (links) und eine REM Detailaufnahmedieser Variante (rechts). In diesem, im Rahmen dieser Diplomarbeit hergestellten, pc Qubit bezeich-nen die roten Kreise die dc SQUID Josephson-Tunnelkontakte und die grunen Kreise die des Qubits.Rechts ist eine Detailaufnahme des kleineren Josephson-Tunnelkontakts des Qubits und des unterendes dc SQUIDs gezeigt.
5.2 REM Aufnahmen hergestellter Qubits und dc
SQUIDs
Die Rasterelektronenmikroskop Aufnahme in Abbildung 5.3 zeigt eine 1×1 mm2 große
Zuleitungsstruktur, mit dem in deren Mitte liegenden 100× 100µm2 großen Schreib-
feld. In dieses Schreibfeld konnen jeweils vier zu vermessende Strukturen geschrieben
und uber die 16 Bondpads mit dem elektrischen Messaufbau verbunden werden.
Im folgenden werden einige Rasterelektronenmikroskop (REM) Aufnahmen von Struk-
turen, die im Rahmen dieser Diplomarbeit hergestellt wurden, gezeigt. Diesen Struk-
turen ist gemein, dass sie alle noch nicht elektronisch charakterisiert worden sind. Die
74 KAPITEL 5. PROBENHERSTELLUNG UND MESSAUFBAU
Abbildung 5.5: REM Aufnahme der Qubit Designvariante 2 (links) und REM Detailaufnahme derQubit Josephson-Tunnelkontakte (rechts). In diesem, im Rahmen dieser Diplomarbeit hergestellten,pc Qubit, kennzeichnen die roten Kreise die dc SQUID Josephson-Tunnelkontakte und die grunenKreise die des Qubits. Rechts ist eine Detailaufnahme der Josephson-Tunnelkontakte des Qubits zusehen.
Abbildung 5.6: REM Aufnahme eines π/2 dc SQUIDs. Dieses π/2 dc SQUID wurde im Rahmen die-ser Diplomarbeit hergestellt; die roten Kreise kennzeichnen die dc SQUID Josephson-Tunnelkontakteund der grune Kreis die fur die Phasenvorspannung des dc SQUIDs verwendete Ringstruktur.
Qubitstrukturen, die in Abbildung 5.4 und in Abbildung 5.5 dargestellt sind, konnten
noch nicht vermessen werden, da der dafur benotigte Messaufbau noch fertiggestellt
wird; phasenvorgespannte dc SQUIDs, wie das in Abbildung 5.6 gezeigte, konnten aus
Zeitgrunden nicht mehr vermessen werden, obwohl der im Rahmen dieser Diplomar-
beit konstruierte Probenstab (vgl. Abschnitt 5.3.2) dafur ausgelegt worden ist.
In der in Abbildung 5.4 gezeigten Designvariante 1 eines pc Qubits, wurde fur die
großen Josephson-Tunnelkontakte eine Flache von 500× 180 nm2 gewahlt. Die Flache
des Qubits wurde hier zu 4 × 5µm2 und die des dc SQUIDs zu 6 × 6.6µm2 gewahlt.
Die Detailaufnahme zeigt den unteren Josephson-Tunnelkontakt des dc SQUIDs und
den um einen Faktor α ≈ 0.8 kleineren Josephson-Tunnelkontakt des Qubits.
Fur die großen Josephson-Tunnelkontakte in der in Abbildung 5.5 dargestellten De-
5.2. REM AUFNAHMEN HERGESTELLTER QUBITS UND DC SQUIDS 75
signvariante 2 wurde eine Flache von 100× 100 nm2 gewahlt. Die Flache des Qubits
einschliesslich des dc SQUIDs ist ungefahr 4× 2µm2. Der mittlere Qubit Josephson-
Tunnelkontakt ist um einen Faktor α ≈ 0.8 kleiner als die beiden anderen. Der Einfluss,
der wahrend der Aufnahme erzeugten elektrischen Aufladung, macht sich, aufgrund
der relativ kleinen Flache, in der Detailaufnahme deutlich bemerkbar und hat zur
Folge, dass der Strahl abgelenkt und das Bild verzerrt wird.
In Abbildung 5.6 ist eine REM Aufnahme eines π/2 dc SQUIDs gezeigt. Der Cha-
rakter dessen Phasenvorspannung ware allerdings aufgrund des zu groß gewahlten
Querschnitts der zusatzlichen Ringstruktur nicht sehr definiert gewesen. Wie in Ab-
schnitt 3.2 gezeigt wurde, ist es notwendig, diesen Querschnitt kleiner als die Lon-
don’sche Eindringtiefe λL zu wahlen, um eine direkte, durch den Phasenunterschied
des Anteils der zusatzlichen Ringstruktur bedingte, Phasenvorspannung zu realisieren.
76 KAPITEL 5. PROBENHERSTELLUNG UND MESSAUFBAU
1
43
72 658
43
72
65
8
8 8
1
Abbildung 5.7: Photo des 4He Einsatzes ohne Schleuse und Probenstab. (1) bezeichnet den Hart-papierkonus, der den Sinterkorper umschliesst. Uber das Ventil (2) wird der Einsatz durch Einlassenvon 4He bzw. durch Pumpen des Isolationsvakuums thermisch an die 4He-Kanne gekoppelt bzw. vonihr entkoppelt. Durch (7) sind im Betrieb die Heiz- und die Thermometerleitungen gefuhrt. Uberdas Ventil (3) wird 4He fur die thermische Kopplung des Probenraums angeboten bzw. gepumptum den Joule-Thomson-Kuhler zu betreiben; (4) ist das Manometer dieser Kammer fur 4He-Druckezwischen 0− 2000 mbar. Uber das Ventil (5) wird 3He angeboten bzw. gepumpt; (6) ist das Mano-meter dieser Kammer fur 3He-Drucke zwischen 0− 2000 mbar. Die Thermovac Messrohre (8) ist eineder fur alle drei Kammern vorhandenen Messrohren fur den Druckbereich von 10− 10−3 mbar; dieanderen sind in diesen Darstellungen verdeckt und durch die Pfeile kenntlich gemacht. Im unterstenBild ist in Vergroßerung der Hartpapierkonus mit dem durch den blauen Rahmen gekennzeichnetenSinterkorper gezeigt.
5.3 Tieftemperatur Messaufbau
5.3.1 3He-gekuhlter Einsatz
Die ersten Proben wurden in einem Kryostaten mit 3He-4He-Mischkuhler vermessen.
Die Messtechnik in diesem Messaufbau wie z.B. Filterung, thermisches Abfangen der
Messleitungen wurde von Georg Wild weiterentwickelt. Eine detaillierte Beschreibung
dieses Messaufbaus findet sich daher in seiner Diplomarbeit [57].
Da dieses System ein bis zwei Tage zum Evakuieren und Einkuhlen sowie zum Wieder-
aufwarmen benotigt, ist es nicht fur einen schnellen Probenwechsel geeignet. Deshalb
wurde fur die Erstcharakterisierung der Proben, d.h. zum Optimieren der Oxidbarrie-
re ein 3He-gekuhlter Einsatz, dargestellt in Abbildung 5.7, fur eine 4He-Kanne in der
hauseigenen Werkstatt nach Planen von Wolfgang Hehn hergestellt. Im Rahmen dieser
Diplomarbeit wurde dann ein Probenstab fur diesen Einsatz konzipiert und zusam-
mengebaut. Die Einzelteile fur diesen Probenstab wurden ebenfalls in der hauseigenen
5.3. TIEFTEMPERATUR MESSAUFBAU 77
1279 mm
500 mm
0
Schleuse
4He3He
IV
4Helium Kanne
Impedanz desJoule-Thomson-Kühlers
1
2
54 mm
Durchmesser ab 3nach unten
3
4
5
Schleusenventil
Abbildung 5.8: Nicht massstabsgetreues Schema des 3He-gekuhlten Messaufbaus mit Einsatz undProbenstab in einer 4He-Kanne. Die Bezeichnungen werden im Text erklart.
Werkstatt produziert.
Dieses Messsystem ermoglicht nach ca. 2-3 Stunden Einbau, Evakuieren und Einkuh-
len eine Messzeit von ca. 12 Stunden bei einer Temperatur von ca. 0.5 K; das Wieder-
aufwarmen und der Ausbau dauern ca. 1 Stunde. Diese Angaben beziehen sich auf das
Herausnehmen des kompletten Einsatzes aus der 4He-Kanne. Nutzt man die Schleuse
und entnimmt nur diese und den mit ihr fest verbundenen Probenstab, d.h. der Einsatz
bleibt in der 4He-Kanne, so reduzieren sich die Zeiten fur Einkuhlen und Wiederauf-
warmen auf ungefahr die Halfte. In Abbildung 5.8 ist das Schema des 3He-gekuhlten
Messaufbaus mit Einsatz und Probenstab gezeigt. Das Gesamtsystem aus Einsatz und
Schleuse steckt in einer 4He-Kanne. Der durch eine hochvakuumdichte Offnung am
oberen Ende der Schleuse gefuhrte Probenstab endet in der Probenhalterung (5), die
in ihrer tiefsten Position 1-2 mm vom Boden der innersten der drei konzentrischen
Rohren enfernt ist. Eine kleine Kupferscheibe (4) sorgt in dieser Stellung fur die ther-
mische Ankopplung an die durch den Joule-Thomson-Kuhler gekuhlte Eingradstufe.
Diese wird uber (1) von der 4He-Kanne mit 4He gespeist. Bevor die Eingradstufe durch
Pumpen an dem mit 4Hebezeichneten Flansch in Gang gesetzt werden kann, muss der
78 KAPITEL 5. PROBENHERSTELLUNG UND MESSAUFBAU
(a) (b) (c)
1
2
B
A
B
A
Abbildung 5.9: Photos des Probenstabes.
Einsatz von der 4He-Kanne durch ein uber den mit IV bezeichneten Flansch erzeugtes
Isolationsvakuum von ungefahr 5× 10−6 mbarthermisch entkoppelt werden. Das 4He
wird durch einen Sinterkorper vor der Offnung (1), die Impedanz und die Offnung
(2) uber den mit 4He bezeichneten Flansch durch die 4He-Ruckleitung abgepumpt.
Dieser Vorgang entspricht einem Joule-Thomson-Kuhlprozess. Da der Sinterkorper
ca. 270 mm uber dem Grund der 4He Kanne angebracht ist, kann dieser Einsatz bis
zu einem Fullstand der 4He-Kanne von 45− 50 l betrieben werden.
Aufgrund der Pumpleistung ergibt sich fur die Eingradstufe eine minimale Tempera-
tur von etwa 1.3 K, die sowohl uber ein Widerstandsthermometer als auch uber den4He Druck von 1 − 2 mbarbestimmt wurde. Diese Temperatur ist ausreichend, um
das zur Kuhlung verwendete 3He , das uber den mit 3He bezeichneten Flansch von
einem Vorratsbehalter in den Probenraum entspannt wird, einzukondensieren. Nach-
dem die ca. 20 Nl 3He aus dem Tank einkondensiert sind, was bei 1.62 K ca. 34 cm3
3He oder bei den verwendeten Radien einem Fullstand von ca. 5 cm Hohe ohne die
Verdrangung der Probenhalterung in der innersten Kammer entspricht, wird dieses
Bad abgepumpt. Die tiefste, mit der verwendeten Pumpe1 erreichbare Temperatur,
die im Rahmen der Messgenauigkeit uber die gesamte Messzeit konstant war, war ca.
0.45 K. Da die Probe durch den direkten Kontakt mit dem abgepumpten 3He-Bad
gekuhlt wird, hat sie auch dessen Temperatur.
1Es handelt sich hierbei um eine Alcatel 2012h, eine hermetisch dichte Pumpe mit einer Pumpleis-tung von 12 m3h−1
5.3. TIEFTEMPERATUR MESSAUFBAU 79
(a)
(c)
(b)
12
Abbildung 5.10: Photos des Probenhalters mit einer Probe
5.3.2 Probenstab
Der Probenstab besteht an seinem oberen Ende aus einer Steckerbox und endet unten
in der in Abbildungen 5.10 (a) und (c) gezeigten Probenhalter. Um ein Ubersprechen
der acht paarweise verdrillten Messleitungen mit den drei paarweise verdrillten”Ser-
viceleitungen“, d.h. mit der Stromzufuhr fur eine eventuelle Spule und den Leitungen
fur die Temperaturmessung, zu verhindern, sind diese innerhalb des Probenstabs je-
weils in einem getrennten Rohr gefuhrt.
In Abbildung 5.9 (a) ist der untere Teil des Probenstabes von der thermischen Ankopp-
lung an die Eingradstufe bis zu dem von einem Kryopermbecher umschlossenen kup-
fernen Probenhalter dargestellt. Die Leitungen sind wie im Teil (b) der Abbildung 5.9
gezeigt, bis unterhalb der Kupferscheibe in dem Stab gefuhrt und treten dann auf zwei
Seiten aus diesem heraus. Der mit”A“ bezeichnete Strang der Serviceleitungen wird
oben an dieser Kupferscheibe thermisch abgefangen. Die Messleitungen”B“ werden
unten auf der Verlangerung der Kupferscheibe thermisch an die Eingradstufe gekop-
pelt. Zusatzlich werden die Leitungen noch durch den Gasstrom des abgepumpten3He wahrend des Experiments gekuhlt. Die zwei mit
”1“ gekennzeichneten Kupfer-
plattchen dienen als Strahlungsschilde und werden”baffles“ genannt. Der Teil (c) in
Abbildung 5.9 zeigt eine Detaildarstellung der Leitungsankopplung der Serviceleitun-
gen; die Messleitungen sind direkt wie Abbildung 5.10 zeigt, von den Steckern bis zu
den kupfernen Bondpads des”printed circuit boards“, pcb abgekurzt, gefuhrt. Dieses
80 KAPITEL 5. PROBENHERSTELLUNG UND MESSAUFBAU
pcb wurde ebenfalls im Haus hergestellt. Die in Abbildung 5.3 gezeigten Schreibfelder
werden aus dem Wafer herausgebrochen und dann mit GE-Kit auf das pcb aufgeklebt.
Diese pcbs wurden vorher mit Stycast 2866 auf Kupferplattchen geklebt. Nachdem
Bonden wird das Kupferplattchen in den Probenhalter geschraubt und anschliessend
werden die Messleitungen auf die Bondpads gelotet. Dies ist in den Teilen (a) und (b)
der Abbildung 5.10 gezeigt. Der rote Pfeil in Teil (a) deutet auf den mit Stycast 2866
aufgeklebten Widerstand zur Temperaturmessung. Im Teil (c) ist eine Probe nach der
Messung gezeigt;”1“ bezeichnet das pcb und
”2“ das Kupferplattchen.
5.4. ELEKTRONISCHER MESSAUFBAU 81
Spannungs-messgerät
Oszilloskop
Von der Probe
Vorverstärker
zur GPIB Karte Computer
Zur AD Karte
Stromquelle
Abbildung 5.11: Schema des elektronischen Messaufbaus
5.4 Elektronischer Messaufbau
Der elektronische Messaufbau fur den 3He-Probenstab ist in Abbildung 5.11 darge-
stellt. Uber ein LabView Programm wird eine AD Karte angesteuert, die ihrerseits ein
Spannungssignal an eine nicht kommerziell erhaltliche batteriebetriebene Stromquelle
liefert. Dieses Spannungssignal wird gleichzeitig zur Kontrolle an den Eingangskanal
1 eines Oszilloskops angelegt. Die direkt mit der Probe verbundene batteriebetrie-
bene Stromquelle reagiert auf das Spannungssignal an ihrem Eingang und gibt ein
Stromsignal aus. Der dadurch hervorgerufene Spannungsabfall an der Probe wird
durch einen Vorverstarker (Stanford Research SR 530) verstarkt und an ein Span-
nungsmessgerat (Agilent 3458 A) weitergeleitet; parallel wird dieses Spannungssignal
an den Eingangskanal 2 des Oszilloskops angelegt. Das Spannungsmessgerat liefert
die gemessene Spannung uber die GPIB Karte wieder an das LabView Programm
zuruck. Dieser Messaufbau wurde auch bei den Messungen in dem Kryostaten mit3He-4He-Mischkammer-Kuhlung verwendet.
Kapitel 6
Experimentelle Ergebnisse
Die Herstellung von Qubits stellt hohe Anforderungen an die Oxidbarriere der Joseph-
son-Tunnelkontakte. Zur Optimierung des Oxidationsprozesses wurden die in diesem
Kapitel wiedergegebenen Experimente an Josephson-Tunnelkontakten durchgefuhrt.
Das Ziel war, Josephson-Tunnelkontakte mit einer Stromdichte von etwa 1000 Acm−2
zu realisieren. Zu diesem Zweck wurden Tunnelkontakte mit einer Flache von 750×
300 nm2 mit unterschiedlich dicken Oxidbarrieren hergestellt und elektrisch charakte-
risiert. Die Variation in den Oxidbarrieren wurde durch unterschiedliche Sauerstoff-
partialdrucke wahrend der Oxidation und Oxidationszeiten erreicht. Das Produkt L
dieser zwei Großen ist mit der Oxiddicke d korreliert. Die oben genannte Stromdichte
sollte bei dieser Flache einen kritischer Strom von etwa 2.25µA ergeben.
Die Dicke d und die Struktur der Tunnelbarriere bestimmen die wichtigen Parame-
ter eines Tunnelkontakts wie den kritischen Strom und die Kapazitat und somit die
fur diese Arbeit interessanten Energien EJ0 und EC. Da diese Dicke d direkt mit den
Oxidationsparametern Druck und Zeit verknupft ist, wird sie im zweiten Teil dieses
Kapitels anhand der experimentellen Tunnelwiderstande Rn berechnet.
Dieses Kapitel schliesst mit den Messdaten und der Auswertung einer Serienschal-
tung aus Josephson-Tunnelkontakten. Eine solche Anordnung bietet eine sehr gute
Moglichkeit, die Streuung der Parameter in der Serienschaltung zu uberprufen.
6.1 Messungen an Tunnelkontakten
Die den Abbildungen 6.1 und 6.2 dargestellten Strom-Spannungs-Kurven weisen die
fur einen Josephson-Tunnelkontakt charakteristischen Merkmale eines supraleiten-
den Tunnelstroms und eines normalleitenden Quasiteilchenasts auf. Diese Strom-
83
84 KAPITEL 6. EXPERIMENTELLE ERGEBNISSE
Spannungs-Kurven sind beide in dem in [57] ausfuhrlich beschriebenen Kryostaten
mit 3He-4He-Mischkuhler bei ungefahr 28 mK gemessen worden.
Die Messkurve in Abbildung 6.1 weist auf dem Quasiteilchenast eine Vergroßerung
der Energielucke hin zu kleineren Stromen auf. Dies deutet auf eine Temperaturer-
hohung, die durch die im Quasiteilchenast dissipierte Heizleistung I2Rn hervorgerufen
wird, hin. Da die Energielucke eine Funktion der Temperatur ist und mit fallender
Temperatur großer wird, kann man diese Vergroßerung der Energielucke mit fallen-
dem Quasiteilchenstrom erklaren. Ordnen wir den Spannungswerten V bei Ic bzw. Iruber
∆(T) =eV2
(6.1)
mit der Elektronenladung e einen temperaturabhangigen Wert fur die Energielucke
∆(T) zu, so konnen wir die Vergroßerung der Energielucke ∆(T) bei Ir relativ zu dem
Wert bei Ic angeben. Dieser betragt auf der rechten Seite in Abbildung 6.1 ungefahr
4.2% und auf der linken etwa 6.0%. Mit der Ambegaokar-Baratoff-Formel [58], [59]
IcRn =π∆0
2etanh
(∆0
2kBT
)(6.2)
wird der Zusammenhang zwischen dem Produkt aus dem kritischen Strom Ic und
normalleitenden Widerstand Rn und der supraleitenden Energielucke des Josephson-
Tunnelkontakts ∆0 = 0.18 meVbei T = 0 beschrieben. Dabei ist kB die Boltzmann Kon-
stante. Mit dieser Relation berechnet sich der theoretische Wert fur das IcRn-Produkt
zu 0.283 mV; der aus den Messwerten resultierende Wert fur das IcRn-Produkt ist
0.119 mV bzw. ungefahr 42.2% des theoretisch berechneten. Legt man als Hauptkri-
terium fur das Vorhandensein eines Josephson-Tunnelkontakts neben der Gestalt der
Strom-Spannungs-Charakteristik noch die Abweichung des IcRn-Produkts von dem
Ergebnis aus Gleichung (6.2) zugrunde, so darf angenommen werden, dass es sich bei
diesem Tunnelkontakt wirklich um einen Josephson-Tunnelkontakt handelt.
Die Strom-Spannungs-Charakteristik in Abbildung 6.2 zeigt auf dem Quasiteilchenast
ein identisches Verhalten der Energielucke hin zu kleineren Stromen. Die Vergroße-
rung vom Wert der Energielucke bei Ir relativ zu dem Wert bei Ic, betragt auf der
rechten Seite in Abbildung 6.1 ungefahr 4.5% und auf der linken etwa 4.4%. Fur das
IcRn-Produkt dieses Tunnelkontakts ergibt sich 0.157 mV oder ungefahr 55.8% des
theoretisch berechneten Wertes. Mit einer identischen Argumentation wie oben, kann
man wieder annehmen, dass auch dieser Tunnelkontakt ein Josephson-Tunnelkontakt
6.1. MESSUNGEN AN TUNNELKONTAKTEN 85
- 0 . 3- 0 . 2- 0 . 10 . 00 . 10 . 20 . 3
- 0 . 8 - 0 . 6 - 0 . 4 - 0 . 2 0 . 0 0 . 2 0 . 4 0 . 6 0 . 8
I c = 5 5 n A j c = 2 5 A / c m 2
R n = 2 1 7 0 ΩI c R n = 0 . 1 2 0 m VI r = 1 5 n A
V ( m V )
I ( µA )
Abbildung 6.1: Strom-Spannungs-Charakteristik eines Josephson-Tunnelkontakts mit einer Flachevon 750× 300 nm2. Dieser Josephson-Tunnelkontakt ist mit 4.09 mbarsoxidiert und bei etwa 28 mKgemessen worden.
- 0 . 6- 0 . 4- 0 . 20 . 00 . 20 . 40 . 6
- 0 . 8 - 0 . 6 - 0 . 4 - 0 . 2 0 . 0 0 . 2 0 . 4 0 . 6 0 . 8
I s = 1 3 6 n A j c = 6 0 A / c m 2
R n = 1 1 6 0 ΩI c R n = 0 . 1 5 7 m VI r = 2 1 n A
V ( m V )
I ( µA )
Abbildung 6.2: Strom-Spannungs-Charakteristik eines Josephson-Tunnelkontakts mit einer Flachevon 750×300 nm2. Dieser Josephson-Tunnelkontakt ist ebenfalls mit 4.09 mbarsoxidiert und bei etwa28 mK gemessen worden. In dieser sowie in Abbildung 6.1 sind Ic durch grune und Ir durch roteKreise hervorgehoben.
86 KAPITEL 6. EXPERIMENTELLE ERGEBNISSE
Probe L [mbars] Ic [µA] Ir [µA] Rn [Ω] IcRn [mV] Ξ
A 0.0138 43.60 16.09 333.33 14.519 76.407B 0.0502 17.29 7.30 205.4 3.551 18.689C 0.0502 166.8 51.00 132.92 22.159 116.614D 0.0138 38.41 37.00 73.11 2.808 14.788E 0.0138 17.69 7.60 65.94 1.166 6.139
Tabelle 6.1: Messergebnisse von Tunnelkontakten die mit kleineren L-Werten oxidiert worden sind.Die Bezeichnung Ξ gibt das Verhaltnis aus dem jeweiligen IcRn-Produkt zu dem mit Gleichung (6.2)berechneten Wert fur Aluminium an.
ist. Die in Abbildung 6.2 durch die schwarzen Kreise gekennzeichnete Verkrummung
der Messkurve, die auch schon in Abbildung 6.1 in leichter Andeutung zu erkennen
ist, kann noch nicht erklart werden.
Da die kritische Stromdichte in diesen beiden Josephson-Tunnelkontakten noch viel
zu gering war, wurde das Produkt aus Sauerstoffpartialdruck und Oxidationszeit re-
duziert, wobei im wesentlich der Sauerstoffpartialdruck reduziert wurde und eine Serie
von Tunnelkontakten hergestellt.
Die Messergebnisse an diesen Kontakten sind in Tabelle 6.1 wiedergegeben. Anhand
des Wertes Ξ, der das Verhaltnis aus dem jeweiligen IcRn-Produkt zu dem mit Glei-
chung (6.2) berechneten Wert fur Aluminium angibt, erkennt man fur beide L-Werte
eine deutliche Abweichung. Stellvertretend fur diese Tunnelkontakte ist in Abbil-
dung 6.3 die Strom-Spannungs-Charakteristik der ersten Probe aus Tabelle 6.1 ge-
zeigt. Die viel zu hohen IcRn-Produkte der Messdaten legen den Verdacht nahe, dass
es sich bei diesen Strom-Spannungs-Kurven nicht um Josephson-Tunnelkontakte han-
delt.
Fur eine mogliche Erklarung betrachten wir die in Abbildung 6.4 gezeigte schematische
3D Darstellung eines Tunnelkontakts. Die Flache des eigentlichen Tunnelkontakts be-
tragt 0.225µm2 und der rot umrandete Querschnitt der Zuleitung hat 0.011µm2. Der
Faktor 1/20, um den der Querschnitt der Zuleitungen kleiner als die Kontaktflache
ist, hat zur Folge, dass die maximal mogliche kritische Stromdichte der Zuleitungen
einen Einfluss auf die Strom-Spannungs-Charakteristik haben konnte. In [60] ist der
experimentelle Wert fur die kritische Stromdichte einer 0.15µm2 Aluminiumstruktur
mit 2.9 × 106 Acm−2, allerdings ohne Messtemperatur, angegeben. Fur die elektrisch
charakterisierten Tunnelkontakte aus Tabelle 6.1 ergibt sich mit dieser Stromdichte
ein maximal moglicher kritischer Strom in den Zuleitungen von etwa 326.25µA. Da
6.1. MESSUNGEN AN TUNNELKONTAKTEN 87
- 6 0
- 4 0
- 2 0
0
2 0
4 0
6 0
- 4 - 3 - 2 - 1 0 1 2 3 4
I c = 1 7 . 6 9 µA j c = 7 8 6 2 . 2 2 A / c m 2
R n = 6 5 . 9 4 ΩI c R n = 1 . 1 6 m VI r = 7 . 6 µA
V ( m V )
I ( µA )
Abbildung 6.3: Strom-Spannungs-Charakteristik eines ”Tunnelkontakts“ mit einer Flache von 750×300 nm2. Dieser ”Tunnelkontakt“ ist mit 0.0138 mbarsoxidiert und bei etwa 500 mKgemessen worden.Die Strome Ic sind durch grune und Ir durch rote Kreise hervorgehoben.
750 nm 300 nm
750 nm
15 nmAbbildung 6.4: 3D Bild eines Tunnelkontakts aus Tabelle 6.1 mit einer Kontaktflache von 750×300 nm2. Der rote Bereich mit 750 nm2 gibt den Zuleitungsquerschnitt des Tunnelkontakts an.
die aus den Messdaten ermittelten kritischen Strome in dieser Großenordnung liegen,
ware es gut moglich, dass der gemessene Spannungsabfall nicht am Tunnelkontakt
selber, sondern in der Zuleitung aufgetreten ist. Diese wurde bedeuten, dass die Tun-
nelbarriere eine kritische Stromdichte von etwa 1.45× 105 Acm−2 tragen konnte, um
nicht das schwachere Glied in dieser Kette zu sein. Dieser extrem hohe Wert wird
wenn uberhaupt nur von extrem dunnen Barrieren erreicht; es ist also anzunehmen,
dass die Barriere sehr inhomogen ist und Kurzschlusse zwischen den zwei Elektroden
zum Stromtransport beitragen.
88 KAPITEL 6. EXPERIMENTELLE ERGEBNISSE
0.3 0.35 0.4 0.45 0.5 0.55 0.6 0.65 0.7 0.75 0.8 0.85 0.90
500
1000
1500
2000
2500
Oxiddicke in d [nm]
Rn[Ω]
A = 75 x 75 nm2
A = 100 x 100 nm2
A = 100 x 150 nm2
A= 100 x 200 nm2
A = 278 x 180 nm2
A = 750 x 300 nm2
Abbildung 6.5: Berechneter Tunnelwiderstand Rn in Abhangigkeit von der Oxiddicke d. Rn er-gibt sich durch Division der Gleichung (6.3) mit der jeweiligen Flache A. Nach [62] entspricht eineMonolage Al2O3 etwa 0.35 nmund ist durch die grun-gestrichelte Linie wiedergegeben.
6.2 Berechnung der Barrierendicke anhand der
Messdaten
Zur Berechnung der Barrierendicke betrachten wir eine Tunnelbarriere der Hohe V
und der Dicke d, deren Flachenwiderstand rn nach [61] durch
rn = 4πhe2
d2
1+ 2κdexp(2κd) (6.3)
mit
κ2 = 2meV/~2 (6.4)
gegeben ist. In Gleichung (6.4) steht me fur die Elektronenmasse und die Barrierenho-
he wurde nach [62] mit V = 1.5 eV eingesetzt. Durch Division mit der Flache A eines
Tunnelkontakts ergibt sich aus dieser Formel der Tunnelwiderstand Rn in Abhangig-
keit von der Oxiddicke. Dieser Zusammenhang ist in Abbildung 6.5 dargestellt.
In Tabelle 6.2 sind die mit Gleichung (6.3) bestimmten Oxiddicken fur die aus den
Messdaten resultierenden Widerstande Rn der charakterisierten Tunnelkontakte1 aus
1Hier wird angenommen, dass der gemessene Spannungsabfall wirklich am jeweiligen Tunnelkontakterfolgt ist.
6.2. BERECHNUNG DER BARRIERENDICKE ANHAND DER MESSDATEN 89
JTK Andere Kontakte
2170Ω 1160Ω 333.33Ω 205.4Ω 132.92Ω 73.11Ω 65.94Ω0.81 nm 0.77 nm 0.67 nm 0.64 nm 0.62 nm 0.57 nm 0.56 nm
Tabelle 6.2: Nach Gleichung (6.3) berechnete Oxiddicke d fur die charakterisierten Tunnelkontaktemit einer Flache von 750× 300 nm2. ”JTK“ bezeichnet dabei die Werte fur die zwei Joesphson-Tunnelkontakte aus den Abbildungen 6.1 und 6.2. Die unter ”Andere Kontakte“ berechneten Wertewurden sich ergeben, falls wir die Kontakte aus Tabelle 6.1 als Tunnelkontakte betrachten, d.h. derSpannungsabfall wirklich an der Barriere stattfinden wurde.
EJ0/EC
2170Ω 98.95971160Ω 181.7494
Tabelle 6.3: Nach Gleichung (6.7) berechnete EJ0/EC fur die charakterisierten Josephson-Tunnelkontakte mit einer Flache von 750× 300 nm2.
Tabelle 6.1 und der Josephson-Tunnelkontakte aus den Abbildungen 6.1 und 6.2 dar-
gestellt. Nach [62] entspricht eine Monolage Al2O3 etwa 0.35 nm.
Wird der Tangens hyperbolicus in Gleichung (6.2) durch eins genahert, was fur T ≈
0.028 K sogar auf drei Stellen exakt ist, diese nach Ic aufgelost und der resultierende
Ausdruck in Gleichung (2.14) eingesetzt, so ergibt sich
EJ0 =h∆
8e2Rn
. (6.5)
Setzten wir
Rn =rn
A(6.6)
in Gleichung (6.5) ein und bilden dann das Verhaltnis aus Josephson- und Coulomb-
Energie so erhalten wir
EJ0
EC
=ε0εR∆0
A
2
16e2π1+ 2κd
d3exp(−2κd). (6.7)
Dieses Verhaltnis ist fur einige Tunnelkontaktflachen in Abbildung 6.6 gezeigt. Durch
Einsetzen der Werte fur die beiden Josephson-Tunnelkontakte aus Tabelle 6.2 in Glei-
chung (6.7) erhalten wir die in Tabelle 6.3 gezeigten Werte fur EJ0/EC.
Abschliessend zur Diskussion der Messergebnisse ist zu sagen, dass bei all diesen Be-
rechnungen zwei schwer zugangliche Parameter, namlich εR und die Barrierenhohe V
90 KAPITEL 6. EXPERIMENTELLE ERGEBNISSE
0.25 0.3 0.35 0.4 0.45 0.5 0.55 0.6 0.65 0.7 0.75 0.8 0.85 0.9 0.950
25
50
75
100
125
150
Oxiddicke in d [nm]
EJ0
/EC
A = 75 x 75 nm2
A = 100 x 100 nm2
A = 100 x 150 nm2
A= 100 x 200 nm2
A = 278 x 180 nm2
A = 750 x 300 nm2
Abbildung 6.6: Nach Gleichung (6.7) berechnetes EJ0/EC fur verschiedene Tunnelkontaktflachenin Abhangigkeit von der Oxiddicke d. Fur diese Berechnungen wurden nach [63] εR = 10 und ∆0 =
0.18 meVverwendet. In dieser Darstellung zeigt die grun-gestrichelte Linie wieder den Wert fur eineMonolage Al2O3 nach [62] an.
eingegangen sind. Berechnen wir mit den Angaben aus [14] fur EJ0/EC = 34.65 und
mit EC/h = 7.36 GHz uber
34.65× 7.36h =e2
C(6.8)
die Kapazitat C und dann weiter uber
dCH =εRε0A
C(6.9)
die Dicke dCH, so erhalten wir mit der Flache A = 278× 180 nm2 als Ergebnis 1.69 nm;
fur EJ0/EC = 34.65 finden wir mit Gleichung (6.7) einen Wert von etwa 0.682 nm
oder etwa 40% des uber die Kapazitat berechneten Wertes. Obwohl εR und die Bar-
rierenhohe V exponentiell in das Ergebnis eingehen, ist die Ubereinstimmung recht
gut.
6.3. MESSUNGEN AN SERIELLEN JOSEPHSON-TUNNELKONTAKTEN 91
Abbildung 6.7: REM Aufnahme einer Serienschaltung aus neun Josephson-Tunnelkontakten. Dieroten Pfeile markieren die etwa 300× 300 nm2 großen Flachen der Josephson-Tunnelkontakte.
6.3 Messungen an seriellen
Josephson-Tunnelkontakten
Die Strom-Spannungs-Kurve einer Serienschaltung aus Josephson-Tunnelkontakten
laßt Ruckschlusse auf die Homogenitat der Serienschaltung zu. In der Abbildung 6.7 ist
eine Rasterelektronenmikroskop Aufnahme einer Serienschaltungen aus neun Josephson-
Tunnelkontakten gezeigt, die durch die roten Pfeile gekennzeichnet sind.
Die Strom-Spannungs-Charakteristik einer zu Abbildung 6.7 ahnlichen Serienschal-
tung aus neun Joesephson-Tunnelkontakten, die bei T ≈ 0.5 K gemessen wurde, ist in
Abbildung 6.8 gezeigt. Die kritischen Strome in dieser Serienschaltung variieren von
etwa 1 nA bis 120 nA.
Da in Abbildung 6.8 nur acht Josephson-Tunnelkontakte erkennbar sind, muss der
neunte einen kritischen Strom von maximal 1 nA haben. Rechnet man die Josephson-
Energie fur diesen kritischen Strom in eine entsprechende Temperatur um, so ergibt
sich T = 0.0238 K; fur den nachst großeren kritischen Strom mit 10.8 nA ergibt sich T =
0.2575 K. Diese Messdaten wurden bei etwa T ≈ 0.5 K gemessen und somit wird die
schwache Kopplung dieser zwei Jospehson-Tunnelkontakte durch thermisch aktivierte
Prozesse (Stichwort”thermisch aktivierter Phasenschlupf“ [64, 16]) stark unterdruckt.
92 KAPITEL 6. EXPERIMENTELLE ERGEBNISSE
05 0
1 0 01 5 02 0 02 5 03 0 03 5 04 0 0
0 . 0 0 . 5 1 . 0 1 . 5 2 . 0 2 . 5 3 . 0 3 . 5
1 0 . 8 3 7 . 65 5 . 3 6 6 . 5
7 7 . 8 9 0 . 51 0 3 . 3
V ( m V )
I ( n A ) 1 2 0 . 9
Abbildung 6.8: Strom-Spannungs-Charakteristik einer Serienschaltung aus neun 300× 300 nm2
großen Josephson-Tunnelkontakten, die mit L = 3.145 mbarsoxidiert worden sind. Die Serienschal-tung wurde bei T ≈ 0.5 K vermessen.
In der Tabelle 6.4 sind die Werte fur Ic, ∆V und die IcRn-Produkte der Josephson-
Tunnelkontakte der Serienschaltung wiedergegeben. Betrachtet man nur die sieben,
in Abbildung 6.8 am deutlichsten zu erkennenden Josephson-Tunnelkontakte, so erge-
ben sich fur die kritischen Strome Werte von 37 nA bis 120 nAund es fallen an ihnen
Spannungen von 0.31 mV bis 0.43 mV ab. Die IcRn-Produkte erreichen in diesen Fal-
len Werte zwischen 19.2% und 62.6% des mit Gleichung (6.2) bei der Messtemperatur
dieser Serienschaltung berechneten IcRn-Produktes. Der Gesamtwiderstand dieser Se-
rienschalten ist Rn = 8730Ω.
Ic 10.8 nA† 37.6 nA 55.3 nA 66.5 nA∆V 0.2 mV† 0.47 mV 0.43 mV 0.39 mVIcRn 0.0097 mV† 0.0365 mV 0.0536 mV 0.0645 mV
Ic 77.7 nA 90.5 nA 103.3 nA 120.9 nA∆V 0.36 mV 0.33 mV 0.31 mV 0.12 mVIcRn 0.0753 mV 0.0878 mV 0.1002 mV 0.117 mV
Tabelle 6.4: Ic, ∆V und IcRn-Produkte der Josephson-Tunnelkontakte (JTK) der Serienschaltungaus Abbildung 6.8. ∆V bezeichnet den Spannungsabfall am jeweiligen Josephson-Tunnelkontakt. Diemit † bezeichnete Große ist nur sehr ungenau aus den Messdaten zu entnehmen. Das mit Glei-chung (6.2) berechnete IcRn-Produkt dieser Josephson-Tunnelkontakte ist 0.19 mV.
6.3. MESSUNGEN AN SERIELLEN JOSEPHSON-TUNNELKONTAKTEN 93
Der fur die Oxidation charakteristische Parameter L = 3.145 mbarsfur diese Serien-
schaltung ist etwas kleiner als der L-Wert der in Abschnitt 6.1 untersuchten Josephson-
Tunnelkontakte. Somit erwarten wir fur den Widerstand eines Einzelkontakts dieser
Serienschaltung einen etwas kleineren Wert als fur die Josephson-Tunnelkontakte aus
Abbildungen 6.1 und 6.2.
Die an dieser Serienschaltung beobachtete Streuung der kritischen Strome hat, bis auf
den hinsichtlich seines kritischen Stromes schwachsten, ihre Ursache wahrscheinlich
in den unterschiedlichen Flachen der Josephson-Tunnelkontakte. Die extreme Abwei-
chung dieses einen Kontakts von den anderen kann leider nicht erklart werden.
Kapitel 7
Resumee und Ausblick
Im Rahmen dieser Diplomarbeit wurde eine bereits bestehende Technologie zur Her-
stellung mikroskopischer Schaltungen mittels Elektronenstrahl Lithographie und Schat-
tenbedampfung erfolgreich fur die Produktion von”persistent current“ Qubits adap-
tiert. Die Reproduzierbarkeit dieser mikroskopischen Strukturen, die als Designsta-
bilitat bezeichnet wurde, konnte in vielen Proben nachgewiesen werden. Die an den
Joesephson-Tunnelkontakten durchgefuhrten Messungen der Strom-Spannungs-Charak-
teristiken, dienten der Optimierung der Oxidbarriere und sollten mit ihren Ergebnissen
zur Kontrolle des Oxidationsprozesses beitragen. Wie in Kapitel 6 in der Auswertung
der Experimente gezeigt, ist dies fur relativ dicke Oxidbarrieren gelungen. Diese wur-
den mit einem L-Wert von 4.09 mbarsoxidiert und wiesen eine Dicke d ≈ 0.75−0.8 nm
auf.
Die kritischen Stromdichten dieser Josephson-Tunnelkontakte waren jedoch mit ei-
nem Maximalwert von jc = 60 Acm−2 deutlich kleiner als der angestrebte Wert jc =
1000 Acm−2 und deshalb wurde der L-Wert der Oxidation reduziert. Da der Quer-
schnitt der Zuleitung um einen Faktor 1/20 kleiner als die Flache der Josephson-
Tunnelkontakte ist, und der gemessene kritische Strom in der Großenordnung des
nach [60] gemessenen kritischen Stroms fur Aluminium liegt, ist der gemessene Span-
nungsabfall unter Umstanden nicht am Josephson-Tunnelkontakt sondern in den Zu-
leitungen aufgetreten. Dies konnte die große Abweichung der aus den Messergebnissen
resultierenden IcRn-Produkte vom theoretisch berechneten Wert erklaren.
In zukunftigen Designs sollten deshalb beide Aluminiumschichten mit etwa 50 nm
Dicke aufgedampft werden. Hohere Werte bis zu 100 nmwaren naturlich auch noch
geeignet, doch sollte eine bestimmte Bedampfungszeit nicht uberschritten werden.
Die gemessenen Proben wurden mit einer durchschnittlichen Verdampfungsrate von
95
96 KAPITEL 7. RESUMEE UND AUSBLICK
1.5− 2.0 nms−1 hergestellt. Die benotigte Zeit je Aluminiumlage war somit unter 10 s.
Ab einer Bedampfungszeit von mehr als 13 s, zeigte sich bei nahezu konstantem Emis-
sionsstrom sehr haufig ein Kollabieren der Resistrander im zweiten Bedampfungs-
schritt. Gegenuber einer hoheren Aufdampfrate zeigten sich diese Rander stabiler, als
gegenuber einer Verlangerung der Bedampfungszeit; es sollte also moglich sein, im
Rahmen der durch die Anlage gesetzten Grenzen, die Dicke der beiden Aluminium-
schichten zu erhohen.
Je dunner die Oxiddicke d werden soll, desto besser muss man den Oxidationspro-
zess kontrollieren konnen. Die Parameter Oxidationsdruck und Oxidationszeit sind
mit ausreichender Genauigkeit wahrend der Oxidation bestimmbar; die Temperatur
der Probe wird, nachdem diese fur mindestens zehn Stunden von etwa 84 K nach
dem ersten Aufdampfschritt durch die Umgebung aufgewarmt wurde, als identisch
mit der Raumtemperatur angenommen. Die Druckerhohung vom Druck vor der Be-
dampfung von etwa 2 × 10−8 mbar auf den Hintergrunddruck des Aufwarmprozesses
von etwa 5×10−7 mbarwird vermutlich hauptsachlich von dem wahrend der Verdamp-
fung ausgasenden Resist erzeugt. Es ist anzunehmen, dass sich dieser in der langen
Aufwarmzeit auch wieder teilweise auf der bereits aufgedampften Aluminiumschicht
niederschlagt. Fur eine vollstandige Kontrolle der Oxidation, ware es sehr hilfreich die
Probentemperatur bestimmen zu konnen und moglichst schnell nach dem Aufdamp-
fen der ersten Schicht bei einer definierten Temperatur sofort zu oxidieren.
Abschliessend ist festzustellen, dass auf Basis dieser Diplomarbeit die ersten Schritte
zur Herstellung von pc Qubits mit den hauseigenen Anlagen gemacht wurden. Die an-
getroffenen Schwierigkeiten sind gelost oder soweit plausibel analysiert worden, dass
in der nachsten Probengeneration mit den angedeuteten Veranderungen wesentlich
bessere Ergebnisse mit dunneren Tunnelbarrieren erzielt werden sollten.
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102 Literaturverzeichnis
Anhang A
Die wichtigsten Parameter der
Probenherstellung
• Reinigung der Wafer
– in technischem Azeton fur 2 min im Ultraschallbad bei Stufe 2
– in Azeton p.a. fur 2 min im Ultraschallbad bei Stufe 2
– in Isopropanol p.a. fur 2 min im Ultraschallbad bei Stufe 2
• Belackungsvorgang fur Elektronenstrahl-Lithographie
– PMMA/MA fur die untere Lackschicht mit Programm 3
∗ 2000 Umdrehungen/min
∗ 120 sDauer
∗ 6 s Beschleunigungszeit
∗ fur mindestens 100 minbei 160C ausbacken
– PMMA 950k fur die obere Lackschicht
∗ 4000 Umdrehungen/min
∗ 120 sDauer
∗ 6 s Beschleunigungszeit
∗ fur mindestens 60 min bei 160C ausbacken
• Einstellung fur die Belichtung mit dem Rasterelektronstrahlmikroskop
– beam blanker: 2
– aperture: 7
ANHANG A. A – 1
– spotsize: 1
– accelaration voltage: 20 kV
– beam current: etwa 11− 12 pA
– working disstance: etwa 6 mm
– writefield size: 120µm
– magnification: x650
– area settling time: 8 ms
– line settling time: 8 ms
– loops: 1
– area dose: 200µAscm−2
– stepsize: 6 nm
– pixel: 3
– dwell time: etwa 4− 5µs
• Entwicklung
– 40 s in MIBK : Isopropanol p.a. 1:4 Gemisch
– 2 min in Isopropanol p.a.
– 18 min in Isopropanol p.a.
• Aufdampfen der Aluminiumschichten
– 15 nm99.999% reines Aluminium unter einem Winkel von −16
– 15 nm99.999% reines Aluminium unter einem Winkel von 16
– Die Verdampfungsparameter an der Elektronenstrahlverdampfungsanlage
waren
∗ Aufampfrate = 1.5− 2.5 nms−1
∗ Dauer = 7− 9 s
∗ IEmission = 340− 350 mA
∗ IFilament = 36 A
∗ Spannung = 8.5 kV
ANHANG A. A – 2
∗ Startdruck ≈ 2× 10−8 mbar
∗ Druck wahrend Bedampfung ≈ 6× 10−6 mbar
∗ Temperatur ≈ 84 K
• Oxidation
– L-Wert (Sauerstoffpartialdruck × Zeit) waren zwischen 0.0138 mbarsund
19 mbars
– Temperatur war in etwa 23C
• Lift-off Prozess
– etwa 8x in technischem Azeton auf Hotplate bei 110C fur jeweils 3 min
– 2x in Azeton p.a. fur 2 min im Ultraschallbad bei Stufe 2
– 1x Azeton p.a. auf Hotpalte bei 110C fur 5 min
– 1x in Isopropanol p.a. auf Hotpalte bei 110C fur 2 min